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Document 61990CC0097

Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 30. April 1991.
Hansgeorg Lennartz gegen Finanzamt München III.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht München - Deutschland.
Mehrwertsteuer - Abzug der für ein Investitionsgut gezahlten Vorsteuer.
Rechtssache C-97/90.

European Court Reports 1991 I-03795

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1991:178

61990C0097

Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 30. April 1991. - HANSGEORG LENNARTZ GEGEN FINANZAMT MUENCHEN III. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: FINANZGERICHT MUENCHEN - DEUTSCHLAND. - MEHRWERTSTEUER - ABZUG DER FUER EIN INVESTITIONSGUT GEZAHLTEN VORSTEUER. - RECHTSSACHE C-97/90.

Sammlung der Rechtsprechung 1991 Seite I-03795
Schwedische Sonderausgabe Seite I-00299
Finnische Sonderausgabe Seite I-00311


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1. Dieser Fall ist dem Gerichtshof vom Finanzgericht München vorgelegt worden und betrifft die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Mehrwertsteuer, insbesondere einiger Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388, ABl. L 145, S. 1). Das Finanzgericht begehrt eine Entscheidung über folgende beiden Hauptfragen:

1) Ist jemand, der ursprünglich Investitionsgüter (in diesem Fall ein Kraftfahrzeug) allein für private Zwecke erwirbt, sie anschließend aber für unternehmerische Zwecke verwendet, in den folgenden Jahren zu einem teilweisen Vorsteuerabzug im Wege jährlicher Berichtigungen gemäß Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie berechtigt?

2) Dürfen nationale Steuerbehörden von einer rein privaten Verwendung solcher Güter ausgehen, wenn die unternehmerische Verwendung sehr gering ist?

2. Der Rechtssache liegt folgender Sachverhalt zugrunde. In den Jahren 1985 und 1986 war der Steuerpflichtige Lennartz teilweise als Angestellter und teilweise als selbständiger Steuerberater tätig. In beiden Jahren gab er für seine freiberufliche Tätigkeit eine Jahresumsatzsteuererklärung ab. 1985 kaufte er ein Kraftfahrzeug für 20 206,15 DM (einschließlich Mehrwertsteuer in Höhe von 2 828,86 DM). Anfänglich verwendete er das Fahrzeug hauptsächlich für private Zwecke und nur zu 8 % für unternehmerische Zwecke. Am 1. Juli 1986 eröffnete er eine Steuerberaterpraxis in München und brachte das Fahrzeug in den Betrieb ein. In seiner Umsatzsteuererklärung 1986 machte er aufgrund von § 15a Umsatzsteuergesetz, der die deutsche Durchführungsvorschrift zu Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie ist, für das Fahrzeug einen Vorsteuerabzug in Höhe von 282,98 DM geltend (berechnet mit 6/60 aus 2 828,86 DM).

3. Das Finanzamt sah es in seinem Bescheid als gegeben an, daß Lennartz das Fahrzeug ursprünglich allein zu privaten Zwecken gekauft habe und daher nicht zu Berichtigungen nach § 15a berechtigt sei, wenn das Fahrzeug später für unternehmerische Zwecke verwendet werde. Die Feststellung, daß das Fahrzeug ursprünglich allein für private Zwecke verwendet worden sei, gründete sich auf die Praxis der deutschen Finanzverwaltung, wonach die unternehmerische Verwendung von Gegenständen im allgemeinen nicht anerkannt wird, wenn ihr Anteil an der gesamten Verwendung weniger als 10 % beträgt.

4. Lennartz machte 1985 zunächst keinen Vorsteuerabzug für die Anschaffung des Fahrzeugs geltend. Er wendet sich im vorliegenden Fall gegen den Bescheid des Finanzamts, mit dem sein Antrag auf nachträgliche Berichtigung gemäß § 15a im Jahr 1986 abgelehnt wurde.

5. Um über die Klage entscheiden zu können, hat das Finanzgericht folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1) Ist Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie auf alle Investitionsgüter anwendbar, die

a) an einen Steuerpflichtigen von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden und die vom Empfänger der Lieferung innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren, einschließlich des Jahres, in dem die Güter erworben wurden, irgendwann für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden,

oder ist darüber hinaus erforderlich, daß das betreffende Investitionsgut

b) vom Zeitpunkt des Erwerbs an für Zwecke der besteuerten oder steuerfreien Umsätze (unternehmerische Zwecke) des Steuerpflichtigen verwendet oder

c) im Zeitpunkt des Erwerbs dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordnet

wurden?

2) Bei Bejahung der Alternative 1 b:

Hängt die Anwendung des Artikels 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie bei Investitionsgütern, die vom Steuerpflichtigen sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für andere, insbesondere private Zwecke verwendet werden (gemischte Verwendung), davon ab, daß das Investitionsgut in dem Jahr, in dem es erworben wurde, in einem bestimmten Mindestumfang für unternehmerische Zwecke verwendet wurde, und wie ist ggf. dieses Mindestmaß zu definieren?

3) Bei Bejahung der Alternative 1 c:

Steht die Zuordnung des Investitionsguts zum Unternehmen im Belieben des Steuerpflichtigen oder setzt sie voraus, daß der Steuerpflichtige das Investitionsgut

a) in der Absicht erwirbt, es für unternehmerische Zwecke zu verwenden, und muß ggf. diese Verwendung

- sofort ab dem Zeitpunkt des Erwerbs oder

- ab einem Zeitpunkt innerhalb des Jahres des Erwerbs oder

- ab einem Zeitpunkt vor Ablauf von fünf Jahren, einschließlich des Jahres des Erwerbs,

geplant sein

und/oder

b) tatsächlich für unternehmerische Zwecke verwendet, und kommt es ggf. darauf an, ob diese Verwendung

- ab dem Zeitpunkt des Erwerbs oder

- innerhalb des Jahres, in dem das Investitionsgut erworben wurde oder

- innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren, einschließlich des Jahres, in dem das Gut erworben wurde,

stattfindet?

Zu a und b:

Muß die geplante und/oder tatsächliche Verwendung für unternehmerische Zwecke bei einer gemischten Verwendung des Investitionsguts ein bestimmtes Mindestmaß erreichen, und wie ist dieses Mindestmaß ggf. zu definieren?

Bestimmungen über den Vorsteuerabzug

6. Es mag hilfreich sein, wenn ich zunächst kurz den Zweck des Artikels 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie und seine Stellung innerhalb des Systems dieser Richtlinie, insbesondere seinen Zusammenhang mit den Bestimmungen über den Vorsteuerabzug bei dem Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen erläutere.

7. Artikel 2 der Ersten Mehrwertsteuerrichtlinie vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (Richtlinie 67/227/EWG, ABl. Nr. 71, S. 1301) lautet folgendermassen:

"Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, daß auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchssteuer anzuwenden ist.

Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzueglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat."

8. Die Bestimmungen zur Durchführung des Grundsatzes des Vorsteuerabzugs in Artikel 2 Absatz 2 waren zunächst in der Zweiten Richtlinie des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Struktur und Anwendungsmodalitäten des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (Richtlinie 67/228/EWG, ABl. Nr. 71, S. 1303) und insbesondere in Artikel 11 dieser Richtlinie festgelegt. In der Sechsten Richtlinie, die die Zweite Richtlinie ersetzte, wurden detailliertere Bestimmungen festgelegt, die sich in Abschnitt XI finden (Artikel 17 bis 20).

9. Artikel 17 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

"Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht."

10. Der Steuertatbestand und der Zeitpunkt der Entstehung des Steueranspruchs werden in Artikel 10 behandelt, der als Regelfall vorsieht:

"Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird" (Artikel 10 Absatz 2).

11. Artikel 17 Absatz 2 lautet folgendermassen:

"Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden,

..."

12. Über das Recht zum Vorsteuerabzug bei besteuerten Umsätzen gemäß Artikel 17 Absatz 2 hinaus erlaubt Artikel 17 Absatz 3 dem Steuerpflichtigen den Abzug in bezug auf eine Reihe anderer Umsätze, die in diesem Verfahren keine Rolle spielen.

13. Artikel 17 Absatz 5 lautet folgendermassen:

"Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt."

Das normale Verfahren zur Bestimmung dieses Pro-rata-Satzes ist in Artikel 19 geregelt; danach wird ein Bruch gebildet, der das Verhältnis zwischen dem je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze und, grob gesagt, dem Gesamtumsatz zum Ausdruck bringt. Nach Artikel 17 Absatz 5 können jedoch die Mitgliedstaaten dem Steuerpflichtigen gestatten oder vorschreiben, verschiedene besondere Methoden zur Bestimmung des abzugsfähigen Teils anzuwenden.

14. Artikel 20 der Richtlinie betrifft die Berichtigung des durchgeführten Vorsteuerabzugs. Artikel 20 Absatz 1 lautet folgendermassen:

"Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten berichtigt, und zwar insbesondere:

a) wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war;

b) wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben, insbesondere bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten;

..."

15. Artikel 20 Absatz 2, der genauere Regeln für die Berichtigung bei Investitionsgütern festlegt, bestimmt:

"Für Investitionsgüter wird eine Berichtigung vorgenommen, die sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren einschließlich des Jahres, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden, erstreckt. Die jährliche Berichtigung betrifft nur ein Fünftel der Steuer, mit der diese Güter belastet waren. Die Berichtigung erfolgt unter Berücksichtigung der Änderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenüber dem Anspruch für das Jahr, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden.

Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten für die Berichtigung einen Zeitraum von fünf vollen Jahren festlegen, der mit der erstmaligen Verwendung der Güter beginnt.

Bei Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden, kann der Zeitraum für die Berichtigung bis auf zehn Jahre verlängert werden."

16. Artikel 20 Absatz 3 betrifft die Veräusserung von Investitionsgütern während des Berichtigungszeitraums. Artikel 20 Absatz 4 lautet folgendermassen:

"Zur Durchführung der Absätze 2 und 3 können die Mitgliedstaaten

- den Begriff 'Investitionsgüter' bestimmen;

- den Steuerbetrag festlegen, der bei der Berichtigung zu berücksichtigen ist;

- alle zweckdienlichen Vorkehrungen treffen, um zu gewährleisten, daß keine ungerechtfertigten Vorteile aus der Berichtigung entstehen;

- verwaltungsmässige Vereinfachungen ermöglichen."

17. Nach Artikel 20 Absatz 5 können Mitgliedstaaten vorbehaltlich der Konsultation des Mehrwertsteuer-Ausschusses gemäß Artikel 29 auf die Anwendung der Artikel 20 Absätze 2 und 3 verzichten, wenn die praktischen Auswirkungen ihrer Anwendung unwesentlich sein sollten.

18. Die Wirkung dieser Bestimmungen mag folgendes Beispiel veranschaulichen.

Nehmen wir an, daß eine Bank im ersten Jahr einen Computer für 100 000 ECU zusätzlich 10 000 ECU Mehrwertsteuer erwirbt. Während des ersten Jahres wird der Computer zu 40 % für steuerbare Umsätze oder Umsätze, die ein Recht auf Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absatz 3 entstehen lassen, und zu 60 % für steuerfreie Kreditgeschäfte, die nicht zum Abzug berechtigen, verwendet.

Da der Computer "sowohl für Umsätze verwendet ... [wird], für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht", finden die Bestimmungen über die Aufteilung nach Artikel 17 Absatz 5 Anwendung. Nehmen wir an, daß die Bank mit der Steuerbehörde übereingekommen ist, der Berechnung des Vorsteuerabzugs die Verwendung des Computers nach einer besonderen Aufteilungsmethode gemäß Artikel 17 Absatz 5 und nicht den Umsatz gemäß Artikel 19 zugrunde zu legen.

In diesem Fall kann die Bank im ersten Jahr 40 % der insgesamt für den Erwerb des Computers angefallenen Mehrwertsteuer abziehen (d. h. 4 000 ECU).

Nehmen wir an, daß im zweiten Jahr die Verwendung für Umsätze, bei denen Mehrwertsteuer abgezogen werden kann, 50 % der gesamten Verwendung erreicht. In diesem Fall kann die Bank, wenn die Güter in den Anwendungsbereich nationaler, nach Artikel 20 Absatz 2 ergangener Bestimmungen fallen, ihren Abzug berichtigen und einen zusätzlichen Vorsteuerabzug von 10 % (50 % weniger 40 %) x 1/5 x 10 000 ECU (d. h. 200 ECU) geltend machen, um der im zweiten Jahr um 10 % gestiegenen Verwendung für Umsätze, bei denen Mehrwertsteuer abgezogen werden kann, Rechnung zu tragen.

Wenn auf der anderen Seite im dritten Jahr die Verwendung des Computers für Umsätze, bei denen Mehrwertsteuer abgezogen werden kann, auf 20 % der Gesamtverwendung fällt, wird sich die Bank in diesem dritten Jahr einer Rückforderung von 20 % (40 % weniger 20 %) x 1/5 x 10 000 ECU (d. h. 400 ECU) gegenübersehen.

19. Somit zieht ein Steuerpflichtiger, der Investitionsgüter erwirbt, die nach Artikel 20 Absatz 2 erlassenen Berichtigungsvorschriften unterliegen, im Anschaffungsjahr unmittelbar den vollen Betrag des als Vorsteuer abziehbaren Mehrwertsteueranteils nach den Bestimmungen in Artikel 17 ab. Danach ist er zu jährlichen Berichtigungen des ursprünglichen Abzugs je nach der Änderung des abziehbaren Anteils in dem fünf- oder zehnjährigen Berichtigungszeitraum verpflichtet.

20. Vor diesem Hintergrund möchte ich mich nun den Fragen des nationalen Gerichts zuwenden.

Frage 1 a

21. Mit diesem Teil der ersten Frage möchte das nationale Gericht praktisch wissen, ob die Bestimmungen über die Berichtigung des Vorsteuerabzugs in Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie Anwendung finden, wenn der Steuerpflichtige Gegenstände ursprünglich allein für private Zwecke erworben hat, sie aber später irgendwann während des fünfjährigen Berichtigungszeitraums für unternehmerische Zwecke verwendet.

22. Die Kommission, die französische Regierung, die Bundesregierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs sind sich darin einig, daß Artikel 20 Absatz 2 in einem solchen Fall nicht anwendbar ist. Diesen Standpunkt halte ich für zutreffend. Wenn eine Privatperson (d. h. jemand, der nicht eine wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübt und somit kein Steuerpflichtiger im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Richtlinie ist) Gegenstände zur privaten (unternehmensfremden) Verwendung erwirbt, ist er nicht zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absatz 2 der Richtlinie berechtigt, da diese Bestimmung den Abzug Steuerpflichtigen vorbehält. Wenn die betreffende Privatperson später die Waren an einen Steuerpflichtigen verkauft, fällt für die Lieferung keine Mehrwertsteuer an, weil sie nicht von einem Steuerpflichtigen als solchem ausgeführt worden ist (Artikel 2). Als Folge davon bleibt dieser Teil der ursprünglichen Mehrwertsteuer, den der Privatmann beim Erwerb der Güter getragen hat, (oder die gesamte Mehrwertsteuer, wenn die Waren an Wert nicht verloren haben) im Wiederverkaufswert bewahrt; somit trägt ein Steuerpflichtiger, der Waren von einem Privatmann kauft, nicht abziehbare Mehrwertsteuerkosten. In der Sechsten Richtlinie gibt es keine Regelung über den zeitweiligen oder teilweisen Endverbrauch für Gegenstände, die in den Wirtschaftskreislauf zurückkehren (siehe insbesondere das Urteil des Gerichtshofes vom 5. Dezember 1989 in der Rechtssache C-165/88, Oro Amsterdam Beheer; siehe auch den geänderten Vorschlag der Kommission vom 11. Januar 1989 für eine Richtlinie des Rates betreffend eine Sonderregelung für Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Antiquitäten und Sammlungsstücke, ABl. 1989 C 76, S. 10).

23. Wie die französische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs ausgeführt haben, gibt es keinen Grund für eine Unterscheidung zwischen dieser Situation und dem Fall eines Steuerpflichtigen, der Gegenstände ursprünglich als Privatperson erworben hat und sie dann der unternehmerischen Verwendung zuführt. In diesem Fall verlassen die Waren den Wirtschaftskreislauf, wenn der einzelne sie als Endverbraucher erwirbt und sie zum privaten Verbrauch verwendet. Die Waren kehren später in den Wirtschaftskreislauf zurück, wenn sie dem Unternehmen zugeführt werden. Die Sechste Richtlinie sieht klar den Fall vor, daß ein Steuerpflichtiger in einer anderen, privaten Rolle und damit als Endverbraucher auftreten kann. Artikel 2 begrenzt den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer auf die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, "die ein Steuerpflichtiger als solcher" ausführt (Hervorhebung von mir). Artikel 17 Absatz 2 ist daher so zu verstehen, daß er einem Steuerpflichtigen nur dann das Recht auf Vorsteuerabzug einräumt, wenn er in dieser Eigenschaft auftritt.

24. Darüber hinaus wird ein Steuerpflichtiger, der Gegenstände als Privatperson erwirbt, nicht den in den Artikeln 18 und 22 der Sechsten Richtlinie niedergelegten verwaltungs- und buchführungsmässigen Erfordernissen für die Ausübung des Vorsteuerabzugs genügen. Wie die französische Regierung ausgeführt hat, gilt das Erfordernis der Rechnungsausstellung in Artikel 22 Absatz 3 Buchstabe a nur für Gegenstände und Dienstleistungen, die an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden. Allgemeiner gesagt: Wenn ein Steuerpflichtiger Gegenstände als Privatperson erwirbt, ist er nicht verpflichtet (in der Tat wäre es unzweckmässig für ihn), die Gegenstände in seine Mehrwertsteueraufzeichnungen gemäß Artikel 22 Absatz 2 aufzunehmen oder die Anschaffung in seiner nach Artikel 22 Absatz 4 regelmässig abzugebenden Mehrwertsteuererklärung aufzuführen.

25. Was im einzelnen Artikel 20 Absatz 2 anbetrifft, so legt diese Bestimmung, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs ausgeführt hat, nur fest, wie Berichtigungen des ursprünglichen Abzugs zu berechnen sind. Sie kann eine im Zusammenhang mit unternehmensfremden Tätigkeiten entstandene Steuer nicht in eine abziehbare Steuer nach Artikel 17 verwandeln. Nach Artikel 17 Absatz 1 entsteht das Recht auf Vorsteuerabzug, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsprechend der Definition in Artikel 10 entsteht. In welcher Eigenschaft die Person zu diesem Zeitpunkt auftritt, ist dafür entscheidend, ob sie zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

26. Der Gerichtshof hat zwar in der Rechtssache 50/87 (Kommission/Frankreich, Slg. 1988, 4797), in der es um das Recht des Vermieters eines Grundstücks auf Vorsteuerabzug ging, festgestellt,

"daß Artikel 20 der Sechsten Richtlinie ... eine Berichtigungsregelung enthält. Wenn angesichts der Höhe des Mietzinses die Vermietung als unentgeltliche Zuwendung und nicht als wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Richtlinie anzusehen ist, so wird der ursprüngliche Vorsteuerabzug berichtigt, wobei der Zeitraum für die Berichtigung bis auf zehn Jahre verlängert werden kann."

Der Gerichtshof kann nach meiner Ansicht damit aber nicht gemeint haben, daß Artikel 20 Absatz 2 anwendbar ist, wenn Gegenstände von einem Steuerpflichtigen ursprünglich für unternehmensfremde Zwecke erworben worden sind. In diesem Fall muß jeder zu Unrecht vorgenommene ursprüngliche Abzug vollkommen rückgängig gemacht werden.

Frage 1 b und c

27. Mit diesen Alternativen in der ersten Frage möchte das nationale Gericht wissen, ob die Gegenstände, wenn ihre Verwendung für unternehmerische Zwecke zu irgendeinem Zeitpunkt während des Berichtigungszeitraums für die Entstehung eines Rechts auf Berichtigung nicht genügt, für die Entstehung eines solchen Rechts

- vom Zeitpunkt des Erwerbs an für Zwecke der besteuerten oder steuerfreien Umsätze verwendet (Buchstabe b) oder

- im Zeitpunkt des Erwerbs dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordnet worden sein müssen (Buchstabe c).

28. Das entscheidende Problem ist - in der Sprache der Sechsten Richtlinie -, ob es für die Anwendung des Artikels 20 Absatz 2 genügt, wenn der Betroffene die Gegenstände als Steuerpflichtiger erwirbt, oder ob zusätzlich erforderlich ist, daß die Gegenstände sofort für besteuerte oder steuerfreie Umsätze verwendet werden.

29. Die Bundesregierung spricht sich ausdrücklich für das unter Buchstabe b der Frage aufgestellte Erfordernis aus, nämlich die Verwendung für besteuerte oder steuerfreie Umsätze vom Zeitpunkt des Erwerbs an. Die Kommission scheint vorzuschlagen, daß die Gegenstände dem Unternehmen zugeordnet und mindestens teilweise für besteuerte Umsätze verwendet worden sein müssen. Nach Ansicht der Regierung des Vereinigten Königreichs gilt Artikel 20 Absatz 2 der Richtlinie nur für Gegenstände, die vom Zeitpunkt des Erwerbs an für Zwecke des Unternehmens des Empfängers verwendet worden seien. Die französische Regierung meint, Artikel 20 Absatz 2 sei nur anwenbar, wenn die Gegenstände von einem Steuerpflichtigen erworben worden seien, der als solcher aufgetreten sei. Die französischen Vorschriften sähen deshalb ein Recht auf Vorsteuerabzug vor, wenn Investitionsgüter, die ursprünglich dem Unternehmen zugeordnet worden seien, aber nicht für Zwecke von Umsätzen verwendet worden seien, die das Recht auf Vorsteuerabzug begründeten, später innerhalb des Berichtigungszeitraums für solche Umsätze verwendet würden.

30. Um in dieser Frage zu einem Ergebnis zu kommen, ist auf das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache 268/83 (Rompelman/Minister van Financiën, Slg. 1985, 655) zu verweisen. In diesem Fall ging es darum, ob jemand, der ein Anwartschaftsrecht auf das Eigentum an in Bau befindlichen Geschäftsräumen in der erklärten Absicht erworben hatte, die Gebäude zu vermieten und steuerbare Leistungen zu erbringen, in diesem Vorbereitungszeitraum als Steuerpflichtiger gehandelt hat, der zum Abzug berechtigt ist.

31. Der Gerichtshof ging zunächst auf die Artikel 4 und 17 der Sechsten Richtlinie ein und kam zu dem Ergebnis, daß

"der Unternehmer durch die Regelung über den Vorsteuerabzug vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden soll. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet daher, daß alle wirtschaftlichen Tätigkeiten, sofern sie der Mehrwertsteuer unterliegen, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis in völlig neutraler Weise steuerlich belastet werden" (Randnr. 19).

32. Speziell zu der ihm vorgelegten Frage stellte der Gerichtshof sodann fest, daß

"der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer hinsichtlich der Abgabenbelastung des Unternehmens [verlangt], daß schon die ersten Investitionsausgaben, die für die Zwecke eines Unternehmens oder zu dessen Verwirklichung getätigt werden, als wirtschaftliche Tätigkeiten angesehen werden. Es würde dem genannten Grundsatz zuwiderlaufen, wenn als Beginn der wirtschaftlichen Tätigkeiten erst der Zeitpunkt angesetzt würde, von dem an das Grundstück tatsächlich genutzt wird, d. h. die zu versteuernden Einkünfte entstehen. Bei jeder anderen Auslegung des Artikels 4 der Sechsten Richtlinie würde der Wirtschaftsteilnehmer mit den Mehrwertsteuerkosten belastet, ohne daß er sie gemäß Artikel 17 abziehen könnte, und es würde willkürlich zwischen Investitionsausgaben vor und während der tatsächlichen Nutzung eines Grundstücks unterschieden. Selbst wenn vorgesehen wäre, daß die für die vorbereitenden Handlungen gezahlte Vorsteuer nach Aufnahme der tatsächlichen Nutzung eines Grundstücks erstattet wird, würde auf dem Grundstück wegen des manchmal sehr langen Zeitraums zwischen den ersten Investitionsausgaben und der tatsächlichen Nutzung eine finanzielle Belastung ruhen. Wer solche in engem Zusammenhang mit der künftigen Nutzung eines Grundstücks stehenden und für diese erforderlichen Investitionshandlungen vornimmt, ist daher als Steuerpflichtiger im Sinne des Artikels 4 anzusehen" (Randnr. 23).

33. Daraus lassen sich meiner Meinung nach zwei Schlüsse ziehen. Erstens tritt jemand, der Gegenstände für die Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Artikels 4 erwirbt, als Steuerpflichtiger selbst dann auf, wenn die Gegenstände nicht sofort für die Lieferung von Gegenständen oder für Dienstleistungen verwendet werden. Zweitens ist der Steuerpflichtige, der Gegenstände für Zwecke versteuerter (anstatt zum Beispiel steuerfreier) Leistungen erwirbt, zu einem unmittelbaren Abzug nach Artikel 17 berechtigt.

34. Nach meiner Meinung muß zwischen diesen beiden Erfordernissen unterschieden werden, nämlich zwischen dem Erwerb von Gegenständen in der Eigenschaft als Steuerpflichtiger und der besteuerten Verwendung. Das erste Erfordernis ist insoweit von grundlegenderer Bedeutung, als das gemeinsame Mehrwertsteuersystem oder dementsprechend der Abzugsmechanismus nicht für den allein für unternehmensfremde Zwecke getätigten Erwerb von Investitionsgütern gilt. Die (besteuerte oder sonstige) Verwendung, der die Waren innerhalb des Unternehmens zugeführt werden oder zugeführt werden sollen, bestimmt den Umfang des ursprünglichen Abzugs, zu dem der Steuerpflichtige nach Artikel 17 berechtigt ist, und den Umfang der Berichtigungen in der Folgezeit.

35. Eine Folge dieser Analyse ist, daß Artikel 20 Absatz 2 auch dann Anwendung findet - und hier stimme ich mit den Ausführungen der französischen Regierung überein -, wenn ein Steuerpflichtiger Gegenstände ursprünglich für die Zwecke wirtschaftlicher Tätigkeiten, die nach Artikel 17 Absätze 2 und 3 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen (z. B. befreite Lieferungen), erwirbt, die Gegenstände aber in den Folgejahren innerhalb des Berichtigungszeitraums für Umsätze verwendet, bei denen Mehrwertsteuer abziehbar ist. Nehmen wir also in dem Beispiel von vorhin, in dem eine Bank einen Computer gekauft hat, an, daß der Computer im ersten Jahr vollständig für steuerfreie Leistungen verwendet wurde, die nicht zum Abzug berechtigen, vom zweiten bis zum fünften Jahr aber zu 80 % für besteuerte Leistungen verwendet wurde. Auch wenn die Bank im ersten Jahr nicht zum Abzug berechtigt ist, hat sie den Gegenstand doch für die Zwecke ihres Unternehmens erworben und darf Berichtigungen vornehmen, um der Verwendung vom zweiten bis fünften Jahr, die überwiegend der Steuer unterliegt, Rechnung zu tragen.

36. Weiterhin ergibt sich, daß die unmittelbare Verwendung von Gegenständen für der Steuer unterliegende oder von ihr befreite Leistungen nicht an und für sich eine Bedingung für die spätere Anwendung des Artikels 20 Absatz 2 ist. So würde, wenn in dem genannten Beispiel die Bank den Computer wegen Mängel der Software erst im zweiten Jahr benutzen könnte, dies spätere Berichtigungen, um einer veränderten Verwendung Rechnung zu tragen, nicht ausschließen - und sollte es auch nicht. Diese Auffassung findet ihre Stütze in Artikel 20 Absatz 2 Unterabsatz 2, wonach den Mitgliedstaaten ausdrücklich gestattet wird, den Berichtigungszeitraum erst mit der erstmaligen Verwendung der Güter beginnen zu lassen.

37. Im vorliegenden Fall ist also das entscheidende Kriterium, ob Lennartz beim Erwerb der Gegenstände gerade die Absicht hatte, diese für die Zwecke seines Unternehmens zu verwenden, oder ob er sie zu jenem Zeitpunkt nur für unternehmensfremde Zwecke verwenden wollte. In letzterem Fall ist Artikel 20 Absatz 2 nicht anwendbar. Jedoch ist zu bemerken, daß Artikel 20 Absatz 2 aus Gründen, die ich später in diesen Schlussanträgen noch darstellen werde, bei teilweiser Verwendung der Gegenstände für den privaten Bedarf anwendbar sein kann.

38. Ich halte es nicht für notwendig, auf das Argument der Bundesregierung näher einzugehen, daß der Begriff "Investitionsgüter" selbst nur Gegenstände umfasst, die für die Zwecke des Unternehmens erworben worden sind. Die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 20 Absatz 2 führen jedenfalls zu demselben Ergebnis.

39. Deshalb sind nach meiner Meinung Berichtigungen des ursprünglichen Abzugs gemäß Artikel 20 Absatz 2 nur zulässig, wenn Investitionsgüter dem Unternehmen im Zeitpunkt des Erwerbs zugeordnet wurden (Buchstabe c der ersten Frage des nationalen Gerichts); ist diese Voraussetzung erfuellt, sind Berichtigungen auch dann zulässig, wenn die Güter nicht unmittelbar für steuerbare oder befreite Umsätze verwendet werden. Folglich ist es notwendig, auf die dritte Frage des Gerichts einzugehen.

Frage 3

40. Mit dieser Frage möchte das nationale Gericht im wesentlichen Aufschluß über die Kriterien erhalten, anhand deren zu entscheiden ist, ob jemand Gegenstände als Steuerpflichtiger erwirbt. Im einzelnen fragt das Gericht danach, ob jemand

a) Gegenstände in der Absicht erwerben muß, sie

- sofort ab dem Zeitpunkt des Erwerb,

- innerhalb des Anschaffungsjahres oder

- innerhalb des fünfjährigen Berichtigungszeitraums

für unternehmerische Zwecke zu verwenden,

und/oder

b) die Gegenstände zu den genannten Zeitpunkten tatsächlich für unternehmerische Zwecke verwenden muß.

41. Ich habe bereits im Zusammenhang mit der ersten Frage des nationalen Gerichts darauf hingewiesen, daß jemand Gegenstände als Steuerpflichtiger erwirbt, wenn er dies gerade in der Absicht tut, diese Gegenstände für Zwecke seines Unternehmens zu verwenden. Die Steuerbehörden müssen sich deshalb davon überzeugen, daß der Steuerpflichtige bei Erwerb der Gegenstände tatsächlich diese Absicht hatte. In dem bereits genannten Urteil Rompelman hat der Gerichtshof festgestellt, daß "derjenige, der einen Vorsteuerabzug vornimmt, nachzuweisen hat, daß die Voraussetzungen hierfür gegeben sind und insbesondere daß er Steuerpflichtiger ist. Artikel 4 steht daher dem nicht entgegen, daß die Abgabenverwaltung objektive Belege für die erklärte Nutzungsabsicht, zum Beispiel den Nachweis der besonderen Eignung der zu errichtenden Räumlichkeiten für eine gewerbliche Nutzung verlangt" (Randnr. 24).

42. Die nationalen Steuerbehörden müssen feststellen, daß die Gegenstände für wirklich unternehmerische Zwecke verwendet werden sollen. In welchem Umfang der Nachweis erbracht werden muß, um die nationalen Steuerbehörden zu überzeugen, ist unter anderem von der Art der betreffenden Gegenstände abhängig. So werden, wenn die Gegenstände mit den Worten des Gerichtshofes in der Rechtssache Rompelman eine "besondere Eignung ... für eine gewerbliche Nutzung" aufweisen, zusätzliche Nachweise wahrscheinlich nur in geringem Umfang erforderlich sein. Erwirbt jemand dagegen Gegenstände, die gleichermassen zur privaten Nutzung geeignet sind (wie z. B. ein Kraftfahrzeug), wird der Nachweis schwieriger sein, daß der Erwerb gerade für unternehmerische Zwecke erfolgt ist, wenn die Gegenstände nicht sofort dafür verwendet werden.

43. Das nationale Gericht fragt, ob in diesem Zusammenhang das Anschaffungsjahr oder der Fünfjahreszeitraum, beginnend mit dem Erwerb, entscheidend ist. Der Fünfjahreszeitraum ist wahrscheinlich deshalb genannt worden, weil er dem fünfjährigen Berichtigungszeitraum entspricht, den Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie vorsieht. Nach meiner Meinung sind dies Zeiträume, die bloß aus Zweckmässigkeit als Grundlage für die Anwendung des Systems des Vorsteuerabzugs und der Berichtigungen bei Investitionsgütern gewählt worden sind. Sie sind als solche für die Frage, ob Gegenstände für unternehmerische Zwecke erworben sind, ohne Bedeutung. Dieser Standpunkt steht mit dem Ermessen in Einklang, das den Mitgliedstaaten bei der Wahl der verschiedenen Zeiträume eingeräumt worden ist. Insbesondere Artikel 20 Absatz 2 erlaubt die Ausdehnung des Berichtigungszeitraums für Grundstücke auf zehn Jahre, wahrscheinlich um der längeren Nutzungsdauer solchen Eigentums Rechnung zu tragen.

44. Weiter ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, daß es einer Steuerbehörde, die einen Erwerb von Gegenständen für der Steuer unterliegende unternehmerische Zwecke annimmt und einen sofortigen Abzug der Vorsteuer bewilligt, stets freisteht, die Nachentrichtung der Steuer im Wege einer Berichtigung gemäß Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie zu verlangen, wenn sich später herausstellt, daß die Gegenstände nicht für unternehmerische Zwecke erworben worden waren.

45. Somit ist auf die dritte Frage des nationalen Gerichts zu antworten, daß der Steuerpflichtige die Gegenstände gerade in der Absicht erwerben muß, sie für unternehmerische Zwecke zu verwenden (Frage 3 Buchstabe a). Ob ein Steuerpflichtiger diese Absicht im Zeitpunkt des Erwerbs der Gegenstände hat, ist eine Tatsachenfrage, die von den Steuerbehörden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden ist. Die Sechste Richtlinie legt keinen Zeitraum fest, innerhalb dessen die Gegenstände tatsächlich für unternehmerische Leistungen verwendet werden müssen. Werden jedoch die Gegenstände nicht sofort oder innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach ihrer Anschaffung für solche Leistungen verwendet, kann dies je nach den Umständen und insbesondere je nach der Art der betreffenden Gegenstände von den Steuerbehörden bei der Entscheidung berücksichtigt werden, ob jemand die Gegenstände als Steuerpflichtiger erworben hat und folglich ein Abzug von Anfang an gemäß Artikel 17 möglich ist oder ob ein bereits erfolgter Abzug nach Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe a berichtigt werden muß (d. h. rückgängig zu machen ist).

Die 10%-Regelung

46. Mit dem letzten Teil der dritten Frage möchte das nationale Gericht wissen, ob die geplante oder tatsächliche Verwendung für unternehmerische Zwecke bei einer gemischten Verwendung der Gegenstände einen bestimmten Anteil an der gesamten Verwendung erreichen muß und wie dieser Anteil gegebenenfalls zu bestimmen ist.

47. Diese Frage stellt sich aufgrund der Praxis der deutschen Finanzverwaltung, die davon ausgeht, daß Gegenstände allein für unternehmensfremde Zwecke erworben worden sind, wenn der Anteil der unternehmensfremden Verwendung 90 % übersteigt und folglich die Verwendung für unternehmerische Zwecke weniger als 10 % ausmacht. Die Bundesregierung hat in ihrer schriftlichen Antwort auf die Frage, die der Gerichtshof vor der mündlichen Verhandlung gestellt hat, und in ihren Ausführungen während der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß es sich bei diesen Prozentsätzen nicht um eine starre Grenze, sondern um ein "Beweisanzeichen" für die Entscheidung der Frage handele, ob eine unternehmerische Verwendung vorliege. Aus dem Vorlagebeschluß ergibt sich jedoch, daß Lennartz aufgrund dieser Regel so behandelt wurde, als ob er das Fahrzeug in der Zeit von dessen Anschaffung im Jahr 1985 bis zum 1. Juli 1986, als er seine Steuerberaterpraxis eröffnete, ausschließlich für private Zwecke verwendet hätte, obwohl das Fahrzeug im Jahr 1985 zu 8 % für unternehmerische Zwecke verwendet wurde. Für eine Beantwortung der Frage des nationalen Gerichts halte ich es deshalb für notwendig, davon auszugehen, daß zumindest unter bestimmten Umständen die deutsche Maßnahme zu einer Versagung des Rechts auf Vorsteuerabzug in Fällen wirklicher, wenn auch geringer unternehmerischer Verwendung führen kann.

48. In der mündlichen Verhandlung hat die Bundesregierung die Auffassung vertreten, daß der Rechtsstreit vor dem nationalen Gericht auf die Frage beschränkt sei, ob Lennartz zu Berichtigungen nach Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie berechtigt gewesen sei. Da er ursprünglich im Jahr 1985 keinen Vorsteuerabzug gemäß Artikel 17 Absatz 2 beantragt habe, sei die Veranlagung für dieses Jahr nunmehr endgültig. Infolgedessen seien die vorgelegten Fragen auf der Grundlage zu beantworten, daß Lennartz kein Recht auf Vorsteuerabzug beim Erwerb des Fahrzeugs gehabt habe.

49. Der Vorlagebeschluß scheint für den Standpunkt der Bundesregierung zu sprechen, daß die Klage von Lennartz auf den Antrag auf Berichtigung gemäß Artikel 20 Absatz 2 beschränkt ist. Darüber hinaus ist die Ansicht der Bundesregierung richtig, daß die Gültigkeit der deutschen Mindestgrenze nicht für Lennartz' Recht auf Berichtigungen nach Artikel 20 Absatz 2, sondern für sein Recht auf den ursprünglich vorzunehmenden Abzug nach Artikel 17 Absatz 2 im Jahr 1985 von Bedeutung ist. Wie ich noch ausführen werde, richten sich Änderungen des Anteils an unternehmerischer Verwendung nach einer anderen Regelung (siehe unten Randnrn. 56 ff.) und nicht nach dem Berichtigungsverfahren in Artikel 20 Absatz 2.

50. Wäre die 10%-Regel ungültig, würde dies Lennartz infolgedessen nur zugute kommen, wenn er aufgrund der deutschen Rechtsvorschriften, die nach Artikel 18 Absatz 3 der Richtlinie ergangen sind, rückwirkend den ursprünglich vorzunehmenden Vorsteuerabzug gemäß Artikel 17 Absatz 2 beantragen könnte. Artikel 18 Absatz 3 der Richtlinie bestimmt: "Die Mitgliedstaaten legen die Bedingungen und Einzelheiten fest, nach denen einem Steuerpflichtigen gestattet werden kann, einen Abzug vorzunehmen, den er nach den Absätzen 1 und 2 nicht vorgenommen hat." Da jedoch das nationale Gericht ausdrücklich die Frage des Erfordernisses eines Mindestmasses an unternehmerischer Verwendung aufwirft, wenn auch im Zusammenhang mit einer Reihe von Fragen nach der Anwendung des Artikels 20 Absatz 2, sehe ich mich veranlasst, darauf einzugehen.

51. Die entscheidende Frage ist deshalb, ob jemand nach den Mehrwertsteuervorschriften der Gemeinschaft Gegenstände als Steuerpflichtiger erwirbt und zum Vorsteuerabzug bei diesen Gegenständen berechtigt ist, auch wenn die Verwendung dieser Gegenstände für unternehmerische Zwecke am Anfang verhältnismässig gering ist (z. B. 8 %).

52. Zu dieser Frage werden in den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen unterschiedliche Standpunkte vertreten. In ihren Erklärungen und in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichtshofes hat die Bundesregierung ausgeführt, daß ein Abzug auch dann zulässig sei, wenn die Gegenstände hauptsächlich für unternehmensfremde Zwecke verwendet würden. Wenn jedoch der Anteil der unternehmerischen Verwendung so gering sei, daß ihm allenfalls eine unwesentliche wirtschaftliche Bedeutung zukomme, sei ein Erwerb ausschließlich für unternehmensfremde Zwecke anzunehmen mit der Folge, daß ein Vorsteuerabzug gänzlich ausscheide. Aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die das Umsatzsteuerrecht beherrsche, könne eine geringfügige Verwendung für unternehmerische Zwecke nicht zu einem Abzug der vollen Vorsteuer führen.

53. Das Vereinigte Königreich erklärt, von einer Stellungnahme zu dieser Frage absehen zu wollen. Es fügt jedoch hinzu, daß die Sechste Richtlinie keine ausdrückliche Vorschrift für den Fall enthalte, daß Gegenstände und Dienstleistungen zum Teil für unternehmerische Zwecke und teilweise für unternehmensfremde Zwecke erworben würden; die Richtlinie sehe keine Aufschlüsselung nach diesen beiden Zwecken vor, wenn bestimmt werde, für welchen Teilbetrag der Steuer das Recht auf Vorsteuerabzug entstehe. Aus Artikel 17 ergebe sich mittelbar, daß das Recht auf Vorsteuerabzug nur in bezug auf unternehmerische Tätigkeiten entstehe. Die Richtlinie hindere also die Mitgliedstaaten nicht, festzulegen, ob und inwieweit es im Fall einer gemischten - unternehmerischen und unternehmensfremden - Verwendung von Gegenständen und Dienstleistungen zu einer Aufteilung kommen solle, und die Berechnungsmethode für diese Aufteilung vorzusehen.

54. Nach Ansicht der Kommission berechtigt die tatsächliche, wenn auch geringfügige Verwendung der Gegenstände für steuerbare Umsätze in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug und zu einer späteren Berichtigung gemäß Artikel 20 Absatz 2.

55. Die französische Regierung teilt den Standpunkt der Kommission und führt aus, daß grundsätzlich eine auch nur geringe Verwendung für unternehmerische Zwecke, zum Beispiel in Höhe von 1 %, zu vollständigem Vorsteuerabzug berechtige, unbeschadet einer Besteuerung der privaten Verwendung der Gegenstände. Jedoch sei der vollständige Vorsteuerabzug in diesen Fällen nicht realistisch, da er zu technischen Schwierigkeiten führe und ungerechtfertigte Vorteile verschaffe, wenn die Gegenstände für Zwecke des Unternehmens praktisch nicht verwendet würden. Deshalb habe Frankreich vom Rat auf der Grundlage des Artikels 27 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie die Genehmigung erwirkt, von der Richtlinie abweichende Sondermaßnahmen einzuführen. Die Entscheidung 89/488/EWG des Rates vom 28. Juli 1989 (ABl. 1989 L 239, S. 22) ermächtige die französische Regierung, bis zum 31. Dezember 1992 das Recht auf Mehrwertsteuerabzug bei Waren oder Dienstleistungen auszuschließen, wenn der Anteil ihrer privaten Nutzung 90 % ihrer gesamten Nutzung übersteige. Die nationalen Rechtsvorschriften über den Ausschluß des Rechts auf Vorsteuerabzug könnten von Mitgliedstaaten, die bereits über eine solche Regelung verfügten, auf die Artikel 17 Absatz 6 und 27 Absatz 5 der Richtlinie gestützt werden.

56. Die private Verwendung ist in den Artikeln 5 und 6 der Sechsten Richtlinie geregelt. Artikel 5 Absatz 6 bestimmt:

"Einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt wird die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt haben."

Artikel 6 Absatz 2 lautet folgendermassen:

"Dienstleistungen gegen Entgelt werden gleichgestellt:

a) die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat;

b) die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf, oder für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke.

Die Mitgliedstaaten können Abweichungen von diesem Absatz vorsehen, sofern solche Abweichungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen."

57. Artikel 11 enthält Bestimmungen für die Bewertung solcher Leistungen. So sieht Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe b vor, daß die Besteuerungsgrundlage bei den in Artikel 5 Absatz 6 genannten Umsätzen "der Einkaufspreis für die Gegenstände oder für gleichartige Gegenstände oder mangels eines Einkaufspreises der Selbstkostenpreis [ist], und zwar jeweils zu den Preisen, die im Zeitpunkt der Bewirkung dieser Umsätze festgestellt werden". Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe c bestimmt, daß die Besteuerungsgrundlage bei den in Artikel 6 Absatz 2 genannten Umsätzen "der Betrag der Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Erbringung der Dienstleistungen" ist.

58. Nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe c wird deshalb der Erwerb eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen, der diesen teilweise für private Zwecke verwendet, als steuerbare Dienstleistung gegen ein Entgelt angesehen, das dem Betrag der Ausgaben für die Erbringung der Dienstleistung entspricht. Nach dem System der Richtlinie wird also jemand, der einen Gegenstand teilweise für die Zwecke steuerbarer Unternehmensumsätze und teilweise für private Zwecke verwendet und beim Erwerb des Gegenstands die Vorsteuer ganz oder teilweise abzieht, so behandelt, als wenn er den Gegenstand ganz für die Zwecke seiner steuerbaren Umsätze im Sinne des Artikels 17 Absatz 2 verwendet. Die Bestimmungen über die Aufteilung der Vorsteuer in Artikel 17 Absatz 5, die für Gegenstände und Dienstleistungen gelten, die vom Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, verwendet werden, sind deshalb nicht anwendbar. Infolgedessen hat dieser Steuerpflichtige grundsätzlich das Recht zum vollständigen und sofortigen Vorsteuerabzug beim Erwerb der Gegenstände.

59. Dieser Standpunkt wird gestützt durch die Erläuterung der Kommission in ihrem Vorschlag für die Sechste Richtlinie (Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, Beilage 11/73) zu Artikel 5 Absatz 6 (oder Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe a des Vorschlags), der in Artikel 5 ("Lieferung von Gegenständen") diejenige Bestimmung ist, die Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a entspricht. Die Kommission führte dort aus: "Das gleiche Ziel [Vermeidung ungerechtfertigter Vergünstigungen für Steuerpflichtige] hätte durch eine Berichtigung der bereits vorgenommenen Abzuege erreicht werden können, jedoch wurde die Gleichstellung mit einer steuerbaren Lieferung aus Gründen der Steuerneutralität und der Vereinfachung gewählt." Die Belastung mit Mehrwertsteuer wurde also gerade als eine Alternative zu der Beschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug gewählt. Obwohl Artikel 6 Absatz 2 letzter Satz den Mitgliedstaaten innerhalb bestimmter Grenzen erlaubt, von der in dieser Bestimmung niedergelegten Regelung des Privatverbrauchs abzuweichen, ist dieser Satz aus Gründen, die ich noch erläutern werde (siehe unten Randnr. 75), hier nicht anwendbar.

60. Es bleibt die Frage, ob ein Mitgliedstaat das Recht auf Vorsteuerabzug trotzdem beschränken darf, wenn die unternehmerische Verwendung des Gegenstands einen geringfügigen Teil seiner gesamten Nutzung ausmacht. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission darauf hingewiesen, daß der grundsätzliche Charakter des Rechts auf Vorsteuerabzug alle Beschränkungen dieses Rechts ausschließe, die nicht ausdrücklich in der Richtlinie vorgesehen seien. Diese Auffassung stimmt mit den Feststellungen des Gerichtshofes in seinen früheren Entscheidungen überein. Ein Beispiel ist die oben genannte Rechtssache 50/87, Kommission/Frankreich. Dort führte der Gerichtshof unter Hinweis auf sein Urteil Rompelman mit Bezugnahme auf die Artikel 4 Absätze 1 und 2 und 17 Absätze 1 und 2 der Richtlinie folgendes aus:

"Aus alledem folgt, daß es den Steuerpflichtigen möglich sein muß, das Recht auf Abzug der gesamten Steuerbelastung der vorausgehenden Umsatzstufen sofort auszuüben, sofern es keine Vorschrift gibt, die den Mitgliedstaaten eine Einschränkung dieses Rechts gestattet.

Derartige Einschränkungen des Rechts auf Vorsteuerabzug wirken sich auf die Höhe der steuerlichen Belastung aus und müssen in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise gelten. Ausnahmen sind daher nur in den in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig" (Randnrn. 16 und 17).

Der Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, daß die französischen Rechtsvorschriften mit der Sechsten Richtlinie unvereinbar waren, da sie in bestimmten Fällen keinen vollständigen und sofortigen Abzug zuließen.

61. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß nach dem System der Sechsten Richtlinie ein Steuerpflichtiger, der Gegenstände teils zur steuerbaren unternehmerischen Nutzung und teils zur privaten Nutzung erwirbt, so behandelt wird, als wenn er die Gegenstände ganz für die Zwecke steuerbarer Umsätze verwendet, und deshalb grundsätzlich das Recht zu vollständigem und sofortigem Vorsteuerabzug beim Erwerb dieser Gegenstände hat (der privaten Nutzung wird durch die Mehrwertsteuerbelastung Rechnung getragen). Die Richtlinie enthält keine Bestimmung, die das Recht auf Abzug ausschließt, wenn die unternehmerische Nutzung unter einer bestimmten Schwelle bleibt. Allerdings sind in die Richtlinie ausdrücklich Bestimmungen aufgenommen worden, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben, nicht abziehbare Mehrwertsteuer für die Zwecke des Artikels 17 nicht zu berücksichtigen, wenn dieser Betrag geringfügig ist (Artikel 17 Absatz 5 Buchstabe e), und den Betrag, um den die Vorsteuer die Mehrwertsteuer übersteigt, weder zu erstatten noch vortragen zu lassen, wenn der Überschuß geringfügig ist (Artikel 18 Absatz 4). Ich meine, daß angesichts der klaren, wenn auch ziemlich komplexen Regelung der Richtlinie und des Fehlens einer ähnlichen Bestimmung über eine Untergrenze, die es den Mitgliedstaaten gestatten würde, das Abzugsrecht in Fällen begrenzter privater Nutzung auszuschließen, kein Grund besteht, Artikel 17 dahin auszulegen, daß er eine solche Regelung implizit enthält. Diese Auffassung wird gestützt durch die vorstehend angeführte Entscheidung des Rates vom 28. Juli 1989, in der der Rat "in Abweichung von Artikel 17 Absatz 2" Frankreich dazu ermächtigte, den Vorsteuerabzug auszuschließen, wenn die private Nutzung 90 % übersteigt. Wie ich später noch erläutern werde, bietet Artikel 27 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie, aufgrund dessen diese Entscheidung erlassen wurde, die Möglichkeit, ein Problem, wie es sich der deutschen Finanzverwaltung stellte, zu lösen.

62. Ich komme zu dem Ergebnis, daß Mitgliedstaaten zu einer Einschränkung des Abzugsrechts nicht berechtigt sind, selbst wenn die unternehmerische Verwendung der betreffenden Gegenstände sehr begrenzt ist, es sei denn, sie können sich auf eine der in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen stützen. Diesen Ausnahmen möchte ich mich nun zuwenden.

Befugnis zum Ausschluß des Rechts auf Vorsteuerabzug

63. Artikel 27 der Sechsten Richtlinie, der zum Abschnitt XV ("Vereinfachungsmaßnahmen") gehört, sieht zwei Verfahren für die Ermächtigung zu Maßnahmen vor, die von der Richtlinie abweichen; grundsätzlich können beide auf die streitigen nationalen Rechtsvorschriften angewandt werden.

64. Artikel 27 Absatz 5 bestimmt:

"Die Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 1977 Sondermaßnahmen von der Art der in Absatz 1 genannten angewandt haben, können sie aufrecht erhalten, sofern sie diese der Kommission vor dem 1. Januar 1978 mitteilen und unter der Bedingung, daß diese Sondermaßnahmen - sofern es sich um Maßnahmen zur Erleichterung der Steuererhebung handelt - dem in Absatz 1 festgelegten Kriterium entsprechen."

65. Artikel 27 Absatz 1, der das Verfahren für die Ermächtigung zu neuen Maßnahmen festlegt, sieht vor:

"Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen, von dieser Richtlinie abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhüten. Die Maßnahmen zur Vereinfachung der Steuererhebung dürfen den Betrag der im Stadium des Endverbrauchs fälligen Steuer nur in unerheblichem Masse beeinflussen."

66. Es ist nicht ersichtlich, daß die deutsche Maßnahme nach Artikel 27 Absatz 5 mitgeteilt worden wäre. Im Anhang 1 ihres gemäß Artikel 34 der Sechsten Richtlinie vorgelegten Ersten Berichts über das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems vom 14. September 1983 [KOM(83) 426 endg.] veröffentlichte die Kommission eine Liste der ihr nach Artikel 27 Absatz 5 mitgeteilten Maßnahmen. In diesem Anhang wurde die im vorliegenden Fall streitige 10%-Regelung nicht erwähnt. Die Bundesregierung hat auch nicht behauptet, daß eine solche Mitteilung erfolgt sei.

67. Was Artikel 27 Absatz 1 betrifft, so ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Frage des Gerichtshofes, daß sie nicht um eine Ermächtigung zum Erlaß dieser Bestimmung nachgesucht hat, weil sie der Meinung war, die streitigen Rechtsvorschriften wichen von der Richtlinie nicht ab. Wie ich dargelegt habe, halte ich diese Ansicht für unzutreffend.

68. Es ist deshalb zu untersuchen, welche Wirkung es hat, wenn eine abweichende Maßnahme nicht mitgeteilt wird. In der Rechtssache 5/84 (Direct Cosmetics, Slg. 1985, 617) hat der Gerichtshof festgestellt:

"Nach Artikel 189 EWG-Vertrag sind die Mitgliedstaaten zur Beachtung aller Vorschriften der Richtlinie verpflichtet, soweit keine Ausnahmeregelung gemäß Artikel 27 geschaffen worden ist. Die Steuerbehörden eines Mitgliedstaats können daher einem Steuerpflichtigen keine von der Richtlinie abweichende Vorschrift entgegenhalten, die unter Missachtung der den Mitgliedstaaten durch Artikel 27 Absatz 2 auferlegten Mitteilungspflicht eingeführt worden ist, ohne gegen die Verpflichtung des Staates aus Artikel 189 zu verstossen."

69. Da die in diesem Verfahren streitige Maßnahme weder der Kommission nach Artikel 27 Absatz 5 mitgeteilt worden war noch eine Ermächtigung zu ihrem Erlaß aufgrund einer Entscheidung des Rates nach Artikel 27 Absatz 1 vorlag, kann die Bundesregierung diese Maßnahme einem Steuerpflichtigen nicht entgegenhalten.

70. Infolgedessen erübrigt sich strenggenommen die Prüfung, ob eine Ermächtigung nach Artikel 27 Absatz 1 zum Erlaß einer solchen Maßnahme hätte erteilt werden können. Wenn jedoch Artikel 27 Absatz 1 eine geeignete Grundlage für die Ermächtigung zum Erlaß nationaler Bestimmungen wie der im Ausgangsverfahren streitigen wäre, würde dies die Auffassung stützen, daß solche Bestimmungen als eine Ausnahme von Artikel 17 angesehen werden müssten, was meines Erachtens der Fall ist. Ich möchte deshalb kurz auf den Anwendungsbereich des Artikels 27 Absatz 1 eingehen.

71. Nach meiner Meinung soll Artikel 27 Absatz 1 unter anderem Probleme der Art erfassen, wie sie sich den französischen und deutschen Steuerbehörden gestellt haben. Die allgemeinen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie einschließlich des Rechts auf vollständigen und sofortigen Vorsteuerabzug und die Regelung über die Behandlung der privaten Nutzung sollen die Belange der Verwaltungsvereinfachung mit den Zielen des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, insbesondere dem der Neutralität, miteinander in Einklang bringen. Es wäre schwierig, wenn nicht unmöglich gewesen, alle technischen Schwierigkeiten oder Formen der Umgehung oder Hinterziehung ins Auge zu fassen, auf die Steuerbehörden in der Gemeinschaft treffen können. Darüber hinaus wäre eine Gemeinschaftslösung nicht angemessen gewesen, wenn die betreffende Geschäftspraxis nur in einem Mitgliedstaat zu erheblichen Verzerrungen führt. Daher war es angemessen, den Mitgliedstaaten zu gestatten, um eine individuelle Ermächtigung zum Erlaß von Maßnahmen bezueglich besonderer Probleme nachzusuchen.

72. Schwierigkeiten können sich auch daraus ergeben, daß eine Reihe von Problemen von der Sechsten Richtlinie nicht gelöst worden sind, so daß es dem Mehrwertsteuersystem in seiner jetzigen Form in gewissem Umfang an Kohärenz mangelt. Zum Beispiel wären die Schwierigkeiten, denen sich die deutsche Finanzverwaltung gegenübersah, teilweise sicher geringer gewesen, wenn der Rat den Vorschlag für eine Zwölfte Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: Ausschluß des Vorsteuerabzugsrechts bei bestimmten Ausgaben (ABl. 1983 C 37, S. 8; ABl. 1984 C 56, S. 7) angenommen hätte. Nach diesem Vorschlag wäre der Vorsteuerabzug bei einigen grösseren Gruppen von Ausgaben, deren Verwendung für unternehmerische Zwecke schwer nachprüfbar ist, ausdrücklich ausgeschlossen worden, und damit wären die Gruppen von Ausgaben beschränkt worden, auf die die allgemeine Regelung der privaten Nutzung Anwendung findet.

73. In dem besonderen Fall von Kraftfahrzeugen haben andere Mitgliedstaaten als Deutschland tatsächlich Bestimmungen nach Artikel 17 Absatz 6 (den ich später in diesen Schlussanträgen behandeln werde) zur vollständigen oder teilweisen Beschränkung des Vorsteuerabzugs beim Erwerb solcher Gegenstände im Rahmen des Unternehmens erlassen. Wenn trotz der bestehenden Vorschriften der vollständige Abzug in Einzelfällen weiterhin ein allgemeines Problem für die Steuerbehörden darstellte, wäre es zweckmässiger gewesen, eine Änderung des allgemeinen Systems der Richtlinie in Erwägung zu ziehen. Die Kommission hat in ihrem Zweiten Bericht über das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems vom 20. Dezember 1988 (KOM(88) 799 endg.) auf Seite 57 in der Tat zum Ausdruck gebracht, daß sie eine Gemeinschaftslösung für die Probleme der Mitgliedstaaten der Anwendung des Verfahrens nach Artikel 27 vorziehe. Dadurch würde eine Anhäufung individueller Ermächtigungen nach Artikel 27 Absatz 1 vermieden, und damit würde auch eine von der Bundesregierung in diesem Verfahren geäusserte Sorge gegenstandslos. Solange jedoch eine Gemeinschaftslösung fehlt, halte ich Artikel 27 Absatz 1 für ein geeignetes Mittel zur Lösung einiger der genannten Probleme. Eines der wesentlichen Merkmale des in dieser Bestimmung festgelegten Verfahrens ist, daß es die vollständige Unterrichtung der Gemeinschaftsbehörden und der Mitgliedstaaten über die beabsichtigten Maßnahmen sicherstellt.

74. Es steht ausser Frage, daß die von der französischen Regierung und von der Bundesregierung genannten Schwierigkeiten für die nationalen Steuerbehörden eine Quelle berechtigter Sorgen sind. Ausserdem ist eine Maßnahme, die das Abzugsrecht von einer mindestens 10%igen unternehmerischen Verwendung abhängig macht, auf den ersten Blick sicher nicht unangemessen oder unverhältnismässig im Hinblick auf die beabsichtigten Ziele. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß die französische Regierung in ihren Erklärungen darauf hingewiesen hat, daß die Tatsache, daß der ursprünglich vorzunehmende Vorsteuerabzug nach der 10%-Regelung nicht zugelassen werde, nach den französischen Rechtsvorschriften nicht die spätere Berichtigung nach Artikel 20 Absatz 2 in den folgenden Jahren ausschließe, wenn die unternehmerische Verwendung ein grösseres Ausmaß erreiche. Ich halte es für vollkommen angemessen, daß Frankreich den Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung in dieser Weise beschränkt, da es sicher fraglich ist, ob der Ausschluß späterer Berichtigungen nach Artikel 20 Absatz 2 notwendig gewesen wäre, um die Ziele der Maßnahme zu erreichen. Auf diesen Punkt ist in diesem Verfahren jedoch nicht näher einzugehen, da sich die Bundesregierung in Ermangelung einer Entscheidung des Rates über die Ermächtigung zum Erlaß ihrer Maßnahme nicht auf Artikel 27 Absatz 1 berufen kann.

75. Hinzuweisen ist auch auf Artikel 6 Absatz 2 letzter Satz der Sechsten Richtlinie, der, wie ich bereits ausgeführt habe, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, von der in dieser Bestimmung niedergelegten Regelung über die private Nutzung abzuweichen, sofern solche Abweichungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Nach meiner Meinung können sich Mitgliedstaaten auf diesen Satz nicht zur Rechtfertigung nationaler Bestimmungen berufen, die die Regelung über die Mehrwertsteuer des Unternehmers nicht nur durch eine Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug ersetzen, sondern den Vorsteuerabzug bei wirklichen Geschäftsausgaben auch ausschließen.

76. Ferner ist in diesem Zusammenhang auf eine weitere Vorschrift einzugehen, nämlich Artikel 17 Absatz 6 der Sechsten Richtlinie. Diese Vorschrift lautet folgendermassen:

"Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist. Auf jeden Fall werden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen.

Bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in den in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind."

77. Obwohl die Kommission dem Rat schon am 25. Januar 1983 den genannten Vorschlag für eine Zwölfte Richtlinie zur Harmonisierung nicht abziehbarer Auslagen vorgelegt hat, ist der Rat bis jetzt noch nicht tätig geworden.

78. Die französische Regierung führt in ihren schriftlichen Erklärungen aus, daß eine Maßnahme wie die von Frankreich nach Artikel 27 Absatz 1 der Richtlinie mitgeteilte von den Mitgliedstaaten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie über solche Rechtsvorschriften verfügt hätten, nach Artikel 17 Absatz 6 habe beibehalten werden können. Nach meiner Ansicht kann Artikel 17 Absatz 6 jedoch die Beibehaltung einer solchen Regelung nicht rechtfertigen. Auf den ersten Blick scheint der Anwendungsbereich des Ausdrucks "alle Ausschlüsse ..., die in den ... innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind" in Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 hinreichend weit zu sein, um auch allgemeine Einschränkungen des Abzugsrechts einzuschließen. Liest man jedoch Unterabsatz 1, dann spricht vieles dafür, daß das den Mitgliedstaaten verbliebene Ermessen sich im einzelnen auf Fragen bezieht, über die keine Einigung erzielt werden konnte, namentlich die Frage, bei welchen Gruppen von Auslagen eine Einschränkung des Vorsteuerabzugs angemessen ist. Eine Stütze für diese Auffassung findet sich in dem vorstehend angeführten Vorschlag für die Sechste Richtlinie, der eine Bestimmung enthielt (ebenfalls Artikel 17 Absatz 6), die genaue Gruppen von Ausgaben festlegte, bei denen kein Vorsteuerabzug möglich ist, und in dem Vorschlag für die Zwölfte Richtlinie, der wiederum die nichtabzugsfähigen Ausgaben unter Bezugnahme auf Gruppen von Ausgaben festlegte.

79. Ausserdem ist Artikel 17 Absatz 6 als Maßnahme, die von einem wesentlichen Prinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, nämlich dem Abzugsrecht, abweicht, eng auszulegen. Deshalb kann Artikel 17 Absatz 6 nach meiner Meinung die Beibehaltung einer allgemeinen Maßnahme nicht rechtfertigen, die für alle Gruppen von Ausgaben gilt und die verwaltungsmässigen Schwierigkeiten bei der Überprüfung, ob in Grenzfällen eine wirklich geschäftliche Verwendung gegeben ist, beseitigen soll.

80. Schließlich möchte ich der Vollständigkeit halber noch auf zwei andere Bestimmungen der Sechsten Richtlinie zu sprechen kommen. Erstens auf Artikel 20 Absatz 4 der Richtlinie, der bestimmt, daß die Mitgliedstaaten

"- alle zweckdienlichen Vorkehrungen treffen [können], um zu gewährleisten, daß keine ungerechtfertigten Vorteile aus der Berichtigung entstehen;

- verwaltungsmässige Vereinfachungen ermöglichen [können]".

81. Zweitens auf Artikel 22 Absatz 8, der folgendermassen lautet:

"Unbeschadet der nach Artikel 17 Absatz 4 zu erlassenden Vorschriften können die Mitgliedstaaten weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um die genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden."

82. Eine Maßnahme wie die deutsche Regelung kann nach meiner Meinung auf keine dieser Bestimmungen gestützt werden. Artikel 20 Absatz 4 gilt nur für nach Artikel 20 vorgenommene Berichtigungen von Abzuegen, die bereits erfolgt sind, und betrifft nicht das allgemeine Abzugsrecht nach Artikel 17. Die deutsche Maßnahme soll Schwierigkeiten abhelfen, die aus der Anwendung des allgemeinen Abzugsrechts nach Artikel 17 Absatz 2 und nicht aus Artikel 20 Absatz 2 über die Berichtigung von Investitionsgütern herrühren. Zweitens kann ein Mitgliedstaat, was die Klausel der verwaltungsmässigen Vereinfachungen betrifft, sich nicht auf eine Bestimmung berufen, die ihn ermächtigt, solche Vereinfachungen zu ermöglichen, um eine Maßnahme zu rechtfertigen, durch die das Abzugsrecht eingeschränkt wird. Artikel 22, der den Titel trägt "Pflichten im inneren Anwendungsbereich" und in Abschnitt XIII ("Pflichten der Steuerschuldner") steht, ist beschränkt auf die verwaltungs- und buchführungsmässigen Verpflichtungen des Steuerpflichtigen. Somit beschränkt sich die Möglichkeit der Mitgliedstaaten nach Artikel 22 Absatz 8, "weitere Pflichten" vorzusehen, auf derartige Pflichten.

Ergebnis

83. Demgemäß beantrage ich, auf die Fragen des Finanzgerichts München wie folgt zu antworten:

1) a) Artikel 20 Absatz 2 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ist nur anwendbar, wenn jemand Investitionsgüter als Steuerpflichtiger, das heisst gerade in der Absicht erwirbt, sie für die Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie zu verwenden.

b) Ob im Einzelfall ein Steuerpflichtiger diese Absicht hat, ist eine Tatsachenfrage, die von den nationalen Behörden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich der Art der betreffenden Gegenstände und des Zeitraums zwischen ihrem Erwerb und ihrer Verwendung für die Zwecke des Unternehmens des Steuerpflichtigen zu entscheiden ist.

2) Ein Steuerpflichtiger, der Gegenstände für die Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet, ist beim Erwerb dieser Gegenstände zum Vorsteuerabzug gemäß Artikel 17 berechtigt, wie gering der Anteil der unternehmerischen Nutzung auch sein mag. Eine Vorschrift oder Verwaltungspraxis, die allgemein das Abzugsrecht einschränkt, wenn eine geringe, aber trotzdem wirklich unternehmerische Nutzung vorliegt, stellt eine Abweichung von Artikel 17 der Sechsten Richtlinie dar und ist nur gültig, wenn die verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen des Artikels 27 Absatz 1 oder des Artikels 27 Absatz 5 der Richtlinie erfuellt sind.

(*) Originalsprache: Englisch.

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