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Document 52001DC0668

Bericht der Kommission für den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Nach der Tagung des Europäischen Rates vom 21. September: die Lage der europäischen Tourismusbranche.

/* KOM/2001/0668 endg. */

52001DC0668

Bericht der Kommission für den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Nach der Tagung des Europäischen Rates vom 21. September: die Lage der europäischen Tourismusbranche. /* KOM/2001/0668 endg. */


BERICHT DER KOMMISSION FÜR DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN - Nach der Tagung des Europäischen Rates vom 21. September: die Lage der europäischen Tourismusbranche.

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

I. Allgemeiner Überblick

Kurzfristige Auswirkungen auf den EU-Einreiseverkehr

Kurzfristige Auswirkungen auf den EU-Ausreiseverkehr

II. Besonderheiten innerhalb des EU-Marktes

1. Verschiedene Formen des Tourismus

2. Reisezieltypen und Länder

III. Spezifische Teilbranchen

1. Luftverkehr

2. Reisebüros und Reiseveranstalter

3. Beherbergungsgewerbe

4. Andere Teilbranchen

IV. Wünsche der Tourismuswirtschaft

V. Schlussfolgerungen

Einleitung

Der Bericht der Kommission vom 17. Oktober 2001 [1] bot dem Gipfel von Gent einen Überblick über die Maßnahmen der Union als Reaktion auf die Ereignisse des 11. September sowie eine Bewertung ihrer möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen. Der Bericht legt dar, was die EU in dieser Hinsicht bis zu diesem Tag unternommen hat; und wie die Prioritätensetzung bei Maßnahmen und Mitteln auf EU-Ebene beeinflusst wird. Außerdem werden die Auswirkungen der Ereignisse des 11. September auf die Wirtschaft der Europäischen Union und speziell auf vier Bereiche - darunter der Tourismus - untersucht.

[1] KOM(2001) 611 endg.

Zur Einschätzung der Folgen für den Tourismus in der EU hat die Kommission die Lage fortlaufend bewertet. Sie hat europäische und internationale Tourismusverbände gebeten, ihre Ansichten über die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen und die politischen Konsequenzen darzulegen. Neben den Stellungnahmen dieser Verbände gingen auch Reaktionen mehrerer nationaler Verbände und Fremdenverkehrsverwaltungen der Mitgliedstaaten ein.

Zur weiteren Bewertung fand am 18. Oktober eine Sitzung der Vertreter der europäischen Tourismuswirtschaft und der zuständigen Dienststellen der Kommission statt, zu der auch die Tourismusverwaltungen der Mitgliedstaaten eingeladen waren. Sie bot ein breites Forum zur Diskussion der Lage. Kapitel II bis IV beziehen sich auf Auskünfte aus diesen Quellen.

I. Allgemeiner Überblick

Als Gebiet mit der größten Vielfalt und Dichte an touristischen Anziehungspunkten ist Europa die meistbesuchte Tourismusregion der Welt. Auf die 2 Millionen Unternehmen in der Tourismusbranche der Europäischen Union entfällt ein Anteil am BIP und an der Beschäftigung von ca. 5 %, d. h. sie bieten mehr als 8 Millionen Arbeitsplätze. Darüber hinaus erzeugt der Tourismus auch in anderen Sektoren ein beträchtliches Geschäftsvolumen.

Eine Simulation der Auswirkungen, die unmittelbar nach dem 11. September erfolgte, sagte dramatische Verluste im Tourismus voraus, die weltweit ernste Folgen auf das BIP und die Beschäftigung hätten. Diese Simulation enthielt auch beunruhigende Zahlen für Europa. Auf der Grundlage einer umfangreichen Befragung der europäischen Branchenbeteiligten fand die Kommission diese Ergebnisse nicht bestätigt. Sie glaubt, dass die verfügbaren Informationen es noch nicht zulassen, genau Zahlenangaben weder zu den kurzfristigen noch zu den mittel- bis langfristigen Auswirkungen der Anschläge vom 11. September zu machen.

Die Europäische Kommission schließt sich daher weitgehend den Analysen und Schluss-folgerungen der Welttourismusorganisation an, die besagen, dass die Auswirkungen auf den Tourismus in Europa wirtschaftlich gesehen in Umfang und Zeit wohl eher begrenzt sein werden, falls keine neuen dramatischen Ereignisse eintreten. Wie nachstehend erläutert, gibt es zweifelsfrei deutliche kurzfristige Auswirkungen vor allem für bestimmte Tourismus-formen, Reisezieltypen und spezielle Teilbranchen. Es ist jedoch vorstellbar, dass mittel- bis langfristig keine messbaren Auswirkungen auf den Tourismus in der EU festzustellen sind. Zudem kann es sein, dass die Folgen für Wachstum und Beschäftigung insgesamt in der EU in gewissem Umfang dadurch gemildert werden, dass kurzfristige Einschränkungen bei den Verbraucherausgaben für Tourismus anderen Waren und Dienstleistungen zugute kommen.

Was die Analyse erschwert, ist die Tatsache, dass die Auswirkungen der schrecklichen Ereignisse des 11. September sowohl auf das Reiseverhalten als auch auf die Geschäftswelt in erheblichem Maße mit anderen Entwicklungen zusammenfallen, die bereits früher einsetzten, wie etwa die weltweite Konjunkturabschwächung und der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche, was sich bereits extrem schädigend auf den Einreiseverkehr im Vereinigten Königreich auswirkte. In dem oben genannten Bericht für den Gipfel von Gent sagte die Kommission ein Wiederbelebungsszenario voraus, das in der zweiten Jahreshälfte 2002 einsetzen und eine jährliche Wachstumsrate in etwa in Höhe der von 2001 mit sich bringen soll.

In den vergangenen Wochen waren Anzeichen für ein verändertes Reiseverhalten der Europäer festzustellen, das sich wohl in den kommenden Monaten fortsetzen wird. Dies würde bedeuten: mehr Individual-, weniger Pauschalreisen, weniger Flugreisen und mehr Reisen mit Privatwagen, Bus und Bahn. Zur Zeit sind Kurzreisen zu traditionelleren Reisezielen angesagt. Nach den Terrorakten werden die Reisenden womöglich eine gewisse Zeit brauchen, um ihre Ängste abzubauen. Dies dürfte sich langfristig gesehen jedoch nicht signifikant auswirken.

Kurzfristige Auswirkungen auf den EU-Einreiseverkehr

Die Terroranschläge auf die Vereinigten Staaten wirken sich auf den nach Europa einreisenden Tourismus unzweifelhaft negativ aus. Diese Ereignisse haben bestätigt, dass die Integration und Interdependenz des Tourismus als Wirtschaftszweig hoch ist.

Offenkundige Reiseangst ist in erster Linie bei den ausgabefreudigen Touristen aus Amerika, Japan und dem Nahen Osten festzustellen, die sich auf spezifische Reiseziele konzentrieren. Es gibt umfangreiche Stornierungen, gebuchte Flüge werden nicht angetreten, die Flug-strecken und dementsprechend auch die Flugzeugflotten werden reduziert. Das Volumen der touristischen Reisebewegungen aus diesen Ländern nach Europa ist um schätzungsweise bis zu 30 % zurückgegangen. Irland und das Vereinigte Königreich verzeichnen noch stärkere Einbußen. Besonders schwerwiegend sind diese Folgen für Reiseziele, die auf Incentive-Gruppen, d.h. Touristen, denen der Aufenthalt von dem Unternehmen, das sie beschäftigt, bezahlt wird, und internationale Konferenzen und Ausstellungen spezialisiert sind.

Es ist zu erwarten, das diese Situation über den unmittelbaren negativen Effekt hinaus bis in die Wintersaison andauert, insbesondere was die Reise amerikanischer Touristen nach Europa angeht. Großanbietern im Reisegeschäft zufolge gibt es keine Buchungen und die Aussichten für Geschäfts- und Freizeitreisen in der Herbst- und Wintersaison seien sehr pessimistisch. Viele amerikanische Touristen buchen Winterurlaub in Übersee erst dann, wenn sie sicher sind, dass ein gewisses Maß an politischer und wirtschaftlicher Stabilität wiedergewonnen ist. Im Gegensatz zum EU-Einreiseverkehr, auf den nur 13 % der Übernachtungen entfallen, bei allerdings wesentlich höherem Anteil der Ausgaben und Gewinne; sind die europäischen Märkte weniger betroffen und haben eine abwartende Haltung eingenommen, bis sich die Situation klärt. Der Reiseverkehr innerhalb Europas ist offensichtlich nur begrenzt betroffen.

Kurzfristige Auswirkungen auf den EU-Ausreiseverkehr

Bei den Reisen der EU-Bürger führt ein Viertel in andere Teile Europas (außerhalb der EU) und weltweite Reiseziele, und drei Viertel erfolgen innerhalb der Union. Es ist bereits festzustellen, dass die Europäer sehr viel seltener außerhalb Europas gelegene Reiseziele besuchen, was zur wirtschaftlichen Instabilität der europäischen Fluglinien beiträgt. Übereinstimmend erwarten die großen europäischen Reiseveranstalter einen Rückgang der Buchungen für alle Reiseziele, insbesondere aber für die USA und den Nahen Osten. Bei Buchungen für Reiseziele in Südostasien, der Karibik und Südafrika läuft das Geschäft ganz gut. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass Reiseziele in Übersee zur Rückgewinnung ihrer Marktanteile ihre Preispolitik kreativ gestalten werden, um Europäer anzuziehen.

II. Besonderheiten innerhalb des EU-Marktes

1. Verschiedene Formen des Tourismus

Geschäftsreisenr und speziell die Bereiche Sitzungen und Incentive-Reisen, also Tourismus den ein Unternehmen seinen Beschäftigen bezahlt, um höhere Leistungen anzuregen oder zu belohnen, haben schwer gelitten. Zahlreiche Konferenzen und Incentive-Gruppenreisen wurden abgesagt. Man erwartet, dass die Nachfrage nach Geschäftsreisen im kommenden Jahr wieder steigt, aber weiter unter den Vorjahresniveaus liegt.

Die Auswirkungen auf den Kreuzfahrtsektor in Europa, der stark von amerikanischen Touristen abhängt, ist ebenfalls erheblich. Länder mit Kreuzfahrtunternehmen und Häfen an Kreuzfahrtrouten, berichten von einem Rückgang von bis zur Hälfte des normalen Geschäfts. Ein großes Unternehmen, das eine beträchtliche Zahl von Kreuzfahrtschiffen auf dem Mittelmeer unterhielt, stellte seinen Betrieb ein. Andere Kreuzfahrtgesellschaften verlegten Schiffe von Europa zum Beispiel in die Karibik.

2. Reisezieltypen und Länder

In Europa zeigen sich stark negative Wirkungen hauptsächlich in Hauptstädten und anderen Großstädten: hier entfällt ein großer Anteil des Tourismusvolumens auf Geschäftsreisen, Kongress- und Incentive-Tourismus und/oder Kultur-/Besichtigungstourismus von Besuchern aus Übersee (insbesondere aus den Vereinigten Staaten und Japan). Andere Reisezieltypen sind weniger betroffen.

Dieser allgemeine Überblick lässt Unterschiede zwischen bestimmten Ländergruppen erkennen. Irland und das Vereinigte Königreich mit einem traditionell hohen oder überdurchschnittlichen Anteil amerikanischer Besucher sind stärker betroffen als andere EU-Länder. Auf der anderen Seite können Spanien und Portugal keine messbaren Auswirkungen feststellen.

Manche Experten schätzen, dass wegen des Trends hin zu stärker individuell organisierten Reisen Länder mit einer größeren Abhängigkeit von Pauschalanbietern unter Umständen mehr zu leiden haben. Die Reiseveranstalter müssen nun entscheiden, ob sie die Kapazitäten für die nächste Saison reduzieren oder nicht und ob sie zu Reisezielen übergehen, die als sicherer gelten. Das derzeitige Buchungsloch ist zwar hauptsächlich Folge aufgeschobener Reiseentscheidungen, kann aber zu finanziellen (Cashflow-) Problemen führen, und zwar nicht nur bei Großanbietern, sondern auch bei Hotels in Mittelmeerländern. Andere Quellen hingegen erwarten, dass die Küsten- und Inselreiseziele der südeuropäischen Länder Nutzen aus der mangelnden Begeisterung vieler Europäer für Langstreckenziele ziehen werden.

Für Reiseziele, die ihre Werbekampagnen auf Märkte lenken, die weniger von der Krise betroffen sind, und neue Produkte entwickeln (z. B. in Zusammenarbeit mit den nationalen Fremdenverkehrsämtern und mit Luftfahrtunternehmen), wird eine rasche Erholung erwartet. In einigen Fällen kann eine kreative Preisgestaltung neue Märkte entstehen lassen.

III. Spezifische Teilbranchen

Gemäß den Auskünften der europäischen Fremdenverkehrswirtschaft kann die Lage wie folgt zusammengefasst werden.

1. Luftverkehr

Die Mitteilung der Kommission vom 10. Oktober 2001 über die Folgen der Attentate in den Vereinigten Staaten für die Luftverkehrsbranche enthält detailliertes Zahlenmaterial über die Auswirkungen auf die europäische Luftverkehrsindustrie, die unter den Wirtschaftssektoren am stärksten von diesen Ereignissen betroffen ist, was zum Abbau zahlreicher Arbeitsplätze führt. Der Rückgang der Zahl von First- und Business-Class-Passagieren sowie von Langstreckenflug-Passagieren wirkt sich wirtschaftlich am stärksten aus. Die Folgen für den Luftverkehr zeigen sich in der Einschränkung der Flugpläne nach und von Europa und in einem gewissen Umfang auch innerhalb Europas. Innereuropäische Flüge wurden eher aufgrund finanzieller Zwänge reduziert denn als Ergebnis eines nachlassenden Marktes. Billigflieger oder so genannte No-Frills-Airlines, die hauptsächlich europäische Routen bedienen, hatten keine schwerwiegenden Einbußen zu verzeichnen.

Die Ankündigungen großer europäischer Luftfahrtgesellschaften, bei Service und Personal Einschränkungen vorzunehmen, haben das Vertrauen in ihre Fähigkeit untergraben, wieder auf dem vor den Attentaten gewohnten Niveau zu operieren. Das Umschwenken vom Luft- auf den Eisenbahnverkehr unmittelbar nach den Attentaten wird sich wahrscheinlich jedoch nur kurzfristig fortsetzen. Reduzierte Kapazitäten und höhere Flugpreise aufgrund der gestiegenen Kosten (Versicherungen und Sicherheitsmaßnahmen) könnten mittelfristig zu einem Rückgang im Luftreiseverkehr beitragen. Wenn sich die Airlines jedoch erholen und ihnen bewusst wird, dass sie Flugreisen bewerben müssen, um ihre Märkte zurückzuerobern, und wenn die Reisenden feststellen, dass zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen den Luftverkehr sicherer als vorher machen, werden sich die Kapazitäten und dass Volumen des Luftverkehrs mittel- bis langfristig wohl erholen.

2. Reisebüros und Reiseveranstalter

Das Segment Reisebüros und Reiseveranstalter ist vielleicht der am stärksten betroffene Kernbereich der Tourismuswirtschaft. Etwa 80 % der Flugtickets werden in Europa über Reisebüros verkauft, für die dies bis zu 40 % ihres Umsatzes ausmacht. Direkt nach dem 11. September waren die Reisebüros mit einer Unzahl von Stornierungen konfrontiert, die zum Teil Rückerstattungen erforderlich machten. Der unmittelbare internationale Reiseverkehr erlitt drastische Einbußen und auch für die nähere Zukunft gibt es wesentlich weniger Buchungen. Der Einbruch in den einträglichsten Segmenten, d. h. First-Class- und Business-Class-Passagiere, Langstreckenfluege und Normal-Budget-Linien (gegenüber Low-Budget-Linien), wirkt sich insbesondere auf die Reisebüros schädigend aus.

Einige Veranstalter sind mehr betroffen als andere. Bei großen Reiseveranstaltern leidet insbesondere das Charterfluggeschäft, das dem der Linienfluggesellschaften ähnelt. Reisebüros und Reiseveranstalter, die sich auf Reiseziele mit einem besonders starken Rückgang der touristischen Aktivitäten spezialisiert haben, sehen sich mit extrem hohen Verlusten konfrontiert. Kleinen und mittleren Unternehmen fehlt es an Finanzreserven zur Überbrückung der unmittelbaren negativen Auswirkungen auf ihr Geschäft. Eine Reihe von Unternehmen hat den Abbau von Arbeitsplätzen angekündigt oder sich dem Konkurs nahe erklärt. Bei manchen ist zu erwarten, dass sie aus dem Markt herausfallen, und der bereits vorher in Gang gekommene Trend zur Konzentration wird sich wohl verstärken.

3. Beherbergungsgewerbe

Hauptsächlich bei großen Hotels und Spitzenhotels in Hauptstädten und anderen Großstädten, die Gäste aus Übersee sowie Geschäftsreisende, Kongress- und Messegäste beherbergen, sind die Übernachtungszahlen stark zurückgegangen; in manchen Fällen um mehr als die Hälfte. Diese Verluste und die Aussichten auf Verbesserung stehen in direktem Zusammenhang mit den oben genannten Auswirkungen auf Reisezieltypen und Länder. Für einige Länder werden die Gesamtverluste bei den Gästezahlen in städtischen Reisezielen auf 20 bis 30 % geschätzt. Hier wird bis Ende des Jahres keine Veränderung erwartet. Erste positiven Entwicklungen erhofft man sich für das zweite Quartal 2002, sofern es nicht zu weiteren Anschlägen kommt.

Diese Auswirkungen beeinflussen auch die Beschäftigungslage im Beherbergungsgewerbe. Hotels in Großstädten kündigen ihre Absicht an, Personal zu entlassen, oder wollen als ersten Schritt die Regelarbeitszeiten für alle Beschäftigten reduzieren.

Bei Billig-Unterkünften sind die Jugendherbergen am stärksten betroffen, da Gäste aus den USA bei ihnen eine größeren Anteil ausmachen. Die Auswirkungen auf die europäischen Jugendherbergen sind möglicherweise im Sommer 2002 stärker zu spüren, da die Terroranschläge nach ihrer Hauptsaison geschahen. Je nach geographischer Lage erwarten sie für das nächste Jahr Umsatzverluste zwischen 5 bis 20 %. Im Grunde genommen ist der Reiseverkehr junger Europäer zwar in geringerem Umfang betroffen, einen großen Einfluss auf Jugendherbergen haben jedoch Reisebeschränkungen der Behörden für Schulreisen, wie es sie zum Teil (z. B. in Frankreich) nach den Anschlägen gegeben hat.

4. Andere Teilbranchen

Für die kurzfristige Vermietung an Privat- und Geschäftsreisende sagen die europäischen Autovermieter einen Umsatzrückgang von einem Drittel bis Ende dieses Jahres voraus. Während der ersten drei Wochen nach dem 11. September verzeichnete eines der größten Unternehmen einen Rückgang von 15 % bei den Autovermietungen an Flughäfen. Die 12 %ige Zunahme an Bahnhöfen parallel dazu konnte jedoch die Verluste keinesfalls ausgleichen, da es sich hierbei um ein wesentlich niedrigeres Geschäftsvolumen handelt. Auch auf die Kfz-Hersteller wird sich dies beträchtlich auswirken, da zu erwarten ist, dass der derzeitige Fuhrpark langsamer und in geringerem Umfang erneuert wird, was Auswirkungen sowohl auf den Neuwagen- als auch auf den Gebrauchtwagenmarkt haben wird.

Der Rückgang der Besucherzahlen in Freizeitparks um 30 % und mehr nach dem 11. September lässt in diesem Teilsektor weniger Investitionen in neue Anlagen erwarten, insbesondere bei KMU. Dies gilt auch für die vorher genannten Sektoren. Die Auswirkungen könnten kurzfristig zu finanziellen Problemen bei Lieferanten und Herstellern derartiger Anlagen und gegebenenfalls zu Schließungen führen. Langfristig gesehen kann dies eine Konzentration in sämtlichen Bereichen mit einem weniger vielfältigen Angebot bewirken.

IV. Wünsche der Tourismuswirtschaft

Die europäische Tourismuswirtschaft hat einige Wünsche nach politischen Maßnahmen vorgetragen. Vor allem betont sie, dass es mehr denn je erforderlich ist, die Werbung für Europa auf den Überseemärkten zu koordinieren; außerdem hat sie die Kommission gebeten, sich aktiv an der Werbung für Europa als sicherem Reiseziel zu beteiligen. Die europäische Tourismuswirtschaft hat die Kommission aufgefordert sicherzustellen, dass politische Maßnahmen in den entsprechenden gemeinschaftlichen Politikfeldern die Interessen des Tourismussektors optimal berücksichtigen. Eine enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft wurde gefordert, damit die aktuelle Krise überwunden und dieser wichtige Dienstleistungs-sektor (auch finanziell) unterstützt werden kann.

Neben Forderungen nach einem niedrigeren Umsatzsteuersatz für Tourismusunternehmen und nach besonderer Unterstützung für KMU rufen die Interessenvertreter der Branche nach einer Reduzierung der Flughafengebühren, die bis zu 30 % mancher Billigtickets ausmachen. Anderenfalls gehe man das Risiko stark reduzierter Einnahmen ein. Man ist der Auffassung, dass eine Senkung der Gebühren für Reisende dazu beitragen wird, den Reiseverkehr und die Finanzen der Fluglinien zu beleben, ohne dass die öffentliche Hand die kränkelnden Fluglinien unterstützen muss. Die Tourismuswirtschaft hält Maßnahmen zum Abfangen der negativen Folgen für wichtig, damit die Verluste begrenzt werden können, einschließlich derjenigen bei den staatlichen Steuereinnahmen aus dem Tourismus.

Der EU-Ausschuss für den sozialen Dialog in der Horeka-/Tourismusbranche hat die Erörterung der möglichen Auswirkungen der Ereignisse des 11. September begonnen. Keiner der Sozialpartner hat bislang eine quantitative Einschätzung gewagt. Es ist zu erwarten, dass koordinierte Maßnahmen im Rahmen der verschiedenen EU-Politiken gefordert werden.

V. Schlussfolgerungen

In ihrer Mitteilung vom 10. Oktober 2001 über die Folgen der Attentate in den Vereinigten Staaten für die Luftverkehrsbranche [2] hat die Kommission dargelegt, wie sie politisch zu reagieren gedenkt. Mit einigen der vorgeschlagenen Maßnahmen wird auch Forderungen der europäischen Tourismuswirtschaft stattgegeben. Sie betreffen eine größere Sicherheit für Reisende, einschließlich der EU-weiten Koordinierung und der regelmäßigen Überprüfung der Anwendung von Sicherheitsvorkehrungen. Sie beziehen sich auch auf die Forderung, dass der Staat für die zusätzlichen Versicherungskosten einsteht, sowie auf Beihilfen zur finanziellen Erholung der Luftverkehrsgesellschaften.

[2] KOM(2001) 574 endg.

Trotz der unmittelbaren Krisensituation, in der sich spezifische Marktsegmente, Sektoren und Reiseziele befinden, müssen Maßnahmen vermieden werden, die den langfristigen Aussichten für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Tourismuswirtschaft schaden.

Die Herausforderung besteht daher darin, eine Strategie für den europäischen Tourismus-sektor zu entwickeln, die die anstehenden politischen und wirtschaftlichen Probleme mittel- und langfristig angeht. Dies und die Forderungen der Vertreter der europäischen Tourismus-wirtschaft nach Einbeziehung und Zusammenarbeit dürften durch den neuen kooperativen Ansatz für die Tourismuswirtschaft gedeckt sein, der in der Mitteilung der Kommission vom 13. November 2001 [3] mit dem Titel ,Zusammenarbeit für die Zukunft des Tourismus in Europa" dargelegt wird. Die unter diesem Ansatz vorgeschlagenen Maßnahmen zielen auf eine verbesserte Einbeziehung der Belange aller Branchenbeteiligten in die tourismus-relevanten politischen Maßnahmen und Initiativen der Gemeinschaft ab; auch soll die Begegnung mit der Tourismusbranche und anderer Gruppen von Akteuren gefördert werden. Es wird angeregt, dies im Rahmen des offenen Koordinierungsverfahrens durchzuführen.

[3] KOM(2001) 665 endg.

Da die Lage unsicher bleibt, wird die Kommission weiterhin die Auswirkungen der laufenden Ereignisse auf den Tourismus beobachten und untersuchen. Dies wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, der Tourismuswirtschaft und anderen Branchenbeteiligten geschehen.

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