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Document 52004DC0415

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Europäischer Aktionsplan für ökologische Landwirtschaft und ökologisch erzeugte Lebensmittel {SEC(2004)739}

/* KOM/2004/0415 endg. */

52004DC0415

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Europäischer Aktionsplan für ökologische Landwirtschaft und ökologisch erzeugte Lebensmittel {SEC(2004)739} /* KOM/2004/0415 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT - Europäischer Aktionsplan für ökologische Landwirtschaft und ökologisch erzeugte Lebensmittel {SEC(2004)739}

1. Zusammenfassung

Mit der vorliegenden Mitteilung über ökologische Landwirtschaft und ökologisch erzeugte Lebensmittel will die Kommission die Situation beurteilen und mit einem strategischen Gesamtkonzept für den Beitrag der ökologischen Landwirtschaft zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) die Grundlagen für die weitere Politik in diesem Bereich schaffen.

Ein politisches Gesamtkonzept für die ökologische Landwirtschaft muss deren doppelte gesellschaftliche Rolle berücksichtigen:

1. Die Vermarktung ökologisch erzeugter Lebensmittel entspricht dem Anliegen bestimmter Verbraucherkreise und sollte daher vom Markt honoriert und von den Verbrauchern finanziert werden. Die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft unterliegt in dieser Hinsicht also den Marktgesetzen.

2. Die ökologische Landbewirtschaftung erbringt anerkanntermaßen öffentliche Güter, vor allem im Umweltbereich, aber auch zur ländlichen Entwicklung und in gewisser Hinsicht zur Verbesserung des Tierschutzes. Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft von der Gesellschaft gefördert werden.

Eine stabile Entwicklung des Marktes bedarf des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage.

Die Analyse der Kommission zeigt, dass die Entwicklung des Marktes stärker gefördert werden sollte. In der EU-15 beträgt der Marktanteil ökologischer Lebensmittel derzeit rd. 2 %. Um diesen Anteil zu erhöhen oder sogar auf längere Sicht halten zu können, müssen die Erwartungen der Verbraucher stärker berücksichtigt werden. Sie müssen über die Grundsätze und Ziele der ökologischen Landwirtschaft und deren positive Auswirkungen u. a. auf die Umwelt besser informiert werden. Zugleich kommt es darauf an, die Integrität des Kontrollsystems zu sichern.

Der EU-weite Handel mit ökologischen Erzeugnissen wird beeinträchtigt durch die Vielzahl verschiedener einzelstaatlicher und privater Standards und deren Anwendung, die den Absatz in anderen Mitgliedstaaten erschweren. Die Entwicklung gemeinsamer Zielsetzungen mit einer multilateralen Äquivalenzregelung, die weitere Harmonisierung der Kontrollvorschriften und eine stärkere Betonung des EU-Siegels könnten zur Minderung dieser Probleme beitragen.

Um die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft zu fördern, aber auch die entsprechende Produktionskapazität zu steigern, bedarf es neuer Kenntnisse und vor allem neuer Technologien. Daher ist die Forschung über ökologische Landwirtschaft und Verarbeitungs verfahren von wesentlicher Bedeutung. Gleichzeitig sollten die statistischen Informationen über Erzeugung und Markt verbessert werden.

Eines der Ziele der GAP-Reform von 2003 war die umweltverträgliche Produktion von Qualitätserzeugnissen. Die ökologische Landwirtschaft bietet ein wichtiges Instrumentarium zur Konkretisierung dieses Ziels.

Ökologische Landwirtschaftsbetriebe werden derzeit durch den ,ersten Pfeiler' der GAP mit Direktzahlungen und Preisstützung gefördert. Überdies ist die ökologische Landwirtschaft voll in die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums als zweitem Pfeiler der GAP integriert und genießt eine besondere Stellung in den Agrarumweltmaßnahmen. Die GAP-Reform 2003 hat einen geeigneten Rahmen für die künftige Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft geschaffen und ein entsprechendes Maßnahmenspektrum für die Mitgliedstaaten bereitgestellt.

Basierend auf dieser Analyse und auf den bereits erreichten Ergebnissen sieht der Aktionsplan folgende Schwerpunkte vor:

* Eine informationsgesteuerte Entwicklung des Marktes für ökologische Lebensmittel durch Stärkung des Verbraucherbewusstseins, bessere Information und Absatzförderung bei Verbrauchern und Handel, breitere Verwendung des EU-Siegels, auch bei importierten Erzeugnissen, höhere Transparenz hinsichtlich der verschiedenen Standards, und Verbesserung der statistischen Daten über Produktion, Angebot und Nachfrage als Instrument für politische und wirtschaftliche Entscheidungen.

* Effektivere öffentliche Förderung der ökologischen Landwirtschaft durch eine kohärentere und stärkere Inanspruchnahme der verschiedenen Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung in den Mitgliedstaaten, z.B. im Rahmen nationaler Aktionspläne, und durch Verstärkung der Forschung über ökologische Landwirtschaft.

* Verbesserung und Verstärkung der EU-Standards, Einfuhr- und Kontrollvorschriften für ökologische Erzeugnisse durch Festschreibung der Grundsätze der ökologischen Landwirtschaft und Verdeutlichung ihrer Leistungen für die Öffentlichkeit, Steigerung der Transparenz und des Vertrauens der Verbraucher, Einsetzung eines unabhängigen Ausschusses für wissenschaftlich-technische Beratung, weitere Harmonisierung und Verstärkung der Standards in internationalen Organisationen, Verbesserung der Standards z.B. für den Tierschutz, Vervollständigung der Standards in noch nicht erfassten Bereichen wie Aquakultur, Umwelt und Nutzung fossiler Energieträger, Erläuterung zum Verbot der Verwendung gentechnisch veränderter Organismen (GVO), Erhöhung der Wirksamkeit und Transparenz des Kontrollsystems sowie effektivere Anwendung der Einfuhrbestimmungen.

Weitere Einzelheiten hinsichtlich der Hintergrundanalyse und die verschiedenen unten aufgelisteten Aktionen können in der Arbeitsunterlage der Kommission "Europäischer Aktionsplan für ökologische Landwirtschaft und ökologisch erzeugte Lebensmittel" Juni 2004 gefunden werden. Dieses Papier ist verfügbar auf der Webpage EUROPA: .

2. Aktion

2.1 Markt für ökologische Lebensmittel

Aktion

Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2826/2000 des Rates (Absatzförderungsmaßnahmen im Binnenmarkt), wodurch die Kommission bei der Organisation von Informations- und Absatzförderungskampagnen für ökologische Produkte mehr Möglichkeiten erhielte, direkte Maßnahmen zu setzen.

Start einer mehrjährigen EU-weiten Informations- und Absatzförderungskampagne, um Verbraucher, Kantinen öffentlicher Einrichtungen, Schulen und andere wichtige Beteiligte der Lebensmittelkette über die Vorteile der ökologischen Landwirtschaft - insbesondere für die Umwelt - zu informieren, das Verbraucherbewusstsein für ökologische Produkte zu schärfen sowie dazu beizutragen, dass die Verbraucher ökologische Erzeugnisse, unter anderem durch das EU-Logo, als solche erkennen.

Initiierung von Informations- und Absatzförderungskampagnen, die auf genau definierte Verbrauchertypen wie Gelegenheitskäufer und öffentliche Kantinen zugeschnitten sind.

Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten und Berufsvereinigungen zur Entwicklung einer Strategie für die Kampagnen.

Aktion

Einrichtung und Pflege einer Internet-Datenbank, in der die verschiedenen privaten und staatlichen Normen (einschl. internationaler Normen und staatlicher Normen in den wichtigsten Ausfuhrmärkten) im Vergleich zu den Gemeinschaftsnormen erfasst sind.

Aktion

Verstärkte Erfassung statistischer Daten über die Erzeugung und den Markt für ökologische Erzeugnisse

2.2 EU-Politik für die Ökologische Landwirtschaft

Aktion

Den Mitgliedstaaten zu gestatten, mit ökologischer Erzeugung beschäftigten Erzeugerorganisationen im Obst- und Gemüsesektor zusätzlich zur EU-Förderung Beihilfen zu gewähren.

Aktion

Die Kommission wird eine Online-Übersicht über alle EU-Maßnahmen erstellen, die vom ökologischen Sektor auf den Gebieten Erzeugung, Vermarktung und Information genutzt werden können.

Aktion

Die Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten dringend, im Rahmen ihrer Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums die zur Förderung der ökologischen Landwirtschaft verfügbaren Instrumente in vollem Umfang zu nutzen, zum Beispiel durch die Erarbeitung nationaler oder regionaler Aktionspläne mit folgenden Schwerpunkten:

- Förderung der Nachfrageseite durch die Nutzung der neuen Qualitätsprogramme;

- Aktionen zur langfristigen Bewahrung des Nutzens für Umwelt und Naturschutz;

- Schaffung von Anreizen für ökologisch wirtschaftende Landwirte, den gesamten Betrieb anstatt nur eines Teils davon umzustellen;

- Gleiche Möglichkeiten der Investitionsförderung für ökologisch wirtschaftende und nicht ökologisch wirtschaftende Landwirte;

- Schaffung von Anreizen für die Erzeuger, Vertrieb und Vermarktung zu erleichtern, indem die Produktionskette durch (vertragliche) Regelungen zwischen den Beteiligten einbezogen wird;

- Unterstützung für Beratungsdienste;

- Aus- und Fortbildung für alle Beteiligten der ökologischen Landwirtschaft in Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung;

- Verfolgung des Ziels, die ökologische Landwirtschaft in ökologisch empfindlichen Gebieten zur bevorzugten Bewirtschaftungsform zu machen (ohne die ökologische Landwirtschaft auf diese Gebiete zu beschränken).

Aktion

Ausbau der Forschung über ökologische Landwirtschaft und ökologische Produktionsmethoden.

2.3 Normen und Kontrolle - Wahrung der Integrität

Aktion 8

Mehr Transparenz in der Verordnung durch Definition der Grundprinzipien der ökologischen Landwirtschaft.

Aktion 9

Sicherung der Integrität der ökologischen Landwirtschaft durch Verstärkung der Normen und Beibehaltung der vorgesehenen Enddaten für die Übergangsregeln.

Aktion 10

Ergänzung und weitere Harmonisierung der Normen für die ökologische Landwirtschaft durch

- Erstellung der Liste der zulässigen Zusatzstoffe und Verarbeitungshilfen für tierische Verarbeitungserzeugnisse;

- Erwägung der Erstellung spezieller Normen für ökologische Weine;

- Verbesserung der Tierschutzstandards;

- Erwägung der Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf andere Bereiche wie z.B. die Aquakultur;

- Erwägung der Notwendigkeit einer Verbesserung der Normen in Bezug auf Umweltaspekte (Energieverbrauch, biologische Vielfalt, Landschaft und andere).

Aktion 11

Einrichtung eines unabhängigen Sachverständigengremiums zur technischen Beratung.

Aktion 12

Aufnahme von Bestimmungen in die Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates um klarzustellen

- dass Erzeugnisse, die als GVO enthaltend gekennzeichnet sind, nicht als ökologisch gekennzeichnet werden können;

- dass die allgemeinen Kennzeichnungsschwellen den Schwellen für das zufällige Vorhandensein von GVO bei Erzeugnissen (außer Saatgut) entsprechen, die in der ökologischen Landwirtschaft verwendet werden.

Die Frage ob und in welcher Höhe für in der ökologischen Landwirtschaft verwendetes Saatgut besondere Schwellenwerte festgesetzt werden sollten wird von der Kommission noch geprüft.

Aktion 13

Verbesserung der Leistung der Kontrolleinrichtungen und -behörden durch Einführung eines risikobezogenen Ansatzes, der vor allem auf die Erzeuger abzielt, die das höchste Risiko in Bezug auf betrügerische Praktiken darstellen, sowie durch Einbeziehung von Gegenkontrollen in die Verordnung (EWG) Nr. 2092/91.

Aktion 14

Fortsetzung der Arbeiten in der GFS zur Entwicklung von Probenahme- und Analyseverfahren, die in der ökologischen Landwirtschaft verwendet werden können.

Aktion 15

Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit der Nutzung des im Rahmen der GAP eingerichteten Flächenidentifizierungssystems für die Bestimmung und Überwachung von Flächen im Bereich der ökologischen Landwirtschaft erwägen.

Aktion 16

Verbesserung der Koordination zwischen den Kontrolleinrichtungen sowie zwischen den Kontrolleinrichtungen und den für die Umsetzung zuständigen Behörden gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91.

Aktion 17

Entwicklung eines spezifischen Zulassungssystems für Kontrolleinrichtungen im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91.

Aktion 18

Die Kommission wird den jährlichen Bericht der Mitgliedstaaten über die Überwachung der zugelassenen Kontrolleinrichtungen einschließlich der Statistiken über die Art und Anzahl der Verstöße veröffentlichen.

Aktion 19

Verstärkte Bemühungen um die Aufnahme von Drittländern in die Gleichwertigkeitsliste, einschließlich Vor-Ort-Bewertungen..

Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 über die ökologische Landwirtschaft durch Ersetzung der derzeitigen einzelstaatlichen Abweichung für Einfuhren durch ein neues permanentes System unter Einbeziehung technischer Bewertungen durch von der Kommission für diesen Zweck bestimmte Stellen. Dies könnte nach angemessenen Beratungen auch die Erstellung einer einheitlichen und dauerhaften Gemeinschaftsliste von Kontrolleinrichtungen in Drittländern umfassen, die noch nicht in der Gleichwertigkeitsliste geführt werden, deren Arbeiten jedoch als gleichwertig anerkannt werden.

Weitere Gewährleistung, dass die Definition der Gleichwertigkeit mit Drittländern auch die unterschiedlichen klimatischen und landwirtschaftlichen Gegebenheiten und das Entwicklungsstadium der ökologischen Landwirtschaft in den einzelnen Ländern berücksichtigt.

Mit dem Inkrafttreten dieses Systems wird allen eingeführten Erzeugnissen Zugang zum EU-Logo gewährt.

Aktion 20

Systematischer Vergleich zwischen der Gemeinschaftsnorm für die ökologische Landwirtschaft, den Codex Alimentarius Leitlinien und den IFOAM-Normen (siehe auch Aktion 2).

Verstärkte Bemühungen um eine weltweite Harmonisierung und Entwicklung eines multilateralen Gleichwertigkeitskonzepts auf der Grundlage der Codex Alimentarius Leitlinien in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, Drittländern und dem Privatsektor.

Unterstützung des Aufbaus von Kapazitäten in Entwicklungsländern im Rahmen der EU-Entwicklungspolitik durch bessere Informationen über die Möglichkeiten der Nutzung allgemeiner Stützungsinstrumente zugunsten der ökologischen Landwirtschaft.

Erwägung weiterer Maßnahmen zur Erleichterung des Handels mit ökologischen Erzeugnissen aus Entwicklungsländern. [1]

[1] Gemäß Artikel 12 des WTO-Übereinkommens über technische Handelshemmnisse sollten die Mitglieder den der WTO angehörenden Entwicklungsländern eine differenzierte und günstigere Behandlung zukommen lassen.

Aktion 21

Stärkung der Anerkennung der EU-Normen und Kontrollsysteme für die ökologische Landwirtschaft in Drittländern durch Erhalt eines Verhandlungsmandats vom Rat.

3. ERWARTETE AUSWIRKUNGEN

Fortschritte bei den Aktionen 19 und 21 hängen durch die Erhöhung der Anzahl der Drittländer mit Einfuhrgleichwertigkeit sowie der Anzahl der bilateralen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung jeweils von der Verfügbarkeit der nötigen Humanressourcen ab.

Aktion 1 und Aktion 7 werden im Rahmen des bestehenden Haushaltsrahmens umgesetzt. Was Aktion 11 über die Einrichtung eines Sachverständigengremiums angeht, so werden keine wesentlichen Auswirkungen erwartet.

Die anderen Aktionen haben ebenfalls keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

Die Umsetzung dieses Aktionsplans hängt insgesamt von der Verfügbarkeit von Humanressourcen in den Kommissionsdienststellen ab, die für verschiedene geplante Aktionen zuständig sind.

4. WEITERE SCHRITTE

Dieser Aktionsplan bildet einen Schritt in die Richtung einer Förderung der ökologischen Landwirtschaft in Europa und in der gesamten Welt.

Durch die Erstellung des Aktionsplans hat die Kommission einen pragmatischen Ansatz gewählt, der zunächst von einer Analyse der Verwendungs- und Anpassungsmöglichkeiten bestehender Maßnahmen ausgeht.

Die Kommission wird unverzüglich die notwendigen Schritte einleiten, um entlang der aufgezeigten Linien vorzugehen.

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