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Document 52014AE1800

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Ein offenes und sicheres Europa: Praktische Umsetzung — COM(2014) 154 final

OJ C 451, 16.12.2014, p. 96–103 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

16.12.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 451/96


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Ein offenes und sicheres Europa: Praktische Umsetzung

COM(2014) 154 final

(2014/C 451/16)

Berichterstatter:

José Isaías RODRÍGUEZ GARCÍA-CARO

Die Europäische Kommission beschloss am 14. März 2014, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Ein offenes und sicheres Europa: Praktische Umsetzung.

COM(2014) 154 final.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 20. Juni 2014 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 500. Plenartagung am 9./10. Juli 2014 (Sitzung vom 9. Juli) mit 85 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 7 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen

1.1

Im Einklang mit dem Standpunkt, den er seit Langem vertreten und in seinen Stellungnahmen zu den Kommissionsmitteilungen zum Haager Programm (1) und später zum Stockholmer Programm (2) zum Ausdruck gebracht hat, ist der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) der Auffassung, dass Grundlage und Ausgangspunkt für eine Politik der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts die Wahrung der in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschriebenen Grundrechte und Grundfreiheiten sowie die Charta der Grundrechte der Europäischen Union sein muss. Nach Ansicht des EWSA sollten die EU-Organe in ihrer Politik das Gleichgewicht zwischen Grundrechten und Sicherheit wahren. Mit seinem Urteil zu der Richtlinie 2006/24/EG über die mindestens sechsmonatige Vorratsspeicherung von Daten über die elektronische Kommunikation und Telekommunikation der Bürger hat der Gerichtshofs der EU diese Richtlinie aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips für ungültig erklärt. Der EuGH erachtet die Vorhaltung von Daten jedoch als legitime Zielsetzung, die dem Gemeinwohl dient.

1.2

Der EWSA beobachtet mit Besorgnis, dass Intoleranz, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gegenüber Einwanderern in Europa zunehmen. Auch stellt er fest, dass in einigen Mitgliedstaaten mitunter eine allmähliche Verschlechterung des Grundrechteschutzes zu befürchten ist. Die Gleichbehandlung und Maßnahmen zur Diskriminierungsbekämpfung bilden die Grundpfeiler der Integrationspolitik. Der EWSA schlägt vor, dass die Kommission einen eigenen Kommissar einsetzt, um dem Schutz der Grundrechte ein deutlicheres Profil zu geben, ihn zu stärken und entsprechende Maßnahmen zu erlassen.

1.3

Desgleichen ist der Ausschuss der Ansicht, dass die Europäische Union auf die Festigung eines internationalen Systems hinwirken sollte, mit dem Einwanderung und Mobilität auf der Grundlage der Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen, des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte von Wanderarbeitnehmern und der Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation erleichtert und geregelt werden.

1.4

Der EWSA als Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft ist ein Gesprächspartner, der in allen Phasen der Debatte über ein offenes und sicheres Europa in der Kommission, im Europäischen Parlament und im Rat berücksichtigt werden und präsent sein muss.

1.5

Nach Auffassung des EWSA hätte die Mitteilung der Kommission konkreter sein müssen. Sie enthält eine Reihe von Ideen, die unserer Ansicht nach weiter ausgeführt und strukturiert werden müssten. Auch hätte in der Mitteilung besonders darauf eingegangen werden sollen, welche Hauptprobleme derzeit einem offeneren und sichereren Europa im Wege stehen.

1.6

Die Einwanderer leisten einen positiven Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Europa, das aufgrund der Bevölkerungsüberalterung vor einer großen demografischen Herausforderung steht. Die EU leidet unter einer schweren Wirtschaftskrise und hohen Arbeitslosenquoten, aber selbst in dieser Situation besteht auf den Arbeitsmärkten verschiedener Mitgliedstaaten eine Nachfrage nach neuen Einwanderern. Ohne eine ernsthafte Migrationspolitik und die Annahme entsprechender Maßnahmen können sich die strukturellen Probleme infolge der demografischen Lage noch verschärfen, wenn die Krise erst überwunden ist und die Konjunktur wieder anzieht.

1.7

Die Europäische Union muss ein gemeinsames Asylsystem mit einheitlichen Rechtsvorschriften entwickeln und sich dabei auf die Grundlagen stützen, die in den Verträgen für eine gemeinsame Politik in diesem Bereich vorgesehen sind. Das Dubliner Übereinkommen muss durch ein System mit größerer Solidarität innerhalb der EU ersetzt werden, das auch dem Willen der Asylbewerber Rechnung trägt.

1.8

Nach Auffassung des EWSA erfordert ein glaubwürdiger Ansatz zur irregulären Migration und zur Rückführung ein entschlossenes Handeln unter Einsatz aller verfügbaren Instrumente, um gegen organisierte kriminelle Schleuser- und Menschenhändlernetze vorzugehen. Wir sind davon überzeugt, dass eine bessere Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten notwendig und zweckdienlich wäre, um die bestehenden Mittel und Instrumente zur Bekämpfung von Kriminellen zu nutzen, die irreguläre Einwanderung begünstigen und erleichtern.

1.9

Die EU muss bei der Kontrolle der Außengrenzen Verantwortung übernehmen, d. h. der Grenzen der gesamten Europäischen Union im Schengen-Raum. Frontex muss zu einem europäischen Grenzschutzdienst werden und dabei dem Schutz des Lebens von Menschen in Gefahr und der Achtung des geltenden Rechts Vorrang einräumen.

1.10

Der EWSA schlägt vor, Europol zu einer europäischen Agentur unter Aufsicht eines europäischen politischen Organs oder Justizorgans zu machen, die ihre derzeitige Koordinationsrolle hinter sich lässt und in möglichst kurzer Zeit eigene operative Kapazitäten erlangt, um in Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden der Mitgliedstaaten im gesamten Unionsgebiet Ermittlungen führen zu können.

2.   Einleitung

2.1

Auch wenn erst wenige Jahre seit der Lancierung des Stockholmer Programms für „ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger“ vergangen sind, konnte die Europäische Union durch die Umsetzung einiger darin enthaltener Handlungsvorschläge bestimmte Maßnahmen auf dem Weg zu einer offeneren und sichereren Gesellschaft für alle entwickeln, die wir in diesem weiten Raum der Freiheit und der Eintracht leben, den die Europäische Union bildet — eine Europäischen Union, in der auch die geringste Spur von Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit keinen Platz hat und unter keinen Umständen gebilligt oder toleriert werden darf.

2.2

Die Stärkung des Schengen-Raums, die Einigung über ein gemeinsames europäisches Asylsystem, die Verbesserung der gemeinsamen Visumpolitik, die verstärkte europäische Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität in ihren für die Menschen bedrohlichsten Formen (Terrorismus, Menschenhandel, Cyberkriminalität usw.) sowie die zunehmende Zusammenarbeit mit Drittländern im Bereich Migration sind insgesamt wichtige Fortschritte, die jedoch nicht ausreichen.

2.3

In einer zunehmend vernetzten und miteinander verflochtenen Welt, in der ein ständiger Informationsfluss herrscht und die zu bewältigenden Herausforderungen zuweilen völlig unerwartet auftreten, müssen die Bemühungen um mehr Freiheit und Sicherheit verstärkt und vertieft werden — sowohl zugunsten aller Unionsbürger als auch für diejenigen, die aus Drittländern einwandern und sich in unsere Gesellschaft integrieren wollen, um ihr Wissen und Können einzubringen und so unsere Werte zu bereichern und die eigenen Lebensbedingungen zu verbessern.

2.4

Kurz vor dem Auslaufen des Stockholmer Programms (3), zu dem der EWSA befasst worden war und Stellung genommen hatte (4), muss eine Antwort auf die in der Kommissionsmitteilung aufgeworfene Frage „Wie kann ein offenes und sicheres Europa praktisch umgesetzt werden?“ gefunden werden.

2.5

In einem Urteil vom 8. April 2014 hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) (5) die Richtlinie 2006/24/EG (6) für ungültig erklärt, in der den Mitgliedstaaten auferlegt wurde, die Betreiber eines Kommunikationsnetzes bzw. Anbieter von Kommunikationsdiensten dazu zu verpflichten, Daten bezüglich elektronischer und telefonischer Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger mindestens sechs Monate lang zu speichern. Der Gerichtshof sah in der Verpflichtung zur Vorratsspeicherung dieser Daten und der Gestattung des Zugangs der zuständigen nationalen Behörden zu ihnen einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten. Außerdem sei der Umstand, dass die Vorratsspeicherung der Daten und ihre spätere Nutzung vorgenommen werden, ohne dass der Teilnehmer oder der registrierte Benutzer darüber informiert wird, geeignet, bei den Betroffenen das Gefühl zu erzeugen, dass ihr Privatleben Gegenstand einer ständigen Überwachung ist. Der Gerichtshof war der Ansicht, dass die Vorratsspeicherung der Daten (und damit auch die Richtlinie) einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union darstellt. Das Urteil des Gerichtshofs vom 8. April 2014 bestätigt die Bedeutung der Wahrung der Rechte und Freiheiten der Bürger für das europäische Einigungswerk. Der EuGH hatte die Richtlinie aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für ungültig erklärt, befindet jedoch, dass die Vorhaltung von Daten eine legitime Zielsetzung ist, die dem Gemeinwohl dient.

3.   Die Mitteilung der Kommission

3.1

Die Mitteilung ist das Ergebnis von Überlegungen, an denen alle von diesem Politikbereich der Europäischen Union betroffenen Institutionen und Gremien beteiligt waren, zum einen durch ihre Beiträge zu der Konferenz „Ein offenes und sicheres Europa — Wie geht es weiter?“ im Januar 2014 in Brüssel, an der auch der EWSA teilnahm, und zum anderen im Wege einer öffentlichen Konsultation mit hoher Beteiligung.

3.2

Die Mitteilung besteht aus einer Einleitung, in der sehr komprimiert die Entwicklungen und Erfolge bei der Umsetzung der ehrgeizigen Ziele aus dem Stockholmer Programm zusammengefasst werden und die als gedankliche Überleitung zum zweiten Teil dient, in dem eine Reihe politischer Prioritäten umrissen wird.

3.3

Die Prioritäten sind wie folgt aufgegliedert:

Eine wirksame Migrations- und Mobilitätspolitik;

Schengen, Visa und Außengrenzen;

Ein gemeinsames europäisches Asylsystem in der Praxis;

Weitere Stärkung des Gesamtansatzes für Migration und Mobilität (GAMM);

Ein Europa, das schützt.

4.   Bemerkungen

4.1   Eine wirksame Migrations- und Mobilitätspolitik

4.1.1

Der EWSA hat im Laufe der Jahre mehrfach zur Migrations-, Mobilitäts- und Integrationspolitik Stellung genommen. Daher bekräftigen wir erneut die Gültigkeit all dieser Äußerungen und insbesondere jener Vorschläge, die bislang noch nicht berücksichtigt wurden. Vor diesem Hintergrund kann der EWSA nur nachdrücklich eine bestmögliche Nutzung der Vorteile von Migration und Integration befürworten, denn beide können zweifelsohne einen Beitrag zu einem intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstum leisten, wie in der Mitteilung ausgeführt wird. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass in einem Europa, in dem rassistische und fremdenfeindliche Ideologien auf dem Vormarsch sind, keinerlei Toleranz gegenüber solchen Tendenzen gezeigt werden darf. Bei allen Maßnahmen, die für ein offeneres und sichereres Europa entworfen werden, muss die Bekämpfung von Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ein vorrangiges Handlungsgebot sein.

4.1.2

Talente und hochqualifizierte Arbeitskräfte anziehen, Anreize für Studenten aus Drittländern bieten und sie dazu bewegen, in der EU zu bleiben, um später dort zu arbeiten, die Anerkennung von Qualifikationen in diesen Ländern fördern, mögliche Auswanderer in ihren Herkunftsländern unterstützen, um ihre Einreise in die EU zu erleichtern — all dies sind wichtige, wertvolle Maßnahmen zur intellektuellen und wirtschaftlichen Bereicherung der Mitgliedstaaten und die daher vom EWSA unterstützt werden müssen. Im Vorfeld muss jedoch beachtet werden: Es ist nicht dasselbe, Talente und qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittländern mit großem eigenem Potenzial zur Schaffung intellektueller Werte und von Wohlstand zu rekrutieren, wie diese Ressourcen Ländern zu nehmen, die hart um ihr Aufstreben und die Erreichung von mehr Reichtum und Wohlstand kämpfen. In letztem Fall mag dies für die EU-Mitgliedstaaten eine ausgezeichnete Strategie sein, kann jedoch für die Drittländer den Verlust von wichtigem Humankapital bedeuten. Eine Zusammenarbeit zwischen der EU und Drittstaaten im Rahmen der Mobilitätspartnerschaften ist vonnöten.

4.1.3

Der EWSA sorgt sich wegen der Auswirkungen, die eine solche Strategie in Entwicklungsländern haben kann, die auf ausgebildetes und qualifiziertes Humankapital dauerhaft angewiesen sind, um ihrer gegenwärtigen Misere zu entkommen. Wenn solches Humankapital abgezogen wird, müssen im selben Atemzug Ausgleichsmaßnahmen für die Herkunftsländer vorgesehen werden, damit ihr Wachstum dadurch nicht beeinträchtigt wird. Dies muss bei der Konzipierung von Maßnahmen zur Anziehung von Talenten aus Drittstaaten ein vorrangiges Anliegen sein. Man muss immer bedenken, dass die langfristige Lösung für eine bessere Zukunft der Menschen aus unterentwickelten Ländern nicht darin besteht, sie in die EU zu holen und dort zu integrieren, damit sie einen Arbeitsplatz und bessere Lebensbedingungen finden, sondern vielmehr darin, darauf hinzuwirken, dass ihre Herkunftsländer einen Entwicklungsstand erreichen, der es ihren Bürgerinnen und Bürgern erlaubt, nicht mehr nur das Auswandern als einzige Überlebensmöglichkeit zu sehen.

4.1.4

Dass Einwanderung und Integration komplementär sind und untrennbar zusammenhängen, wurde bereits im Juni 2007 vom Rat Justiz und Inneres anerkannt. Im Laufe der Jahre hat der EWSA verschiedentlich zu diesem Thema Stellung genommen und wiederholt seine Einschätzung geäußert. Besonders in diesen Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten muss umso mehr bekräftigt und in Erinnerung gerufen werden, dass „die Gleichbehandlung und Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen [...] die Grundpfeiler der Integrationspolitik [bilden]“. Diese Empfehlung stammt aus einer Sondierungsstellungnahme des EWSA von 2010 zum Thema „Integration von Arbeitsmigranten“ (7). Diese Stellungnahme hat nichts an Aktualität eingebüßt und fließt daher inhaltlich in die jetzige ein.

4.1.5

Das Europäische Integrationsforum ist eine ausgezeichnete Plattform für Organisationen der Zivilgesellschaft und Einwanderer. Der Ausschuss bekräftigt sein Engagement für eine fortgesetzte Zusammenarbeit mit der Kommission im Rahmen der Aktivitäten des Forums und bei der Gestaltung der europäischen Integrationsagenda.

4.1.6

Nach Auffassung des EWSA erfordert ein glaubwürdiger Ansatz zur irregulären Migration und zur Rückführung ein entschlossenes Handeln unter Einsatz aller verfügbaren Instrumente, um gegen organisierte kriminelle Netze vorzugehen, die Menschen durch irreguläres Einschleusen in die EU als einträgliche Ware missbrauchen. Ebenso muss vorgegangen werden gegen Menschenhändler, die Frauen und Minderjährige sexuell ausbeuten, sowie gegen Ausbeuter, die irreguläre, fast sklavisch gehaltene Arbeitskräfte nutzen. Auf diese Weise sollte im Sinne der Opfer gewährleistet werden, dass die internationalen Menschenrechtsnormen und die europäischen Menschenrechtskonventionen gewahrt werden, denn es geht um gefährdete Personengruppen, die besonderen Schutz benötigen. Wir sind davon überzeugt, dass eine bessere Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten notwendig und zweckdienlich wäre, um die bestehenden Mittel und Instrumente zur Bekämpfung von Kriminellen zu nutzen, die die irreguläre Einwanderung begünstigen und erleichtern.

4.1.7

Der Ausschuss spricht sich für eine Zusammenarbeit mit Drittländern aus und sieht darin einen entscheidenden Faktor, um eine geregelte humanitäre Lösung für die Rückkehr von irregulär ins Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedstaaten eingereisten Personen in ihre Herkunftsländer zu ermöglichen. Der Ausschuss befürwortet die Empfehlungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zur Förderung einer unterstützten freiwilligen Rückkehr.

4.1.8

In diesem Sinne wäre eine Politik der Zusammenarbeit mit den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums und des Nahen Ostens erforderlich, die mindestens derjenigen gleichwertig sein sollte, die mit nicht der EU angehörenden europäischen Staaten oder asiatischen Ländern betrieben wird. Spanien, Griechenland, Italien, Zypern und Malta sind starken irregulären Migrationsströmen aus dieser Weltregion ausgesetzt. Da dabei das Mittelmeer bzw. der Balkan überquert werden muss, kann es zu dramatischen Situationen kommen (wie z. B. an den Küsten von Lampedusa), die mit allen Mitteln verhindert werden müssen. Der Ausschuss fordert die Kommission und den Rat mit Nachdruck auf, dafür zu sorgen, dass sich die Europäische Union intensiver um ein Problem kümmert, das sie selbst und somit all ihre Mitgliedstaaten — d. h. nicht nur diejenigen an den Außengrenzen — angeht, indem mehr Lösungen aufgezeigt und den Mitgliedstaaten weniger Vorwürfe gemacht werden.

4.1.9

Nach der Tragödie von Lampedusa im Oktober 2013 wurde die Mittelmeer-Taskforce ins Leben gerufen. Die Gespräche der Taskforce führten zur Veröffentlichung der Mitteilung über die Arbeit der Mittelmeer-Taskforce  (8), in der ein Bündel kurz-, mittel- und langfristiger Maßnahmen in fünf Haupthandlungsbereichen vorgeschlagen wird, die auf der gleichen Linie liegen wie die Prioritäten der in dieser Stellungnahme erörterten Kommissionsmitteilung. Der EWSA hält es für wesentlich, die kurzfristigen Maßnahmen durch langfristige zu ergänzen, um die tieferen Gründe der unfreiwilligen Migration (Armut, Menschenrechtsverletzungen, Konflikte, wirtschaftliche Chancenlosigkeit, schlechte Arbeitsbedingungen, Arbeitslosigkeit usw.) anzugehen.

4.1.10

Es besteht kein Zweifel darüber, dass die irreguläre Migration für die Auswanderungswilligen aus den Ländern südlich der Sahara lebensgefährlich ist und am besten an der Wurzel bekämpft werden kann anstatt während des Transits und/oder im Zielland. Der EWSA unterstützt alle Maßnahmen, die ein Handeln in den Herkunftsländern ermöglichen, um bei humanitären Krisen entschlossener vorzugehen, die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern zu verbessern und schließlich all das zu tun, was angesichts der verzweifelten Migration von Hunderttausenden oder Millionen Menschen schon so oft angekündigt, aber nie in die Tat umgesetzt wurde.

4.2   Schengen, Visa und Außengrenzen

4.2.1

Wenn der Begriff „Schengen“ den Bürgern überhaupt etwas sagt, wird er mit dem freien Personenverkehr in den Unterzeichnerstaaten assoziiert. Das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt für Unionsbürger ist ein in den Verträgen geschütztes und geregeltes Recht. Ergänzung und flexiblere Gestaltung der gemeinsamen Visumpolitik, individuelle Behandlung aller Anträge ohne Voreingenommenheit aufgrund bestimmter Staatsangehörigkeiten, Einrichtung von Konsularstellen für Schengen-Visa, Überprüfung der Liste von Ländern, für die ein Visum erforderlich ist — all diese Aspekte sind wichtig und sollten mit Blick auf ihre bessere Annahme und Umsetzung gemeinsam in Angriff genommen werden.

4.2.2

Der Ausschuss befürchtet jedoch angesichts bestimmter Praktiken in gewissen Mitgliedstaaten, dass es nicht zu erwarten steht, dass die Mitgliedstaaten Menschen aus Drittländern den Zugang zur EU erleichtern werden, wenn es gleichzeitig schon Mitgliedstaaten gibt, die selbst Unionsbürgern mit der Ausweisung in ihr Herkunftsland drohen, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlieren, oder ihnen schlichtweg die Einreise verweigern. Der EWSA bedauert, dass angesichts einer fehlenden vollständigen Freizügigkeit für Unionsbürger kaum glaubhaft davon ausgegangen werden kann, dass es eine solche für Drittstaatsangehörige geben wird.

4.2.3

Mit Blick auf die Außengrenzen der Europäischen Union fragt sich der EWSA, ob der Beitrag der EU zum Schutz ihrer südlichen und östlichen Grenzen der aktuellen dortigen Lage entspricht. Trotz der gestärkten Rolle von Frontex durch die Änderung der Richtlinie EG 2007/2004 des Rates stellt sich die Frage, ob ein integriertes Management der Außengrenzen heute in der Union möglich ist. Der EWSA verweist auf die Empfehlungen aus seiner Stellungnahme (9) zu dem Vorschlag zur Änderung dieser Richtlinie und bekräftigt seine Standpunkte. Frontex sollte in einen europäischen Grenzschutzdienst umgestaltet werden, der sich aus einem europäischen Kontingent von Grenzschutzbeamten zusammensetzt.

4.2.4

Die Anwendung des Pakets „Intelligente Grenzen“, zu dem der EWSA Stellung genommen hat (10), wird auf der Grundlage eines Programms für registrierte Reisende (RTP) sowohl die Grenzkontrollverfahren als auch die Grenzüberschreitung für in die EU einreisende Bürger aus Drittländern beschleunigen, erleichtern und stärken. Das RTP-Programm wird es häufigen Reisenden aus Drittländern ermöglichen, nach vorheriger Prüfung und Auswahl mit vereinfachten Grenzkontrollen in die EU einzureisen. Eine weitere Komponente ist ein Einreise-/Ausreisesystem (EES), mit dessen Hilfe der Zeitpunkt und Ort der Ein- und Ausreise von Drittstaatsangehörigen, die in die EU reisen, erfasst wird. Der EWSA unterstützt die Anwendung dieses Pakets und ist davon überzeugt, dass die Einführung neuer Technologien einen moderneren Grenzschutz in der Union erleichtern wird. Daher fordert er die EU-Institutionen auf, Rechtsinstrumente voranzutreiben, die eine möglichst rasche Umsetzung dieser Technologien fördern.

4.3   Ein gemeinsames europäisches Asylsystem

4.3.1

Nach Ansicht des Ausschusses sind wichtige Fortschritte in Richtung eines EU-Rechtsrahmens erzielt worden, der schutzbedürftigen Personen einen besseren Zugang zum Asyl ermöglicht, da die Entscheidungen zur Gewährung von Asyl schneller und zuverlässiger getroffen werden. In Bezug auf die Umsetzung des EU-Rechts in einzelstaatliche Rechtsvorschriften und deren Anwendung wiederholt und bekräftigt der EWSA dennoch seine Bemerkung aus der Stellungnahme (11) zu der Kommissionsmitteilung „Künftige Asylstrategie — ein integriertes Konzept für EU-weiten Schutz“ (12), in der er zur Anwendung des Asylrechts in den Mitgliedstaaten empfahl: „Die EU muss gemeinsame Rechtsvorschriften erarbeiten, die keinerlei Schwächung der Schutzstandards zur Folge haben; deshalb sollten jene Mitgliedstaaten, deren Schutzniveaus unzureichend sind, ihre Gesetze entsprechend ändern. Die Mitgliedstaaten werden immer gewisse Möglichkeiten bei der Umsetzung der EU-Asylvorschriften haben; der EWSA wird aber nur jene Gemeinschaftsvorschriften unterstützen, die ein hohes Schutzniveau garantieren und die derzeitigen Ermessensspielräume verringern, die eine ordnungsgemäße Umsetzung dieser Vorschriften verhindern.“

4.3.2

Das gemeinsame europäische Asylsystem muss gefestigt werden, um sicherzustellen, dass alle Mitgliedstaaten dieselben Kriterien anwenden, und um den Asylbewerbern Rechtssicherheit zu geben. Der EWSA begreift, dass die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten einer der Aspekte sein kann, bei dem sie sich den größten Ruck geben müssen. Denn aufgrund verschiedener Umstände kann es Situationen geben, in denen ein Mitgliedstaat stärker unter Druck steht. Dann ist ebenso wie beim Schutz der Außengrenzen mehr Europa nötig.

4.3.3

Angesichts der Erfahrungen und der offenkundigen Sachlage im Bereich der irregulären Migration müssen wir uns fragen, ob es unter den gegenwärtigen Umständen möglich ist, zu mehr Solidarität und gemeinsamer Verantwortungsübernahme auf diesem Gebiet zu gelangen. Als Antwort auf die Frage, wie die Solidarität und Verantwortungsübernahme zwischen den Mitgliedstaaten gefördert werden kann, teilt der Ausschuss daher die Ansicht der Kommission insofern, als dass die Umsiedlung („Resettlement“) in andere, weniger unter Druck stehende Mitgliedstaaten sowie die Einrichtung gemeinsamer Aufnahmezentren gefördert werden sollten. So erklärte der EWSA in seiner Initiativstellungnahme zum Thema „Irreguläre Einwanderung auf dem Seeweg im Euromed-Raum“ (13): „Dies ist nicht nur eine Frage der Solidarität, sondern es geht auch darum, dass die Mitgliedstaaten mithilfe von Verfahren zur Aufteilung der durch die irreguläre Einwanderung entstandenen Lasten ihrer Verantwortung gerecht werden.“

4.3.4

In Bezug auf den Umgang mit einem Massenzustrom von Menschen in Krisensituationen wie im Fall von Syrien und im Zusammenhang mit Asylanträgen durch die Anwendung flexiblerer Instrumente, wie die Kommission in ihrer Mitteilung ausführt, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der EWSA bereits vormals die Einführung eines einheitlichen gemeinsamen Asylverfahrens unterstützt hat, das keinen Raum für ein Auseinanderdriften der Verfahrensregeln der Mitgliedstaaten lässt (14). Die von der Kommission angestrebte Flexibilität soll sich auf einen vorübergehenden Schutz beschränken und erfordert verstärkte Bemühungen der Behörden zur Prüfung der Anträge von wirklich asylbedürftigen Personen und zu ihrer Unterscheidung von betrügerischen Anträgen.

4.4   Stärkung des Gesamtansatzes für Migration und Mobilität

4.4.1

Fakt ist, dass die Mobilität und Migration von Menschen nicht nur von dem Wunsch nach einer besseren Zukunft ausgeht. Instabilität, politische Umwälzungen, Klimaveränderungen und viele andere Faktoren haben im Laufe der Jahrhunderte bis heute zu bedeutenden Wanderbewegungen geführt. Was vergangene Migrationsbewegungen von heutigen unterscheidet, ist die Gewährleistung und Wahrung der Grundrechte eines jeden Menschen. Daher muss die Europäische Union als weltweit größter Raum der Freiheit und Sicherheit mit den Herkunftsländern zusammenarbeiten, um eine geregelte Mobilität zu fördern, bei der die Rechte der Bürger aus diesen Ländern gewährleistet werden und sie von organisierten kriminellen Netzen, die Menschenhandel betreiben, ferngehalten werden.

4.4.2

Der EWSA hat in seiner Stellungnahme (15) zum Gesamtansatz für Migration und Mobilität (16) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er „den Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM), durch den die Einwanderungs- und Asylpolitik eng mit der Außenpolitik der EU verknüpft wird, [befürwortet]“. Dementsprechend hat der EWSA seinen Standpunkt durch zahlreiche Stellungnahmen im Laufe der Zeit immer wieder bekräftigt und unterstützt daher auch weiterhin die Entwicklung einer immer engeren Verknüpfung zwischen der internen und externen Dimension der Migrations- und Mobilitätspolitik sowie eine bessere Kohärenz zwischen der Einwanderungs- und Asylpolitik der Union und ihren entwicklungspolitischen Maßnahmen.

4.5   Ein Europa, das schützt

4.5.1

Die 2010 angenommene Strategie der inneren Sicherheit sieht ein gemeinsames Vorgehen der EU zu den wichtigsten Sicherheitsbedrohungen vor. Sie basiert auf fünf strategischen Zielen, die auch weiterhin gelten, aber überarbeitet werden sollten, um ein aktualisiertes Konzept für die Herausforderungen des nächsten Fünfjahreszeitraums zu bieten und Synergien mit anderen wichtigen Bereichen zu fördern, in denen die Sicherheit für die Festigung der Erfolge und weitere Fortschritte unerlässlich ist.

4.5.2

Der Ausschuss stimmt mit der Kommission überein, dass die Zerschlagung internationaler krimineller Netze, die im Unionsgebiet operieren, eine Priorität aller Mitgliedstaaten insgesamt und die Koordinierung der darauf gerichteten Bemühungen ein Ziel der Union sein muss. Die organisierte Kriminalität ist den gegen sie gerichteten rechtlichen oder polizeilichen Maßnahmen immer einen Schritt voraus. Die Internationalisierung der organisierten Kriminalität erfordert massive zwischenstaatliche Kooperationsbemühungen, die seitens der Europäischen Union intensiv koordiniert werden müssen.

4.5.3

Es darf nicht toleriert werden, dass kriminelle Netze aufgrund divergierender Rechtsvorschriften und polizeilicher Zuständigkeiten, wiederholter Klagen vor Gericht und einer ganzen Reihe von Rechtsmitteln ihre Zerschlagung verhindern oder hinauszögern können. Wenn es eine Kriminalität ohne Grenzen gibt, müssen wir rascher auf eine Justiz ohne Grenzen innerhalb der Union hinarbeiten. Der EWSA ist der Auffassung, dass wir es uns nicht leisten können, globale Lösungen gegen organisierte Kriminalität immer wieder aufzuschieben.

4.5.4

Aus Sicht des Ausschusses reichen Schulung und Information allein nicht aus, um die Zerschlagung krimineller Netze zu erreichen. Daher plädieren wir dafür, ohne die Weiterentwicklung des europäischen Schulungsprogramms für Strafverfolgungsbeamte einzustellen, die Möglichkeit zu prüfen, Europol zu einer operativen polizeilichen Ermittlungsbehörde mit unionsweiten Zuständigkeiten zu machen, um grenzüberschreitende organisierte Kriminalität zu verfolgen, insbesondere auf dem Gebiet des Menschenhandels. Damit würde Europol nicht mehr nur Koordinierungsaufgaben erfüllen, sondern ganz und gar operative Aufgaben wahrnehmen. In diesem Zusammenhang sei auf folgende Empfehlung aus der Sondierungsstellungnahme zur „Mitwirkung der Zivilgesellschaft im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus“ (17) verwiesen: „Der EWSA schlägt vor, Europol zu einer durch eine europäische politische oder justizielle Behörde kontrollierten Einrichtung zu machen, die ihre derzeitige Koordinationsrolle hinter sich lässt und in möglichst kurzer Zeit eine eigene operative Kapazität erlangt, um in Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden der Mitgliedstaaten auf dem gesamten EU-Gebiet Ermittlungen führen zu können.“

4.5.5

Die ständige Festlegung stets langfristiger Perspektiven, Ziele und Fristen kann dazu führen, dass die Bürger letztendlich das Interesse verlieren — denn was sie erwarten, sind Lösungen. Auch in diesen für das tägliche Leben der Menschen so wichtigen Aspekten muss Flexibilität gezeigt und Bürokratie abgebaut werden, wenn wir nicht einen neuen Quell für Euroskeptiker schaffen wollen.

4.5.6

In dem jüngsten Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Korruptionsbekämpfung in der Europäischen Union wird herausgestellt, dass Korruption nach wie vor ein Problem europäischen Ausmaßes ist. Machtmissbrauch zum persönlichen Vorteil muss verfolgt und bestraft werden — vor allem dann, wenn vielleicht die organisierte Kriminalität mit im Spiel ist. Der EWSA unterstützt die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen und mit den Mitgliedstaaten in vollem Maße, um diesen Schandfleck, der die Glaubwürdigkeit unseres politischen Systems untergräbt, zu bekämpfen.

4.5.7

Der EWSA unterstützt und befürwortet alle rechtmäßigen und demokratischen Initiativen, die darauf ausgerichtet sind, Terrorismus zu verhindern sowie Radikalisierung und Anwerbung zu bekämpfen. Es steht außer Frage, dass alle Arten rechtmäßiger und demokratischer Maßnahmen, mit denen verhindert werden soll, dass sich junge Menschen extremistischen Bewegungen oder Parteien anschließen und so unmittelbar in die Fänge des Terrorismus getrieben und zu terroristischen Handlungen verleitet werden, in der gesamten Union und über ihre Grenzen hinaus gefördert werden müssen. Die Ermittlung von Gefahrenbereichen und Brennpunkten, an denen neue Anhänger für extremistische Vorstellungen gewonnen werden, ist ein vorrangiges Anliegen für die Gewährleistung unserer persönlichen und kollektiven Sicherheit. Hier bedarf es eines guten Informationsflusses, damit beim ersten Anzeichen von Radikalisierungs- oder Anwerbungsaktivitäten strenge Maßnahmen getroffen werden, die sie im Keim ersticken. An dieser Stelle erinnert der Ausschuss an seine Empfehlungen aus der Stellungnahme zu der Kommissionsmitteilung „Politik der EU zur Terrorismusbekämpfung: wichtigste Errungenschaften und künftige Herausforderungen“ und bekräftigt die darin geäußerten Standpunkte.

4.5.8

Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass Terrorismus von außerhalb der Unionsgrenzen kommen, aber auch innerhalb der EU entstehen kann, wie uns die jüngere Geschichte Europas lehrt. Daher muss verhindert werden, dass die Radikalisierung und die Anwendung extremer Gewalt bei Straßenunruhen in europäischen Städten als Gelegenheit für die Anwerbung von Anhängern für künftige Aktivitäten erklärt terroristischer Gruppen genutzt werden. Straßengewalt kennt keine Grenzen, und gewalttätige Unruhestifter können häufig von einem Staat in einen anderen reisen, um dort gerade stattfindende Veranstaltungen und Ereignisse verschiedener Art für ihre Zwecke zu nutzen. Deshalb hält der Ausschuss eine bessere Abstimmung zwischen den Polizeibehörden der einzelnen Mitgliedstaaten für erforderlich, um solche gewaltbereiten Gruppen, die sich u.U. später in terroristische Gruppierungen eingliedern, aufzuspüren und ihre Tätigkeit zu verhindern und zu ahnden.

4.5.9

Der EWSA befürwortet die Maßnahmen, die derzeit ergriffen werden, um das Sicherheitsniveau für die Bürger und Unternehmen im Cyberspace zu erhöhen. Angesicht der zu erwartenden Zunahme der Internetkriminalität verdienen die derzeitigen Maßnahmen der Europäischen Union gegen die Cyberkriminalität größtmögliche Unterstützung. Desgleichen muss die Zusammenarbeit mit Drittländern ein globales Vorgehen gegen ein Kriminalitätsproblem ermöglichen, das ein weltweites Ausmaß annimmt und alle Grenzen überschreitet. Auch hier spielt die Prävention eine grundlegende Rolle, um zu verhindern, dass Cyberkriminelle bei der Anwendung neuer Technologien die Nase vorn haben. Das Europäische Zentrum gegen Cyberkriminalität muss mit mehr Ressourcen und Finanzmitteln ausgestattet werden, auch wenn es noch jung ist und keine lange Wegstrecke zurückgelegt hat.

4.5.10

Dem EWSA als Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft in der EU ist es unbegreiflich, warum es immer noch Mitgliedstaaten gibt, die das Übereinkommen des Europarats über Cyberkriminalität noch nicht ratifiziert haben.

4.5.11

In einem Europa, das neben anderen Freiheiten auf dem freien Personen- und Warenverkehr beruht, muss die Stärkung der Sicherheit im Wege des Grenzschutzes zu einer gemeinsamen politischen Maßnahme werden, mit der Sicherheit für alle Unionsbürger gewährleistet wird. Die Einfuhr von Waren über eine Zollstelle und der freie Warenverkehr innerhalb der Union erfordern kraftvolle gemeinsame Instrumente, die einen wirksamen Außengrenzschutz ermöglichen. Streng überwachte Grenzen hier und lasch kontrollierte dort darf es nicht geben.

4.5.12

Die gemeinsame Reaktion auf Notsituationen erfolgt — ganz ohne jeglichen Regulierungsbedarf — durch das spontane Handeln der Bürgerinnen und Bürger, die Hilfe leisten, ohne dass sie erst behördlich dazu aufgefordert werden müssen. Nichtsdestoweniger haben koordiniertes Handeln und gemeinsames Vorgehen in Krisensituationen und bei Katastrophen einen Mehrwert, um wirksamer und effizienter auf solche Situationen reagieren zu können.

4.5.13

Der EWSA teilt die Einschätzung der Kommission, dass die Schaffung innerer Sicherheit auch ein Handeln über die EU-Grenzen hinaus, d. h. in einem globalen Kontext, erfordert. In allen Bereichen im Zusammenhang mit Freiheit und Sicherheit ist die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit Drittländern unerlässlich, um auf dem Weg zu einer besseren und gerechteren Welt voranzukommen, in der die Freiheiten und Rechte, die wir uns so hart erkämpft haben, nicht durch organisierte Kriminalität und Terrorismus gefährdet werden.

Brüssel, den 9. Juli 2014

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Henri MALOSSE


(1)  ABl. C 65 vom 17.3.2006, S. 120-130.

(2)  ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 80-88.

(3)  ABl. C 115 vom 4.5.2010.

(4)  ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 80-88.

(5)  http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2014-04/cp140054de.pdf

(6)  Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 54).

(7)  ABl. C 354 vom 28.12.2010, S. 16-22.

(8)  COM(2013) 869 final.

(9)  ABl. C 44 vom 11.2.2011, S. 162-166.

(10)  ABl. C 271 vom 19.9.2013, S. 97.

(11)  ABl. C 218 vom 11.9.2009, S. 78.

(12)  COM(2008) 360 final.

(13)  ABl. C 67 vom 6.3.2014, S. 32.

(14)  ABl. C 218 vom 11.9.2009, S. 78.

(15)  ABl. C 191 vom 29.6.2012, S. 134.

(16)  COM(2011) 743 final.

(17)  ABl. C 318 vom 23.12.2006, S. 147.


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