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Document 52007DC0716

Bericht der Kommission auf der Grundlage von Artikel 12 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie

/* KOM/2007/0716 endg. */

52007DC0716

Bericht der Kommission auf der Grundlage von Artikel 12 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie /* KOM/2007/0716 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 16.11.2007

KOM(2007) 716 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION

auf der Grundlage von Artikel 12 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie

INHALTSVERZEICHNIS

1. EINFÜHRUNG 3

1.1. Hintergrund 3

2. METHODEN UND KRITERIEN FÜR DIE BEWERTUNG 3

2.1. Rahmenbeschlüsse gemäß Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Europäische Union 3

2.2. Bewertungskriterien 4

3. BEURTEILUNG 4

4. SCHLUSSFOLGERUNGEN 9

1. EINFÜHRUNG

1.1. Hintergrund

Gemäß Artikel 12 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie (im Folgenden „der Rahmenbeschluss“) legt die Kommission einen schriftlichen Bericht über die Maßnahmen vor, die die Mitgliedstaaten ergriffen haben, um dem Rahmenbeschluss nachzukommen.[1]

Absatz 1 dieses Artikels verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Bestimmungen dieses Rahmenbeschlusses spätestens am 20. Januar 2006 nachzukommen. Gemäß Absatz 2 übermitteln die Mitgliedstaaten dem Generalsekretariat des Rates und der Kommission zu dem genannten Zeitpunkt den Wortlaut der Vorschriften, mit denen ihre Verpflichtungen aus diesem Rahmenbeschluss in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. Der Rat muss bis spätestens 20. Januar 2008 auf der Grundlage dieser Informationen sowie eines schriftlichen Berichts der Kommission geprüft haben, ob die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben.

Die Aussagekraft des vorliegenden Berichts hängt daher weitgehend von den Informationen ab, die die Kommission von den Mitgliedstaaten erhalten hat. Bis zum Januar 2006 hatten nur zwei Mitgliedstaaten (Belgien und Österreich) die Kommission über die Maßnahmen unterrichtet, die sie zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses ergriffen haben. Die Kommission erinnerte die Mitgliedstaaten mit Schreiben vom 8. Juni 2006 an ihre diesbezüglichen Verpflichtungen. Ende April 2007 lagen der Kommission von drei Mitgliedstaaten (Griechenland, Portugal und Malta) noch keine entsprechende Antworten vor.

2. METHODEN UND KRITERIEN FÜR DIE BEWERTUNG

2.1. Rahmenbeschlüsse gemäß Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Europäische Union

Dieser Rahmenbeschluss beruht auf dem Vertrag über die Europäische Union (EUV), insbesondere auf Artikel 29, Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe e und Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b.

Rahmenbeschlüsse lassen sich als Rechtsakt am ehesten mit einer Richtlinie vergleichen.[2] Beide Instrumente sind für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlassen jedoch den innerstaatlichen Stellen die Entscheidung darüber, in welcher Form und mit welchen Mitteln die Umsetzung erfolgen soll. Rahmenbeschlüsse haben jedoch keine unmittelbare Wirkung, und die Kommission kann nicht den Gerichtshof anrufen, um die Umsetzung eines Rahmenbeschlusses auf einzelstaatlicher Ebene zu erzwingen. Ungeachtet dessen kann der Gerichtshof über Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten wegen der Auslegung oder Anwendung (einschließlich der Umsetzung) eines Rahmenbeschlusses entscheiden. Um von dieser rechtlichen Möglichkeit Gebrauch zu machen, bedarf es einer tragfähigen konkreten Grundlage, zu der die Kommission mit ihrem Bericht beitragen kann.

2.2. Bewertungskriterien

Einige generelle Kriterien ermöglichen im Falle von Richtlinien und mutatis mutandis Rahmenbeschlüssen, objektiv zu bewerten, ob ein Rahmenbeschluss durch einen Mitgliedstaat vollständig umgesetzt worden ist:

1. Form und Mittel müssen so gewählt sein, dass sie unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks die praktische Wirksamkeit der Richtlinie am besten gewährleisten[3].

2. Jeder Mitgliedstaat ist verpflichtet, Richtlinien in der Weise umzusetzen, dass sie den Anforderungen der Klarheit und Rechtssicherheit genügen; der Mitgliedstaat muss die Bestimmungen der Richtlinie somit in bindende innerstaatliche Vorschriften umsetzen[4].

3. Die Umsetzung erfordert nicht unbedingt einen Rechtsakt mit genau demselben Wortlaut. So könnten z. B. angemessene, bereits bestehende innerstaatliche Maßnahmen ausreichend sein, sofern gewährleistet ist, dass die Richtlinie in vollem Umfang und hinreichend deutlich und präzise umgesetzt wird[5].

4. Richtlinien müssen innerhalb der im Rechtsakt genannten Frist umgesetzt werden[6].

Dieser Bericht beruht – soweit möglich – auf den oben skizzierten Kriterien.

3. BEURTEILUNG

Sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie stellen als Straftaten eine schwere Verletzung der Menschenrechte dar. Dieser Rahmenbeschluss soll die existierenden, bereits vom Rat verabschiedeten Instrumente zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie ergänzen.[7]

Mit dem Rahmenbeschluss werden die einzelstaatlichen Vorschriften im Bereich der Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie angeglichen. Damit wird auf europäischer Ebene ein gemeinsamer Rahmen an Vorschriften aufgestellt, die ein Vorgehen in bestimmten Einzelfragen, wie Kriminalisierung, Strafen und andere Sanktionen, erschwerende Umstände, gerichtliche Zuständigkeit, Strafverfolgung sowie Schutz und Unterstützung der Opfer ermöglichen. Die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten können sich stark voneinander unterscheiden, und Rechtsauffassung und Rechtsbegriffe sind nicht stets ohne Weiteres vergleichbar.

Obwohl alle Artikel einzeln bewertet werden können und müssen, lassen sie sich nicht ganz isoliert betrachten. Eine unvollständige oder fehlende Umsetzung eines Artikels oder eines Teils davon hat Auswirkungen auf andere, mit dem betreffenden Artikel in Zusammenhang stehende Vorschriften, die bei getrennter Betrachtung den Eindruck entstehen lassen könnten, dass den Anforderungen des Rahmenbeschlusses nachgekommen wurde. Bei der Überprüfung soll soweit wie möglich der allgemeinen Entwicklung des Strafrechts in den Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden.

Die Informationen, die bei der Kommission eingegangen sind, unterscheiden sich erheblich voneinander, insbesondere im Hinblick auf die Vollständigkeit. Nicht alle Mitgliedstaaten haben der Kommission alle relevanten Texte ihrer Umsetzungsvorschriften übermittelt. Von Griechenland, Malta und Portugal hat die Kommission keine Informationen erhalten. Gibraltar hat die im Rahmenbeschluss enthaltenen Maßnahmen noch nicht umgesetzt, ist aber mit der Einführung von Rechtsvorschriften befasst, die die Umsetzung ermöglichen.

Artikel 1: Begriffsbestimmungen

Artikel 1 Buchstabe a enthält die Definitionen mehrerer Begriffe, die Gegenstand des Rahmenbeschlusses sind. Ein wichtiger Punkt ist die unter Buchstabe a erläuterte Definition des Begriffs „Kind“, unter dem hier jede Person unter achtzehn Jahren zu verstehen ist. Diese Altersangabe entspricht auch der im UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989. Es ist im Übrigen eines der Hauptziele des Rahmenbeschlusses, die Bestimmungen zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und Kinderpornografie in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu harmonisieren.

Ein anderes Thema ist das Alter, in dem ein Mensch die sexuelle Mündigkeit erreicht. Dies ist im Recht der Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelt und reicht von 13 Jahren in Spanien bis zu 17 Jahren in Irland (Österreich 14, Belgien 16, Tschechische Republik 15, Dänemark 15, Estland 14, Finnland 16, Frankreich 15, Deutschland 16, Ungarn 14, Irland 17, Italien 14, Lettland 16, Litauen 14, Luxemburg 16, Niederlande 16, Polen 15, Slowakei 15, Slowenien 15, Spanien 13, Schweden 15, Vereinigtes Königreich 16).

Das Alter der sexuellen Mündigkeit ist relevant im Hinblick auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Kinderpornografie wie in Artikel 1 Buchstabe b definiert unter Strafe zu stellen.

Die Abbildung von Kindern, die an einer eindeutig sexuellen Handlung beteiligt sind, ist in der Regel nicht erlaubt, wenn das Kind unter 18 Jahren ist. Auch wenn die beteiligten Kinder das Alter der sexuellen Mündigkeit erreicht haben, wird nach Artikel 3 nur in bestimmten spezifischen Fällen Kinderpornografie nicht unter Strafe gestellt. Der Rahmenbeschluss stellt somit für alle Kinder unter 18 Jahren einen weit reichenden Schutz vor der Ausbeutung durch Kinderpornografie sicher und erlaubt nur bei Kindern zwischen dem Alter der sexuellen Mündigkeit und 18 Jahren begrenzte Ausnahmen.

In der Praxis ist das Schutzniveau in den einzelnen Mitgliedstaaten je nach dem Alter der sexuellen Mündigkeit unterschiedlich. Die Harmonisierung des Alters der sexuellen Mündigkeit, die mit anderen Themen wie etwa dem Mindestalter für die Eheschließung verknüpft ist, ist gegenwärtig nicht als Ziel formuliert.

In Artikel 1 Buchstabe b wird Kinderpornografie definiert als pornografisches Material mit bildlichen Darstellungen echter Kinder, die an einer eindeutig sexuellen Handlung beteiligt sind, oder von echten Personen mit kindlichem Erscheinungsbild oder von realistisch dargestellten, nicht echten Kindern. Der Begriff bildliche Darstellung ist so zu verstehen, dass er auch nicht entwickelte Filme und Videobänder umfasst sowie auf einer Computer-Festplatte bzw. auf elektronischem Wege gespeicherte Daten, die in eine bildliche Darstellung umgewandelt werden können. Viele Mitgliedstaaten haben Rechtsvorschriften erlassen, die mit der Definition von Kinderpornografie in Artikel 1 Buchstabe b des Rahmenbeschlusses übereinstimmen. In der Tschechischen Republik, Estland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Polen, Spanien und Schweden ist der Begriff Kinderpornografie nicht im Detail definiert.

Zu Buchstabe c (Definition des Begriffs „EDV-System“) haben die Tschechische Republik, Litauen und Polen noch nicht die erforderlichen Unterlagen für eine gründliche Bewertung der Umsetzung geliefert.

In Buchstabe d wird der Begriff „juristische Person“ definiert. Die Definition wurde dem Zweiten Protokoll zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften entnommen.

Artikel 2: Straftatbestände der sexuellen Ausbeutung von Kindern

Bei Erlass des Rahmenbeschlusses war sich der Rat bewusst, dass schweren Straftaten wie der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie mit einem umfassenden Konzept begegnet werden muss, in dem das materielle Strafrecht (einschließlich wirksamer, angemessener und abschreckender Sanktionen) zusammen mit justizieller Zusammenarbeit einen festen Bestandteil bildet.

Die Mitgliedstaaten haben der Kommission hierzu Informationen übermittelt, die insgesamt ein breites Spektrum juristischer Schritte gegen die Straftäter darstellen. In Ungarn, Finnland, Frankreich, Lettland, der Slowakei und der Tschechischen Republik decken die geltenden Rechtsvorschriften alle in Artikel 2 des Rahmenbeschlusses angeführten Punkte ab, jedoch wären ausführlichere Details nützlich. Wie bereits festgestellt, arbeitet die Kommission vorwiegend mittels übersetzter Dokumente, was zu Missverständnissen führen kann.

Zudem können die Rechtssysteme der Mitgliedstaaten große Unterschiede aufweisen, weshalb die Rechtsauffassungen nicht immer vergleichbar sind.

Ein allgemeiner Überblick über die nationalen Rechtsvorschriften zeigt, dass die Bestimmungen der Mitgliedstaaten zumeist im Einklang stehen mit den Anforderungen des Rahmenbeschlusses im Hinblick auf die Verpflichtung, die folgenden Handlungen unter Strafe zu stellen: die Nötigung oder Anwerbung von Kindern zur Prostitution oder zur Mitwirkung an pornografischen Darbietungen und die Vornahme sexueller Handlungen mit einem Kind, soweit Vergütungen dafür geboten werden, Nötigung angewendet wird oder eine anerkannte Stellung der Macht oder des Einflusses auf das Kind missbraucht wird.

Artikel 3: Straftatbestände der Kinderpornografie

Dieser Artikel sorgt für eine Angleichung der mit Kinderpornografie zusammenhängenden Straftatbestände wie Herstellung, Vertrieb, Verbreitung und Weitergabe, Erwerb oder Besitz, Anbieten oder sonstiges Zugänglichmachen von Kinderpornografie.

In Artikel 3 Absatz 2 sind begrenzte Ausnahmen von der verpflichtenden Einstufung als Straftat vorgesehen, wenn die Person mit kindlichem Erscheinungsbild in Wirklichkeit bereits 18 Jahre alt ist, wenn Kinderpornografie mit realistischen Bildern eines nicht existierenden Kindes arbeitet und vom Hersteller ausschließlich zu seiner persönlichen Verwendung hergestellt worden ist und sich ausschließlich zu diesem Zweck in seinem Besitz befindet. Der Verzicht auf Strafverfolgung wird in diesen Fällen damit begründet, dass an der Herstellung des pornografischen Materials kein Kind beteiligt war.

Eine weitere, bereits erwähnte Ausnahme von der Strafbarkeit gilt für die Herstellung und den Besitz von pornografischen Darstellungen, in denen die abgebildeten Kinder die sexuelle Mündigkeit erreicht und ihre Zustimmung zu der Herstellung und dem Besitz der Bilder gegeben haben und die Bilder ausschließlich zur persönlichen Verwendung bestimmt sind. In diesen Fällen wird die Zustimmung jedoch nicht als gültig betrachtet, wenn beispielsweise höheres Alter, Reife, Stellung, Status, Erfahrung oder Abhängigkeit des Opfers vom Täter zur Einholung der Zustimmung missbraucht worden sind. Diese Bestimmung führt bei Kindern im Alter zwischen dem der sexuellen Mündigkeit und dem von 18 Jahren zu einer Einschränkung der Einstufung von Kinderpornografie als Straftatbestand, wenn das Kind seine ernsthafte Zustimmung zu Herstellung und Besitz der pornografischen Materialien zur persönlichen Verwendung gegeben hat.

Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften scheinen die Mindestanforderungen an die Einstufung der Kinderpornografie als Straftatbestand zu erfüllen, doch mangelt es generell an Informationen über die Ausnahmeregelungen gemäß Artikel 3 Absatz 2. Umfassende Informationen hat die Kommission nur aus Ungarn, Litauen, Italien, Dänemark, Deutschland und Zypern erhalten. Das tatsächlich vorhandene Schutzniveau für Kinder über dem Alter der sexuellen Mündigkeit - ein heikles Thema vor allem in den Ländern, in denen das Alter der sexuellen Mündigkeit unter 16 Jahren liegt - kann deshalb nicht beurteilt werden.

Artikel 4: Anstiftung, Beihilfe und Versuch

Die meisten Mitgliedstaaten haben auf die allgemeinen Vorschriften über Mittäterschaft und einleitende Straftaten in ihrem Strafrechtssystem verwiesen. Die allgemeinen Bestimmungen seien auch auf Straftaten an Minderjährigen anwendbar, dies gelte insbesondere für sexuelle Ausbeutung und Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornografie.

Artikel 5: Sanktionen und erschwerende Umstände

Dieser Artikel gehört zu den wichtigsten Bestimmungen des Rahmenbeschlusses. Die Kernaussage von Absatz 1 besagt, dass alle in den Artikeln 2, 3 und 4 des Beschlusses angeführten Straftaten mit Freiheitsstrafen im Höchstmaß von mindestens einem bis drei Jahren bedroht werden sollten. Damit soll ein Mindestmaß an Harmonisierung bei der Bestrafung der Täter sichergestellt werden. Alle Mitgliedstaaten scheinen die Anforderungen des Rahmenbeschlusses zu erfüllen. Aus den Unterlagen, die aus Spanien, Slowenien, Estland und Luxemburg übermittelt wurden, konnte die Kommission kein klares Bild von den Rechtsstrukturen zur Umsetzung der Vorgaben in Artikel 5 Absatz 3 des Rahmenbeschlusses gewinnen.

Artikel 6 und 7: Verantwortlichkeit juristischer Personen und Sanktionen gegen juristische Personen

Der Rahmenbeschluss führt den Begriff der Verantwortlichkeit juristischer Personen analog zu der Verantwortlichkeit natürlicher Personen ein. Juristische Personen werden für eine Straftat verantwortlich gemacht, die zu ihren Gunsten von einer Person begangen werden, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat oder z. B. Entscheidungsbefugnis besitzt. Eine derartige Verantwortlichkeit muss nicht ausschließlich strafrechtlicher Art sein. Die Sanktionen gegen juristische Personen müssen „wirksam, angemessen und abschreckend“ sein. Aus den Informationen über die innerstaatlichen Systeme, die der Kommission übermittelt wurden, geht hervor, dass die meisten Mitgliedstaaten Sanktionen gegen juristische Personen zumindest in Form von Verwaltungsmaßnahmen zulassen. Was Sanktionen gegen juristische Personen anbelangt, müssen gemäß Artikel 7 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses mindestens strafrechtliche oder nicht strafrechtliche Geldstrafen verhängt werden. Im Hinblick auf Verwaltungsmaßnahmen und strafrechtliche Maßnahmen scheinen Artikel 6 und 7 weitgehend umgesetzt zu sein.

Artikel 8: Gerichtsbarkeit und Strafverfolgung

Artikel 8 des Rahmenbeschlusses legt fest, in welchen Fällen die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, ihre Gerichtsbarkeit in Bezug auf Straftaten nach den Artikeln 2, 3 oder 4 zu begründen. Dabei wird vor allem das Territorialitätsprinzip zugrunde gelegt, nach dem jeder Mitgliedstaat bei Straftaten, die ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen wurden, seine Gerichtsbarkeit begründen muss. Artikel 8 Absatz 3 wurde durch den Beschluss über den Europäischen Haftbefehl ersetzt.[8] Die Mitgliedstaaten erfüllen die Anforderungen in Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses zum Territorialitätsprinzip.

In Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b wird die exterritoriale Zuständigkeit festgelegt, wenn der Täter Staatsbürger des betreffenden Landes ist. Diese Bestimmung zielt vor allem auf die wirksame Strafverfolgung des so genannten Sextourismus ab, das heißt auf Fälle, in denen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Ausland begangen wird. Die Mitgliedstaaten sollten grundsätzlich für alle Kinder dasselbe Schutzniveau garantieren, unabhängig davon, in welchem Land sie ansässig sind. Um den unterschiedlichen Anforderungen in den verschiedenen Rechtssystemen Rechnung zu tragen, wird den Mitgliedstaaten gestattet, die Gerichtsbarkeitsbestimmungen in Absatz 1 Buchstabe b nicht oder nur in bestimmten Fällen oder unter bestimmten Umständen anzuwenden, wenn die Straftat außerhalb seines Hoheitsgebiets begangen wurde. Zur exterritorialen Zuständigkeit haben die Mitgliedstaaten jedoch nicht genügend Informationen geliefert, um zu bewerten, inwieweit sie eine derartige Bestimmung umsetzen.

Artikel 9: Schutz und Unterstützung der Opfer

In Artikel 9 werden drei Sachverhalte geregelt. Im ersten Absatz heißt es, dass die strafrechtlichen Ermittlungen oder die Strafverfolgung von Straftaten, die unter diesen Rahmenbeschluss fallen, nicht von der Anzeige oder Anklage durch das Opfer einer derartigen Straftat abhängig sind. Diese Anforderung wird von den Mitgliedstaaten im Allgemeinen erfüllt.

Absatz 2 des Artikels 9 bezieht sich auf Kinder, die zum Opfer sexueller Ausbeutung wurden und als besonders gefährdete Opfer im Sinne von Artikel 2 Absatz 2, Artikel 8 Absatz 4 und Artikel 14 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung von Opfern im Strafverfahren gelten.[9] Die Informationen der Mitgliedstaaten an die Kommission sind bruchstückhaft und unvollständig und erlauben keine umfassende Analyse. Schweden, Dänemark, die Niederlande, Italien, Deutschland, die Slowakei und das Vereinigte Königreich haben die Anforderungen des Rahmenbeschlusses zufrieden stellend beantwortet. Die 2007 in Zypern verabschiedeten neuen Rechtsvorschriften enthalten einen Rahmen für die Anerkennung, die Verweisung an entsprechende Unterstützungsdienste und den Schutz der Opfer und erfüllen im Hinblick auf Kinder, die zum Opfer sexueller Ausbeutung wurden, vollinhaltlich die Anforderungen in Artikel 13 des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren.

Gemäß dem dritten Absatz von Artikel 9 sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, für einen besonderen Schutz der Opfer zu sorgen und ihre Familie zu unterstützen; dabei ist Artikel 4 des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung von Opfern im Strafverfahren Rechnung zu tragen. Deutschland, Lettland, Schweden, das Vereinigte Königreich, Österreich und Estland haben der Kommission Informationen geliefert, die mit dem Rahmenbeschluss im Einklang stehen. Die anderen Mitgliedstaaten haben zu diesem Thema keine Informationen vorgelegt.

4. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Nicht alle Mitgliedstaaten haben der Kommission den Wortlaut sämtlicher einschlägiger Umsetzungsvorschriften fristgerecht übermittelt. Die Beurteilungen und die Schlussfolgerungen des Berichts können deshalb bisweilen auf unvollständigen Informationen basieren.

Auf der Grundlage der mitgeteilten Angaben lässt sich feststellen, dass die Mitgliedstaaten den Anforderungen aus dem Rahmenbeschluss des Rates weitgehend nachkommen, weil bereits entsprechende nationale Rechtsvorschriften existierten oder weil neue, besondere Vorschriften umgesetzt worden sind. Generell garantieren die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Kindern weit reichenden Schutz vor sexueller Ausbeutung und Kinderpornografie und sehen angemessene Sanktionen vor. Was das Thema Kinderpornografie angeht, so wird die Anforderung, die Herstellung von pornografischem Material unter Beteiligung von Kindern unter Strafe zu stellen, im Allgemeinen erfüllt, eine exakte Bewertung der Möglichkeiten für Straffreiheit bei Kinderpornografie, an der Kinder zwischen dem Alter der sexuellen Mündigkeit und 18 Jahren beteiligt sind, ist jedoch nicht möglich.

In den Fällen, in denen der Rahmenbeschluss des Rates im innerstaatlichen Recht keine Wirksamkeit erlangt hat, fordert die Kommission die betreffenden Mitgliedstaaten auf, so bald wie möglich Umsetzungsvorschriften zu erlassen, um dieser Situation abzuhelfen. Dennoch verfügen die Mitgliedstaaten mit dem Rahmenbeschluss des Rates nunmehr insgesamt über spezifische Strafrechtsvorschriften für den Straftatbestand der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie, die wirksame, angemessene und abschreckende Strafen vorsehen.

Wie auch in dem am 2. Mai 2006 von der Kommission verabschiedeten Bericht über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629 zur Bekämpfung des Menschenhandels festgestellt wurde, ist es aufgrund der begrenzten Informationen der Mitgliedstaaten schwierig, eine ausführliche Bewertung der Rechtsvorschriften im Hinblick auf besonders schutzbedürftige Opfer vorzunehmen. Ein opferfreundlicher Ansatz im Strafverfahren und ausreichende soziale Unterstützung der Opfer im Verfahren und danach sind von zentraler Bedeutung, um sekundäre Viktimisierung zu vermeiden und eine wirksame Verfolgung der Straftaten zu garantieren. Die Kommission ersucht daher die Mitgliedstaaten, die eigenen Rechtsvorschriften einer sorgfältigen Prüfung im Hinblick auf die Stärkung des Sozialschutzes und die uneingeschränkte Wahrung der Rechte minderjähriger Opfer zu unterziehen.

Angesichts der jüngsten Entwicklungen insbesondere im Bereich der elektronischen Kommunikationstechnologien wurden neue Fragen etwa zur betrügerischen Kontaktaufnahme mit Kindern im Internet („grooming“) aufgeworfen. Gleichzeitig wurden neue Methoden entwickelt, die dazu dienen sollen, mit Hilfe spezieller Strafverfolgungsstellen solche Straftaten aufzudecken und die minderjährigen Opfer zu ermitteln. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Diskussionen könnte die Kommission erwägen, den gegenwärtigen Rahmenbeschluss zur sexuellen Ausbeutung von Kindern und ähnlichen Straftaten zu aktualisieren und zu verschärfen, insbesondere im Hinblick auf Straftaten, die mit Hilfe elektronischer Kommunikationsnetze und Informationssysteme begangen werden.

[1] ABl. L 13 vom 20.1.2004, S. 44.

[2] Artikel 249 EG-Vertrag.

[3] Siehe einschlägige Rechtsprechung zur Durchführung von Richtlinien: Rechtssache 48/75, Royer, Slg. 1976, 497 (S. 518).

[4] Siehe einschlägige Rechtsprechung zur Durchführung von Richtlinien: Rechtssache 239/85 Kommission/Belgien, Slg. 1986, 3645 (S. 3659). Siehe auch Rechtssache 300/81, Kommission/Italien, Slg. 1983, 449 (S. 456).

[5] Siehe einschlägige Rechtsprechung zur Durchführung von Richtlinien, z. B. Rechtssache 29/84, Kommission/Deutschland, Slg. 1985, 1661 (S. 1673).

[6] Siehe ständige Rechtsprechung zur Durchführung von Richtlinien, z. B. Rechtssache 52/75, Kommission/Italien, Slg. 1976, 277 (S. 284); siehe allgemein die Jahresberichte der Kommission über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts, z. B. KOM(2001) 309 endgültig.

[7] ABl. L 322 vom 12.12.1996, S. 7; ABl. L 342 vom 31.12.1996, S. 4; ABl. L 191 vom 7.7.1998, S. 4; ABl. L 105 vom 27.4.1996, S. 1; ABl. L 191 vom 7.7.1998, S. 1; ABl. L 33 vom 6.2.1999, S. 1; ABl. L 34 vom 9.2.2000, S. 1.

[8] Rahmenbeschluss des Rates 2002/584/JI vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten; ABl. L 190 vom 18.7.2002.

[9] Rahmenbeschluss des Rates 2001/220/JI vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren; ABl. L 82 vom 22.3.2001.

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