EUR-Lex Access to European Union law
This document is an excerpt from the EUR-Lex website
Document 52014DC0700
COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT, THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS Enlargement Strategy and Main Challenges 2014-15
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2014-2015
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2014-2015
/* COM/2014/0700 final */
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2014-2015 /* COM/2014/0700 final */
Ein
festes Fundament für Glaubwürdigkeit I.
DIE ERWEITERUNGSAGENDA —
ERRUNGENSCHAFTEN UND HERAUSFORDERUNGEN In den letzten
fünf Jahren hat die Kommission die Glaubwürdigkeit der
Erweiterungspolitik verbessert und ihre Transformationskraft gestärkt,
indem sie sichergestellt hat, dass bereits in einem frühen Stadium des
Erweiterungsprozesses eine stärkere Fokussierung auf grundlegende Reformen
erfolgt. Die Kommission hat besonderen Nachdruck auf die drei Säulen Rechtsstaatlichkeit,
wirtschaftliche Governance und Reform der öffentlichen Verwaltung
gelegt. Mit ihrer
Mitteilung von 2012 über die Erweiterungsstrategie[1] führte
die Kommission ein neues Konzept für die Rechtsstaatlichkeit ein. In ihrer
Mitteilung von 2013[2] hat die
Kommission einen Rahmen für die Stärkung der wirtschaftlichen Governance
vorgestellt, der sich auf die Erfahrungen im Rahmen des Europäischen Semesters
stützt. In diesem Jahr legt die Kommission neue Ideen zur Unterstützung der
Reform der öffentlichen Verwaltung in den Beitrittsländern dar. Die drei Säulen
sind miteinander verbunden, und Fortschritte in diesen Bereichen sind
maßgeblich für die Entscheidung, wann die Länder uneingeschränkt für den
Beitritt zur EU bereit sind. Die
Erweiterungspolitik der EU bringt allen Seiten Vorteile in Form von Frieden,
Sicherheit und Wohlstand in Europa. Sie untermauert die politische und
wirtschaftliche Stärke der EU und hat eine beträchtliche Transformationswirkung
auf die betroffenen Länder. Ein gut vorbereiteter Beitrittsprozess stellt
sicher, dass die Erweiterung nicht zu Lasten der Effizienz der Union geht. Der zehnte
Jahrestag des Beitritts von zehn Mitgliedstaaten im Jahr 2004, der im Mai
begangen wurde, hat an die erzielten Fortschritte erinnert. Mit der Erweiterung
nehmen auch die Chancen für Unternehmen, Finanzanleger, Verbraucher, Touristen,
Studierende und Eigentümer von Grundbesitz in der EU zu. Die Erweiterung der EU
ist nicht nur den beitretenden Ländern zugutegekommen, sondern auch den
bisherigen Mitgliedstaaten. Handel und Investitionen haben zugenommen. Die
Lebensqualität der Bürger hat sich verbessert, da die Umwelt-, Verbraucher- und
sonstigen Normen der EU breitere Anwendung finden. Für die Länder
des westlichen Balkans stellt die von den Mitgliedstaaten gebotene klare
Perspektive einer EU-Mitgliedschaft einen wichtigen stabilisierenden Faktor
dar. Sie unterstützt die Fortschritte bei der Erfüllung der geltenden
Bedingungen einschließlich der Bedingungen des Stabilisierungs- und
Assoziierungsprozesses. Gutnachbarschaftliche Beziehungen und eine integrative
regionale Zusammenarbeit sind unverzichtbar. Hier wurden im letzten Jahr
Fortschritte erzielt, doch einige Fragen bleiben noch offen. Kontinuierliche
Bemühungen um die Beilegung bilateraler Streitigkeiten zwischen den
Erweiterungsländern und mit den Mitgliedstaaten, gegebenenfalls unter
Schirmherrschaft der Vereinten Nationen, und um die Bewältigung der
Vergangenheit sind angesichts der Geschichte der noch in jüngster Zeit von
Konflikten zerrissenen Region von größter Bedeutung. Der Beitrittsprozess
ist rigoros, denn er beruht auf strengen, aber fairen Bedingungen, etablierten
Kriterien und der Beurteilung nach den eigenen Leistungen. Dies ist
unabdingbar, um die Glaubwürdigkeit der Erweiterungspolitik sicherzustellen,
den Erweiterungsländern Anreize für die Fortsetzung weitreichender Reformen zu
bieten und zu gewährleisten, dass die EU-Bürger den Prozess unterstützen. Was
die Mitgliedstaaten anbelangt, so sollten sie zusammen mit den EU-Institutionen
eine fundierte Debatte über die politischen, wirtschaftlichen und sozialen
Auswirkungen der Erweiterungspolitik führen. *** Die derzeitige
Erweiterungsagenda umfasst die Länder des westlichen Balkans, die Türkei und
Island. Für einige Länder des westlichen Balkans war es ein bedeutendes Jahr. Montenegro ist
in den Beitrittsverhandlungen vorangekommen. Zwölf Verhandlungskapitel wurden
geöffnet. Die Durchführung von Reformen auf dem Gebiet der Rechtsstaatlichkeit
hat begonnen. Nun bedarf es konkreter Ergebnisse, die von entscheidender
Bedeutung für die Bestimmung des Tempos der Beitrittsverhandlungen sein werden. Die Aufnahme von
Beitrittsverhandlungen mit Serbien bedeutet einen Wendepunkt in den Beziehungen
zwischen der EU und Serbien. Serbien muss nun seine
Reformprioritäten auf nachhaltige Weise umsetzen, da das Tempo der
Verhandlungen von den Fortschritten abhängt, die in Schlüsselbereichen wie der
Rechtsstaatlichkeit und der Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo*
erzielt werden. Es bedarf eines neuen Elans im Dialog zwischen Belgrad und Pristina,
damit wichtige noch offene Fragen angegangen werden können und eine neue Phase
in der Normalisierung der Beziehungen eingeleitet werden kann. Sowohl die
Regierung als auch die Opposition müssen sicherstellen, dass die politische
Debatte vorrangig im Parlament stattfindet. Albanien wurde
im Juni in Anerkennung seiner Reformbemühungen und der Fortschritte bei der
Erfüllung der geltenden Bedingungen der Kandidatenstatus zuerkannt. Das Land
muss auf der Reformdynamik aufbauen und diese konsolidieren und seine
Bemühungen auf die Bewältigung der mit der Integration in die EU verbundenen
Herausforderungen konzentrieren, und zwar auf nachhaltige und integrative
Weise. Die Paraphierung
eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit dem Kosovo
im Juli war ein wichtiger Meilenstein in den Beziehungen zwischen der EU und
dem Kosovo. Nun muss das Kosovo Ergebnisse bei Schlüsselreformen erzielen, vor
allem im Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Der
EU-Beitrittsprozess für die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien
steckt in einer Sackgasse. Es sind Maßnahmen erforderlich, um die jüngsten
Rückschritte wieder wettzumachen, vor allem bei der Freiheit der
Meinungsäußerung und der Medienfreiheit sowie bei der Unabhängigkeit der
Justiz. In der Frage des Ländernamens muss dringend eine für beide Seiten
akzeptable Lösung ausgehandelt werden. Regierung und Opposition sollten
auf die Wiederaufnahme des politischen Dialogs im Parlament hinarbeiten. Bei Bosnien
und Herzegowina stagniert der Prozess der europäischen Integration
weiterhin. Nach den Wahlen wird es entscheidend darauf ankommen, dass das Land
geeint auftritt, um die dringenden sozialen und wirtschaftlichen Reformen in
Angriff zu nehmen und bei der Verwirklichung seiner europäischen Agenda
voranzukommen. Die Türkei
hat die Umsetzung bestimmter Reformverpflichtungen fortgesetzt, darunter das
Demokratisierungspaket 2013, und Schritte unternommen, um zu einer Lösung für
die Kurdenfrage zu gelangen. Es gibt jedoch Anlass zu schwerwiegenden Bedenken
in Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz und den Schutz der Grundfreiheiten.
Aktive und glaubwürdige Beitrittsverhandlungen bieten den am besten geeigneten
Rahmen für die Nutzung des vollen Potenzials der Beziehungen zwischen der EU
und der Türkei. Durch die Aufnahme von Verhandlungen über die einschlägigen
Kapitel in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte würde ein
„Fahrplan“ für Reformen in diesen Schlüsselbereichen geschaffen. Die
Beitrittsverhandlungen mit Island sind infolge einer Entscheidung
der Regierung des Landes seit Mai 2013 ausgesetzt. *** Das Konzept der
Kommission, das darin besteht, zunächst die Grundprinzipien umzusetzen, räumt
Reformen den Vorrang ein, die im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit und
den Grundrechten, der wirtschaftlichen Governance, der Steigerung der
wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und der Stärkung der demokratischen
Institutionen stehen. Dazu zählt auch die öffentliche Verwaltung, die in den
meisten Erweiterungsländern nach wie vor unzulänglich und von begrenzten Verwaltungskapazitäten,
einem hohen Politisierungsgrad und einem Mangel an Transparenz geprägt ist. Die
Verbesserung des Funktionierens der demokratischen Institutionen erfordert
außerdem tragfähige Wahlprozesse und ein reibungsloses Funktionieren der Parlamente,
einschließlich eines konstruktiven und nachhaltigen Dialogs über das gesamte
politische Spektrum hinweg. Es muss mehr getan werden, um ein günstiges Umfeld
für Organisationen der Zivilgesellschaft zu fördern. Eine starke
Zivilgesellschaft leistet einen Beitrag zur politischen Rechenschaftspflicht
und zur Verbesserung des Verständnisses der beitrittsbezogenen Reformen. Abschnitt II
dieser Mitteilung geht auf die wichtigsten Herausforderungen und die erzielten
Fortschritte auf den Gebieten Reform der öffentlichen Verwaltung,
wirtschaftliche Governance und Wettbewerbsfähigkeit sowie Rechtsstaatlichkeit
und Grundrechte ein. Abschnitt III enthält eine Bestandsaufnahme der regionalen
und bilateralen Probleme, vor allem in den westlichen Balkanländern. Abschnitt
IV umfasst Schlussfolgerungen und Empfehlungen zu länderübergreifenden wie
länderspezifischen Themen. In allen
genannten Bereichen strebt die Kommission es an, bestehende Mechanismen und
Foren in größtmöglichem Maß zu nutzen, um die Reformen voranzutreiben, sei es
über die Strukturen der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA), die
Beitrittsverhandlungen oder von der Kommission geleitete zielgerichtete
länderspezifische Initiativen, wie die Dialoge auf hoher Ebene oder die
strukturierten Dialoge über Rechtsstaatlichkeit. Diese Initiativen wurden im
November 2013 ausgeweitet, indem mit Albanien der Dialog auf hoher Ebene über
die Schlüsselprioritäten aufgenommen wurde. Was die Reformen der öffentlichen
Verwaltung anbelangt, so führt die Kommission gegenwärtig einen stärker
strukturierten Dialog ein und richtet mit den Erweiterungsländern
„Sonderarbeitsgruppen“ zu diesen Reformen ein. 2014 wurde das
neue Instrument für Heranführungshilfe (IPA II) ins Leben gerufen. Im Rahmen
des IPA II wird die EU 11,7 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014-2020
bereitstellen, um die Erweiterungsländer bei ihren Vorbereitungen auf den
Beitritt zu unterstützen und die regionale und die grenzübergreifende
Zusammenarbeit zu fördern. Bei IPA II liegt ein noch größerer Schwerpunkt auf
den für den EU-Beitritt wichtigen Prioritäten in den Bereichen Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit sowie Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum; darüber hinaus
werden ein sektorbezogenes Konzept, Anreize für die Erzielung konkreter
Ergebnisse, eine verstärkte Budgethilfe und eine Priorisierung von Projekten
eingeführt. Es bedarf eines koordinierten Ansatzes für die großen Investitionen
in die wichtigsten Infrastrukturkorridore. Die Koordinierung mit den
internationalen Finanzinstitutionen wird derzeit gestärkt. Über den
Investitionsrahmen für den westlichen Balkan werden weiterhin Investitionen
unterstützt, die Wachstum und Beschäftigung ankurbeln und die Vernetzung in der
Region fördern. Drei
strategische Vorteile der Erweiterung 1) Die Erweiterung der EU sorgt für mehr Sicherheit
in Europa.
Im Rahmen des Beitrittsprozesses fördert die EU die Demokratie und die
Grundfreiheiten in den beitrittswilligen Ländern und strebt dort auch eine
Festigung der Rechtsstaatlichkeit an, um die Auswirkungen der grenzüberschreitenden
Kriminalität einzudämmen. Durch die derzeitige Erweiterungspolitik werden Frieden
und Stabilität auf dem westlichen Balkan gestärkt und der Wiederaufbau und
die Versöhnung nach den Kriegen der neunziger Jahre gefördert. 2) Die Erweiterung
trägt zur Verbesserung der Lebensqualität der Menschen bei,
und zwar durch Integration und Zusammenarbeit in Bereichen wie Energie,
Verkehr, Rechtsstaatlichkeit, Migration, Lebensmittelsicherheit, Verbraucher-
und Umweltschutz und Klimawandel. Die Erweiterung hilft uns dafür zu sorgen,
dass unsere eigenen hohen Standards über unsere Grenzen hinaus angewandt
werden. Dies verringert z. B. die Gefahr, dass EU-Bürger unter den
Auswirkungen von außen hereingetragener Umweltverschmutzung leiden. 3) Die Erweiterung steigert unseren Wohlstand. Ein
größeres Europa ist auch ein stärkeres Europa. Im Jahr 2012 machte das BIP der
EU mit 13 Billionen EUR 23 % des weltweiten BIP aus. Die Erweiterung
kam nicht nur den beitretenden Ländern zugute, sondern auch den Mitgliedstaaten.
Mit der Erweiterung nehmen auch die Chancen für Unternehmen, Anleger,
Verbraucher, Touristen, Studierende und Eigentümer von Grundbesitz in der EU
zu. Ein größerer Binnenmarkt ist für Anleger attraktiver: Seit der Erweiterung
hat sich der Anteil der ausländischen Direktinvestitionen am BIP der EU von
15,2 % (2004) auf 30,5 % (2012) verdoppelt. *** II.
Fokussierung auf die
Grundprinzipien — Konsolidierung der Reformen und Stärkung der Glaubwürdigkeit Dieser Abschnitt
geht auf die wichtigsten Herausforderungen und die erzielten Fortschritte auf
den Gebieten Reform der öffentlichen Verwaltung, wirtschaftliche Governance und
Wettbewerbsfähigkeit sowie Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte ein. Er enthält
neue Ideen für eine noch stärkere Fokussierung auf die Reform der öffentlichen
Verwaltung und detaillierte Ausführungen zu dem Konzept für die wirtschaftliche
Governance. In der letztjährigen Mitteilung lag der Schwerpunkt darauf, wie die
Heranführungshilfe den Reformprozess bereichsübergreifend unterstützt. Dieses Jahr
wird die Aufmerksamkeit auf bestimmte Vorgehensweisen der Erweiterungsländer in
den oben genannten Bereichen gelenkt, die anderen als Inspiration für Reformen
dienen können. a)
Reform
der öffentlichen Verwaltung Neben der
Rechtsstaatlichkeit und der wirtschaftlichen Governance bildet die Reform der
öffentlichen Verwaltung eine Säule des Erweiterungsprozesses. Alle drei Säulen
sind eng miteinander verbundene Querschnittsthemen von fundamentaler Bedeutung
für den Erfolg der politischen und wirtschaftlichen Reformen und bilden eine
Grundlage für die Umsetzung der Vorschriften und Standards der EU. Eine gut
funktionierende öffentliche Verwaltung ist Voraussetzung für eine demokratische
Regierungsführung. Sie hat außerdem direkten Einfluss auf die Fähigkeit der Staaten
zur Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und zur Förderung von
Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Die Reform der
öffentlichen Verwaltung zielt auf mehr Transparenz, Rechenschaftspflicht und
Wirksamkeit sowie ein stärkeres Eingehen auf die Bedürfnisse von Bürgern und
Unternehmen ab. Eine adäquate Verwaltung der Humanressourcen, eine bessere
Planung, Koordinierung und Weiterentwicklung der Politik, solide
Verwaltungsverfahren und eine bessere Verwaltung der öffentlichen Finanzen,
einschließlich der Steuerverwaltung und ‑erhebung,
sind von grundlegender Bedeutung für das Funktionieren des Staates und für die
Umsetzung der für die Integration in die EU erforderlichen Reformen. Die Länder
müssen ihre Bemühungen um die Verbesserung ihrer öffentlichen Verwaltung auf
allen Ebenen unter Zugrundelegung nationaler Strategien verstärken. Die
Kommission, die anerkennt, mit welchen Herausforderungen die Erweiterungsländer
konfrontiert sind, baut ihre Unterstützung für die Schaffung der notwendigen
Verwaltungsstrukturen und Kapazitäten während des Beitrittsprozesses aus. Die Kommission
wird ihre Arbeit zusammen mit den Erweiterungsländern bei den
Verwaltungsreformen an folgenden zentralen Achsen ausrichten: Zentrale
Achsen für die Reform der öffentlichen Verwaltung 1. Strategierahmen
für die Reform der öffentlichen Verwaltung — dies
beinhaltet die politische Verpflichtung zu dem Reformprozess, einschließlich
der Übernahme der politischen Führung und der technischen Koordinierung und
Überwachung der Umsetzung. 2. Entwicklung
und Koordinierung der Politik – hierzu zählen die adäquate
Koordinierung im Kern der Regierung, die interministerielle Koordinierung, die
Politikentwicklung und die finanzielle Analyse. 3. Öffentlicher
Dienst und Verwaltung der Humanressourcen – dies
umfasst u. a. die Organisation und Funktionsweise des öffentlichen
Diensts, einschließlich der Entpolitisierung, leistungsorientierter
Einstellungs- und Beförderungsverfahren sowie Schulungen und
Professionalisierung. 4. Rechenschaftspflicht
—
hierzu zählen die Transparenz der Verwaltung, darunter der Zugang zu
Informationen sowie die verwaltungsrechtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfe. 5. Dienstleistungserbringung —
dies beinhaltet die Verbesserung der Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen,
einschließlich besserer Verwaltungsverfahren und elektronischer
Behördendienste. 6. Verwaltung
der öffentlichen Finanzen — darunter fällt
die Verpflichtung zu einem umfassenderen Konzept für die Verbesserung der
Verwaltung der öffentlichen Finanzen und des gesamten Haushaltsprozesses durch
Ausarbeitung und Umsetzung von Mehrjahresprogrammen für den Sektor und durch
Aufnahme eines Politikdialogs über die Thematik mit der Kommission und den
internationalen Finanzinstitutionen. Ein glaubwürdiges und zweckdienliches
Programm in diesem Bereich ist auch eine Voraussetzung für die über IPA
geleistete sektorale Budgethilfe. Die Kommission
strebt eine bessere Einbettung der Reformen der öffentlichen Verwaltung in den
Erweiterungsprozess an. So wurden bzw. werden mit den westlichen Balkanländern
„Sonderarbeitsgruppen für die Reform der öffentlichen Verwaltung” nach dem
Modell der SAA-Unterausschüsse eingerichtet. Sitzungen solcher Arbeitsgruppen
haben bereits für Albanien, das Kosovo, die ehemalige jugoslawische Republik
Mazedonien und Montenegro stattgefunden. Im Oktober tritt die
Sonderarbeitsgruppe für Serbien zu einer ersten Sitzung zusammen. Die
Sonderarbeitsgruppen werden eine zentrale Plattform bilden, um die Reformen der
öffentlichen Verwaltung voranzutreiben, in deren Mittelpunkt die obengenannten
Schlüsselthemen stehen werden. Die von ihnen erarbeiteten Ergebnisse sollten
mit Blick auf eine strukturiertere politische Diskussion zu den Schlüsselthemen
an den SAA-Assoziationsrat/Assoziationsausschuss weitergeleitet werden. Auch wenn es
kein spezifisches Besitzstandskapitel über die öffentliche Verwaltung an sich
gibt, sollten die Beitrittsverhandlungen auch genutzt werden, um die
notwendigen Reformen zu fördern. Die Schlüsselthemen sollten im Rahmen der
einschlägigen Kapitel erörtert werden — darunter öffentliches
Beschaffungswesen, Finanzkontrolle, Justiz und Grundrechte, Steuern und
Wirtschafts- und Währungspolitik — sowie auf Regierungskonferenzen, soweit dies
für die Umsetzung des Besitzstands wichtig ist. Die Koordinierung mit den
internationalen Finanzinstitutionen ist von zentraler Bedeutung, vor allem im
Bereich der Verwaltung der öffentlichen Finanzen. Die Kommission leistet weiter
Unterstützung für die Regionale Schule für öffentliche Verwaltung, die in der
Region eine bedeutende Rolle für den Erfahrungsaustausch über die Reform der
öffentlichen Verwaltung spielt, auch in Bezug auf den EU-Integrationsprozess. Ausbau
der Kapazitäten der öffentlichen Verwaltung im Kosovo: Das Kosovo hat ein Programm für junge Fachleute
aufgelegt, um die fachlichen und institutionellen Kapazitäten seiner
öffentlichen Verwaltung auszubauen. Das Programm mit Schwerpunkt auf den
Anforderungen im Zusammenhang mit der europäischen Integration bietet
herausragenden Studierenden Stipendien für ein spezielles Masterprogramm im
Kosovo, wobei auch die Möglichkeit besteht, in der EU zu studieren. Rund
80 % der Absolventen wurden von den kosovarischen Behörden eingestellt.
Dies kommt nicht nur dem Ministerium für europäische Integration zugute,
sondern auch sektoralen Ministerien und Institutionen, die für die Erfüllung
der Verpflichtungen im Rahmen des künftigen SAA zuständig sein werden. b)
Wirtschaftliche
Governance und Wettbewerbsfähigkeit Die Kommission
verstärkt ihre Unterstützung für die Verbesserung der wirtschaftlichen
Governance und der Wettbewerbsfähigkeit in den Erweiterungsländern. Dies ist
der Schlüssel, um in einem anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Kontext mit
hoher Arbeitslosigkeit und niedrigen Investitionen auf die Anliegen der Bürger
einzugehen. Besonders wichtig ist dieser neue Ansatz in Bezug auf die
westlichen Balkanländer, da bisher keines von ihnen als funktionierende
Marktwirtschaft angesehen werden kann. Der Ansatz wird sich auf die Erfahrungen
der EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters stützen.
Verstärkter Nachdruck wird auf Strukturreformen liegen, die naturgemäß
sektoraler Art sind. Die Länder werden aufgefordert werden, nationale
Wirtschaftsreformprogramme vorzulegen. Die EU ihrerseits wird mehr
Orientierungshilfe in Bezug auf die Reformprioritäten bieten und für einen
gezielteren Einsatz von IPA-Mitteln sorgen. Die Verbesserung der
wirtschaftlichen Governance in den Erweiterungsländern ist außerdem wichtig, um
innerhalb der Europäischen Union für eine anhaltende Unterstützung der
Erweiterung zu sorgen. Alle westlichen
Balkanländer sind mit erheblichen strukturellen Wirtschaftsherausforderungen
konfrontiert, wobei die Arbeitslosenquote hoch und das Niveau der ausländischen
Investitionen niedrig liegt. In den Bereichen Wirtschaftsreform,
Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplatzschaffung und Haushaltskonsolidierung sind in
allen Erweiterungsländern noch große Herausforderungen zu meistern.
Schwachstellen bei der Rechtsstaatlichkeit und der Verwaltung der öffentlichen
Finanzen erhöhen das Korruptionsrisiko, was sich wiederum negativ auf das
Investitionsklima auswirkt. Bisher hat keines der Länder eine umfassende und
überzeugende nationale Reformagenda vorgelegt. Makroökonomische
Situation in den Erweiterungsländern Þ
Bei den sozioökonomischen Entwicklungen in den Erweiterungsländern zeigt sich
ein gemischtes Bild. Alle Erweiterungsländer haben die makroökonomische
Stabilität weitgehend gewahrt, doch die finanzpolitischen Risiken haben in
einer Reihe von Ländern deutlich zugenommen. Der gemäßigte Aufschwung setzt
sich fort. Nach jüngsten Prognosen der Kommission soll die Wirtschaft in den
Kandidatenländern des westlichen Balkans 2014 um durchschnittlich 1,6 %
wachsen. Der Aufschwung hat nicht zu mehr Beschäftigung geführt. Die
Arbeitslosigkeit ist nach wie vor hoch, vor allem bei den jungen Menschen, und
beträgt auf dem Westbalkan nun durchschnittlich 21 %, doch in Bosnien und
Herzegowina, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und dem Kosovo
liegt der Wert weit höher. Die hohe Armut hält sich hartnäckig. Þ
Die EU ist der wichtigste Handelspartner für die westlichen Balkanländer; auf
sie entfallen rund 60 % der Exporte aus der Region. Aus der EU stammt auch
der bei weitem größte Teil der ausländischen Direktinvestitionen. ÞDas
Wachstum in der Türkei ist 2013 auf 4 % gestiegen und die Prognose für
2014 liegt bei 2,6 %. Die türkische Lira wurde geschwächt und das
Leistungsbilanzdefizit stieg 2013 auf fast 8 % des BIP. Die jüngsten
wirtschaftlichen Ergebnisse der Türkei veranschaulichen sowohl das hohe
Potenzial der Wirtschaft als auch die anhaltenden Ungleichgewichte. Die EU ist
nach wie vor der wichtigste Handelspartner für die Türkei, auf den rund
40 % der türkischen Exporte entfallen. Dank der zunehmenden Einbindung in
die Liefer- und Produktionskette der EU hat sich die Türkei zu einer
Investitionsbasis für europäische Unternehmen entwickelt. Rund 70 % der
ausländischen Direktinvestitionen in der Türkei stammen aus der EU. Wichtigste
wirtschaftliche Kennzahlen || Pro-Kopf-BIP in KKS (in % der EU) || BIP-Wachstum (%) || Inflation (%) || Arbeits-losigkeit (%) || Beschäftigungsquote, 20-64-Jährige (%) || Erwerbsquote, 20-64-Jährige (%) || Exporte (Waren & Dienstleistungen in % des BIP) || Öffentl. Schuldenstand (in % des BIP) || Öffentl. Defizit (in % des BIP) Albanien || 30 || 1,4 || 1,9 || 15,6 || 57,2 || 68,0 || 40,2 || 62,0* || -3,4* Bosnien und Herzegowina || 29 || 2,5 || -0,2 || 27,5 || k. A. || k. A. || 30,0 || k. A. || -2,2 Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien || 35 || 2,9 || 2,8 || 29,0 || 50,3 || 70,4 || 53,9 || 36,0 || -4,1 Kosovo || k. A. || 3,4 || 1,8 || 30,0 || k. A. || k. A. || 17,4 || k. A. || k. A. Montenegro || 42 || -2,5* || 1,8 || 19,5 || 52,6 || 65,1 || 44,1* || 58,0 || -2,3 Serbien || 36 || 2,5 || 7,8 || 22,1 || 51,2 || 66,0 || 44,7 || 63,2 || -5,0 Türkei || 55 || 4,0 || 7,5 || 8,8 || 53,4 || 58,4 || 25,7 || 36,2* || -0,3* Quelle: Eurostat. Bezugsjahr
2013, außer (*) = 2012. Ø Stärkung der
wirtschaftlichen Governance Mit der
Erweiterungsstrategie 2013-2014 wurde ein neues Konzept vorgeschlagen, das die
Erweiterungsländer dabei unterstützen soll, zuerst die wirtschaftlichen
Grundprinzipien einzuführen und die wirtschaftlichen Kriterien zu erfüllen.
Dieses Konzept impliziert einen veränderten Dialog und eine verbesserte
Berichterstattung, um klarere Orientierungshilfen für die Reformen zu erhalten,
die für die Förderung von langfristigem Wachstum und langfristiger
Wettbewerbsfähigkeit erforderlich sind. Wichtigste
wirtschaftliche Herausforderungen in den westlichen Balkanländern ÞStärkung
der Haushaltskonsolidierung durch die Senkung der Haushaltsdefizite und die
Umsetzung glaubwürdiger Reformen des öffentlichen Sektors, einschließlich einer
Reform der öffentlichen Verwaltung und der Rentensysteme ÞStärkung
der Verwaltung der öffentlichen Finanzen, einschließlich Steuerverwaltung und ‑erhebung,
Haushaltsplanung und -vollzug, Rechnungsführung und Berichterstattung sowie
externe Kontrolle ÞVerringerung
der hohen Belastung durch notleidende Kredite ÞUmstrukturierung
und Verbesserung der Führung in staatseigenen Unternehmen ÞVerbesserung
der Rahmenbedingungen für Unternehmen, einschließlich der digitalen Wirtschaft,
und Unterstützung der Entwicklung des Privatsektors, Abbau der parafiskalischen
Abgaben, Vereinfachung der Rechtsvorschriften und Ankurbelung der
Forschungsinvestitionen ÞVerbesserung
der Energie- und Verkehrsnetze sowie Stärkung der Vernetzung ÞSchaffung
funktionierender Arbeitsmärkte mit ausreichender Flexibilität, Inangriffnahme
der Problematik des informellen Sektors, Verbesserung der
Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer und Verbesserung der Abstimmung von
Ausbildungen und Qualifikationen auf den Bedarf des Arbeitsmarkts Die westlichen
Balkanländer werden aufgefordert, die Wirtschaftspolitik und die
wirtschaftliche Governance durch die Ausarbeitung jährlicher nationaler
Wirtschaftsreformprogramme zu stärken. Diese Programme werden zwei Teile
umfassen. Teil 1 wird aus einer erweiterten Fassung der wirtschaftlichen
Heranführungsprogramme für die Kandidatenländer und der Wirtschafts- und
Finanzprogramme für potenzielle Kandidaten bestehen; auch das Kosovo wird in
den Prozess einbezogen. Dieser Teil der nationalen Wirtschaftsreformprogramme
wird einen mittelfristigen makroökonomischen und finanzpolitischen Rahmen
enthalten, bei dem ein stärkerer Schwerpunkt auf der Bewertung der
Tragfähigkeit der Zahlungsbilanz und der strukturellen Wachstumshemmnisse
liegen wird; ferner werden darin konkrete Maßnahmen zur Unterstützung des
politischen Rahmens genannt werden. Teil 2 der nationalen
Wirtschaftsreformprogramme bezieht sich auf Strukturreformen die naturgemäß
sektoraler Art (in Sektoren wie Verkehr, Energie, Bildung, Umwelt, Forschung,
Industrie, Wettbewerb und Binnenmarkt) und für mehr Wettbewerbsfähigkeit und
Wachstum in den einzelnen Ländern von besonderem Belang sind; dazu zählt auch
der Investitionsbedarf im Infrastrukturbereich. Die Kommission wird den Ländern
klare und kompakte Orientierungshilfe bieten, um sicherzustellen, dass diese
Programme gezielt auf die wichtigsten Fragen ausgerichtet werden. Im Hinblick auf
die verstärkte Konzentration auf Strukturreformen sollte 2015 als erstes Jahr
einer Pilotphase angesehen werden. Die in diesen Programmen behandelten
Reformen werden durch IPA-Hilfe unterstützt werden. Mit Blick auf eine
verstärkte Überwachung wird der Bewertungsprozess zu gezielteren politischen
Leitlinien für die einzelnen Länder führen. Der gemeinsame ECOFIN-Rat hat
bereits im Mai 2014 gezieltere länderspezifische Leitlinien für die
Kandidatenländer veröffentlicht. Die Türkei und
die EU haben ein gemeinsames Interesse an der Förderung einer Agenda für
Wirtschaftsreform, dem Austausch von Erfahrungen, der Abstimmung der
Standpunkte in der G20 und der Vertiefung der wirtschaftlichen Integration.
Darüber hinaus liefert die jüngste Bewertung der Zollunion zwischen der Türkei
und der Union wichtige Elemente für die Verbesserung dieses Handelsabkommens.
Es liegt im Interesse beider Parteien, ihre Handelsbeziehungen auf ein Niveau
zu bringen, das dem moderner Handelsabkommen sowie der strategischen Bedeutung
der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei entspricht. Diese
wirtschaftliche Agenda könnte in einem regelmäßigen Wirtschaftsdialog auf hoher
Ebene zwischen der EU und der Türkei erörtert werden. Die intensivierten
politischen Kontakte könnten durch einen jährlich stattfindendes
Wirtschaftsforum EU-Türkei ergänzt werden. Jahreszyklus
für die Überprüfung der Wirtschaftspolitik und Orientierungshilfe für die
westlichen Balkanstaaten 31. Januar — Übermittlung
der nationalen Wirtschaftsreformprogramme der Länder an die Kommission
(Teil 1 zum makroökonomischen und finanzpolitischen Rahmen und zur
Unterstützung von Reformen, Teil 2 zu sektoralen Strukturreformen und
Wettbewerbsfähigkeit). Da die unter Teil 2 fallenden Reformen
längerfristigen Charakter haben, würden die nachfolgenden
Wirtschaftsreformprogramme hierzu eine einfache jährliche Aktualisierung
enthalten. Februar —
Bewertungsmissionen der Kommission in den westlichen Balkanländern April – Ländersitzungen mit der
Kommission zur Erörterung der gezielten politischen Leitlinien Mai – Schlussfolgerungen des Rates
(Wirtschaft und Finanzen) Juni/Juli – Länderspezifische Sitzungen
auf Ministerebene Herbst — Erweiterungspaket
der Kommission mit einer Bestandsaufnahme der Fortschritte seit der Tagung des
Rates (Wirtschaft und Finanzen), einschließlich weiterer und detaillierterer
zukunftsgerichteter Leitlinien, die in den im Januar des Folgejahres
vorgelegten Programmen zu berücksichtigen sind Für die
Umsetzung dieses Konzepts ist spezielle technische Hilfe erforderlich. Die
Umsetzung der länderspezifischen politischen Leitlinien muss rasch durch
zielgerichtete und konkrete IPA-Projekte zur Verbesserung der wirtschaftlichen
Governance unterstützt werden. Die IPA-Länder- und Mehrländerstrategiepapiere
2014-2020 spiegeln die Bedeutung der wirtschaftlichen Governance wider und
umfassen Mittelzuweisungen für diesen Zweck. Konkrete IPA-Projekte werden
derzeit vorbereitet und laufen ab 2015 an. Die Verbesserung
der Wettbewerbsfähigkeit und die Einleitung beschäftigungsfördernder Maßnahmen
in der Region werden zur Reduzierung der Migrationsströme aus den
Erweiterungsländern in die EU führen. Bei den jüngsten Erweiterungen gab es
Übergangsregelungen zur schrittweisen Einführung der uneingeschränkten
Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten. Ob in Bezug auf
die Freizügigkeit der Arbeitnehmer Übergangsmaßnahmen und/oder ein
Schutzmechanismus notwendig sind und wie diese gestaltet werden könnten, wird
– unter Berücksichtigung einer noch durchzuführenden Folgenabschätzung –
während der Beitrittsverhandlungen über eine künftige Erweiterung erörtert
werden. Ø
Dialog
über Beschäftigung und soziale Reformen Die
Unterstützung der Kommission für die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in den
westlichen Balkanländern geht über Maßnahmen zur makroökonomischen
Stabilisierung und zur Schaffung einer funktionierenden Marktwirtschaft hinaus.
Seit Beginn der Krise hat die Kommission immer wieder betont, dass mehr getan
werden muss, um die schwierige sozioökonomische Situation und vor allem die
hohe Arbeitslosigkeit zu bewältigen. Die Kommission
hat mit der Türkei und Serbien bereits einen neuen Dialog über Beschäftigungs-
und Sozialreformprogramme eingeleitet. Ein solcher Dialog ist auch mit der
ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und mit Montenegro in
Vorbereitung. Die verbleibenden Länder sind mit einer noch schwierigeren sozioökonomischen
Situation konfrontiert und es bedarf zusätzlicher Unterstützung, um
Verwaltungskapazitäten aufzubauen und so die Beteiligung an dem neuen Prozess
zu erleichtern. Diese Länder werden nach und nach zu dem neuen Dialog
eingeladen. Im Rahmen von IPA wird – zusätzlich zu einer breit angelegten
Unterstützung im Bereich Beschäftigung und Soziales – umfassende technische
Hilfe geleistet. Die Kommission wird als weiteres Instrument eine Plattform für
die Beschäftigungs- und Sozialpolitik ins Leben rufen, damit die Länder
Erfahrungen austauschen und sich auf den Dialog über die Beschäftigungs- und
Sozialreformprogramme vorbereiten können. Um
Qualifikationsdefizite abzubauen und die Bildungssysteme zu verbessern, wird
die Kommission in einem gesonderten Prozess auch die Westbalkan-Plattform für
allgemeine und berufliche Bildung weiter ausbauen. Ø Förderung von
Investitionen mit Blick auf Wachstum und Beschäftigung, Vernetzung und
regionale Zusammenarbeit Die
grenzübergreifenden Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsnetze sind in den
westlichen Balkanländern unterentwickelt. Investitionen in die Infrastruktur
sind dringend erforderlich, um die wirtschaftliche Entwicklung in der Region
anzukurbeln. Angesichts der Größe der Volkswirtschaften der Länder ist eine engere
Integration ausschlaggebend. Die regionale Wirtschaftszusammenarbeit bietet
nicht nur eine Chance für nachhaltiges Wachstum, sondern auch für die
politische Zusammenarbeit und die gutnachbarschaftlichen Beziehungen. Unter
Federführung des Regionalen Kooperationsrates (RCC) sind Arbeiten im Gange, um
auf die Ziele und Prioritäten des SEE 2020 einzugehen. Die geplante
Liberalisierung der Dienstleistungen in der mitteleuropäischen Freihandelszone
(CEFTA) würde dieses Ziel weiter unterstützen. Energie-
und Verkehrsnetze Die Verbesserung der Energie- und Verkehrsnetze
zwischen der EU und den Erweiterungsländern ist eine Priorität für die
Förderung des nachhaltigen Wirtschaftswachstums, der Beschäftigung, des Handels
und des kulturellen Austauschs. Im Mai nahm die Kommission ihre Strategie für eine
sichere europäische Energieversorgung[3]
an, die auf die Verbesserung der Energieversorgungssicherheit in der EU
abzielt. In der Strategie wurde vorgeschlagen, dass die Kommission kurzfristig Stresstests
in Bezug auf die Energieversorgungssicherheit mit dem Ziel einleitet, eine
Unterbrechung der Gasversorgung im kommenden Winter zu simulieren und zu
prüfen, wie das Energiesystem Bedrohungen der Versorgungssicherheit bewältigen
kann. Angesichts der paneuropäischen Dimension der Energieversorgungssicherheit
hatte die Kommission alle westlichen Balkanländer und die Türkei aufgefordert,
einen Beitrag zu diesen Stresstests zu leisten. Albanien, Bosnien und
Herzegowina, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, das Kosovo,
Serbien und die Türkei haben sich hieran beteiligt. Der Ausbau der
transeuropäischen Energieinfrastrukturen und die Vertiefung der
Zusammenarbeit mit der Energiegemeinschaft sind von entscheidender Bedeutung.
Die Energiegemeinschaft, deren Ziel es ist, den EU-Besitzstand im
Energiebereich auf die Erweiterungs- und Nachbarschaftsländer auszudehnen,
sollte angesichts der Frage der Energieversorgungssicherheit der EU weiter
gestärkt werden. Dies sollte durch die weitere Förderung von Reformen des
Energiesektors in den beteiligten Ländern erreicht werden, wobei gleichzeitig
die Modernisierung und die Nachhaltigkeit der Energiesysteme und ihre
vollständige Integration in den EU-Rechtsrahmen im Energiebereich unterstützt
werden sollten. Einen besonderen Schwerpunkt der künftigen Arbeiten
der Energiegemeinschaft sollten die Verbesserung der Um- und Durchsetzung der
Reformen zur Schaffung eines echten Binnenmarktes auf Großhandels- wie
Endkundenebene darstellen, insbesondere in Bezug auf die Entflechtung der Versorgungsbetriebe,
die Preistransparenz und die Gewährleistung des Netzzugangs Dritter. Das
Erfordernis der Gewährleistung des Netzzugangs Dritter ist einer der Gründe,
warum die Kommission erklärt hat, dass die zwischen Russland und einer Reihe
von am South-Stream-Projekt beteiligten Ländern unterzeichneten
zwischenstaatlichen Abkommen neu ausgehandelt und die Bauarbeiten an dem
Projekt ausgesetzt werden müssen. Die Zusammenarbeit mit der Türkei sollte angesichts
ihrer strategischen Lage und ihres Potenzials als Energie-Umschlagplatz weiter
vertieft werden. Die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei
im Energiebereich sowie entsprechende Fortschritte bei den
Beitrittsverhandlungen würden weitere Fortschritte bei der Verknüpfung und
Integration der Energiemärkte ermöglichen. Die Kommission hat eine Liste von Projekten von
gemeinsamem Interesse für den Ausbau der transeuropäischen Energieinfrastruktur
angenommen. Der Ministerrat der Energiegemeinschaft hat eine Liste von
Projekten von Interesse für die Energiegemeinschaft angenommen. Um diese Netze
einrichten zu können, müssen die Parteien (mit Hilfe der EU) die
Schwierigkeiten bei der Finanzierung von Verbindungsleitungen zwischen den
Ländern überwinden. Der künftige Vertrag über die Verkehrsgemeinschaft
wird die Integration der Märkte und Infrastrukturen für den Landverkehr fördern
und dazu beitragen, dass die westlichen Balkanländer die EU-Normen für diesen
Sektor umsetzen können. Die Kommission hat außerdem die transeuropäischen
Verkehrs- und Energienetze der EU mit dem Ziel überprüft, die Anbindung der
unter die Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik der EU fallenden Länder zu
verbessern. Der
Investitionsrahmen für die westlichen Balkanstaaten (WBIF) spielt eine
zunehmend wichtige Rolle bei der Vorbereitung und Unterstützung der
Investitionen, die zur Ankurbelung von Wachstum und Beschäftigung am
dringendsten benötigt werden. Im Rahmen des WBIF fördern die Kommission,
bilaterale Geber und internationale Finanzinstitutionen jährlich Investitionen
im Wert von 4 Mrd. EUR in den Bereichen Verkehr, Energie, Umwelt,
Klimawandel, Unterstützung einer ressourceneffizienten Wirtschaft, sozialer
Sektor sowie Privatsektor/KMU-Entwicklung. Hier kofinanziert die Kommission
auch eine KMU-Plattform für den westlichen Balkan mit dem Ziel, den Zugang von
KMU zu Finanzierungen durch die Bereitstellung von Garantien und Risikokapital
zu erleichtern. Die Kommission unterstützt die Länder bei der Einrichtung der
nationalen Investitionsausschüsse oder ähnlicher Koordinierungsmechanismen, die
zu einheitlichen sektoralen Projekt-Pipelines führen könnten. Entwicklung
einer einheitlichen Projekt-Pipeline in Serbien: Serbien erstellt derzeit eine Liste prioritärer
Infrastrukturprojekte von strategischer Bedeutung für das Land und die EU in
den Sektoren Energie, Verkehr, Umwelt und Unternehmensinfrastruktur. Dabei wird
es sich um politisch unterstützte Projekte handeln, die bis zum Beitritt und
danach umgesetzt werden sollen. Die Liste wird anhand einer kohärenten und objektiven
Auswahlmethode im Rahmen eines aus IPA-Mitteln finanzierten Projekts
ausgearbeitet. Die Projekte werden sorgfältig im Hinblick auf die verbleibenden
vorbereitenden/administrativen Schritte bewertet und die institutionellen
Zuständigkeiten werden für alle Schritte detailliert festgelegt. Sobald die
politische Unterstützung der Regierung gesichert ist, können die oben genannten
Elemente, die bisher gefehlt haben, zu einer besseren Prioritätensetzung bei
der Finanzierung von Projekten sowie zu einer besseren Koordinierung zwischen
den IFI und den an einer Bereitstellung von Mitteln interessierten
internationalen Organisationen führen. Das Ziel besteht darin, nur Projekte der
Projekt-Pipeline durch IPA und die internationalen Finanzinstitutionen zu unterstützen. Ø Gewährleistung
der Nachhaltigkeit von Investitionen und wirksames Katastrophenrisikomanagement Die westlichen
Balkanländer sind einem breiten Spektrum von Katastrophenrisiken ausgesetzt.
Die katastrophalen Überschwemmungen, von denen Bosnien und Herzegowina sowie
Serbien im Mai betroffen waren, haben nicht nur mehrere Dutzend Todesopfer
gefordert, sondern auch beträchtliche sozioökonomische Auswirkungen gehabt. Die
Gesamtschäden werden auf etwa 2,04 Mrd. EUR in Bosnien und
Herzegowina (dies entspricht fast 15 % des BIP) bzw. etwa
1,52 Mrd. EUR in Serbien beziffert. Sie haben sich außerdem erheblich
auf die Wachstumsaussichten beider Länder ausgewirkt, was mit nachteiligen
Folgen für ihre langfristige nachhaltige Entwicklung verbunden sein wird. Die Überschwemmungen
haben veranschaulicht, wie wichtig nachhaltige Investitionen in ein wirksames
Katastrophenrisikomanagement und eine wirksame Einbindung der
Katastrophenschutzpolitik in die allgemeine Wirtschaftspolitik dieser Länder
sind. c)
Rechtsstaatlichkeit
und Grundfreiheiten i) Rechtsstaatlichkeit Die
Rechtsstaatlichkeit ist einer der Werte, auf die sich die EU gründet, und steht
nach wie vor im Mittelpunkt des Beitrittsprozesses. Länder, die der Union
beitreten möchten, müssen bereits ab einem frühen Stadium das reibungslose
Funktionieren der Schlüsselinstitutionen fördern bzw. konsolidieren, die für
die Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit erforderlich sind. Die
Rechtsstaatlichkeit ist für stabile Rahmenbedingungen für Unternehmen
unerlässlich, da sie Rechtssicherheit für die Wirtschaftsbeteiligten mit sich
bringt, die Verbraucher unterstützt und Investitionen, Beschäftigung und
Wachstum ankurbelt. Auf diesem Gebiet wurden in den Erweiterungsländern im
vergangenen Jahr einige positive Entwicklungen verzeichnet. Die Eröffnung der
Kapitel 23 und 24 bietet Montenegro eine wichtige Grundlage für die Umsetzung
seiner umfassenden Aktionspläne, die ein breites Spektrum von
Rechtsstaatlichkeitsfragen abdecken. Serbien ist im Vorfeld der Aufnahme der
Beitrittsverhandlungen über diese Kapitel gut vorangekommen. In Albanien wurden
große Anstrengungen unternommen, um die organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Die Stärkung der
Rechtsstaatlichkeit ist eine zentrale Herausforderung für die meisten Länder im
Erweiterungsprozess, vor allem was die Verbesserung der Arbeitsweise und
Unabhängigkeit der Justiz und die Bekämpfung der Korruption und der
organisierten Kriminalität anbelangt. Dazu bedarf es eines starken politischen
Willens, der über die reine Abgabe von Erklärungen hinausgeht und zu greifbaren
Ergebnissen führt. Die Länder müssen eine glaubwürdige Erfolgsbilanz bei
Ermittlungen, Anklageerhebungen und endgültigen Verurteilungen in Fällen von
organisierter Kriminalität und Korruption erreichen, einschließlich angemessener
Strafen und der Einziehung von Vermögenswerten. In den meisten
Fällen bedarf es weit reichender Justizreformen mit dem Ziel der
Schaffung eines effizienten und unabhängigen Justizwesens mit fairen
Gerichtsverfahren sowie einer leistungsorientierten Ernennung und Beförderung
von Richtern, deren Unparteilichkeit und Rechenschaftspflicht gewährleistet
sind. Die meisten Länder verfügen über Strategien für die Justizreform.
Allerdings befindet sich die Umsetzung noch in einem frühen Stadium und es bleiben
noch zahlreiche Herausforderungen bestehen. Die Unabhängigkeit der staatlichen
Justizräte muss gewährleistet sein, es müssen solidere Verfahren für die
Ernennung von Richtern und Staatsanwälten eingeführt werden und die
Unabhängigkeit der Justiz muss unter Sicherstellung ihrer Rechenschaftspflicht
geschützt werden. Qualität und Effizienz der Justiz sind häufig mangelhaft und
die meisten Länder sind von einem Rückstau anhängiger Verfahren und von
Schwierigkeiten bei der Vollstreckung von Urteilen betroffen. In der
Rechtskultur bedarf es eines Wandels, bei dem die Erbringung von Diensten für
die Bürger stärker in den Mittelpunkt rückt. Ausbildung
von Justizbeamten in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien: Die Akademie für Richter und Staatsanwälte wurde
2006 eingerichtet und nahm ihre Tätigkeit im Jahr 2007 auf. Sie bietet eine
vorbereitende Ausbildung für angehende Richter und Staatsanwälte in Form eines
zweijährigen theoretischen und praktischen Programms sowie eine kontinuierliche
Fortbildung für Richter, Staatsanwälte, Justizbedienstete und Beamte während
ihrer gesamten Laufbahn an. Die Ausbildung wird größtenteils durch Fachpersonal
wie hochrangige Richter gewährleistet. 80 Richter und Staatsanwälte haben
bereits das vorbereitende Ausbildungsprogramm absolviert und im vergangenen
Jahr erreichte die Akademie mit über 270 berufsbegleitenden
Fortbildungsveranstaltungen mehr als 7 300 Teilnehmer. Ein dezentrales
System steht für Teilnehmer außerhalb der Hauptstadt zur Verfügung, ebenso E-Learning-Module,
die über das Internetportal der Akademie bereitgestellt werden. Außerdem werden
Kontakte zu internationalen Justizeinrichtungen gefördert, einschließlich
Auslandspraktika. Die Korruption
ist nach wie vor ein gravierendes Problem in den meisten Erweiterungsländern.
In Bereichen wie der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Privatisierung
führen korrupte Praktiken weiterhin zur Zweckentfremdung von Mitteln aus den
bereits knappen nationalen Haushalten und stehen so einem florierenden
Geschäfts- und Investitionsklima entgegen, das ohne Rechtssicherheit nicht zu
gewährleisten ist. Von der Korruption sind auch die Bürger unmittelbar
betroffen, wenn sie Zugang zu bestimmten öffentlichen Dienstleistungen wie
Bildung und Gesundheitsversorgung suchen. Instrumente für eine wirksame
Korruptionsprävention werden immer noch nicht ausreichend eingesetzt. Es bedarf
einer proaktiveren, besser koordinierten und effektiven Strafverfolgung, um
sicherzustellen, dass Korruptionsfälle, auch auf hoher Ebene, ordnungsgemäß
untersucht, verfolgt und geahndet werden. In diesem Bereich ist eine
nachhaltige Bilanz umfassender Ergebnisse erforderlich. Die Länder
müssen für einen soliden Rahmen für die Korruptionsprävention sorgen, wobei es
weiterer Anstrengungen in Bezug auf die Finanzierung von politischen Parteien
und Wahlkämpfen, die Handhabung von Interessenkonflikten, die Transparenz bei
der Verwendung öffentlicher Mittel, den Zugang zu Informationen und die
Beschlagnahme und Einziehung von Vermögenswerten bedarf. In diesem Zusammenhang
sind die Reform der öffentlichen Verwaltung und der Verwaltung der öffentlichen
Finanzen von entscheidender Bedeutung. Es sind Verbesserungen bei der
Datenerhebung und beim Datenzugang notwendig, um die Transparenz zu erhöhen und
zur Überwachung der Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen beizutragen. Die Bekämpfung
der organisierten Kriminalität stellt in den meisten
Erweiterungsländern nach wie vor ein erhebliches Problem dar. Es werden zwar
Fortschritte erzielt, doch muss noch mehr getan werden, um die
Strafverfolgungsbehörden mit wirksamen rechtlichen und ermittlungstechnischen
Instrumenten zur Bekämpfung und Ahndung der organisierten Kriminalität
auszustatten und proaktive Ermittlungen zu gewährleisten. Die Bekämpfung der
organisierten Kriminalität und der Korruption ist von entscheidender Bedeutung,
um gegen die kriminelle Unterwanderung des politischen, rechtlichen und
wirtschaftlichen Systems vorzugehen. Die Strafverfolgungsbehörden und das
Justizwesen müssen widerstandsfähiger gegenüber der Korruption werden und es
müssen mehr Kontrollen eingeführt werden, damit scheinbar legale Unternehmen,
hinter denen sich kriminelle Aktivitäten verbergen, aufgespürt werden können.
Die Fähigkeit zur Durchführung komplexer Ermittlungen im Finanzbereich sowie zur
Bekämpfung der Geldwäsche muss erheblich verbessert werden und neue Bedrohungen
wie die Cyberkriminalität müssen angegangen werden. Erträge aus Straftaten
müssen auf wirksame Weise eingezogen werden, es muss ein System für die
erweiterte Einziehung von Vermögenswerten eingeführt werden und es sollte in
Betracht gezogen werden, die illegale Bereicherung unter Strafe zu stellen, um
gegen das Phänomen des Reichtums ungeklärter Herkunft vorzugehen. Die
grenzübergreifende Dimension vieler Straftaten und organisierter krimineller
Vereinigungen erfordert eine verstärkte regionale und internationale
Zusammenarbeit einschließlich eines besseren Eingehens auf Ersuchen der
Mitgliedstaaten um polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit. Die operative
Zusammenarbeit mit den einschlägigen europäischen Stellen, insbesondere
Europol, Eurojust und Frontex wird ebenfalls fortgesetzt. Operative Abkommen
mit Europol traten für Serbien und Albanien in Kraft, während ein Abkommen für
Montenegro sich in einem fortgeschrittenen Vorbereitungsstadium befindet. Die
Kommission fördert nach wie vor ein regionales Netz von Staatsanwälten und
koordinierte Zeugenschutzsysteme in der Region. Durchführung
einer strategischen Analyse der organisierten Kriminalität in Montenegro: Jedes Land, das die organisierte Kriminalität
erfolgreich bekämpfen will, muss über eine zusammenhängende strategische
Gesamtanalyse der organisierten Kriminalität in seinem Hoheitsgebiet verfügen.
Dies ist erforderlich für alle Akteure, auch über die Strafverfolgungsakteure
hinaus, um die Bedrohungen zu verstehen, mit denen das Land konfrontiert ist,
und auf Entwicklungen zu reagieren. Montenegro veröffentlichte im Frühjahr 2014
seine Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten
Kriminalität, die einen Überblick über die kriminellen Bedrohungen in der
Region und die Sicherheitslage in Montenegro bietet. Die Bewertung dient nun
der Ermittlung gemeinsamer Prioritäten für die Strafverfolgungsbehörden, die es
ihnen ermöglichen, geeignete Lösungen zu erarbeiten und das Konzept der
„erkenntnisgestützten Polizeiarbeit“ umzusetzen. Die Kommission
misst allen Aspekten der Rechtsstaatlichkeit in den Erweiterungsländern
weiterhin einen hohen Stellenwert bei. In den Beitrittsverhandlungen wird ein
neuer Ansatz für die Kapitel über Justiz und Grundrechte sowie Recht, Freiheit
und Sicherheit verfolgt. Dies erfordert, dass während der
Beitrittsvorbereitungen eine solide Erfolgsbilanz bei der Durchführung von
Reformen erzielt wird. Die EU hat erstmals in den Beitrittsverhandlungen
Zwischenkriterien festgelegt, und zwar im Dezember 2013 mit Montenegro. Serbien
hat erhebliche Orientierungshilfen für die Ausarbeitung der umfassenden
Aktionspläne erhalten, die als Grundlage für die Eröffnung der Verhandlungen
über Rechtsstaatlichkeitsfragen dienen sollen. Diese Orientierungshilfen und
Kriterien sind wegweisend für künftige Verhandlungen und Arbeiten mit anderen
Erweiterungsländern. Fragen der Rechtsstaatlichkeit werden nun in einem frühen
Stadium des Beitrittsprozesses mit allen Erweiterungsländern thematisiert und
die Fortschritte in diesem Bereich sind ein wichtiger Faktor bei Entscheidungen
über die einzelnen Phasen des EU-Beitrittsprozesses. Das neue
Konzept für die Kapitel 23 und 24 im Überblick Das neue Konzept, das die Verhandlungskapitel 23
„Justiz und Grundrechte“ und 24 „Recht, Freiheit und Sicherheit“ betrifft,
bietet einen strukturierteren Verhandlungsrahmen, bei dem die für eine adäquate
Durchführung der Reformen benötigte Zeit berücksichtigt wird: ► Die Kapitel
23 und 24 müssen zu einem frühen Zeitpunkt während des Prozesses geöffnet
und am Ende geschlossen werden, um eine maximale Zeitspanne für die
Erzielung solider Erfolgsbilanzen zu gewähren, da eine Unumkehrbarkeit der
Reformen angestrebt wird. ► Die EU
muss umfangreiche Orientierungshilfe als Grundlage für umfassende
Reformaktionspläne bieten, die als Kriterien für die Eröffnung von
Verhandlungskapiteln benötigt werden und als Katalysator für Reformen dienen. ► Es
werden „Zwischenkriterien“ eingeführt, um den Reformprozess weiter zu
steuern und für eine plangemäße Umsetzung der Reformen zu sorgen. ► Die Kriterien
für den Verhandlungsabschluss werden erst festgelegt, wenn wesentliche
Fortschritte in allen Bereichen erzielt wurden, einschließlich Erfolgsbilanzen
bei der Umsetzung vor Ort. ► Es
werden Schutz- und Korrekturmaßnahmen eingeführt, beispielsweise die
Aktualisierung der Kriterien und – um für eine allgemeine Ausgewogenheit beim
Fortgang der Verhandlungen über alle Kapitel zu sorgen – ein Mechanismus zur
Einstellung der Verhandlungen über andere Kapitel, wenn bei den Kapiteln 23 und
24 nicht plangemäß Fortschritte erzielt werden. ► Es wird
für mehr Transparenz und Teilhabe in dem Prozess gesorgt, unter anderem
durch eine breit angelegte Konsultation der Interessenträger zu den Reformen,
um eine möglichst breite Unterstützung für die Umsetzung sicherzustellen. Generell nutzt
die Kommission alle verfügbaren Instrumente zur Stärkung der
Rechtsstaatlichkeit, insbesondere Folgendes: ihr regelmäßiges Monitoring, vor
allem durch die gemeinsamen Gremien im Rahmen der Stabilisierungs- und
Assoziierungsabkommen, der Bewertungsmissionen und der strukturierten Dialoge,
ihre Berichterstattung, vor allem mithilfe der Fortschrittsberichte, die
finanzielle Unterstützung durch IPA II mit Schwerpunkt auf der
Rechtsstaatlichkeit, den Institutionenaufbau, TAIEX, Twinning-Maßnahmen und
Peer Reviews, bei denen Richter, Staatsanwälte und andere Sachverständige für
Rechtsdurchsetzung, Grenzmanagement und Migration aus den Mitgliedstaaten in
direkten Kontakt zu ihren Amtskollegen treten. Im Rahmen der positiven Agenda
für die Türkei wurde eine Arbeitsgruppe zu Kapitel 23 eingesetzt. Zur besseren
Bekämpfung der transnationalen Kriminalität fördert die Kommission die
verstärkte justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit innerhalb der Region,
mit den EU-Mitgliedstaaten sowie mit Europol, Eurojust und Frontex und
zunehmend auch mit dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen. Um ein
geeignetes Vorgehen gegen das Phänomen der ausländischen Kämpfer zu entwickeln,
müssen die Erweiterungsländer ihre Fähigkeit zur Verhinderung der
Radikalisierung verbessern, unter anderem durch den Austausch bewährter
Methoden und eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Die Visaliberalisierung,
die mit besonderen Reformbedingungen verknüpft ist, hat dazu beigetragen, dass
die Länder ihre Anstrengungen gezielter ausrichten können. Die Länder müssen
ihre Bemühungen um die Konsolidierung dieser Reformen verstärken. Die nicht der
Visumpflicht unterliegenden Länder müssen unverzüglich Maßnahmen zur
Verhinderung des Missbrauchs der liberalisierten Visaregelungen ergreifen. Es
bedarf konsolidierter Anstrengungen in den Bereichen Migration und
Grenzmanagement. Noch ausstehende Fragen in diesen Bereichen werden weiter in
den relevanten Foren angegangen, beispielsweise im Kontext des Stabilisierungs-
und Assoziierungsabkommens und auch in den Verhandlungen über Kapitel 24
(Recht, Freiheit und Sicherheit). ii) Grundrechte Die Lage bei den
bürgerlichen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Rechten sowie den
Rechten von Angehörigen der Minderheiten in den Erweiterungsländern wird von
der Kommission sorgfältig überwacht. Die Grundrechte sind weitgehend gesetzlich
verankert, doch muss noch mehr getan werden, um zu gewährleisten, dass sie in
der Praxis in vollem Umfang eingehalten werden. Die Freiheit der
Meinungsäußerung und die Medienfreiheit werfen nach wie vor besondere Besorgnis
auf. Die Rechte der Angehörigen von Minderheiten müssen besser geschützt werden
und Diskriminierungen und Feindseligkeiten gegenüber benachteiligten Gruppen,
unter anderem aus Gründen der sexuellen Orientierung, müssen bekämpft werden.
Außerdem bedarf es weiterer Arbeiten zum Schutz der Rechte von Frauen, einschließlich
der Bekämpfung von häuslicher Gewalt. Bei den Rechten der Kinder sind
Verbesserungen notwendig. Weiterer Anstrengungen bedarf es außerdem bei der
Unterstützung von Menschen mit Behinderungen. Auch bei anderen Grundrechten wie
dem Recht auf Eigentum sind noch Herausforderungen zu bewältigen. Häufig sind
wirksamere Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs zur Justiz erforderlich. Die Länder
müssen einen solideren institutionellen Rahmen für den Schutz der Grundrechte
einführen. Menschenrechtsorganisationen, darunter auch Bürgerbeauftragte, sind
vorhanden, doch ihre Stellung muss proportional zur Schwere der Probleme
gestärkt werden. Allzu häufig bleiben die Empfehlungen dieser Institutionen
unbeachtet, ohne dass dies von den staatlichen Stellen ausreichend
weiterverfolgt würde. Außerdem muss die Akzeptanz der Arbeit von
Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsverteidigern insgesamt gestärkt
werden. Um die Erweiterungsländer besser in den EU-Rahmen einzubinden und die
Verbreitung bewährter Methoden zu unterstützen, fordert die Kommission die
Kandidatenländer auf, ihre Vorbereitungen auf die Teilnahme als Beobachter an
den Arbeiten der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte fortzusetzen. Wahrung
der Grundrechte durch das Verfassungsgericht in der Türkei: Seit 2011 kann jede Person, die ihre
verfassungsmäßigen Grundrechte und Grundfreiheiten durch öffentliche Behörden
verletzt sieht, das Verfassungsgericht anrufen, und zwar grundsätzlich, wenn
zuvor alle ordentlichen Rechtsbehelfe ausgeschöpft wurden. Auf der Grundlage
dieses Verfahrens hat das türkische Verfassungsgericht im Jahr 2014
beschlossen, • die Freiheit der
Meinungsäußerung und des Internet zu schützen, • das Recht auf Freiheit und
Sicherheit und das Recht auf ein faires Verfahren zu schützen und den Weg für
Wiederaufnahmeverfahren in mehreren Aufsehen erregenden Fällen zu ebnen, die in
der Türkei zur Polarisierung geführt haben, • Hassreden
aus Gründen der sexuellen Orientierung als Straftatbestand anzuerkennen. Ø Freiheit der
Meinungsäußerung und Medienfreiheit Der
rechtliche Rahmen für die Freiheit der Meinungsäußerung und die Medienfreiheit
ist in den Erweiterungsländern weitgehend vorhanden, wobei sich im Großen und
Ganzen eine pluralistische Medienlandschaft etabliert hat. Im vergangenen Jahr
hat sich die Situation bezüglich der Freiheit der Meinungsäußerung und der
Medienfreiheit in einigen Ländern allerdings in der Praxis verschlechtert.
Viele wichtige Herausforderungen müssen dringend angegangen werden; unter
anderem geben die Eingriffe der Regierung in die Medienfreiheit weiterhin
Anlass zu ernster Besorgnis. Es bedarf weiterer Anstrengungen, um die
politische und finanzielle Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten sicherzustellen, die Aufsichtsbehörden zu stärken und eine
funktionierende Selbstregulierung der Medien zu fördern. Ferner muss auch gegen
die inoffizielle Macht der Wirtschaft über die Medien vorgegangen werden, unter
anderem durch Transparenz bei den Eigentumsverhältnissen der Medien mit dem
Ziel, eine übermäßige Medienkonzentration zu verhindern, sowie durch
transparente Ausschreibungsregeln für staatliche Werbekampagnen. In einigen
Ländern wird durch fortgesetzte Gewalt und Einschüchterung gegenüber
Journalisten ein Klima der Angst und Selbstzensur geschürt, wobei die Behörden
bei der Ermittlung und angemessenen Bestrafung der Täter wenig Erfolge
vorweisen können. Gelegentlich tragen die Regierungen selbst zu einer
Atmosphäre bei, in der Journalisten, die der Regierungspolitik kritisch
gegenüberstehen, als Verräter abqualifiziert werden, was eine Selbstzensur zur
Folge hat. Obwohl der Tatbestand der Verleumdung abgeschafft wurde, werden
Journalisten weiterhin strafrechtlich verfolgt. Es sind Weiterentwicklungen und
Schulungen im Justizwesen erforderlich, um dem Missbrauch staatlicher Gewalt
entgegenzuwirken. Die
Kommission räumt den Arbeiten auf dem Gebiet der freien Meinungsäußerung und
der Medienfreiheit im Rahmen des EU-Beitrittsprozesses weiterhin Priorität ein.
Die Kommission wird die Möglichkeit prüfen, 2015 zusammen mit dem Europäischen
Parlament die dritte Speak-Up!-Konferenz zu veranstalten, bei der wichtige
Vertreter der Medien, der Zivilgesellschaft und der nationalen Behörden
zusammentreffen. Im späteren Jahresverlauf wird die Kommission erstmals einen
Preis für investigativen Journalismus verleihen. Ø Schutz von
Minderheiten, einschließlich der Roma Insgesamt sind
solide und gut ausgearbeitete Rechtsrahmen für den Minderheitenschutz
vorhanden. Die Umsetzung in der Praxis gestaltet sich jedoch häufig schwierig,
insbesondere wenn ein Zusammenhang mit jüngeren Konflikten besteht. Es muss
mehr unternommen werden, um die ordnungsgemäße Umsetzung der rechtlichen
Verpflichtungen sicherzustellen und besser auf die Schwierigkeiten der
ethnischen Minderheiten einzugehen. Fragen wie der Verwendung von
Minderheitensprachen, dem Zugang zur Bildung und der politischen Vertretung
muss vielfach noch größere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es muss eine Kultur
der Akzeptanz von Minderheiten gefördert werden, und Feindseligkeiten seitens
der Gesellschaft müssen durch Bildungsmaßnahmen, öffentliche Debatten und
Sensibilisierungskampagnen bekämpft werden. Gegenüber Fällen von ethnisch
motivierten Hassreden, Diskriminierung, Gewalt und Einschüchterung muss ein
proaktives Null-Toleranz-Konzept verfolgt werden. Es ist wichtig, dass in
Bereichen wie audiovisuelle Medien, Sport, Politik, Bildung und Internet ein
kohärenter Rahmen für die Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit fest etabliert wird. In allen
westlichen Balkanländern und auch in der Türkei ist die Lage der meisten
Roma-Gemeinschaften nach wie vor äußerst besorgniserregend. Häufig sind die
Roma Opfer von Rassismus, Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung und leben in
tiefer Armut ohne ausreichenden Zugang zu Gesundheitsversorgung, Wohnraum und
Beschäftigung. Das Fehlen von Personenstandsunterlagen wirft ebenfalls
Besorgnis auf. Die Kommission veranstaltete im April 2012 ein hochrangiges
Gipfeltreffen zur Lage der Roma, um die Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeiten
der Roma in ganz Europa, einschließlich der Erweiterungsländer, zu lenken.
Dabei wurde die besondere Rolle der lokalen und regionalen Behörden bei der
Gewährleistung der sozialen Integration der Roma hervorgehoben. 2014 führte die
Kommission einen Preis für Roma-Integration ein, um den wertvollen Beitrag von
NRO zur Inklusion der Roma zu würdigen. Die Kommission
arbeitet eng mit allen Erweiterungsländern zusammen, um eine angemessene
Umsetzung, Weiterverfolgung und Überwachung der nationalen Strategien zur
Eingliederung der Roma sicherzustellen. Auch die finanzielle Unterstützung
durch IPA wird intensiviert und gezielter auf die Unterstützung nachhaltiger
Fortschritte in den fünf vorrangigen Bereichen Bildung, Beschäftigung,
Gesundheit, Wohnraum und Personenstandsunterlagen ausgerichtet. Die Kommission
beabsichtigt, die strategische Zusammenarbeit mit internationalen
Organisationen und anderen Gebern zu verstärken. Die Integration der Roma muss
eine Priorität auf nationaler Ebene werden, unterstützt durch einen starken
politischen Willen auf allen Ebenen, wobei sämtliche Akteure ihrer
Verantwortung nachkommen müssen. Förderung
der frühkindlichen Bildung — Lehrassistenten aus der Roma-Gemeinschaft in
Serbien: Mit Blick auf die Steigerung der Schulbesuchsquote
von Roma-Kindern und zur Förderung des Abschlusses des Primarschulzyklus
unterstützt die EU in Serbien seit 2008 ein Netz von mehr als 170 pädagogischen
Assistenten. Diese leisten Hilfe für Schüler aus benachteiligten Gruppen, von
denen viele Roma sind, organisieren Unterrichtsstunden und halten Kontakt zu
den Eltern. Diese Initiative, die nun fest in das serbische Bildungssystem
eingebunden ist, hat zu einem deutlichen Anstieg der Schulbesuchsquote in den unteren
Klassen sowie der Teilnahme an den Vorschulprogrammen geführt. Ø Sexuelle
Orientierung und Geschlechtsidentität Homophobie,
Diskriminierung und Hassverbrechen, einschließlich Gewalt und Einschüchterung,
aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität sind in den
westlichen Balkanländern und in der Türkei immer noch weit verbreitet. Die
Antidiskriminierungsvorschriften in der Türkei und der ehemaligen
jugoslawischen Republik Mazedonien müssen dringend auf die sexuelle
Orientierung und die Geschlechtsidentität ausgeweitet werden. In diesen beiden
Ländern und auch in Bosnien und Herzegowina sowie im Kosovo müssen noch
Rechtsvorschriften über Hassverbrechen eingeführt werden. Es müssen Schulungen
für Strafverfolgungsbeamte, Bürgerbeauftragte, Richter und Angehörige der
Medienberufe durchgeführt werden, um sie mit den neuen Rechtsvorschriften
vertraut zu machen, deren ordnungsgemäße Anwendung sicherzustellen und zu einem
größeren Verständnis beizutragen. Es bedarf eines
Null-Toleranz-Konzepts gegenüber Hassreden, Gewalt und Einschüchterung sowie
einer starken Führungsrolle der Behörden, um einen Wandel in der häufig
feindseligen Haltung der Gesellschaft gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen,
Transgender-Personen und Intersexuellen (LGBTI) zu bewirken. Die Länder müssen
Maßnahmen zur Bekämpfung von Stereotypen und Fehlinformationen ergreifen, auch
im Bildungswesen. Religiöse oder kulturelle Werte dürfen keinesfalls geltend
gemacht werden, um Diskriminierungen zu rechtfertigen. Die Versammlungsfreiheit
und die Freiheit der Meinungsäußerung müssen geachtet werden, auch durch einen
angemessenen Umgang mit Paraden zum Thema „Gay Pride“. Die Kommission
wird im Spätherbst gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und der
italienischen Ratspräsidentschaft eine hochrangige Konferenz veranstalten, um
Bilanz über den Stand der Dinge und die Fortschritte beim Thema LGBTI zu ziehen
und bewährte Verfahren auszutauschen. Verbesserung
der Reaktion der Polizei auf Gewalt gegen LGBTI-Personen in Bosnien und Herzegowina: Fälle von Drohungen und Gewalt gegen Menschen
aufgrund ihrer sexuellen Orientierung werden in der gesamten Region
üblicherweise nur sehr lückenhaft erfasst. Dies ist teilweise auf
Gleichgültigkeit oder sogar Feindseligkeit seitens Polizei und Gesellschaft
sowie auf einen Mangel an Vertrauen in die Gegenmaßnahmen der Behörden
zurückzuführen. Die Polizei in Sarajewo hat speziell ausgebildete
Verbindungsbeamte ernannt, die sich mit Fällen von Drohungen und Angriffen
gegen Homosexuelle befassen. Diese Initiative ist das Ergebnis einer guten
Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den NRO und hat innerhalb der Polizei
zu einem stärkeren Bewusstsein dafür geführt, dass dieses Phänomen wirksamer
bekämpft werden muss und dass gegen alle Fälle von Hassverbrechen angemessener
vorgegangen werden muss. Ø Frauenrechte Es muss mehr
getan werden, um die Frauenrechte zu fördern und die Gleichstellung der
Geschlechter zu gewährleisten. Die Diskriminierungen bei der Beschäftigung,
sowie die geringe Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt müssen angegangen
werden. Klischees und traditionelle Geschlechterrollen bestehen fort, teils in
einem Maß, das die Möglichkeiten von Frauen zur Ausübung ihrer Rechte stark
beschneidet, insbesondere in der Türkei. Im Kosovo stoßen Frauen auf erhebliche
Hindernisse bei der Wahrnehmung ihres Rechts auf das Erbe von Grund und Boden.
Die meisten Länder der Region haben das Übereinkommen des Europarates zur
Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt
ratifiziert, das in diesem Jahr in Kraft getreten ist. Seine Umsetzung ist von
wesentlicher Bedeutung, da die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und
die Unterstützung von Opfern für alle Länder nach wie vor eine Herausforderung
darstellen. In der Türkei geben häusliche Gewalt, Unterdrückung und Gewalt aus
Gründen der „Ehre“ sowie das Problem der Früh- und Zwangsehen weiterhin Anlass
zu ernster Besorgnis. Mit dem Übereinkommen wird eine Reihe von
Straftatbeständen eingeführt, die als Gewalt gegen Frauen gelten und unter Strafe
gestellt werden müssen. Dazu zählen psychische, physische und sexuelle Gewalt,
einschließlich Vergewaltigung, Zwangsehen und Stalking. Umfassendes
Programm zur Gleichstellung der Geschlechter in Montenegro: Die politischen und rechtlichen Entwicklungen der
letzten Jahre haben eine neue Grundlage geschaffen, um Frauen zur Wahrnehmung
ihrer Rechte zu befähigen und ihre Möglichkeit, einen Beitrag zur politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu leisten, zu verbessern. Mit dem
Ziel sicherzustellen, dass die einschlägigen Rechtsvorschriften und Maßnahmen
umgesetzt werden, hat Montenegro ein umfassendes Gleichstellungsprogramm
eingeleitet, um das Recht von Frauen auf Unversehrtheit, ihr wirtschaftliches
Vorankommen und ihre politische Vertretung zu fördern. Dies hat zur Einsetzung
multidisziplinärer Teams für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen geführt und
zur Erhöhung des Anteils von Frauen im Parlament beigetragen. Ø Rechte des
Kindes Es muss mehr
getan werden, um die Rechte des Kindes zu schützen; so müssen vor allem der
Schutz vor allen Formen von Gewalt und der Zugang zur Justiz und
Jugendgerichtsbarkeit gewährleistet und gemeinschafts- und familienbasierte
Alternativen zur Heimunterbringung von Kindern ohne elterliche Fürsorge
gefördert werden. Die meisten Länder der Region haben inzwischen die
Rechtsgrundlagen geschaffen und Aktionspläne eingeführt, sind jedoch mit der
Umsetzung im Rückstand. III.
Regionale und bilaterale Fragen
und Vergangenheitsbewältigung Gutnachbarschaftliche
Beziehungen und regionale Zusammenarbeit sind wesentliche Elemente des
Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses. Die gutnachbarschaftlichen
Beziehungen wurden durch die Intensivierung der Zusammenarbeit und der
Kontakte auf bilateraler Ebene gestärkt, auch in sensiblen Bereichen wie
Kriegsverbrechen, Flüchtlingsrückkehr – unter anderem durch Umsetzung des
regionalen Wohnraumbeschaffungsprogramms im Rahmen des Sarajewo-Prozesses[4]
(wo der Wohnungsbau jetzt im Gange ist) – und im Bereich der organisierten
Kriminalität und der polizeilichen Zusammenarbeit. Die Fortschritte müssen
weiter konsolidiert werden. Die Überschwemmungen, von denen Bosnien und
Herzegowina sowie Serbien im Mai stark betroffen waren, haben nicht nur zu
massiven Maßnahmen der EU geführt, wodurch deren Solidarität und die Vorteile
einer besseren Integration zum Ausdruck kamen, sondern auch zu einer guten
Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Ländern und innerhalb der gesamten
Region. Über die nationalen und ethnischen Grenzen hinweg wurde starke Solidarität
gezeigt, vor allem, aber nicht nur auf Basisebene. Die politischen
Entscheidungsträger sollten die Gelegenheit nutzen, auf diesem guten Willen
aufzubauen, um die gemeinsamen Herausforderungen auf dem Weg in die EU in den
Mittelpunkt der weiteren Zusammenarbeit zu rücken. Es bedarf
weiterer Bemühungen zur Überwindung der bilateralen Streitigkeiten
zwischen den Erweiterungsländern und mit den Mitgliedstaaten. Zahlreiche
ungelöste Fragen stellen weiterhin eine Belastung für die bilateralen
Beziehungen in der Region dar, insbesondere solche, die durch den Zerfall des
ehemaligen Jugoslawien aufgeworfen wurden, wie Streitigkeiten zwischen
ethnischen Gruppen oder über Statusfragen, die Lage der Minderheiten, die
Verantwortung für Kriegsverbrechen, vermisste Personen und der Verlauf der
Grenzen. Die diametral entgegengesetzten Standpunkte zur jüngsten Geschichte
belasten ebenfalls die Beziehungen. Den ersten Schritten zur Unterstützung der
Initiative für Wahrheitsfindung und Aussöhnung (RECOM) sollten nun weitere folgen.
Die Aussöhnung ist unverzichtbar, um die Stabilität zu fördern und in
Südosteuropa zur Schaffung eines Umfelds beizutragen, das die
Vergangenheitsbewältigung fördert, um so das Risiko einer politischen
Instrumentalisierung der ungelösten bilateralen Probleme auszuräumen. Bilaterale
Fragen müssen von den Betroffenen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt
angegangen werden und sollten den Beitrittsprozess – der auf den festgelegten
Auflagen basieren sollte – nicht aufhalten. Die Kommission fordert die Beteiligten
mit Nachdruck auf, Grenzstreitigkeiten im Einklang mit den bestehenden
Grundsätzen und Möglichkeiten zu lösen und gegebenenfalls an den
Internationalen Gerichtshof oder andere vorhandene bzw. ad hoc eingerichtete
Streitbeilegungsinstanzen zu verweisen. Von den Beitrittsverhandlungen können
politische Impulse für die Streitbeilegung ausgehen. Der Prozess der
Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo muss
weiterverfolgt und die Vereinbarung von Brüssel[5] umgesetzt
werden. Die EU hat das Erfordernis einer Normalisierung der Beziehungen in den
Verhandlungsrahmen mit Serbien und in das SAA mit dem Kosovo eingebunden. In
Bezug auf die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ist es nach wie vor
wichtig, dass die gutnachbarschaftlichen Beziehungen gewahrt bleiben und dass
unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen unverzüglich eine für beide
Seiten akzeptable Lösung in der Frage des Ländernamens ausgehandelt wird. Die
Kommission wird weiterhin allen betroffenen Ländern politische Unterstützung
und Erleichterungen anbieten, um bilaterale Fragen möglichst frühzeitig zu
lösen; außerdem wird sie die Lösungssuche in anderen Foren aktiv unterstützen. Die
gutnachbarschaftlichen Beziehungen werden weiter durch verschiedene regionale
Kooperationsinitiativen verbessert. Die Kommission unterstützt
uneingeschränkt die Arbeiten im Rahmen des Südosteuropäischen
Kooperationsprozesses (SEECP) und des Regionalen Kooperationsrates (RCC),
einschließlich der Regionalstrategie 2020. Die Kommission begrüßt die
Einrichtung der regionalen parlamentarischen Versammlung des SEECP im Mai und
die unlängst eingeleitete verstärkte Zusammenarbeit der sechs westlichen
Balkanstaaten im Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess. Im Rahmen dieser
Initiative fanden in jüngster Zeit wichtige Kontakte zwischen den Außen- und
Finanzministern der Region statt, um gemeinsame Herausforderungen zu erörtern,
vor allem auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Governance. Die Zusammenarbeit in
anderen regionalen Gremien wie im Rahmen der Mitteleuropäischen Freihandelszone
(CEFTA), der Energiegemeinschaft und der Regionalen Schule für öffentliche
Verwaltung wurde fortgesetzt. Solche Initiativen müssen komplementär und
integrativ sein und die Region muss Eigenverantwortung dafür übernehmen und sie
selbst steuern. Die Kommission begrüßt, dass auf dem Gipfel von Berlin im
August starke politische Unterstützung für die europäische Perspektive der
westlichen Balkanstaaten zum Ausdruck gebracht wurde. Es sind weitere jährliche
Gipfeltreffen geplant, von denen das nächste von Österreich ausgerichtet werden
soll. Der „Berlin-Prozess“ kann maßgeblich zur Förderung von Reformen und zur
Vereinbarung realistischer Prioritäten für Schlüsselinvestitionen in die
Vernetzung beitragen. Außerdem kann er als Ansporn zur Lösung offener
bilateraler Fragen fungieren. Die Kommission ist bereit, Folgemaßnahmen zu
dieser Initiative zu unterstützen. *** IV.
Schlussfolgerungen und
Empfehlungen Auf der
Grundlage der vorstehenden Analyse und der Bewertungen in den im Anhang
beigefügten Zusammenfassungen für die einzelnen Länder gelangt die Kommission
zu folgenden Schlussfolgerungen und gibt folgende Empfehlungen
ab: I 1.
In
den letzten fünf Jahren hat die Kommission die Glaubwürdigkeit der
Erweiterungspolitik verbessert und ihre Transformationskraft gestärkt, indem
sie sichergestellt hat, dass bereits in einem frühen Stadium des
Erweiterungsprozesses eine stärkere Fokussierung auf grundlegende Reformen
erfolgt. Die Kommission hat besonderen Nachdruck auf die drei Säulen i) Rechtsstaatlichkeit,
ii) wirtschaftliche Governance und iii) Reform der öffentlichen
Verwaltung gelegt. 2.
2012
führte die Kommission ein neues Konzept für die Rechtsstaatlichkeit ein. 2013
hat die Kommission einen Rahmen für die Stärkung der wirtschaftlichen
Governance vorgestellt, der sich auf die Erfahrungen im Rahmen des Europäischen
Semesters stützt. In diesem Jahr legt die Kommission neue Ideen zur
Unterstützung der Reform der öffentlichen Verwaltung in den Beitrittsländern
dar. Die drei Säulen des intensivierten Erweiterungsprozesses sind miteinander
verbunden, und Fortschritte in diesen Bereichen sind maßgeblich für die
Entscheidung, wann die Länder uneingeschränkt für den Beitritt zur EU bereit
sind. 3.
Die
Erweiterungspolitik der EU bringt allen Seiten Vorteile in Form von Frieden,
Sicherheit und Wohlstand in Europa. Sie untermauert die politische und
wirtschaftliche Stärke der EU und hat eine beträchtliche Transformationswirkung
auf die betroffenen Länder. Ein gut vorbereiteter Beitrittsprozess stellt sicher,
dass die Erweiterung nicht zu Lasten der Effizienz der Union geht. 4.
Der
zehnte Jahrestag des historischen Beitritts von zehn Mitgliedstaaten,
der im Mai begangen wurde, hat an die erzielten Fortschritte erinnert. Mit der
Erweiterung nehmen auch die Chancen für Unternehmen, Anleger, Verbraucher,
Touristen, Studierende und Eigentümer von Grundbesitz in der EU zu. Die
Erweiterung der EU ist nicht nur den beitretenden Ländern zugutegekommen,
sondern auch den bestehenden Mitgliedstaaten. Handel und Investitionen haben
zugenommen. Die Lebensqualität der Bürger hat sich verbessert, da die Umwelt-,
Verbraucher- und weitere Normen der EU breitere Anwendung finden. 5.
Für
die Länder des westlichen Balkans stellt die von den Mitgliedstaaten gebotene klare
Perspektive einer EU-Mitgliedschaft einen wichtigen stabilisierenden Faktor
dar. Sie unterstützt die Fortschritte bei der Erfüllung der geltenden
Bedingungen einschließlich der Bedingungen des Stabilisierungs- und
Assoziierungsprozesses. Gutnachbarschaftliche Beziehungen und eine integrative
regionale Zusammenarbeit sind unverzichtbar. Kontinuierliche Bemühungen um die
Beilegung bilateraler Streitigkeiten und die Bewältigung der Vergangenheit sind
angesichts der Geschichte der in jüngster Vergangenheit vom Konflikt zerrissenen
Region von größter Bedeutung. 6.
Die
Erweiterung hat sich zu einem starken außenpolitischen Instrument der Union
entwickelt. Die Entwicklungen in der Nachbarschaft der EU unterstreichen die
Bedeutung der Erweiterungspolitik als Instrument für eine weitere Vertiefung
der Zusammenarbeit in zentralen außenpolitischen Fragen. Der bilaterale
außenpolitische Dialog sollte mit allen Erweiterungsländern intensiviert
werden. Kapitel 31 „Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ sollte
frühzeitig mit den verhandelnden Ländern erörtert werden. Die Kommission hebt
hervor, wie wichtig es ist, dass die Erweiterungsländer ihre Standpunkte
schrittweise an die außenpolitischen Standpunkte der EU angleichen. Sie
unterstreicht außerdem die Bedeutung der gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik, darunter die Beteiligung an den Programmen der
Europäischen Verteidigungsagentur. 7.
Der
Beitrittsprozess ist rigoros, denn er beruht auf strengen, aber fairen Bedingungen,
etablierten Kriterien und der Beurteilung nach den eigenen Leistungen. Dies ist
unabdingbar, um die Glaubwürdigkeit der Erweiterungspolitik sicherzustellen,
den Erweiterungsländern Anreize für die Fortsetzung weitreichender Reformen zu
bieten und zu gewährleisten, dass die EU-Bürger den Prozess unterstützen. Was
die Mitgliedstaaten anbelangt, so sollten sie zusammen mit den EU-Institutionen
eine fundierte Debatte über die politischen, wirtschaftlichen und sozialen
Auswirkungen der Erweiterungspolitik führen. 8.
Was
die erste Säule anbelangt, so ist die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit
von zentraler Bedeutung für den intensivierten Beitrittsprozess. Die Reform der
Justiz muss mit Nachdruck verfolgt werden, um für ein unabhängiges und
unparteiisches Justizwesen mit einer wirksamen Rechtsprechung zu sorgen. Die
Länder müssen eine glaubwürdige Erfolgsbilanz bei Ermittlungen,
Anklageerhebungen und Verurteilungen in Fällen von organisierter Kriminalität
und Korruption erreichen. Urteile sollten abschreckend sein und durch
kriminelle Handlungen erworbene Vermögenswerte sollten eingezogen werden. Die
Rechtsstaatlichkeit fördert durch mehr Rechtssicherheit das Geschäfts- und
Investitionsklima und leistet so einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit, zur
Schaffung von Arbeitsplätzen und zum Wachstum. 9.
Die
Kommission setzt das neue vom Rat im Dezember 2011 gebilligte Konzept für die
Rechtsstaatlichkeit weiter um. Dadurch, dass bereits in einem frühen Stadium
des Beitrittsprozesses auf die Rechtsstaatlichkeit eingegangen wird, erhalten
die Länder so viel Zeit wie möglich, um solide Erfolgsbilanzen bei der
Durchführung der Reformen zu erzielen. Dies trägt dazu bei, die solide
Verankerung und die Unumkehrbarkeit der Reformen sicherzustellen. Im Einklang
mit dem neuen Konzept ist die Kommission entschlossen, für eine allgemeine
Ausgewogenheit in den Verhandlungen zu sorgen. Die Fortschritte in den Kapiteln
23 „Justiz und Grundrechte“ und 24 „Recht, Freiheit und Sicherheit“ müssen
parallel zu den allgemeinen Fortschritten in den Verhandlungen erzielt werden.
Die Kommission weist darauf hin, dass die Verhandlungsrahmen eine Klausel zur
allgemeinen Ausgewogenheit enthalten und dass die Möglichkeit besteht, die
Verhandlungen über andere Kapitel auszusetzen, wenn nicht plangemäß
Fortschritte bei der Rechtsstaatlichkeit erzielt werden. 10.
Die
Grundrechte sind in den Rechtsvorschriften der Erweiterungsländer
größtenteils gesetzlich verankert, doch muss noch mehr getan werden, um zu
gewährleisten, dass sie in der Praxis in vollem Umfang eingehalten werden. Die
Freiheit der Meinungsäußerung und die Medienfreiheit werfen nach wie vor
besondere Besorgnis auf. Die Rechte der Angehörigen von Minderheiten müssen
besser geschützt werden. Die Diskriminierungen und Feindseligkeiten gegenüber
benachteiligten Gruppen, unter anderem aus Gründen der sexuellen Orientierung,
werfen nach wie vor große Besorgnis auf. Es bedarf weiterer Arbeiten zum Schutz
der Rechte von Frauen – einschließlich der Bekämpfung von häuslicher Gewalt –
sowie von Kindern und Menschen mit Behinderungen. Die Erweiterungsländer müssen
besser in den EU-Rahmen eingebunden werden und die Verbreitung bewährter
Methoden muss unterstützt werden. Die Kommission fordert die Kandidatenländer
auf, ihre Vorbereitungen auf die Teilnahme als Beobachter an den Arbeiten der
Agentur der Europäischen Union für Grundrechte fortzusetzen. 11.
Was
die zweite Säule betrifft, so ist die Verbesserung der wirtschaftlichen
Governance und der Wettbewerbsfähigkeit in den Erweiterungsländern
wichtig für die Erfüllung der wirtschaftlichen Kriterien für die EU-Mitgliedschaft.
Die Reformen sollten verstärkt werden, um nachhaltiges Wachstum zu erreichen,
die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern und Investitionen
anzukurbeln. Die hohe Arbeitslosigkeit muss bekämpft werden, insbesondere bei
jungen Menschen. Durch die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung dürfte
auch der auf der EU lastende Migrationsdruck gemindert werden. Ob in Bezug auf
die Freizügigkeit der Arbeitnehmer Übergangsmaßnahmen und/oder ein
Schutzmechanismus notwendig sind und wie diese gestaltet werden, wird – unter
Berücksichtigung einer noch durchzuführenden Folgenabschätzung – während der
Beitrittsverhandlungen über eine künftige Erweiterung erörtert werden. 12.
Gestützt
auf die Erfahrungen im Rahmen des Europäischen Semesters und die gestärkte
wirtschaftliche Governance in der EU hat die Kommission verbesserte
Kooperationsprozesse mit den Erweiterungsländern eingeleitet. Die Kommission
plant für die Länder des westlichen Balkans die Ausarbeitung nationaler
Wirtschaftsreformprogramme, die aus zwei Teilen bestehen. Teil 1 wird aus
einer erweiterten Fassung der wirtschaftlichen Heranführungsprogramme für die
Kandidatenländer und der Wirtschafts- und Finanzprogramme für potenzielle
Kandidaten bestehen; auch das Kosovo wird in den Prozess einbezogen. Dieser
Teil wird einen mittelfristigen makroökonomischen und finanzpolitischen Rahmen
enthalten, bei dem ein stärkerer Schwerpunkt auf der Bewertung der
Tragfähigkeit der Zahlungsbilanz und der strukturellen Wachstumshemmnisse
liegen wird. Teil 2 wird sich auf Strukturreformen beziehen, die
naturgemäß sektoraler Art und für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum in den
einzelnen Ländern von besonderem Belang sind; dazu zählt auch der
Investitionsbedarf im Infrastrukturbereich. Mit Blick auf eine verstärkte
Überwachung wird der Bewertungsprozess zu gezielteren politischen Leitlinien
für die einzelnen Länder führen. Mit der Türkei wird ein Wirtschaftsdialog auf
hoher Ebene aufgenommen. 13.
Was
die dritte Säule anbelangt, so stellt die Reform der öffentlichen Verwaltung
in allen Ländern eine Priorität dar. Im öffentlichen Dienst herrscht
weiterhin eine zu starke Politisierung. Die Transparenz, Rechenschaftspflicht,
Professionalität und Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung müssen
verbessert werden. Die Bedürfnisse von Bürgern und Unternehmen müssen stärker
in den Mittelpunkt rücken. Der Verwaltung der öffentlichen Finanzen muss
ebenfalls mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Kommission wird die Reform
der öffentlichen Verwaltung besser in den Erweiterungsprozess einbetten. Mit
den Erweiterungsländern wurden bzw. werden „Sonderarbeitsgruppen für die Reform
der öffentlichen Verwaltung” eingerichtet. Diese Gruppen werden eine zentrale
Plattform bilden, um die Reformen der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben.
Eine strukturiertere politische Diskussion zu den Schlüsselthemen sollte im
SAA-Assoziationsrat/Assoziationsausschuss stattfinden. Die
Beitrittsverhandlungen sollten auch genutzt werden, um die notwendigen Reformen
zu fördern. Die Schlüsselthemen sollten im Rahmen der einschlägigen Kapitel –
darunter öffentliches Beschaffungswesen, Finanzkontrolle, Justiz und
Grundrechte, Steuern und Wirtschafts- und Währungspolitik – sowie auf
Regierungskonferenzen erörtert werden. Die Sonderarbeitsgruppen werden auch ein
Forum für horizontale Fragen der Verwaltungsreform bilden, die sich aus den
entsprechenden Verhandlungskapiteln ergeben, und werden die Fortschritte
beobachten und für Kohärenz sorgen. Die Ergebnisse werden in die Verhandlungen
über die einzelnen Kapitel einfließen. 14.
Die
Stärkung des Funktionierens und der Unabhängigkeit der wichtigsten
demokratischen Institutionen in den Erweiterungsländern ist von wesentlicher
Bedeutung für die Unterstützung des Reformprozesses. Dazu gehört die
Gewährleistung eines konstruktiven und nachhaltigen Dialogs unter Einbeziehung
des gesamten politischen Spektrums, vor allem innerhalb des Parlaments.
Außerdem muss mehr getan werden, um günstige Rahmenbedingungen für
Organisationen der Zivilgesellschaft zu fördern. Eine starke Zivilgesellschaft
leistet einen Beitrag zur politischen Rechenschaftspflicht und zur Verbesserung
des Verständnisses der beitrittsbezogenen Reformen. 15.
Gutnachbarschaftliche
Beziehungen sind
ein wesentliches Element des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses. Es
bedarf kontinuierlicher Bemühungen um die Bewältigung der Vergangenheit, die
Förderung der Aussöhnung und die Beilegung bilateraler Streitigkeiten
zwischen den Erweiterungsländern sowie mit den Mitgliedstaaten. Bilaterale
Fragen müssen von den Betroffenen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt
angegangen werden und sollten den Beitrittsprozess – der auf den festgelegten
Auflagen basieren sollte – nicht aufhalten. 16.
Die
regionale Zusammenarbeit wurde im vergangenen Jahr weiter ausgebaut. Die
Kommission unterstützt uneingeschränkt die Arbeiten im Rahmen des
Südosteuropäischen Kooperationsprozesses (SEECP) und des Regionalen
Kooperationsrates (RCC), einschließlich der Regionalstrategie 2020. Eine
positive Entwicklung war die zunehmende Einbindung des Kosovo in die regionalen
Initiativen. Die Kommission begrüßt die Einleitung der verstärkten
Zusammenarbeit der sechs westlichen Balkanländer im Rahmen des Stabilisierungs-
und Assoziierungsprozesses. Diese Entwicklungen stärken die multilaterale Dimension
der Erweiterungspolitik, unterstützen die integrative Zusammenarbeit und den
Austausch bewährter Verfahren im Bereich der wirtschaftlichen Governance und
fördern die Vernetzung innerhalb der Region und mit der EU. Die Kommission
begrüßt es auch, dass auf dem Gipfel von Berlin im August starke politische
Unterstützung für die europäische Perspektive der westlichen Balkanstaaten zum
Ausdruck gebracht wurde. Es sind weitere jährliche Gipfeltreffen geplant, von
denen das nächste von Österreich ausgerichtet werden soll. Der „Berlin-Prozess“
kann maßgeblich zur Förderung von Reformen und zur Vereinbarung realistischer
Prioritäten für Schlüsselinvestitionen in die Vernetzung beitragen. Außerdem
kann er als Ansporn zur Lösung offener bilateraler Fragen fungieren. Die
Kommission ist bereit, Folgemaßnahmen zu dieser Initiative zu unterstützen. 17.
2014
wurde das neue Instrument für Heranführungshilfe ins Leben gerufen. Im
Rahmen des IPA II wird die EU 11,7 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014-2020
bereitstellen, um die Erweiterungsländer bei ihren Vorbereitungen auf den
Beitritt zu unterstützen und die regionale und die grenzübergreifende
Zusammenarbeit zu fördern. Der Schwerpunkt von IPA II liegt noch stärker auf
den für den EU-Beitritt wichtigen Prioritäten in den Bereichen Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit sowie Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Mit IPA II werden
ein sektorbezogenes Konzept, Anreize für die Erzielung konkreter Ergebnisse,
eine verstärkte Budgethilfe und eine Priorisierung von Projekten eingeführt. Es
bedarf eines koordinierten Ansatzes für die großen Investitionen in die
wichtigsten Infrastrukturkorridore. Die Koordinierung mit den internationalen
Finanzinstitutionen wird derzeit gestärkt. Über den Investitionsrahmen für den
westlichen Balkan werden weiterhin Investitionen unterstützt, die Wachstum und
Beschäftigung ankurbeln und die Vernetzung in der Region fördern. II 18.
Montenegro: Es
wurden weitere Schritte im Rahmen der Beitrittsverhandlungen unternommen. Die
analytische Durchsicht des Besitzstands (Screening) wurde im Mai 2014
abgeschlossen. Im Dezember wurden die Verhandlungen über Kapitel 23 „Justiz und
Grundrechte“ und Kapitel 24 „Recht, Freiheit und Sicherheit“ eröffnet. Auf der
Grundlage der von Montenegro angenommenen Aktionspläne hat die EU einen umfassenden
Katalog mit 84 Zwischenkriterien für die Kapitel 23 und 24 erstellt. Diese
Kriterien bieten eine klare Orientierung für künftige Reformen. Insgesamt
wurden die Verhandlungen zu zwölf Kapiteln eröffnet und zu zwei Kapiteln
vorläufig abgeschlossen. 19.
Die
Umsetzung der Aktionspläne hat begonnen. Infolge der Angleichung der
einschlägigen Rechtsvorschriften an die Verfassungsänderungen vom Juli 2013
wurde eine Reihe von wichtigen Beamten, Richtern und Staatsanwälten ernannt und
gewählt. Nach
mehreren Versuchen ernannte das Parlament im Oktober 2014 schließlich einen
neuen Generalstaatsanwalt. Die Effizienz der Justiz wurde
verbessert. Der Rechtsrahmen für den Schutz der Grundrechte, darunter das
Gesetz über den Bürgerbeauftragten, wurde gestärkt. 20.
Allerdings
gab es Verzögerungen bei einer Reihe von Maßnahmen, insbesondere bei den
Legislativreformen, vor allem im Hinblick auf die Korruptionsbekämpfung.
Legislative Maßnahmen, die angenommen wurden, haben keine konkreten Ergebnisse
nach sich gezogen. Montenegro sollte rasch für die Annahme eines geeigneten
Gesetzes über die Finanzierung politischer Parteien sorgen. Bei Ermittlungen,
Strafverfolgungen und endgültigen Verurteilungen in Korruptionsfällen,
einschließlich der Korruption auf hoher Ebene, muss eine glaubwürdige
Erfolgsbilanz erreicht werden. Es sollte sichergestellt werden, dass
Beschlagnahmen und Einziehungen von Vermögenswerten systematisch angewandt
werden. In Bezug auf die Freiheit der Meinungsäußerung und der Medien bestehen
nach wie vor ernstliche Bedenken. Die Aufklärung von Fällen von Gewalt gegen
Journalisten sollte beschleunigt werden. Es muss ein konstruktiver politischer
Dialog eingeführt werden, und das Vertrauen in den Wahlprozess und die
staatlichen Institutionen muss wiederhergestellt werden. Die Stärkung der
Verwaltungskapazitäten für Fragen der EU-Integration ist von grundlegender
Bedeutung, um auf dem Weg in die EU mit gleichbleibender Dynamik voranzukommen.
Außerdem muss der öffentliche Dienst entpolitisiert und seine Professionalität
erhöht werden. Die Wirtschaftsreform muss fortgesetzt werden, um nicht zuletzt
die hohe Arbeitslosigkeit anzugehen, und die Rahmenbedingungen für Unternehmen
müssen verbessert werden. Eine nachhaltige und mit dem SAA zu vereinbarende
Lösung für den Aluminiumhersteller KAP ist dringend erforderlich. 21.
Es
bedarf einer starken politischen Entschlossenheit zur Durchführung der
tiefgreifenden und dauerhaften politischen Reformen, die für die Stärkung der
Rechtsstaatlichkeit erforderlich sind. Montenegro ist das erste Land, mit dem
die Beitrittsverhandlungen über die Kapitel 23 und 24 nach dem neuen Konzept
eröffnet werden. Die Kommission erinnert daran, dass der Verhandlungsrahmen
eine Klausel zur allgemeinen Ausgewogenheit enthält. Die durch greifbare Ergebnisse
nachzuweisenden Fortschritte bei der Erfüllung der Zwischenkriterien für das
Kapitel über die Rechtsstaatlichkeit und die obengenannten Schwachstellen
werden sich auf das Tempo der Beitrittsverhandlungen insgesamt auswirken,
einschließlich der Tagesordnungen künftiger Regierungskonferenzen. 22.
Serbien: Die
Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und Serbien sind nun im Gange. Der
Beschluss des Europäischen Rates zur Aufnahme von Verhandlungen konnte dank der
Fortschritte Serbiens bei den Reformen und seines anhaltenden Willens zur
Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo gefasst werden. Die erste
Regierungskonferenz zu den Verhandlungen fanden im Januar 2014 statt. Die
analytische Durchsicht des EU-Besitzstands (Screening) schreitet plangemäß
voran. Die starken Überschwemmungen, von denen das Land im Mai betroffen war,
hatten beträchtliche sozioökonomische Auswirkungen. Die EU reagierte sofort mit
umfangreichen Rettungs- und Hilfsmaßnahmen und veranstaltete im Juli eine
Geberkonferenz. Die internationale Gemeinschaft ging umfangreiche Zusagen für
die Phase der Erholung und des Wiederaufbaus ein. 23.
Serbien
hat bei der Reform der öffentlichen Verwaltung einige Fortschritte erzielt. Das
Land verabschiedete eine umfassende Strategie und verstärkte die Koordinierung
und Planung. Im Bereich der Justiz wurden wichtige Rechtsvorschriften und
Regeln für die Beurteilung von Richtern und Staatsanwälten angenommen. Ein
große Anzahl von Gerichtspräsidenten wurde endgültig ernannt. Es gibt starke
politische Impulse zur Bekämpfung der Korruption. In einigen Fällen von
Korruption auf hoher Ebene wurden Ermittlungen durchgeführt und es wurden
Bemühungen unternommen, um die Koordinierung zu verbessern. Serbien hat sich
aktiv an der regionalen Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung
beteiligt. 24.
Allerdings
sind zur Gewährleistung einer effizienten und unabhängigen Justiz weitere
Schritte notwendig. Wichtige Rechtsvorschriften, wie das Gesetz über die
Prozesskostenhilfe, das Gesetz über den Informantenschutz und das Gesetz über
Interessenkonflikte, müssen noch verabschiedet werden. Die Korruption ist in
vielen Bereichen nach wie vor verbreitet. Serbien muss eine Erfolgsbilanz mit
konkreten Ergebnissen bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter
Kriminalität erreichen. Die Grundrechte müssen in der Praxis uneingeschränkt
geachtet werden, einschließlich des Schutzes der am stärksten benachteiligten
Gruppen. Es besteht Besorgnis wegen der Verschlechterung der Rahmenbedingungen
für die uneingeschränkte Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Die
Schwächen in der öffentlichen Verwaltung müssen angegangen werden. Den
Feststellungen der unabhängigen Regulierungsstellen muss besser Folge geleistet
werden. Auch wirtschaftliche Reformen sind wichtig, um das Wachstum zu fördern
und gegen die hohe Arbeitslosigkeit anzugehen. 25.
Die
neue Regierung, der ein starkes Mandat erteilt wurde, sollte diese Gelegenheit
nutzen, die Reformen mit Nachdruck zu verfolgen. Serbien steht noch vor
zahlreichen Herausforderungen. Das Land muss die Teilhabe und Transparenz im
Beitrittsprozess auf proaktive Weise fördern. Zur Unterstützung des
Reformprozesses sollte Serbien die Planung, Koordinierung und Überwachung der
Umsetzung der neuen Rechtsvorschriften und Politikmaßnahmen verbessern. Im Einklang
mit dem neuen Konzept für die Rechtsstaatlichkeit wurden im Rahmen der Kapitel
23 und 24 Kriterien für die Eröffnung der Verhandlungen festgelegt, denen
zufolge Serbien umfassende Aktionspläne vorlegen muss. Um eine allgemeine
Ausgewogenheit in den Verhandlungen zu gewährleisten, müssen die Fortschritte
in diesen Kapiteln parallel zu den allgemeinen Fortschritten in den
Verhandlungen erzielt werden. 26.
Serbien
muss seinen Willen zur regionalen Zusammenarbeit aufrechterhalten und sich
weiter aktiv und konstruktiv für die Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo
einsetzen, bei der bedeutende Fortschritte erzielt wurden. Serbien
sollte auch weiterhin die Umsetzung der im Rahmen des Dialogs getroffenen
Vereinbarungen sicherstellen. Die Kommission weist darauf hin, dass der
Verhandlungsrahmen – wie im Fall der die Rechtsstaatlichkeit betreffenden
Kapitel – erfordert, dass die Fortschritte bei der Normalisierung der
Beziehungen zum Kosovo im Rahmen von Kapitel 35 parallel zu den Fortschritten
in den Verhandlungen insgesamt erfolgen. Kapitel 35 sollte in einem frühen
Stadium der Verhandlungen geöffnet werden. Damit würde eine solide Grundlage
für die Überwachung der Umsetzung der erzielten Vereinbarungen geschaffen. 27.
Ehemalige
jugoslawische Republik Mazedonien: Der
Beitrittsprozess der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien steckt in
einer Sackgasse. Da der Empfehlung der Kommission an den Rat keine Folge
geleistet wurde, wurden die Beitrittsverhandlungen immer noch nicht eröffnet.
Gleichzeitig wurde die Nachhaltigkeit der Reformen beeinträchtigt, da die
Regierung es versäumt hat, in einer Reihe von entscheidenden Fragen für
ausreichende Ergebnisse zu sorgen, wobei in einigen Bereichen Rückschritte
sichtbar wurden. 28.
Bei
der Reform der öffentlichen Verwaltung sowie der aktiven polizeilichen
Zusammenarbeit auf regionaler und internationaler Ebene wurden einige weitere
Fortschritte erzielt. Im Verhältnis zu dem Stand seines Beitrittsprozesses hat
das Land bei der Angleichung an den Besitzstand ein hohes Niveau erreicht. Die
EU-Agenda bildet nach wie vor die strategische Priorität des Landes. 29.
Im
letzten Jahr gab es jedoch ernste Bedenken wegen der zunehmenden Politisierung
der staatlichen Institutionen und der Kontrolle der Regierung über die Medien;
dies galt nach Berichten des OSZE/BDIMR auch im Kontext der Wahlen. Das
Vertrauen in die staatlichen Institutionen wird immer weiter ausgehöhlt. Das
selektive Vorgehen der Justiz wirft wachsende Bedenken auf. Die Lage bei der
Medienfreiheit hat sich weiter verschlechtert. Jüngste politische Krisen
zwischen Regierung und den Oppositionsparteien haben gezeigt, dass
Parteiinteressen zunehmend Vorrang vor nationalen Interessen erhalten. Sowohl
die Regierung als auch die Opposition müssen sicherstellen, dass die politische
Debatte vorrangig im Parlament stattfindet, und zur Schaffung der
Voraussetzungen für dessen reibungsloses Arbeiten beitragen. Die Regierung muss
gewährleisten, dass die Opposition die Möglichkeit hat, ihre demokratische
Kontrollfunktion uneingeschränkt auszuüben. Gleichzeitig muss die Opposition
sich ebenfalls konstruktiv in die demokratischen Prozesse einbringen. Im
vergangenen Jahr fand keine Sitzung im Rahmen des Beitrittsdialogs auf hoher
Ebene statt. Was die Beziehungen zwischen den ethnischen Gruppen anbelangt, so
muss größeres Vertrauen zwischen ihnen aufgebaut werden. Die Überprüfung des
Rahmenabkommens von Ohrid muss noch abgeschlossen und die entsprechenden
Empfehlungen müssen umgesetzt werden. 30.
Es
ist nach wie vor wichtig, dass entscheidende Schritte in Bezug auf die Lösung
der „Namensfrage“ mit Griechenland unternommen werden. Die Tatsache, dass die
Streitparteien nach 19 Jahren in den Gesprächen unter Vermittlung der Vereinten
Nationen immer noch nicht zu einer Lösung gelangt sind, hat direkte nachteilige
Auswirkungen auf die auf Europa gerichteten Bestrebungen des Landes. Es bedarf
eines entschlossenen Handelns sowie proaktiver Unterstützung seitens der
Führungsspitzen der EU. Die Kommission wiederholt noch einmal ihren Standpunkt:
Wären das „Screening“ und die Gespräche im Rat über den Verhandlungsrahmen im
Gange, hätte die notwendige unterstützende Dynamik geschaffen werden können, um
sogar noch vor der Eröffnung der Verhandlungskapitel zu einer von beiden Seiten
akzeptierten Lösung der Namensfrage auf dem Verhandlungswege zu gelangen. 31.
Die
Kommission ist angesichts der von dem Land erreichten Gesamtfortschritte alles
in allem der Auffassung, dass die politischen Kriterien nach wie vor in
ausreichendem Maß erfüllt werden, und erhält ihre Empfehlung aufrecht, die
Beitrittsverhandlungen zu eröffnen, bedauert jedoch die im letzten Jahr
verzeichneten Rückschritte. Die Kommission fordert die Behörden dringend auf,
entschiedene Maßnahmen zu ergreifen, um der wachsenden Politisierung und den
zunehmenden Mängeln bei der Unabhängigkeit der Justiz und der Freiheit der
Meinungsäußerung zu begegnen, damit sie ihre Empfehlung auch in den kommenden
Jahren aufrechterhalten kann. Die Kommission ist weiter entschlossen, die
Bemühungen des Landes bei der in Inangriffnahme aller EU-relevanten Reformen zu
unterstützen, auch durch einen sämtliche Beteiligten einbeziehenden Dialog auf
hoher Ebene, damit das volle Potenzial der Beziehungen ausgeschöpft werden
kann. 32.
Albanien: Der
Beschluss des Europäischen Rates vom Juni 2014, Albanien den Kandidatenstatus
zuzuerkennen, stellt eine Anerkennung für die Reformschritte des Landes dar und
dient gleichzeitig als Ermutigung, das Reformtempo zu erhöhen. Im November 2013
nahm die Kommission mit Albanien einen Dialog auf hoher Ebene auf, um das Land
dabei zu unterstützen, den EU-Integrationsprozess weiter nachdrücklich zu
verfolgen und die Reformfortschritte im Zusammenhang mit den für die Eröffnung
der Beitrittsverhandlungen festgelegten Schlüsselprioritäten zu überwachen.
Albanien hat im Mai 2014 einen Fahrplan zur Festlegung und Strukturierung der
geplanten Reformen im Rahmen der Schlüsselprioritäten verabschiedet. 33.
Albanien
hat im letzten Jahr Fortschritte erzielt. In Bezug auf die Justizreform wurden
weitere Maßnahmen ergriffen. Die Regierung hat den politischen Willen gezeigt,
bei der Prävention und Bekämpfung der Korruption entschlossen vorzugehen. Der
Rechtsrahmen wurde gestärkt und die strategische Koordinierung und Überwachung
auf zentraler Ebene wurden verbessert. Bei der Bekämpfung der organisierten
Kriminalität ist in einer Reihe von Bereichen ein positiver Trend zu
verzeichnen, der auf die Intensivierung der Strafverfolgungsmaßnahmen vor allem
in Bezug auf die Beschlagnahmung von Drogen und den Kampf gegen
Drogenkriminalität sowie die Wirtschaftskriminalität und den Menschenhandel
zurückzuführen ist. Es wurden einige Schritte unternommen, um die gesetzliche
Anerkennung der Rechte von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen
Personen zu verbessern. 34.
Nach
wie vor gibt es jedoch zahlreiche Schwachstellen, insbesondere im Bereich der
Rechtsstaatlichkeit. Hier gibt noch viel zu tun. Die Bekämpfung der Korruption
und der organisierten Kriminalität stellt immer noch eine beträchtliche
Herausforderung dar. Albanien muss erhebliche und nachhaltige Anstrengungen
unternehmen, um die Umsetzung der Schlüsselprioritäten für die Eröffnung der
Beitrittsverhandlungen anzugehen. Das Land muss in folgenden Bereichen
entschlossenes Handeln an den Tag legen: Fortsetzung der Reform der öffentlichen
Verwaltung mit Blick auf die Verbesserung ihrer Professionalität und ihre
Entpolitisierung; Verfolgung einer umfassenden Reform der Justiz, um ihre
Unabhängigkeit, Effizienz und Rechenschaftspflicht durch einen integrativen
Prozess und in enger Abstimmung mit der Venedig-Kommission zu stärken;
Intensivierung der Bemühungen um die Korruptionsbekämpfung und Ergreifen
weiterer entschlossener Maßnahmen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität
im Hinblick auf die Schaffung einer soliden Erfolgsbilanz bei proaktiven
Ermittlungen, Anklageerhebungen und Verurteilungen in beiden Bereichen;
Ergreifung wirksamer Maßnahmen zum besseren Schutz der Menschenrechte, auch der
Roma, zur verstärkten Bekämpfung von Diskriminierung und zur Umsetzung von
Eigentumsrechten. Was die Freiheit der Meinungsäußerung und die Medienfreiheit
betrifft, so hat die Regierung es versäumt, Maßnahmen zur Verwirklichung der
festgelegten Prioritäten zu treffen. Die Agentur für audiovisuelle Medien muss
wieder in sämtliche gesetzlichen Funktionen eingesetzt werden und ihre
Unabhängigkeit muss in der Praxis gewährleistet werden. Albanien sollte die
wirtschaftlichen Reformen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und zur
Bewältigung der hohen Arbeitslosigkeit fortsetzen, gegen den hohen Anteil des
informellen Sektors an der Wirtschaft vorgehen und die Rahmenbedingungen für
Unternehmen verbessern. 35.
Der
Reformprozess muss unbedingt mit einem konstruktiven und nachhaltigen
politischen Dialog zwischen der Regierung und der Opposition einhergehen.
Sowohl die Regierung als auch die Opposition müssen sicherstellen, dass die
politische Debatte vorrangig im Parlament stattfindet, und zur Schaffung der
Voraussetzungen für dessen reibungsloses Arbeiten beitragen. Die Regierung muss
gewährleisten, dass die Opposition die Möglichkeit hat, ihre demokratische
Kontrollfunktion uneingeschränkt auszuüben. Gleichzeitig muss die Opposition
sich ebenfalls konstruktiv in die demokratischen Prozesse einbringen. Eine auf
Kompromissen basierende und konstruktive Arbeit im Parlament ist entscheidend
für die Nachhaltigkeit der Reformen. Die Einrichtung eines Nationalen Rates für
europäische Integration, in dem alle Interessenträger vereint sind, wird den
inklusiven Charakter der Reformen weiter fördern. Darüber hinaus ist ein
solcher Rat von entscheidender Bedeutung für ein Einvernehmen über die Reformen
innerhalb der albanischen Gesellschaft. 36.
Bosnien
und Herzegowina: In Bosnien und Herzegowina stagniert
der Prozess der europäischen Integration nach wie vor. Es fehlt immer noch ein
kollektiver politischer Wille der politischen Entscheidungsträger, die für
Fortschritte auf dem Weg in die EU notwendigen Reformen in Angriff zu nehmen.
Bei den politischen und wirtschaftlichen Themen und bei der Annäherung an die
europäischen Standards wurden nur sehr begrenzte Fortschritte erzielt. Die
starken Überschwemmungen, von denen das Land im Mai betroffen war, hatten
beträchtliche sozioökonomische Auswirkungen. Die EU reagierte sofort mit
umfangreichen Rettungs- und Hilfsmaßnahmen und veranstaltete im Juli eine
Geberkonferenz. Die internationale Gemeinschaft ging umfangreiche Zusagen für
die Erholungs- und Wiederaufbauphase ein. 37.
Die
Bürgerproteste Anfang 2014 veranschaulichten die Fragilität der
sozioökonomischen Lage. Die Kommission brachte drei Initiativen auf den Weg, um
den Schwerpunkt auf Reformen und Themen zu verlagern, die die Bürger
unmittelbar betreffen. Sie hat den strukturierten Dialog zwischen der EU und
Bosnien und Herzegowina zum Thema Justiz auf weitere Rechtsstaatlichkeitsfragen
ausgeweitet, insbesondere auf die Bekämpfung der Korruption. Sie hat eine
gemeinsame Arbeitsgruppe EU-Bosnien und Herzegowina eingesetzt, um die
Umsetzung der von der EU finanzierten Projekte zu beschleunigen. Sie hat die
Stärkung der wirtschaftlichen Governance zum Schwerpunkt gemacht. Dazu gehörte
die Ausarbeitung eines „Pakts für Wachstum und Beschäftigung“ zusammen mit
anderen wichtigen Akteuren, darunter die internationalen Finanzinstitutionen.
Der Pakt wird in den kommenden Monaten als Richtschnur für die notwendigen
wirtschaftlichen Reformen dienen. Darüber hinaus wird er die Grundlage für das
Nationale Wirtschaftsreformprogramm bilden, das das Land der Kommission bis
Ende Januar 2015 vorlegen soll. 38.
Das
Fehlen eines wirksamen Koordinierungsmechanismus für EU-Angelegenheiten
beeinträchtigt weiterhin die Interaktion des Landes mit der EU. Die politischen
Spannungen im Ministerrat wegen der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den
verschiedenen Regierungsebenen hielten an. Erschwert wird dies durch die
komplexen institutionellen Strukturen des Landes. Deswegen konnten drei der
letzten sechs geplanten Sitzungen der Unterausschüsse im Rahmen des
Interimsabkommens nicht stattfinden. Außerdem weigert sich Bosnien und
Herzegowina weiterhin, dieses Abkommen unter Berücksichtigung seiner vor dem
Beitritt Kroatiens zur EU bestehenden traditionellen Handelsbeziehungen zu
diesem Land anzupassen. Die Kommission hat Schritte unternommen, um bestimmte
Handelsvergünstigungen für Bosnien und Herzegowina auszusetzen, wenn die
Anpassung nicht bis Ende 2015 abgeschlossen ist. Das Stabilisierungs- und
Assoziierungsabkommen wurde 2008 unterzeichnet und 2011 ratifiziert, ist jedoch
noch nicht in Kraft getreten, da Bosnien und Herzegowina die Bedingungen noch nicht
erfüllt. 39.
Die
beteiligten politischen Akteure waren nicht in der Lage, sich auf landesweite
Strategien zu einigen, wie sie für das Instrument für Heranführungshilfe in
Bereichen wie Energie, Verkehr und Umwelt erforderlich sind. Dies hat zu einer
beträchtlichen Verringerung der Finanzmittel in diesen Bereichen und zu einer
Neuausrichtung auf Unterstützung geführt, die den Bürgern direkt zugutekommt.
Die Erzielung der erforderlichen Einigung wird Bosnien und Herzegowina
ermöglichen, in den uneingeschränkten Genuss der verfügbaren Mittel zu
gelangen. 40.
Trotz
intensiver Vermittlungsbemühungen der Kommission zur Überwindung der
verbleibenden Hindernisse wurde das Sejdić/Finci-Urteil des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte noch nicht umgesetzt. Das Urteil wird nach wie
vor für enge parteipolitische und ethnische Interessen instrumentalisiert und
eine Lösung wird von anderen Fragen abhängig gemacht. 41.
Damit
Bosnien und Herzegowina auf dem Weg in die EU vorankommt, müssen alle
Regierungsebenen nach den Wahlen rasch formiert und konkrete Reformen zügig
eingeleitet werden. Die politische Führung ist es den Bürgern und Bürgerinnen
von Bosnien und Herzegowina schuldig, eine klare Richtung für das Land
vorzugeben. Die Wirksamkeit und Funktionsweise der politischen Institutionen
auf allen staatlichen Ebenen müssen verbessert werden. Dies gilt insbesondere
für die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Regierungsebenen. Dafür
bedarf es der Einrichtung eines gut funktionierenden Koordinierungsmechanismus
für EU-Angelegenheiten. Außerdem muss die öffentliche Verwaltung in
allen Bereichen gestärkt werden. 42.
Kosovo: Der
Abschluss der Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen
mit dem Kosovo und dessen Paraphierung im Juli bedeuten einen Meilenstein für
die europäische Integration des Kosovo. Es handelt sich um das erste umfassende
Abkommen zwischen der EU und dem Kosovo. Das SAA sieht einen verstärkten
politischen Dialog und eine engere Handelsintegration, einschließlich der
Öffnung der EU-Märkte für gewerbliche Waren und landwirtschaftliche Erzeugnisse
aus dem Kosovo, sowie neue Formen der Zusammenarbeit vor. Die Kommission sieht
nun der Unterzeichnung und dem Abschluss des Abkommens erwartungsvoll entgegen.
Nach den Wahlen im Juni kam es zu einer zunehmenden Polarisierung in der
Politik und das Kosovo ist in eine Situation des politischen Stillstands
geraten, wodurch sich wichtige Reformen verzögern. 43.
Das
Kosovo hat Fortschritte im Dialog über die Visaliberalisierung erzielt. Die
gute Zusammenarbeit mit der EU-Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX wurde
fortgeführt. Die kosovarischen Behörden sind die bedeutende politische
Verpflichtung eingegangen, das Mandat der Mission bei gleichzeitiger Übernahme
von mehr Verantwortung zu erneuern; darüber hinaus haben sie zugestimmt, ein
spezialisiertes Gericht für Fälle einzurichten, die von der
Sonderermittlungseinheit aufgedeckt werden. Um diesen Prozess abschließen zu
können, muss das Kosovo die erforderlichen Änderungen an den
Rechtsvorschriften, einschließlich der Verfassung, annehmen. Das Kosovo sollte
mit dem geplanten Gericht zusammenarbeiten und sich mit seiner Vergangenheit
auseinandersetzen. 44.
Das
Kosovo steht vor zahlreichen Herausforderungen. Die Rechtsstaatlichkeit im
Kosovo, einschließlich der Unabhängigkeit der Justiz, und die begrenzten
Ergebnisse bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption
werfen nach wie vor große Besorgnis auf. Es muss mehr getan werden, um die im
Dialog über Visafragen angesprochenen Mängel zu beheben; dazu zählt auch die
Verringerung der Sicherheits- und migrationsbezogenen Risiken einer
potenziellen Visaliberalisierung. Es müssen nun dringend strukturelle
Wirtschaftsreformen eingeleitet werden, um gegen die hohe Arbeitslosigkeit
vorzugehen. Wichtige Reformen, wie in den Bereichen Wahlrecht und öffentliche
Verwaltung, müssen vorrangig durchgeführt werden; außerdem muss für den Schutz
von Minderheiten gesorgt werden. 45.
Das
Kosovo muss aktiv an seiner EU-Reformagenda und den Prioritäten arbeiten, die
in der Durchführbarkeitsstudie von 2012 und den jüngsten Fortschrittsberichten
hervorgehoben wurden. Im Rahmen des SAA hat sich das Kosovo zu umfassenden
Reformen und zur Angleichung an den EU-Besitzstand verpflichtet, darunter in
Bereichen wie Rechtsstaatlichkeit, öffentliche Verwaltung, Wirtschaft,
Wettbewerb und Handel. Das Kosovo sollte einen Schwerpunkt auf die Vorbereitung
der reibungslosen Umsetzung des SAA, einschließlich der erforderlichen
Strukturen, legen. Die Kommission ist bereit, das Kosovo beim Übergang zu
dieser wichtigen neuen Phase in seinen Beziehungen zur EU zu unterstützen und
ihren Dialog mit dem Nationalen Rat für europäische Integration zu
intensivieren. 46.
Die
Fortschritte des Kosovo mit Blick auf seine europäische Zukunft wurden dadurch
ermöglicht, dass das Kosovo bei den Reformen vorangekommen ist und sich weiter
für die Normalisierung seiner Beziehungen zu Serbien engagiert hat, wobei
erhebliche Fortschritte verzeichnet wurden. In diesem Zusammenhang muss die
neue Regierung im Kosovo den Willen zur regionalen Zusammenarbeit
aufrechterhalten und sich weiter aktiv und konstruktiv für die Normalisierung
der Beziehungen zu Serbien einsetzen. Das Kosovo sollte die Umsetzung der im
Rahmen des Dialogs getroffenen Vereinbarungen weiterhin sicherstellen. 47.
Die
Lage im nördlichen Kosovo ist nach wie vor angespannt. Alle Akteure sollten mit
der EULEX-Mission zusammenarbeiten und von einseitigen Schritten Abstand
nehmen. Die EULEX sollte bei der Ausübung ihres Mandats im Norden des Kosovo
uneingeschränkt unterstützt werden. Es sollten weitere Anstrengungen
unternommen werden, damit die vier Gemeinden im Norden in den Rechtsrahmen des
Kosovo eingebunden werden können. 48.
Türkei: Die
Türkei ist ein Kandidatenland und ein strategischer Partner für die Europäische
Union. Ihre dynamische Wirtschaft leistet einen wertvollen Beitrag zum
Wohlstand des europäischen Kontinents. Angesichts der gravierenden
Entwicklungen in der Region, insbesondere in Syrien und Irak, hat die
Zusammenarbeit in außenpolitischen Fragen noch stärker an Bedeutung gewonnen.
Aufgrund der strategischen Lage der Türkei ist es ferner wichtig, die
Zusammenarbeit in den Bereichen Migrationspolitik und Energiesicherheit
fortzusetzen. Die erheblichen Herausforderungen, die sich aus den jüngsten
Entwicklungen in unserer gemeinsamen Nachbarschaft, einschließlich der Krise in
der Ukraine, ergeben haben, machen noch einmal deutlich, wie wertvoll eine
solche Zusammenarbeit ist. 49.
Aktive
und glaubwürdige Beitrittsverhandlungen bieten den am besten geeigneten Rahmen
für die Nutzung des vollen Potenzials der Beziehungen zwischen der EU und der
Türkei. Aufgrund seines einzigartigen umfassenden und tiefgreifenden Charakters
fördert der Beitrittsprozess, zu dem es keine Alternative gibt, die
EU-bezogenen Reformen und bietet eine wichtige Grundlage für die Vertiefung des
Dialogs über außen- und sicherheitspolitische Fragen sowie für die Verbesserung
der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und der Handelsmöglichkeiten. Er
trägt auch zur Stärkung der Zusammenarbeit in den Bereichen Energie sowie
Justiz und Inneres, einschließlich Migrations- und Visa-/Rückübernahmefragen
bei. Die Beitrittsverhandlungen müssen unter Einhaltung der von der EU
eingegangenen Verpflichtungen und der vereinbarten Auflagen wieder an Dynamik gewinnen.
Die EU sollte auch weiterhin ein wichtiger Anker für die wirtschaftlichen und
politischen Reformen in der Türkei bleiben. In diesem Zusammenhang liegt es im
Interesse sowohl der Türkei als auch der EU, dass die Eröffnungskriterien für
die Kapitel 23 „Justiz und Grundrechte“ und 24 „Recht, Freiheit und
Sicherheit“ so bald wie möglich festgelegt werden, damit die Verhandlungen über
diese beiden Kapitel aufgenommen werden können. Die Türkei kann das Tempo der
Verhandlungen erhöhen, indem sie bei der Erfüllung der entsprechenden Kriterien
und der Anforderungen des Verhandlungsrahmens Fortschritte macht und ihren
vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der EU nachkommt. Dies könnte dem
Verhandlungsprozess erheblichen Elan verleihen. In der Zwischenzeit sollte die
Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei in allen wesentlichen Bereichen
weiterentwickelt werden, vor allem in denjenigen, die bereits in der positiven
Agenda ermittelt wurden. 50.
Die
Türkei spielt eine wichtige Rolle in der Region und engagiert sich aktiv in der
weiteren Nachbarschaft. Vor diesem Hintergrund müssen der Dialog und die
Zusammenarbeit in außenpolitischen Fragen von gemeinsamem Interesse weiter
ausgebaut werden. Die Beteiligung der Türkei an Missionen und Einsätzen der
GSVP sowie ihr jüngstes Angebot, einen Beitrag zu EUFOR RCA und EUBAM Libyen zu
leisten, sind begrüßenswert. Die Rolle, die die Türkei im Zusammenhang mit
Syrien spielt, vor allem durch die sehr umfangreiche humanitäre Hilfe für
Syrer, die vor der Gewalt über die Grenze fliehen, ist von großer Bedeutung.
Die Europäische Union hat sich verpflichtet, die Regierungen und
Aufnahmegemeinschaften der Nachbarländer Syriens auch weiterhin zu
unterstützen, damit sie den zunehmenden Flüchtlingsstrom bewältigen können und
insgesamt belastungsfähiger werden. Die Türkei hat deutlich ihre Bereitschaft
zum Ausdruck gebracht, eine aktive Rolle in der Koalition gegen ISIL zu
spielen. Der politische Dialog sollte genutzt werden, um eine engere
Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der ISIL und der sie finanzierenden Netze
aufzubauen. Der aktive Dialog zwischen der EU und der Türkei über
Terrorismusbekämpfung wird begrüßt und sollte weiter vertieft werden, vor allem
in Bezug auf die „ausländischen Kämpfer“. Die Annahme weiterer Rechtsvorschriften
über Terrorismusbekämpfung durch die Türkei wird diese Zusammenarbeit stärken.
Die EU ermuntert die Türkei nach wie vor, ihre Außenpolitik ergänzend zur EU
und in Abstimmung mit dieser weiterzuentwickeln und sich schrittweise der
Politik und den Standpunkten der EU anzupassen. 51.
Die
Umsetzung der in den vorangegangenen Jahren angenommenen Reformen, vor allem
des im September 2013 angekündigten Demokratisierungspakets, wurde fortgesetzt.
Das Verfassungsgericht hat eine Reihe wichtiger Entscheidungen getroffen, die
die Stabilität des Verfassungssystems des Landes gezeigt haben. Parallel zur
Aufnahme des Dialogs über die Visaliberalisierung wurde im Dezember 2013 das
Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und der Türkei unterzeichnet, das am
1. Oktober 2014 in Kraft trat und eine neue Dynamik in die Beziehungen
zwischen beiden Seiten brachte. Es wurden erneute Bemühungen zur Herbeiführung
einer friedlichen Lösung der Kurdenfrage unternommen, insbesondere durch die
Annahme von Rechtsvorschriften, die „eine stärkere rechtliche Grundlage für den
Prozess“ schaffen sollen. Dieser Prozess ist von historischer Bedeutung für die
Türkei und sollte von allen Seiten in redlicher Absicht fortgesetzt werden. 52.
Die
Reaktion der Regierung auf die Korruptionsvorwürfe vom Dezember 2013 führte zu
großer Besorgnis in Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz und die
Gewaltenteilung. Die umfangreichen Versetzungen und Entlassungen von
Polizeibeamten, Richtern und Staatsanwälten haben das wirksame Arbeiten der
einschlägigen Institutionen stark beeinträchtigt und werfen trotz der
Beteuerungen der Regierung, dass kein Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre
besteht, Fragen hinsichtlich der Art und Weise auf, wie offiziell vorgegangen
wurde. Es ist von zentraler Bedeutung, dass Ermittlungen in mutmaßlichen
Korruptionsfällen in uneingeschränkt transparenter Weise durchgeführt werden
und dass für ausreichende operative Kapazitäten der Justiz- und Polizeibehörden
gesorgt wird. Das Verbot der sozialen Medien, das später durch ein Urteil des
Verfassungsgerichts aufgehoben wurde, und der Druck auf die Presse, der zu
einer umfassenden Selbstzensur führte, zeigen, dass in Bezug auf die Freiheit
der Meinungsäußerung ein restriktiver Ansatz verfolgt wird. Auch das Vorgehen
hinsichtlich der Versammlungsfreiheit bleibt restriktiv. Die türkischen
Rechtsvorschriften über die Versammlungsfreiheit, einschließlich der Umsetzung,
und die Vorgehensweise der Strafverfolgungsbehörden müssen mit den europäischen
Standards in Einklang gebracht werden. 53.
In
diesem Zusammenhang bestehen die Prioritäten für die Türkei nun darin, den
Dialog über das gesamte politische Spektrum hinweg und in der Gesellschaft
insgesamt zu fördern, ihre Bemühungen um die Reform der Rechtsstaatlichkeit zu
verstärken und der Achtung der Grundrechte in Recht und Praxis besondere
Aufmerksamkeit zu widmen. Durch die Aufnahme von Verhandlungen über die
Kapitel 23 und 24 würde die Türkei einen umfassenden „Fahrplan“ für
Reformen in diesem Schlüsselbereich erhalten. Die Türkei wird aufgerufen, systematischer
mit der Kommission und anderen einschlägigen Gremien wie dem Europarat
(einschließlich der Venedig-Kommission) zusammenzuarbeiten. Insgesamt sollte
der wirksamen Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften mehr Aufmerksamkeit
gewidmet werden. Das Ministerium für Europäische Angelegenheiten spielt eine
entscheidende Rolle bei der Gewährleistung der Koordinierung und der
Vereinbarkeit der neuen Rechtsvorschriften mit denen der EU. Die Kommission
erwartet nun, dass die Türkei ihre vor kurzem angenommene EU-Strategie
weiterverfolgt, die dem Beitrittsprozess der Türkei neue Impulse geben soll. 54.
Die
im Jahr 2012 auf den Weg gebrachte positive Agenda unterstützt und ergänzt
weiterhin die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei durch eine intensivere
Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen von gemeinsamem Interesse. Mehr
Kontakte auf hoher Ebene zwischen der Türkei und der Europäischen Union und
ihren Mitgliedstaaten würden zu einer weiteren Vertiefung der Zusammenarbeit
führen. Die Herausforderungen im Bereich Justiz und Inneres, insbesondere
hinsichtlich der Migration, müssen durch verstärkte gemeinsame Anstrengungen
angegangen werden. Die EU erwartet, dass die Türkei ihren Verpflichtungen im
Rahmen des Rückübernahmeabkommens gegenüber allen Mitgliedstaaten uneingeschränkt
und wirksam nachkommt. 55.
Mit
ihrer großen und dynamischen Volkswirtschaft ist die Türkei außerdem ein
wichtiger Handelspartner und im Rahmen der Zollunion eine wertvolle Komponente
der Wettbewerbsfähigkeit der EU. Es ist an der Zeit, die Erschließung des
vollen Potenzials der Zollunion voranzutreiben. Die EU und die Türkei sollten
bei der Ausweitung und Modernisierung ihrer Handelsbeziehungen zum
beiderseitigen Nutzen zusammenarbeiten. Eine Reihe von Fragen bezüglich der
Funktionsweise der Zollunion, die in der 2014 abgeschlossenen Bewertung
ermittelt wurden, sollten ebenfalls behandelt werden. Darüber hinaus ist es von
zentraler Bedeutung, dass ein aktiver und weitreichender Wirtschaftsdialog
aufgenommen wird. Die weitere Intensivierung der Zusammenarbeit der EU mit der
Türkei im Energiebereich und Fortschritte bei den Beitrittsverhandlungen würden
den Verbund und die Integration der Energiemärkte erleichtern. Durch die
Eröffnung der Verhandlungen über Kapitel 5 (Öffentliches Beschaffungswesen),
Kapitel 8 (Wettbewerb) und Kapitel 19 (Beschäftigung und Sozialpolitik), die
erfolgen kann, sobald die Türkei die erforderlichen Kriterien erfüllt, würde
die wirtschaftliche Zusammenarbeit erheblich gestärkt. 56.
Die
EU hebt die Hoheitsrechte der EU-Mitgliedstaaten hervor: Hierzu zählt unter
anderem das Recht, bilaterale Abkommen zu schließen und ihre natürlichen
Ressourcen im Einklang mit dem Besitzstand der EU und dem Völkerrecht –
einschließlich des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen – zu erforschen
und zu nutzen. Im Einklang mit den wiederholten Stellungnahmen des Rates und
der Kommission in den Vorjahren muss die Türkei nun dringend ihre Verpflichtung
zur vollständigen Umsetzung des Zusatzprotokolls erfüllen und bei der
Normalisierung der Beziehungen zur Republik Zypern weiter vorankommen. Dies
könnte dem Beitrittsprozess neue Impulse verleihen und damit insbesondere
Fortschritte bei den Verhandlungen zu den acht von den Ratsschlussfolgerungen
vom Dezember 2006 abgedeckten Kapiteln ermöglichen. Die Kommission ruft zudem
zur Vermeidung jeglicher Drohung, Irritation oder provokativen Handlung auf,
welche die gutnachbarschaftlichen Beziehungen und die friedliche
Streitbeilegung beeinträchtigen könnte. Die Kommission begrüßt es, dass die
Türkei die Wiederaufnahme der umfassenden Vermittlungsgespräche in Zypern
unterstützt. Nun ist wichtig, dass darauf konstruktive Erklärungen und konkrete
Maßnahmen folgen. 57.
Die
Kommission begrüßt die Wiederaufnahme umfassender Gespräche über die Zypern-Frage
zwischen den Führern der griechisch-zyprischen und der türkisch-zyprischen
Gemeinschaft unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen sowie die
Ernennung von Espen Barth Eide zum Sonderberater des VN-Generalsekretärs für
Zypern. Die Kommission erwartet, dass beide Seiten rasch substanzielle
strukturierte Verhandlungen aufnehmen, die den Weg für eine umfassende, allen
Seiten zugutekommende Einigung über die Zypern-Frage ebnet. Die Kommission ruft
zu Maßnahmen auf, die zur Schaffung eines positiven Klimas zwischen den
Gemeinschaften beitragen und den Zyprern in ihrem täglichen Leben zum Vorteil
gereichen, und begrüßt zivilgesellschaftliche Initiativen mit diesem Ziel. Die
EU hat ihre Bereitschaft bekundet, die Bedingungen einer Einigung im Einklang
mit den Grundsätzen, auf denen die Union basiert, zu beachten. Erklärungen, die
der Schaffung einer positiven Atmosphäre im Kontext der laufenden Gespräche
über eine Einigung nicht förderlich sind, sollten vermieden werden. 58.
Island: Infolge
einer Entscheidung der Regierung des Landes sind die Beitrittsverhandlungen
seit Mai 2013 ausgesetzt. Angesichts des Standpunkts der Regierung setzte die
Kommission die schrittweise Einstellung der IPA-Heranführungshilfe für Island
fort. Island bleibt als Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum, als Mitglied des Schengen-Raums und im Rahmen der
Arktis-Kooperation ein wichtiger Partner der EU. ANHANG Zusammenfassung
der Feststellungen in den Fortschrittsberichten über Montenegro, Serbien, die
ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Albanien, Bosnien und Herzegowina,
das Kosovo und die Türkei Montenegro
Montenegro
erfüllt nach wie vor in ausreichendem Maße die politischen Kriterien.
Die Regierung hat sich weiter auf die EU-Integration konzentriert. Die Strukturen
für die Beitrittsverhandlungen wurden weiter gestärkt. Die Annahme des
Aktionsplans 2014-15 für die Umsetzung der Strategie zur Reform der
öffentlichen Verwaltung und die Einrichtung einer neuen Arbeitsgruppe für die
Reform der öffentlichen Verwaltung im Rahmen des Stabilisierungs- und
Assoziierungsabkommens dürften die weiteren Fortschritte in diesem Bereich
unterstützen.
Die öffentliche Verwaltung muss weiter gestrafft, die Transparenz als Mittel
zur Einschränkung der Korruptionsmöglichkeiten erhöht und die Stärkung der
Verwaltungskapazitäten im Bereich der europäischen Integration gewährleisten
werden. Ernsthafte Bemühungen sind erforderlich, um das hohe Maß an
Politisierung im öffentlichen Dienst anzugehen und ein leistungsorientiertes
System für Einstellungen und Beförderungen einzurichten. Die Professionalität
und Effizienz des öffentlichen Dienstes müssen erhöht werden, um die Verwaltung
in die Lage zu versetzen, die mit den Beitrittsverhandlungen verbundenen
Herausforderungen zu bewältigen und den Besitzstand umzusetzen. Was das
öffentliche Finanzmanagement betrifft, so müssen die Kapazitäten im Bereich
Finanzprognose gestärkt und die europäischen Standards besser eingehalten
werden. Die
Wahlen, die Anfang 2014 in einigen Kommunen stattfanden, wurden durch
angebliche Missstände beeinträchtigt. Diese sollten untersucht und die
Verantwortlichen erforderlichenfalls von den zuständigen Behörden zur
Rechenschaft gezogen werden. Aufgrund der politischen Polarisierung erwies sich
die Bildung neuer Kommunalverwaltungen nach den Wahlen in einigen Fällen als
schwierig. Neue Wahlgesetze wurden im Februar und März verabschiedet. Damit
wurden zwar mehrere Empfehlungen des OSZE/BDIMR, denen noch nicht Folge
geleistet worden war, umgesetzt, doch müssen einige Aspekt noch im Einklang mit
europäischen Standards und praxisbewährten Methoden geregelt werden. Die
Verabschiedung der Änderung des Gesetzes über die Finanzierung politischer
Parteien war heftig umstritten - die größte Regierungspartei stimmte dagegen.
Im Juni erklärte das Verfassungsgericht einen Großteil dieser Änderungen für
verfassungswidrig. Montenegro muss seinen Rechtsrahmen in diesem Bereich zügig
an europäische Standards und praxisbewährte Methoden angleichen und eine erste
Erfolgsbilanz bei der richtigen Anwendung des Gesetzes - erforderlichenfalls
einschließlich der Verhängung abschreckender Sanktionen - aufbauen. Die
juristische Aufarbeitung des angeblichen Missbrauchs öffentlicher Mittel zu
parteipolitischen Zwecken muss abgeschlossen und die Übernahme politischer
Verantwortung gewährleistet werden. Im Bereich
Justizreform geht die Durchführung von Maßnahmen gemäß den im Aktionsplan
vorgesehenen Fristen weiter. Im Anschluss an die Anpassung der einschlägigen
Rechtsvorschriften an die Verfassungsänderungen vom Juli 2013 wurden mehrere
hohe Beamte der Justiz und der Staatsanwaltschaft ins Amt gewählt. Nach
mehreren Versuchen ernannte das Parlament im Oktober 2014 schließlich einen
neuen Generalstaatsanwalt. Die Reformen, die auf die Einführung eines
einzigen landesweiten Systems für die Einstellung von Richtern und
Staatsanwälte, eines leistungsorientierten Systems für Beförderungen sowie
verbesserter Disziplinarverfahren abzielen, müssen abgeschlossen werden. Die
Gerichte sind zwar insgesamt effizienter geworden, doch die Bemühungen um
Effizienzsteigerung im Gerichtswesen sollten fortgesetzt werden. Die Wirkung von
Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung war bisher begrenzt. Noch bevor die neue
Behörde für Korruptionsbekämpfung ihre Arbeit aufnimmt, müssen die bestehenden
für die Korruptionsverhütung zuständigen Stellen gestärkt werden, damit sie
einen proaktiveren Ansatz verfolgen können. Korruption ist in vielen Bereichen
nach wie vor weit verbreitet und stellt weiterhin ein schwerwiegendes Problem dar.
Eine glaubwürdige Erfolgsbilanz in Bezug auf Ermittlungen, Strafverfolgungen
und rechtskräftige Verurteilungen in Korruptionsfällen, einschließlich der
Korruption auf hoher Ebene, muss aufgebaut werden. Die systematische Verwendung
der verfügbaren Instrumente zur Beschlagnahme und Einziehung von
Vermögenswerten muss gewährleistet werden. Zwar konnten bei der
Drogenbekämpfung weitere Erfolge verbucht werden und im Bereich der
Schleuserkriminalität wurden neue Ermittlungsverfahren eingeleitet, doch stößt die
Bekämpfung anderer Formen der organisierten Kriminalität wie Menschenhandel,
Cyberkriminalität und Geldwäsche weiterhin auf Schwierigkeiten. In Fällen von
Korruption und organisierter Kriminalität ist die Zahl der endgültigen
Verurteilungen begrenzt - häufig kommt es aufgrund von Verfahrensfehlern zu
einem neuen Prozess. Die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und
Korruption ist Grundvoraussetzung für die Verhinderung der Unterwanderung von
Politik, Justiz und Wirtschaft durch kriminelle Gruppen. Der notwendige
rechtliche und institutionelle Rahmen für die Achtung der Menschenrechte ist
vorhanden und die wichtigsten Elemente der internationalen Menschenrechtsnormen
wurden in das nationale Recht übernommen. Die Kapazitäten der für den Schutz
und die Durchsetzung der Menschenrechte zuständigen Stellen, darunter die
Gerichte und die Polizei, müssen gestärkt werden. Insbesondere sozial schwache
Gruppen wie die Roma und Menschen mit Behinderungen leiden unter den
bestehenden Defiziten in diesem Bereich. Beeinträchtigungen
der Meinungsfreiheit durch Gewalt gegen Journalisten und Übergriffe auf
Medieneigentum geben weiterhin Anlass zu ernster Besorgnis. Neue und
alte Fälle von Drohungen und Gewalt gegen Journalisten müssen aufgeklärt und
die Verantwortlichen, d.h. nicht nur die eigentlichen Täter, sondern auch die
Hintermänner, angeklagt werden. Vor allem die alten Fälle müssen
aufgrund der Verjährungsfrist dringend aufgeklärt werden. Im Dezember wurde
eine Kommission eingesetzt, die die Tätigkeit der zuständigen Behörden bei der
Aufklärung alter und neuer Fälle von Drohungen und Gewalt gegen Journalisten
überwachen soll. Die Behörden müssen den Empfehlungen der Kommission
uneingeschränkt Folge leisten. Die Regierung sollte weiterhin die
Medienfreiheit öffentlich fördern und unterstützen und jede Verlautbarung
vermeiden, die als einschüchternd aufgefasst werden könnte. Die
Selbstregulierungseinrichtungen, die für die Aufrechterhaltung und Förderung
berufsethischer Standards zuständig sind, sind wenig leistungsfähig. Die
montenegrinischen Behörden unternahmen weitere Schritte zum verstärkten Schutz
der Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen und
Intersexuellen (LGBTI). Im Oktober 2013 fand die erste Pride-Parade mit
ausreichender Unterstützung der Behörden statt. Allerdings hat
es weitere Übergriffe auf LGBTI gegeben und die Zahl der strafrechtlichen
Verurteilungen in solchen Fällen bleibt gering. Feindseligkeit gegenüber diesen
Personen ist nach wie vor in der Gesellschaft weit verbreitet. Was die Lage der
Roma betrifft, so waren insbesondere in Bezug auf den Schulbesuch der Kinder
einige Fortschritte zu verzeichnen. Doch die Schulabbruchquoten und die
geringe Zahl von Mädchen unter den Schülern aus der Roma-Gemeinschaft geben
Anlass zu Besorgnis. Die Diskriminierung der Roma und deren mangelnde
Vertretung in der Politik müssen angegangen werden. Montenegro
unterhält weiterhin gute bilaterale Beziehungen zu den anderen
Erweiterungsländern und den benachbarten EU-Mitgliedstaaten und beteiligt sich
auch stark am Ausbau der regionalen Zusammenarbeit. Ein
Grenzabkommen mit Bosnien und Herzegowina wurde paraphiert. Montenegro hält
weiter am bilateralen Immunitätsabkommen mit den USA von 2007 fest, durch das
Personen der Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs entzogen
werden können. Montenegro muss sich im Rahmen der Beitrittsverhandlungen dem
Standpunkt der EU in diesen Fragen anschließen. Was die wirtschaftlichen
Kriterien
betrifft, so ist Montenegro in Richtung einer funktionierenden Marktwirtschaft
weiter vorangekommen. Das Land dürfte mittelfristig in der Lage sein, dem
Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten,
vorausgesetzt, dass es sich weiterhin darum bemüht, durch geeignete
Strukturreformen die bestehenden Defizite zu beseitigen. Die Wirtschaft
erholte sich zwar 2013 von einer Rezession mit zwei Talsohlen, doch diese
Erholung bleibt aufgrund der schwachen Binnenfrage, der schmalen
Produktionsbasis und der hohen Abhängigkeit vom außenwirtschaftlichen Umfeld
noch fragil. Das Leistungsbilanzdefizit ging leicht zurück, die
außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte sind jedoch weiterhin hoch. Die
anhaltend hohen Haushaltsdefizite weisen auf die Notwendigkeit von
Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen zur Verringerung der Staatsschulden hin.
Trotz marginaler Verbesserungen bleibt die Lage auf dem Arbeitsmarkt aufgrund
der hohen Arbeitslosigkeit (insbesondere junge Menschen und
Langzeitarbeitslose), weiterhin prekär. Montenegro
sollte die Mobilität von Arbeitnehmern erhöhen, für eine wirksamere aktive
Arbeitsmarktpolitik sorgen und auch die Qualität des Bildungswesens,
einschließlich der beruflichen Bildung, verbessern. Um die Entwicklung des
Privatsektors zu unterstützen, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um den
Rechts- und Regelungsrahmen weiter zu vereinfachen. Dazu zählen u. a. die
verstärkte Durchsetzung von Verträgen, die Verringerung von Verwaltungskosten
und -hindernissen sowie die Erleichterung von Privatisierungsverfahren. Für die
noch ungeregelte Situation des Aluminiumwerks KAP muss eine dauerhafte Lösung
gefunden werden, die im Einklang mit den Regeln des SAA umgesetzt wird, um neue
Eventualverbindlichkeiten zu vermeiden. Was die Fähigkeit
zur Übernahme der aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen
betrifft, so ist Montenegro bei der Angleichung seiner Vorschriften in den
einzelnen Bereichen unterschiedlich weit vorangekommen. Im Screening-Verfahren
kam die Kommission zu dem Schluss, dass Montenegro in zwanzig Bereichen
ausreichend weit vorangekommen war, um die entsprechenden Verhandlungskapitel
ohne die Erfüllung besonderer Kriterien (Benchmarks) eröffnen zu können. Von
diesen Kapiteln wurden zehn bereits eröffnet. Dafür wurden inzwischen auch
Zwischen- und Abschlusskriterien festgelegt. Zwei von diesen
Verhandlungskapiteln wurden bereits abgeschlossen. Neben den Kapiteln mit einem
Bezug zur Rechtsstaatlichkeit wurden bei elf Kapiteln Kriterien für die
Eröffnung der Verhandlungen festgelegt[6]. Die
Eröffnungskriterien, die Zwischenkriterien für die Kapitel mit einem Bezug zur
Rechtsstaatlichkeit sowie die für acht Kapitel festgelegten Abschlusskriterien[7]
sollen Montenegro als Richtschnur für den weiteren Weg zum Beitritt dienen. Insgesamt
ist Montenegro bei der Rechtsangleichung in einigen Kapiteln des Besitzstands,
darunter Vorschriften über geistiges Eigentum, Wissenschaft und Forschung,
Bildung und Kultur, Verbraucher- und Gesundheitsschutz sowie Außen-,
Sicherheits- und Verteidigungspolitik, weit fortgeschritten.
Montenegro hat sich weitgehend den per Ratsbeschluss verhängten restriktiven
Maßnahmen angeschlossen und diese auch umgesetzt. Dies gilt auch für die
restriktiven Maßnahmen der EU im Zusammenhang mit der illegalen Annexion der
Krim durch Russland und den Ereignissen im Osten der Ukraine. Die
Angleichung an den Besitzstand und der Auf- und Ausbau der notwendigen
Verwaltungskapazitäten stellen nach wie vor eine erhebliche Herausforderung für
Montenegro dar. Die montenegrinischen Behörden müssen sich auf die Erfüllung
der restlichen Eröffnungskriterien konzentrieren. Die Einhaltung der im SAA
festgelegten Beihilfebestimmungen im Falle des KAP sollte besondere Priorität
genießen. In allen Bereichen mit einem Bezug zum Umweltschutz und Klimawandel
sollten die Verwaltungskapazitäten auf zentraler und lokaler Ebene gestärkt
werden, um die Angleichung an die entsprechenden Teile des Besitzstands und
deren Umsetzung zu gewährleisten. Serbien Serbien erfüllt
nach wie vor in ausreichendem Maße die politischen Kriterien. Bei den
vorgezogenen Parlamentswahlen in März wurde das Streben des Landes nach
europäischer Integration bestätigt. Der EU-Beitritt bleibt das wichtigste Ziel
der neuen Regierung. Bei der Durchführung der vorrangigen Reformen, die
erforderlich sind, um das Land auf dem Weg nach Europa weiter voranzubringen,
kann sich die Regierung auf eine beispiellose Zweidrittelmehrheit im Parlament
stützen. In diesem Zusammenhang hat sich die serbische Regierung ehrgeizige
wirtschaftliche Ziele gesetzt. Verfassungsreformen zu einem frühen Zeitpunkt in
der neuen Legislaturperiode würden entscheidende Fortschritte in den
Beitrittsverhandlungen bringen. Weitere Bemühungen sind erforderlich, um den
Reformprozess inklusiver und transparenter zu gestalten. Das
Dringlichkeitsverfahren im Parlament sollte nur angewandt werden, wenn dies
unbedingt erforderlich ist. Die Rolle der unabhängigen Regulierungsstellen
sollte konsequent anerkannt werden. Deren Empfehlungen müssen ebenfalls
umgesetzt werden. Im Juni wurde ein nationaler Konvent zur Europäischen
Union als Plattform für die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft im
Zusammenhang mit den Beitrittsverhandlungen eingerichtet. Dies soll zu
verstärkten Konsultationen zivilgesellschaftlicher Akteure führen, vor allem in
Zeiten, in denen die Bürger Serbiens vor besonderen wirtschaftlichen und
sozialen Herausforderungen stehen. Serbien kommt
bei der Reform der öffentlichen Verwaltung voran. Das Land hat eine umfassende
Strategie verabschiedet und durch die Einrichtung eines neuen Sekretariats für
Politik die Koordinierung und Planung der Regierungspolitik gestärkt.
Allerdings ist eine fundierte und umfassende Reform, die sich auf gründliche
Analysen und ein effizientes Leistungsmanagement stützt, weiterhin notwendig. Die
ersten Schritte zur Umsetzung der im vergangenen Jahr verabschiedeten
nationalen Strategien in den Bereichen Justizreform und Korruptionsbekämpfung
wurden unternommen. Serbien hat eine Bestandsaufnahme
der großen Herausforderungen, vor denen die Justiz steht, vorgenommen. Das
Parlament war gesetzgeberisch sehr aktiv. Vorschriften für
die Beurteilung von Richtern und Staatsanwälten wurden erlassen. Eine große
Zahl von Gerichtspräsidenten wurde endgültig ernannt. Die erste Generation von
öffentlichen Notaren hat ihr Amt angetreten. Allerdings
müssen wichtige Gesetze, wie das Gesetz über die Prozesskostenhilfe, noch
verabschiedet werden. Bisher gab es keine Bewertung der Umsetzung der in
letzter Zeit verabschiedeten Gesetze. Zur Gewährleistung einer unabhängigen
Justiz sind weitere Schritte notwendig. Die Kriterien für die Einstellung und
Ernennung von Richtern sind nach wie vor unklar. Die allgemeine Einführung des
kontradiktorischen Verfahrens und die Änderungen des Gerichtswesens hatten noch
keine spürbaren Auswirkungen auf die Effizienz und Qualität der Justiz. Von der
Politik gehen starke Impulse für die Korruptionsbekämpfung aus. In einigen
Fällen von Korruption auf hoher Ebene wurden Ermittlungen durchgeführt, und die
Behörden haben sich um eine verbesserte Koordinierung und institutionelle
Federführung in diesem Bereich bemüht. Allerdings ist die Korruption in vielen
Bereichen noch weit verbreitet und stellt weiterhin ein schwerwiegendes Problem
dar. Nur wenige Angeklagte werden auch verurteilt. Es gibt noch keine
Mechanismen zum Schutz von Informanten. Auch fehlt es an wirksamen Verhütungs-
und Bekämpfungsmechanismen. Die Behörde und der Rat für Korruptionsbekämpfung
müssen auf höchster Ebene in ihrer Arbeit unterstützt werden. Ihren
Empfehlungen und Vorschlägen muss Folge geleistet werden. Wirksame Alternativen
zur Anklageerhebung wegen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung im
Privatsektor müssen gefunden werden. Serbien
hat sich aktiv an der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden auf
regionaler Ebene beteiligt, die konkrete Ergebnisse im Kampf gegen die
organisierte Kriminalität brachte. Dazu zählte u. a. die Verhaftung eines
prominenten Verdächtigen im Zusammenhang mit organisierten kriminellen Gruppen.
Hinsichtlich der organisierten Kriminalität ist eine strategische Bewertung der
Bedrohungslage notwendig, um zunächst eine strategische Planung und Analyse und
anschließend geeignete Strafverfolgungsmaßnahmen, einschließlich einer
erkenntnisgestützten Polizeiarbeit, zu entwickeln. Es muss
eine glaubwürdige Erfolgsbilanz in Bezug auf die Zahl der Ermittlungen,
Anklageerhebungen und endgültigen Verurteilungen in Fällen von Korruption und
organisierter Kriminalität, auch auf hohe Ebene, aufgebaut werden. Die Bekämpfung
von organisierter Kriminalität und Korruption ist Grundvoraussetzung für die
Verhinderung der kriminellen Unterwanderung von Politik, Justiz und Wirtschaft. Die
Annahme glaubwürdiger und umfassender Aktionspläne für die Kapitel 23 und 24 -
im Einklang mit dem neuen Konzept - wird eine entscheidende Etappe für Serbien
darstellen. Der
Rechtsrahmen für den Minderheitenschutz ist zwar größtenteils vorhanden, doch
muss seine einheitliche Anwendung in allen Landesteilen, vor allem in den
Bereichen Bildung, Sprachengebrauch und Zugang zu den Medien und zu
Gottesdiensten in den Minderheitensprachen, noch gewährleistet werden. Die
positiven Maßnahmen zur Verbesserung der Lage der Roma müssen verstärkt werden.
Dies gilt insbesondere für die Bereiche Bildung, Unterkunft und Beschäftigung.
Weitere nachhaltige Anstrengungen zur Verbesserung der Lage von Flüchtlingen
und Vertriebenen sind erforderlich. Die
Pride-Parade in Belgrad am 28. September verlief ohne größere Vorfälle. Dies
war ein wichtiger Schritt hin zur wirksamen Ausübung der Menschenrechte im
Allgemeinen und der Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen,
Transgender-Personen und Intersexuellen (LGBTI) im Besonderen. Mit der
Verabschiedung eines Gesetzespakets zu den Medien im August, mit dem die
Transparenz der Eigentumsverhältnisse und der Finanzierung im Medienbereich erhöht
und die serbischen Rechtsvorschriften und Methoden an EU-Standards angeglichen
werden sollen, kam Serbien einen großen Schritt voran. Allerdings gibt die
Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die uneingeschränkte Ausübung des
Rechts auf freie Meinungsäußerung Anlass zur Besorgnis. Die Behörden tragen
maßgeblich Verantwortung dafür, zur uneingeschränkten Ausübung des Rechts auf
freie Meinungsäußerung aktiv beizutragen, u. a. indem sie unabhängige
Stellen, Menschenrechtsaktivisten und unabhängige Journalisten angemessen
unterstützen. Die Förderung sämtlicher Grundrechte und die Umsetzung der
Strategie gegen Diskriminierung erfordern einen noch fokussierteren und
proaktiveren Ansatz. Serbien
hat sich weiterhin konstruktiv an der regionalen Zusammenarbeit beteiligt und
seine Beziehungen zu einigen Nachbarn wesentlich verbessert. Was die Normalisierung
der Beziehungen zum Kosovo betrifft, so hat sich Serbien weiterhin am
Dialog beteiligt und sich auch insgesamt für die Umsetzung der ersten
Grundsatzvereinbarung zur Normalisierung der Beziehungen vom April 2013 und von
anderen im Rahmen des Dialogs getroffenen Vereinbarungen eingesetzt. Dies hat
zu einer Reihe irreversibler Veränderungen geführt. So fanden zum ersten Mal
Kommunal- und Parlamentswahlen im gesamten Gebiet des Kosovo statt und der
Abbau der serbischen Polizei- und Justizstrukturen kam wesentlich voran. Eine
endgültige Lösung für die Aufnahme des Kosovo in den Südosteuropäischen
Kooperationsprozess (SEECP) wurde gefunden. Seit der Ankündigung vorgezogener
Neuwahlen im Kosovo gab es zwar keine Treffen mehr auf hoher Ebene, doch die
Arbeiten auf technischer Ebene liefen weiter und brachten Fortschritte in den
Bereichen Zollerhebung, integriertes Grenzmanagement, Energie und
Telekommunikation. Allerdings
kommt die Umsetzung des Dialogs insgesamt langsamer voran. Sowohl in Serbien
als auch im Kosovo fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt. Es ist wichtig,
dass der Dialog auf hoher Ebene wieder aufgenommen wird. Unverzichtbar ist
auch, dass sich beide Seiten nach wie vor uneingeschränkt und in gutem Glauben
für die Umsetzung aller bestehenden Vereinbarung einsetzen. Weitere
Fortschritte sollen bis zum Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit Serbien
zur umfassenden Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo
auf der Grundlage eines rechtlich bindenden Abkommens führen, wobei sowohl
Serbien als auch das Kosovo in der Lage sein müssen, ihre jeweiligen Rechte
uneingeschränkt auszuüben und ihrer Verantwortung nachzukommen. Was die wirtschaftlichen
Kriterien betrifft, so hat Serbien beim Aufbau einer funktionierenden
Marktwirtschaft begrenzte Fortschritte erzielt. Serbien muss eine ganze Reihe
struktureller Reformen durchführen, um mittelfristig dem Wettbewerbsdruck und
den Marktkräften innerhalb der Union standhalten zu können. Im ersten
Halbjahr schrumpfte die Wirtschaft, u. a. infolge der schweren
Überschwemmungen. Wie die Verabschiedung eines ersten Pakets wichtiger Gesetze
zu Arbeitsrecht, Privatisierung und Insolvenz zeigt, hat die Regierung
ernsthaft mit der Umsetzung ihres ehrgeizigen Programms wirtschaftlicher und
struktureller Reformen begonnen. Trotz einer Reihe neuer Maßnahmen bleiben die
Haushaltsungleichgewichte hoch und die Staatsschulden steigen weiter an.
Allerdings trugen die steigenden Ausfuhren zur Verringerung der
außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte bei. Die Inflation erreichte einen
historischen Tiefstand und lag unterhalb der von der Zentralbank anvisierten
Bandbreite. Die Arbeitslosigkeit ist weiterhin äußerst hoch. Erhebliche
Anstrengungen zur Verringerung der Staatsausgaben und zur Durchführung
struktureller Reformen sind erforderlich, um die Tragfähigkeit der öffentlichen
Finanzen wiederherzustellen und damit das Wirtschaftswachstum zu fördern.
Voraussetzung für die Verringerung des starken Einflusses des Staates auf die
Wirtschaft sind neben Effizienzgewinnen im großen öffentlichen Sektor und
Fortschritten bei der planmäßigen Privatisierung die Straffung der staatlichen
Beihilfen und die Verbesserung der Unternehmensführung in öffentlichen
Unternehmen. Die Steuererhebung muss verbessert werden, u. a. durch
Verringerung des großen informellen Sektors. Die Rahmenbedingungen für
Unternehmen leiden unter übermäßiger Bürokratie, dem langsamen Markteintritt
und -austritt sowie den vielen Investitionshemmnissen wie dem schwachen
Rechtssystem und der schleppenden Vertragsdurchsetzung. Der hohe Anteil
notleidender Kredite muss wirksam angegangen werden, um die Kreditvergabe der
Banken zu verbessern. Die Instandsetzung und Verbesserung der physischen
Infrastruktur, vor allem nach den verheerenden Überschwemmungen, erfordern
nachhaltige Anstrengungen und die Schaffung zusätzlichen finanzpolitischen
Spielraums. Angesichts der sinkenden Schülerzahlen
und des Missverhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage auf dem
Arbeitsmarkt muss das Bildungswesen effizienter werden. Was seine Fähigkeit
zur Übernahme der aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen betrifft,
so hat Serbien seine Rechtsvorschriften den Anforderungen des EU-Rechts in
vielen Bereichen weiter angeglichen. Das Land kommt seinen
Verpflichtungen im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA)
weiterhin reibungslos nach. Durch die Verabschiedung dreier Gesetze zur
Umsetzung der Medienstrategie von 2011 wurden gute Fortschritte im Bereich
Informationsgesellschaft und Medien erzielt und der serbische Rechtsrahmen dem
Besitzstand weiter angeglichen. Auch im Bereich Schienen-, Luft-
und Straßenverkehr war eine weitere Rechtsangleichung zu verzeichnen. Weitere
Ergebnisse der Volks- und der Landwirtschaftszählung wurden veröffentlicht. Die
interne Kontrolle der öffentlichen Finanzen wurde als weiterer
Reformschwerpunkt in die neue Strategie zur Reform der öffentlichen Verwaltung
vom Januar 2014 aufgenommen. Im Bereich der
Außen- und Sicherheitspolitik sollte Serbien die Angleichung an Erklärungen der
EU und Beschlüsse des Rates verbessern, um dem im Verhandlungsrahmen
festgelegten Erfordernis nachzukommen, in der Zeit bis zum Beitritt seine
Politik und seine Beschlüsse in diesem Bereich schrittweise denjenigen der
Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten anzugleichen. Serbien muss
dringend zuverlässige und solide Verfahren zur Überwachung der Angleichung an
den Besitzstand in allen Bereichen ausarbeiten und umsetzen. Außerdem sind
große Anstrengungen erforderlich, um den allgemeinen Rechtsrahmen zu verbessern
und vollständig umzusetzen sowie - was am wichtigsten ist - für diese Reformen
ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen bereitzustellen. In einigen
wichtigen Bereichen des Rechtsbestands mangelt es an institutioneller
Koordinierung und Federführung. Die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden
muss gewahrt werden. Die Rechtsvorschriften über die Kontrolle
staatlicher Beihilfen müssen dem Besitzstand angeglichen und bei allen
Unternehmen, auch denjenigen, die zurzeit privatisiert oder umstrukturiert
werden, zur Anwendung gelangen. Weitere Anstrengungen sind
erforderlich, um das Asylverfahren im Einklang mit den EU-Standards zu
straffen. Die Einrichtungen für die dauerhafte Unterbringung von Asylbewerbern
müssen dringend saniert werden. Serbien muss seine Bemühungen um
Rechtsangleichung im Energiebereich - u. a. im Hinblick auf die
Erdgaspipeline South Stream - verstärken. Es muss vorrangig für eine
Entbündelung im Gassektor und für die Umstrukturierung des öffentlichen
Gasunternehmens Srbijagas sorgen. Auch in den Bereichen Steuern, Umwelt,
Klimawandel und genetisch veränderte Organismen ist eine weitere
Rechtsangleichung erforderlich. Zudem muss der Gesundheits- und Sozialschutz
insgesamt erheblich gestärkt werden. Ehemalige
jugoslawische Republik Mazedonien Insgesamt
erfüllt das Land nach wie vor in ausreichendem Maße die politischen
Kriterien. Seit der Anerkennung als Beitrittskandidat im Jahr 2005 hat das
Land den Großteil der Reformen in den Bereichen Justiz und öffentliche
Verwaltung abgeschlossen und auch sonst Fortschritte erzielt. Trotz des Stands
des Beitrittsprozesses hat das Land bereits ein hohes Maß an Rechtsangleichung
erreicht. Allerdings steht es noch vor erheblichen Herausforderungen, die in
einigen Bereichen dringender geworden sind. Dazu zählen insbesondere die von
zunehmenden Gegensätzen geprägte politische Kultur, ernste Sorgen in Bezug auf
die wachsende Politisierung und die zunehmende Kontrolle der Regierung über
staatliche Institutionen und die Medien sowie die noch fragile Lage des
Verhältnisses zwischen den Volksgruppen. Die Durchführung
der Präsidentschafts- und vorgezogenen Parlamentswahlen vom April 2014 war nach
Meinung des OSZE/BDIMR effizient, litt allerdings unter der mangelnden Trennung
staatlicher und parteipolitischer Aufgaben und unter einer parteiischen
Berichterstattung. Sorgen über die Verwischung der Trennlinie zwischen
Staat und Regierungsparteien untergraben das öffentliche Vertrauen in die
staatlichen Institutionen. Der Mangel an Dialog und die
anhaltenden Differenzen zwischen den Parteien führten nach gegenseitigen
Vorwürfen im Zusammenhang mit den Wahlen zu einer erneuten politischen Krise,
im Zuge derer die wichtigste Oppositionspartei sich aus dem Parlament
zurückzog. Die politischen Parteien bemühen sich nach wie vor zu wenig darum,
im Interesse aller Wähler und des Landes insgesamt konstruktiv am politischen
Prozess teilzunehmen. Regierung und Opposition sollten auf die Wiederaufnahme
des politischen Dialogs im Parlament hinarbeiten. Die Regierung
muss gewährleisten, dass die Opposition die Möglichkeit hat, ihre demokratische
Kontrollfunktion uneingeschränkt auszuüben. Gleichzeitig muss die Opposition
sich ebenfalls konstruktiv in die demokratischen Prozesse einbringen. Die
Politisierung der öffentlichen Verwaltung auf zentraler und kommunaler Ebene
gibt Anlass zu ernsthafter Besorgnis. Weder die Grundsätze der Transparenz und
der Rechenschaftspflicht noch das Leistungsprinzip werden in vollem Umfang
angewandt. Außerdem meldete die OSZE/BDIMR glaubwürdige Vorwürfe, wonach bei
den Wahlen vom April 2014 Druck auf öffentliche Bedienstete ausgeübt worden
wäre. Dem muss abgeholfen werden, u. a. durch Schaffung eines neuen
Rechtsrahmens. Die
Unabhängigkeit und Kompetenz der Gerichte müssen gestärkt und größeres Gewicht
auf die Qualität der Justiz aus Sicht des Bürgers gelegt werden. Die großen
rechtlichen und technischen Fortschritte des Landes in diesem Bereich werden
von wachsenden Sorgen über die Selektivität der Justiz überschattet. Zwar
werden erste Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung verzeichnet, doch in vielen
Bereichen ist die Korruption nach wie weit verbreitet und bleibt damit ein
gravierendes Problem. Der Rechtsrahmen für die Korruptionsbekämpfung muss
effektiver angewandt werden. Im Bereich der
polizeilichen Zusammenarbeit und bei der Bekämpfung von organisierter
Kriminalität und Menschenhandel waren weitere Verbesserungen zu verzeichnen.
Die Bemühungen um den Aufbau einer Erfolgsbilanz in Bezug auf Ermittlungen,
Anklageerhebungen und Verurteilungen in Fällen von organisierter Kriminalität
und Korruption müssen fortgesetzt werden. Die Bekämpfung von organisierter
Kriminalität und Korruption ist Grundvoraussetzung für die Verhinderung der
Unterwanderung von Politik, Justiz und Wirtschaft durch kriminelle Gruppen. Der allgemeine
Rahmen zum Schutz der Grundrechte ist zwar vorhanden, muss aber wirksamer
angewandt werden. Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um die Sorgen über
Vorurteile und Diskriminierung gegen die Roma auszuräumen und der Intoleranz
gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen und
Intersexuellen (LGBTI) entgegenzuwirken. In Bezug auf die
Medienfreiheit hat sich die Lage weiter verschlechtert. Die Regierung übt
u. a. durch staatlich finanzierte Werbung Einfluss auf die Medien aus.
Eine wirklich unabhängige Berichterstattung gibt es kaum. Da die Öffentlichkeit
über die Massenmedien nur wenig genaue und sachliche Informationen erhält,
fehlt es an einer informierten öffentlichen Debatte. Was die
Beziehungen zwischen den Volksgruppen betrifft, so bildet das Rahmenabkommen
von Ohrid, mit dem der Konflikt von 2001 beendet wurden, den Rahmen für die Aufrechterhaltung
einer multiethnischen Gesellschaft. Allerdings herrscht Misstrauen zwischen den
Volkgruppen. Einzelne Ereignisse oder Vorfälle können Spannungen auslösen. Ein
gemeinsamer proaktiver Ansatz zur Förderung einer inklusiven multiethnischen Gesellschaft
ist erforderlich. Die Überprüfung des Rahmenabkommens von Ohrid muss noch
abgeschlossen werden. Im Anschluss daran müssen die entsprechenden Empfehlungen
auch umgesetzt werden. Das Land
unterhält in der Regel weiterhin gute Beziehungen zu den anderen
Erweiterungsländern und spielt in der regionalen Zusammenarbeit eine aktive
Rolle. Eine konstruktive Haltung in den Beziehungen zu den benachbarten
EU-Mitgliedstaaten ist nach wie vor wichtig. Handlungen und Erklärungen mit
negativen Auswirkungen auf die gutnachbarlichen Beziehungen sollten vermieden
werden. Was die wirtschaftlichen
Kriterien betrifft, so ist die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien
nach wie vor weit fortgeschritten. In einigen Bereichen waren weitere
Fortschritte beim Aufbau einer funktionierenden Marktwirtschaft zu verzeichnen.
Um dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union mittelfristig
standhalten zu können, muss das Land durch die entschlossene Umsetzung
struktureller Reformen eine Reihe wichtiger Herausforderungen bewältigen. Die
wirtschaftliche Erholung setzte sich zwar fort, stützt sich aber größtenteils
auf den Außenhandelssektor und wirkt sich kaum positiv auf die Arbeitslosigkeit
aus, die vor allem unter jungen Menschen nach wie vor hoch ist. Die Reformen
zur Beseitigung von Rigiditäten auf dem Arbeitsmarkt kamen nur zögerlich voran.
Die finanzielle Stabilität wurde gewahrt und die ausländischen
Direktinvestitionen nahmen zu. Die Haushaltsdisziplin sowie die Transparenz und
Qualität der öffentlichen Ausgaben haben sich verschlechtert. Die Wachstums-
und Beschäftigungsaussichten hängen weitgehend von den unternehmerischen
Rahmenbedingungen des heimischen Privatsektors ab. Dementsprechend besteht die
Notwendigkeit, die Lizenz- und Genehmigungsverfahren weiter zu vereinfachen (u.
a. im Hinblick auf die Förderung von Rückwärtsverflechtungen zwischen in- und
ausländischen Unternehmen), die Marktaustrittsverfahren zu beschleunigen und
insgesamt gleiche Bedingungen für alle Unternehmen hinsichtlich der Durchsetzung
der Unternehmensvorschriften zu schaffen. Der Zugang zu
Finanzierungsmöglichkeiten muss verbessert werden, u. a. durch
Wiederankurbelung der Kreditvergabe durch Banken. Die Kompetenzen
der Arbeitnehmer müssen durch weitere Reformen des Bildungswesens,
einschließlich der Umsetzung der Strategie im Bereich der beruflichen Bildung,
stärker dem Bedarf des Arbeitsmarkts angepasst werden. Was die öffentlichen
Finanzen betrifft, so sind angesichts der erneuten Verschlechterung der
Haushaltsdisziplin in den Jahren 2013 und 2014 sowohl eine verbesserte
Haushaltsplanung als auch eine größere Übereinstimmung zwischen dem jährlichen
Haushaltsvollzug und der mittelfristigen Finanzstrategie erforderlich. Die
Qualität der öffentlichen Ausgaben sollte durch eine Verlagerung der
Kapitalausgaben auf wachstumsfördernde Investitionen erhöht werden. Die
ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ist bei der Verbesserung ihrer Fähigkeit
zur Übernahme der aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen weiter
vorangekommen. Das Land beteiligt sich nach wie vor am Stabilisierungs- und
Assoziierungsprozess und kommt seinen Verpflichtungen aus dem Stabilisierungs-
und Assoziierungsabkommen nach. Das Land
arbeitet in allen Bereichen des Besitzstands umfassend mit der EU zusammen und
hat auf strategischer und institutioneller Ebene ein hohes Maß an
Rechtsangleichung erreicht. Das Maß an
Rechtsangleichung reicht für den Eintritt in die nächste Phase des
Beitrittsprozesses aus. Nun muss der Schwerpunkt auf den Aufbau von Verwaltungskapazitäten
und eine effiziente Umsetzung gelegt werden. Im Bereich
Binnenmarkt wurde im Hinblick auf Kapitalverkehr, Postdienste und
Gesellschaftsrecht bereits ein hohes Maß an Rechtsangleichung erreicht. Im
Bereich Justiz und Inneres ist das Land bei seinen Vorbereitungen in Bezug auf
Visapolitik, Außengrenzen, Schengen und polizeiliche Zusammenarbeit gut
vorangekommen. Andererseits sind vor allem in den Bereichen Regionalpolitik,
Umwelt und Klimawandel, Sozialpolitik und Bildung weitere Anstrengungen
erforderlich. Auch die interne Finanzkontrolle muss weiter verbessert und in
allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung weiterentwickelt werden. Der Rat hat noch
nicht über den Vorschlag der Kommission von 2009 bezüglich des Übergangs zur
zweiten Phase der Assoziierung gemäß Artikel 5 des Stabilisierungs- und
Assoziierungsabkommen entschieden. Albanien
Albanien hat
weitere Fortschritte bei der Erfüllung der politischen Kriterien erzielt.
Neben einem Dialog auf hoher Ebene über die wichtigsten Prioritäten wurden
gemeinsame Arbeitsgruppen eingerichtet, die die Arbeiten an den notwendigen
Reformen strukturieren sollen. Der Nationale Rat für europäische Integration,
der den inklusiven Charakter der Reformen fördern und die Unterstützung aller
Beteiligten für den Reformprozess gewinnen soll, wurde noch nicht eingerichtet.
Ein konstruktiver dauerhafter Dialog zwischen Regierung und Opposition ist für
die Tragfähigkeit der Reformen unverzichtbar. Das Parlament
hat im Konsens eine Entschließung zur europäischen Integration verabschiedet.
Zudem billigte es eine Reihe von Legislativmaßnahmen mit Bezug zur
EU-Integration, hauptsächlich in Bereich Bekämpfung von Korruption und
organisierter Kriminalität, und stimmte über die Ernennung von Richtern ab. Das
Gesetzgebungsverfahren ist transparenter geworden. Allerdings hat das
angespannte politische Klima die Arbeit des Parlaments beeinträchtigt und dazu
geführt, dass sich die Opposition häufig von den Sitzungen fernhielt und ab
Juli sogar die parlamentarische Arbeit boykottierte. Sowohl die
Regierung als auch die Opposition müssen sicherstellen, dass die politische
Debatte vorrangig im Parlament stattfindet. Die Regierung muss gewährleisten,
dass die Opposition die Möglichkeit hat, ihre demokratische Kontrollfunktion uneingeschränkt
auszuüben. Gleichzeitig muss die Opposition sich ebenfalls konstruktiv in die
demokratischen Prozesse einbringen. Die Reform der
öffentlichen Verwaltung kam durch das Inkrafttreten des Gesetzes über den
öffentlichen Dienst, den Erlass damit verbundener Durchführungsvorschriften und
Schritte zur Verbesserung der Einstellungsverfahren weiter voran. Im Hinblick
auf die Förderung der Entpolitisierung, der Rechenschaftspflicht und der
Einhaltung professioneller Standards in der öffentlichen Verwaltung muss die
Umsetzung der Reform fortgesetzt werden. Der Verwaltungsverfahrenskodex muss im
Einklang mit EU-Standards fertiggestellt und angenommen werden. Schritte zur
Stärkung der Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit unabhängiger Institutionen
sind erforderlich. Albanien
unternahm weitere Schritte zur Reform der Justiz, indem es mit der
Venedig-Kommission hinsichtlich der Stärkung der Unabhängigkeit,
Rechenschaftspflicht und Professionalität des Justizwesens zusammenarbeitete
und mit der Ausarbeitung der Justizreformstrategie 2014-2020 begann. Es wurden
einige Maßnahmen zur Verbesserung der Rechenschaftspflicht und Transparenz der
Justiz ergriffen. Dazu zählten Gesetzesänderungen hinsichtlich der Immunität
von Richtern und Staatsanwälten. Im Rahmen von Disziplinarverfahren gegen
Richter wurde eine Reihe von Sanktionen verhängt. Die Verwaltungsgerichte haben
zwar ihre Arbeit aufgenommen, ihre volle Funktionsfähigkeit jedoch noch nicht
erreicht. Das Gesetz über den Hohen Justizrat wurde geändert, um das Funktionieren
dieses Gremiums zu verbessern. Allerdings gab es Bedenken wegen der allzu
schnellen Verabschiedung dieser Änderungen, die ohne die Einbeziehung und
Konsultation aller relevanten Interessenträger erfolgte. Es gibt weiterhin
viele Defizite und es wird allgemein anerkannt, dass eine tiefgreifende Reform
der Justiz notwendig ist. Weitere erhebliche Anstrengungen, einschließlich
Verfassungsänderungen, sind erforderlich, um die Unabhängigkeit, Effizienz und
Rechenschaftspflicht der Justiz zu gewährleisten. Albanien muss diesen Prozess
energisch vorantreiben und zwar in konstruktiver Zusammenarbeit mit allen
Interessenträgern und mit der Venedig-Kommission. Entschlossenes Handeln ist
notwendig, um die Disziplinarverfahren für Richter, Staatsanwälte und
Rechtsanwälte zu stärken und die Effizienz der Gerichte weiter zu erhöhen. Die Regierung
hat den politischen Willen gezeigt, entschlossen gegen die Korruption
vorzugehen. Der Rechtsrahmen wurde gestärkt und die strategische Koordinierung
und Überwachung auf zentraler Ebene verbessert. Ein nationaler Koordinator für
die Korruptionsbekämpfung wurde ernannt und ein Netzwerk von Kontaktstellen für
die Korruptionsbekämpfung in allen Fachministerien eingerichtet. Die Korruption
ist trotzdem in vielen Bereichen, darunter Justiz und Polizei, weit verbreitet
und stellt nach wie vor ein gravierendes Problem dar. Albanien muss Maßnahmen
ergreifen, um den Rechtsrahmen durchzusetzen, und sowohl die Strategie als auch
die Aktionspläne für die Korruptionsbekämpfung 2014-2020 annehmen. Die
institutionelle Zusammenarbeit muss verbessert und die Hindernisse für
proaktive Ermittlungen müssen beseitigt werden. Zudem muss Albanien im Hinblick
auf Ermittlungen, Anklageerhebungen und Verurteilungen in Korruptionsfällen,
vor allem auf hoher Ebene, eine solide Erfolgsbilanz aufbauen. Bei der
Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist in einer Reihe von Bereichen ein
positiver Trend zu verzeichnen, der auf die Intensivierung der
Strafverfolgungsmaßnahmen im Kampf gegen den Drogenhandel, die
Wirtschaftskriminalität und den Menschenhandel zurückzuführen ist. Die Behörden
haben vor allem durchgreifende Maßnahmen getroffen, um den Cannabisanbau und
-handel zu bekämpfen, die weiterhin ein gravierendes Problem darstellen. Zu
diesen Maßnahmen zählte vor allen eine großangelegte Polizeioperation im Dorf
Lazarat und im Norden des Landes. Die internationale Zusammenarbeit wurde
intensiviert. Die Anstrengungen im Kampf gegen die organisierte Kriminalität
müssen jedoch verstärkt werden. Die Zusammenarbeit zwischen den
Strafverfolgungsbehörden sollte weiter verbessert und die rechtlichen
Hindernisse für effiziente Ermittlungen sollten beseitigt werden. Um alle
Formen der Kriminalität, darunter Geldwäsche, Menschenhandel und Drogenhandel,
zu bekämpfen, muss Albanien nachhaltige Anstrengungen, einschließlich
proaktiver und systematischer Finanzermittlungen und einer konsequenten
Rechtsdurchsetzung, unternehmen. Albanien sollte weiterhin entschlossen gegen
den Anbau von Cannabis vorgehen. Die Bekämpfung von organisierter Kriminalität
und Korruption ist Grundvoraussetzung für die Verhinderung der kriminellen
Unterwanderung von Politik, Justiz und Wirtschaft. Was die
Grundrechte betrifft, so werden die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
sowie die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit im Allgemeinen nach wie
vor geachtet. Die Zusammenarbeit der Behörden mit zivilgesellschaftlichen
Organisationen in Bezug auf die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen,
Transgender-Personen und Intersexuellen (LGBTI) wurde verbessert. Der
Rechtsrahmen für Menschen mit Behinderungen wurde überarbeitet; er muss nun
umgesetzt werden. Geschlechtsdiskriminierende Bestimmungen müssen beseitigt,
die institutionellen Kapazitäten für den Schutz von Kindern gestärkt und die
Zwangsarbeit von Kindern bekämpft werden. Ein
Aktionsplan zum Schutz der Rechte von Kindern wurde verabschiedet. Albanien
muss Durchführungsmaßnahmen ergreifen, um die Inklusion der Roma zu verbessern
und sozial schwache Gruppen zu schützen. Der Schutz von Eigentumsrechten muss
weiter gestärkt werden, u. a. durch Überarbeitung der
Eigentumsreformstrategie von 2012 und Stärkung der Rechtssicherheit für
Eigentümer. Was die Meinungs- und Medienfreiheit
betrifft, so hat Albanien noch keine Maßnahmen zur Verwirklichung der
festgelegten Prioritäten ergriffen. Alle gesetzlichen Funktionen der Behörde
für audiovisuelle Medien müssen wiederhergestellt und die Unabhängigkeit der
Behörde auch in der Praxis gewährleistet werden. Die unerlaubte Nutzung von
Frequenzen durch mehrere Sender bleibt ein Problem. Die positive
Beteiligung Albaniens an der regionalen Zusammenarbeit und an gutnachbarlichen
Beziehungen ist nach wie vor unerlässlich. Was die wirtschaftlichen
Kriterien betrifft, so hat Albanien beim Aufbau einer funktionierenden
Marktwirtschaft einige Fortschritte erzielt. Das Land dürfte mittelfristig in
der Lage sein, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union
standzuhalten, vorausgesetzt, dass es die strukturellen Reformen noch zügiger
umsetzt. Albanien hat die
makroökonomische Stabilität gewahrt, die Zahlungsrückstände weiter abgebaut und
Schritte zur Verbesserung der Steuerverwaltung und -erhebung unternommen.
Allerdings hat sich das Wachstum weiter verlangsamt, und das
Leistungsbilanzdefizit ist u. a. infolge der schwachen
Wettbewerbsfähigkeit nach wie vor hoch. 2013 lag das Haushaltsdefizit über dem
Zielwert und der finanzpolitische Spielraum wurde durch die hohen
Staatsschulden weiter eingeengt. Dank der weiterhin niedrigen Inflation konnte die
Geldpolitik weiter gelockert werden, doch führte dies aufgrund der vielen
notleidenden Kredite der Geschäftsbanken nicht zum gewünschten Kreditwachstum.
Die Arbeitslosigkeit ist weiterhin hoch und die Beschäftigung im informellen
Sektor nach wie vor weit verbreitet. Albanien sollte
die Haushaltskonsolidierung mit dem Ziel fortsetzen, die Staatsschulden
abzubauen und gleichzeitig Spielraum für wachstumsfördernde Ausgaben zu wahren.
Der Energiesektor sollte reformiert und die Reformen der Renten- und Steuerverwaltung
sollten weiter umgesetzt werden, um die Risiken für die öffentlichen Finanzen
zu verringern. Die Kreditvergabe und das Kreditwachstum müssen durch Abbau der
Zahlungsrückstände des Staates gegenüber Privatunternehmen und durch
Beseitigung notleidender Kredite unterstützt werden. Die Hindernisse für die
Entwicklung des Privatsektors sollten u. a. durch die Verbesserung des
Unternehmensumfelds beseitigt werden, das durch rechtsstaatliche Defizite,
mangelhafte Regulierung und Unsicherheit hinsichtlich der Eigentumsrechte
gekennzeichnet ist. Die Schaffung günstiger Bedingungen für private
Investitionen, insbesondere für ausländische Direktinvestitionen, ist für die
Diversifizierung der noch schmalen Produktionsbasis unerlässlich. Die
allgemeine und berufliche Bildung sollte weiter verbessert werden, um das
Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage am Arbeitsmarkt zu
überwinden und die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer zu stärken. Das im April
2009 in Kraft getretene Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen wurde
weiterhin reibungslos umgesetzt. Albanien setzte die Angleichung seiner
Rechtsvorschriften an die Anforderungen der EU fort und stärkte damit seine Fähigkeit
zur Übernahme der aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen. Ein
neuer nationaler Plan für europäische Integration 2014-2020 wurde
verabschiedet. Allerdings waren in den meisten Bereichen nur moderate konkrete
Verbesserungen zu verzeichnen. Albanien wird erhebliche Anstrengungen
unternehmen müssen, um seine Vorbereitungen auf die Anwendung des
EU-Besitzstands zu verbessern. Weitere Maßnahmen zum Schutz der Rechte
des geistigen Eigentums sind erforderlich. Die Beilegung des Streits zwischen
der Regierung und dem Stromversorger CEZ trug dazu bei, den Weg für weitere
Reformen des Energiesektors zu ebnen. Verstärkte
Bemühungen in diesem Bereich, einschließlich der Diversifizierung der
Energiequellen und der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Strommarkts,
sind für die wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbar. Albanien wird auch den
Umweltschutz verbessern und festgestellte Defizite in den Bereichen Verkehr,
Lebensmittelsicherheit und Verbraucher- und Gesundheitsschutz beseitigen
müssen. Die
Verwaltungskapazitäten und professionellen Standards der mit der Anwendung des
Besitzstands beauftragten Stellen müssen gestärkt und die Unabhängigkeit der
Regulierungsbehörden gewahrt werden. Die Verbesserung der Transparenz und
Rechenschaftspflicht, insbesondere in Bezug auf das öffentliche Auftragswesen
und das öffentliche Finanzmanagement, bleibt unerlässlich. Bosnien
und Herzegowina Das
Land hat wieder einmal sehr begrenzte Fortschritte bei der Erfüllung der politischen
Kriterien erzielt. Beim Aufbau funktions- und tragfähiger Institutionen
gab es keine greifbaren Fortschritte. Die
Parlamentarische Versammlung von Bosnien und Herzegowina hat nur sehr begrenzte
Fortschritte bei der Verabschiedung EU-bezogener Gesetze erzielt. Politisch und ethnisch bedingte Zwistigkeiten haben sich sehr
negativ auf die Arbeit der Versammlungen auf Staats- und Föderationsebene
ausgewirkt.
Es gibt nach wie
vor wenig Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft auf gesamtstaatlicher,
teilstaatlicher und kantonaler Ebene. Wie die sozialen Proteste Anfang 2014
gezeigt haben, sollten alle Regierungen vorrangig auf die sozioökonomischen
Anliegen der Bürger eingehen und dabei vor allem die sehr hohe
Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen und den bedürftigen Menschen, u. a.
denjenigen, die von schweren Überschwemmungen vom Mai betroffen waren, helfen. Aufgrund des
politischen Klimas waren bei der Reform der öffentlichen Verwaltung und der
Verbesserung ihrer Fähigkeit zur Erfüllung der Anforderung der europäischen
Integration nur sehr begrenzte Fortschritte zu verzeichnen. Die Fragmentierung
des Rechts- und Verwaltungsrahmens auf verschiedenen Staatsebenen gibt
weiterhin Anlass zu ernster Besorgnis, da sie die Funktionsfähigkeit des
Systems zur Erbringung öffentlicher Dienstleistungen stark beeinträchtigt. Für
die Zeit nach 2014 muss eine neue Strategie zur Reform der öffentlichen
Verwaltung entwickelt werden. Die notwendigen Reformen des öffentlichen
Finanzmanagements müssen in umfassender Weise in Angriff genommen werden. Bei der
Justizreform gab es wenig Fortschritte. Der strukturierte Dialog im Justizbereich
bietet nach wie vor eine wichtige Plattform für die Konsensbildung über die
Justizreform und wurde auf weitere Fragen mit Bezug zur Rechtsstaatlichkeit
ausgeweitet. Die Reform des Justizwesens auf gesamtstaatlicher Ebene muss
vordringlich durchgeführt werden. Der auf allen Ebenen vorhandene Mangel an
Personal zur Bewältigung des Verfahrensrückstaus im Falle von Kriegsverbrechen
wurde zwar teilweise behoben, doch eine verbesserte Planung und eine
angemessene Zuteilung von Ressourcen durch die zuständigen inländischen
Behörden sind erforderlich, um die nachhaltige Bearbeitung solcher Fälle zu
gewährleisten. Die Disziplinarverfahren im Justizwesen müssen gestärkt und
Interessenkonflikte besser geregelt werden. Bei den Reformen
zur Verringerung der Korruption, die sich nach wie vor auf den gesamten
öffentlichen Sektor auswirkt und bei der Dienstleistungserbringung und dem
Zugang zur Beschäftigung besonders stark ausgeprägt ist, waren wenige
Fortschritte zu verzeichnen. Politische Vetternwirtschaft ist weit verbreitet
und beeinflusst alle Ebenen des Staates. Die Ermittlungen und die
Strafverfolgung in prominenten Fällen sind nach wie vor unzureichend und die
Zahl der effizienten Ermittlungen, Anklagen und Verurteilungen ist insgesamt
gering. Es fehlt an politischem Willen, über Lippenbekenntnisse hinauszugehen
und wirksam gegen die Korruption vorzugehen, z.B. durch Ermittlungen und
Verurteilungen in prominenten Fällen. Insgesamt waren die Fortschritte bei der
Bekämpfung der organisierten Kriminalität, die trotz einiger erfolgreicher
Operationen - teilweise in enger Zusammenarbeit mit benachbarten Ländern - nach
wie vor ein gravierendes Problem darstellt, begrenzt. Die Bekämpfung von
organisierter Kriminalität und Korruption ist Grundvoraussetzung für die
Verhinderung der Unterwanderung von Politik, Justiz und Wirtschaft durch
kriminelle Gruppen. Der notwendige
rechtliche und institutionelle Rahmen für die Achtung der Menschenrechte ist
vorhanden und die wichtigsten Elemente der internationalen Menschenrechtsnormen
wurden in das nationale Recht übernommen. Der verstärkte politische und
finanzielle Druck auf die Medien und die Einschüchterung von und die Drohungen
gegen Journalisten geben jedoch Anlass zu ernster Besorgnis. Schulen
müssen inklusiver werden, und gegen das in der Föderation noch bestehende
Modell "zwei Schulen unter einem Dach" muss vorgegangen werden. In
Fällen von Hassrede, Gewalt und Diskriminierung gegen Lesben, Schwule,
Bisexuelle, Transgender-Personen und Intersexuelle (LGBTI) muss für
eine effektive Prävention und effiziente Ermittlungen gesorgt werden. In Bezug
auf den Wohnungsbedarf der Roma wurden zwar sehr gute Fortschritte erzielt,
doch in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Beschäftigung sind verstärkte
Anstrengungen erforderlich. Was die Flüchtlinge und Binnenvertriebenen
betrifft, so muss die überarbeitete Strategie wirksam umgesetzt werden. Dies
gilt insbesondere für deren sozioökonomische Aspekte. Bosnien
und Herzegowina beteiligte sich weiterhin vor aktiv an der regionalen Zusammenarbeit
und pflegte gutnachbarliche Beziehungen zu den anderen Ländern der Region. Was die wirtschaftlichen
Kriterien betrifft, so hat Bosnien und Herzegowina beim Aufbau einer
funktionierenden Marktwirtschaft wenig Fortschritte erzielt. Erhebliche Anstrengungen
zur Beseitigung der anhaltenden strukturellen Schwächen wären notwendig, damit
das Land langfristig dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der
Union standhalten kann. Die Wirtschaft
verzeichnet wieder ein bescheidenes Wachstum und das Leistungsbilanzdefizit ist
trotz anhaltender außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte zurückgegangen.
Aufgrund der schwachen Binnennachfrage und der schmalen Produktionsbasis bleibt
die wirtschaftliche Erholung allerdings labil. Die schweren Überschwemmungen
von Frühjahr werden voraussichtlich eine kurzfristige Verschlechterung der
wirtschaftlichen und finanziellen Lage nach sich ziehen. Maßnahmen wurden
ergriffen, um die finanzpolitische Koordinierung innerhalb der Föderation sowie
die Erhebung der indirekten Steuern zu verbessern. Bosnien und
Herzegowina sollte dringend weitere Maßnahmen zur Wahrung der
Haushaltsdisziplin ergreifen. Außerdem sind
Anstrengungen erforderlich, um die große staatliche Präsenz in der Wirtschaft
anzugehen sowie die staatlichen Ausgaben zu verringern und deren
Zusammensetzung und Zielorientierung zu verbessern. Auch
die Ineffizienz der öffentlichen Unternehmen muss in adäquater Weise angegangen
werden. Eine bessere Koordinierung zwischen und mit den Teilstaaten würde die
wirtschaftspolitische Entscheidungsfindung wesentlich erleichtern und
verbessern. Angesichts der großen Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt, die
sich in der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit, vor allem unter jungen Menschen,
und der sehr niedrigen Beteiligungsquote widerspiegeln, ist entschlossenes
Handeln notwendig, um negative Arbeitsanreize zu beseitigen und die
Bildungsqualität zu erhöhen. Die Defizite der rechtlichen und
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie vor allem die zeitaufwendige
Vertragsdurchsetzung, die kostenträchtigen und komplexen Verfahren für den
Marktein- und -austritt sowie die unterentwickelte Infrastruktur, müssen
angegangen werden, um die Entwicklung des Privatsektors zu unterstützen und
Investitionen, insbesondere ausländische Direktinvestitionen, anzuziehen. In
diesem Zusammenhang stellt der informelle Sektor nach wie vor eine große
Herausforderung dar. Außerdem muss das Problem der vielen notleidenden
Kredite angegangen werden. Ähnlich wie im
Vorjahr haben der Mangel an wirklicher politischer Unterstützung für die
EU-Agenda, das Fehlen eines wirksamen Koordinierungsmechanismus für
EU-Angelegenheiten und interne Kompetenzstreitigkeiten dazu geführt, dass die
Fortschritte bei der Angleichung und EU-Rechtsvorschriften und -Standards
begrenzt waren. Dies gilt insbesondere für die Bereiche
freier Personenverkehr und Arbeitnehmerfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit
und Niederlassungsrecht, freier Warenverkehr, Verbraucherschutz, Beschäftigung
und Sozialpolitik, Bildung, Kultur und Forschung, Industrie und KMU, Umwelt und
Klimawandel sowie Verkehr. In einigen
Bereichen werden die weiteren Fortschritte durch den Mangel an landesweiten
Strategien behindert. In den Bereichen
Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Lebensmittelsicherheit, Tier- und
Pflanzengesundheit sowie Fischerei waren wenig Fortschritte zu verzeichnen. Aufgrund der fehlenden Angleichung an EU-Standards in
diesen Bereichen können weiterhin keine Erzeugnisse tierischen Ursprungs in die
EU ausgeführt werden. Energische und gut koordinierte Anstrengungen sind
erforderlich, um diese bedauerliche Situation zu überwinden. Im Steuerbereich hat Bosnien und Herzegowina eine Steuerregelung
für Kleinbrauereien angenommen, die zu den Verpflichtungen aus dem
Interimsabkommen im Widerspruch steht, weil sie gegen Bierimporte
diskriminiert. Im Energiesektor haben die Komplexität der Verwaltungsstruktur,
Kompetenzstreitigkeiten zwischen Gesamtstaat und Teilstaaten sowie der Mangel
an politischem Willen dazu geführt, dass nur wenige Fortschritte erzielt
wurden. Dies hat u. a. zu einer gravierenden dauerhaften Verletzung der
Verpflichtungen des Landes im Gassektor im Rahmen des Vertrags über die
Energiegemeinschaft geführt. Dem muss dringend abgeholfen werden.
Fortschritte wurden u. a. im Bereich Binnenmarkt erzielt. Hier wurde ein
Gesetz über die öffentliche Auftragsvergabe verabschiedet, um die
Rechtsangleichung an die EU-Richtlinien von 2004 zu gewährleisten.
Die
Zusammenarbeit der statistischen Ämter auf gesamt- und teilstaatlicher Ebene
hat sich vor allem im Zusammenhang mit der Volks- und Wohnungszählung
verbessert. Das
Kosovo Was die politischen
Kriterien betrifft, so wurde in den vergangenen zwölf Monaten die
politische Agenda des Kosovo durch die Kommunal- und Parlamentswahlen und deren
Auswirkungen beherrscht. Die Parlamentswahlen vom Juni waren transparent und
gut organisiert. Der Wahltag verlief ohne Zwischenfälle und die Wähler gaben
im ganzen Kosovo, einschließlich der vier Kommunen im Norden, ihre Stimmen frei
ab. Mit diesen Wahlen wurden die bereits bei den Kommunalwahlen Ende 2013
erzielten Fortschritte gefestigt. Bei beiden Wahlen war eine Verbesserung des
Wahlprozesses festzustellen. Es gab weniger Fälle von Wahlbetrug als bei den
Wahlen von 2010 und diese Fälle wurden auch effizient behandelt. Viele Fälle
aus dem Jahr 2010 sind immer noch vor Gericht anhängig. Das Kosovo muss die
Empfehlungen der Wahlbeobachtungsmissionen und -experten noch umsetzen. Dazu
zählen die Verabschiedung eines umfassenden Wahlgesetzes und die Erstellung
genauerer Wählerlisten. Mit der Wahlreform muss gewährleistet werden, dass der
rechtliche Rahmen für Wahlen mit den praxisbewährten Verfahren in der EU im
Einklang steht. Die kürzlich angetretene Mitgliedschaft des Kosovo in der
Venedig-Kommission kann dazu beitragen. Dass die neue
Legislative nicht reibungslos und rechtzeitig konstituiert werden konnte, war
ein Rückschlag. Die neue Regierung und die parlamentarische Versammlung werden
der Reformagenda des Kosovo neue Impulse verleihen müssen. Beide Institutionen
müssen auf dem bestehenden politischen Konsens in Bezug auf die EU-Integration
weiter aufbauen. Die Regierung des Kosovo hat vor allem im Rahmen der
SAA-Verhandlungen ihre Fähigkeit zur Koordinierung ihrer EU-Integrationsagenda
unter Beweis gestellt. Unter Inanspruchnahme des in den verschiedenen
Institutionen und Ministerien vorhandenen Sachverstands haben die
Verhandlungsführer des Kosovo erhebliche Anstrengungen unternommen, um den
vorgeschlagenen Text gründlich zu prüfen und seine möglichen Auswirkungen zu
analysieren. Dies zeugt von einem guten Verständnis der mit dem SAA verbundenen
Verpflichtungen. Um den
Verpflichtungen im Rahmen des künftigen SAA nachzukommen, müssen sich die
Exekutive und die Versammlung des Kosovo auf die Umsetzung von Gesetzen und
Politiken konzentrieren. Bei der legislativen und politischen Planung müssen
die benötigten Ressourcen in realistischer Weise berücksichtigt werden. Die
neue Legislaturperiode bietet eine gute Gelegenheit, die Kontrolle der
Exekutive und das Gesetzgebungsverfahren zu verbessern. Die Rolle der
parlamentarischen Versammlung bei der Überwachung unabhängiger Institutionen
und Regulierungsbehörden muss gestärkt werden. Die Unabhängigkeit dieser
Stellen muss gewahrt bleiben. Die Ernennung des Leitungspersonals dieser
Stellen muss unverzüglich erfolgen und sich auf ein faires, entpolitisiertes
und auf sachlichen Kriterien beruhendes Auswahlverfahren stützen. Die gute
Zusammenarbeit mit der EU-Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX wurde fortgeführt.
Die Behörden des Kosovo sind eine weitreichende politische Verpflichtung
eingegangen, das Mandat der Mission zu verlängern. Sie haben sich bereit
erklärt, ein Sondergericht für die Behandlung der Ergebnisse der
Sonderermittlungseinheit einzurichten. Um diesen Prozess abschließen zu können,
muss das Kosovo die erforderlichen Änderungen an den Rechtsvorschriften,
einschließlich der Verfassung, annehmen. Die Justizbehörden haben einige
strukturelle Herausforderungen, wie z. B. die 2013 verabschiedete
umfassende Justizreform und die Übertragung einiger EULEX-Aufgaben auf lokale
Behörden, gut bewältigt. Der strukturierte Dialog über die Rechtsstaatlichkeit
hat diesen Prozess weiterhin unterstützt. Der Abbau des Verfahrensrückstaus und
die Gewährleistung einer unparteiischen und unabhängigen Justiz stellen jedoch
weiterhin eine Herausforderung dar. Die Justizbehörden müssen auf der Grundlage
zulässiger Beweismittel Anklage erheben und - unabhängig von der öffentlichen
oder politischen Meinung - rechtzeitig gut begründete Urteile fällen. Was die
Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität betrifft, so stieg die
Zahl der strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Drogenhandel und
eine Reihe von Gruppen, die Menschenhandel betrieben, wurden zerschlagen.
Allerdings kam es nur in wenigen Fällen zu einer endgültigen Verurteilung oder
zur Beschlagnahme von Drogen. Daran wird deutlich, dass das Kosovo bei der
Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption erst am Anfang steht.
Die Strafverfolgungsbehörden zögern, Finanzermittlungen einzuleiten, und die
Zahl der Fälle, in denen die Justiz das Einfrieren und Einziehen von
Vermögenswerten anordnet und die Polizei diese Anordnungen umsetzt, ist
weiterhin gering. Die Einschüchterung von Zeugen gibt weiterhin Anlass zur
Besorgnis. Die neue Regierung und das Parlament müssen nicht nur eine Politik
der Nulltoleranz gegenüber Korruption und organisierter Kriminalität verfolgen,
sondern auch einen deutlichen politischen Willen zur wirksamen Bekämpfung von Korruption
und organisierter Kriminalität an den Tag legen. Die politische Klasse des
Kosovo muss ihre Bereitschaft zeigen, das Ergebnis unabhängiger
Gerichtsverfahren zu akzeptieren. Die Bekämpfung von organisierter Kriminalität
und Korruption ist Grundvoraussetzung für die Verhinderung der Unterwanderung
von Politik, Justiz und Wirtschaft durch kriminelle Gruppen. Die Umsetzung
der Strategie (2010-2013) und des Aktionsplans (2012-2014) zur Reform der
öffentlichen Verwaltung stellt das Kosovo vor eine große Herausforderung. Die
Ergebnisse waren bisher begrenzt. Auf der Grundlage ernsthaften politischen
Engagements muss das Kosovo einen realistischen strategischen Rahmen für
Politikformulierung, Legislativplanung und die praktische Umsetzung von
Reformen schaffen. Vorrangige Aufgaben sind neben der Vervollständigung des
Rechtsrahmens für den öffentlichen Dienst die Entpolitisierung der öffentlichen
Verwaltung und die Durchführung von Leistungsbeurteilungen für die Beamten. Das
Kosovo muss ein Gesetz über allgemeine Verwaltungsverfahren verabschieden. Ein
solches Gesetz ist unentbehrlich für die Schaffung unternehmensfreundlicher
Rahmenbedingungen. Es wurden zwar einige Vorschriften über das öffentliche
Finanzmanagement erlassen, doch sollte das Kosovo für einen umfassenderen
Reformansatz in diesem Bereich sorgen. Das Kosovo muss die Umsetzung dieser
Reformen gewährleisten und den Empfehlungen aus den Berichten des Rechnungshofs
besser nachkommen. Im Allgemeinen
sind die Menschen- und Grundrechte im Kosovo nach wie vor rechtlich garantiert.
Die unabhängige Medienkommission hat ihre Arbeit wieder aufgenommen. Die
Personen, die für die Gewalt gegen die Zeitschrift Kosovo 2.0 verantwortlich
waren, erhielten Bewährungsstrafen. Es gab weitere Drohungen gegen und Übergriffe
auf Aktivisten für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender-Personen und
Intersexuelle (LGBTI) sowie Journalisten. Dies gibt Anlass zu ernsthafter
Besorgnis. Die Rahmenbedingungen für Meinungs- und Medienfreiheit müssen noch
geschaffen werden. Eigentumsrechte, einschließlich der Rechte von Frauen auf
vererbte Immobilien, müssen wirksam durchgesetzt werden. Das Kosovo hat das
institutionelle System zum Schutz der Menschenrechte noch nicht gestrafft. Die
unklare Kompetenzverteilung behindert die Rechtsumsetzung und das Monitoring. Einigen
binnenvertriebenen Familien der Roma-Gemeinschaft, die in einem Lager in
Montenegro untergebracht sind, wurde Land zugewiesen. Das Hauptgebäude des
Roma-Lagers in Leposaviq/Leposavić wurde geschlossen. Durch die
Einrichtung des Rates für Umsetzung und Monitoring wurde der Schutz des
kulturellen und religiösen Erbes verbessert. Allerdings muss das Kosovo
seine Bemühungen zur Umsetzung von Gesetzen und Politikansätzen verstärken.
Dies gilt u. a. für den Aktionsplan zur Integration der Roma, Aschkali und
Balkan-Ägypter. Sicherheitsvorfälle und Verbrechen gegen Angehörige von
Minderheiten und ihr Eigentum müssen gründlich untersucht und die Täter zügig
vor Gericht gestellt werden. Die Gesetze über die historische Altstadt von
Prizren und über Velika Hoča/Hoçë e Madhe müssen umgesetzt werden.
Insbesondere das Gesetz über Velika Hoča/Hoçë e Madhe gibt Anlass zur
Besorgnis, weil trotz eines Beschlusses der Stadtverwaltung vom Februar 2013
zur Umsetzung des Gesetzes und trotz entsprechender Verwaltungsanweisungen des
Ministeriums für Umwelt und Raumplanung die Umsetzung nicht vorangekommen ist.
Durchgreifende Maßnahmen sind erforderlich, um der illegalen Bautätigkeit und
der Zerstörung von Stätten des Kulturerbes vorzubeugen. Was die
regionale Zusammenarbeit betrifft, so hat das Kosovo weitere Fortschritte
erzielt und weitere Kooperationsabkommen mit mehreren Nachbarländern
geschlossen. Was
die Normalisierung der Beziehungen zu Serbien betrifft, so hat sich das
Kosovo weiterhin am Dialog beteiligt und sich auch insgesamt für die Umsetzung
der ersten Grundsatzvereinbarung zur Normalisierung der Beziehungen vom April
2013 und von anderen im Rahmen des Dialogs getroffenen Vereinbarungen eingesetzt.
Dies hat zu einer Reihe irreversibler Veränderungen geführt. So fanden zum
ersten Mal Kommunal- und Parlamentswahlen im gesamten Gebiet des Kosovo statt
und der Abbau der serbischen Polizei- und Justizstrukturen kam wesentlich
voran. Eine endgültige Lösung für die Aufnahme des Kosovo in den
Südosteuropäischen Kooperationsprozess (SEECP) wurde gefunden. Seit der
Ankündigung vorgezogener Neuwahlen im Kosovo gab es zwar keine Treffen mehr auf
hoher Ebene, doch die Arbeiten auf technischer Ebene liefen weiter und brachten
Fortschritte in den Bereichen Zollerhebung, integriertes Grenzmanagement,
Energie und Telekommunikation. Allerdings
kommt die Umsetzung des Dialogs insgesamt langsamer voran. Sowohl in Serbien
als auch im Kosovo fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt. Es ist wichtig,
dass der Dialog auf hoher Ebene wieder aufgenommen wird. Unverzichtbar ist
auch, dass sich beide Seiten nach wie vor uneingeschränkt und in gutem Glauben
für die Umsetzung aller bestehenden Vereinbarungen einsetzen. Weitere
Fortschritte sollen bis zum Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit Serbien
zur umfassenden Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo
auf der Grundlage eines rechtlich bindenden Abkommens führen, wobei sowohl
Serbien als auch das Kosovo in der Lage sein müssen, ihre jeweiligen Rechte
uneingeschränkt auszuüben und ihrer Verantwortung nachzukommen. Was die wirtschaftlichen
Kriterien betrifft, so hat das Kosovo beim Aufbau einer funktionierenden
Marktwirtschaft begrenzte Fortschritte erzielt. Erhebliche Anstrengungen zur
Beseitigung struktureller Schwächen sind notwendig, damit das Kosovo
langfristig dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union
standhalten kann. Das Kosovo
verzeichnete erneut ein positives Wirtschaftswachstum (3,4 %), das
allerdings nicht zu einer Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt führte. Trotz eines
leichten Rückgangs des Handelsbilanzdefizits verzeichnet das Kosovo weiterhin
große außenwirtschaftliche Ungleichgewichte. Die makroökonomische Stabilität
wurde insgesamt gewahrt, trotz erheblicher Ad-hoc-Erhöhungen der laufenden
Ausgaben - insbesondere für Löhne und Renten - im Vorfeld der Wahlen. Ein
solches Vorgehen beeinträchtigt die Transparenz, Vorhersehbarkeit und
Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik, erschwert die Haushaltsplanung und führt zur
Verlagerung der Ausgaben auf weniger wachstumsfördernde Bereiche. Die Verbesserung
der Haushaltsplanung und die wirksame Umsetzung der Haushaltsordnung sind von
entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus müssen sich Entscheidungen über große
Infrastrukturvorhaben, wie z. B. im Verkehrssektor, auf eine gründliche
Kosten-/Nutzen-Analyse stützen, um den wirtschaftlichen Nutzen zu maximieren.
Angesichts der anhaltend sehr hohen Arbeitslosigkeit sollten Maßnahmen ergriffen
werden, um durch Verbesserung des Unternehmensumfelds die Entwicklung des
Privatsektors zu unterstützen. Zu diesem Zweck sollten Hindernisse, die sich
aus dem Mangel an Verwaltungskapazitäten, dem schwierigen Zugang zu
Finanzierungsmöglichkeiten und den zeitaufwendigen und komplexen
Privatisierungsverfahren ergeben, zügig beseitigt werden. Das Kosovo muss für
ein gut funktionierendes Rechts- und Justizsystem sorgen, die
Vertragsdurchsetzung verbessern und die Dauer der Gerichtsverfahren verkürzen.
Die Wirtschaftsstatistik muss verbessert werden. Was die Angleichung
an EU-Rechtsvorschriften und -Standards betrifft, so
haben die Institutionen des Kosovo ihre Fähigkeit zur Verwirklichung der
politischen Prioritäten - z. B. SAA-Verhandlungen, Dialog über
Visaliberalisierung und Dialog mit Serbien - unter Beweis gestellt.
Dies war das Ergebnis eines nachdrücklichen politischen Engagements. In anderen
wichtigen Reformbereichen waren die Ergebnisse eher gemischt. Der grundlegende
Rechtsrahmen für den freien Kapitalverkehr ist zwar nach wie vor vorhanden,
doch Ausländer stehen weiterhin vor Hindernissen beim Erwerb von Immobilien.
Was den Wettbewerb betrifft, so kann das Kosovo nur eine begrenzte
Erfolgsbilanz vorweisen. Dies ist auf die sehr schwache Kontrolle
wettbewerbswidriger Praktiken und staatlicher Beihilfen zurückzuführen. Das
Kosovo muss für leistungsfähige und unabhängige Wettbewerbsbehörden sorgen. Das
Gesetz über das öffentliche Auftragswesen wurde geändert, um Präferenzen für
lokale Unternehmen einzuführen. Diese Präferenzen werden innerhalb von fünf
Jahren nach Inkrafttreten des SAA aufgehoben werden müssen. Dank der
Verbesserung der Energieversorgung im Kosovo kommt es nur noch selten zu
Stromausfällen. Eine Explosion im Kraftwerk Kosovo A verdeutlichte die
Anfälligkeit des Systems. Das Kosovo muss sich aktiver auf die Stilllegung
dieses Kraftwerks vorbereiten. In den Bereichen Landwirtschaft und
Lebensmittelsicherheit waren trotz knapper Ressourcen solide Fortschritte zu
verzeichnen. Die Abstellung von Inspektoren an die zentrale Behörde muss
dringend abgeschlossen werden. Dies ist für die Durchsetzung von Lebensmittel-
und Veterinärstandards, die für den Handel im Rahmen des SAA wichtig sind,
unerlässlich. Der Mangel an Interesse am Umweltschutz ist zu einem ernsthaften
Problem für die öffentliche Gesundheit und die Lebensqualität im Kosovo
geworden. Türkei
Was die politischen
Kriterien betrifft so ergaben die vergangenen zwölf Monate wieder
ein sehr gemischtes Bild. Einerseits
setzte sich die Umsetzung der in den Vorjahren verabschiedeten Reformen fort. Mehrere
Maßnahmen im Rahmen des dritten und des vierten Justizreformpakets sowie
Maßnahmen im Zusammenhang mit dem im September 2013 vorgelegten
Demokratisierungspaket wurden angenommen und durchgeführt. Diese Maßnahmen
dienten u. a. dazu, die Schwelle für die finanzielle Unterstützung
politischer Parteien aus dem Staatshalt zu senken, die politische Tätigkeit in
anderen Sprachen und Dialekten als Türkisch zu ermöglichen sowie Möglichkeiten
für private Bildung in anderen Sprachen und Dialekten als Türkisch zu eröffnen.
Die Annahme eines Aktionsplans zur Verhinderung von Verletzungen der
Europäischen Menschenrechtskonvention im März war ein wichtiger Schritt zur
Angleichung des Rechtsrahmens und der Rechtspraxis der Türkei an die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Das
Verfassungsgericht hat das Individualbeschwerdeverfahren weiter angewandt. Es
fällte eine Reihe wichtiger Entscheidungen zum verstärkten Schutz der Grundrechte.
Dies war ein Beweis für die Resilienz des Verfassungssystems des Landes. Im Juni
verabschiedete das türkische Parlament ein Gesetz, mit dem eine "stärkere
Grundlage für eine Lösung der Kurdenfrage" geschaffen werden soll. Das
Gesetz wurde mit der breiten Unterstützung aller politischen Parteien
verabschiedet. Es umfasst Maßnahmen zur Beseitigung von Terrorismus, zur
Stärkung der sozialen Inklusion, zur Wiedereingliederung der Personen, die aus
der Kurdischen Arbeiterpartei austreten und ihre Waffen abgeben, sowie zur
Vorbereitung der Öffentlichkeit auf die Rückkehr ehemaliger Kämpfer. Das Gesetz
stärkt die Grundlage für die Lösung der Kurdenfrage und leistet einen positiven
Beitrag zur Stabilität und zum Schutz der Menschenrechte in der Türkei. Im September
legte das Ministerium für EU-Angelegenheiten eine EU-Strategie vor, um dem
Beitrittsprozess der Türkei neue Impulse zu verleihen. Die Strategie beruht auf
drei Säulen: politischen Reformen, sozioökonomischer Transformation im Rahmen
des Beitrittsprozesses sowie Kommunikation. Sie soll durch Aktionspläne mit
konkreten Maßnahmen und Fristen ergänzt werden. Die
Reaktion der Regierung auf Korruptionsvorwürfe gegen hochrangige
Persönlichkeiten, darunter Regierungsmitglieder und deren Familienangehörige,
gab Anlass zu ernsthaften Bedenken im Hinblick auf die Unabhängigkeit der
Justiz und die Rechtsstaatlichkeit. Diese Reaktion bestand vor allem in der
Änderung des Gesetzes über den Hohen Rat der Richter und Staatsanwälte, in der
anschließenden Versetzung und Entlassung von Richtern und Staatsanwälten sowie
in der Versetzung, Entlassung oder sogar Verhaftung einer großen Zahl von
Polizeibeamten. Dies führte zu Sorgen in Bezug auf die operativen Kapazitäten
von Justiz und Polizei und nährte große Zweifel an deren Fähigkeit zur
Durchführung nichtdiskriminierender, transparenter und unparteiischer
Ermittlungen im Fallen von Korruptionsvorwürfen. Das Verfassungsgericht erklärt
eine Reihe von Bestimmungen des Gesetzes über den Hohen Rat der Richter und
Staatsanwälte für verfassungswidrig. Im Anschluss daran änderte das Parlament
das Gesetz und nahm die alten Bestimmungen wieder darin auf. Diese
Entwicklungen haben zur weiteren Polarisierung der politischen Landschaft
geführt. Mehrere von der Regierungsmehrheit eingebrachte Gesetzentwürfe, die
Fragen von grundlegender Bedeutung für die Demokratie in der Türkei betrafen,
wurden ohne eine richtige parlamentarische Debatte oder ohne eine ausreichende
Konsultation von Interessenträgern und zivilgesellschaftlichen Akteuren
verabschiedet. Die Zivilgesellschaft sollte durch besser strukturierte und
systematischere Konsultationen in die Entscheidungsprozesse auf nationaler und
lokaler Ebene einbezogen werden. Es ist von
zentraler Bedeutung, den bestehenden Rechtsrahmen zu reformieren und dadurch
generell bessere Bedingungen für die Entwicklung zivilgesellschaftlicher
Organisationen zu schaffen. Was die
Meinungsfreiheit betrifft, so setzte sich die breite öffentliche Debatte über
bisher als besonders sensibel geltende Themen, darunter die Kurden- und
Armenierfrage, fort. Allerdings wird die Meinungs- und Medienfreiheit nach wie
vor durch einzelne Rechtsvorschriften und deren Auslegung durch die Gerichte
behindert. Das Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet wurde durch Änderungen
des Internetgesetzes eingeschränkt. Die Pauschalverbote von YouTube und Twitter
gaben Grund zu ernster Besorgnis. Diese Verbote wurden anschließend vom
Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Staatsbedienstete gaben
weiterhin Erklärungen ab, die eine einschüchternde Wirkung auf die Medien
hatten. Diese Erklärungen und die Eigentumsstrukturen
im türkischen Mediensektor führten zur weit verbreiteten Selbstzensur in der
Presse sowie zu Kündigungen bzw. zur Entlassung von Journalisten. Die türkischen
Rechtsvorschriften über die Versammlungsfreiheit, bei denen eher die Frage der
Rechtsmäßigkeit als der friedliche Charakter von Demonstrationen im Mittelpunkt
steht, und ihre Durchsetzung durch Polizeibeamte müssen mit europäischen
Standards in Einklang gebracht werden. Es muss ein Gesetz zur Einrichtung einer
Kommission für die Überwachung der Strafverfolgungsbehörden als unabhängiger
Aufsichtsstelle für polizeiliches Fehlverhalten verabschiedet werden. Aufgrund
der unklaren strafrechtlichen Definition des Tatbestandes der Mitgliedschaft in
einer bewaffneten Organisation kommt es weiterhin zu zahlreichen Verhaftungen
und Strafverfahren. Für Fragen der Wehrdienstverweigerung aus Gewissen- oder
Glaubensgründen muss ein mit der ENRK vereinbarer Rechtsrahmen geschaffen
werden. Es bedarf erheblicher Anstrengungen, um die Rechte von Frauen und
Kindern sowie von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen und
Intersexuellen (LGBTI) wirksam zu wahren. Häusliche Gewalt, gelegentliche
"Ehrenmorde" und die Frage von Früh- und Zwangsehen geben nach wie
vor Anlass zu ernsthafter Besorgnis. Die Türkei muss gewährleisten, dass alle
Eigentumsrechte, auch diejenigen nichtmuslimischer Religionsgemeinschaften,
uneingeschränkt geachtet werden. Diese
Defizite müssen angegangen werden und die Behörden müssen ihre Bemühungen um
den Schutz anderer Grundrechte und -freiheiten verstärken, damit alle Bürger
ihre Rechte uneingeschränkt ausüben können. Die
Unterzeichnung des Rückübernahmeabkommens zwischen der Türkei und der EU am 16.
Dezember 2013 und der gleichzeitige Beginn des Dialogs über die
Visaliberalisierung gaben den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei neue
Impulse.
Das Rückübernahmeabkommen trat am 1. Oktober 2014 in Kraft und der erste
Bericht über die Fortschritte der Türkei im Rahmen des Fahrplans für die
Visaliberalisierung wird am 20. Oktober 2014 veröffentlicht werden. Es ist
wichtig, dass diese beiden Prozesse vorangebracht werden. Die vollständige und
wirksame Umsetzung gegenüber allen Mitgliedstaaten ist von entscheidender
Bedeutung. Was den
Kampf gegen die organisierte Kriminalität betrifft, so hat die Türkei ihr
Programm zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung verbessert, das Netz der
für den Zeugenschutz zuständigen Einheiten gestärkt und die Zuständigkeiten für
die Bekämpfung des Menschenhandels neu geordnet. Allerdings gab die massive
Entlassung von Polizeibeamten Anlass zu Besorgnis in Bezug auf die Auswirkungen
auf die operativen Kapazitäten wichtiger Polizeidienste im Kampf gegen die organisierte
Kriminalität. Die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption ist
Grundvoraussetzung für die Verhinderung der Unterwanderung von Politik, Justiz
und Wirtschaft durch kriminelle Gruppen. Im
Bereich der Außenpolitik spielte die Türkei weiterhin eine wichtige Rolle in
ihrer größeren Nachbarschaft. Sie spielte
eine besonders wichtige Rolle in Bezug auf Syrien - so hat sie die Gewalt des
syrischen Regimes gegen Zivilisten wiederholt scharf verurteilt, die
Herausbildung einer geschlosseneren Opposition unterstützt und lebenswichtige
humanitäre Hilfe für mehr als 1 Mio. syrische Flüchtlinge geleistet. Auch bei
den Gesprächen der E3+3-Gruppe mit Iran leistete sie weiterhin praktische
Unterstützung. Mit den endgültigen Investitionsentscheidungen für die
Durchführung von drei Projekten im Rahmen des südlichen Gaskorridors wurde eine
solide Grundlage für die Verbesserung der Energieversorgungssicherheit Europas
geschaffen. Der regelmäßige politische Dialog zwischen der EU und der Türkei
wurde fortgesetzt und betraf neben internationalen Fragen von gemeinsamem
Interesse wie der Lage im Nahen Osten und Zentralasien auch globale Themen wie
Terrorismusbekämpfung, ausländische Kämpfer und Nichtverbreitung. Die Türkei
hat ihre Politik des Engagements im westlichen Balkan fortgesetzt, u. a.
durch aktive Beteiligung am südosteuropäischen Kooperationsprozess und durch
einen Beitrag zu den von der EU geleiteten Militär-, Polizei- und
Rechtsstaatlichkeitsmissionen. Angesichts der großen Herausforderungen, die in
der unmittelbaren Nachbarschaft der Türkei entstehen, sollte der Dialog mit der
EU weiter intensiviert und die Angleichung an die Positionen der EU verbessert
werden. Die Türkei hat
die Wiederaufnahme der Gespräche über die umfassende Beilegung des Konflikts
zwischen den führenden Vertretern beider Gemeinschaften in Zypern unter der
Schirmherrschaft des VN-Generalsekretärs unterstützt. Die Türkei und
Griechenland haben im Rahmen der laufenden Verhandlungen gegenseitige Besuche
der beiden Verhandlungsführer in Ankara bzw. Athen gefördert. Allerdings hat
die Türkei weitere Erklärungen abgegeben, die das Recht Zyperns zur Ausbeutung
von Kohlenwasserstoffressourcen in der ausschließlichen Wirtschaftszone Zyperns
zugunsten aller Zyprer in Frage stellen. Es wird erwartet, dass die Türkei die
Verhandlungen über eine gerechte, umfassende und tragfähige Lösung der
Zypernfrage im Rahmen der UN und im Einklang mit den einschlägigen Resolutionen
des UN-Sicherheitsrats und den der EU zugrundeliegenden Prinzipien aktiv
unterstützt. Das konkrete Engagement der Türkei zugunsten einer solchen Lösung
ist nach wie vor entscheidend. Trotz wiederholter Aufforderung durch Rat und
Kommission ist die Türkei noch nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, die
vollständige und nichtdiskriminierende Umsetzung des Zusatzprotokolls zum
Assoziierungsabkommen zu gewährleisten, und hat auch noch nicht alle
Hindernisse für den freien Warenverkehr, einschließlich der Einschränkung der
direkten Transportverbindungen mit Zypern, beseitigt. Bei der Normalisierung
der bilateralen Beziehungen zu Zypern gab es keine Fortschritte. Die
Türkei muss sich unmissverständlich zu gutnachbarlichen Beziehungen und zur
friedlichen Beilegung von Streitigkeiten im Einklang mit der Charta der
Vereinten Nationen bekennen, insbesondere indem sie erforderlichenfalls den
Internationalen Gerichtshof anruft. In dieser Hinsicht zeigte sich die EU
erneut äußerst besorgt und forderte die Türkei auf, alle gegen einen
Mitgliedstaat gerichteten Drohungen oder Handlungen sowie Irritationen oder
Handlungen, welche die gutnachbarlichen Beziehungen und die friedliche
Beilegung von Streitigkeiten beeinträchtigen könnten, zu unterlassen. Die EU
begrüßte, dass die Initiativen für die Zusammenarbeit zwischen Griechenland und
der Türkei, die der Verbesserung der bilateralen Beziehungen dienen,
fortgeführt werden. Die jüngste - 58. - Runde der Sondierungsgespräche über die
Abgrenzung des Festlandsockels fand statt. Griechenland und Zypern legten
förmliche Beschwerden über wiederholte und zunehmende Verletzungen ihrer
Hoheitsgewässer und Lufträume durch die Türkei ein, darunter Überflüge über
griechische Inseln. Was die wirtschaftlichen
Kriterien betrifft, so gilt die Türkei als funktionierende Marktwirtschaft.
Das Land dürfte mittelfristig in der Lage sein, dem Wettbewerbsdruck und den
Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten, vorausgesetzt, dass es die
Umsetzung umfassender Strukturreformen schneller vorantreibt. Seit dem
Abschwung im Jahr 2012 ist in Bezug auf Produktion und Beschäftigung ein
moderates Wachstum zu verzeichnen. Trotzdem hat die Arbeitslosigkeit aufgrund
der stark wachsenden Erwerbsbevölkerung zugenommen. Das Leistungsbilanzdefizit
ist trotz eines leichten Rückgangs im Jahr 2014 weiterhin hoch. Aus der
Abhängigkeit von stetigen Kapitalzuflüssen ergibt sich eine Anfälligkeit der
Türkei im Falle von Veränderungen der globalen Risikowahrnehmung. Dies führt zu
erheblichen Wechselkursschwankungen. Das
Haushaltsdefizit und die Staatsschulden blieben zwar auf moderatem Niveau, doch
aufgrund der anhaltenden Ausgabenüberschreitungen ist eine Stärkung des
finanzpolitischen Rahmens erforderlich. Die Finanz- und Haushaltspolitik sollte
darauf ausgerichtet werden, weitere Einsparungen zu erzielen und damit die
Auslandsschulden abzubauen. Da die Inflationsrate weiter steigt und sich damit
immer weiter vom Ziel der Zentralbank entfernt, muss bei der Geldpolitik ein
restriktiver Kurs - mit Schwerpunkt auf der Preisstabilität - gesteuert werden.
Trotz einiger Fortschritte bei der Privatisierung und Liberalisierung des
Strommarkts müssen die Strukturreformen unbedingt auf breiter Basis verstärkt
vorangetrieben werden, um das Funktionieren der Waren-, Dienstleistungs- und
Arbeitsmärkte zu verbessern. Die Reformen sollten u. a. die weitere Verbesserung
des Justizsystems, den Ausbau der Verwaltungskapazitäten, die Erhöhung der
Transparenz bei den staatlichen Beihilfen und die Schaffung eines offenen,
fairen und wettbewerbsorientierten Systems der öffentlichen Auftragsvergabe
umfassen. Was die Fähigkeit
zur Übernahme der aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen
betrifft, so hat die Türkei die Rechtsangleichung an den Besitzstand
fortgesetzt. 2013 wurde ein weiteres Verhandlungskapitel (22 - Regionalpolitik
und Koordinierung der strukturpolitischen Instrumente) eröffnet. Im Bereich der transeuropäischen Netze
waren gute Fortschritte zu verzeichnen. Trotz der erheblichen Belastungen
infolge der anhaltenden Flüchtlingskrise hat die Türkei in zentralen Bereichen
des Kapitels 24, darunter insbesondere Migration und Asylpolitik, wichtige
Schritte unternommen. In folgenden Bereichen gab es ebenfalls
Fortschritte: Energie (vor allem im Hinblick auf Energieversorgungssicherheit
und Elektrizitätsbinnenmarkt), Gesellschaftsrecht, Unternehmens- und
Industriepolitik, Statistik, Wissenschaft und Forschung, freier Kapitalverkehr
(in Bezug auf die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung)
sowie Umsetzung der Heranführungshilfe im Bereich der Entwicklung des
ländlichen Raums. Insgesamt
hat die Türkei in mehreren Kapiteln des Besitzstands, darunter freier
Warenverkehr, Gesellschaftsrecht, Vorschriften über geistiges Eigentum,
Finanzdienstleistungen, Energie, Wirtschafts- und Währungspolitik, Statistik,
Unternehmens- und Industriepolitik, transeuropäische Netze, Wissenschaft und
Forschung, Zollunion und Außenbeziehungen, ein hohes Maß an Rechtsangleichung
erreicht. In allen
Bereichen muss der Rechtsdurchsetzung mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. In
den Bereichen Recht, Freiheit und Sicherheit, Lebensmittelsicherheit, Tier- und
Pflanzengesundheit sowie Umwelt und Klimawandel sind weitere umfassende
Anstrengungen erforderlich. Auch in den Bereichen Justiz und Grundrechte und
Sozialpolitik und Beschäftigung (insbesondere im Hinblick auf das Arbeitsrecht
und die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz) sind erhebliche
weitere Fortschritte notwendig. Vor allem in den Bereichen öffentliche
Auftragsvergabe, Wettbewerbspolitik (insbesondere staatliche Beihilfen),
Informationsgesellschaft und Medien) muss die Rechtsangleichung fortgesetzt
werden. [1] COM(2012) 600 final. [2] COM(2013) 700 final. * Diese
Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status des Kosovo und steht im
Einklang mit der Resolution 1244/99 des VN-Sicherheitsrates und dem Gutachten
des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo. [3] COM(2014) 330 final. [4] Kroatien,
Serbien, Bosnien und Herzegowina und Montenegro. [5] Erste
Grundsatzvereinbarung zur Normalisierung der Beziehungen, April 2013. [6] Freier Warenverkehr; Niederlassungsrecht und
Dienstleistungsfreiheit (Montenegro hat bereits das Kriterium für die Eröffnung
der Verhandlungen zu diesem Kapitel erfüllt und wurde folglich zur Vorlage
seiner Verhandlungsposition aufgefordert); Wettbewerbspolitik; Landwirtschaft
und ländliche Entwicklung; Lebensmittelsicherheit, Pflanzen- und
Tiergesundheit; Fischerei; Energie; Wirtschafts- und Währungspolitik;
Sozialpolitik und Beschäftigung; Regionalpolitik und Koordinierung der
strukturpolitischen Instrumente; Umwelt und Klimawandel. [7] Freier
Kapitalverkehr; öffentliches Auftragswesen; Gesellschaftsrecht; Vorschriften
über geistiges Eigentum; Informationsgesellschaft und Medien; Unternehmens- und
Industriepolitik; Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik;
Finanzkontrolle.