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Document 62003CJ0451

Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 30. März 2006.
Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti Srl gegen Giuseppe Calafiori.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Corte d'appello di Milano - Italien.
Niederlassungsfreiheit - Freier Dienstleistungsverkehr - Für Unternehmen geltende Wettbewerbsvorschriften - Staatliche Beihilfen - Steuerbeistandszentren - Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen - Ausschließliches Recht - Vergütung dieser Tätigkeiten.
Rechtssache C-451/03.

European Court Reports 2006 I-02941

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2006:208

Rechtssache C‑451/03

Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti Srl

gegen

Giuseppe Calafiori

(Vorabentscheidungsersuchen der Corte d’appello Mailand)

„Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Für Unternehmen geltende Wettbewerbsvorschriften – Staatliche Beihilfen – Steuerbeistandszentren – Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen – Ausschließliches Recht – Vergütung dieser Tätigkeiten“

Schlussanträge des Generalanwalts D. Ruiz‑Jarabo Colomer vom 28. Juni 2005 

Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 30. März 2006 

Leitsätze des Urteils

1.     Wettbewerb – Öffentliche Unternehmen und Unternehmen, denen die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewähren – Schaffung einer beherrschenden Stellung

(Artikel 82 EG und 86 Absatz 1 EG)

2.     Vorabentscheidungsverfahren – Zuständigkeit des Gerichtshofes

3.     Freizügigkeit – Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr

(Artikel 43 EG und 49 EG)

4.     Staatliche Beihilfen – Begriff

(Artikel 87 Absatz 1 EG)

1.     Die bloße Schaffung einer beherrschenden Stellung durch die Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte im Sinne von Artikel 86 Absatz 1 EG ist als solche noch nicht mit Artikel 82 EG unvereinbar. Ein Mitgliedstaat verstößt nur dann gegen die in diesen beiden Bestimmungen enthaltenen Verbote, wenn das betreffende Unternehmen bereits durch die Ausübung der ihm übertragenen besonderen oder ausschließlichen Rechte seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzen oder wenn durch diese Rechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der dieses Unternehmen einen solchen Missbrauch begeht.

(vgl. Randnr. 23)

2.     Weist im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Tätigkeit mit keinem ihrer Elemente über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinaus, so kann eine Antwort dem vorlegenden Gericht dennoch von Nutzen sein, insbesondere dann, wenn sein nationales Recht vorschriebe, dass einem Staatsbürger dieses Mitgliedstaats die Rechte zustehen, die einem Staatsbürger eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Gemeinschaftsrechts zustünden. Ein solches Ersuchen ist daher als zulässig anzusehen, da zu prüfen ist, ob die Bestimmungen des Vertrages, um deren Auslegung ersucht wird, der Anwendung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung entgegenstehen, soweit diese auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Personen angewandt würde.

(vgl. Randnrn. 28-30)

3.     Die Artikel 43 EG und 49 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die das Recht zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen Steuerbeistandszentren (CAF) vorbehält, die in Form von Aktiengesellschaften zu errichten sind, auf der Grundlage einer Genehmigung des Finanzministeriums tätig werden und nur von bestimmten, in einem Decreto legislativo bezeichneten Rechtssubjekten errichtet werden können. Eine solche Regelung schließt nämlich zum einen den Zugang von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Wirtschaftsteilnehmern zum Markt der fraglichen Dienstleistungen vollständig aus und ist, indem sie die Möglichkeit zur Gründung von CAF bestimmten Rechtssubjekten vorbehält, die strikte Voraussetzungen erfüllen, darunter bei einigen dieser Rechtssubjekte sogar die Voraussetzung, dass sie ihren Sitz in dem betreffenden Mitgliedstaat haben, zum anderen geeignet, die Ausübung des Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten zustehenden Rechts, sich zur Erbringung der fraglichen Dienstleistungen in dem entsprechenden Mitgliedstaat niederzulassen, zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen.

(vgl. Randnrn. 7, 33-34, 50, Tenor 1)

4.     Eine Maßnahme, mit der ein Mitgliedstaat die Zahlung eines vom Staatshaushalt zu tragenden Ausgleichs zugunsten bestimmter Unternehmen vorsieht, die damit betraut sind, den Steuerpflichtigen bei der Erstellung von Steuererklärungen und ihrer Übermittlung an die Finanzverwaltung beizustehen, ist als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG zu qualifizieren, wenn zum einen die Höhe des Ausgleichs über das hinausgeht, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken, und wenn zum anderen der Ausgleich nicht auf der Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt wird, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.

(vgl. Randnr. 72, Tenor 2)




URTEIL DES GERICHTSHOFES (Dritte Kammer)

30. März 2006 (*)

„Niederlassungsfreiheit – Freier Dienstleistungsverkehr – Für Unternehmen geltende Wettbewerbsvorschriften – Staatliche Beihilfen – Steuerbeistandszentren – Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen – Ausschließliches Recht – Vergütung dieser Tätigkeiten“

In der Rechtssache C-451/03

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht von der Corte d’appello Mailand (Italien) mit Entscheidung vom 15. Oktober 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Oktober 2003, in dem Verfahren

Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti Srl

gegen

Giuseppe Calafiori,

unterstützt durch:

Pubblico Ministero,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovský, S. von Bahr (Berichterstatter), A. Borg Barthet und U. Lõhmus,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–       der Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti Srl, vertreten durch F. Capelli und M. Valcada, avvocati,

–       der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von D. Del Gaizo, avvocato dello Stato,

–       der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und V. Di Bucci als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Juni 2005

folgendes

Urteil

1       Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 4 EG, 10 EG, 82 EG, 86 EG und 98 EG im Bereich Wettbewerb, der Artikel 43 EG, 48 EG und 49 EG in den Bereichen Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr sowie des Artikels 87 EG im Bereich staatliche Beihilfen.

2       Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti Srl (im Folgenden: ADC Servizi) und dem Notar Guiseppe Calafiori über dessen Weigerung, den Beschluss der Gesellschafterversammlung von ADC Servizi über eine Änderung ihres Gesellschaftsvertrags im Handelsregister Mailand einzutragen.

 Nationaler rechtlicher Rahmen

3       Der nationale rechtliche Rahmen kann, so wie er sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, wie folgt zusammengefasst werden.

4       Nach dem Decreto legislativo Nr. 241 vom 9. Juli 1997, ergänzt durch das Decreto legislativo Nr. 490 vom 28. Dezember 1998 (im Folgenden: Decreto legislativo Nr. 241/97), sind allein die Centri di Assistenza Fiscale (Steuerbeistandszentren, im Folgenden: CAF) berechtigt, bestimmte Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen auszuüben, darunter die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der jährlichen Einkommensteuererklärung der Arbeitnehmer und der ihnen gleichgestellten Personen.

5       Artikel 34 Absatz 4 des Decreto legislativo Nr. 241/97 überträgt den CAF eine ausschließliche Befugnis zur Abwicklung der mit einem vereinfachten Formblatt (Formblatt 730) vorgenommenen Einkommensteuererklärung, darunter die Überlassung einer Kopie der ausgefüllten Erklärung und der Aufstellung über die geschuldete Steuer an den Steuerpflichtigen, die Mitteilung des Ergebnisses der Erklärung an die abzugsverpflichteten Arbeitgeber, damit ein Ausgleich an der Quelle vorgenommen werden kann, und die Übersendung der Erklärungen an die Finanzverwaltung.

6       Ferner ist den CAF nach Artikel 35 Absatz 2 Buchstabe b des Decreto legislativo Nr. 241/97 die Kontrolle der Übereinstimmung der in der Erklärung angegebenen Daten mit ihren Anlagen vorbehalten.

7       Die CAF sind in Form von Aktiengesellschaften zu errichten, die auf der Grundlage einer Genehmigung des Finanzministeriums tätig werden. Sie können nur von den in den Artikeln 32 und 33 des Decreto legislativo Nr. 241/97 bezeichneten Rechtssubjekten errichtet werden. Dabei handelt es sich u. a. um Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, von diesen beauftragte Gebietsorganisationen mit mindestens 50 000 Mitgliedern, bestimmte steuerabzugsverpflichtete Arbeitgeber mit mindestens 50 000 Beschäftigten und Arbeitnehmervereinigungen, die Fürsorgewerke (istituti di patronato) gegründet haben und mindestens 50 000 Mitglieder zählen. Einige der im Decreto legislativo Nr. 241/97 genannten Rechtssubjekte sind nur dann zur Errichtung von CAF befugt, wenn sie in Italien niedergelassen sind.

8       Weiterhin ist in Artikel 33 Absatz 2 des Decreto legislativo Nr. 241/97 vorgesehen, dass die CAF einen oder mehrere Verantwortliche für den Beistand in Steuerfragen benennen, bei denen es sich um in der Liste der Diplomkaufleute oder der der Buchprüfer eingetragene Personen handeln muss.

9       Die fragliche Regelung sieht vor, dass für die den CAF vorbehaltenen Tätigkeiten eine Vergütung aus dem Staatshaushalt gezahlt wird, die ursprünglich auf 25 000 LIT je ausgefüllter und übermittelter Erklärung festgelegt worden war und später auf rund 14 Euro angehoben wurde.

 Ausgangsrechtsstreit

10     Die ADC Servizi, die in Mailand niedergelassen ist, hatte den Beistand und die Beratung in Buchhaltungs- und Verwaltungsfragen zum Zweck.

11     Am 25. Februar 2003 beschloss die außergewöhnliche Gesellschafterversammlung dieser Gesellschaft die Annahme eines neuen Gesellschaftsvertrags, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Gesellschaft auch Tätigkeiten des Beistands in Steuerfragen für Unternehmen, Arbeitnehmer und ihnen gleichgestellte Personen sowie Rentner ausübte.

12     Der protokollführende Notar, Herr Calafiori, weigerte sich, die Eintragung dieses Beschlusses im Handelsregister Mailand zu veranlassen, da er die Änderung des Gesellschaftsvertrags, mit der die Gesellschaft zur Ausübung der genannten Tätigkeiten des Beistands in Steuerfragen ermächtigt wurde, als einen Verstoß gegen Artikel 34 des Decreto legislativo Nr. 241/97 ansah.

13     Die ADC Servizi beantragte beim Tribunale Mailand, die Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister Mailand anzuordnen. Mit Beschluss vom 15. Mai 2003 wies dieses Gericht die Klage ab.

14     Die ADC Servizi legte gegen diesen Beschluss ein Rechtsmittel bei der Corte d’appello Mailand ein und machte geltend, dass die Bestimmungen des Decreto legislativo Nr. 241/97, indem sie bestimmte Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen den CAF vorbehielten, gegen den EG-Vertrag verstießen.

15     Die Corte d’appello Mailand ist der Ansicht, dass sich im Hinblick auf die Entscheidung des bei ihr anhängigen Rechtsstreits Fragen nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts stellten.

16     Sie führt zunächst aus, dass Arbeitnehmer, Rentner und ihnen gleichgestellte Personen dazu gebracht würden, sich an die CAF auch mit Fragen zu wenden, die diesen nach der fraglichen Regelung nicht vorbehalten seien, wodurch der Wettbewerb auf dem entsprechenden Markt verfälscht werde. Folglich stehe dieses System im Widerspruch zu den Artikeln 10 EG, 81 EG, 82 EG und 86 EG.

17     Die Corte d’appello Mailand legt weiter dar, dass der Umstand, dass die Erstellung und die Abgabe von Steuererklärungen bestimmten Rechtssubjekten, die präzise Voraussetzungen erfüllten, vorbehalten seien, nicht nur für den inländischen Wirtschaftsteilnehmer, sondern auch für den in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer ein Hindernis für die Ausübung seiner Tätigkeit darstelle, das eine nach den Artikeln 43 EG, 48 EG und 49 EG verbotene Beschränkung darstellen könne.

18     Schließlich werde die in Randnummer 9 dieses Urteils genannte Vergütung, die ausschließlich zugunsten der CAF vorgesehen und aus dem Staatshaushalt zu zahlen sei, möglicherweise vom Verbot der Artikel 87 EG und 88 EG erfasst.

 Vorlagefragen

19     Auf der Grundlage dieser Erwägungen hat die Corte d’appello Mailand beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind die Artikel 4 EG, 10 EG, 82 EG, 86 EG und 98 EG dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie derjenigen entgegenstehen, die sich aus dem Decreto legislativo Nr. 241/97 in Verbindung mit dem Testo unico betreffend die Einkommensteuern (Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 917 vom 22. Dezember 1986) und dem Gesetz Nr. 413 vom 30. Dezember 1991 ergibt und die das Recht, bestimmte Tätigkeiten der Steuerberatung auszuführen, einer einzigen Gruppe von Rechtssubjekten, den CAF, vorbehält und den anderen Wirtschaftsteilnehmern des Sektors auch dann, wenn sie eine Ermächtigung zur Berufsausübung im Bereich der steuerlichen und buchhalterischen Beratung besitzen (Diplom-Betriebswirte, Buchprüfer, Rechtsanwälte und Arbeitsberater), die Ausübung der den CAF vorbehaltenen Tätigkeiten unter gleichen Voraussetzungen und Modalitäten versagt?

2.      Sind die Artikel 43 EG, 48 EG und 49 EG dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie derjenigen entgegenstehen, die sich aus dem Decreto legislativo Nr. 241/97 in Verbindung mit dem Testo unico betreffend die Einkommensteuern (Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 917) und dem Gesetz Nr. 413 vom 30. Dezember 1991 ergibt und die das Recht, bestimmte Tätigkeiten der Steuerberatung auszuführen, einer einzigen Gruppe von Rechtssubjekten, den CAF, vorbehält und den anderen Wirtschaftsteilnehmern des Sektors auch dann, wenn sie eine Ermächtigung zur Berufsausübung im Bereich der steuerlichen und buchhalterischen Beratung besitzen (Diplom-Betriebswirte, Buchprüfer, Rechtsanwälte und Arbeitsberater), die Ausübung der den CAF vorbehaltenen Tätigkeiten unter gleichen Voraussetzungen und Modalitäten versagt?

3.      Ist Artikel 87 EG dahin auszulegen, dass eine Maßnahme, wie sie sich aus der Regelung des Decreto legislativo Nr. 241/97, insbesondere dessen Artikel 38, ergibt und die zugunsten der CAF eine Vergütung zulasten des Staatshaushalts für die Tätigkeiten des Artikels 34 Absatz 4 und für die Tätigkeiten des Artikels 37 Absatz 2 des Decreto legislativo Nr. 241/97 vorsieht, eine staatliche Beihilfe darstellt?

 Zur ersten Frage

20     Einleitend ist darauf zu verweisen, dass in den Artikeln 4 EG und 98 EG die Grundprinzipien der Wirtschaftpolitik der Gemeinschaftsordnung definiert werden und der Kontext dargelegt wird, in dem die Wettbewerbsvorschriften der Artikel 82 EG und 86 EG stehen. Die Bezugnahme des nationalen Gerichts auf die Artikel 4 EG und 98 EG erfordert somit keine gegenüber der Antwort auf die Frage nach der Auslegung der Artikel 82 EG und 86 EG eigene Antwort.

21     Folglich ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage im Wesentlichen wissen möchte, ob die Artikel 82 EG und 86 EG einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegenstehen, die das Recht zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen den CAF vorbehält.

22     Nach Artikel 82 EG ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen verboten.

23     Die bloße Schaffung einer beherrschenden Stellung durch die Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte im Sinne von Artikel 86 Absatz 1 EG ist als solche noch nicht mit Artikel 82 EG unvereinbar. Ein Mitgliedstaat verstößt nur dann gegen die in diesen beiden Bestimmungen enthaltenen Verbote, wenn das betreffende Unternehmen bereits durch die Ausübung der ihm übertragenen besonderen oder ausschließlichen Rechte seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzen oder wenn durch diese Rechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der dieses Unternehmen einen solchen Missbrauch begeht (Urteil vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C‑475/99, Ambulanz Glöckner, Slg. 2001, I‑8089, Randnr. 39).

24     Folglich ist nicht nur zu klären, ob die nationale Regelung bewirkt, dass den CAF besondere oder ausschließliche Rechte im Sinne von Artikel 86 Absatz 1 EG verliehen werden, sondern auch, ob eine solche Regelung zum Missbrauch einer beherrschenden Stellung führen konnte.

25     Unabhängig von der Frage, ob den CAF mit der nationalen Regelung solche besonderen oder ausschließlichen Rechte verliehen wurden, ist jedoch festzustellen, dass dem Gerichtshof weder mit der Vorlageentscheidung noch mit den schriftlichen Erklärungen die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte an die Hand gegeben werden, die ihm die Feststellung erlauben würden, ob die Voraussetzungen für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung oder eines missbräuchlichen Verhaltens im Sinne von Artikel 82 EG erfüllt sind.

26     Unter diesen Umständen ist der Gerichtshof nicht in der Lage, die erste Frage sachgerecht zu beantworten.

 Zur zweiten Frage

27     Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Artikel 43 EG und 49 EG einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegenstehen, die das Recht zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen den CAF vorbehält.

28     Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die italienische Regierung diese Frage für unzulässig hält, da die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Tätigkeit mit keinem ihrer Elemente über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinausweise.

29     Dazu ist zu bemerken, dass eine Antwort dem vorlegenden Gericht nichtsdestoweniger von Nutzen sein kann, insbesondere dann, wenn sein nationales Recht in einem Verfahren der vorliegenden Art vorschriebe, dass einem italienischen Staatsbürger die gleichen Rechte zustehen, die einem Staatsbürger eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Gemeinschaftsrechts zustünden (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2005 in der Rechtssache C‑250/03, Mauri, Slg. 2005, I‑1267, Randnr. 21).

30     Somit ist zu prüfen, ob die Bestimmungen des Vertrages, um deren Auslegung ersucht wird, der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegenstehen, soweit diese auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Personen angewandt würde.

31     Die Artikel 43 EG und 49 EG schreiben die Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs vor; als solche Beschränkungen sind alle Maßnahmen anzusehen, die die Ausübung dieser Freiheiten unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen (vgl. u. a. Urteil vom 15. Januar 2002 in der Rechtssache C‑439/99, Kommission/Italien, Slg. 2002, I‑305, Randnr. 22).

32     Insoweit ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass das Decreto legislativo Nr. 241/97 den CAF eine ausschließliche Befugnis überträgt, den Steuerpflichtigen bestimmte Dienstleistungen der Beratung und des Beistands in Steuerfragen und insbesondere Arbeitnehmern und ihnen gleichgestellten Personen Dienstleistungen des Steuerbeistands bei der Erstellung der Steuererklärung in der vereinfachten Form anzubieten.

33     Was den freien Dienstleistungsverkehr betrifft, so schließt eine solche nationale Regelung, indem sie die genannten Tätigkeiten den CAF vorbehält, den Zugang von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Wirtschaftsteilnehmern zum Markt der fraglichen Dienstleistungen vollständig aus.

34     Was die Niederlassungsfreiheit anbelangt, so ist eine solche Regelung, indem sie die Möglichkeit zur Gründung von CAF bestimmten Rechtssubjekten vorbehält, die strikte Voraussetzungen erfüllen, darunter bei einigen dieser Rechtssubjekte, wie sich aus den vorgelegten Informationen ergibt, die Voraussetzung, dass sie ihren Sitz in Italien haben, geeignet, die Ausübung des Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten zustehenden Rechts, sich zur Erbringung der fraglichen Dienstleistungen in Italien niederzulassen, zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen.

35     Dass den CAF eine ausschließliche Befugnis übertragen wird, bestimmte Dienstleistungen der Beratung und des Beistands in Steuerfragen anzubieten, stellt somit eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs dar, die nach den Artikeln 43 EG und 49 EG grundsätzlich verboten ist.

36     Die Bestimmungen der nationalen Regelung, nach denen nur bestimmte, bereits in Italien niedergelassene Rechtssubjekte CAF gründen können, sind diskriminierend. Solche Bestimmungen können nur mit den in den Artikeln 46 EG und 55 EG vorgesehenen Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt werden, die im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht worden sind (vgl. Urteil vom 29. Mai 2001 in der Rechtssache C‑263/99, Kommission/Italien, Slg. 2001, I‑4195, Randnr. 15).

37     Dagegen können diejenigen Bestimmungen der in Rede stehenden nationalen Regelung, die für alle im Aufnahmemitgliedstaat tätigen Personen oder Unternehmen gelten, gerechtfertigt sein, wenn sie zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen und soweit sie geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. Urteil vom 17. Oktober 2002 in der Rechtssache C‑79/01, Payroll u. a., Slg. 2002, I‑8923, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38     Insoweit kann das Allgemeininteresse am Schutz der Empfänger der betreffenden Dienstleistungen vor einem Schaden, der ihnen durch Dienstleistungen entstehen könnte, die von Personen erbracht werden, die nicht die erforderlichen beruflichen oder persönlichen Qualifikationen besitzen, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C‑76/90, Säger, Slg. 1991, I‑4221, Randnrn. 15 bis 17).

39     Wie jedoch der Generalanwalt in Nummer 49 seiner Schlussanträge betont hat, sind einige der den CAF vorbehaltenen Dienstleistungen wie die Aushändigung einer Kopie der Steuererklärung und der Aufstellung über die geschuldete Steuer, die Übersendung der Steuererklärungen an die Finanzverwaltung sowie die Mitteilung des Ergebnisses der Steuererklärung an die abzugsverpflichteten Arbeitgeber im Wesentlichen einfacher Art und erfordern keine besonderen beruflichen Qualifikationen.

40     Offenkundig kann es die Natur dieser Dienstleistungen nicht rechtfertigen, ihre Ausübung den Inhabern einer besonderen beruflichen Qualifikation vorzubehalten.

41     Auch wenn demgegenüber bestimmte den CAF vorbehaltene Tätigkeiten vielschichtiger sind, insbesondere die Prüfung der Übereinstimmung der in der Steuererklärung gemachten Angaben mit ihren Anlagen, ist nicht ersichtlich, dass die zur Errichtung von CAF befugten Einrichtungen Gewähr für besondere berufliche Befähigungen zur Ausführung dieser Aufgaben bieten.

42     Wie sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, benennen die CAF nach Artikel 33 Absatz 2 des Decreto legislativo Nr. 241/97 als für die Ausführung dieser Aufgaben Verantwortliche Personen, die in der Liste der Diplomkaufleute oder der der Buchprüfer eingetragen sind, d. h. Berufsträger, die die den CAF vorbehaltenen Tätigkeiten im eigenen Namen nicht ausüben können.

43     Angesichts dieser Umstände sind die Bestimmungen des Decreto legislativo Nr. 241/97, soweit sie den CAF eine ausschließliche Befugnis übertragen, bestimmte Dienstleistungen der Beratung und des Beistands in Steuerfragen anzubieten, offenbar nicht geeignet, das in Randnummer 38 dieses Urteils genannte Allgemeininteresse zu gewährleisten.

44     In der mündlichen Verhandlung hat die italienische Regierung geltend gemacht, dass die fragliche nationale Regelung jedenfalls gemäß den Artikeln 45 Absatz 1 EG und 55 EG gerechtfertigt sei, wonach die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr nicht für Tätigkeiten gälten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden seien.

45     Dazu ist darauf zu verweisen, dass die Artikel 45 EG und 55 EG als Ausnahmen vom Grundprinzip der Niederlassungsfreiheit so auszulegen sind, dass sich ihre Tragweite auf das beschränkt, was zur Wahrung der Interessen, die diese Bestimmungen den Mitgliedstaaten zu schützen erlauben, unbedingt erforderlich ist (Urteile vom 15. März 1988 in der Rechtssache 147/86, Kommission/Griechenland, Slg. 1988, 1637, Randnr. 7, und vom 29. Oktober 1998 in der Rechtssache C‑114/97, Kommission/Spanien, Slg. 1998, I‑6717, Randnr. 34).

46     Somit muss sich die in diesen Artikeln vorgesehene Ausnahmeregelung nach ständiger Rechtsprechung auf Tätigkeiten beschränken, die als solche eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt darstellen (Urteile vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74, Reyners, Slg. 1974, 631, Randnr. 45, vom 13. Juli 1993 in der Rechtssache C‑42/92, Thijssen, Slg. 1993, I‑4047, Randnr. 8, Kommission/Spanien, Randnr. 35, und vom 31. Mai 2001 in der Rechtssache C‑283/99, Kommission/Italien, Slg. 2001, I‑4363, Randnr. 20).

47     Es ist festzustellen, dass die Überprüfung der Übereinstimmung der Angaben in der Steuererklärung mit deren Anlagen, auch wenn sie tatsächlich von der Finanzverwaltung selten in Frage gestellt wird, keine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt darstellt, sondern eine Maßnahme, mit der die Erfüllung von der Finanzverwaltung obliegenden Aufgaben vorbereitet oder erleichtert werden soll.

48     Ebenso verhält es sich mit den anderen Aufgaben, die in den Artikeln 34 und 35 des Decreto legislativo Nr. 241/97 aufgeführt sind und die das nationale Gericht in seiner Vorlageentscheidung nennt, nämlich die Überlassung einer Kopie der ausgefüllten Steuererklärung und der Aufstellung über die geschuldete Steuer an den Steuerpflichtigen, die Mitteilung des Ergebnisses der Steuererklärungen an die abzugsverpflichteten Arbeitgeber und die Übersendung der Erklärungen an die Finanzverwaltung.

49     Folglich ist festzustellen, dass den CAF vorbehaltene Tätigkeiten wie die in der Vorlageentscheidung genannten von der in den Artikeln 45 EG und 55 EG vorgesehenen Ausnahmeregelung nicht erfasst werden.

50     Angesichts des Vorstehenden ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Artikel 43 EG und 49 EG dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegenstehen, die das Recht zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen den CAF vorbehält.

 Zur dritten Frage

51     Das vorlegende Gericht nimmt mit seiner dritten Frage gleichzeitig auf mehrere Bestimmungen des Decreto legislativo Nr. 241/97 Bezug: auf Artikel 38 über die Zahlung einer Vergütung an die CAF, auf Artikel 34 Absatz 4 über die von den CAF ausgeübten Tätigkeiten des Beistands in Steuerfragen sowie auf Artikel 37 Absatz 2 über die von anderen Einheiten erbrachten Tätigkeiten des Beistands in Steuerfragen.

52     In der Begründung seiner Entscheidung bezieht sich dieses Gericht jedoch nur auf die Zahlung einer Vergütung an die CAF.

53     Daher ist die Prüfung der dritten Frage auf die Vergütung zu beschränken, die den CAF nach den Artikeln 34 Absatz 4 und 38 Absatz 1 des Decreto legislativo Nr. 241/97 gezahlt wird.

54     Somit ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht mit seiner dritten Frage im Wesentlichen wissen will, ob eine Vergütung, wie sie die CAF nach den Artikeln 34 Absatz 4 und 38 Absatz 1 des Decreto legislativo Nr. 241/97 für die Erstellung und Übermittlung einer Steuererklärung beziehen, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG darstellt.

55     Die Qualifizierung als „Beihilfe“ verlangt nach ständiger Rechtsprechung, dass alle in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Urteile vom 21. März 1990 in der Rechtssache C‑142/87, Belgien/Kommission, „Tubemeuse“, Slg. 1990, I‑959, Randnr. 25, vom 14. September 1994 in den Rechtssachen C‑278/92 bis C‑280/92, Spanien/Kommission, Slg. 1994, I‑4103, Randnr. 20, vom 16. Mai 2002 in der Rechtssache C‑482/99, Frankreich/Kommission, Slg. 2002, I‑4397, Randnr. 68, und vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache C‑280/00, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Slg. 2003, I‑7747, Randnr. 74).

56     Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss sie geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

57     Die erste Voraussetzung ist erfüllt, da die in Artikel 38 Absatz 1 des Decreto legislativo Nr. 241/97 vorgesehene Vergütung vom Staatshaushalt zu tragen ist.

58     Was die zweite Voraussetzung betrifft, so dürften den CAF nach Artikel 38 Absatz 1 des Decreto legislativo Nr. 241/97 bedeutende Beträge gezahlt werden, und es könnte Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten gestattet werden, CAF zu gründen, die in den Genuss dieser Beträge kommen. Die fragliche Maßnahme ist daher geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

59     Was die dritte und die vierte Voraussetzung angeht, so gelten als Beihilfen Maßnahmen gleich welcher Art, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Randnr. 84).

60     Dagegen wird eine staatliche Maßnahme nicht von Artikel 87 Absatz 1 EG erfasst, soweit sie als Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugute kommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, so dass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme somit nicht bewirkt, dass sie gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsstellung gelangen (Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Randnr. 87).

61     Ein derartiger Ausgleich ist im konkreten Fall jedoch nur dann nicht als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sind (Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Randnr. 88).

62     Erstens muss das durch einen derartigen Ausgleich begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein (Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Randnr. 89).

63     Insoweit ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Mitgliedstaat die von den CAF nach Artikel 34 Absatz 4 des Decreto legislativo Nr. 241/97 gegenüber Arbeitnehmern und ihnen gleichgestellten Personen erbrachten Dienstleistungen des Beistands in Steuerfragen, die den Steuerpflichtigen bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Verpflichtungen helfen und die Erfüllung der den Finanzbehörden obliegenden Aufgaben erleichtern sollen, als „gemeinwirtschaftlich“ qualifiziert.

64     Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent festzulegen, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, gegenüber konkurrierenden Unternehmen begünstigt (Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Randnr. 90).

65     Der Ausgleich, der für jede erstellte und der Finanzverwaltung übermittelte Erklärung auf rund 14 Euro festgelegt wurde, ist geeignet, dieser Voraussetzung Genüge zu tun.

66     Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken (Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Randnr. 92).

67     Viertens ist der Ausgleich auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind (Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Randnr. 93).

68     Die Prüfung dieser beiden letzten Voraussetzungen hinsichtlich der Höhe der fraglichen Vergütung macht eine Würdigung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits erforderlich.

69     Dabei ist zu beachten, dass der Gerichtshof nicht befugt ist, über den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu entscheiden oder die von ihm ausgelegten Gemeinschaftsvorschriften auf nationale Maßnahmen oder Gegebenheiten anzuwenden, da diese Fragen in die ausschließliche Zuständigkeit des nationalen Gerichts fallen (vgl. Urteile vom 19. Dezember 1968 in der Rechtssache 13/68, Salgoil, Slg. 1968, 680, 690, vom 23. Januar 1975 in der Rechtssache 51/74, Van der Hulst, Slg. 1975, 79, Randnr. 12, vom 8. Februar 1990 in der Rechtssache C‑320/88, Shipping and Forwarding Enterprise Safe, Slg. 1990, I‑285, Randnr. 11, vom 5. Oktober 1999 in den Rechtssachen C‑175/98 und C‑177/98, Lirussi und Bizzaro, Slg. 1999, I‑6881, Randnr. 38, und vom 15. Mai 2003 in der Rechtssache C‑282/00, RAR, Slg. 2003, I‑4741, Randnr. 47).

70     Es ist somit Sache des nationalen Gerichts, im Licht des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens zu beurteilen, ob die in Artikel 38 Absatz 1 des Decreto legislativo Nr. 241/97 vorgesehene Vergütung eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG darstellt.

71     In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das nationale Gericht nicht befugt ist, die Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt zu beurteilen. Für diese Beurteilung ist ausschließlich die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zuständig, die dabei der Kontrolle des Gemeinschaftsrichters unterliegt (vgl. Urteile vom 21. November 1991 in der Rechtssache C‑354/90, Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires und Syndicat national des négociants et transformateurs de saumon, Slg. 1991, I‑5505, Randnr. 14, vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache C‑39/94, SFEI u. a., Slg. 1996, I‑3547, Randnr. 42, und vom 17. Juni 1999 in der Rechtssache C‑295/97, Piaggio, Slg. 1999, I‑3735, Randnr. 31).

72     Angesichts des Vorstehenden ist auf die dritte Frage zu antworten, dass eine Maßnahme, mit der ein Mitgliedstaat die Zahlung eines vom Staatshaushalt zu tragenden Ausgleichs zugunsten bestimmter Unternehmen vorsieht, die damit betraut sind, den Steuerpflichtigen bei der Erstellung von Steuererklärungen und ihrer Übermittlung an die Finanzverwaltung beizustehen, als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG zu qualifizieren ist, wenn

–       die Höhe des Ausgleichs über das hinausgeht, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken, und

–       der Ausgleich nicht auf der Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt wird, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.

 Kosten

73     Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Artikel 43 EG und 49 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegenstehen, die das Recht zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Beratung und des Beistands in Steuerfragen den Steuerbeistandszentren vorbehält.

2.      Eine Maßnahme, mit der ein Mitgliedstaat die Zahlung eines vom Staatshaushalt zu tragenden Ausgleichs zugunsten bestimmter Unternehmen vorsieht, die damit betraut sind, den Steuerpflichtigen bei der Erstellung von Steuererklärungen und ihrer Übermittlung an die Finanzverwaltung beizustehen, ist als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG zu qualifizieren, wenn

–       die Höhe des Ausgleichs über das hinausgeht, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken, und

–       der Ausgleich nicht auf der Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt wird, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.

Unterschriften.


* Verfahrenssprache: Italienisch.

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