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Document 52008DC0238

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuß der Regionen und die Europäische Zentralbank - WWU@10: Zehn Jahre Wirtschafts- und Währungsunion – Errungenschaften und Herausforderungen {SEK(2008) 553}

/* KOM/2008/0238 endg. */

52008DC0238

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuß der Regionen und die Europäische Zentralbank - WWU@10: Zehn Jahre Wirtschafts- und Währungsunion – Errungenschaften und Herausforderungen {SEK(2008) 553} /* KOM/2008/0238 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 7.5.2008

KOM(2008) 238 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

WWU@10: Zehn Jahre Wirtschafts- und Währungsunion – Errungenschaften und Herausforderungen

{SEK(2008) 553}

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

WWU@10: Zehn Jahre Wirtschafts- und Währungsunion – Errungenschaften und Herausforderungen

EIN HISTORISCHER SCHRITT

Am 2. Mai 1998 fassten die europäischen Staats- und Regierungschefs den historischen Beschluss, die einheitliche Währung, den Euro, einzuführen. Der Übergang zur letzten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion – kurz: WWU – markierte einen Wendepunkt in der europäischen Integration. Wenngleich es sich im Wesentlichen um einen wirtschaftlichen Aspekt der Integration handelte, wurde damit doch auch ein starkes politisches Signal für die europäischen Bürger und den Rest der Welt gesetzt und deutlich gemacht, dass Europa in der Lage ist, weitreichende Entscheidungen zu treffen, um eine gemeinsame blühende Zukunft für einen Kontinent zu sichern, der allzu häufig unter Kriegen und wirtschaftlicher wie politischer Instabilität zu leiden hatte. Die Einführung der WWU – die wichtigste Währungsreform seit Bretton Woods – war ein mutiger Schritt, der in der neueren europäischen Wirtschaftsgeschichte seinesgleichen sucht und der die Wirtschaftslandschaft weltweit verändert hat.

Zehn Jahre nach seiner Einführung kann man sagen, dass der Euro ein voller Erfolg ist. Die einheitliche Währung ist zu einem Symbol Europas geworden, das von den Bürgern im Euroraum – neben der Freizügigkeit in der EU und dem Frieden in Europa – als eines der positivsten Ergebnisse der europäischen Integration gesehen wird. Für jeden zweiten Bürger im Euroraum bedeutet EU vor allem einheitliche Währung. Die WWU sichert makroökonomische Stabilität und fördert grenzüberschreitenden Handel, finanzielle Integration und Investitionen. Die Zahl der Länder, die den Euro eingeführt haben, ist von ursprünglich elf zum Jahresanfang 2008 auf fünfzehn gestiegen und wird sich demnächst noch weiter erhöhen. Die WWU ist eine Errungenschaft von strategischer Bedeutung für die EU und die Welt insgesamt, in der Europa zu einem Pol makroökonomischer Stabilität geworden ist, was gerade bei den gegenwärtigen Finanzturbulenzen zu begrüßen ist.

Der Euro ist zwar eindeutig eine Erfolgsgeschichte, doch ist er bisher in mancher Hinsicht hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückgeblieben . Wirtschafts- und insbesondere Produktivitätswachstum sind hinter anderen Industrienationen zurückgeblieben, und die Sorge über eine gerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen wächst. Außerdem sind einige große Herausforderungen, die bei der Planung der WWU noch nicht bestanden oder sich gerade erst abzuzeichnen begannen, inzwischen drängender geworden. Die Globalisierung schreitet rasch voran und die natürlichen Ressourcen werden immer knapper. Der Klimawandel und die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung werden die Wachstumsmöglichkeiten unserer Volkswirtschaften ebenfalls einschränken. Darüber hinaus geraten der Euro-Wechselkurs und das Funktionieren unserer Finanzsysteme durch die Korrektur globaler Ungleichgewichte zusätzlich unter Druck. Gleichzeitig wird die Wirtschaft des Euroraums mit dessen schrittweiser Erweiterung zwar an Dynamik gewinnen, doch wird gleichzeitig auch die Vielfalt innerhalb der WWU zunehmen, so dass höhere Anforderungen an ihre Anpassungsfähigkeit gestellt werden.

Die vorliegende Mitteilung und der zugehörige Bericht[1] bewerten die Erfahrungen der ersten zehn Jahre WWU, zeigen Ziele und Herausforderungen für den Euroraum auf und formulieren eine politische Agenda , die sicherstellen soll, dass die WWU auch weiterhin Erfolgsgeschichte schreibt.

DIE GRÖSSTEN ERRUNGENSCHAFTEN DER ERSTEN ZEHN JAHRE

Die Einführung des Euro bedeutete eine radikale Veränderung des makroökonomischen Umfelds der teilnehmenden Mitgliedstaaten und auch darüber hinaus. Eine einheitliche Geldpolitik in Kombination mit einer nationalen, aber abgestimmten Finanzpolitik hat makroökonomische Stabilität gefördert. Die Wechselkursanpassungen, die die europäischen Volkswirtschaften früher immer wieder erschüttert haben, gehören der Vergangenheit an. Die Europäische Zentralbank (EZB), die für die Geldpolitik im Euroraum verantwortlich ist, hat sich rasch als glaubwürdige Instanz etabliert. Die Haushaltsdisziplin hat sich deutlich verbessert – eine Entwicklung, die durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) untermauert wurde. Die Wirtschaft des Euroraums hat bei der wirtschaftlichen und finanziellen Integration ein rascheres Tempo angeschlagen als der Rest der EU und ist inzwischen besser in der Lage, externe Schocks zu verkraften. Generell waren an vielen Fronten Fortschritte zu verzeichnen, wie im Folgenden dargelegt wird.

Die Geldpolitik hat die langfristigen Inflationserwartungen auf einem Niveau verankert , das in der Nähe der von der EZB definierten Preisstabilität liegt. Die Inflation hat sich im ersten Jahrzehnt der WWU bei durchschnittlich gut 2 % eingependelt, nachdem sie in den 90er Jahren bei 3 % gelegen und sich in den 70er und 80er Jahren noch bei 8 bis 10 % bewegt hatte. Die nominalen Zinssätze sind seit den Anfängen des Euro von 9 % in den 90er Jahren und 12 % in den 80er Jahren auf durchschnittlich etwa 5 % gesunken. Die realen Zinssätze in der WWU sind auf ein Niveau zurückgegangen, das seit Jahrzehnten nicht mehr so niedrig war, nicht einmal in den Ländern, die vor Einführung des Euro den höchsten Grad an Stabilität zu verzeichnen hatten. Zugegebenermaßen ist die Inflation in letzter Zeit gestiegen, vor allem aufgrund des rasanten Preisanstiegs bei Erdöl und Rohstoffen. Gleichzeitig sind die Kreditkonditionen für private Haushalte und Unternehmen durch die Finanzmarktturbulenzen restriktiver geworden. Wenn dieser externe Druck nachlässt, ist jedoch eine Rückkehr zu niedriger Inflation und „normaleren“ Kreditbedingungen zu erwarten – auch wenn die Öl- und Rohstoffpreise aufgrund der starken Nachfrage aus den rasch wachsenden Schwellenländern tendenziell weiter steigen könnten.

Die Finanzpolitik hat makroökonomische Stabilität in der WWU gefördert . Die Fortschritte bei der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen waren in den letzten Jahren beeindruckend und haben es ermöglicht, das Defizit 2007 auf lediglich 0,6 % des BIP zurückzuführen, während es in den 80er und 90er Jahren noch bei durchschnittlich 4 % lag. Die Reform des SWP im Jahr 2005 hat nicht nur zu einer besseren Haushaltsdisziplin beigetragen, sondern auch zu einer nachhaltigeren Korrektur übermäßiger Defizite, da dem Rückgriff auf einmalige Maßnahmen entgegengewirkt wurde. Prozyklische Finanzpolitik wurde zwar nicht ganz aus der Welt geschafft, ist aber ebenfalls wesentlich seltener geworden. Infolgedessen und dank unerwarteter Steuermehreinnahmen in den vergangenen Jahren hatte kein Land des Euroraums im Jahr 2007 ein Haushaltdefizit von mehr als 3 % zu verzeichnen, und das Gesamtdefizit für den Euroraum (0,6 % des BIP im Jahr 2007) war das niedrigste seit mehreren Jahrzehnten. Zehn von fünfzehn Ländern des Euroraums wiesen 2007 entweder einen Haushaltsüberschuss oder einen weitgehend ausgeglichenen Haushalt auf.

Die WWU hat die Integration der Volkswirtschaften und Märkte gefördert . Der Wegfall der Wechselkursrisiken und die geringeren Kosten grenzüberschreitender Transaktionen haben sich förderlich auf die Entwicklung des Binnenmarkts und die Integration der Produktmärkte ausgewirkt. Die Handelströme innerhalb des Euroraums machen inzwischen ein Drittel des BIP des Euroraums aus (vor zehn Jahren war es nur ein Viertel), und vorliegenden Schätzungen zufolge lässt sich dieser Anstieg fast zur Hälfte durch den Wegfall der Wechselkursvolatilität erklären. Noch wichtiger ist, dass die ausländischen Direktinvestitionen im Euroraum nunmehr ein Drittel des BIP betragen – gegenüber ursprünglich einem Fünftel. Hier gehen Schätzungen davon aus, dass bis zu zwei Drittel dieses Anstiegs direkt auf die Einführung der einheitlichen Währung zurückzuführen sind. Diese Entwicklungen haben wiederum zu beachtlichen Größenvorteilen geführt, den Wettbewerb angekurbelt und sich spürbar auf die Produktionseffizienz ausgewirkt. Ebenso hat der Rückgang der in den Kapitalkosten enthaltenen Risikoprämien die Kapitalbildung angekurbelt, die inzwischen fast bei 22 % des BIP liegt – einem seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr erreichten Niveau. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass die einheitliche Währung die Arbeitsproduktivität je geleisteter Arbeitsstunde seit ihrer Einführung über diese verschiedenen Kanäle um ganze 5 % erhöht hat.

Der Euro hat als leistungsstarker Katalysator für die Finanzmarktintegration gewirkt. Die Interbankengeldmärkte im Euroraum sind inzwischen vollständig integriert, und das grenzüberschreitende Interbankgeschäften ist seit 1999 kontinuierlich gewachsen. Die grenzüberschreitende Konsolidierung zwischen den Banken hat sich beschleunigt: die sechzehn größten Bankengruppen halten nunmehr über 25 % ihrer EU-Vermögenswerte außerhalb ihres Herkunftsmitgliedstaats. Es hat sich ein bedeutender Markt für auf Euro lautende Anleihen des privaten Sektors herausgebildet, der mit einem jährlichen Bruttoemissionsvolumen von über 1 Billion EUR mittlerweile deutlich über der Mittelaufnahme des öffentlichen Sektors (etwa 800 Mrd. EUR) liegt. Auch die Integration der Aktienmärkte hat sich schneller als anderswo vollzogen, wobei sich der Anteil der in anderen Ländern des Euroraums gehaltenen Aktien von 20 auf 40 % erhöht hat. Die Finanzmarktinfrastruktur hat sich weiterentwickelt, und bei grenzüberschreitenden Großkunden-Finanzdienstleistungen wurden Fortschritte erzielt, während der einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum die Unterschiede zwischen nationalem und grenzüberschreitendem Zahlungsverkehr für Privatkunden beseitigen wird. Parallel wurde durch die Umsetzung des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen und die Tätigkeit der Lamfalussy-Ausschüsse ein gewisser Grad an Konvergenz bei der Regulierung und Aufsicht erreicht.

Die WWU hat die Widerstandsfähigkeit des Euroraums gegenüber negativen äußeren Entwicklungen gestärkt . In den ersten zehn Jahren war der Euroraum einer Reihe externer Schocks ausgesetzt, die durch den Verlauf der Weltkonjunktur bedingt waren. Die wichtigsten Ereignisse waren in diesem Kontext das Platzen der Dotcom-Blase und der anschließende Wirtschaftsabschwung in den USA Anfang dieses Jahrtausends. Die daraus resultierende Konjunkturverlangsamung im Euroraum zu Beginn des Jahrzehnts fiel jedoch beträchtlich geringer aus, als dies in ähnlichen Zeiten vor Einführung der gemeinsamen Währung der Fall war. Auch heute scheint der Euroraum vor den schlimmsten Auswirkungen der derzeitigen Finanzturbulenzen gefeit. Die Verankerung der Inflationserwartungen hat zu dieser verbesserten Widerstandsfähigkeit ebenso beigetragen wie die im Rahmen der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung durchgeführten Reformen und die erneuerte Haushaltsdisziplin seit der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

Die WWU hat den im Aufholprozess begriffenen Mitgliedstaaten erhebliche Vorteile gebracht . Das durch makroökonomische Stabilität und niedrige Zinssätze gekennzeichnete Umfeld und die Unterstützung durch die Kohäsionspolitik mit den Struktur- und Kohäsionsfonds haben die Voraussetzungen für einen beschleunigten Aufholprozess geschaffen; die positiven Effekte einer soliden Wirtschaftspolitik wurden durch die Entwicklung und Integration der nationalen Finanzmärkte mit dem übrigen Euroraum verstärkt. Daher überrascht es nicht, dass die Teilnahme an der WWU für die zwölf Mitgliedstaaten, die der EU seit 2004 beigetreten sind, sehr attraktiv ist. Drei von ihnen haben sich bereits erfolgreich dem Euroraum angeschlossen, und die Slowakei steht für den Beitritt im Jahr 2009 bereit.

Der Euro hat sich als zweitwichtigste internationale Währung fest etabliert. Auf Euro lautende internationale Schuldverschreibungen überstiegen im Jahr 2004 die Schuldverschreibungen in US-Dollar, während die Banken im Euroraum inzwischen 36 % ihrer Darlehen an Darlehensnehmer außerhalb des Euroraums in Euro vergeben, gegenüber 45 % in US-Dollar. Der Euro steht auf Platz 2 der meistgehandelten Währungen an den weltweiten Devisenmärkten und wird bei mehr als einem Drittel aller Devisengeschäfte verwendet. Auch die Verwendung des Euro als amtliche Reservewährung hat zugenommen. Weltweit ist der Anteil der in Euro denominierten Reserven von 18 % im Jahr 1999 auf über 25 % im Jahr 2007 gestiegen. Ebenso hat der Euro als Fakturierungs- und Verrechnungswährung im Handel an Bedeutung gewonnen und inzwischen einen Anteil von über 50 % am Außenhandel des Euroraums erreicht. Auch in vielen Drittländern ist der Euro sehr wichtig geworden, insbesondere in den Ländern, die Kandidaten für den Beitritt zum Euroraum sind, und in angrenzenden EU-Ländern, deren Handel inzwischen zu etwa 60 % in Euro fakturiert wird.

Der Euroraum ist zu einem Pol der Stabilität für Europa und die Weltwirtschaft geworden. Dank dem immer wichtiger werdenden internationalen Status des Euro und allein schon wegen der Größe der Wirtschaft des Euroraums hat die Wirtschaftspolitik innerhalb der WWU zunehmend auch globale Auswirkungen. Mit einer ausgeglichenen Zahlungsbilanzposition, verlässlichen makroökonomischen Rahmenbedingungen und einem soliden Finanzsystem leistet der Euroraum einen Beitrag zu einer geordneten Entwicklung der Weltwirtschaft, selbst in so turbulenten Zeiten wie in den vergangenen Monaten.

Der Euroraum hat eine solide Struktur wirtschaftlicher Governance aufgebaut. Während die Hauptverantwortung für die Wirtschaftspolitik nach wie vor auf nationaler Ebne liegt, hat sich zwischen den WWU-Mitgliedstaaten ein gemeinsames Verständnis dahingehend entwickelt, dass solide öffentliche Finanzen und flexible und integrierte Produkt-, Arbeits- und Finanzmärkte unverzichtbar sind, wenn die WWU effizient funktionieren soll. Die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Jahr 2005 hat die Eigenverantwortung der nationalen Regierungen für die haushaltspolitischen Rahmenvorgaben verstärkt. Und die überarbeitete Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung - zentrales Instrument zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der EU - fordert in Leitlinie 6, dass die Mitgliedstaaten zur „Verbesserung von Dynamik und Funktionieren der WWU“ beitragen sollen. Die Eurogruppe dient als zentrales Forum , in dem die Finanzminister des Euroraums Fragen erörtern, die die einheitliche Währung betreffen und über die im Vertrag vorgesehenen Überwachungs- und Koordinierungsaufgaben hinausgehen. Da der informelle Charakter der Gruppe einen offenen, ehrlichen Meinungsaustausch fördert, ist sie ein ideales Forum, um ein gemeinsames Verständnis und klare Positionen in makroökonomischen Fragen zu entwickeln, die den Euroraum betreffen. Im Laufe der Zeit hat die Eurogruppe an Sichtbarkeit und Bedeutung gewonnen, insbesondere seit Ernennung ihres ersten ständigen Vorsitzenden im Januar 2005. Auf internationaler Ebene haben die kollektiven Maßnahmen des Euroraums diesem größeren Einfluss verschafft, wie das Engagement der Troika der Eurogruppe – bestehend aus dem Vorsitzenden der Eurogruppe, dem Präsidenten der EZB und dem Kommissar für Wirtschaft und Währung – im bilateralen Dialog mit China und anderen Ländern und zuletzt bei den multilateralen Konsultationen über globale Ungleichgewichte unter Federführung des IWF vom vergangenen Jahr belegen.

All diese positiven Entwicklungen haben es ermöglicht, dass im ersten Jahrzehnt der WWU eine Rekordzahl von 16 Millionen Arbeitsplätzen im Euroraum geschaffen wurde. Seit Einführung der gemeinsamen Währung hat die Beschäftigung um fast 15 % zugenommen. Die Arbeitslosigkeit ist auf etwa 7 % zurückgegangen. Dies ist der niedrigste Stand seit über 15 Jahren. Interessant ist dabei vor allem, dass die Beschäftigung im Euroraum dabei rascher gewachsen ist als in anderen reifen Volkswirtschaften, unter anderem den Vereinigten Staaten. Die meisten der erzielten Verbesserungen sind das Ergebnis von Reformen der Arbeitsmärkte und der sozialen Sicherungssysteme im Rahmen der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung, der Koordinierungs- und Überwachungsmechanismen im Rahmen der WWU und der Lohnzurückhaltung, die in den meisten Ländern des Euroraums praktiziert wurde. Dies ist ein klares Indiz dafür, dass Europas Arbeitskräfte in der Lage sind, neue Herausforderungen anzunehmen und die erforderlichen Veränderungen zu bewältigen, die letztlich zur Entstehung weiterer Arbeitplätze und zu mehr Wirtschaftswachstum führen werden.

DIE KÜNFTIGEN HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE WWU IM KONTEXT NEUER GLOBALER ENTWICKLUNGEN

Insgesamt ergibt sich somit für die ersten zehn Jahre der WWU ein sehr positives Bild. Jedoch wurden nicht alle Erwartungen erfüllt.

Mit etwa 2 % pro Jahr ist das Potenzialwachstum nach wie vor zu gering . Trotz des erheblichen Beschäftigungsanstiegs und der positiven Auswirkungen der einheitlichen Währung ist das Produktivitätswachstum von 1 ½ % in den 90er Jahren auf etwa 1 % in diesem Jahrzehnt zurückgegangen. Ein Ergebnis ist, dass das Pro-Kopf-Einkommen im Euroraum bei 70 % des Pro-Kopf-Einkommens der Vereinigten Staaten verharrt. Während die meisten kleineren Volkswirtschaften im Euroraum mit einer außerordentlich guten Leistung aufwarten, hätte das Potenzialwachstum in einigen der größten Mitgliedstaaten deutlich höher ausfallen müssen.

Darüber hinaus bestehen hinsichtlich Inflation und Lohnstückkosten immer noch erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern . Diese tendenziell hartnäckigen Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten des Euroraums haben ihren Grund zum Teil in einer mangelnden Reagibilität der Preise und Löhne, die sich nicht reibungslos über alle Produkte, Wirtschaftsbereiche und Regionen hinweg anpassen. Dadurch sind Wettbewerbseinbußen und große externe Ungleichgewichte aufgelaufen, die in der WWU lange Anpassungsphasen erfordern. Dieser langwierige Anpassungsprozess ist im Wesentlichen Ausdruck dessen, dass die Strukturreformen inzwischen weniger ambitioniert sind als noch im Vorfeld der Euro-Einführung. Wie dies auch für die EU als Ganzes der Fall ist, sind die Produktmärkte im Euroraum nach wie vor lediglich teilweise integriert, und die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen ist nach wie vor unterentwickelt.

Als internationale Währung ist der Euro ein wesentliches Plus für alle Mitglieder des Euroraums und für die EU als Ganzes. Das Fehlen einer klaren internationalen Strategie und die Tatsache, dass es an einer starken Stimme in internationalen Foren fehlt, sind für den Euroraum in einer zunehmend globalisierten Welt jedoch mit Kosten verbunden. Die globalen wirtschaftlichen Ungleichgewichte, die seit Mitte der 90er Jahre entstanden sind, beginnen sich nun bemerkbar zu machen: Die Wechselkurse sind übermäßig volatil und die Vorkehrungen zur Sicherung von Finanzstabilität sind einer Belastungsprobe ausgesetzt. Die rasch wachsende Nachfrage der aufstrebenden Volkswirtschaften nach knappen Energien und anderen Primärressourcen trifft auf Engpässe beim Angebot, so dass die Preise für Öl, Nahrungsmittel und andere Rohstoffe in die Höhe schnellen. In einem derart turbulenten Umfeld bildet die einheitliche Währung gewissermaßen ein Schutzschild und kann den Euroraum in die einzigartige Position versetzen, in der globalen politischen Arena eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der daraus resultierenden Gefahren zu übernehmen. Das vorhandene Potenzial wird jedoch nicht ausreichend genutzt, da der Euroraum weder über eine klar definierte internationale Strategie verfügt noch über eine wirkungsvolle internationale Vertretung.

Und schließlich entspricht das Image des Euro in der Öffentlichkeit keineswegs dem großen wirtschaftlichen Erfolg der WWU . Der Euro muss häufig als Sündenbock herhalten für eine schlechte Wirtschaftsleistung, die ihren tatsächlichen Grund in einer unzulänglichen einzelstaatlichen Wirtschaftspolitik hat. Des Weiteren sind die Bürger in einigen Ländern der Meinung, dass die Preise infolge der Einführung des Euro deutlich gestiegen sind. Zwar hat sich die Gesamtinflation in der Phase der Umstellung nur unwesentlich erhöht, doch haben gelegentliche missbräuchliche Preiserhöhungen in bestimmten Wirtschaftszweigen und Ländern dem Image des Euro geschadet und tun dies auch weiterhin. Gleichzeitig hat auch der fehlende Ausbau des wirtschaftlichen Pfeilers der WWU im Vergleich zum monetären Pfeiler die Sorge genährt, der Euroraum sei möglicherweise gar nicht in der Lage, die großen Herausforderungen, vor denen er steht, zu bewältigen, was sein Image in der Öffentlichkeit noch mehr schädigt. Es ist offenkundig, dass noch einiges an Arbeit vor uns liegt. Doch abgesehen von der Erfüllung der ursprünglichen Erwartungen wird die Politikagenda der WWU für das nächste Jahrzehnt mehr denn je durch neue globale Herausforderungen bestimmt werden, angesichts deren die im Vorangehenden aufgezeigten Schwächen der WWU noch deutlicher zu Tage treten werden.

- Die Globalisierung schreitet rasch voran , und die aufstrebenden Volkswirtschaften konkurrieren mit den Industrieländern nicht nur in Wirtschaftsbereichen, die geringere Qualifikationen erfordern, sondern in zunehmendem Maße auch in Bereichen mit hoher Wertschöpfung. Die Globalisierung eröffnet beträchtliche Marktwachstumschancen, was den Verbrauchern niedrigere Preise und eine größere Auswahl und den Produzenten Effizienzgewinne bescheren wird. Sie stellt aber auch hohe Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit der Mitglieder des Euroraums, da an die Stelle der im Niedergang befindlichen Industrien neue Wirtschaftstätigkeiten treten müssen und Forschung, Innovation und Humankapital als Motor wirtschaftlicher Dynamik immer mehr an Bedeutung gewinnen. Außerdem zwingt die Globalisierung den Euroraum, eine wirksame Rolle in der globalen wirtschaftlichen und finanziellen Governance zu übernehmen.

- Die Preise für Energie und Nahrungsmittel steigen , angetrieben durch ein schnelles Wachstum der Weltwirtschaft und veränderte Konsummuster in den aufstrebenden Volkswirtschaften. Auch der Klimawandel hat in zunehmendem Maße wirtschaftliche Auswirkungen. Diese Entwicklungen können als Wachstumsbremse wirken und sich negativ auf die Einkommens- und Vermögensverteilung auswirken, da die am wenigsten Begüterten in überproportionalem Maße betroffen sind. Erschwerend hinzu kommt, dass die Aufgaben, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten und gleichzeitig die Preise für Nahrungsmittel und Energie im Zaum zu halten, unter Umständen nicht ohne weiteres gleichzeitig zu bewältigen sind. Die Länder des Euroraums können von diesen Problemen in unterschiedlichem Maße betroffen sein, so dass eine spannungsfreie Anpassung an Schocks umso wichtiger wird.

- Derweil wird die Bevölkerung im Euroraum wie auch in anderen Teilen der Welt immer älter . Damit wird der Anteil der Bevölkerung, der von Renten abhängig ist, zunehmen, wodurch gleichzeitig das Wachstumspotenzial sinkt. So wird sich das Verhältnis der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zur Zahl der älteren Menschen in den kommenden vier Jahrzehnten halbieren. Und wenn ein Wandel in der Politik ausbleibt, wird das Potenzialwachstum des Euroraums von derzeit etwa 2 % auf gut 1 % pro Jahr zurückgehen. Die Bevölkerungsalterung wird relativ hohe öffentliche Ausgaben erforderlich machen. Bleiben Reformen der Renten- und Gesundheitssysteme aus, wird sich der Anteil der öffentlichen Ausgaben am BIP in den nächsten vier Jahrzehnten schätzungsweise 4 Prozentpunkte erhöhen. Alternde Bevölkerungen stellen die Anpassungsfähigkeit des Euroraums auf eine harte Probe und bedeuten eine Gefahr für die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen und für die Wohlfahrtssysteme im Allgemeinen.

Diese längerfristigen Trends, deren Auswirkungen zunehmend spürbar werden, stellen die Leistungsfähigkeit aller Industrienationen in Sachen Wachstum, makroökonomische Stabilität, Anpassungsfähigkeit, Tragfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme sowie Einkommens- und Wohlstandsverteilung vor große Herausforderungen. Besonders dringende politische Herausforderungen ergeben sich daraus aber für den Euroraum angesichts seines relativ geringen Wachstumspotenzials, seiner geringeren Anpassungsfähigkeit, der hohen öffentlichen Verschuldung und der starken wechselseitigen Abhängigkeit seiner Volkswirtschaften.

EINE AUF DREI SÄULEN BASIERENDE POLITIKAGENDA FÜR DAS NÄCHSTE JAHRZEHNT

Die Erfahrungen der ersten zehn Jahre der WWU fallen zwar insgesamt sehr positiv aus, lassen aber auch einige Defizite erkennen, die es zu beheben gilt. Es wird erforderlich sein, die so hart errungene makroökonomische Stabilität zu festigen und gleichzeitig a) das Potenzialwachstum zu erhöhen und das Wohlergehen der Bürger im Euroraum zu sichern und zu steigern, b) mit Blick auf die Aufnahme neuer Mitglieder in die WWU die Fähigkeit zur spannungsfreien Anpassung zu gewährleisten und c) die Interessen des Euroraums in der Weltwirtschaft erfolgreich zu schützen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die entsprechenden Anstrengungen in einem globalen Umfeld unternommen werden müssen, das sich seit Einführung des Euro erheblich verändert hat. Und ein Scheitern käme uns heute noch teurer zu stehen als damals.

Zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen schlägt die Kommission eine auf drei Säulen basierende Agenda vor :

- Intern muss es darum gehen, die finanzpolitische Koordinierung und Überwachung zu vertiefen, die makroökonomische Überwachung in der WWU über die Finanzpolitik hinaus auszuweiten und die Strukturreformen besser in die allgemeine Politikkoordinierung innerhalb der WWU zu integrieren.

- Im externen Verhältnis wird es darum gehen, die Rolle des Euroraums in der globalen wirtschaftspolitischen Governance zu stärken.

- Die Umsetzung beider Komponenten wird ein effektiveres System wirtschaftlicher Governance erfordern.

I. Die interne Komponente der Agenda: Bessere Koordinierung und Überwachung

Vertiefung und Ausweitung der Überwachung

Die korrektive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) sollte weiterhin konsequent angewandt und die Überwachung im Rahmen der präventiven Komponente des SWP sollte verbessert werden . Die Koordinierung der Finanzpolitik sollte das einzelstaatliche Haushaltsgebaren über den gesamten Konjunkturzyklus hinweg – also in guten wie in schlechten Zeiten – besser lenken. Die Haushaltsüberwachung sollte vertieft werden und dabei zwei wichtige Aspekte abdecken:

i) Gewährleistung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zum Nutzen künftiger Generationen: Auf nationaler Ebene könnte man mit der Festlegung eines mittelfristigen Finanzrahmens der Gewährleistung stabiler und tragfähiger öffentlicher Finanzen ein gutes Stück näher kommen. Um wirkungsvoll zu sein, sollte ein solcher Rahmen gut konzipierte Ausgabenregeln beinhalten, die es ermöglichen, dass die automatischen Stabilisatoren innerhalb der Grenzen des SWP wirken, während gleichzeitig die Zusammensetzung der öffentlichen Ausgaben am strukturellen und konjunkturellen Bedarf der Wirtschaft ausgerichtet wird. Auf der Ebene des Euroraums sollte der Entwicklung des öffentlichen Schuldenstands ein größeres Augenmerk gelten. Die mittelfristigen Haushaltsziele sollten verschärft werden, um impliziten Verbindlichkeiten Rechnung zu tragen. Darüber hinaus können langfristige Haushaltsprojektionen, die die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die öffentlichen Finanzen ausweisen, die Ausarbeitung nationaler Nachhaltigkeitsstrategien unterstützen und Maßnahmen zur Reform der Renten- und Gesundheitssysteme und zur Erhöhung der Beschäftigungsquoten voranbringen.

ii) Verbesserung der Qualität der öffentlichen Finanzen : Mit anderen Worten: Optimierung des Einsatzes öffentlicher Mittel durch Ausrichtung der öffentlichen Ausgaben und der Steuersysteme auf Aktivitäten, die dem Wachstum und der Wettbewerbsfähigkeit förderlich sind. Reformen der Sozialausgabenprogramme, die einen besseren Einkommensschutz bieten und gleichzeitig stärkere Anreize zur Arbeitsaufnahme schaffen (Stichwort „Flexicurity“), wären eine große Hilfe, wenn es darum geht, Tragfähigkeit und Qualität der öffentlichen Finanzen zu verbessern und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Haushalte der makroökonomischen Stabilität förderlich sind.

Über die haushaltspolitische Überwachung hinaus besteht jedoch eindeutig die Notwendigkeit, die Überwachung auszuweiten, um makroökonomische Ungleichgewichte zu beheben . Verschiedene Entwicklungen in den Mitgliedstaaten, wie das Anwachsen der Leistungsbilanzdefizite, die hartnäckigen Inflationsunterschiede oder die Tendenz zu einem unausgewogenen Wachstum, bedürfen der Überwachung, da diese Entwicklungen aufgrund von Spillover-Effekten und der zunehmenden Interdependenz der Volkswirtschaften innerhalb des Euroraums nicht nur für das jeweilige Land, sondern für den Euroraum als Ganzes eine Gefahr darstellen. Die ersten zehn Jahre WWU haben gezeigt, dass die Marktintegration, insbesondere im Finanzdienstleistungsbereich, für die WWU zwar insgesamt von Nutzen ist - da sie helfen kann, makroökonomische Störungen abzufedern, indem sie Risikoteilung ermöglicht und die Reallokation von Ressourcen fördert -, dass sie jedoch auch die bestehenden Unterschiede zwischen den teilnehmenden Ländern vergrößern kann, wenn sie nicht von geeigneten politischen Maßnahmen flankiert wird. Während einige dieser Unterschiede positiv zu bewerten sein können, weil sie den Aufholprozess oder gar eine „normale“ Anpassung spiegeln, können andere Unterschiede sich nachteilig auswirken und Ergebnis einer ineffizienten Anpassung sein. In diesem Fall würde eine verstärkte Überwachung den betroffenen Ländern helfen, frühzeitig Abhilfemaßnahmen zu konzipieren, bevor sich die Unterschiede verfestigen.

Schließlich ist eine umfassendere Überwachung der Kandidaten für einen Beitritt zum Euroraum , ähnlich wie sie für die derzeitigen Mitglieder des Euroraums vorgeschlagen wird, von zentraler Bedeutung, um diese Länder in ihren Vorbereitungen für die Übernahme der gemeinsamen Währung zu unterstützen. In vielen künftigen Mitgliedstaaten des Euroraums sind massive Kapitalzuflüsse (Ausdruck der Erwartung eines weiterhin raschen Einkommenswachstums) und eine rasche Entwicklung des Finanzsektors zu beobachten, die beide zu einem erhöhten Kreditwachstum (üblicherweise von einer niedrigen Ausgangsbasis) und externen Ungleichgewichten führen können. Derzeit erfolgt die Überwachung der künftigen Euroraum-Mitglieder durch die Bewertung ihrer Konvergenzprogramme. Es bestünde jedoch durchaus die Möglichkeit stärkerer politischer Vorgaben und einer engeren Überwachung der wirtschaftlichen Entwicklungen, insbesondere bei denjenigen Ländern, die am Wechselkursmechanismus (WKM) II teilnehmen, was sowohl Voraussetzung für Einführung des Euro als auch ein Instrument zur Förderung einer nachhaltigen nominalen und realen Konvergenz ist. Dies sollte nicht bedeuten, dass der Beitritt zum Euroraum an zusätzliche Bedingungen geknüpft wird.

Die Überwachung muss sich auf die bestehenden Instrumente stützen. Die zentralen Instrumente für die haushaltspolitische Überwachung und die wirtschaftspolitische Koordinierung sind im Vertrag und im SWP eindeutig festgelegt. Die Durchsetzung der korrektiven Komponente des SWP wird auch weiterhin ein wesentlicher Faktor sein, um einer Nichteinhaltung der im Vertrag festgelegten Bedingungen entgegenzuwirken. Der SWP sieht die Festlegung und Bewertung mittelfristiger Haushaltsstrategien in Form von Stellungnahmen des Rates zu den nationalen Stabilitätsprogrammen vor. Artikel 99 EG-Vertrag sieht Folgendes vor: „Die Mitgliedstaaten betrachten ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse und koordinieren sie im Rat“. Die Empfehlungen für den Euroraum und die länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen des Lissabon-Prozesses sind zentrale Instrumente für Steuerung und Überwachung. Die Art und Weise der Anwendung dieser Instrumente kann jedoch durchaus noch verbessert werden. Die Analyse der ersten zehn Jahre WWU unterstreicht die Notwendigkeit einer Stärkung der präventiven Komponente des SWP, wie sie auch vom ECOFIN-Rat befürwortet wurde[2]. Zweck muss es sein, eine tragfähige Haushaltspolitik zu unterstützen und allgemeinere Fragen zu erörtern, die die makroökonomische Stabilität eines Landes und das Funktionieren der WWU insgesamt beeinträchtigen können. Diese im Vertrag verankerten Instrumente werden ergänzt durch den Prozess der Halbzeitüberprüfung des Haushalts, die die Eurogruppe alljährlich im Frühjahr vornimmt. Während bislang die Haushaltsüberwachung im Fokus stand, sollte durch diesen Peer-Review-Mechanismus künftig ein größerer Bereich abgedeckt werden, damit die im Vertrag verankerte Überwachung wirksamer gestaltet wird.

Bessere Integration der Strukturpolitik in den Koordinierungsprozess

Der Euroraum hat besonderes Interesse daran, dass die Strukturreformen greifen. Das Vorantreiben der Reformen – selbstverständlich gleichermaßen willkommen in der EU als Ganzes – ist für den Euroraum ein absolutes „Muss“. Zu bedenken ist dabei, dass sich besser reagierende Märkte doppelt auszahlen, indem sie langfristig zur Hebung des Lebensstandards beitragen und außerdem eine bessere Anpassung im Falle externer Schocks ermöglichen und die makroökonomische Stabilität fördern. Unsere Analysen haben den empirischen Nachweis erbracht, dass Strukturreformen in Ländern, die die gemeinsame Währung eingeführt haben, eine höhere Multiplikatorwirkung als anderswo erzielen: Länder, die Strukturreformen durchführen, können stärker profitieren, während Länder, die hinterherhinken, unter Umständen einen höheren Preis für ihre politische Untätigkeit zahlen müssen. Die Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung, mit der Strukturreformen auf die politische Agenda gesetzt wurden, hat mit der Leitlinie 6 zum Euroraum und den Euroraum-spezifischen Empfehlungen die Basis geschaffen für die Ermittlung derjenigen Bereiche, in denen der dringendste Handlungsbedarf besteht. Im Rahmen eines partnerschaftlichen Ansatzes zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten bildet die Lissabon-Strategie die Grundlage für die Steuerung des Reformprozesses sowohl im Euroraum als auch in den einzelnen Ländern.

Die Beseitigung der Hindernisse für eine Integration der Produktmärkte ist für ein einwandfreies Funktionieren des Euroraums von grundlegender Bedeutung. Trotz der Impulse, die von der WWU und vom Binnenmarktprogramm für die Schaffung offenerer und wettbewerbsfähigerer Volkswirtschaften ausgehen, stehen das geringe Produktivitätswachstum und Marktzutrittsschranken, insbesondere im Dienstleistungssektor, nach wie vor einer effizienten Anpassung an die sich verändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Euroraum entgegen und halten die Preise hoch. Innovation und Technologieverbreitung, wichtige Faktoren für die Steigerung von Wettbewerb und Produktivität, hinken in den Mitgliedstaaten des Euroraums hinterher. Das im Rahmen der Überprüfung des Binnenmarkes vorgeschlagene Überwachungssystem sollte genutzt werden, um speziell diese Defizite anzugehen.

Der Euroraum braucht besser funktionierende Arbeitsmärkte , die den Anpassungsprozess in einer globalisierten Wirtschaft unterstützen und das Wachstumspotenzial angesichts alternder Bevölkerungen erhöhen. Mehr Flexibilität und Differenzierung bei den Löhnen – über alle Wirtschaftszweige, Berufe und Regionen hinweg – und Investitionen in das Humankapital sind für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und für eine reibungslose Ressourcenreallokation im Falle von Schocks von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen der Lissabon-Strategie wurden zahlreiche Reformen zur Optimierung der Arbeitskräftenutzung auf den Weg gebracht, die sich inzwischen bezahlt machen. Die Fortschritte sind jedoch von Land zu Land unterschiedlich groß. Deshalb sollte hier auch im nächsten Jahrzehnt ein Schwerpunkt der Reformstrategien liegen. Reformen der Sozialausgabenprogramme und aktive Arbeitsmarktpolitiken sollten darauf abstellen, einen besseren Einkommensschutz bei gleichzeitiger Schaffung von Arbeitsanreizen zu gewährleisten.

Der Euroraum kann aus einer Förderung der finanziellen Integration der EU einen vergleichsweise großen Nutzen ziehen. In der Integration der EU-Finanzmärkte wurden beträchtliche Fortschritte erzielt, doch sind weitere Anstrengungen erforderlich, um Effizienz und Liquidität der Finanzmärkte im Euroraum zu steigern. Dies würde die wirtschaftliche Anpassung durch Risikoteilung erleichtern und einer gleichmäßigen Wirkung der einheitlichen Geldpolitik innerhalb des Euroraums zuträglich sein. Insbesondere sind vermehrte Anstrengungen erforderlich, um die grenzüberschreitende Erbringung von Finanzdienstleistungen für Privatkunden zu fördern, die Effizienz der Finanzierung über Unternehmensschuldverschreibungen und Staatsanleihen zu verbessern und die im Zusammenhang mit Regulierung und Aufsicht anfallenden Kosten für Finanzintermediäre zu reduzieren, die in einem von verschiedenen Rechtsordnungen bestimmten Umfeld operieren. In Anbetracht der gemeinsamen Verantwortung des Eurosystems und der teilnehmenden Mitgliedstaaten für die Gewährleistung der Finanzstabilität im Euroraum als Ganzes besteht in zunehmendem Maße die Notwendigkeit einer stärkeren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei der Krisenprävention und –bewältigung im Zuge der fortschreitenden Finanzintegration. Im Lichte dieser spezifischen Effizienz- und Stabilitätsüberlegungen und der aus den derzeitigen Finanzturbulenzen zu ziehenden Lehren sollte der Euroraum tatkräftig dazu beitragen, die EU-Agenda für die Finanzintegration und die Vorkehrungen zur Wahrung der Finanzstabilität in der EU weiter voranzubringen.

Damit das Potenzial der WWU in vollem Umfang ausgeschöpft werden kann, müssen stärkere Anreize für die Fortführung der Reformen im Euroraum geschaffen werden. Die Integration der Strukturpolitiken in den Euroraum-Koordinierungsprozess kann hier auf dreierlei Weise unterstützend wirken: a) Die Empfehlungen, die an den Euroraum als Ganzes gerichtet werden, und die länderspezifischen Empfehlungen im Rahmen der Integrierten Leitlinien der Lissabon-Strategie bilden das Fundament für die Koordinierung der Strukturreformen; die Umsetzung bedarf jedoch eine besseren Überwachung. b) Mit der Reform des SWP im Jahr 2005 wurde die Möglichkeit geschaffen, bei der Bewertung der Fortschritte in der Realisierung der mittelfristigen Haushaltsziele Strukturreformen Rechnung zu tragen, die kurzfristig zwar Kosten verursachen, langfristig jedoch einen Gewinn in Sachen Wachstum und finanzielle Tragfähigkeit versprechen. Damit sichergestellt wird, dass den im SWP festgelegten Verpflichtungen auch nachgekommen wird, könnte ein Peer-Review-Mechanismus eingerichtet werden, der sich auf den im Rahmen der Lissabon-Strategie entwickelten analytischen Rahmen und auf die von den Mitgliedstaaten vorab gelieferten Informationen stützt. c) Zur besseren zeitlichen Staffelung der Reformmaßnahmen sollte der Verbesserung der Funktionsweise der Finanzmärkte besondere Priorität eingeräumt werden. Dies würde sich zwar nicht positiv auf Wachstum und Anpassung auswirken, dafür aber dazu beitragen, stärkere Anreize für weitere Strukturreformen zu schaffen, indem ihr langfristiger Nutzen verdeutlicht und Kapitalzuflüsse in neue Investitionsmöglichkeiten ermöglicht werden, die im Zuge der Strukturreformen entstehen.

II. Die externe Komponente der Agenda: Stärkung der internationalen Rolle des Euroraums

Der internationale Status des Euro bringt Vorteile, Verantwortlichkeiten und Risiken . Dies trägt zur Entwicklung der Finanzbranche in Europa bei, bringt Seignorage-Erträge aus der Verwendung des Euro als Reservewährung und verringert die aus einer Wechselkursvolatilität resultierenden Risiken, je mehr der Euro für die Preis- und Rechnungsstellung verwendet wird. Doch allein die Größe des Euroraums bedeutet, dass politische Entscheidungen und wirtschaftliche Entwicklungen innerhalb der WWU sich auch anderswo bemerkbar machen, nicht zuletzt deshalb, weil die globalen Finanzmärkte als immer wichtigerer internationaler Transmissionskanal fungieren. Und es bestehen gewisse Risiken, da der zunehmend bedeutsame internationale Status des Euro den Euroraum der Gefahr disruptiv wirkender Portfolioumschichtungen zwischen wichtigen internationalen Währungen und Vermögenswertarten aussetzt. Alles in allem hat die zunehmende Bedeutung des Euro als internationale Währung und die geballte Stärke der Euroraum-Wirtschaft die Spielregeln für die Mitglieder der WWU und ihre internationalen Partner verändert.

Daher muss der Euroraum eine internationale Strategie entwickeln , die dem internationalen Status seiner Währung gerecht wird. Nach einem erfolgreichen ersten Jahrzehnt muss der Euroraum, der für seine Nachbarn bereits zu einem Stabilitätsanker geworden ist, nunmehr eine klare und umfassende Strategie für internationale Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten entwickeln. Er muss eine aktivere und selbstbewusstere Rolle sowohl in multilateralen Foren als auch im bilateralen Dialog mit strategischen Partnern übernehmen. Er muss für eine bessere Koordinierung sorgen und gemeinsame Positionen definieren und – soweit angebracht – einen gemeinsamen Bezugsrahmen für all diese Fragen festlegen. Er muss mit einer Stimme sprechen, wenn es um die Wechselkurspolitik geht, und er muss seiner Verantwortung in Fragen der Finanzstabilität und der makroökonomischen Überwachung gerecht werden. Angesichts des Risikos, dass der Abbau globaler Ungleichgewichte der Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums und seiner Mitglieder in unverhältnismäßig hohem Maße schaden kann, ist Handeln umso dringender geboten.

Der effektivste Weg für den Euroraum, einen Einfluss zu gewinnen, der seinem wirtschaftlichen Gewicht entspricht, besteht darin, gemeinsame Positionen zu entwickeln, die Vertretung des Euroraums stärken und letztlich einen gemeinsamen Sitz in den einschlägigen internationalen Finanzinstitutionen und –foren zu erhalten. Dies ist ein ehrgeiziges Ziel, und die Fortschritte bei der Abarbeitung der „externen Agenda“ werden in erster Linie davon abhängen, inwieweit es gelingt, ein effektiveres System der Euroraum-Governance zu schaffen. Auch wenn andere Länder häufig die Auffassung vertreten, EU und Euroraum seien in internationalen Organisationen überrepräsentiert (sowohl was die Zahl der Sitze als auch was die Stimmrechte anbelangt), entspricht die Vertretung des Euroraums in internationalen Foren nach wie vor nicht seinem wirtschaftlichen Gewicht. Eine Stärkung der Vertretung des Euroraums würde ihm mehr Gewicht in internationalen Verhandlungen verleihen und die Kosten einer internationalen Koordinierung reduzieren, sowohl für den Euroraum selbst als auch für seine wichtigsten Partner. Dies würde auch den aufstrebenden Marktwirtschaften den Spielraum verschaffen, den sie so dringend benötigen, um in stärkerem Maße in internationalen Finanzinstitutionen mitzuarbeiten.

III. Förderung einer effektiven Governance der WWU

Das WWU-System der wirtschaftlichen Governance muss den Herausforderungen , denen sich der Euroraum zu stellen hat, gewachsen sein . Die derzeitige Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen Institutionen und Instrumenten, die die Wirtschaftspolitik der WWU lenken, bildet zwar insgesamt ein solides Fundament, doch besteht eindeutig die Notwendigkeit, Institutionen und Praktiken anzupassen, damit neue politische Herausforderungen gemeistert werden können.

Eine enge Einbindung sämtlicher EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des ECOFIN-Rates ist von zentraler Bedeutung, wenn ein effektives Funktionieren der WWU gewährleistet werden soll. Von Anfang an war der ECOFIN-Rat das Forum für die wirtschaftspolitische Entscheidungsfindung in der EU und – angesichts der zunehmenden Überschneidungen zwischen Euroraum und EU sollte er auch künftig die Hauptbühne im WWU-System der wirtschaftlichen Governance bleiben, in dem er WWU-Belange konsequenter in seine Arbeit einbezieht. Insbesondere könnte er auf einen kohärenteren Ansatz in seinen eigenen Zuständigkeitsbereichen – makroökonomische Politik, Finanzmärkte, Steuern usw. – hinarbeiten, damit positive Synergien gefördert werden. Der derzeitige Vertrag bietet breiten Raum für eine umfassendere EU-weite Koordinierung und Überwachung in diesem Sinne. Der neue Lissabon-Vertrag wird, sobald er ratifiziert ist, die Rolle der Finanzminister des Euroraums weiter stärken, soweit es um Belange geht, die das Funktionieren der WWU betreffen; künftig werden sämtliche einschlägigen Diskussionen innerhalb des ECOFIN-Rates geführt.

Die Eurogruppe sollte weiterhin als Plattform für eine Vertiefung und Ausweitung der Politikkoordinierung und Überwachung in der WWU dienen . Was die finanzpolitische Überwachung anbelangt, sollte die Ex-ante-Koordinierung der Haushaltspolitik im Rahmen der Halbzeit-Überprüfung des Haushalts darauf ausgerichtet sein, die Finanzpolitik über den gesamten Konjunkturzyklus hinweg zu steuern, um etwaigen prozyklischen Tendenzen vorzubeugen. Angesichts der Bevölkerungsalterung besteht eine der Hauptaufgaben darin, die Wirksamkeit der präventiven Komponente des SWP zu erhöhen, indem auf die Verwirklichung ehrgeiziger mittelfristiger Ziele hingearbeitet wird. Um der Entstehung von Ungleichgewichten und übermäßigen Diskrepanzen zwischen den einzelnen Ländern des Euroraums entgegenzuwirken, sollte die Eurogruppe Gedanken austauschen, politische Leitlinien formulieren und deren Befolgung durch die Mitgliedstaaten in Bereichen überwachen, die Anpassungsfähigkeit und makroökonomische Stabilität fördern. „Peer-Reviews“ – multilaterale Diskussionen über relevante Entwicklungen in einem oder mehreren Ländern – sollten verstärkt stattfinden, damit die Finanzminister ermutigt werden, nationale Fragen und Politiken aus der Perspektive des Euroraums zu sehen. Darüber hinaus sollte die Eurogruppe der Überwachung der Lissabon-Empfehlungen zum Euroraum größere Aufmerksamkeit widmen, damit im Wege von Strukturreformen Potenzialwachstum und Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden.

Die Kommission sollte eine starke, unterstützende Rolle spielen und für das effektive Funktionieren der WWU Sorge tragen. Sie ist aufgefordert, die Koordinierung der Politiken zu fördern und gleichzeitig die WWU-Dimension in ihren politischen Vorschlägen zu berücksichtigen. Sie sollte ihre finanzpolitische und makroökonomische Überwachung verstärken und eine weitergehende wirtschaftliche und finanzielle Integration fördern. In der Wahrnehmung ihrer Überwachungsfunktion sollte sie eine vertiefende Bewertung der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen im Euroraum in Angriff nehmen und sich dabei insbesondere mit den Spillover-Effekten einzelstaatlicher Maßnahmen befassen. Die Arbeiten zur Erhöhung der Genauigkeit der konjunkturellen und strukturellen Finanzindikatoren sollten in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten fortgeführt werden. Was die internationale Komponente der Agenda betrifft, muss die Kommission ihre Rolle in internationalen Dialogen und Foren stärken. Generell muss sie Bemühungen unterstützen, die darauf ausgerichtet sind, das Funktionieren der WWU sowohl intern als auch international zu optimieren, indem sie die ihr durch den Vertrag zugewiesenen Aufgaben als Hüterin einer gesunden Wirtschaftspolitik wahrnimmt. Zu diesem Zweck sollte sie sich bemühen, die im Vertrag vorgesehenen Instrumente besser zu nutzen.

Der neue Vertrag wird, sobald er ratifiziert ist, Möglichkeiten bieten, die Koordinierung und Überwachung der Wirtschaftspolitiken innerhalb des Euroraums zu verstärken . Artikel 136 des neuen Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sieht die Möglichkeit vor, spezifische Maßnahmen „für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist“, zu erlassen, „um die Koordinierung und Überwachung ihrer Haushaltsdisziplin zu verstärken“ und „für diese Staaten Grundzüge der Wirtschaftspolitik auszuarbeiten, wobei darauf zu achten ist, dass diese mit den für die gesamte Union angenommenen Grundzügen der Wirtschaftspolitik vereinbar sind, und ihre Einhaltung zu überwachen“. Darüber hinaus würde der Vertrag die Rolle der Kommission als unabhängige „Schiedsrichterin“ im Kontext der multilateralen Überwachung stärken. Artikel 121 ermöglicht es nämlich der Kommission, direkte Verwarnungen an Mitgliedstaaten zu richten, deren Wirtschaftspolitik nicht mit den Grundzügen vereinbar ist oder das ordnungsgemäße Funktionieren der WWU zu gefährden droht.

Das Governance-System der WWU muss gewährleisten, dass die Erweiterung des Euroraums weiterhin reibungslos verläuft . Im nächsten Jahrzehnt soll der Euroraum auf die meisten der derzeitigen EU-Mitgliedstaaten ausgeweitet werden, und wenn gewährleistet ist, dass dieser Prozess ordnungsgemäß abläuft, ist damit auch gewährleistet, dass die Wirtschaft im Euroraum künftig effektiv funktioniert. Während der Teilnahme am WKM II sollten die einzelnen Länder von einem Umfeld verstärkter makroökonomischer Stabilität profitieren können, um eine solide makroökonomische und Strukturpolitik einführen zu können. Wie im Vertrag festgelegt, sollte die Kommission die im Konvergenzprozess erzielten nachhaltigen Fortschritte regelmäßig einer fairen Bewertung unterziehen. Der Euro-Gruppe und dem ECOFIN-Rat fallen eine besondere Verantwortung zu, wenn es darum geht, Vertrauen aufzubauen, die Wirtschaftsentwicklung zu beobachten und Orientierungen für Politiken und Reformen vorzugeben, die erforderlich sind, um die nominale und reale Konvergenz der künftigen Mitglieder des Euroraums zu gewährleisten.

Auch ist es erforderlich, den Dialog über die WWU zwischen den EU-Institutionen und mit der breiten Öffentlichkeit zu verbessern . Die Kommission sollte Dialog und Konsultation insbesondere mit dem Europäischen Parlament, aber auch mit anderen europäischen nationalen Interessenträgern weiterentwickeln. Ebenso sollte die Euro-Gruppe den Dialog mit der EZB, dem Europäischen Parlament und den Sozialpartnern im Euroraum fortführen. All diese Einrichtungen, angefangen mit der Kommission, sollten die Kommunikation über WWU-Belange in der breiten Öffentlichkeit verbessern. Vor allem müssen der beträchtliche makro- und mikroökonomische Nutzen des Euro, wie etwa seine Rolle als Schutzschild während der jüngsten finanziellen Turbulenzen, und der wichtige positive Beitrag der Wirtschaftspolitik in der WWU besser verdeutlicht werden.

FAZIT

Die WWU ist ein voller Erfolg. In den zehn Jahren ihres Bestehens hat sie makroökonomische Stabilität gewährleistet, die wirtschaftliche Integration Europas – nicht zuletzt durch die aufeinanderfolgenden Erweiterungen – vorangetrieben, ihre Widerstandsfähigkeit im Falle negativer Schocks gestärkt und ist regional und weltweit zu einem Pol der Stabilität geworden. Die einheitliche Währung und der politische Rahmen, in den sie sich einfügt, erweisen sich als großes Plus. Das Potenzial der WWU ist jedoch noch nicht in vollem Umfang ausgeschöpft. Dies – zusammen mit den drängenden Herausforderungen der Globalisierung, der knappen natürlichen Ressourcen, des Klimawandels und der Bevölkerungsalterung – macht eine bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitik, weitere Fortschritte bei den Strukturreformen, eine wichtigere Rolle des Euroraums in der Welt und ein beharrliches Engagement der Mitgliedstaaten für die Verwirklichung dieser Ziele erforderlich. Der Umstand, dass die Auswirkungen dieser globalen Trends sich bereits in hohen Preisen für Energie, Nahrungsmittel und Rohstoffe, in Finanzturbulenzen und weltweiten Wechselkursanpassungen niederschlagen, macht umso deutlicher, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Die Umsetzung der internen und der externen Komponente der Agenda und die Verbesserung der Governance gemäß dem in dieser Mitteilung umrissenen Ansatz wird uns in der Bewältigung der Herausforderungen, denen sich der Euroraum und die Weltwirtschaft gegenüber sehen, ein gutes Stück voranbringen. Auch wird sie beträchtlichen Nutzen für alle EU-Mitgliedstaaten bringen:

- Die WWU ist nach wie vor als Meilenstein in der EU-Integration zu sehen. Wenngleich ihre Ziele und das bisher Geleistete in erster Linie wirtschaftlicher Art sind, war die WWU nie nur ein wirtschaftliches Projekt. Von Anfang an wurde die WWU als ein entscheidender Schritt im Prozess der EU-Integration begriffen. Dieser Aspekt hat erst recht an Bedeutung gewonnen mit der EU-Erweiterung von 15 auf 27 Mitgliedstaaten seit 2004 und mit Blick darauf, dass alle neu beigetretenen EU-Mitgliedstaaten planen, den Euro einzuführen. Die Aussicht auf den Beitritt zum Euroraum ist eine der wichtigsten Triebkräfte für die Angleichung dieser Länder an den EU-Lebensstandard.

- Eine gut funktionierende WWU ist ein großes Plus für die EU als Ganzes , nicht zuletzt deswegen, weil die überwältigende Mehrheit der EU-Länder – wenn nicht gar alle – schließlich Mitglieder der WWU werden. Eine blühende Wirtschaft im Euroraum wird Wohlstand und Dynamik der gesamten EU voranbringen und die öffentliche Unterstützung für die EU-Integration sowohl innerhalb als auch außerhalb des Euroraums stärken.

- Eine starke WWU wird auch die Führungsrolle der EU in der Weltwirtschaft stärken. Ein gut funktionierender Euroraum legt das Fundament dafür, dass die WWU nach außen eine starke Rolle spielen kann, sowohl makroökonomisch als auch im Bereich der weltweiten Überwachung der Finanzpolitik und der Regulierung. Wenn die WWU unter Beweis stellt, dass sie in der Lage ist, die externe Rolle des Euroraums zu stärken und weltweit Verantwortung zu übernehmen, wird dies auch positive Wirkungen für andere Politikbereiche haben, in denen die EU weltweit eine Führungsrolle beansprucht, z. B. nachhaltige Entwicklung, Entwicklungshilfe, Handelspolitik, Wettbewerb Menschenrechte.

Erforderlich sind der politische Wille und die Entschlossenheit, diese umfassende Agenda umzusetzen. Gerade der Erfolg der WWU führt vor Augen, dass politische Initiative und politischer Ehrgeiz einen beträchtlichen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Nutzen generieren können. Damit die Vorteile jedoch in vollem Umfang zum Tragen kommen können, kommt es entscheidend auf eine kontinuierliche Einbindung aller Beteiligten an. Daher wird die Kommission in der zweiten Jahreshälfte 2008 zu einer umfassenden Diskussion dieser Fragen aufrufen – im Bestreben, einen breiten Konsens über die einzelnen Komponenten dieser Agenda mit anderen EU-Institutionen sowie einem breiten Spektrum einschlägiger Einrichtungen und Interessenträger zu erzielen. Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Diskussion wird die Kommission dann geeignete operationelle Vorschläge unterbreiten.

[1] SEK(2008) 553: „WWU@10: Zehn Jahre Wirtschafts- und Währungsunion – Errungenschaften und Herausforderungen“.

[2] KOM(2007) 316.

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