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Document 52003DC0839

Mitteilung der Kommission - Mitteilung der Kommission über Paralleleinfuhren von Arzneispezialitäten, deren Inverkehrbringen bereits genehmigt ist

/* KOM/2003/0839 endg. */

52003DC0839

Mitteilung der Kommission - Mitteilung der Kommission über Paralleleinfuhren von Arzneispezialitäten, deren Inverkehrbringen bereits genehmigt ist /* KOM/2003/0839 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION - Mitteilung der Kommission über Paralleleinfuhren von Arzneispezialitäten, deren Inverkehrbringen bereits genehmigt ist

INHALTSVERZEICHNIS

Zusammenfassung

1. Einführung

2. Paralleleinfuhren und freier Warenverkehr

3. Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen - Genehmigung des Inverkehrbringens

4. Schutz und Erschöpfung gewerblicher und kommerzieller Eigentumsrechte

5. Markenschutz und Umpacken

5.1. Künstliche Abschottung des Binnenmarkts

5.2. Beeinträchtigung des Originalzustands der Ware

5.3. Angaben über den Umpacker und Hersteller der Ware

5.4. Aufmachung der umgepackten Ware

5.5. Vorherige Unterrichtung des Markeninhabers

5.6. Genehmigung auf Gemeinschaftsebene

6. Schlussfolgerungen

ANHANG

Zusammenfassung

Diese Mitteilung ist eine Aktualisierung der Mitteilung der Kommission von 1982 zum selben Thema und soll eine Anleitung für die praktische Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf nationale Maßnahmen im Zusammenhang mit Paralleleinfuhren aus einem Mitgliedstaat in den andern von Arzneispezialitäten sein, deren Inverkehrbringen im Einfuhrmitgliedstaat bereits genehmigt ist.

Gemäß Artikel 28 EG-Vertrag ist die Paralleleinfuhr eines Arzneimittels eine erlaubte Handelsform innerhalb des Binnenmarkts und unterliegt den Ausnahmeregelungen in Bezug auf den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen und den Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gemäß Artikel 30 EG-Vertrag.

Verfügen die zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats infolge des erstmaligen Inverkehrbringens eines Erzeugnisses in diesem Mitgliedstaat bereits über die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit erforderlichen Informationen, kann für ein parallel eingeführtes Arzneimittel eine Genehmigung nach einem verhältnismäßig ,einfacheren" Verfahren (im Vergleich zum Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen) erteilt werden, vorausgesetzt:

* für das Inverkehrbringen des eingeführten Erzeugnisses liegt im Ausfuhrmitgliedstaat eine Genehmigung vor;

* das eingeführte Erzeugnis gleicht im Wesentlichen einem Erzeugnis, für das im Einfuhrmitgliedstaat bereits eine Genehmigung vorliegt;

Die Paralleleinfuhr eines Arzneimittels ist selbst dann möglich, wenn die Referenzgenehmigung zurückgezogen wurde, und die Genehmigung für Paralleleinfuhren darf nur dann zurückgezogen werden, wenn eine solche Maßnahme aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist.

Von den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats im Hinblick auf geschütztes gewerbliches und kommerzielles Eigentumsrecht darf nicht Gebrauch gemacht werden, um sich der Einfuhr eines vom Eigentümer dieses Rechtes oder mit dessen Einwilligung auf dem Markt eines anderen Mitgliedstaats rechtmäßig vertriebenen Erzeugnisses zu widersetzen. Außerdem darf der Markeninhaber von seinem Recht nicht Gebrauch machen, um das Umpacken eines parallel eingeführten Erzeugnisses zu unterbinden, wenn:

* der Gebrauch des Markenrechts durch den Inhaber, unter Berücksichtigung des von ihm angewandten Vermarktungsverfahrens, zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beiträgt;

* das Umpacken den Originalzustand der Ware nicht beeinträchtigen kann;

* auf der neuen Verpackung angegeben ist, von wem das Erzeugnis umgepackt worden ist;

* das umgepackte Arzneimittel nicht so aufgemacht ist, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; und

* der Markeninhaber unterrichtet wird, bevor das umgepackte Erzeugnis zum Kauf angeboten wird.

1. Einführung

Diese Mitteilung richtet sich vor allem an nationale Verwaltungsbehörden, mit Paralleleinfuhren von Arzneispezialitäten beschäftigte Wirtschaftsbeteiligte [1], Unternehmen und pharmazeutische Betriebe im Allgemeinen. Sie ist eine Aktualisierung der Mitteilung der Kommission von 1982 zum selben Thema [2] und soll eine Anleitung für die praktische Anwendung des Grundsatzes des freien Warenverkehrs auf nationale Maßnahmen im Zusammenhang mit Paralleleinfuhren aus einem Mitgliedstaat in den andern von Arzneispezialitäten sein, deren Inverkehrbringen im Einfuhrmitgliedstaat bereits genehmigt ist. Insbesondere wird auf die Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien hingewiesen sowie auf die Gewährleistungen, auf die sie nach dem Gemeinschaftsrecht Anspruch haben.

[1] Arzneispezialitäten sind alle Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und unter einer besonderen Bezeichnung und in einer besonderen Aufmachung in den Verkehr gebracht werden; Arzneimittel sind alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet werden. Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden, gelten ebenfalls als Arzneimittel. Richtlinie 2001/83/EG (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S.67-128). Was Tiere anbelangt, so gelten dieselben Definitionen für Tierarzneimittel, Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 1-66).

[2] ABl. C 115 vom 6.5.1982, S.5.

Seit der Annahme der Mitteilung von 1982 hat der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung auf diesem Gebiet deutlich weiterentwickelt und eine Reihe von Fragen bezüglich der Erfordernisse und Verfahren für die Genehmigung von Paralleleinfuhren [3], des Gebrauchs einzelstaatlicher Patentrechte [4] sowie des Umpackens, der Umetikettierung und der Verwendung einzelstaatlicher Marken [5] geklärt. Gleichzeitig hatten weitere Entwicklungen auf Ebene des Gemeinschaftsrechts bedeutende technische und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Handel mit Arzneispezialitäten und es wird erwartet, dass die EU-Erweiterung weitere Herausforderungen mit sich bringen wird.

[3] Rechtssache 247/81 Kommission gegen Deutschland (1984) Slg. 1111, C-201/94 Smith & Nephew (1996) Slg. I-5819, C-94/98 Rhône-Poulenc (1999) Slg. I-8789, C-172/00 Ferring (2002) Slg. I-6891.

[4] Rechtssache 434/85 Allen & Hansburys (1988) Slg. 1245, C-191/90 Generics (1992) Slg. 5335, verbundene Rechtssachen C-267 und 268/95 Merck gegen Primecrown (1996) Slg. I-6285.

[5] Verbundene Rechtssachen C-427, 429 & 436/93 Bristol-Myers Squibb (1996) Slg. I-3457, Rechtssache C-232/94 Rhône-Poulenc (1996) Slg. I-3671, C-379/97 Pharmacia & Upjohn (1999) Slg. I-6927, C-143/00 Boehringer etc (2002) Slg. I-3759, C-443/99 Merck, Sharp und Dohme gegen Paranova (2002) Slg. I-3703.

Diese Mitteilung, die sich hauptsächlich auf die Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofes stützt, befasst sich nicht mit Fragen, die in anderen Gemeinschaftsvorschriften behandelt werden, insbesondere im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen eines Arzneimittels [6], auf Wettbewerb oder Fragen, mit der sich die Mitteilung der Kommission über den Binnenmarkt für Arzneimittel von 1998 [7] befasst, außer, wenn solche Fragen vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung im Bereich der Paralleleinfuhren behandelt worden sind. Speziell hingewiesen wird auf in jüngerer Zeit erlassene Urteile, die die Bedingungen verdeutlichen, unter denen das Umpacken des parallel eingeführten Arzneimittels objektiv notwendig ist, damit dieses Zugang zum Einfuhrmitgliedstaat erhält. Die Bedeutung der Rechtsprechung des Gerichtshofes wird durch die Erläuterung dieser Bedingungen und ihrer Anwendung im fünften Teil dieser Mitteilung hervorgehoben.

[6] Richtlinie 2001/83/EG (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S.67-128), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/63/EG (ABl. L 159 vom 27.6.2003, S.46-94), Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 1-66).

[7] KOM (1998) 588 endg. - 25.11.1998.

Der Begriff ,Einfuhr" wird aus praktischen Gründen im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichem Handel verwendet, obwohl argumentiert werden könnte, dass der Begriff infolge der Entwicklung des Binnenmarkts größtenteils bedeutungslos geworden ist.

2. Paralleleinfuhren und freier Warenverkehr

Gemäß Artikel 28 EG-Vertrag ist die Paralleleinfuhr eines Arzneimittels eine erlaubte Handelsform innerhalb des Binnenmarkts und unterliegt den Ausnahmeregelungen in Bezug auf den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen und den Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gemäß Artikel 30 EG-Vertrag.

Der Parallelhandel ist eine erlaubte Form des Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Er wird als ,parallel" bezeichnet, da er außerhalb des von den Herstellern oder Erstlieferanten für ihre Erzeugnisse in einem Mitgliedstaat aufgebauten Vertriebsnetzes - und in den meisten Fällen parallel dazu - stattfindet und Erzeugnisse betrifft, die in jeder Hinsicht den durch die Vertriebsnetze abgesetzten gleichen.

Der Parallelhandel beruht auf dem Grundsatz des freien Warenverkehrs im Binnenmarkt (Artikel 28-30 EG-Vertrag). Im pharmazeutischen Bereich profitiert er von Preisabweichungen, wenn Mitgliedstaaten die Preise der auf ihren jeweiligen Märkten abgesetzten Arzneimitteln festlegen oder anderweitig kontrollieren [8]. Der Europäische Gerichtshof hat wiederholt bestätigt, dass Arzneimittel nicht von den Binnenmarktvorschriften ausgenommen sind [9] und hat staatliche Maßnahmen verurteilt [10], die Paralleleinfuhren von Arzneimitteln ohne entsprechende Begründung einschränken. Der Gerichtshof hat erklärt, dass gemäß Artikel 30 EG-Vertrag bestimmte Maßnahmen von Mitgliedstaaten zur Einschränkung von Paralleleinfuhren aus Gründen des Schutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums und des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt sein können.

[8] Die Mitgliedstaaten können die Preise auf dem Wege von Erstattungspraktiken direkt oder indirekt festlegen, um allen Bürgern gleichberechtigten Zugang zu Arzneimitteln und die finanzielle Stabilität ihrer Sozialversicherungsträger zu gewährleisten. Der Gerichtshof hat bestätigt, dass die Mitgliedstaaten bei fehlender Harmonisierung befugt sind, angesichts dieser legitimen Besorgnis die Preise für Arzneimittel festzulegen, vorausgesetzt, bei einem solchen Vorgehen wird nicht von Rechts wegen oder tatsächlich zwischen heimischen und eingeführten Erzeugnissen unterschieden und der angegebene Preis ist rentabel - Rechtssache 181/82 Roussel Laboratoria (1983) Slg. 3849 und Rechtssache 249/88 Kommission gegen Belgien (1991) Slg. I-1275. Was insbesondere den Markt für rezeptpflichtige Arzneimittel betrifft, kann das staatliche Eingreifen darin bestehen, ein Arzneimittel von der Erstattung auszuschließen. Eine solche Einschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn: (a) eine Diskriminierung aufgrund des Ursprungs des Erzeugnisses unterbleibt, (b) sie auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruht und (c) Verfahren bestehen, anhand derer etwaige Verzerrungen beseitigt werden können - Rechtssache 238/82 Duphar (1984) Slg. 523. Weitere prozedurale Voraussetzungen ergeben sich aus der Richtlinie 89/105/EWG (ABl. L 40 vom 11.02.1989, S. 8-11).

[9] Der Gerichtshof hat festgestellt, dass es in diesem Zusammenhang ,ohne Bedeutung ist, dass infolge hoheitlicher Maßnahmen der Preisaufsicht im Ausfuhrland die Preise für das Erzeugnis in dem Mitgliedstaat, aus dem ausgeführt, und dem Mitgliedstaat, in den eingeführt wird, auseinandergehen." - Rechtssache 15/74 Centrafarm gegen Sterling (1974) Slg. 1147. Dieser Grundsatz wurde in den verbundenen Rechtssachen C-267/95 und C-268/95, Merck gegen Primecrown, (1996) Slg. I-6285, Absatz 47 bestätigt; siehe auch Rechtssache C-436/93 Bristol-Myers Squibb gegen Paranova, (1996) Slg. I-3457, Rechtssache 16/74, Centrafarm und De Peijper gegen Winthrop (1974) Slg. 1183.

[10] Wenn eine Einschränkung des Parallelhandels auf von Unternehmen getroffene Maßnahmen zurückzuführen ist, wie doppelte Preisauszeichnung oder die Einschränkung der Lieferungen an die Großhändler, muss dies nach den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft (Artikel 81-82 EG-Vertrag) untersucht werden.

3. Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen - Genehmigung des Inverkehrbringens

Ein Arzneimittel kann aufgrund einer Genehmigung parallel eingeführt werden, die gemäß einem ,vereinfachten" Verfahren erteilt wird, nach dem der Antragsteller weniger Angaben machen muss als bei einem Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen.

Im Allgemeinen kann ein Arzneimittel ohne eine - hauptsächlich dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienende - Genehmigung für das Inverkehrbringen nicht auf den Markt eines Mitgliedstaats gebracht werden. Genehmigungen für das Inverkehrbringen werden entweder auf nationaler oder auf Gemeinschaftsebene erteilt [11].

[11] Richtlinie 2001/83/EG, Artikel 6 Absatz 1: Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 erteilt wurde. In Artikel 8 der Richtlinie werden die Angaben, die der zuständigen Behörde zur Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zu übermitteln sind, genau aufgeführt. Die Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2003/98/EG, ABl. L 33, 8.2.2003, S. 30-40 und Richtlinie 2003/63/EG, ABl. L 159, 27.6.2003, S. 46-94, geändert. Die entsprechenden Vorschriften in der Richtlinie 2001/82/EG sind die Artikel 5 und 12.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs [12] gibt es jedoch Ausnahmen von diesen Regeln, die sich aus den Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Warenverkehr ergeben. Nationale Behörden dürfen Paralleleinfuhren nicht behindern, indem sie von den Paralleleinführern die Einhaltung der selben Vorschriften verlangen wie jene, die für Unternehmen gelten, die zum ersten Mal eine Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels beantragen [13], vorausgesetzt, eine solche Ausnahme von den normalerweise für Genehmigungen für das Inverkehrbringen geltenden Vorschriften stellt keine Beeinträchtigung des Schutzes der öffentlichen Gesundheit dar.

[12] Rechtssachen 104/75 De Peijper (1976) Slg. 613, C-201/94 Smith & Nephew und Primecrown (1996) Slg. I-5819, C-94/98 Rhone Poulenc (1999) Slg. I-08789 und C-172/00 Ferring (2002) Slg. I-6891.

[13] Dies bedeutet in der Praxis, dass der Paralleleinführer die Unterlagen für das Arzneimittel im Allgemeinen oder für eine bestimmte Partie, die nur über den Hersteller des Arzneimittels oder den Genehmigungsinhaber erhältlich sind, nicht vorlegen muss. Sonst hätten der Hersteller oder der Genehmigungsinhaber die Paralleleinfuhren verhindern können, indem sie sich einfach weigern, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen - Rechtssache 104/75 De Peijper (1976) Slg. 613.

Insbesondere wenn die zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats infolge des erstmaligen Inverkehrbringens eines Erzeugnisses in diesem Mitgliedstaat bereits über die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit erforderlichen Informationen verfügen, kann für ein parallel eingeführtes Arzneimittel eine Genehmigung [14] gemäß einem verhältnismäßig ,vereinfachten" Verfahren erteilt werden [15], vorausgesetzt:

[14] Terminbezogene Fragen, wie die Frage der Fristen, innerhalb deren die nationalen Behörden einem Antragsteller antworten muss, der eine Genehmigung für Paralleleinfuhren beantragt, sowie die Geltungsdauer derartiger Lizenzen müssen noch geklärt werden. In Bezug auf die erste Frist ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Artikel 18 der Richtlinie 2001/83/EG ein Mitgliedstaat innerhalb von 90 Tagen die Entscheidung eines anderen Mitgliedstaats zur Genehmigung eines Arzneimittels anerkennen muss. Somit lässt sich argumentieren, dass 45 Tage eine angemessene Frist für die Anwendung eines vereinfachten Verfahrens für die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für Paralleleinfuhren sind. Für die Geltungsdauer der Genehmigungen siehe Anmerkung 21.

[15] "Wenn nämlich die Gesundheitsbehörden des Einfuhrmitgliedstaats aufgrund eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen der betreffenden Arzneispezialität bereits über alle für die Untersuchung der Wirksamkeit und der Unschädlichkeit des Arzneimittels als unentbehrlich angesehenen pharmazeutischen Angaben verfügen, so ist es offensichtlich für den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nicht notwendig, dass sie von einem zweiten Wirtschaftsteilnehmer, der eine den erwähnten Kriterien entsprechende Arzneispezialität eingeführt hat, verlangen, ihnen nochmals die oben genannten Angaben zu unterbreiten", Rechtssache C-201/94, Smith & Nephew und Primecrown, Slg. 1996, I-5819.

* für das Inverkehrbringen des eingeführten Erzeugnisses liegt im Ausfuhrmitgliedstaat eine Genehmigung vor;

* das eingeführte Erzeugnis gleicht hinreichend einem Erzeugnis, für das im Einfuhrmitgliedstaat bereits eine Genehmigung vorliegt, auch wenn es Unterschiede bei den verwendeten Hilfsstoffen gibt. [16]

[16] Die Tatsache, dass der Hersteller des eingeführten Erzeugnisses derselbe ist, der auch das im Bestimmungsmitgliedstaat bereits vermarktete Erzeugnis herstellt, oder dass sie zu derselben Gruppe gehören oder, im Falle unabhängiger Unternehmen, dass sie einen Vertrag mit demselben Lizenzgeber geschlossen haben, wurde vom Gerichtshof im Zusammenhang mit der Frage der Ähnlichkeit auch in den Rechtssachen 104/75, De Peijper, Slg. 1976, 613, und C-201/94, Smith & Nephew and Primecrown, Slg. 1996, I-5819, berücksichtigt.

Der Gerichtshof hat die Frage der Gleichartigkeit durch die Feststellung klargestellt, dass die zwei Erzeugnisse nicht in allen Punkten übereinstimmen, jedoch zumindest nach der gleichen Formel und unter Verwendung des gleichen Wirkstoffs hergestellt worden sein sowie die gleiche therapeutische Wirkung haben müssen [17].

[17] Rechtssache C-201/94, Smith & Nephew and Primecrown, Slg. 1996, I-5819. Zu der Bedingung betreffend die Formel eines Erzeugnisses hat der Gerichtshof später entschieden, dass die nationalen Behörden verpflichtet sind, ein parallel importiertes Arzneimittel nach den Vorschriften über Paralleleinfuhren dann zuzulassen, wenn sie davon überzeugt sind, dass dieses Arzneimittel trotz des Bestehens von Unterschieden bei den Hilfsstoffen keine Probleme für die Volksgesundheit aufwirft, Rechtssache C-94/98, Rhone Poulenc, Slg. 1999, I-08789.

Dass ein Arzneimittel, das hinreichend dem parallel eingeführten gleicht, im Einfuhrmitgliedstaat bereits eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erhalten hat, setzt nicht unbedingt voraus, dass diese ,Referenz"-Genehmigung zum Zeitpunkt der Einfuhr noch gültig sein muss. Insbesondere hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Paralleleinfuhr eines Arzneimittels auch möglich ist, wenn die Referenzgenehmigung zurückgezogen wurde, und die Genehmigung für Paralleleinfuhren darf gemäß Artikel 30 EG-Vertrag nur dann zurückgezogen werden, wenn eine solche Maßnahme aus Gründen des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt ist [18]. Es kann vernünftigerweise angenommen werden, dass die gleichen Grundsätze gelten, wenn die Referenzgenehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels im Ausfuhrmitgliedstaat noch gültig ist, jedoch im Einfuhrmitgliedstaat ausläuft [19], so dass eine neue Version in Verkehr gebracht wird.

[18] Rechtssachen C-172/00, Ferring, Slg. 2002, I-6891, und C-15/01, Paranova, Slg. 2003.

[19] Artikel 24 der Richtlinie 2001/83/EG sieht Folgendes vor: "Die Genehmigung ist fünf Jahre gültig; sie kann auf mindestens drei Monate vor ihrem Ablaufen zu stellenden Antrag des Inhabers für jeweils fünf Jahre verlängert werden; diese Verlängerung erfolgt nach einer von der zuständigen Behörde vorzunehmenden Prüfung der Unterlagen, die insbesondere eine Übersicht über den Stand der Angaben zur Pharmakovigilanz und die übrigen für die Arzneimittelüberwachung maßgebenden Informationen enthalten.", ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67-128. Die entsprechende Vorschrift in der Richtlinie 2001/82/EG ist Artikel 28.

Dieser Fall tritt ein, wenn eine Referenzgenehmigung für das Inverkehrbringen im Einfuhrmitgliedstaat aus anderen Gründen als dem Schutz der öffentlichen Gesundheit zurückgezogen wird und das eingeführte Erzeugnis im Ausfuhrmitgliedstaat aufgrund der in diesem Staat erteilten Genehmigung für das Inverkehrbringen weiterhin rechtmäßig vertrieben wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn eine neue Version eines Arzneimittels in einem Mitgliedstaat in Verkehr gebracht wird, während die alte Version weiterhin aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführt wird.

Der Gerichtshof hat festgestellt [20], dass nicht durch den Widerruf einer Bezugszulassung allein die alte Version des Arzneimittels hinsichtlich ihrer Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit in Frage gestellt wird. Es wurde bestätigt, dass die zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats die Maßnahmen treffen müssen, die für die Kontrolle der Qualität, der Wirksamkeit und der Sicherheit der alten Version des Arzneimittels erforderlich sind und dass dieses Ziel nichtsdestotrotz durch Maßnahmen erreicht werden muss, die die Einfuhr der Arzneimittel weniger beschränken als das automatische Erlöschen der Genehmigung für die Paralleleinfuhr. Eine Möglichkeit, ein solches Ziel zu erreichen, ist die Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden der übrigen Mitgliedstaaten durch den Zugang zu den vom Hersteller oder anderen Unternehmen seiner Unternehmensgruppe für die alte Version vorgelegten Unterlagen und Daten in den Mitgliedstaaten, in denen diese Version noch auf der Grundlage einer gültigen Zulassung weitervertrieben werden [21].

[20] Rechtssachen C-172/00, Ferring, Slg. 2002, I-6891 und C-15/01, Paranova, Slg. 2003.

[21] Der Gerichtshof ist in den verbundenen Rechtssachen 87 und 88/85, Legia und Gyselinx, Slg. 1986, 1707, auf den Grundsatz der Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten eingegangen. Danach kann argumentiert werden, dass die nationalen Behörden, als allgemeine Regel, bei der Genehmigung eines Antrags auf Paralleleinfuhren die Dauer nicht bis zum Auslaufen der ursprünglichen Genehmigung für das Inverkehrbringen begrenzen dürfen. Jedenfalls für den Fall, dass die Gesundheitsbehörden des betroffenen Mitgliedstaates in Erwägung ziehen, dass, in bestimmten Fällen und bei Vorliegen klar umrissener Gründe, das Fehlen von Verpflichtungen des Inhabers der zurückgenommenen Vertriebsgenehmigung zur Arzneimittelüberwachung auch die Gewährleistung des Gesundheitsschutzes mit umfasst, müssen die Behörden auch in der Lage sein, die entsprechenden Maßnamen ergreifen zu können, namentlich, sofern erforderlich, die Frist der Importgenehmigung entsprechend der Gültigkeit der Vertriebsgenehmigung zu kürzen (vgl. Urteil vom 16.10.2003 in der Rs. C-223/01, AstraZeneca A/S, noch nicht in der offiziellen Sammlung veröffentlicht). Der Fall betraf die Erteilung einer Genehmigung für ein Generikum und nicht eine Importgenehmigung. Eine Entscheidung des Gerichtshofs in der Frage, ob dieses Prinzip auch auf Parallelimporte Anwendung findet, steht noch aus.

Außerdem hat der Gerichtshof ausgeführt, dass Beschränkungen der Einfuhr der alten Version gerechtfertigt sein können, wenn nachgewiesen werden kann, dass aufgrund des Nebeneinanders der beiden Versionen auf dem gleichen Markt tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit besteht. Es ist jedoch in erster Linie Sache der zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats, das Bestehen und die Realität der Gefahr zu beurteilen, und es genügt zur Rechtfertigung des Verbots, die alte Version einzuführen, nicht, dass der Inhaber der Zulassung für die neue und die alte Version des Arzneimittels eine solche Gefahr nur behauptet.

Wurde ein Arzneimittel auf Gemeinschaftsebene genehmigt [22], ist die Genehmigung für das Inverkehrbringen für die gesamte Gemeinschaft gültig. Parallel vertriebene zentral zugelassene Arzneimittel, die mit den vom Hersteller vertriebenen identisch sind [23], sind Gegenstand ein und derselben Genehmigung für das Inverkehrbringen. Der Parallelgroßhändler kann daher gemäß gemeinschaftlichem Arzneimittelrecht das Arzneimittel direkt auf den Markt bringen und parallel vertreiben. Er kann dies auch tun, wenn der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen das entsprechende Erzeugnis aus dem einen oder anderen Grund noch nicht auf einen bestimmten nationalen Markt gebracht hat.

[22] Die Genehmigung auf Gemeinschaftsebene wird nach dem in der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93, ABl. L 214 vom 24.8.1993, S. 1-21, vorgesehenen Verfahren erteilt. Die Verordnung (EG) Nr. 2309/93 war Gegenstand der Mitteilung der Kommission über die gemeinschaftlichen Zulassungsverfahren für Arzneimittel aus dem Jahr 1998 (98C 229/03). Die Mitteilung bietet auch eine Anleitung für das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung der Richtlinien 2001/83/EG und 2001/82/EG.

[23] In der Rechtssache T-123/00, Thomae/Kommission, Slg. 2002, II-5193, stellte das Gericht fest, dass Erwägungen, die an den Einheitscharakter der Gemeinschaftszulassung und das grundlegende Prinzip des freien Warenverkehrs anknüpfen, die Schlussfolgerung zulassen, dass ein Arzneimittel, für das ein Antrag auf Gemeinschaftszulassung gestellt wird, grundsätzlich eine einheitliche Verpackungsaufmachung in Bezug auf Farbe, Logo, Format und Gestaltung aufweisen muss. Der Gerichtshof stellte jedoch auch fest, dass unter außergewöhnlichen Umständen die Verpackungsaufmachung unterschiedlich sein kann. In dem betreffenden Fall ging es um den Zulassungsinhaber und nicht um einen Parallelhändler.

4. Schutz und Erschöpfung gewerblicher und kommerzieller Eigentumsrechte

Der Eigentümer eines durch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats geschützten gewerblichen und kommerziellen Eigentumsrechts kann sich nicht auf diese Rechtsvorschriften berufen, um sich der Einfuhr eines vom Eigentümer dieses Rechtes oder mit dessen Einwilligung auf dem Markt eines anderen Mitgliedstaats rechtmäßig vertriebenen Erzeugnisses zu widersetzen.

Arzneimittel sind im Allgemeinen Gegenstand gewerblicher und kommerzieller Eigentumsrechte, d.h. von Patenten und Marken, die im Wesentlichen nationaler Art sind [24]. Sie können vor den nationalen Behörden und Gerichten geltend gemacht werden, um den Verkauf von gegen diese Rechte verstoßenden eingeführten Arzneimitteln auf dem nationalen Markt zu verhindern.

[24] Siehe jedoch auch Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 29. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke, ABl. L 11 vom 14.1.1994, S.1, und den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Gemeinschaftspatent, ABl. C 337 E vom 28.11.2000, S. 278.

Der Bestand der gewerblichen und kommerziellen Eigentumsrechte wird durch den EG-Vertrag nicht berührt; ihre Ausübung kann jedoch beschränkt werden, wenn sie gegen das wesentliche Ziel des Vertrages, die nationalen Märkte zu einem Binnenmarkt zu vereinen, verstößt. Der Gerichtshof hat festgestellt [25], dass Beschränkungen des freien Warenverkehrs zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums nur zulässig sind, soweit sie zur Wahrung der Rechte gerechtfertigt sind, die den spezifischen Gegenstand dieses Eigentums ausmachen [26].

[25] Siehe u.a. Rechtssache 78/70, Deutsche Grammophon gegen Metro, Slg. 1971, 487, und Rechtssache 102/77, Hoffmann-La Roche, Slg. 1978, 1139.

[26] "Der spezifische Gegenstand des (gewerblichen) Eigentums ist die Garantie, dass der Patentinhaber zum Ausgleich für seine schöpferische Erfindertätigkeit das ausschließliche Recht erlangt, gewerbliche Erzeugnisse herzustellen und erstmals in den Verkehr zu bringen, mithin die Erfindung entweder selbst oder im Wege der Lizenzvergabe an Dritte zu verwerten, und dass er ferner das Recht erlangt, sich gegen jegliche Zuwiderhandlung zur Wehr zu setzen", Rechtssache 15/74, Centrafarm gegen Sterling Drug Slg. 1974, 1147, bestätigt durch verbundene Rechtssachen C-267/95 und C-268/95, Merck gegen Primecrown, Slg. 1996, I-6285.

Diese Regel ist als Grundsatz der Erschöpfung gewerblicher und kommerzieller Eigentumsrechte bekannt [27]. Gemäß diesem Grundsatz kann sich der Eigentümer eines durch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats geschützten gewerblichen und kommerziellen Eigentumsrechts nicht auf diese Rechtsvorschriften berufen, um sich der Einfuhr eines vom Eigentümer dieses Rechtes oder mit dessen Einwilligung auf dem Markt eines anderen Mitgliedstaats rechtmäßig vertriebenen Erzeugnisses zu widersetzen. Das Recht gilt als erschöpft, sobald das Erzeugnis irgendwo in der Gemeinschaft auf den Markt gebracht worden ist.

[27] Dieser allgemeine Grundsatz, der auf der Unterscheidung zwischen dem Bestehen und der Ausübung von Patentrechten basiert, wurde in den europäischen Rechtsvorschriften über das gewerbliche Eigentum verankert. Siehe hierzu Artikel 7 der Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 40 vom 11.12.1989, S. 1), der die Rechtsprechung des Gerichtshofs vor allem in folgenden Rechtssachen aufnimmt: Rechtssache 15/74, Centrafarm gegen Sterling, Slg. 1974, 1147, Rechtssache C-10/89, CNL-SUCAL gegen HAG GF, Slg. 1990, I-3711, und Rechtssache C-9/93 IHT Internationale Heiztechnik gegen Ideal Standard, Slg. 1994, I-2789.

Ein gewerbliches Eigentumsrecht gilt auch dann als erschöpft, wenn ein Erzeugnis, das der Eigentümer des gewerblichen Eigentumsrechts zuerst in einem Mitgliedstaat vertreibt, in dem es geschützt ist, und dann in einem anderen Mitgliedstaat, in dem es nicht geschützt ist: der Eigentümer des Rechts kann die Paralleleinfuhr des Erzeugnisses aus letzterem Mitgliedstaat in den ersteren nicht verhindern [28].

[28] Rechtssachen 187/80, Merck gegen Stephar, Slg. 1981, 2603, C-10/89 HAG, Slg. 1990, 3711, C-191/90, Generics and Harris Pharmaceutical, Slg. 1992, 5335, verbundene Rechtssachen C-267/95 und C-268/95, Merck gegen Primecrown, Slg. 1996, I-6285.

Eine wichtige, wenn auch nur vorübergehende Ausnahme von dieser Regel, die sich in den Diskussionen um die G10 Medizininitiative herausgestellt hat [29], ergibt sich mit dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten 2004, d. h. der Tschechischen Republik, Estlands, Lettlands, Litauens, Ungarns, Polens, Sloweniens und der Slowakei [30]. Im Beitrittsvertrag ist ein besonderer Mechanismus vorgesehen [31], durch den Paralleleinfuhren aus den vorgenannten neuen Mitgliedstaaten verhindert werden, bis das Patent oder der Ergänzende Schutz des betreffenden Arzneimittels in diesen Mitgliedstaaten auslaufen [32].

[29] Siehe Mitteilung der Kommission "Die pharmazeutische Industrie Europas zum Wohl der Patienten stärken: was zu tun ist", KOM (2003) 383.

[30] Ein Patent oder ein ergänzender Schutz könnten in den beiden anderen neuen Mitgliedstaaten Malta und Zypern erlangt worden sein, die daher nicht in der Liste enthalten sind.

[31] "Im Falle der Tschechischen Republik, Estlands, Lettlands, Litauens, Ungarns, Polens, Sloweniens oder der Slowakei kann sich der Inhaber eines Patents oder eines Ergänzenden Schutzzertifikats für ein Arzneimittel, das in einem Mitgliedstaat zu einem Zeitpunkt eingetragen wurde, als ein entsprechender Schutz für das Erzeugnis in einem der vorstehenden neuen Mitgliedstaaten nicht erlangt werden konnte, oder der vom Inhaber Begünstigte auf die durch das Patent oder das Ergänzende Schutzzertifikat eingeräumten Rechte berufen, um zu verhindern, dass das Erzeugnis in Mitgliedstaaten, in denen das betreffende Erzeugnis durch ein Patent oder Ergänzendes Schutzzertifikat geschützt ist, eingeführt und dort in den Verkehr gebracht wird; dies gilt auch dann, wenn das Erzeugnis in jenem neuen Mitgliedstaat erstmalig von ihm oder mit seiner Einwilligung in den Verkehr gebracht wurde.", Beitrittsakte, Dritter Teil, Titel II, Anhang IV Kapitel 2 "Gesellschaftsrecht", AA2003/ACT, Anhang IV, S. 2499, unterzeichnet am 16. April 2003 in Athen.

[32] Diese neuen Mitgliedstaaten haben im Zeitraum zwischen 1991 und 1994 neue Patentschutzrechte eingeführt.

5. Markenschutz und Umpacken

Der Markeninhaber darf von seinem Markenrecht nicht Gebrauch machen, um das Umpacken eines parallel eingeführten Erzeugnisses zu unterbinden, wenn: (1) der Gebrauch des Markenrechts durch den Inhaber zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beiträgt, (2) das Umpacken den Originalzustand der Ware nicht beeinträchtigen kann, (3) auf der neuen Verpackung angegeben ist, von wem das Erzeugnis umgepackt und hergestellt wurde, (4) das umgepackte Arzneimittel nicht so aufgemacht ist, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann und (5) der Markeninhaber unterrichtet wird, bevor das umgepackte Erzeugnis zum Kauf angeboten wird.

Unter gewissen Umständen [33] ist das Umpacken des Erzeugnisses und das Wiederanbringen der Marke oder ihre Ersetzung durch eine für dasselbe Erzeugnis im Einfuhrmitgliedstaat verwendete andere Marke erforderlich, um das Inverkehrbringen eines parallel eingeführten Erzeugnisses in einem Mitgliedstaat zu ermöglichen. Die Frage wurde vom Gerichtshof behandelt, und es ergaben sich zahlreiche Bedingungen im Hinblick auf die Notwendigkeit und das Ausmaß der Änderungen an der Originalverpackung.

[33] Zum Beispiel Anforderungen im Zusammenhang mit der Sprache, in der die Kennzeichnung abgefasst werden muss, und den Anweisungen oder nationalen Vorschriften über die Packungsgröße.

Gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 89/104/EWG [34] findet der Grundsatz der Erschöpfung des Rechts aus der Marke keine Anwendung, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Markeninhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. Der Gerichtshof hat anerkannt, dass Artikel 7 der Richtlinie die Frage der Erschöpfung der Markenrechte für in der Gemeinschaft vertriebene Erzeugnisse umfassend regelt, jedoch gleichzeitig festgestellt, dass die Richtlinie wie alle anderen abgeleiteten Rechtsvorschriften im Lichte der Vorschriften des EG-Vertrags über den freien Warenverkehr und insbesondere Artikel 30 [35] ausgelegt werden muss. Dies erklärt sich dadurch, dass eine Richtlinie, außer im Rahmen dessen, was der Vertrag zulässt, keine Behinderungen des innergemeinschaftlichen Handels rechtfertigen kann [36].

[34] ABl. L 40 vom 11.12.1989, S. 1.

[35] Verbundene Rechtssachen C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Bristol-Myers Squibb und andere, Slg. 1996, I-3457.

[36] Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs in der Rechtssache C-51/93, Meyhui gegen Schott Zwiesel Glaswerke, Slg. 1994, I-3879, gilt das Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen sowie von Maßnahmen gleicher Wirkung - Artikel 28 EGV - nicht nur für nationale Maßnahmen sondern auch für Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane.

Es wurde bereits erwähnt, dass die Abweichung vom Grundsatz des freien Warenverkehrs zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums [37] nur erlaubt ist, wenn sie zur Wahrung der Rechte gerechtfertigt ist, die den spezifischen Gegenstand dieses Eigentums ausmachen. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass der spezifische Gegenstand eines Warenzeichens insbesondere darin besteht, dem Inhaber das ausschließliche Recht zu verleihen, das Warenzeichen beim erstmaligen Inverkehrbringen eines Erzeugnisses zu benutzen, und dass er dadurch vor Konkurrenten geschützt wird, die die Stellung und den Ruf des Warenzeichens durch den Vertrieb widerrechtlich mit diesem Warenzeichen versehene Erzeugnisse zu missbrauchen suchen [38]. Demgemäß besteht die Hauptfunktion des Warenzeichens darin, dem Verbraucher die Ursprungsidentität des Erzeugnisses zu garantieren, indem ihm ermöglicht wird, dieses Erzeugnis ohne Verwechslungsgefahr von Erzeugnissen anderer Herkunft zu unterscheiden sowie auch dem Verbraucher zu gewährleisten, dass an dem Erzeugnis nicht durch einen Dritten ohne Zustimmung des Warenzeicheninhabers ein Eingriff vorgenommen wurde, der den Originalzustand des Erzeugnisses berührt hat [39].

[37] Artikel 30 EG-Vertrag.

[38] Siehe u.a. die Rechtssachen 16/74, Centrafarm gegen Winthrop, Slg. 1974, 1183, 102/77, Hoffmann-La Roche, Slg. 1978, 1139, und 1/81, Pfizer gegen Eurim-Pharm, Slg. 1981, 2913, bestätigt durch die verbundenen Rechtssachen C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Bristol-Myers Squibb und andere, Slg. 1996, I-3457.

[39] Siehe Anmerkung 38.

Daraus folgt, dass der Markeninhaber von seinem Markenrecht nicht Gebrauch machen darf, um das Umpacken zu unterbinden, wenn:

* der Gebrauch des Markenrechts durch den Inhaber, unter Berücksichtigung des von ihm angewandten Vermarktungsverfahrens, zur künstlichen Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten beiträgt;

* das Umpacken den Originalzustand der Ware nicht beeinträchtigen kann;

* auf der neuen Verpackung angegeben ist, von wem das Erzeugnis umgepackt und hergestellt wurde;

* das umgepackte Arzneimittel nicht so aufgemacht ist, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; und

* der Markeninhaber unterrichtet wird, bevor das umgepackte Erzeugnis zum Kauf angeboten wird [40].

[40] Diese Voraussetzungen sind vom Gerichtshof seit der Rechtssache 102/77, Hoffmann-La Roche, Slg. 1978, 1139, in einer Reihe von Urteilen erläutert worden. Siehe insbesondere Rechtssache 1/81, Pfizer gegen Eurim-Pharm, Slg. 1981, 2913, verbundene Rechtssachen C-427/93, C-429/93 und C-436/93, Bristol-Myers Squibb und andere, Slg. 1996, I-3457, Rechtssache C-379/97, Upjohn, Slg. 1999, I-6927, Rechtssache C-443/99, Merck, Sharp & Dohme, Slg. 2002, I-3703, und Rechtssache C-143/00, Boehringer, Slg. 2002, I-03759.

Der Gerichtshof hat jedoch auch festgestellt, dass die Voraussetzung der Notwendigkeit nicht erfuellt ist, wenn der Paralleleinführer das Umpacken des Erzeugnisses, das Wiederanbringen der Marke oder ihre Ersetzung ausschließlich deshalb vornehmen möchte, um einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. In diesem Fall kann der Markeninhaber rechtmäßig von seinem Recht Gebrauch machen, die vorgenannten Handlungen zu verhindern.

Ob ein Umpacken gemäß den nachstehend genannten Bedingungen objektiv notwendig ist, ist in jedem Fall nach den zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Arzneimittels im Einfuhrmitgliedstaat gegebenen Umständen zu beurteilen.

5.1. Künstliche Abschottung des Binnenmarkts

Dies ist der Fall, wenn der Markeninhaber das gleiche Arzneimittel in unterschiedlichen Packungen und/oder unter einer anderen Marke in verschiedenen Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht hat [41] und Packungen der im Ausfuhrmitgliedstaat vertriebenen Größe im Einfuhrmitgliedstaat aus verschiedenen Gründen nicht vertrieben werden können [42]. Außerdem hat der Gerichtshof festgestellt, dass daraus, dass eine der vielen Größen der im Einfuhrmitgliedstaat vertriebenen Ware auch im Ausfuhrmitgliedstaat vertrieben wird, nicht geschlossen werden kann, dass ein Umpacken der Ware nicht notwendig ist. Es läge nämlich auch eine Abschottung der Märkte vor, wenn der Einführer die Ware nur in einem Teil des Marktes für diese Ware vertreiben könnte.

[41] Die Frage der Ersetzung der Marke durch die vom Markeninhaber im Bestimmungsmitgliedstaat verwendete Marke wurde vom Gerichtshof in der Rechtssache C-379/97, Upjohn, Slg. 1999, I-6927, behandelt.

[42] Die künstliche Abschottung des Marktes muss nicht notwendigerweise unmittelbar dem Markeninhaber anzulasten oder von ihm beabsichtigt sein, sondern kann auch durch Faktoren wie die vom Gerichtshof angeführten verursacht werden: weil es eine Regelung gibt, nach der nur Packungen einer bestimmten Größe zulässig sind oder weil eine entsprechende nationale Praxis besteht, weil Vorschriften der Krankenversicherungen die Erstattung der Krankheitskosten von der Packungsgröße abhängig machen, oder weil feste ärztliche Verschreibungsgewohnheiten bestehen, die u.a. auf durch Berufsverbände und Krankenversicherungsträger empfohlenen Normgrößen basieren.

Es muss beachtet werden, dass unter allen Umständen ein Umpacken nur erlaubt ist, wenn es notwendig ist. Wenn zum Beispiel das eingeführte Erzeugnis durch das einfache Anbringen neuer Aufkleber an der Originalverpackung oder das Einlegen eines neuen Beipack- oder Informationszettels tatsächlichen Zugang zum Markt eines Mitgliedstaates erhalten kann, dann kann sich der Markeninhaber dem Umpacken in der Tat widersetzen, soweit es nicht objektiv notwendig ist.

Der Gerichtshof hat den Begriff ,tatsächlicher Zugang" klargestellt und erklärt [43], dass auf einem Markt oder einem beträchtlichen Teil dieses Marktes ein so starker Widerstand eines nicht unerheblichen Teils der Verbraucher gegen mit Etiketten überklebte Arzneimittelpackungen bestehen kann, dass von einem Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum Markt auszugehen ist. Daher kann sich der Markeninhaber unter diesen Umständen dem Umpacken nicht widersetzen.

[43] Rechtssache C-443/99, Merck, Sharp & Dohme, Slg. 2002, I-3703.

5.2. Beeinträchtigung des Originalzustands der Ware

Mit ,Beeinträchtigung des Originalzustands der Ware" ist der Zustand der Ware in der Verpackung gemeint. Der Zustand der Ware wird nicht als beeinträchtigt betrachtet,

* wenn sich das Umpacken nur auf die äußere Verpackung bezieht, während die innere Verpackung unberührt bleibt, oder

* wenn das Umpacken von einer Behörde daraufhin überwacht wird, dass die einwandfreie Beschaffenheit der Ware gewährleistet ist.

Aus der Rechtssprechung des Gerichtshofs geht hervor, dass das Herausnehmen von Blisterstreifen, Flaschen, Ampullen oder Inhalatoren aus ihrer äußeren Originalverpackung und ihr Umpacken in eine neue äußere Verpackung den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen können. Dasselbe gilt für das Anbringen von Aufklebern auf Flaschen, Ampullen oder Inhalatoren, das Einlegen eines neuen Beipack- oder Informationszettels in der Sprache des Einfuhrmitgliedstaats oder das Beilegen eines zusätzlichen Artikels (z.B. eines Sprühgeräts), der nicht vom Markeninhaber stammt.

Andererseits hat der Gerichtshof bestätigt, dass der Originalzustand der Ware in der Verpackung mittelbar beeinträchtigt werden kann, wenn zum Beispiel

* die äußere oder innere Verpackung der umgepackten Ware oder ein neuer Beipack- oder Informationszettel bestimmte wichtige Angaben nicht enthält oder aber unzutreffende Angaben über die Art der Ware, ihre Zusammensetzung, ihre Wirkung, ihren Gebrauch oder ihre Aufbewahrung enthält, oder

* ein vom Einführer in die Verpackung eingelegter zusätzlicher Artikel, der zur Einnahme und zur Dosierung des Arzneimittels dient, nicht der Gebrauchsanweisung und den Dosierungsempfehlungen des Herstellers entspricht.

5.3. Angaben über den Umpacker und Hersteller der Ware

Da es im Interesse des Markeninhabers liegt, den Verbraucher nicht zu der Annahme zu veranlassen, er sei für das Umpacken verantwortlich, muss auf der äußeren Verpackung deutlich angegeben sein, von wem das Erzeugnis umgepackt worden ist. Die Angabe muss so aufgedruckt sein, dass sie ein normalsichtiger Verbraucher bei Anwendung eines normalen Maßes an Aufmerksamkeit verstehen kann. Hat der Parallelimporteur außerdem einen zusätzlichen Artikel, der nicht vom Markeninhaber stammt, in die Verpackung eingelegt, so hat er dafür zu sorgen, dass die Herkunft dieses Artikels in einer Weise angegeben wird, die den Eindruck ausschließt, dass der Markeninhaber dafür verantwortlich ist.

Es kann jedoch nicht verlangt werden, auf der Verpackung außerdem ausdrücklich anzugeben, dass das Umpacken der Ware ohne Zustimmung des Markeninhabers erfolgt ist, da eine solche Angabe den irreführenden Eindruck erwecken könnte, die umgepackte Ware sei nicht völlig ordnungsgemäß.

5.4. Aufmachung der umgepackten Ware

Der Gerichtshof hat bestätigt, dass, auch wenn auf der Verpackung steht, von wem die Ware umgepackt worden ist, nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine unzureichende Aufmachung der umgepackten Ware dennoch den Ruf der Marke und damit ihres Inhabers schädigt. In einem solchen Fall hat der Markeninhaber ein durch den spezifischen Gegenstand des Markenrechts bedingtes berechtigtes Interesse daran, sich dem Vertrieb der Ware widersetzen zu können. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Aufmachung der umgepackten Ware geeignet ist, den Ruf der Marke zu schädigen, sind die Art der Ware und der Markt, für den sie bestimmt ist, zu berücksichtigen [44].

[44] Die Verbraucher sind besonders anspruchsvoll, was die Qualität und Unversehrtheit von Arzneimitteln angeht, und beschädigte, minderwertige oder unsaubere Verpackungen könnten den Ruf der Marke schädigen. Die Anforderungen an die Aufmachung eines umgepackten Arzneimittels unterscheiden sich, je nachdem, ob das Erzeugnis an Krankenhäuser oder über Apotheken an die Verbraucher verkauft wird. Im ersten Fall werden die Erzeugnisse den Patienten von Fachleuten verabreicht, für die die Aufmachung von untergeordneter Bedeutung ist, im zweiten Fall ist die Aufmachung für die Verbraucher von größerer Bedeutung.

5.5. Vorherige Unterrichtung des Markeninhabers

Der Markeninhaber muss unterrichtet werden, bevor das umgepackte Erzeugnis zum Kauf angeboten wird. Ausserdem kann er verlangen, dass der Einführer ihm vor dem Vertrieb ein Muster der umgepackten Ware liefert, damit er nachprüfen kann, ob das Umpacken nicht in einer Weise vorgenommen wird, die den Originalzustand der Ware unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt, und ob deren Aufmachung nach dem Umpacken nicht den Ruf der Marke schädigt [45]. Erfuellt der Paralleleinführer [46] diese Bedingung nicht, kann sich der Markeninhaber dem Inverkehrbringen des umgepackten Arzneimittels widersetzen.

[45] Dieses Erfordernis bietet dem Markeninhaber außerdem bessere Möglichkeiten, sich gegen Nachahmungen zu schützen.

[46] Es genügt nicht, dass der Markeninhaber von anderer Seite unterrichtet wird, z.B. von der Behörde, die den Parallelimport genehmigt, Rechtssache C-143/00, Boehringer, Slg. 2002, I-03759.

Beide Beteiligte müssen sich jedoch in redlicher Weise bemühen, die berechtigten Interessen des Anderen zu achten. Demzufolge muss dem Markeninhaber eine angemessene Frist eingeräumt werden, damit dieser das Erzeugnis prüfen kann, bevor er auf die Unterrichtung reagiert, wobei aber auch das Interesse des Paralleleinführers berücksichtigt werden muss, das Erzeugnis so bald wie möglich nach Erlangung der erforderlichen Genehmigung von der zuständigen Behörde in Verkehr zu bringen. In der Rechtssache Boehringer [47] hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine Frist von 15 Arbeitstagen angemessen erscheint, wenn der Paralleleinführer dem Markeninhaber zusammen mit der Unterrichtung ein Muster des umgepackten Arzneimittels übersandt hat. Der Gerichtshof fügte hinzu, dass es, da diese Frist Hinweischarakter hat, dem Paralleleinführer freisteht, eine kürzere Frist zu gewähren, und dem Markeninhaber, eine längere als die vom Paralleleinführer eingeräumte Frist für die Reaktion in Anspruch zu nehmen.

[47] Rechtssache C-143/00, Boehringer, Slg. 2002, I-03759.

Es ist zu beachten, dass bei Paralleleinfuhren von Arzneimitteln, die unter die Ausnahme gemäß dem Beitrittsvertrag 2003 fallen, der Paralleleinführer seine Absicht einen Monat vorher ankündigen muss [48].

[48] "Jede Person, die ein Arzneimittel im Sinne des vorstehenden Absatzes in einen Mitgliedstaat einzuführen oder dort zu vermarkten beabsichtigt, in dem das Arzneimittel Patentschutz oder den Ergänzenden Schutz genießt, hat den zuständigen Behörden in dem die Einfuhr betreffenden Antrag nachzuweisen, dass der Schutzrechtsinhaber oder der von ihm Begünstigte einen Monat zuvor unterrichtet worden ist". (Beitrittsakte, Dritter Teil, Titel II, Anhang IV, Kapitel 2 "Gesellschaftsrecht" AA2003/ACT, Anhang IV, S. 2499, unterzeichnet am 16. April 2003 in Athen.

5.6. Genehmigung auf Gemeinschaftsebene

Ist ein Arzneimittel auf Gemeinschaftsebene genehmigt worden [49] bezieht sich die nach der Verordnung Nr. 2309/93 erteilte Genehmigung für das Inverkehrbringen auf die betreffende spezifische Verpackung, die für das Arzneimittel im Genehmigungsantrag vorgeschrienben ist. In der Genehmigung wird die Verpackungsgröße des Arzneimittels festgelegt. [50] Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die spezifischen und detaillierten Vorschriften für die Verpackung, mit denen einer Irreführung des Verbrauchers vorgebeugt und so die öffentliche Gesundheit geschützt werden soll, einer Zusammenfassung und Umetikettierung der Verpackungen dieser Arzneimittel entgegenstehen [51]. Der Gerichtshof führte jedoch weiter aus, dass eine neue Verpackung geschaffen werden kann, wenn dieses Umpacken objektiv erforderlich ist [52], um dem eingeführten Erzeugnis tatsächlichen Zugang zum Markt dieses Staates zu verschaffen.

[49] Die Genehmigung auf Gemeinschaftsebene erfolgt nach dem in der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 des Rates, ABl. L 214 vom 24.8.1993, S. 1-21, vorgesehenen zentralisierten Gemeinschaftsverfahren.

[50] Nach Artikel 9 Absatz 3 und Artikel 10 Absatz 1 sowie Artikel 11 Unterabsatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 enthält der Anhang der Genehmigung den Entwurf des Texts der Aufmachung und des Beipackzettels, vorgestellt laut Richtlinie 92/27/EWG (jetzt Richtlinie 2001/83/EG, Artikel 54-69. Daher sind die der Arzneimittelverpackung aufzudruckenden Angaben und Informationen beziehen sich deshalb speziell auf diese Verpackung, da sie deren Verpackungsgröße und unmittelbare Verpackung , die gemäß Artikel 6 Absatz 1 der genannten Verordnung im Genehmigungsantrag festgelegt sind, zur Grundlage haben.

[51] Rechtssache C-433/00, Aventis Pharma Deutschland, Slg. 2002, I-7761.

[52] Die Umstände, die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens im Einfuhrmitgliedstaat vorherrschen, werden ebenfalls nach den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs genannten Kriterien gewürdigt, siehe hierzu Anmerkung 38.

Obwohl keine weitergehende Genehmigung erforderlich ist, sollen die Gemeinschaft (in Praxis: Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln - EMEA) sowie die nationalen Behörden derjenigen Mitgliedstaaten, in denen das jeweilige Medikament parallel vertrieben wird, von dem Parallelimport in Kenntnis gesetzt werden, um einerseits der EMEA die Möglichkeit zu geben, die Einhaltung der Bestimmungen des gemeinschaftlichen Zulassungsverfahrens zu überprüfen und andererseits den nationalen Behörden zu ermöglichen, den Markt zu überwachen (Chargenidentifikation, Arzneimittelüberwachung) und eine post-marketing-Kontrolle auszuüben (Mitteilung der Kommission über die gemeinschaftlichen Zulassungsverfahren für Arzneimittel, ABl. C 229 vom 22.07.1998, S. 4 - 17). [53]

[53] Die Kommission schlägt vor, dieses System im Rahmen der gegenwärtigen Überarbeitung der pharmazeutischen Rechtsvorschriften (Art. 76 (3) der Richtlinie 2001/83/EG und Art. 57 (1) (n) der vorgeschlagenen Verordnung zur Ersetzung der Verordnung 2309/93/EWG) verbindlich auszugestalten. Die Kommission hat im November 2001 ein Paket zur Überarbeitung der pharmazeutischen Rechtsvorschriften vorgeschlagen, welches eine Verordnung zur Ersetzung der Verordnung 2309/93/EWG sowie eine Richtlinie zur Anpassung der Richtlinien 2001/83/EG und 2001/82/EG (KOM (2001) 404 endg.) umfasst. Das Paket befindet sich derzeit in der zweiten Lesung im Europäischen Parlament 2001/0252 (COD), 2001/0253 (COD) und 2001/0254 (COD)).

6. Schlussfolgerungen

Seit der Annahme der Mitteilung der Kommission von 1982 hat der Gerichtshof zahlreiche Fragen bezüglich Paralleleinfuhren von Arzneimitteln behandelt und bestätigt, dass für ein parallel eingeführtes Arzneimittel eine Genehmigung nach einem vereinfachten Verfahren gewährt werden kann, wenn die Behörden des Einfuhrmitgliedstaats bereits über die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit erforderlichen Informationen verfügen. Dies ist der Fall, wenn für das Inverkehrbringen des eingeführten Erzeugnisses im Ausfuhrmitgliedstaat bereits eine Genehmigung vorliegt und das eingeführte Erzeugnis hinreichend einem Erzeugnis gleicht, für das im Einfuhrmitgliedstaat bereits eine Genehmigung vorliegt. Demzufolge hat der Gerichtshof festgestellt, dass, wenn die Genehmigung für das Inverkehrbringen im Einfuhrmitgliedstaat aus anderen Gründen als dem Schutz der öffentlichen Gesundheit zurückgezogen wird, die Genehmigung für die Paralleleinfuhr gültig bleibt.

Eine weitere Entwicklung, die wesentlich zur Rechtssicherheit und damit zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beigetragen hat, ist die Reihe von Urteilen des Gerichtshofs in Bezug auf das Umpacken eines parallel eingeführten Erzeugnisses. Der Gerichtshof hat klargestellt, dass der Schutz eines Markenrechts nicht unbegrenzt gilt und insbesondere nicht zur künstlichen Abschottung des Binnenmarkts beitragen darf. Daher kann der Paralleleinführer eine Arzneispezialität umpacken und die Marke wiederanbringen oder auch durch die auf dem Einfuhrmarkt übliche ersetzen, vorausgesetzt, das Umpacken bringt keine Beeinträchtigung des Originalzustands des Erzeugnisses und keine Schädigung des Rufs der Marke und ihres Inhabers mit sich. Weitere vom Gerichtshof bestätigte Bedingungen sind, dass auf der neuen Verpackung anzugeben ist, von wem das Erzeugnis umgepackt wurde und dass der Markeninhaber unterrichtet werden muss, bevor das umgepackte Erzeugnis zum Kauf angeboten wird.

Dennoch sind nicht alle Fragen in Bezug auf Paralleleinfuhren vom Gerichtshof behandelt worden. Mit fortschreitender Entwicklung des Binnenmarkts tauchen ständig neue Fragen auf, und alte Antworten müssen weiter präzisiert werden. Während alle Beteiligten im Rahmen des Binnenmarkts ihre berechtigten Interessen verfolgen, bilden die Einhaltung der bestehenden Vorschriften und die fortdauernde Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaftsinstitutionen, den nationalen Behörden und den Marktbeteiligten weiterhin eine solide Grundlage für die Lösung der noch verbleibenden Probleme.

ANHANG

Fragen und Antworten

An wenn richtet sich diese Mitteilung?

Sie richtet sich an die nationalen Verwaltungsbehörden, aber auch an Unternehmen und Einzelpersonen, die mit dem Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu tun haben.

Wie kann sie mir nützlich sein?

Die Entscheidungsträger und die nationalen Verwaltungsbehörden, die sich mit Anträgen auf Genehmigung von Paralleleinfuhren befassen, können durch Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Lösungen für komplexe Probleme finden und die Marktbeteiligten können sich genau über die Rechte und Pflichten informieren, die sich aus dem Grundsatz des freien Warenverkehrs ergeben.

Sind Paralleleinfuhren legal?

Paralleleinfuhren sind legal, sie sind eine direkte Folge von Preisunterschieden und der Entwicklung des Binnenmarktes, der den freien Warenverkehr garantiert. Allerdings müssen, wie immer, auch hier bestimmte Voraussetzungen erfuellt sein, vor allem das Anliegen des Gesundheitsschutzes.

Aber bedeutet das Wort ,parallel" nicht doch etwas nicht ganz Legales?

Absolut nicht. Es bedeutet lediglich, dass ein Arzneimittel außerhalb des Vertriebsnetzes des Herstellers oder seines Lizenzinhabers in den Verkehr gebracht wird. In jedem Fall handelt es sich aber um ein identisches oder ein hinreichend ähnliches Erzeugnis.

Ist dann der Ausdruck ,Ähnlichkeit" bzw. ,Gleichartigkeit" nicht ziemlich zweideutig?

Im Gegenteil. Der Begriff wurde vom Gerichtshof zum Nutzen der Patienten und der nationalen Gesundheitsbehörden geklärt. Insbesondere hat der Gerichtshof festgestellt, dass das parallel eingeführte Erzeugnis (d.h., nachdem der Einfuhrmitgliedstaat eine erste Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt hat) nicht in allen Punkten mit dem bereits vom Hersteller in den Verkehr gebrachten Erzeugnis übereinstimmen muss, jedoch mindestens nach der gleichen Formel und unter Verwendung des gleichen Wirkstoffs hergestellt worden sein und die gleiche therapeutische Wirkung haben muss.

Kann der Einfuhrmitgliedstaat nicht trotzdem Paralleleinfuhren untersagen oder einschränken?

Das kann der Mitgliedstaat in der Tat, vorausgesetzt, er weist nach, dass eine etwaige Einschränkung aus Gründen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen oder des Schutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums (d.h. Patente und Marken) gerechtfertigt ist. Die nationalen Behörden müssen auch nachweisen, dass derartige Maßnahmen notwendig und verhältnismäßig sind.

Wie lassen sich die Gesundheit und das Leben der Menschen wirksam schützen?

Den Mitgliedstaaten stehen verschiedene Instrumente und Verfahren zur Verfügung, um die öffentliche Gesundheit zu schützen. Hierzu gehört, dass das Inverkehrbringen von Arzneimitteln nur nach einer gründlichen Prüfung genehmigt wird. Nachdem die Genehmigung einmal erteilt wurde, wäre es aber unnötig, unverhältnismäßig, zeitaufwändig und kostspielig, wenn das Arzneimittel das gleiche Verfahren noch einmal durchlaufen müsste. Deshalb können die nationalen Behörden bestätigen, dass ein parallel importiertes Arzneimittel mit dem Arzneimittel hinreichend identisch ist, für das die Genehmigung bereits erteilt wurde, oder diesem zumindest in den wesentlichen Punkten ähnlich ist. Der Paralleleinführer muss dann im Rahmen eines sehr viel einfacheren Verfahrens alle notwendigen Informationen vorlegen, um nachzuweisen, dass die oben genannten Voraussetzungen erfuellt sind. Entsprechend wird die Genehmigung für Paralleleinfuhren nicht automatisch zurückgezogen, wenn die erste Genehmigung aus anderen Gründen als aus Gründen des Gesundheitsschutzes zurückgezogen wird.

Kann ein Hersteller Paralleleinfuhren nicht unterbinden oder beschränken?

Der Hersteller oder allgemein der Inhaber eines gewerblichen oder kommerziellen Eigentumsrechts kann sehr wohl die nationalen Behörden oder die Gerichte des Einfuhrmitgliedstaats auffordern, diese spezifischen Rechte zu schützen. Mit anderen Worten kann ein Patentinhaber den Schutz seines ausschließlichen Rechts auf Nutzung seiner Erfindung erlangen, um gewerbliche Erzeugnisse herzustellen und erstmals in den Verkehr zu bringen, also die Erfindung entweder selbst oder im Wege der Lizenzvergabe an Dritte zu verwerten. Entsprechend ist, sobald er sein Erzeugnis zum ersten Mal in den Verkehr gebracht hat, sein ausschließliches Vermarktungsrecht im Binnenmarkt erschöpft, d.h., der Paralleleinführer kann dieses Erzeugnis in einem Mitgliedstaat kaufen und in einem anderen Mitgliedstaat in den Verkehr bringen.

Kann der Paralleleinführer noch weiter gehen und Einfluss auf das Erzeugnis nehmen?

Die Paralleleinführer dürfen die wesentlichen Merkmale des Erzeugnisses nicht verändern; man würde dann möglicherweise ein anderes Erzeugnis erhalten, das nicht mehr unter die Definition der parallel eingeführten Erzeugnisse fallen würde. Es gibt jedoch Umstände (z.B. sprachliche Unterschiede), unter denen bestimmte Veränderungen der Form der Verpackung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels im Einfuhrmitgliedstaat als notwendig erachtet werden, um nämlich eine künstliche Abschottung im Binnenmarkt zu verhindern. Aus diesem Grund darf der Paralleleinführer die Verpackung verändern und die Marke auf der neuen Verpackung anbringen oder sie sogar durch die Marke ersetzen, die für dasselbe Erzeugnis im Einfuhrmitgliedstaat verwendet wird, vorausgesetzt, dies beeinträchtigt den Originalzustand des Arzneimittels nicht, auf der neuen Verpackung wird angegeben, durch wenn das Erzeugnis umgepackt und hergestellt wurde, die Aufmachung des umgepackten Erzeugnisses ist nicht geeignet, den Ruf der Marke und ihres Eigentümers zu schädigen, und vorausgesetzt, der Eigentümer der Marke wird vor dem Inverkehrbringen des umgepackten Erzeugnisses unterrichtet. Der Gerichtshof hat genaue Leitlinien für jede dieser Bedingungen vorgegeben.

Also Ende gut alles gut?

Nicht wirklich. Obwohl der Gerichtshof sich mit sehr vielen Fragen befasst hat und trotz der Gemeinschaftsrechtsvorschriften über allgemeine Fragen im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen von Arzneimitteln, gibt es natürlich noch lange keinen "definitiven" Leitfaden für Paralleleinfuhren. Ständig tauchen neue Fragen auf, und alte Antworten müssen weiter präzisiert werden. Die Einhaltung der bestehenden Vorschriften und die fortdauernde Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaftsinstitutionen, den nationalen Behörden und den Marktbeteiligten bildeten und bilden eine solide Grundlage für die Lösung der noch verbleibenden Probleme.

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