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Document 52015PC0450

Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist

COM/2015/0450 final - 2015/0208 (COD)

Brüssel, den 9.9.2015

COM(2015) 450 final

2015/0208(COD)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist


BEGRÜNDUNG

1KONTEXT DES VORSCHLAGS

Gründe und Ziele des Vorschlags

Die am 13. Mai 2015 von der Europäischen Kommission angenommene Europäische Migrationsagenda 1 enthält Sofortmaßnahmen, die als Reaktion auf die aktuellen dringenden und komplexen Herausforderungen im Bereich der Migration notwendig sind, sowie mittel- und langfristige Initiativen, die strukturell erforderlich sind, um die Migration in all ihren Aspekten besser steuern zu können.

Als Teil der Sofortmaßnahmen nahm die Europäische Kommission am 27. Mai 2015 einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland 2 an, mit dem sie die Notfallklausel nach Artikel 78 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aktivierte. Am 20. Juli 2015 gelangte der Rat zu einer allgemeinen Ausrichtung zu diesem Beschluss 3 , mit dem ein zeitlich befristeter und außergewöhnlicher Umsiedlungsmechanismus für Personen, die eindeutig internationalen Schutz benötigen, eingeführt wird. Durch diesen Mechanismus sollen betroffene Personen innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren aus Italien und Griechenland in andere Mitgliedstaaten umgesiedelt werden. Der Rat dürfte den Beschluss förmlich annehmen, sobald das Europäische Parlament seine Stellungnahme abgegeben hat. Dies wird für September 2015 erwartet.

Aufgrund des enormen Zustroms von Migranten, der in Italien und Griechenland weiter zugenommen hat, und der Verlagerung der Migrationsströme von der zentralen hin zur östlichen Mittelmeerroute und zur Westbalkanroute in Richtung Ungarn nahm die Kommission [am 9. September 2015] einen weiteren Vorschlag auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 3 AEUV mit weiteren vorläufigen Maßnahmen zur Entlastung der einem erheblichen Druck ausgesetzten Asylsysteme Italiens und Griechenlands sowie eine neue Maßnahme zugunsten Ungarns an.

Ferner kündigte die Europäische Kommission an, dass die Aktivierung der Notfallklausel gemäß Artikel 78 Absatz 3 AEUV der Wegbereiter für eine dauerhafte Lösung sein wird. Sie kündigte an, diesbezüglich bis Ende 2015 einen Legislativvorschlag für eine dauerhafte Umsiedlungsregelung vorzulegen, die in Krisensituationen aktiviert werden sollte.

Das allgemeine Ziel dieses Legislativvorschlags ist es, sicherzustellen, dass die Union über einen soliden Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen verfügt, der ihr ermöglicht, den strukturellen Umgang mit Asylkrisen effektiv zu gestalten. Ein solcher Mechanismus sollte rasch in Bezug auf alle Mitgliedstaaten aktiviert werden, die mit Krisensituationen einer solchen Größe konfrontiert sind, dass durch sie selbst auf ein gut vorbereitetes und funktionierendes Asylsystem außergewöhnlicher Druck ausgeübt wird, wobei auch die Größe des betreffenden Mitgliedstaats zu berücksichtigen ist. Der vorgeschlagene Umsiedlungsmechanismus soll einerseits in Krisensituationen eine gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den Mitgliedstaaten für große Zahlen von Antragstellern, die eindeutig internationalen Schutz benötigen, gewährleisten und andererseits die ordnungsgemäße Anwendung des Dublin-Systems einschließlich des uneingeschränkten Schutzes der Rechte von Personen, die internationalen Schutz beantragen, sicherstellen. Der Vorschlag zielt zwar darauf ab, in die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 einen Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen als dauerhaften Rahmen für Umsiedlungsmaßnahmen aufzunehmen, doch diese Maßnahmen sollen nur in spezifischen Krisensituationen in einem bestimmten Mitgliedstaat angewandt werden und von vornherein zeitlich befristet sein.

Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Eine umfassende Migrationsstrategie

Der Vorschlag ist Teil einer umfassenden und systematischen Migrationsstrategie, die von allen Organen der Union gefordert wurde und mit deren Umsetzung die Kommission unmittelbar nach der Annahme der Europäischen Migrationsagenda begann. Damit die Wirksamkeit einer solchen umfassenden Strategie garantiert ist, ist unbedingt sicherzustellen, dass die Maßnahmen vor Ort kohärent und komplementär umgesetzt werden. Daher sollte der Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen, wenn er angesichts der besonderen Situation eines Mitgliedstaats benötigt wird, durch zusätzliche Maßnahmen des betreffenden Mitgliedstaats vor Ort ergänzt werden – von der Ankunft von Drittstaatsangehörigen in seinem Hoheitsgebiet bis zum Abschluss aller geltenden Verfahren. Im Rahmen des von der Kommission vorgeschlagenen „Brennpunkt“-Konzepts leisten die EU-Agenturen umfassende und gezielte Unterstützung für Mitgliedstaaten, die einem unverhältnismäßigen Migrationsdruck an den Außengrenzen ausgesetzt sind. Die operative Unterstützung, die im Rahmen dieses Konzepts geleistet werden kann, umfasst die Registrierung und Überprüfung irregulärer Migranten, die Befragung irregulärer Migranten, Asylunterstützung durch Kanalisierung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in die geeigneten Asylverfahren und Hilfe bei der Registrierung der Anträge auf internationalen Schutz sowie die Vorbereitung der Dossiers, die Verstärkung des Informationsaustausches und die Zusammenarbeit bei Ermittlungen über kriminelle Netze, die Beihilfe zur irregulären Migration in die EU sowie zur Sekundärmigration innerhalb der EU leisten, und die Koordinierung von Rückführungsaktionen.

Eine solche gemeinsame Anstrengung würde die Mitgliedstaaten nicht nur in die Lage versetzen, den Migrationsdruck bei vollständiger Achtung der Grundrechte schneller und effektiver zu bewältigen, sondern auch ihre Kapazitäten für den Umgang mit Herausforderungen in den Bereichen Migration, Asyl und innere Sicherheit stärken.

Interaktion mit Notfallumsiedlungsregelungen auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 3 AEUV

Der Vorschlag zur Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen ist von den Vorschlägen zu unterscheiden, die die Kommission auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 3 AEUV zugunsten bestimmter Mitgliedstaaten angenommen hat, die mit einem plötzlichen Zustrom von Drittstaatsangehörigen in ihren Hoheitsgebieten konfrontiert sind.

Während die von der Kommission auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 3 AEUV vorgeschlagenen Maßnahmen vorläufiger Natur sind, soll mit dem Vorschlag zur Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen ein Verfahren eingeführt werden, nach dem in Krisensituationen für einen befristeten Zeitraum bestimmt wird, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz zuständig ist, die in einem in einer Krisensituation befindlichen Mitgliedstaat gestellt wurden. Auf diese Weise soll eine gerechtere Verteilung der Antragsteller zwischen den in solchen Situationen befindlichen Mitgliedstaaten sichergestellt und das Funktionieren des Dublin-Systems auch in Krisenzeiten ermöglicht werden.

In diesem Vorschlag werden strenge Bedingungen für die Aktivierung des Umsiedlungsmechanismus in Bezug auf einen bestimmten Mitgliedstaat festgelegt, so insbesondere die Bedingung, dass der betreffende Mitgliedstaat mit einer Krisensituation konfrontiert ist, die die Anwendung der Dublin-Verordnung beeinträchtigt, da aufgrund eines massiven und übermäßigen Zustroms von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der erhebliche Anforderungen an das Asylsystem stellt, ein enormer Druck entsteht.

Die Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen berührt nicht die Möglichkeit, dass der Rat auf Vorschlag der Kommission vorläufige Maßnahmen zugunsten eines Mitgliedstaats erlässt, der sich in einer Notlage im Sinne von Artikel 78 Absatz 3 AEUV befindet. Der Erlass von Notfallmaßnahmen auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 3 kommt weiterhin in außergewöhnlichen Situationen in Frage, in denen zwar Sofortmaßnahmen, die möglicherweise eine umfassendere Migrationsunterstützung beinhalten, erforderlich sind, die Bedingungen für eine Nutzung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen jedoch möglicherweise nicht gegeben sind.

Künftige mögliche Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013

Wie in der Europäischen Migrationsagenda angekündigt, und im Einklang mit den Verpflichtungen, die sich aus der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ergeben, führt die Kommission derzeit einen umfassenden „Eignungstest“ des Dublin-Systems durch, d. h. eine faktengestützte Überprüfung der rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Systems, einschließlich seiner Auswirkungen auf die Grundrechte. Diese Arbeiten werden die Grundlage für eine mögliche weitere Überarbeitung des Dublin-Systems bilden, insbesondere im Hinblick auf das Erreichen einer gerechteren Verteilung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in Europa unter allen Umständen und nicht nur in Krisensituationen.

2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT, VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT, GRUNDRECHTE

Rechtsgrundlage

Dieser Vorschlag ändert die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und sollte daher auf derselben Rechtsgrundlage, d. h. auf Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe e AEUV, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommen werden.

Der in diesem Vorschlag vorgesehene Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen bedeutet dauerhafte Ausnahmeregelungen, die in bestimmten Krisensituationen zugunsten bestimmter Mitgliedstaaten aktiviert werden, unter anderem Ausnahmen vom Grundsatz in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, dem zufolge ein Antrag auf internationalen Schutz von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Anstelle dieses Grundsatzes wird mit dem Vorschlag für genau definierte Krisensituationen ein verbindlicher Verteilungsschlüssel für die Bestimmung der Zuständigkeit für die Prüfung von Anträgen festgelegt.

Unterschiede im Geltungsbereich

Gemäß dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokoll über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts können das Vereinigte Königreich und Irland beschließen, sich an der Annahme dieser Verordnung zu beteiligen. Die Möglichkeit zur Teilnahme an der Anwendung der Verordnung haben sie auch nach der Annahme des Vorschlags.

Für das Vereinigte Königreich und Irland ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bindend, da sie ihren Wunsch mitgeteilt haben, auf der Grundlage des genannten Protokolls an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligt zu werden. Ihre Position gegenüber der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 lässt ihren Standpunkt im Hinblick auf ihre etwaige Teilnahme an der geänderten Verordnung unberührt. 4

Nach dem Protokoll über die Position Dänemarks im Anhang zum EUV und zum AEUV beteiligt sich dieser Mitgliedstaat nicht an der Annahme von Maßnahmen durch den Rat, die unter Titel V AEUV fallen (dies gilt allerdings nicht für „Maßnahmen zur Bestimmung derjenigen Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen,“ sowie für „Maßnahmen zur einheitlichen Visumgestaltung“). Da Dänemark jedoch die derzeitige Dublin-Verordnung aufgrund eines 2006 mit der EG geschlossenen völkerrechtlichen Abkommens 5 anwendet, muss Dänemark der Kommission gemäß Artikel 3 des Abkommens mitteilen, ob es die geänderte Verordnung inhaltlich umsetzen wird.

Auswirkung des Vorschlags auf Nicht-EU-Mitgliedstaaten, die dem Dublin-System angeschlossen sind

Parallel zu der Assoziierung einiger Nichtmitgliedstaaten der EU am Schengen-Besitzstand hat die Union mehrere Abkommen zur Assoziierung dieser Länder am Dublin-/Eurodac-Besitzstand geschlossen:

das Übereinkommen über die Assoziierung Islands und Norwegens von 2001 6 ;

das Abkommen über die Assoziierung der Schweiz vom 28. Februar 2008 7 ;

das Protokoll über die Assoziierung Liechtensteins vom 7. März 2011 8 .

Um Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen den vorgenannten assoziierten Ländern und Dänemark – das über ein völkerrechtliches Abkommen am Dublin-/Eurodac-Besitzstand beteiligt ist – zu begründen, hat die Union mit den assoziierten Ländern zwei weitere Protokolle 9 geschlossen.

Den drei vorgenannten Übereinkünften zufolge akzeptieren die assoziierten Länder den Dublin-/Eurodac-Besitzstand und dessen Weiterentwicklung ohne Vorbehalt. Sie nehmen zwar an der Annahme von Rechtsakten, die den Dublin-Besitzstand ändern oder fortentwickeln, nicht teil (d. h. auch nicht an diesem Vorschlag), müssen der Kommission aber, sobald das Europäische Parlament und der Rat den Rechtsakt erlassen haben, innerhalb einer bestimmten Frist mitteilen, ob sie diesen Rechtsakt umsetzen. Sollten Norwegen, Island, die Schweiz oder Liechtenstein einem solchen Rechtsakt nicht zustimmen, endet die betreffende Übereinkunft, sofern der zuständige Gemischte/Gemeinsame Ausschuss nicht einstimmig etwas anderes beschließt.

Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Titel V AEUV zum Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts verleiht der Europäischen Union in diesem Bereich gewisse Befugnisse. Diese Befugnisse müssen im Einklang mit Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union ausgeübt werden, d. h. nur sofern und soweit die Mitgliedstaaten die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen nicht ausreichend verwirklichen können, weil diese wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.

Durch den Vorschlag soll ein Umsiedlungsmechanismus eingerichtet werden, damit durch einen massiven und übermäßigen Zustrom von Personen entstandene Krisensituationen in jedem Mitgliedstaat strukturell bewältigt werden können und eine gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten in Krisenzeiten erreicht wird (unter anderem durch eine Ausnahme von den in der Dublin-Verordnung enthaltenen Kriterien für die Zuweisung der Zuständigkeit). EU-Maßnahmen werden definitionsgemäß in Situationen getroffen, in denen ein Mitgliedstaat eine Situation nicht allein bewältigen kann. Darüber hinaus soll der Vorschlag die ordnungsgemäße Anwendung des Dublin-Systems in Krisenzeiten gewährleisten und zur Lösung des länderübergreifenden Problems der Sekundärmigration von Drittstaatsangehörigen zwischen den Mitgliedstaten beitragen. Es liegt auf der Hand, dass sich die gemeinsamen Herausforderungen, mit denen alle Mitgliedstaaten in diesem Bereich konfrontiert sind, nicht durch Maßnahmen einzelner Mitgliedstaaten zufriedenstellend bewältigen lassen. Die Grundsätze der Solidarität und der geteilten Verantwortung machen ein Vorgehen auf EU-Ebene in diesem Bereich unerlässlich.

Verhältnismäßigkeit

Die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 sieht in ihrer jetzigen Form keine Instrumente vor, die eine ausreichende Reaktion auf Situationen extremen Drucks auf die Asylsysteme der Mitgliedstaaten ermöglichen. Die verschiedenen finanziellen und operationellen Maßnahmen, die der Europäischen Kommission und dem EASO zur Verfügung stehen, um die Asylsysteme mehrerer Mitgliedstaaten zu stützen, haben sich als unzureichend für die alleinige Bewältigung von Krisensituationen erwiesen. Angesichts der Dringlichkeit und des Ernsts der Lage im Asylbereich gehen die vorgeschlagenen weiteren EU-Maßnahmen nicht über das hinaus, was zu einer wirksamen Bewältigung dieser Lage notwendig ist.

Grundrechte

Durch die Einführung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen ist gewährleistet, dass die in der EU-Grundrechtecharta („die Charta“) verankerten Grundrechte derjenigen Antragsteller, die eindeutig internationalen Schutz benötigen, gewahrt werden.

Mit diesem Vorschlag, der den Betroffenen einen raschen Zugang zu einem adäquaten Verfahren zur Erlangung internationalen Schutzes ermöglicht, soll das in Artikel 18 und 19 der Charta garantierte Recht auf Asyl bzw. auf Nichtzurückweisung geschützt werden. Darüber hinaus wird mit der Überstellung der Betroffenen an einen Mitgliedstaat, der in der Lage ist, angemessene Aufnahmebedingungen und Integrationsperspektiven zu bieten, die uneingeschränkte Achtung der Menschenwürde und der Schutz vor Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung gemäß Artikel 1 und 4 der Charta gewährleistet. Diese Verordnung dient auch dem Schutz der Rechte des Kindes nach Artikel 24 der Charta und des Rechts auf Einheit der Familie gemäß Artikel 7 der Charta.

3.KONSULTATION DER BETEILIGTEN

Dieser Vorschlag zur Einrichtung eines Mechanismus für den strukturellen Umgang mit Krisensituationen im Asylbereich erfolgt aufgrund einer anhaltenden Asylkrise in mehreren Mitgliedstaaten, durch die deutlich wird, dass ein stärker strukturiertes System für das rasche Eingreifen auf Unionsebene dringend erforderlich ist. Der Vorschlag ist eine Folgemaßnahme zur Europäischen Migrationsagenda, zu der sämtliche Beteiligten ausführlich konsultiert wurden.

Die anderen EU-Organe und die wichtigsten Beteiligten haben sich bereits allgemein zu dieser Problematik geäußert. In seiner Erklärung vom 23. April 2015 verpflichtete sich der Europäische Rat dazu, Optionen für eine Notfall-Umverteilung auf freiwilliger Basis unter allen Mitgliedstaaten zu prüfen. Im Zusammenhang mit den Beratungen über die Migrationsagenda tauschten sich das Europäisches Parlament (Plenartagung vom 19. Mai 2015) und der Rat (15. Juni 2015) auch über den Umsiedlungsmechanismus aus. Der LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments forderte die Kommission in seinem Bericht auf, einen Vorschlag für ein dauerhaftes Umsiedlungssystem vorzulegen, das gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren angenommen werden soll. 10  

Das UNHCR und die Zivilgesellschaft forderten die EU auf, mehr EU-interne Solidaritätsinstrumente einzusetzen und ein gerechteres System für die Verteilung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, zu gewährleisten.

4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Die Einrichtung eines dauerhaften Rahmens für einen Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen hat keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt. Die Haushaltsauswirkungen der Aktivierung des Rahmens sind vor dem Hintergrund der spezifischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Mitgliedstaaten zu bewerten.

5.Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Dieser Vorschlag ändert die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 durch die Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen und die Übertragung der Befugnis an die Kommission, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte bezüglich der Aktivierung und der Aussetzung des Mechanismus in Bezug auf einen bestimmten Mitgliedstaat unter genau festgelegten Bedingungen zu erlassen.

Folgende wesentliche Bestimmungen sind vorgesehen:

Bedingungen für die Anwendung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen in Bezug auf einen Mitgliedstaat

Um den Umsiedlungsmechanismus aktivieren zu können, muss die Kommission insbesondere auf Grundlage der vom EASO und von Frontex gesammelten Informationen feststellen, dass sich ein Mitgliedstaat in einer Krisensituation befindet, durch die die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 infolge eines außergewöhnlichen Drucks in Frage gestellt wird, der durch einen großen und unverhältnismäßigen Zustrom von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gekennzeichnet ist und erhebliche Anforderungen an sein Asylsystem stellt. Die Krisensituation sollte von einer solchen Größe sein, dass durch sie selbst auf ein gut vorbereitetes und funktionierendes Asylsystem außergewöhnlicher Druck ausgeübt wird, wobei auch die Größe des betreffenden Mitgliedstaats zu berücksichtigen ist.

Der Vorschlag enthält klare Indikatoren, die die Kommission unter anderem bei dieser Bewertung berücksichtigen sollte: die Gesamtzahl der internationalen Schutz beantragenden Personen und der in den sechs Monaten vor der Annahme des delegierten Rechtsakts erfolgten irregulären Einreisen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, den diesbezüglichen Anstieg gegenüber dem betreffenden Vorjahreszeitraum sowie die Zahl der in dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, in den letzten 18 Monaten pro Kopf ergangenen Anträge im Vergleich zum Unionsdurchschnitt.

Kategorien von Antragstellern, die umgesiedelt werden sollen

Es wird vorgeschlagen, den Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen nur in Bezug auf Antragsteller zu aktivieren, die dem ersten Anschein nach eindeutig internationalen Schutz benötigen und für die der in einer Krisensituation befindliche Mitgliedstaat gemäß den Kriterien in Kapitel III der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ansonsten zuständig gewesen wäre. In dem Vorschlag werden diese Antragsteller als Staatsangehörige von Ländern definiert, bei deren Staatsangehörigen die Anerkennungsquote nach den neuesten verfügbaren Eurostat-Daten mindestens 75 % betrug.

Beschreibung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen

Im Rahmen des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen werden die Anträge dieser Personen von einem anderen Mitgliedstaat (dem Umsiedlungsmitgliedstaat) geprüft. In diesem Fall wird in Abweichung von den Artikeln 21, 22 und 29 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 das Umsiedlungsverfahren gemäß Anhang IV angewandt.

Der Vorschlag sieht ein einfaches Umsiedlungsverfahren vor, damit die betreffenden Personen rasch in den Umsiedlungsmitgliedstaat überstellt werden können. Jeder Mitgliedstaat benennt eine nationale Kontaktstelle und teilt die entsprechenden Angaben den anderen Mitgliedstaaten und dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) mit.

Die Mitgliedstaaten geben in regelmäßigen Abständen, spätestens jedoch alle drei Monate die Zahl der Antragsteller an, die rasch in ihr Hoheitsgebiet umgesiedelt werden können, und teilen sonstige einschlägige Informationen mit. Der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, bestimmt mit Unterstützung des EASO und gegebenenfalls der Verbindungsbeamten der anderen Mitgliedstaaten, welche Antragsteller in andere Mitgliedstaaten umgesiedelt werden könnten, und schlägt den anderen Mitgliedstaaten vor, dass diese Antragsteller in ihr Hoheitsgebiet umgesiedelt werden. Dabei sollten schutzbedürftige Antragsteller Vorrang erhalten. Nach der Zustimmung des Umsiedlungsmitgliedstaats muss der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, eine förmliche Umsiedlungsentscheidung treffen, die dem Antragsteller mitzuteilen ist. Dem Vorschlag zufolge dürfen Antragsteller, von denen gemäß Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 Fingerabdrücke genommen werden müssen, erst nach Abnahme ihrer Fingerabdrücke umgesiedelt werden. Im Vorschlag ist auch festgelegt, dass die Mitgliedstaaten die Umsiedlung eines Antragstellers nur bei Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung oder vor dem Hintergrund der Ausnahmen gemäß den Artikeln 12 und 17 der Richtlinie 2011/95/EU ablehnen können. Der Vorschlag sieht vor, dass sämtliche Verfahrensschritte so bald wie möglich und spätestens zwei Monate, nachdem der Umsiedlungsmitgliedstaat die Zahl der Antragsteller, die rasch umgesiedelt werden könnten, mitgeteilt hat, durchgeführt werden müssen. Im Falle vertretbarer praktischer Hindernisse sind weitere begrenzte Ausnahmen vorgesehen.

Der Vorschlag enthält besondere Garantien für Antragsteller, die in einen anderen Mitgliedstaat umgesiedelt werden sollen. Antragsteller haben ein Recht auf Auskunft über das Umsiedlungsverfahren, auf Unterrichtung über die Umsiedlungsentscheidung, in der der Umsiedlungsmitgliedstaat anzugeben ist, und ein Recht auf Umsiedlung zusammen mit ihren Familienangehörigen in denselben Umsiedlungsmitgliedstaat. Die in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 enthaltene Verpflichtung, dem Kindeswohl Vorrang einzuräumen, gilt auch bei der Bestimmung des Umsiedlungsmitgliedstaats. Dies impliziert unter anderem, dass ein Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten eine Umsiedlung erfolgt, die anderen Mitgliedstaaten in Kenntnis setzen muss, wenn es sich bei dem Antragsteller um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, und zusammen mit dem Mitgliedstaat, der zur Umsiedlung dieses Minderjährigen bereit ist, vor der Umsiedlung sicherstellen muss, dass eine Prüfung des Kindeswohls im Einklang mit der Allgemeinen Bemerkung Nr. 14 (2013) des UN-Kinderrechtsausschusses zum Recht des Kindes auf vorrangige Berücksichtigung seines Wohls 11 vorgenommen wird.

Aktivierung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen

Stellt die Kommission fest, dass die Bedingungen für eine Umsiedlung in Bezug auf einen bestimmten Mitgliedstaat erfüllt sind, so erlässt sie einen delegierten Rechtsakt zur Aktivierung des Umsiedlungsmechanismus. Mit diesem delegierten Rechtsakt wird a) festgestellt, dass in dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, eine Krisensituation besteht, b) die Zahl der aus dem betreffenden Mitgliedstaat umzusiedelnden Personen bestimmt, c) die Verteilung dieser Personen auf die Mitgliedstaaten in Anwendung der Formel für einen Verteilungsschlüssels festgelegt und d) der Zeitraum der Anwendung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen festgelegt. Der delegierte Rechtsakt tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von höchstens einem Monat nach Übermittlung dieses Rechtsakts durch die Kommission Einwände erhoben haben. Der delegierte Rechtsakt kann für einen Zeitraum von höchstens zwei Jahren anwendbar sein.

Methode für die Festlegung der Zahl der umzusiedelnden Personen

Der Vorschlag sieht objektive und nachprüfbare Indikatoren vor, die die Kommission berücksichtigt, wenn sie im Rahmen der Annahme eines delegierten Rechtsakts zur Aktivierung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen in Bezug auf einen bestimmten Mitgliedstaat die Zahl der Personen festlegt, die aus dem betreffenden Mitgliedstaat umgesiedelt werden. Zu diesen Indikatoren zählen insbesondere: die Zahl der Antragsteller pro Kopf in dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, in den 18 Monaten und insbesondere in den sechs Monaten vor dem Erlass des delegierten Rechtsakts im Vergleich zum Unionsdurchschnitt, die Kapazitäten des Asylsystems dieses Mitgliedstaats und die Beteiligung des Mitgliedstaats an vorherigen Solidaritätsinitiativen sowie der Umfang etwaiger früherer zugunsten dieses Mitgliedstaats erfolgter Solidaritätsmaßnahmen der EU.

Ferner wird eine Obergrenze für die Zahl der umzusiedelnden Personen festgelegt, und zwar 40 % der in den sechs Monaten vor dem Erlass des delegierten Rechtsakts in dem betreffenden Mitgliedstaat gestellten Anträge.

Besondere Vorschriften für den Fall, dass ein Mitgliedstaat vorübergehend nicht in der Lage ist, sich an der Umsiedlung von Antragstellern zu beteiligen

Da außergewöhnliche Umstände nicht ausgeschlossen werden können, ist in dem Vorschlag vorgesehen, dass ein Mitgliedstaat der Kommission innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten des delegierten Rechtsakts zur Aktivierung des Umsiedlungsmechanismus unter Angabe hinreichender und mit den in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Grundwerten der Union vereinbarer Gründe mitteilen kann, dass er vorübergehend nicht in der Lage ist, sich für einen Zeitraum von einem Jahr ganz oder teilweise an der Umsiedlung von Antragstellern zu beteiligen. Stattdessen soll der betreffende Mitgliedstaat einen finanziellen Beitrag zum EU-Haushalt in Höhe von 0,002 % seines BIP leisten, der dazu verwendet wird, die von den anderen Mitgliedstaaten unternommenen Anstrengungen zur Bewältigung der Krisensituation und der aus der Nichtteilnahme des betreffenden Mitgliedstaats an der Umsiedlung resultierenden Folgen finanziell zu unterstützen. Im Falle einer teilweisen Beteiligung an der Umsiedlung wird dieser Betrag anteilig gekürzt. Dieser Betrag soll dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds als zweckgebundene Einnahme zugeführt werden.

Es muss sichergestellt werden, dass die in Bezug auf die Zahl der umzusiedelnden Personen geltende Solidarität mit dem in der Krise befindlichen Mitgliedstaat unberührt bleibt. Daher sollen die nach Maßgabe des Verteilungsschlüssels erfolgten Zuweisungen für etwaige Mitgliedstaaten, die der Kommission eine von dieser akzeptierte Mitteilung übermittelt haben, auf die übrigen Mitgliedstaaten umverteilt werden.

Der Vorschlag sieht vor, dass der delegierte Rechtsakt zur Aktivierung des Umsiedlungsmechanismus unter solchen Umständen geändert wird.

Obligatorische ergänzende Maßnahmen des Mitgliedstaats, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt

Um den Grundsätzen der Solidarität und der Verantwortung Rechnung zu tragen, ist der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, gemäß dem Vorschlag dazu verpflichtet, der Kommission am Tag des Inkrafttretens des delegierten Rechtsakts einen Fahrplan mit Maßnahmen zur Sicherstellung einer angemessenen Umsetzung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen vorzulegen. Wurde ein Mitgliedstaat von der Kommission aufgefordert, einen Krisenbewältigungsaktionsplan gemäß Artikel 33 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 auszuarbeiten, so werden die Maßnahmen zur Sicherstellung einer angemessenen Umsetzung des Umsiedlungsmechanismus als Teil dieses Aktionsplans unterbreitet, der umfassendere Asylmaßnahmen enthalten sollte, die unter anderem auf die Stärkung der Kapazitäten des Asylsystems abzielen. Ferner sind in dem Vorschlag die Bedingungen angegeben, unter denen die Kommission beschließen kann, die Anwendung des Umsiedlungsmechanismus in Bezug auf einen Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, auszusetzen, falls dieser Mitgliedstaat seinen Pflichten nicht nachkommt.

Abschließend wird in dem Vorschlag erneut auf die geltenden Vorschriften zur Verhütung von und zum Umgang mit Situationen der Sekundärmigration von Antragstellern und Personen, die internationalen Schutz genießen, verwiesen, und es werden neue Vorschriften festgelegt für den Fall der Sekundärmigration von Personen, die internationalen Schutz genießen, die nach ihrer Umsiedlung irregulär in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eingereist sind und sich irregulär dort aufgehalten haben. Insbesondere ist vorgesehen, dass der Umsiedlungsmitgliedstaat einen internationalen Schutz genießenden Antragsteller, der nach seiner Umsiedlung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Umsiedlungsmitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als dem Umsiedlungsmitgliedstaat ohne Aufenthaltstitel aufhält, wieder aufzunehmen hat.

Berechnung des Verteilungsschlüssels

1.Verteilungsschlüssel

(a) Bevölkerung – Gewichtung: 40 %    

(b) Gesamt-BIP – Gewichtung: 40 %    

(c) durchschnittliche Zahl von Asylanträgen in den fünf vorangegangenen Jahren je 1 Mio. Einwohner, begrenzt auf maximal 30 % des Bevölkerungs- und des BIP-Effekts – Gewichtung: 10 %

(d) Arbeitslosenquote, begrenzt auf maximal 30 % des Bevölkerungs- und des BIP-Effekts – Gewichtung: 10 %

2.Formel

3.Berechnung

Das nachfolgende Beispiel veranschaulicht, wie bei einer Gesamtzahl von 120 000 Antragstellern die Zuweisung von Antragstellern an ein Land X berechnet wird, wenn sich alle Mitgliedstaaten und assoziierten Staaten (EU+) beteiligen.

(a)Bevölkerung

Zur Berechnung der Auswirkung des Bevölkerungskriteriums auf den Verteilungsschlüssel („Bevölkerungseffekt‟) wird die Zahl der Einwohner des Landes X durch die Zahl der Einwohner aller 28 Mitgliedstaaten und 4 assoziierten Staaten (EU+ = 32) geteilt.

Beispiel:

Bevölkerung des Landes X: 4 625 885; gesamte EU+-Bevölkerung: 521 959 960

Bevölkerungseffekt x = = 0,89 %

Die Auswirkung des Bevölkerungskriteriums auf den Verteilungsschlüssel für das Land X beträgt 0,89 %.

(b)Gesamt-BIP

Zur Berechnung der Auswirkung des Gesamt-BIP-Kriteriums auf den Verteilungsschlüssel („BIP-Effekt‟) wird das Gesamt-BIP des Landes X durch die Summe des Gesamt-BIPs der 28 Mitgliedstaaten und 4 assoziierten Staaten (EU+ = 32) geteilt.

Beispiel:

Gesamt-BIP des Landes X (in Mio. EUR): 185 411; Summe des Gesamt-BIPs der EU+ (in Mio. EUR): 14 854 924

BIP-Effekt x = = 1,25 %

Die Auswirkung des BIP-Kriteriums auf den Verteilungsschlüssel für das Land X beträgt 1,25 %.

(c)durchschnittliche Zahl von Asylanträgen in den fünf vorangegangenen Jahren je 1 Mio. Einwohner, begrenzt auf maximal 30 % des Bevölkerungs- und des BIP-Effekts – Gewichtung: 10 %

(umgekehrte Wirkung)

Die Auswirkung von Asylanträgen auf den Verteilungsschlüssel („Asyleffekt‟) ist umgekehrt proportional, d. h. je höher die Zahl der Asylanträge, desto niedriger der Faktor.

Um zu verhindern, dass dieses Kriterium unverhältnismäßige Auswirkungen auf den Gesamtschlüssel hat, wird eine Obergrenze festgelegt: Der Wert des Asyleffekts darf höchstens 30 % der Summe des Bevölkerungs- und des BIP-Effekts betragen.

Beispiel:

Durchschnittliche Zahl von Asylanträgen je eine Million Einwohner über fünf Jahre im Land X: 287; Kehrwert: = 0,00348

Die Summe der durchschnittlichen Zahl von Asylanträgen je eine Million Einwohner über fünf Jahre in der gesamten EU+ (Kehrwert): 0,14831

Asyleffekt x == = 2,35 %

Obergrenzex = 30 % (0,89 % (Bevölkerungseffekt) + 1,25 % (BIP-Effekt)) = 0,64 %

Die tatsächliche Auswirkung des Asylanträge-Kriteriums beträgt für das Land X 2,35 %, doch wird zur Berechnung des Schlüssels der Wert der Obergrenze (0,64 %) verwendet.

(d)Arbeitslosenquote, begrenzt auf maximal 30 % des Bevölkerungs- und des BIP-Effekts – Gewichtung: 10 %

Wie im Fall des Asylanträge-Kriteriums ist die Auswirkung der Arbeitslosenquote auf den Schlüssel („Arbeitslosenquoteneffekt‟) umgekehrt proportional, d. h. je höher die Quote, desto niedriger der Faktor. Um zu verhindern, dass dieses Kriterium unverhältnismäßige Auswirkungen auf den Gesamtschlüssel hat, wird eine Obergrenze festgelegt: Der Wert des Arbeitslosenquoteneffekts darf höchstens 30 % der Summe des Bevölkerungs- und des BIP-Effekts betragen.

Beispiel:

Arbeitslosenquote im Land X: 11,3%, Kehrwert: = 0,0884955

Summe aller Arbeitslosenquoten in der EU+ (Kehrwert): 4,345698

Arbeitslosenquoteneffekt x = = 2,04%

Obergrenze (30%)x = 0,64%

Die tatsächliche Auswirkung des Arbeitslosenquote-Kriteriums beträgt für das Land X 2,04 %, doch wird zur Berechnung des Schlüssels der Wert der Obergrenze (0,64 %) verwendet.

(e)gedeckelte Zuweisung von Antragstellern an das Land X bei einer Gesamtzahl von 120 000 Antragstellern

Beispiel:

Zuweisungx = 120 000 * (40 % Bevölkerungseffekt (0,89 %) + 40 % BIP-Effekt (1,25 %) + 10 % Asyleffekt (gedeckelt) – 0,64 % + 10 % Arbeitslosenquoteneffekt (gedeckelt) – 0,64 %) = 1178

gedeckelte Zuweisung für das Land X: 1178

(f)Zuweisung der übrigen Stellen

Aufgrund der Deckelung werden einige Stellen übrigbleiben, die zugewiesen werden müssen. Die Verteilung dieser Stellen wird auf dem Bevölkerungs- und dem BIP-Effekt (50 % - 50 %) für ein bestimmtes Land basieren. Die Zahlen der übrigen Plätze werden dann zu der gedeckelten Zuweisung addiert.

Beispiel:

gedeckelte Zuweisung für das Land X: 1178

Summe aller gedeckelten Zuweisungen für gesamte EU+: 102 801

übrige Plätze, die noch zugewiesen werden müssen: 17 199

Restplätzex = 17 199 * (50 % Bevölkerungseffekt + 50 % BIP-Effekt) = 17 199 * 1,07 % = 184

Die Zahl der endgültig zugewiesenen Antragsteller für das Land X liegt also bei 1362, und der Schlüssel beträgt 1,13 %. 



2015/0208 (COD)

Vorschlag für eine

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

zur Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe e,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates sind Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats nach den in Kapitel III der Verordnung niedergelegten Kriterien festgelegt worden.

(2)Gemäß Artikel 80 des Vertrags gilt für die Politik der Union im Bereich Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung und ihre Umsetzung der Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten und müssen die in diesem Bereich erlassenen Rechtsakte der Union entsprechende Maßnahmen für die Anwendung dieses Grundsatzes enthalten.

(3)Situationen extremen Drucks auf das Asylsystem eines Mitgliedstaats können die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 in Frage stellen. Die letztgenannte Verordnung sieht zwar einen Prozess für Frühwarnung, Vorsorge und Bewältigung von Asylkrisen vor, nicht jedoch die Möglichkeit, in solchen Situationen von den festgelegten Zuständigkeitskriterien abzuweichen. Zur Förderung einer ausgewogenen Belastung der Mitgliedstaaten bei der Bewältigung derartiger Krisensituationen und zur Gewährleistung eines raschen Zugangs zu den Verfahren zur Gewährung des internationalen Schutzes sollte daher ein Krisenmechanismus für die Umsiedlung von eindeutig internationalen Schutz benötigenden Antragstellern eingeführt werden. Die Anwendung von Umsiedlungsmaßnahmen in Bezug auf einen bestimmten Mitgliedstaat sollte die Möglichkeit einer parallel erfolgenden Anwendung von Artikel 33 Absatz 3 der letztgenannten Verordnung auf denselben Mitgliedstaat unberührt lassen. Artikel 33 Absatz 3 der letztgenannten Verordnung ist keine Voraussetzung für die Anwendung von Umsiedlungsmaßnahmen.

(4)Die Anwendung von Umsiedlungsmaßnahmen in Bezug auf einen bestimmten Mitgliedstaat sollte die Möglichkeit des Rates, im Fall einer durch einen plötzlichen Zustrom von Drittstaatsangehörigen gekennzeichneten Krisensituation in einem Mitgliedstaat auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission gemäß Artikel 78 Absatz 3 vorläufige Maßnahmen zu erlassen, unberührt lassen.

(5)Der Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen sollte im Zusammenhang mit einem breiteren Spektrum von Maßnahmen gesehen werden, die die Mitgliedstaaten gegebenenfalls ergreifen müssen, um eine wirksame Migrationspolitik sicherzustellen, einschließlich im Bereich der Erstaufnahme und der Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die nicht das Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gemäß den Bestimmungen der Richtlinie 2008/115/EG („Hotspots“) haben.

(6)Die Kommission führt zurzeit eine umfassende Bewertung der Dublin-Verordnung durch, die zu einer umfassenderen Überarbeitung des Dublin-Systems führen könnte.

(7)Geplant ist ein klares und praktikables Umsiedlungssystem auf der Grundlage der durchschnittlichen Quote der unionsweit in erstinstanzlichen Verfahren ergangenen Entscheidungen zur Gewährung internationalen Schutzes, die von Eurostat unter Zugrundelegung der neuesten verfügbaren Statistiken in Relation zur Gesamtzahl der unionsweit in erster Instanz ergangenen Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz festgelegt wird. Zum einen würde damit so weit wie möglich sichergestellt, dass alle eindeutig internationalen Schutz benötigenden Antragsteller ihre Schutzrechte im Umsiedlungsmitgliedstaat rasch und umfassend in Anspruch nehmen können. Zum anderen würde so weit wie möglich verhindert, dass Antragsteller, deren Antrag voraussichtlich abgelehnt wird, in einen anderen Mitgliedstaat umgesiedelt werden und dass sich auf diese Weise ihr Aufenthalt in der Union über Gebühr verlängert. Dabei sollte eine Quote von 75 % auf der Grundlage der jüngsten aktualisierten vierteljährlichen Eurostat-Daten zu erstinstanzlichen Entscheidungen zugrunde gelegt werden.

(8)Die Umsiedlung von eindeutig internationalen Schutz benötigenden Antragstellern sollte auf der Grundlage des in Anhang III beschriebenen Verteilungsschlüssels erfolgen. Der vorgeschlagene Verteilungsschlüssel sollte auf folgenden Kriterien beruhen: a.) Bevölkerungsgröße (Gewichtung 40 %), b.) Gesamt-BIP (Gewichtung 40 %), c.) durchschnittliche Zahl der Asylanträge je 1 Million Einwohner im Zeitraum 2010-2014 (Gewichtung 10 %, mit einer Obergrenze von 30 % für die Auswirkung der Bevölkerungsgröße und des BIP auf den Schlüssel zwecks Vermeidung unverhältnismäßiger Auswirkungen dieses Kriteriums auf die Gesamtverteilung) und d.) Arbeitslosenquote (Gewichtung 10 %, mit einer Obergrenze von 30 % für die Auswirkung der Bevölkerungsgröße und des BIP auf den Schlüssel zwecks Vermeidung unverhältnismäßiger Auswirkungen dieses Kriteriums auf die Gesamtverteilung).

(9)Wenn ein Mitgliedstaat der Kommission unter außergewöhnlichen Umständen und unter Angabe hinreichender, mit den in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Grundwerten der Union vereinbarer Gründe mitteilt, dass er für einen Zeitraum von einem Jahr vorübergehend nicht in der Lage ist, sich vollständig oder teilweise an der Umsiedlung der Antragsteller zu beteiligen, sollte er stattdessen einen finanziellen Beitrag zum EU-Haushalt in Höhe von 0,002 % des BIP zur Deckung der Kosten der von den anderen Mitgliedstaaten unternommenen Anstrengungen zur Bewältigung der Krise und der Folgen seiner Nichtteilnahme an der Umsiedlung leisten. Im Falle einer teilweisen Beteiligung an der Umsiedlung sollte dieser Betrag anteilig gekürzt werden. Der Betrag sollte dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds als zweckgebundene Einnahme zugeführt werden.

(10)Es muss sichergestellt werden, dass die in Bezug auf die Zahl der umzusiedelnden Personen geltende Solidarität mit dem in einer Krisensituation befindlichen Mitgliedstaat unberührt bleibt. Die nach Maßgabe des Verteilungsschlüssels erfolgten Zuweisungen für etwaige Mitgliedstaaten, die der Kommission eine von dieser akzeptierte Mitteilung über eine vorliegende Krisensituation übermittelt haben, sollten auf die übrigen Mitgliedstaaten umverteilt werden.

(11)Es muss dafür gesorgt werden, dass ein Verfahren für eine rasche Umsiedlung eingeführt und das Umsiedlungsverfahren im Wege einer engen administrativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit operativer Unterstützung durch das EASO durchgeführt wird.

(12)Der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung sollte während des gesamten Umsiedlungsverfahrens bis zum Abschluss der Überstellung des Antragstellers Rechnung getragen werden. Hat ein Mitgliedstaat hinreichende Gründe für die Feststellung, dass ein Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellt, so sollte er die anderen Mitgliedstaaten unter vollständiger Achtung der Grundrechte des Antragstellers, einschließlich der einschlägigen Datenschutzvorschriften, davon in Kenntnis setzen.

(13)Bei der Entscheidung darüber, welche eindeutig internationalen Schutz benötigenden Antragsteller aus dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, umgesiedelt werden sollten, sollte schutzbedürftigen Personen im Sinne der Artikel 21 und 22 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates 12 Vorrang eingeräumt werden. Die besonderen Bedürfnisse von Antragstellern, einschließlich ihrer Gesundheit, sollten ein vorrangiges Anliegen sein. Das Kindeswohl sollte stets vorrangig berücksichtigt werden.

(14)Die Integration von eindeutig internationalen Schutz benötigenden Antragstellern in die aufnehmende Gesellschaft ist der Eckpfeiler eines gut funktionierenden gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Bei der Entscheidung darüber, in welchen Mitgliedstaat die Umsiedlung erfolgen sollte, sollte den speziellen Qualifikationen und dem spezifischen Hintergrund der betreffenden Antragsteller wie ihren Sprachkenntnissen und anderen individuellen Angaben aufgrund von nachgewiesenen familiären, kulturellen oder sozialen Bindungen, die ihre Eingliederung in den Umsiedlungsmitgliedstaat erleichtern könnten, besonders Rechnung getragen werden. Bei besonders schutzbedürftigen Antragstellern sollte berücksichtigt werden, inwieweit der Umsiedlungsmitgliedstaat in der Lage ist, diesen Antragstellern angemessene Unterstützung zu gewähren, und es sollte auf eine ausgewogene Verteilung derartiger Antragsteller auf alle Mitgliedstaaten geachtet werden. Umsiedlungsmitgliedstaaten können unter gebührender Wahrung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung auf der Grundlage der obengenannten Informationen ihre Präferenzen in Bezug auf Antragsteller angeben; der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, sollte auf dieser Grundlage im Benehmen mit dem EASO und gegebenenfalls Verbindungsbeamten Listen von Antragstellern, die in diesen Mitgliedstaat umgesiedelt werden könnten, erstellen können.

(15)Durch die Ernennung von Verbindungsbeamten in dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, sollte die effektive Durchführung des Umsiedlungsverfahrens einschließlich der ordnungsgemäßen Bestimmung der Antragsteller, die in andere Mitgliedstaaten umgesiedelt werden könnten, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schutzbedürftigkeit und Qualifikationen erleichtert werden. Der Umsiedlungsmitgliedstaat und der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, sollten in Bezug auf die Ernennung von Verbindungsbeamten in dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, und in Bezug auf die Erfüllung ihrer Aufgaben alle sachdienlichen Informationen austauschen und auch während des Umsiedlungsverfahrens eng zusammenarbeiten.

(16)Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Sekundärmigration von umgesiedelten Personen aus dem Umsiedlungsmitgliedstaat in andere Mitgliedstaaten zu verhindern. Insbesondere sollten die Antragsteller über die Folgen einer irregulären Weiterreise in andere Mitgliedstaaten sowie darüber informiert werden, dass sie, wenn ihnen der Umsiedlungsmitgliedstaat internationalen Schutz gewährt, grundsätzlich nur Anspruch auf die in diesem Mitgliedstaat mit dem internationalen Schutz verbundenen Rechte haben.

(17)Um die Sekundärmigration von Personen zu verhindern, die internationalen Schutz genießen, sollten die Mitgliedstaaten diese Personen zudem über die Bedingungen informieren, unter denen sie rechtmäßig in einen anderen Mitgliedstaat einreisen und sich dort aufhalten dürfen; ferner könnten sie Meldepflichten einführen. Um sicherzustellen, dass internationalen Schutz genießende Personen, die in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als dem Umsiedlungsmitgliedstaat eingereist sind, ohne die dortigen Aufenthaltsbedingungen zu erfüllen, vom Umsiedlungsmitgliedstaat wieder aufgenommen werden, ist es notwendig, internationalen Schutz genießende Personen, die umgesiedelt wurden, in den Geltungsbereich dieser Verordnung einzubeziehen.

(18)Darüber hinaus sollte im Einklang mit den in der Richtlinie 2013/33/EU festgelegten Zielen durch eine Harmonisierung der Aufnahmebedingungen der Mitgliedstaaten dazu beigetragen werden, die auf unterschiedliche Aufnahmebedingungen zurückzuführende Sekundärmigration von Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, zu begrenzen. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten in Erwägung ziehen, Meldepflichten einzuführen und Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen für Unterkunft, Verpflegung und Kleidung ausschließlich in Form von Sachleistungen zu gewähren und gegebenenfalls sicherzustellen, dass die Antragsteller auf direktem Weg an den Umsiedlungsmitgliedstaat überstellt werden. Ebenso sollten die Mitgliedstaaten während der Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz, wie dies im Besitzstand der Union im Asylbereich und im Schengen-Besitzstand vorgesehen ist, außer aus schwerwiegenden humanitären Gründen den Antragstellern weder nationale Reisedokumente ausstellen noch ihnen andere Anreize, etwa finanzieller Art, bieten, die ihre irreguläre Weiterreise in andere Mitgliedstaaten erleichtern könnten. Im Falle irregulärer Weiterreisen in andere Mitgliedstaaten sollten die Antragsteller in den Umsiedlungsmitgliedstaat zurückgeschickt werden.

(19)Um Krisensituationen, die aus extremem Migrationsdruck auf Asylsysteme bestimmter Mitgliedstaaten resultieren, zügig bewältigen zu können, sollte die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten gemäß Artikel 290 AEUV der Kommission auch zur Festlegung von Bestimmungen für die Anwendung von Umsiedlungsmaßnahmen in Bezug auf einen bestimmten Mitgliedstaat und über die Aussetzung derartiger Maßnahmen übertragen werden.

(20)Bei der Ausübung ihrer Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte geht die Kommission nicht über den in Artikel 33a Absatz 4 und Artikel 33d Absatz 2 dieser Verordnung vorgesehenen Umfang der Sicherstellung der Erfüllung der Umsiedlungsbedingungen und der sonstigen dort vorgesehenen Aspekte hinaus. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.

(21)[Gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts haben diese Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten.]

ODER

(21)[Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligen sich diese Mitgliedstaaten nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für sie weder verbindlich noch ihnen gegenüber anwendbar ist.]

ODER

(21)[Gemäß den Artikeln 1 und 2 und unbeschadet des Artikels 4 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beteiligt sich das Vereinigte Königreich nicht an der Annahme der vorliegenden Verordnung und ist weder durch diese gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(22)Gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat Irland (mit Schreiben vom ...) mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung der vorliegenden Verordnung beteiligen möchte.]

ODER

(21)[Gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat das Vereinigte Königreich (mit Schreiben vom ...) mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung der vorliegenden Verordnung beteiligen möchte.]

(22)Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.]

(22)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für Dänemark weder bindend noch Dänemark gegenüber anwendbar ist.

(23)Die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:


Artikel 1

Die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 wird wie folgt geändert:

(1)In Artikel 2 werden die folgenden Buchstaben angefügt:

„o) „Umsiedlung“ die Überstellung eines Antragstellers aus dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der nach den Kriterien in Kapitel III der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 für die Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist („Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt“), in das Hoheitsgebiet des Umsiedlungsmitgliedstaats;

p) „Umsiedlungsmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, der für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nach Umsiedlung des Antragstellers in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats zuständig ist."

(2)In Artikel 4 Absatz 1 wird folgender Buchstabe angefügt:            

„g) das etwaige Umsiedlungsverfahren gemäß Abschnitt VII von Kapitel VI.“

(3)In Artikel 18 Absatz 1 wird folgender Buchstabe angefügt:

„e) einen internationalen Schutz genießenden Antragsteller, der nach seiner Umsiedlung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Umsiedlungsmitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als dem Umsiedlungsmitgliedstaat ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.“

(4)In Kapitel VI wird folgender Abschnitt VII angefügt:

„ABSCHNITT VII

Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen

Artikel 33a

Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen

1. Stellt die Kommission insbesondere auf Grundlage der vom EASO gemäß der Verordnung (EU) Nr. 439/2010 gesammelten Informationen und der von der durch die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates errichteten Europäischen Agentur für die Verwaltung der operativen Zusammenarbeit an den Außengrenzen gesammelten Informationen fest, dass sich ein Mitgliedstaat in einer Krisensituation befindet, durch die die Anwendung der vorliegenden Verordnung infolge eines außergewöhnlichen Drucks in Frage gestellt wird, der durch einen großen und unverhältnismäßigen Zustrom von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gekennzeichnet ist und erhebliche Anforderungen an sein Asylsystem stellt, so wird der in Absatz 2 genannte Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen zugunsten dieses Mitgliedstaats angewandt.

2. In Abweichung von dem in Artikel 3 Absatz 1 niedergelegten Grundsatz, dass ein Antrag von dem nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmten Mitgliedstaat geprüft wird, wird im Rahmen des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen eine Reihe von Anträgen auf internationalen Schutz vom Umsiedlungsmitgliedstaat geprüft. Darüber hinaus gelten in Abweichung von den Artikeln 21, 22 und 29 die in Anhang IV aufgeführten Verfahrensmodalitäten.

3. Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 45 über die Anwendung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen zugunsten eines Mitgliedstaats zu erlassen.

4. In den delegierten Rechtsakten gemäß Absatz 3

a)stellt die Kommission fest, dass in dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, eine Krisensituation gemäß Absatz 1 besteht,

b)bestimmt die Kommission die Zahl der aus dem betreffenden Mitgliedstaat umzusiedelnden Personen,

c)legt die Kommission die Verteilung dieser Personen auf die Mitgliedstaaten in Anwendung des in Artikel 33b beschriebenen Verteilungsschlüssels fest, und

d)legt die Kommission den Zeitraum der Anwendung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen fest.

5. Bei der Prüfung, ob eine Krisensituation gemäß Absatz 4 Buchstabe a besteht, stellt die Kommission fest, ob die Krise von einer solchen Größe ist, dass durch sie selbst auf ein gut vorbereitetes, alle relevanten Aspekte der geltenden Asylvorschriften der EU erfüllendes Asylsystem außergewöhnlicher Druck ausgeübt wird, und berücksichtigt dabei auch die Größe des betreffenden Mitgliedstaats.

Bei dieser Bewertung berücksichtigt die Kommission unter anderem die Gesamtzahl der internationalen Schutz beantragenden Personen und der in den sechs Monaten vor der Annahme des delegierten Rechtsakts erfolgten irregulären Einreisen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, den diesbezüglichen Anstieg gegenüber dem betreffenden Vorjahreszeitraum sowie die Zahl der in dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, in den letzten 18 Monaten pro Kopf ergangenen Anträge im Vergleich zum Unionsdurchschnitt.

6. Bei der Bestimmung der Zahl der umzusiedelnden Personen gemäß Absatz 4 Buchstabe b berücksichtigt die Kommission insbesondere

a)die Zahl der Antragsteller auf internationalen Schutz pro Kopf in dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, in den 18 Monaten und insbesondere in den sechs Monaten vor dem Erlass des delegierten Rechtsakts im Vergleich zum Unionsdurchschnitt,

b)die Kapazitäten des Asylsystems dieses Mitgliedstaats und

c)die Beteiligung dieses Mitgliedstaats an vorherigen Solidaritätsinitiativen sowie den Umfang etwaiger früherer zugunsten dieses Mitgliedstaats erfolgter Solidaritätsmaßnahmen der EU.

Die Zahl der umzusiedelnden Personen darf 40 % der Zahl der in den sechs Monaten vor dem Erlass des delegierten Rechtsakts in dem betreffenden Mitgliedstaat gestellten Anträge nicht überschreiten.

Artikel 33b

Verteilungsschlüssel

1.Die Umsiedlung erfolgt nach Maßgabe der in Anhang III festgelegten Formel für einen Verteilungsschlüssel.

2.Unter außergewöhnlichen Umständen kann ein Mitgliedstaat innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten des in Artikel 33a Absatz 3 genannten delegierten Rechtsakts der Kommission unter Angabe hinreichender, mit den in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Grundwerten der Union vereinbarer Gründe der Kommission mitteilen, dass er vorübergehend nicht in der Lage ist, sich ganz oder teilweise an der Umsiedlung von Personen aus dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, zu beteiligen. Die Kommission prüft die Begründung und richtet ihren diesbezüglichen Beschluss an den betreffenden Mitgliedstaat. Stellt die Kommission fest, dass die Mitteilung ausreichend begründet ist, ist der Mitgliedstaat für einen Zeitraum von einem Jahr von seiner Pflicht zur Teilnahme an der Umsiedlung von Antragstellern befreit und leistet stattdessen einen finanziellen Beitrag zum EU-Haushalt in Höhe von 0,002 % seines BIP; im Falle einer teilweisen Beteiligung an der Umsiedlung wird dieser Betrag anteilig gekürzt. Der Betrag wird dazu verwendet, die von den anderen Mitgliedstaaten unternommenen Anstrengungen zur Bewältigung der Krisensituation und der aus der Nichtteilnahme des betreffenden Mitgliedstaats an der Umsiedlung resultierenden Folgen gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, zur Änderung der Entscheidung 2008/381/EG des Rates und zur Aufhebung der Entscheidungen Nr. 573/2007/EG und Nr. 575/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Entscheidung 2007/435/EG des Rates 13 finanziell zu unterstützen. Er stellt eine zweckgebundene Einnahme im Sinne von Artikel 21 Absatz 4 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates 14 dar.

Die Kommission ändert den in Artikel 33a Absatz 3 genannten delegierten Rechtsakt dahingehend, dass die nach Maßgabe des Verteilungsschlüssels erfolgten Zuweisungen für etwaige Mitgliedstaaten, die der Kommission eine von dieser akzeptierte Mitteilung über eine vorliegende Krisensituation übermittelt haben, gemäß dem ersten Satz dieses Absatzes und nach Maßgabe der in Anhang III festgelegten Formel für einen Verteilungsschlüssel auf die übrigen Mitgliedstaaten umverteilt werden.

3.Die Beteiligung eines Mitgliedstaats an einer gemäß dem Verteilungsschlüssel erfolgenden Umsiedlung wird ausgesetzt, wenn dieser Mitgliedstaat ein Mitgliedstaat ist, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt.

Artikel 33c

Geltungsbereich des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen

1.Eine Umsiedlung darf nur erfolgen, wenn die betreffenden Antragsteller in einem sich in einer Krisensituation gemäß Artikel 33a Absatz 1 befindenden Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt haben und dieser Mitgliedstaat gemäß den in Kapitel III festgelegten Kriterien für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats hierfür zuständig wäre.

2.Eine Umsiedlung erfolgt nur bei Antragstellern, die Staaten angehören, bei deren Staatsangehörigen der Anteil der Entscheidungen zur Gewährung internationalen Schutzes in Relation zu allen in erster Instanz ergangenen Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz gemäß Kapitel III der Richtlinie 2013/32/EU nach den neuesten verfügbaren Eurostat-Daten im EU-Durchschnitt mindestens 75 % beträgt. Bei Staatenlosen wird das Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts herangezogen. Vierteljährliche Aktualisierungen werden nur in Bezug auf Antragsteller berücksichtigt, die nicht bereits gemäß Absatz 3 von Anhang IV als Antragsteller bestimmt wurden, die in andere Mitgliedstaaten umgesiedelt werden könnten.

Artikel 33d

Obligatorische ergänzende Maßnahmen des Mitgliedstaats, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt

1.Der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, legt der Kommission am Tag des Inkrafttretens des delegierten Rechtsakts nach Artikel 33a Absatz 3 einen Fahrplan mit Maßnahmen zur Sicherstellung einer angemessenen Umsetzung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen vor. Gegebenenfalls werden diese Maßnahmen als Teil eines Krisenbewältigungsaktionsplans gemäß Artikel 33 Absatz 3 unterbreitet. Der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, setzt diese Maßnahmen vollständig um.

2.Der Kommission wird die Befugnis übertragen, einen delegierten Rechtsakt nach Artikel 45 zu erlassen, um die Anwendung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen auf einen Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, auszusetzen, falls dieser Mitgliedstaat seinen in Absatz 1 genannten Pflichten nicht nachkommt. Zuvor gibt die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat die Möglichkeit zur Stellungnahme. Anstehende Überstellungen von Antragstellern, denen der Umsiedlungsmitgliedstaat bereits gemäß Absatz 4 von Anhang IV zugestimmt hat, bleiben von einer solchen Aussetzung unberührt.“

(5) In Artikel 45 werden folgende Absätze angefügt:

„6. Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß den Artikeln 33a und 33d wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem [Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung – genaues Datum vom OPOCE einzusetzen] übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

7. Die Befugnisübertragung gemäß den Artikeln 33a und 33d kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

8. Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß den Artikeln 33a und 33d erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Wochen verlängert. Der delegierte Rechtsakt gilt für einen Zeitraum von höchstens zwei Jahren.“

(6) Die Anhänge III und IV gemäß dem Anhang dieser Verordnung werden angefügt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Europäischen Parlaments                Im Namen des Rates

Der Präsident                Der Präsident

(1) COM(2015) 240 final.
(2) COM (2015) 286 final.
(3) Ratsdok11132/15 vom 24. Juli 2015.
(4) Für einen solchen Mitgliedstaat scheint die Tatsache, dass er sich nicht an der Änderungsverordnung beteiligt, die Anwendung der Dublin-Verordnung in der geänderten Fassung nicht unpraktikabel im Sinne von Artikel 4a des Protokolls Nr. 21 zu machen.
(5) Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Staates, der für die Prüfung eines in Dänemark oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gestellten Asylantrags zuständig ist, sowie über „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (ABl. L 66 vom 8.3.2006, S. 38).
(6) Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Kriterien und Regelungen zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat, in Island oder Norwegen gestellten Asylantrags (ABl. L 93 vom 3.4.2001, S. 40).
(7) Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 5).
(8) Protokoll zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 39).
(9) Protokoll zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (geschlossen am 24.10.2008, ABl. L 161 vom 24.6.2009, S. 8) und Protokoll zum Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft, der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Kriterien und Regelungen zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in Island oder Norwegen gestellten Asylantrags (ABl. L 93 vom 3.4.2001).
(10) Bericht über den Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien und Griechenland, Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Berichterstatterin: Ska Keller (A8-0245/2015).
(11) http://www2.ohchr.org/English/bodies/crc/docs/GC/CRC_C_GC_14_ENG.pdf
(12) Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 96).
(13) ABl. L 150 vom 20.5.2014, S. 168.
(14) ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1.
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Brüssel, den 9.9.2015

COM(2015) 450 final

ANHANG

zur

VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES


zur Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist


ANHANG III – Formel für einen Verteilungsschlüssel

ANHANG IV

Verfahrensmodalitäten für die Anwendung des Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen

1. Jeder Mitgliedstaat benennt eine nationale Kontaktstelle, deren genaue Angaben er den anderen Mitgliedstaaten und dem EASO mitteilt. Die Mitgliedstaaten treffen in Abstimmung mit dem EASO und den anderen zuständigen Agenturen alle zweckdienlichen Vorkehrungen für eine direkte Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch, einschließlich über die Gründe nach Absatz 8, zwischen den zuständigen Behörden.

2.    Die Mitgliedstaaten geben in regelmäßigen Abständen, zumindest aber alle drei Monate, die Zahl der Antragsteller an, die schnell in ihr Hoheitsgebiet umgesiedelt werden können, und übermitteln sonstige einschlägige Informationen.

3.Auf der Grundlage der in Absatz 2 genannten Informationen bestimmt der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, mit Unterstützung des EASO und gegebenenfalls der in Absatz 9 genannten Verbindungsbeamten der Mitgliedstaaten die einzelnen Antragsteller, die in andere Mitgliedstaaten umgesiedelt werden könnten, und übermittelt den Kontaktstellen dieser Mitgliedstaaten so bald wie möglich alle einschlägigen Informationen. Dabei wird schutzbedürftigen Personen im Sinne der Artikel 21 und 22 der Richtlinie 2013/33/EU Vorrang eingeräumt.

4.Nach Zustimmung des Umsiedlungsmitgliedstaats entscheidet der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, in Abstimmung mit dem EASO so bald wie möglich, dass jeder ermittelte Antragsteller in einen bestimmten Umsiedlungsmitgliedstaat umgesiedelt wird, und setzt den Antragsteller schriftlich von der Entscheidung, ihn in einen bestimmten Umsiedlungsmitgliedstaat umzusiedeln, in Kenntnis.

5.Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass von dieser Entscheidung betroffene Familienangehörige in das Hoheitsgebiet desselben Mitgliedstaats umgesiedelt werden.

6.Antragsteller, deren Fingerabdrücke entsprechend den Vorgaben in Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 abgenommen werden müssen, dürfen nur dann für eine Umsiedlung vorgeschlagen werden, wenn ihre Fingerabdrücke gemäß der genannten Verordnung abgenommen und dem Zentralsystem von Eurodac übermittelt wurden.

7.Die Umsiedlung eines Antragstellers in das Hoheitsgebiet des Umsiedlungsmitgliedstaats erfolgt so bald wie möglich, nachdem die Umsiedlungsentscheidung gemäß Artikel 33d der betroffenen Person zugestellt wurde. Der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, teilt dem Umsiedlungsmitgliedstaat das Datum und die Uhrzeit der Umsiedlung sowie jegliche anderen einschlägigen Informationen mit.

8.Die Mitgliedstaaten haben nur dann das Recht, die Umsiedlung eines Antragstellers abzulehnen, wenn berechtigte Gründe dafür vorliegen, dass der Antragsteller als Gefahr für ihre nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung betrachtet wird, oder wenn schwerwiegende Gründe für die Anwendung der Ausnahmen gemäß den Artikeln 12 und 17 der Richtlinie 2011/95/EU vorliegen. 

9.Die Mitgliedstaaten können beschließen, für die Durchführung sämtlicher Aspekte des Umsiedlungsverfahrens nach Maßgabe dieses Anhangs nach Austausch aller einschlägigen Informationen Verbindungsbeamte in dem Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, zu benennen.

10.Der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, gewährleistet die Identifizierung, Registrierung und Abnahme von Fingerabdrücken für das Umsiedlungsverfahren, und die erforderlichen Einrichtungen werden eingerichtet. Antragsteller, die sich dem Umsiedlungsverfahren entziehen, werden von der Umsiedlung ausgeschlossen.

11.Das in diesem Anhang vorgesehene Umsiedlungsverfahren wird so rasch wie möglich, in jedem Fall jedoch spätestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt der Angaben des Umsiedlungsmitgliedstaats nach Absatz 2, abgeschlossen, es sei denn, die Zustimmung des Umsiedlungsmitgliedstaates gemäß Absatz 4 erfolgt weniger als zwei Wochen vor Ablauf dieser Zweimonatsfrist. In diesem Fall kann die Frist für den Abschluss des Umsiedlungsverfahrens um höchstens zwei weitere Wochen verlängert werden. Darüber hinaus kann diese Frist erforderlichenfalls um weitere vier Wochen verlängert werden, wenn der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, objektive praktische Hindernisse geltend macht, die die Überstellung verhindern.

Wird das Umsiedlungsverfahren nicht innerhalb dieser Frist abgeschlossen und verständigt sich der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, nicht mit dem Umsiedlungsmitgliedstaat auf eine angemessene Verlängerung dieser Frist, ist der Mitgliedstaat, zu dessen Gunsten die Umsiedlung erfolgt, weiterhin für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

12.Nach der Umsiedlung des Antragstellers nimmt der Umsiedlungsmitgliedstaat die Fingerabdrücke des Antragstellers ab und übermittelt sie dem Zentralsystem von Eurodac im Einklang mit Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 und aktualisiert die Datensätze gemäß Artikel 10 und gegebenenfalls Artikel 18 der genannten Verordnung.

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