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Document 52001DC0710

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die gemeinsame Asylpolitik einführung eines offenen Koordinierungsmechanismus - Erster Bericht der Kommission über die Durchführung der Mitteilung KOM(2000)755 endg. vom 22. November 2000

/* KOM/2001/0710 endg. */

52001DC0710

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die gemeinsame Asylpolitik einführung eines offenen Koordinierungsmechanismus - Erster Bericht der Kommission über die Durchführung der Mitteilung KOM(2000)755 endg. vom 22. November 2000 /* KOM/2001/0710 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT über die gemeinsame Asylpolitik - Einführung eines offenen Koordinierungsmechanismus - Erster Bericht der Kommission über die Durchführung der Mitteilung KOM(2000)755 endg. vom 22. November 2000

INHALT

Einleitung

I. Durchführung des Legislativprogramms der ersten Stufe und flankierende Maßnahmen

II. Sicherheit und Verpflichtungen zur Gewährung von internationalem Schutzkontra Sicherheit

III. Gemeinsame Analyse

IV. Dimension der Außenbeziehungen

V. Anwendung des offenen Koordinierungsmechanismus auf die Asylpolitik

VI. Empfehlungen

ANHÄNGE

Anhang I Statistische Übersichten

Anhang II Reaktionen auf die Mitteilung KOM(2000)755 endg. und Studien

Anhang III EFF - Verteilung der Maßnahmen auf die einzelnen Mitgliedstaaten

EINLEITUNG

Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam fallen die Bereiche Asyl und Einwanderung in die Zuständigkeit der Gemeinschaft. Im Oktober 1999 beauftragte der Europäische Rat auf seiner Tagung in Tampere die Kommission mit der Ausarbeitung einer gemeinsamen europäischen Asyl- und Einwanderungspolitik, die insbesondere ein gemeinsames europäisches Asylsystem umfassen sollte. Dieses soll langfristig zu einem gemeinsamen Asylverfahren und einem unionsweit geltenden einheitlichen Status für die Personen, denen Asyl gewährt wird, führen.

Die im Dezember 2000 verkündete Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthält zwei Artikel, die das Recht auf Asyl nach Maßgabe der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft garantieren (Art. 18) und gewährleisten, dass niemand in einen anderen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden darf, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht (Art.19).

Gemäß dem in Tampere festgelegten Arbeitsplan, der im "Anzeiger der Fortschritte bei der Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union" aufgeführt ist, hat die Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt sämtliche Vorschläge für die Rechtsvorschriften der ersten Stufe formuliert. Die Vorschläge für Richtlinien betreffend Asylverfahren, Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern und die Verordnung der Gemeinschaft zur Verbesserung des Verfahrens zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, das mit dem Dubliner Übereinkommen geschaffen wurde, liegen dem Rat zur Prüfung vor. Der am 12. September 2001 angenommene Kommissionsvorschlag betreffend die Anerkennung von Flüchtlingen und Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz ist der letzte Baustein in der Reihe der Rechtsvorschriften, welche die erste Stufe des gemeinsamen europäischen Asylsystems bilden. Die Vorschläge für die Richtlinien über die Familienzusammenführung und den Status von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen berühren auch Aspekte des Flüchtlingsstatus. Vom Rat bereits verabschiedet wurden die Entscheidung über die Errichtung eines Europäischen Flüchtlingsfonds als Instrument der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zur Finanzierung asylpolitischer Maßnahmen, die Verordnung Eurodac, die zu einem besseren Funktionieren des Dubliner Übereinkommens beitragen soll, und die Richtlinie betreffend die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen.

Die Asylbewerberströme in die EU sind seit 1997 weiter gewachsen. Anhang I enthält statistische Übersichten über bestimmte Entwicklungen bei den Asylanträgen im Allgemeinen und den von den Mitgliedstaaten stattgegebenen Anträgen im Besonderen.

In ihrer Mitteilung vom 22. November 2000 für ein gemeinsames Asylverfahren und einen einheitlichen Status (KOM(2000)755 endgültig) hat die Kommission ihren Standpunkt zu diesem langfristigen Ziel der europäischen Asylpolitik erläutert; sie hat Ziele und Optionen festgelegt, auf die Notwendigkeit gemeinsamer Analysen hingewiesen und eine Methode vorgeschlagen. Die Mitteilung hat eine umfassende Debatte und Reaktionen ausgelöst, die in Anhang 2 zusammengefasst sind; dort sind auch Informationen zum Stand der in der Mitteilung angekündigten Studien aufgeführt.

Die Kommission hat in dieser Mitteilung auch darauf hingewiesen, dass die Gesetzgebungspolitik, die in zwei Stufen erfolgt, zwar das Kernstück und den Hauptteil des gemeinsamen europäischen Asylsystems ausmacht, die Besonderheiten der Asylpolitik aber flankierende Maßnahmen und Konvergenzverfahren (um die einzelstaatlichen Auslegungen in Übereinstimmung zu bringen) erfordern. Deshalb hat sie die Anwendung eines offenen Koordinierungsmechanismus vorgeschlagen, der besonders auf den Asylbereich abgestimmt ist und den rechtlichen Rahmen vervollständigt. Dieser Mechanismus umfasst die Ausarbeitung strategischer Leitlinien, die Festlegung von Orientierungspunkten (benchmarking), die Festlegung von Zielen und Folgemaßnahmen zur Bewertung der Fortschritte. Die Mitteilung enthält präzisere Angaben zur Anwendung des Mechanismus auf den Asylbereich sowie die ersten Vorschläge der Kommission für europäische Leitlinien, die im Hinblick auf die förmliche Vorlage eines Kommissionsvorschlags zur Konsultation unterbreitet werden.

Die Kommission hat vorgeschlagen, einen regelmäßigen Bericht zu veröffentlichen, der eine Bestandsaufnahme der laufenden Entwicklungen und Empfehlungen enthalten soll. Kurz vor der Tagung des Europäischen Rates von Laeken wurde nun der erste regelmäßige Bericht erstellt, der Gegenstand der vorliegenden Mitteilung ist. Der Bericht der Kommission über die gemeinsame Asylpolitik der EU, der in der ersten Phase jährlich vorzulegen ist, sollte die Funktion eines roten Fadens der gemeinsamen europäischen Asylpolitik haben - ein Instrument, das Transparenz und öffentliche Debatte gewährleistet; unbeschadet der Tatsache, dass die Kommission jederzeit ihr Initiativrecht wahrnehmen und das Funktionieren der Sekundärrechtsvorschriften im geeigneten Rahmen überprüft werden kann, wird sich anhand dieses Berichts herauskristallisieren, welche Lehren aus den laufenden Arbeiten oder der Umsetzung der Instrumente zu ziehen sind. Der Bericht enthält neben anderen Empfehlungen für das weitere Vorgehen auch die Empfehlung, den offenen Koordinierungsmechanismus einzuführen, der bereits für die Migrationspolitik vorgeschlagen wurde. Form und Inhalt des Berichts werden sich parallel zur Vertiefung des gemeinsamen europäischen Asylsystems entwickeln.

TEIL I. DURCHFÜHRUNG DES LEGISLATIVPROGRAMMS DER ERSTEN STUFE UND DER FLANKIERENDEN MASSNAHMEN

1.1. Die Rechtsvorschriften der ersten Stufe

Eurodac

Die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates über die Einrichtung von "Eurodac" für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens wurde vom Rat am 11. Dezember 2000 verabschiedet [1]. Die Vorarbeiten zur Einführung des Systems Ende 2002 sind in vollem Gange. Damit Eurodac zu diesem Zeitpunkt einsatzbereit ist, müssen die Mitgliedstaaten die Durchführungsvorschriften umgehend anwenden und die ihnen eine Teilnahme am System ermöglichenden Maßnahmen ergreifen. Die Verordnung sieht vor, dass Eurodac erst dann operationell sein wird, wenn jeder Mitgliedstaat der Kommission mitgeteilt hat, dass er die für die Datenübermittlung erforderlichen technischen Vorkehrungen getroffen hat.

[1] ABl. L 316 vom 15.12.2000, S. 1-10.

Am 15. März 2001 [2] hat die Europäische Gemeinschaft ein Übereinkommen mit Norwegen und Island abgeschlossen, das im Wesentlichen die Rechte und Pflichten des Dubliner Übereinkommens und der Eurodac-Verordnung enthält.

[2] Übereinkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Kriterien und Regelungen zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in Island oder Norwegen gestellten Asylantrags (ABl. L 93 vom 3.4.2001, S. 38-46).

Vorübergehender Schutz im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen

Am 20. Juli 2001 verabschiedete der Rat die Richtlinie 2001/55/EG [3] über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten. Diese im August 2001 in Kraft getretene Richtlinie ist bis zum 31. Dezember 2002 in innerstaatliches Recht umzusetzen. Die Kommission hatte den Vorschlag für diese Richtlinie im Mai 2000 vorgelegt.

[3] ABl. L 212 vom 7.8.2001, S.12.

Am 20. September 2001 vereinbarten die Ratsmitglieder im Rahmen der EU-Strategie als Reaktion auf die Ereignisse vom 11. September in den USA, die Lage in denjenigen Ländern und Regionen zu prüfen, in denen es auf Grund der Spannungen zu großen Bevölkerungsbewegungen kommen könnte. Der Rat hat die Kommission in Absprache mit den Mitgliedstaaten aufgefordert, die Möglichkeit einer zeitlich befristeten Anwendung der Richtlinie des Rates betreffend vorübergehenden Schutz in den Fällen, die besondere Schutzvorkehrungen innerhalb der EU erfordern würden, zu prüfen. Die Kommission hat gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Beobachtung der Lage ergriffen.

Vorschlag für eine Richtlinie betreffend Asylverfahren

Nach einer Analyse der Antworten auf ihr Arbeitsdokument "Für gemeinsame Asylverfahren" vom März 1999, der diesbezüglichen Entschließungen auf EU-Ebene sowie der Rechtsvorschriften und Praktiken der Mitgliedstaaten legte die Kommission am 20. September 2000 ihren Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft [4] vor.

[4] KOM(2000)578 endgültig vom 20.9.2000.

Der Wirtschafts- und Sozialausschuss nahm am 26. April 2001 eine befürwortende Stellungnahme an, schlug gleichzeitig aber liberalere Verfahrensgarantien für Asylbewerber vor. Am 20. September 2001 verabschiedete das Europäische Parlament seine Entschließung zu dem Richtlinienentwurf. Die Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments tragen zu einer Präzisierung und Stärkung der Position der Asylbewerber bei, einschließlich derer, die Rechtsmittel eingelegt haben; sie zielen auf eine Verschärfung der Bedingungen für die Verwendung des Begriffs "sicheres Land" und eine Verringerung der Möglichkeiten, Asylbewerber in Gewahrsam zu nehmen. Der UNHCR legte im Juli 2001 ein Positionspapier vor.

Bei den Beratungen unter belgischem Vorsitz stand die Notwendigkeit im Vordergrund, Folgendes genauer zu regeln: Verfahren (Zulässigkeitsverfahren, beschleunigtes und reguläres Verfahren), Zahl der Rechtsmittelinstanzen, aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln, Fristen und Sanktionen bei Nichteinhaltung der Fristen, Normen für die Qualität der Entscheidung und Mindestanforderungen für die Entscheidungsfindung, Grenzverfahren und subsidiärer Schutz. Die Kommission begrüßt die Absicht des belgischen Vorsitzes, zu einer Reihe dieser Themen und zu ähnlichen Themen im Zusammenhang mit den beiden nachstehenden Vorschlägen eine politische Einigung herbeizuführen.

Vorschlag für eine Richtlinie betreffend die Aufnahme von Asylbewerbern

Anfang Dezember 2000 verabschiedete der Rat Schlussfolgerungen zu den Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern. Drei wichtige Fragen blieben jedoch ungeklärt: die Personengruppen, auf die das künftige Rechtsinstrument für die Aufnahme Anwendung finden soll, die Bewegungsfreiheit und ihre Grenzen sowie der Zugang zum Arbeitsmarkt. Noch im Dezember 2000 nahm die Kommission bilaterale Gespräche mit den Mitgliedstaaten, dem UNHCR und denjenigen NRO auf, die von dem künftigen Rechtsinstrument der Gemeinschaft am stärksten betroffen sein werden.

Im Mai 2001 legte die Kommission dem Rat ihren Vorschlag für eine Richtlinie zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten [5] vor. Der Vorschlag behandelt folgende Themen: Festlegung der Zielgruppe des künftigen Rechtsinstruments der Gemeinschaft (Anwendungsbereich), Information, Dokumente, Bewegungsfreiheit, materielle Aufnahmebedingungen (Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs), medizinische Versorgung, Grundschulerziehung und weiterführende Bildung Minderjähriger, Beschäftigung, Einschränkung oder Aberkennung von Aufnahmebedingungen, Personen mit besonderen Bedürfnissen und Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz des Aufnahmesystems.

[5] KOM(2001) 181 endgültig.

Der Vorschlag ist zur Zeit Gegenstand von Beratungen im Rat und im Europäischen Parlament.

Vorschlag für eine Verordnung "Dublin II"

Im ersten Halbjahr 2001 wurde unter schwedischem Vorsitz im Rat die strategische Debatte über die Änderung des Dubliner Übereinkommens zum Abschluss gebracht. Auslöser der Debatte war das Arbeitsdokument der Kommission "Überprüfung des Dubliner Übereinkommens": Ausarbeitung von Gemeinschaftsrechtsnormen zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist" [6]. Parallel dazu schloss die Kommission ihre Bewertung des Funktionierens des Dubliner Übereinkommens, mit der der Rat sie beauftragt hatte, ab. Die diesbezüglichen Schlussfolgerungen, die im Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen "Bewertung des Dubliner Übereinkommens" [7] aufgeführt sind, zeigen deutlich, mit welchen Schwierigkeiten die Anwendung dieses Instruments verbunden ist.

[6] SEK(2000)522.

[7] SEK(2001)756.

Am 26. Juli 2001 verabschiedete die Kommission - wie in Artikel 63 Absatz 1 Buchstabe a EGV vorgesehen- einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat [8]. Bei der Ausarbeitung des Vorschlags hatte sie den Anregungen im Rahmen der Debatte über ihre Diskussionsunterlage und den Lehren aus der Bewertung Rechnung getragen. Der Vorschlag beruht auf den gleichen Grundsätzen wie das Dubliner Übereinkommen; ebenso wie das Übereinkommen zielt er darauf, einem Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver Kriterien die Zuständigkeit zu übertragen; in der Regel handelt es sich hierbei um den Mitgliedstaat, der bei der Einreise oder dem Aufenthalt des Asylbewerbers die wichtigste Rolle spielte. Neben Bekanntem enthält der Verordnungsvorschlag auch neue Bestimmungen zur

[8] KOM(2001)447 vom 27.7.2001.

- Beschleunigung des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Staates, indem kürzere Verfahrensfristen vorgesehen werden;

- Erhöhung der Effizienz des Systems, indem die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Bestimmung des zuständigen Staates erleichtert wird;

- Wahrung der Einheit der Familie.

Der Vorschlag wird derzeit im Rat und im Europäischen Parlament erörtert.

Vorschlag für eine Richtlinie betreffend die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen als Flüchtlinge oder als Personen, die subsidiären Schutz genießen

Am 12. September 2001 verabschiedete die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen [9]. Die zuständigen Ratsgremien werden voraussichtlich Anfang 2002 ihre Beratungen über den Vorschlag aufnehmen.

[9] KOM(2001) 510 endgültig vom 12.9.2001.

Der Vorschlag enthält Regeln für eine gemeinsame Definition des Begriffs "Flüchtling" im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und eine gemeinsame Definition von Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz. Des Weiteren sieht er Mindestnormen für den subsidiären Schutz vor, mit denen die Genfer Konvention in allen Mitgliedstaaten ergänzt wird.

Gegenstand des Vorschlags sind die Bewertung der Furcht des Antragstellers vor Verfolgung, der "sur place" entstehende Bedarf an internationalem Schutz, die Alternative des internen Schutzes sowie die Verfolgungsgründe. Ein weiterer Aspekt ist der "Verursacher der Verfolgung". Es handelt sich eindeutig um Verfolgung, wenn diese durch den Staat erfolgt. Dem Vorschlag zufolge kann Verfolgung auch durch nichtstaatliche Kräfte erfolgen, und zwar in den Fällen, in denen ein Staat unfähig oder unwillig ist, wirksamen Schutz zu bieten. In derartigen Fällen kann dem Antragsteller auch der Flüchtlingsstatus zuerkannt werden. Der Vorschlag sieht Folgendes vor: Wenn ein Teil des Landes, aus dem der Antragsteller stammt, als sicher gilt, oder wenn ein "staatsähnliches Gremium" (wie in den Gebieten unter UN-Verwaltung) als Schutzgarant angesehen werden kann, hat der Antragsteller keinen Anspruch auf internationalen Schutz. Weitere Themen des Vorschlags sind das Erlöschen des subsidiären Schutzstatus und der Ausschluss von der Gewährung internationalen Schutzes.

Der Vorschlag enthält auch Bestimmungen über die Mindestrechte und Vergünstigungen, die Personen mit Flüchtlingsstatus oder subsidiärem Schutzstatus genießen. Obwohl mit den beiden Schutzformen im Wesentlichen dieselben Rechte und Vergünstigungen verbunden sind, haben Personen mit einem subsidiären Schutzstatus - in Anerkennung des Vorrangs der Flüchtlingskonvention und der Tatsache, dass der Bedarf an subsidiärem Schutz in der Regel nur befristet besteht - erst nach einer gewissen Zeit Anspruch auf bestimmte wesentliche Rechte und Vergünstigungen (z.B. Zugang zu Beschäftigungs- und Integrationsprogrammen und Gewährung mehrjähriger Aufenthaltstitel).

Gemeinsame Rechtsvorschriften im Hinblick auf eine gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen bei der Einreise, dem Aufenthalt und in Bezug auf die Bewegungsfreiheit in der EU

Die Kommission ist der Auffassung, dass die gerechte Behandlung von Drittstaatsangehörigen und Personen, die internationalen Schutz genießen, mit den gleichen Instrumenten gewährleistet werden sollte, es sei denn, grundsätzlich spräche etwas dafür, einen Unterschied zwischen den beiden Personengruppen zu machen. Die Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sind auch Gegenstand von zwei weiteren Kommissionsvorschlägen: dem am 10. Oktober 2000 vorgelegten geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend die Familienzusammenführung [10] und dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend den Status der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen [11], der am 13. März 2001 vorgelegt wurde. Die beiden Vorschläge ergänzen die Statusregelungen im Zusammenhang mit der Harmonisierung der Rechtsvorschriften der ersten Stufe.

[10] KOM (2000) 624 endgültig.

[11] KOM(2001) 127 endgültig.

Am 28. Juni 2001 verabschiedete der Rat eine Richtlinie zur Ergänzung der Regelungen nach Artikel 26 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985, die sich auf die Verpflichtungen von Beförderungsunternehmen beziehen [12]. Die Richtlinie enthält eine Klausel, die sicherstellt, dass Sanktionen die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in Fällen, in denen ein Drittstaatsangehöriger um internationalen Schutz ersucht, nicht berühren. Diese Klausel findet auch beim Rahmenbeschluss über Maßnahmen zur Beihilfe bei der illegalen Einreise und beim unerlaubten Aufenthalt (befindet sich in der Schlussphase, bevor er dem Rat zur förmlichen Annahme vorgelegt wird). Der Rahmenbeschluss über die Bekämpfung des Menschenhandels und über strafrechtliche Maßnahmen gegen Schleuser (befindet sich ebenfalls in der Schlussphase, bevor er dem Rat zur förmlichen Annahme vorgelegt wird) sieht vor, dass jeder Mitgliedstaat beschließen kann, Verhaltensweisen, deren ausschließliches Ziel die Leistung humanitärer Hilfe ist, nicht zu ahnden, sondern stattdessen das Recht und die Praktiken seines Landes anzuwenden.

[12] Richtlinie 2001/51/EG des Rates, ABl. L 187 vom 10.7.2001, S. 45.

Die Kommission weist darauf hin, dass ihr Vorschlag vom 10. Juli 2001 für eine Richtlinie betreffend die Voraussetzungen, unter denen Drittstaatsangehörige im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten während höchstens drei Monaten Reisefreiheit genießen und die Einführung einer besonderen Reisegenehmigung unter Festlegung der Voraussetzungen, unter denen Drittstaatsangehörige einreisen dürfen, um sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten während höchstens sechs Monaten frei zu bewegen [13] auch auf Personen angewendet werden kann, die in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz genießen.

[13] KOM(2001) 388.

1.2 Flankierende Maßnahmen

Europäischer Flüchtlingsfonds (EFF)

Rechtsgrundlage des Europäischen Flüchtlingsfonds (216 Millionen Euro) ist die Entscheidung des Rates 2000/596/EG vom 28. September 2000 [14]. Ziel des Flüchtlingsfonds ist es, die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten im Asylbereich durch eine ausgewogene Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen und vertriebenen Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, zu fördern. Die zur Verfügung stehenden Mittel werden unter Berücksichtigung der einzelnen Flüchtlingsströme im Verhältnis zur Ausgabenbelastung der einzelnen Mitgliedstaaten verteilt. Aus dem Fonds werden drei Arten von Maßnahmen der Mitgliedstaaten unterstützt: Aufnahme, Integration und freiwillige Rückkehr. Darüber hinaus werden innovative, grenzüberschreitende oder im Gemeinschaftsinteresse liegende Maßnahmen unterstützt. Ferner können die Mittel des Fonds zur Finanzierung von Sofortmaßnahmen genutzt werden, mit denen im Fall eines Massenzustroms von vertriebenen Personen vorübergehend Schutz gewährt werden kann.

[14] ABl. L 252 vom 6.10.2000, S. 12.

Bis zum 31. Dezember 2004 wird der Fonds in seiner derzeitigen Form arbeiten, d.h. auf der Grundlage jährlicher Programme der Mitgliedstaaten. Dies ermöglicht zum einen eine mehrjährige Planung und zum anderen eine gewisse Flexibilität, da mögliche Veränderungen bei der Ausrichtung der Flüchtlingsströme und den Zahlen der schutzsuchenden Personen berücksichtigt werden können. Ein weiteres wichtiges Merkmal des Fonds in seiner derzeitigen Form ist die dezentrale Durchführung der Maßnahmen. Die Mitgliedstaaten sind für die Erstellung der jährlichen Programme, die Projektauswahl sowie für die Begleitung, Überwachung und Bewertung der Projekte zuständig.

Am 3. April 2001 genehmigte die Kommission die Anträge der Mitgliedstaaten auf Kofinanzierung für die Jahre 2000 und 2001. Insgesamt wurden den Mitgliedstaaten für das Jahr 2000 EFF-Mittel in Höhe von 24 Mio. EUR und für 2001 EFF-Mittel in Höhe von 32,5 Mio. EUR zur Verfügung gestellt. In Anhang III wird beschrieben, wie sich die Anteile der Mitgliedstaaten auf die drei Schwerpunkte verteilen. Aus den Graphiken geht hervor, dass in beiden Jahren (2000 und 2001) der größte Teil der EFF-Mittel zur Verbesserung der Aufnahmebedingungen in den Mitgliedstaaten eingesetzt wird und dass ein in etwa gleicher Betrag in Maßnahmen zur Förderung der Integration und in Maßnahmen zur Erleichterung der freiwilligen Rückkehr fließt.

Im Anschluss an die Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen für Gemeinschaftsmaßnahmen in den Jahren 2000 und 2001 wurden Projekte mit einem Gesamtvolumen von 1,3 Mio. EUR bzw. 1,7 Mio. EUR ausgewählt. Die Projekte umfassten Netzwerkaktivitäten, Sensibilisierungsmaßnahmen und Informationskampagnen, Untersuchungen zu rechtlichen, politischen und praxisbezogenen Aspekten einer der drei Schwerpunktmaßnahmen des Flüchtlingsfonds. Es ist davon auszugehen, dass diese Projekte einen beträchtlichen Multiplikatoreffekt haben und zur Verbesserung und Weiterentwicklung der politischen Maßnahmen auf Gemeinschafts- und auf nationaler Ebene beitragen werden.

ARGO

Am 16. Oktober 2001 verabschiedete die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über ein Aktionsprogramm für Verwaltungszusammenarbeit in den Bereichen Außengrenzen, Visa, Asyl und Einwanderung [15]. Mit dem Programm soll auf die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit der Behörden der Mitgliedstaaten reagiert werden. Die Kommission hatte in beiden Mitteilungen über Asyl und Einwanderung bereits auf diese Notwendigkeit hingewiesen. Ziel des Aktionsprogramms ARGO ist es, die Wirksamkeit der Verfahren in den Bereichen Außengrenzen, Visa, Asyl und Einwanderung zu stärken, die einzelstaatlichen Behörden bei der Durchführung der Gemeinschaftsvorschriften gemäß den Artikeln 62 und 63 EGV zu unterstützen und die Transparenz bei der Anwendung dieser Rechtsvorschriften zu gewährleisten.

[15] KOM(2001) 567 endgültig.

Die im Rahmen von ARGO geförderten Maßnahmen müssen auf die Durchführung der einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen zielen, und zwar unabhängig davon, welche einzelstaatlichen Verwaltungen für diese Maßnahmen zuständig sind. Endziel ist es, unterschiedliche einzelstaatliche Verfahrensweisen zu vermeiden, die der Errichtung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts abträglich sein könnten. Der Vorschlag legt auch fest, welche Arten von Maßnahmen (Ausbildungsmaßnahmen, Personalaustausch, Entwicklung optimaler Verfahrensweisen, Untersuchungen usw.) der einzelstaatlichen Verwaltungen für eine Förderung in Betracht kommen. Der Schwerpunkt der Gemeinschaftsmaßnahmen wird auf folgenden Tätigkeiten liegen:

* Ausbau und Weiterverbreitung des Einsatzes der optimalen neuen Arbeitsverfahren mit besonderem Augenmerk auf Informatisierung und elektronischem Datenaustausch, um den Verwaltungen der Mitgliedstaaten zu helfen, ihre Aufgaben immer effizienter wahrzunehmen.

* Aufstellung und Stärkung einer gemeinsamen Ausbildungspolitik.

* Entwicklung einer gemeinsamen Arbeitsmethodik und Kooperationskultur zwischen den Mitgliedstaaten, um einen besseren Einblick in die Verwaltungsverfahren der einzelnen Mitgliedstaaten zu erhalten.

Mit dem Programm werden folgende Tätigkeiten im Asylbereich unterstützt: die Einrichtung und Anwendung des gemeinsamen europäischen Asylsystems, das zu einem gemeinsamen Asylverfahren und einem einheitlichen Asylantenstatus führt, fördern; Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Staats erleichtern; die Angleichung der Vorschriften für die Anerkennung und den Inhalt des Schutzstatus unterstützen; die Wirksamkeit und die Gerechtigkeit des Asylverfahrens verstärken und zunehmende Übereinstimmung der Entscheidungen über Asylanträge herbeiführen; Unterbringungs- und Einreiseerleichterungen sowie legale Mittel für die Aufnahme durch die Mitgliedstaaten aus humanitären Gründen entwickeln.

1.3. Weitere Maßnahmen und Rechtsvorschriften, die einen Bezug zur Asylpolitik haben

EQUAL

Die Gemeinschaftsinitiative EQUAL zielt auf die Bekämpfung von Diskriminierung und Ungleichheiten im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt. Auch Asylbewerber fallen unter den Anwendungsbereich der Initiative. EQUAL wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert; dieser hat für die Laufzeit 2000-2006 2,973 Mio. EUR bereitgestellt, die durch Fördermittel der Mitgliedstaaten in gleicher Höhe ergänzt werden. Für die EU-weit koordinierte Initiative wurden die Themenbereiche "Beschäftigungsfähigkeit", "Unternehmergeist", "Anpassungsfähigkeit", "Chancengleichheit für Frauen und Männer" sowie "gesellschaftliche und berufliche Eingliederung von Asylbewerbern" festgelegt. Ziel der Initiative ist es, in Zusammenarbeit mit Partnern aus anderen Mitgliedstaaten innovative Konzepte zu entwickeln und zu erproben, welche bei Eignung in politische Maßnahmen einfließen können.

Jeder Mitgliedstaat legt seine Prioritäten im Rahmen von EQUAL in einem nationalen EQUAL-Plan fest; alle Mitgliedstaaten waren aufgefordert, Mittel für Asylbewerber bereitzustellen. Im Laufe des Jahres 2001 brachte die EG ihre Gespräche mit allen Mitgliedstaaten über den Inhalt der nationalen EQUAL-Pläne zum Abschluss. Der EU-weit schwankende Anteil der Mittel für Asylbewerber beträgt insgesamt 4% (fast 125 Millionen Euro für den Zeitraum 2000 bis 2006).

Die Maßnahmen im Rahmen von EQUAL werden von Entwicklungspartnerschaften durchgeführt. Das Netzwerk auf EU-Ebene wird auch sicherstellen müssen, dass im Rahmen von EQUAL ähnliche Projekte, die durch andere europäische Finanzierungsfonds (insbesondere den Europäischen Flüchtlingsfonds) gefördert werden, berücksichtigt werden und den Auswirkungen größerer Veränderungen der Asylpolitik Rechnung getragen wird.

Bekämpfung von Diskriminierung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

Seit Mitte des Jahres 2000 hat der Rat auf Vorschlag der Kommission eine Reihe von Rechtsinstrumenten angenommen, die dem neuen Artikel 13 des EG-Vertrags Wirkung verleihen. Die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft [16] muss bis zum 19. Juli 2003 in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf [17] ist bis zum 2. Dezember 2003 in innerstaatliches Recht umzusetzen. Parallel dazu wurde mit dem Beschluss des Rates vom 27. November 2000 ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierungen [18] aufgelegt, das für die Laufzeit 2001-2006 mit 100 Mio. EUR ausgestattet wurde.

[16] ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.

[17] ABl. L 303 vom 2.12.2000, S.16.

[18] ABl. L 303 vom 2.12.2000, S.23.

Im Rahmen der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung rassistisch und fremdenfeindlich begründeter Verbrechen legt die Kommission parallel zu dieser Mitteilung einen Vorschlag zur Umwandlung einer gemeinsamen Maßnahme von 1996 [19] in einen Rahmenbeschluss vor. Mit diesem Beschluss, der im Vergleich zur gemeinsamen Maßnahme zahlreiche Verbesserungen enthält, werden zwei Ziele verfolgt: Zum einen soll sichergestellt werden, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in allen Mitgliedstaaten mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Strafen geahndet werden, die zur Ausweisung oder Übergabe der betreffenden Personen führen können; zum anderen soll die justizielle Zusammenarbeit verbessert werden, indem mögliche Hindernisse beseitigt werden.

[19] 96/443/JI : Gemeinsame Maßnahme - vom Rat auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union angenommen - betreffend die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, ABl. L 185 vom 24.7.1996, S.5).

TEIL II SICHERHEIT UND VERPFLICHTUNGEN ZUR GEWÄHRUNG VON INTERNATIONALEM SCHUTZ

2.1. Vorbemerkungen

Auf der Sondertagung der Minister für Justiz und Inneres am 20. September 2001, die aus Anlass der tragischen Ereignisse vom 11. September in den USA einberufen wurde, forderte der Rat in Schlussfolgerung 29 die Kommission auf, dringend das Verhältnis zwischen der Gewährleistung der inneren Sicherheit und der Einhaltung internationaler Verpflichtungen zur Gewährung von Schutz und entsprechender Rechtsinstrumente zu untersuchen. Erste Ergebnisse präsentiert die Kommission in diesem speziellen Kapitel. Sie hat auch ihre Bereitschaft erklärt, ein Arbeitsdokument vorzulegen, in dem das Verhältnis zwischen Schutzverpflichtungen und innerer Sicherheit eingehender beleuchtet wird. Überprüft werden sollen darin insbesondere die (geplanten) Gemeinschaftsvorschriften im Bereich Einwanderung und Asyl, der Mechanismus zum Ausschluss von nicht des internationalen Schutzes würdigen Personen und die Behandlung auszuschließender Personen; das Papier wird außerdem einen Wegweiser enthalten, der über die gegenwärtige Situation in Europa aufklärt und Zielpunkte beschreibt.

2.2 Zugang zu Asylverfahren und Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft

Unabhängig von dem gewählten Vorgehen gilt es zu verhindern, dass Flüchtlinge und Asylsuchende Leidtragende der jüngsten Vorfälle werden. Nach Auffassung der Kommission sollten alle Asylsuchenden Zugang zu einem Verfahren in dem Mitgliedstaat erhalten, der für die Antragsprüfung zuständig ist. Zur (uneingeschränkten und allumfassenden) Umsetzung der Flüchtlingskonvention von 1951 in gutem Glauben ist es unerlässlich zu bestimmen, wer die Anforderungen der Konvention erfuellt. Ein automatischer Ausschluss von der Prüfung des Asylantrags, etwa bei der Eröffnung eines Asylverfahrens, verstößt somit, auch im Fall mutmaßlicher Straftäter, gegen die Flüchtlingskonvention.

Auch muss in jedem Fall verhindert werden, dass Kriminelle, die schwerwiegende Straftaten begehen oder planen, beispielsweise Terroristen, sich das Schutzsystem zugunsten von Flüchtlingen zunutze machen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Ausschlussklauseln der Genfer Konvention streng anzuwenden, um diese Art von Missbrauch zu bekämpfen. Die

in Artikel 1 Abschnitt F der Flüchtlingskonvention [20] enthaltenen Ausschussklauseln gestatten es den Vertragsstaaten nicht nur, bestimmte Gruppen von Personen vom Schutz als Flüchtlinge auszunehmen, sondern verpflichten sie ausdrücklich dazu. Den Ausschlussvorschriften liegt die Überlegung zugrunde, dass bestimmte Handlungen derart schwer wiegen, dass die Verantwortlichen keinen Anspruch auf Schutz als Flüchtlinge haben, und dass der Aufnahmestaat vor Personen geschützt werden muss, die die öffentliche Sicherheit oder die Sicherheit des Landes bedrohen. Da der Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft allerdings Lebensgefahr für die betreffende Person bedeuten kann, sollten solche Entscheidungen innerhalb des Asylverfahrens von einer Behörde getroffen werden, die über die einschlägige Erfahrung und Ausbildung im Flüchtlingsrecht und in der Bestimmung der Rechtsstellung verfügt.

[20] Die Bestimmungen dieses Abkommens finden keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sie (a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen; (b) ein schweres nichtpolitischen Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden; (c) sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen.

Gemäß mehreren Empfehlungen der UN-Generalversammlung und verschiedenen Resolutionen des Sicherheitsrats, die letzte ist die Resolution 1373 vom 28. September 2001, sowie der Rechtsprechung im Bereich des internationalen Flüchtlingsrechts können an Terrorakten beteiligte Personen je nach Fall aus einem der drei in den Ausschlussklauseln nach Artikel 1 Abschnitt F angeführten Gründe vom Flüchtlingsstatus ausgeschlossen werden.

Die Staaten haben die Formulierung von Artikel 1 Abschnitt F "aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt" dahingehend ausgelegt, dass es keines Beweises im engeren Sinne oder eines vollständigen Beweises bedarf. Das Arbeitsdokument der Komission wird sich bei der Prüfung der Anwendbarkeit von Artikel 1 Abschnitt F auf terroristische Akte mit der Möglichkeit befassen, das Verfahren nicht mit der Prüfung der ,Einschlussklausel" zu beginnen, die in Artikel 1A der Genfer Konvention enthalten ist. Es wird ebenso auf Fragen eingehen, die mit dem Begriff ,aus schwerwiegenden Gründen", der Art der Untersuchung oder mit der persönlichen Verantwortung einer Person zusammenhängen.

2.3 Auslieferung/Überstellung, Verfolgung oder Schutz vor Zurückweisung

Der Grundsatz des internationalen Rechts aut dedere aut judicare bietet eine Lösung des immanenten Konflikts zwischen dem Bedürfnis, ja sogar der Pflicht, des Staates, kriminelle Handlungen wie Terrorakte zu bekämpfen, und dem Recht des Einzelnen auf Schutz vor Zurückweisung. Wurde ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung, eine Person vom Flüchtlingsstatus auszuschließen, abgelehnt, muss der Staat diesem Grundsatz zufolge den Betreffenden entweder überstellen oder verfolgen.

Besteht keine Möglichkeit, den Betreffenden auch in Abwesenheit eines internationalen Strafgerichtshofs vor Gericht zu stellen, so ist die Person grundsätzlich auszuliefern, sofern rechtliche und praktische Möglichkeiten gegeben sind, um den Betreffenden an das Herkunftsland, einen anderen Mitgliedstaat oder einen anderen Drittstaat auszuliefern. Der Auslieferung können allerdings rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Der Schutz vor Zurückweisung, der in Rechtsinstrumenten über Menschenrechte vorgesehen ist - wie dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und der Europäischen Menschenrechtskonvention - sind ihrer Natur nach absolut, d. h. lassen keine Ausnahmen zu. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat wiederholt bekräftigt, dass die Europäische Menschenrechtskonvention ein bedingungsloses Verbot von Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe enthält. Dessen ungeachtet muss Auslieferung dann als rechtmäßig gelten, wenn mit der Regierung, die die Person vor Gericht zu stellen beabsichtigt, eine Verständigung über die Frage eines möglichen Verstoßes gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention erzielt wurde.

Da es keine internationalen Rechtsinstrumente gibt, in denen die Stellung und die Rechte der Personen geregelt sind, die ausgeschlossen, aber nicht ausgewiesen werden können, ist gegenwärtig, auch auf EU-Ebene, unklar, wie diese Personen zu behandeln ist. Einige tauchen unter, andere werden festgenommen, sofern die Rechtsvorschriften dies zulassen. Eine weitere Untersuchung dieses Problem ist dringend geboten.

2.4 In Richtlinienvorschlägen der Kommission zur Asylpolitik enthaltene Bestimmungen mit Bezug zum Aspekt der "inneren Sicherheit"

Die von der Kommission unterbreiteten Vorschläge für Gemeinschaftsvorschriften in den Bereichen Asylpolitik und Einwanderung enthalten Standardbestimmungen, wonach alle Drittstaatsangehörigen, die gegebenenfalls als Gefahr für die nationale bzw. öffentliche Sicherheit anzusehen sind, vom Recht auf internationalen Schutz, Aufenthalt oder Zugang zu bestimmten Vergünstigungen ausgeschlossen werden können. Hier sind insbesondere folgende Artikel zu erwähnen: Artikel 28 der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz; Artikel 14, 17 und 19 des Vorschlags für eine Richtlinie betreffend den Flüchtlingsstatus und den subsidiären Schutz; Artikel 4, 26, 28 und 33 Absatz 2 Buchstabe c des Vorschlags für eine Richtlinie betreffend Asylverfahren; Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe d des Vorschlags für eine Richtlinie über die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern. Die Kommission ist jedoch uneingeschränkt bereit, im Rahmen der derzeitigen Beratungen und Verhandlungen die entsprechenden Bestimmungen in den Vorschlägen angesichts der veränderten Gegebenheiten zu überdenken und neue Möglichkeiten zur Stärkung der Terrorismusbekämpfung unbeschadet der einschlägigen internationalen Verpflichtungen zu prüfen, die bei den Vorschlägen berücksichtigt wurden. Die Ergebnisse der Überprüfung werden in das genannte Arbeitsdokument der Kommission einfließen.

TEIL III GEMEINSAME ANALYSE

3.1. Statistikbezogene Maßnahmen

Auf der Tagung des Rates Justiz und Inneres vom 28./29. Mai 2001 nahm der Rat Schlussfolgerungen zur gemeinsamen Analyse und zu Verbesserungen beim Austausch von Asyl- und Migrationsstatistiken an. Die Minister kamen überein, die Statistiken umfassender zu verbreiten und zusätzliche Analysen vorzusehen.

Um der Diskussion mit Blick auf diese Schlussfolgerungen den erforderlichen Impuls zu verleihen, hatten die Kommissionsdienststellen ein Arbeitspapier [21] erstellt, in dem sie dafür plädieren, (a) die Datenerhebung beizubehalten und gegebenenfalls auszuweiten und zu präzisieren, (b) die Vergleichbarkeit und Verfügbarkeit von Statistiken zu verbessern und (c) vorbehaltlich neuer Ressourcen ein Meldesystem entsprechend den Bedürfnissen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaftsorgane einzurichten. In dem Papier wird außerdem dargelegt, dass die jährliche Erhebung von Migrationsdaten zur Entwicklung einer gemeinsamen Migrationspolitik der EU künftig nicht mehr ausreichen wird.

[21] Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zum Austausch von statistischen Informationen im Bereich Asyl und Migration (SEK (2001) 602).

Gemäß den Schlussfolgerungen wäre es erforderlich, einen umfassenden, schlüssigen Rahmen zur Verbesserung der Statistiken zu entwickeln. Die Kommission wird aufgefordert, entsprechend tätig zu werden und dabei die in dem Anhang zu den Schlussfolgerungen niedergelegten Grundsätze und Ziele zu berücksichtigen. Die Kommission wird den neuen Aktionsplan, der den Plan von 1998 ersetzt, Anfang 2002 vorlegen. Dieser bildete die Grundlage, auf der das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften, Eurostat, im Rahmen der CIREA- [22] bzw. CIREFI- [23]Arbeitsgruppen des Rates monatlich Asyldaten und Daten zur illegalen Einwanderung zusammenträgt. Nachdem die Datenerhebung auf die Beitrittsländer sowie Norwegen und Island ausgedehnt worden ist, wurden im Jahr 2000 alle Ziele des Aktionsplans von 1998 erreicht.

[22] Reflexions- und Austauschzentrum für Asylfragen.

[23] Informations-, Reflexions- und Austauschzentrum für Fragen im Zusammenhang mit dem Überschreiten der Aussengrenzen und der Einwanderung.

Ein neuer Aktionsplan könnte die Zeit bis zum Ende der in Artikel 67 EG-Vertrag vorgesehenen Übergangsfrist überbrücken und unter anderem folgende Teilbereiche abdecken: Einführung einer gemeinsamen Methode zur Sicherung der Vertraulichkeit von Statistiken (Schutz des Einzelnen), neue Variablen für die derzeitige Datenerhebung und die Einführung von Gemeinschaftsvorschriften zur Festlegung von Definitionen, des Umfangs der Datenerhebung, der Pflichten der Stellen, die die Daten liefern, sowie der Kommission. Zurzeit führt die Kommission eine Befragung der Mitgliedstaaten über die beste Vorgehensweise durch.

Die Tätigkeit im Bereich Asylstatistiken sollte allerdings bereits 2002 die Schwerpunkte des künftigen Aktionsplans erfassen, wie die Umsetzung neuer Veröffentlichungsvorschriften und die Ausarbeitung des ersten Jahresberichts über Gemeinschaftsstatistiken in den Bereichen Asyl und Migration.

3.2. Information, Austausch und Analyse

Zahlen allein reichen zum Verständnis der Asylproblematik und zur Ausarbeitung angemessener Entscheidungen nicht aus. Vielmehr müssen zunächst die wirklichen Ursachen, die Lage in den Herkunfts- und Transitländern, das Problem der Menschenrechtsverletzungen, die Folgen für individuelle Biographien, Einreisemethoden und alle sonstigen Fragen in diesem Zusammenhang noch eingehender untersucht werden. Die Mitgliedstaaten haben bereits eine Vielzahl an Informationen zusammengetragen und beträchtliche Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt, doch steht noch nicht fest, welcher Beitrag auf europäischer Ebene geleistet werden kann. Obwohl in den vergangenen Jahren verschiedene formelle und informelle Netzwerke für den Informationsaustausch aufgebaut wurden, muss der Austausch dienstlicher und sonstiger Informationen auf europäischer Ebene weiter verbessert werden, damit der Gemeinschaft Mittel an die Hand gegeben werden, um eine angemessene gemeinsame Asylpolitik zu entwickeln.

Die Kommission prüft zurzeit Möglichkeiten zur Einrichtung einer Europäischen Beobachtungsstelle für Wanderungsbewegungen, welche die vergleichende Analyse in den Bereichen Asyl und legale bzw. illegale Einwanderung steuern und durchführen könnte. Nach Ansicht der Kommission müssen ferner angemessene Strukturen auf EG-Ebene geschaffen werden, die eine effizientere Koordinierung der Tätigkeit der einzelstaatlichen Vollzugsbehörden ermöglicht.

2002 wird die Kommission in Abstimmung mit verschiedenen Partnern diesbezüglich weitere Überlegungen anstellen.

TEIL IV DIMENSION DER AUSSENBEZIEHUNGEN

4.1. Erweiterung

Asylpolitische Fragen sind wesentlicher Bestandteil der EU-Maßnahmen in der Phase der Beitrittsvorbereitung und während des Verhandlungsprozesses. Zurzeit laufen mit den Beitrittsländern, die Verhandlungen über ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Union führen, Gespräche über Kapitel 24 (Justiz und Inneres); hiervon ausgenommen ist Rumänien, mit dem die Gespräche über dieses Kapitel voraussichtlich im Laufe des Jahres 2002 beginnen werden. Die Beitrittsländer müssen den gesamten gemeinschaftlichen Besitzstand im Asylbereich, der sich auf das Übereinkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge stützt, annehmen und umsetzen. Während der Verhandlungen weist die EU ausdrücklich darauf hin, dass alle Beitrittsländer spätestens bei ihrem Beitritt ein gerechtes, wirksames und effizientes System zur Bearbeitung von Asylanträgen eingerichtet haben müssen, das insbesondere dem Aspekt der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung (non-refoulement) und dem unabhängigen Rechtsmittelverfahren Rechnung trägt.

Zur Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften an den gemeinschaftlichen Besitzstand im Asylbereich müssen die Beitrittsländer erhebliche Anstrengungen unternehmen und den institutionellen Aufbau vorantreiben sowie die Umsetzungskapazität verbessern. Dies erfordert namentlich den Einsatz qualifizierten Personals und geeignete Ausbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter der für Asylanträge zuständigen innerstaatlichen Dienste und der Grenzkontrollbehörden sowie die Stärkung und Verbesserung der Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern. Die EU unterstützt umfassend die Anstrengungen der Beitrittsländer durch das horizontale PHARE-Programm für den Bereich Justiz und Inneres, ein multidisziplinäres Programm, das sich an alle Beitrittsländer außer Malta und Zypern richtet. Außerdem fördert sie im Rahmen der Nationalen PHARE-Programme der einzelnen mittel- und osteuropäischen Beitrittsländer Partnerschaftsprojekte zwischen den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer.

Im Rahmen des horizontalen PHARE-Programms für den Bereich Justiz und Inneres wurde 1999 und 2000 ein Projekt durchgeführt, mit dem alle Beitrittsländer außer Malta, Zypern und der Türkei bei der Annahme und Umsetzung des Besitzstandes im Asylbereich unterstützt wurden. Dieses Projekt führte dazu, dass für jedes Beitrittsland ein nationaler Aktionsplan ausgearbeitet wurde, der durch Partnerschaftsprojekte oder internationale Maßnahmen umgesetzt wird bzw. wurde. Für die Türkei ist die Programmplanung angelaufen; die Pilotprojekte sollen 2002 beginnen. In Zypern und Malta wird der Harmonisierungsprozess im Bereich Justiz und Inneres durch finanzielle Heranführungshilfen unterstützt. Beide Länder beteiligen sich außerdem mit eigenen Mitteln an einigen Tätigkeiten des horizontalen PHARE-Programms für diesen Bereich.

4.2 Hochrangige Gruppe "Asyl und Migration"

Das Asylthema spielt auch in den Beziehungen der Europäischen Gemeinschaft zu anderen Drittländern eine Rolle. Als ersten Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Politik in den Bereichen Migration und Asyl setzte der Rat im Dezember 1998 die Hochrangige Gruppe "Asyl und Migration" (HLWG) ein. In den Jahren 1999 und 2000 nahm der Rat sechs Aktionspläne an (für Afghanistan und die benachbarte Region, Irak, Marokko, Somalia, Sri Lanka, Albanien und die Nachbarregion). Die HLWG legt in ihrer Untersuchung der Ursachen von Migration und Flucht besonderes Augenmerk auf die Bedingungen in den betreffenden Ländern, die tatsächlich Anlass zu begründeter Angst vor Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen geben können. Um besser untersuchen zu können, welches die Hauptursachen von Migrationsbewegungen sind, enthält jeder Aktionsplan eine Reihe von Maßnahmen, die direkt oder indirekt einen Bezug zu Asyl aufweisen. Die Pläne bieten Anreize zur Achtung der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Rechte von Minderheiten; besondere Unterstützung wird Drittländern bei ihren Anstrengungen zur Stärkung ihrer institutionellen Kapazität zur Behandlung von Asylanträgen gewährt, wodurch die Einhaltung internationaler Mindestnormen gewährleistet werden soll. Die HLWG setzt sich auch für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und dem UNHCR sowie zwischen der EU und denjenigen Drittländern, z. B. Pakistan und Iran, ein, die sich einem großen Zustrom von Flüchtlingen gegenübersehen. In den Aktionsplänen verpflichtet sich die Gemeinschaft, für Flüchtlinge und Binnenvertriebene weiter Mittel zur Verfügung zu stellen und entsprechende Aktionen und Programme zu finanzieren. Mit ihrer Tätigkeit hat die HLWG auch zur Koordinierung der Maßnahmen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten beigetragen, die Drittländern helfen, Probleme im Zusammenhang mit der Anwesenheit von Flüchtlingen in ihrem Hoheitsgebiet zu regeln.

Um die Bedingungen zur Umsetzung der asyl- und migrationspolitischen Maßnahmen der Aktionspläne zu verbessern, wurde 2001 eine mit 10 Mio. EUR dotierte Haushaltslinie betreffend die Zusammenarbeit mit Drittländern im Bereich der Migration (B7-667) eingerichtet. Es wurden einige Projekte ausgewählt, die den Ausbau von Asylsystemen bestimmter Transitländer zum Ziel haben. Aus dieser Haushaltslinie wird nicht die humanitäre Hilfe für Flüchtlinge und Binnenvertriebene finanziert, da für diesen Zweck die Haushaltslinien für humanitäre Hilfe vorgesehen sind.

Im November 2000 erarbeitete die HLWG einen Bericht an den Europäischen Rat in Nizza. Sie bewertet darin ihre Tätigkeit und formuliert Anregungen und Maßnahmen zur Verbesserung des Konzepts und der Arbeitsweise. Die HLWG fungierte als Wegbereiterin einer innovativen europäischen Migrations- und Asylpolitik, die den Hauptursachen der Migration und ihren Folgen in den Herkunfts-, Transit- und Bestimmungsländern Rechnung trägt. Die Verbesserung ihrer Arbeitsweise, einschließlich der Erstellung weiterer Aktionspläne, erfordert unter anderem eine stärkere partnerschaftliche Einbeziehung der betreffenden Drittländer, eine effizientere Koordinierung und Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten sowie mit den in diesen Ländern tätigen internationalen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen. Die 2001 eingerichtete Haushaltslinie hat bereits eine bessere Umsetzung der Aktionspläne ermöglicht. Eine Aufstockung der Mittel wäre im Hinblick auf die Umsetzung der asyl- und migrationspolitischen Maßnahmen in den Außenbeziehungen auf jeden Fall hilfreich.

4.3. Sonstige Länder

Nicht nur mit den Beitrittsländern wurden intensive Beratungen geführt, sondern auch mit Ländern anderer Regionen, insbesondere mit den westlichen Balkanländern, der Russischen Föderation und der Ukraine. Die Grundlage für diesen Dialog bildeten die vertraglichen Beziehungen zwischen der EU und den betreffenden Ländern sowie in einigen Fällen die entsprechenden GASP-Instrumente. Die Asylproblematik und die einschlägigen europäischen Normen wurden innerhalb des jeweiligen Rahmens für den politischen Dialog erörtert und im Zusammenhang mit den entsprechenden Haushaltsinstrumenten der Gemeinschaft umfassend berücksichtigt. Am 28. März 2001 gaben eine Minister-Troika sowie die entsprechenden Minister der westlichen Balkanländer in Sarajevo eine Erklärung ab, die die regionale Zusammenarbeit und die Angleichung der Asyl- und Migrationsvorschriften dieser Länder an die europäischen Normen zum Gegenstand hatte. Unter der Voraussetzung, dass sich die westlichen Balkanländer verpflichten, in dieser Hinsicht kontinuierliche Anstrengungen zu unternehmen, wird die praktische Umsetzung dieses Vorhabens im Rahmen des CARDS-Regionalprogramms unterstützt. Derzeit arbeiten die EU und die Ukraine den Entwurf eines Aktionsplans im Bereich Justiz und Inneres aus, der sich vorrangig mit der Asyl- und Migrationsproblematik befasst. Wie im Falle Albaniens und der Nachbarregion werden aus Mitteln der Haushaltslinie B7-667 einschlägige Pilotprojekte unterstützt.

Künftige Diskussionen über asylpolitische Fragen werden auch im Rahmen des Barcelona-Prozesses vorbereitet.

Der Dialog mit den USA und Kanada hat ebenfalls zu guten Ergebnissen geführt. Mit beiden Ländern wurde vereinbart, die Zusammenarbeit bei der Asylpolitik zu intensivieren.

4.4. Beziehungen zum Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge

Auf der Grundlage der verstärkten asylpolitischen Partnerschaft zwischen der Kommission und dem UNHCR stand die Kommission im Jahr 2001 in einem ständigen Dialog zum UNHCR. Diskussionsgegenstand waren die einschlägigen Legislativvorschläge und politischen Konzepte der Kommission sowie die beim UNHCR eingeleiteten Maßnahmen zur Verstärkung des Systems des internationalen Schutzes. So beteiligte sich die Kommission gemeinsam mit Vertretern der Mitgliedstaaten aktiv an den internationalen Konsultationen und leistete einen Beitrag zur Finanzierung verschiedener Sitzungen im Rahmen dieser Konsultationen. Sie wird diesen Prozess weiterhin intensiv verfolgen und nimmt hierzu Mitte Dezember 2001 an der von der Schweiz und dem UNHCR veranstalteten Ministerkonferenz der Vertragsstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 teil. Außerdem wünscht sie, bei der Ausarbeitung einer Agenda für den internationalen Schutz konsultiert zu werden. Diese beiden Prozesse - die internationalen Konsultationen einerseits und die Einführung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems andererseits - ergänzen einander zum beiderseitigen Nutzen.

Die Maßnahmen der Gemeinschaft im Rahmen der Beziehungen zum UNHCR wurden durch den strategischen Dialog über humanitäre und entwicklungspolitische Fragen verstärkt, um ein höheres Maß an Transparenz zu erreichen, die Kooperations- und Finanzierungsprojekte besser zu planen und die Schlüsselkapazitäten des UNHCR effizienter zu unterstützen. Die Gemeinschaft ist fest entschlossen, das internationale Mandat des UNHCR zu unterstützen, damit Flüchtlinge besser geschützt und langfristige Lösungen gefunden werden können. Im Jahr 2001 ist die Gemeinschaft der drittwichtigste Geldgeber bei UNHCR-Maßnahmen.

TEIL V. ANWENDUNG DES OFFENEN KOORDINIERUNGSMECHANISMUS AUF DIE ASYLPOLITIK

5.1. Allgemeines

Die Kommission hatte in ihrer Asylmitteilung vom November 2000 darauf hingewiesen, dass ein offener Koordinierungsmechanismus für die Asylpolitik entwickelt werden muss, der die Legislativpolitik unterstützt und den Konvergenzprozess begleitet. In ihrer Mitteilung KOM(2001) 387 endg. vom 11.7.2001 erläuterte sie, wie der offene Koordinierungs mechanismus auf die Migrationspolitik anzuwenden ist. Hierbei lassen sich einige Parallelen zur Asylpolitik feststellen. Die Gewährung von Asyl steht weiterhin in engem Zusammenhang zur Souveränität und Verfassungsgeschichte der einzelnen Mitgliedstaaten. Asylfragen wurden von der EU bis 1999 im Wesentlichen auf zwischenstaatlicher Ebene behandelt. Internationaler Schutz wird auf einzelstaatlicher Ebene gewährt. Der internationale Charakter der Migrationsströme, die teilweise mit der Problematik des internationalen Schutzes verknüpft sind, und die Verflechtung verschiedener Aspekte der Migrationspolitik erfordern einen Mechanismus, der es ermöglicht, die Fortschritte bei der Verwirklichung der gemeinsamen europäischen Ziele zu bewerten und gegebenenfalls Zielsetzungen anzupassen. Der Austausch bewährter Praktiken bietet sich also bei Asylfragen geradezu an.

Allerdings enthalten der EG-Vertrag und insbesondere Artikel 63 sowie die Schlussfolgerungen von Tampere präzisere und weitaus ehrgeizigere Harmonisierungs vorgaben für den Asylbereich als für den Bereich der Einwanderung; dies gilt sowohl für die Zielsetzungen als auch für den rechtlichen Rahmen. Außerdem stützt sich das Asylrecht maßgeblich auf internationale Verpflichtungen der EU-Mitgliedstaaten, von denen das Genfer Abkommen von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und das diesbezügliche Protokoll von 1967 die wichtigste Grundlage bilden. Auf EU-Ebene wurde die Asylfrage vor einigen Jahren im Dubliner Übereinkommen behandelt, das verbindliche Kriterien und Verfahren vorsieht. Auf einzelstaatlicher Ebene hat die Rechtsprechung von Rechtsmittelgerichten bzw. -instanzen einen entscheidenden Einfluss.

Die Anwendung eines offenen Koordinierungsmechanismus muss also speziell auf den Asylbereich abgestimmt werden. Sie wird die vom Vertrag vorgesehenen Gemeinschaftsvorschriften, die das Kernstück der gemeinsamen Politik bilden, unterstützen und ergänzen sowie den Übergang zur zweiten Stufe des in der Mitteilung KOM(2000) 755 beschriebenen gemeinsamen europäischen Asylsystems begleiten und erleichtern. In Anbetracht des hohen Konvergenzgrades, den die Europäische Union im Bereich der Asylpolitik anstrebt, kann der Rat nach Auffassung der Kommission durch Annahme der in Abschnitt 5.2 erläuterten Leitlinien deutlich machen, dass sich der offene Koordinierungsmechanismus im Asylbereich - verglichen mit dem Bereich der Einwanderungspolitik - mit ehrgeizigeren und präziseren Vorgaben anwenden lässt.

Es wird vorgeschlagen, diesen Mechanismus zunächst bis zur Vorlage von Vorschlägen für die ersten Instrumente der zweiten Stufe anzuwenden.

Die Kommission wird sich aktiv an der Anwendung des offenen Koordinierungsmechanismus beteiligen. Daher wird sie parallel zur Schaffung des Rechtsrahmens die Anwendung dieses Mechanismus unterstützen, indem sie Vorschläge für europäische Leitlinien sowie für den Inhalt der nationalen Aktionspläne ausarbeitet, die einzelstaatlichen Politiken koordiniert, für den Austausch bewährter Praktiken sorgt, die Auswirkungen der Gemeinschaftspolitik überwacht und bewertet sowie regelmäßige Konsultationen mit Drittländern und einschlägigen internationalen Organisationen in die Wege leitet.

5.2. Europäische Leitlinien im Asylbereich

Der offene Koordinierungsmechanismus beruht im Wesentlichen auf vom Rat angenommenen mehrjährigen Leitlinien für die Union sowie einem Zeitplan für die Verwirklichung kurz-, mittel- und langfristiger Ziele. Die Leitlinien werden anschließend in einzelstaatliche Maßnahmen umgesetzt, indem unter Berücksichtigung der nationalen Besonderheiten spezifische Ziele festgelegt werden. In Anbetracht der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere und der Vorschläge, die die Mitteilung über ein gemeinsames Asylverfahren und einen unionsweit geltenden einheitlichen Status enthält, schlägt die Kommission vor, in erster Linie Leitlinien in folgenden Bereichen festzulegen: Kenntnis der Migrationsströme; Entwicklung eines effizienten Asylsystems, das dem Schutze derjenigen dient, die es benötigen, und sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention stützt; Rückkehr; Beziehungen zu Drittländern; Integration bzw. Eingliederung. In der Folge könnte im Rahmen des offenen Koordinierungsmechanismus eine regelmäßige Anpassung erfolgen.

Die Kommission schlägt zunächst die nachstehenden Leitlinien vor, die im Hinblick auf die förmliche Vorlage eines Kommissionsvorschlags zur Konsultation unterbreitet werden.

Leitlinie 1: Verbesserung der Kenntnis der Ströme von Migranten, die aus humanitären Gründen aufgenommen werden, indem insbesondere

a. ein umfassender Beitrag zur Verbesserung der Maßnahmen zur Erhebung und Analyse statistischer Daten über Migration und Asyl im Hinblick auf die Umsetzung des Aktionsplans der EU geleistet wird;

b. Prioritäten, Quellen und Partner für Recherchen im Hinblick auf das Sammeln geeigneter Informationen (Situation in den Herkunfts- und Transitländern, Verletzung der Menschenrechte, Beweggründe der Betroffenen, persönliche Vorgeschichte, Reiserouten usw.) bestimmt werden.

Leitlinie 2: Entwicklung eines effizienten Asylsystems, das dem Schutze derjenigen dient, die es benötigen, und sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention stützt, indem insbesondere

a. die Zusammenarbeit der konsularischen Vertretungen der Mitgliedstaaten in den Herkunfts- und Transitländern sowie der Informationsaustausch zwischen diesen Stellen, unter anderem im Bereich der Visumpolitik, gefördert werden;

b. zur Gewährleistung eines Gleichgewichts zwischen den gerechtfertigten Zielen, die illegale Einwanderung und/oder den Menschenhandel zu bekämpfen und den Zugang zu den Asylverfahren zu sichern, Maßnahmen und bewährte Praktiken, unter anderem im Rahmen der Durchführung der Kontrollen an den Außengrenzen, festgelegt werden;

c. im Hinblick auf eine gerechte Behandlung und effiziente Antragsbearbeitung Prioritäten festgelegt und die Ressourcen ermittelt werden, die während der Verfahren, der Aufnahme und der Phase der Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zur Verfügung gestellt werden;

d. Ziele für die Aus- und Fortbildung des Personals von Asylbehörden, diplomatischen oder konsularischen Vertretungen und Stellen des Grenzschutzes sowie der Mitglieder von Rechtsmittelinstanzen festgelegt werden und hierbei unter anderem ein Beamtenaustausch zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten der EU vorgesehen wird;

e. in Ergänzung der Maßnahmen, die getroffen wurden, um die Umsetzung der zur Verabschiedung anstehenden Gemeinschaftsinstrumente zu gewährleisten, die Mittel bestimmt, gegebenenfalls genaue Ziele festgelegt und die konkreten Auswirkungen der eingesetzten Mittel bewertet werden, um

- die Qualität der Prüfung eines Asylantrags in erster Instanz zu sichern;

- Asylverfahren zügiger abwickeln und die Fristen, die im Verlauf der Verfahren (für die Antragsteller sowie für die Verwaltungsbehörden und Gerichte) festgelegt werden, besser einhalten zu können;

- die Quote der nach der Bestimmung des zuständigen Staates tatsächlich durchgeführten Überstellungsentscheidungen zu erhöhen;

- das Angebot an Übersetzungs-/Dolmetschleistungen (sowohl zugunsten der Antragsteller als auch zugunsten der Verwaltungsbehörden und Gerichte) zu verbessern;

- den Zugang zu Beweismitteln zu verbessern;

f. klare einzelstaatliche Regeln für die Aufnahme von Asylbewerbern, Flüchtlingen sowie Personen, die subsidiären oder vorübergehenden Schutz genießen, ausgearbeitet werden;

g. Grundsätze und Verfahren festgelegt werden, anhand deren sich besser diejenigen Personen bestimmen lassen, die nach Maßgabe der Ausschlussklauseln keinen Anspruch auf internationalen Schutz haben;

h. Leitfäden über bewährte Verfahren im Zusammenhang mit der Behandlung von Asylbewerbern und ihren Dossiers (Registrierung, Unterrichtung der Antragsteller, Aufenthaltsort, Betrugsbekämpfung, Erkennung falscher bzw. gefälschter Dokumente, Verwaltung von Beweisen und Möglichkeiten, die Glaubwürdigkeit der Anträge zu überprüfen, Sprachtests usw.) erstellt werden, die eventuell bei der Ausarbeitung entsprechender Leitfäden auf Unionsebene herangezogen werden können;

i. der Situation und dem Bedarf von unbegleiteten Minderjährigen und Personen mit besonderen Bedürfnissen sowie geschlechtsspezifischen Fragen besondere Beachtung geschenkt wird;

j. der Beitrag von Wiedereingliederungsprogrammen, die Bearbeitung von Asylanträgen außerhalb des betreffenden Mitgliedstaats, die Inanspruchnahme von Beendigungs- und Ausschlussklauseln sowie der Rahmen und die Schritte, die für die Übertragung des Schutzes vorgesehen sind, bewertet werden;

k. die Mittel und Informationsquellen bestimmt werden, mit deren Hilfe sich bewerten lässt, ob eine Person den internationalen Schutz nicht mehr benötigt;

l. ein Rahmen geschaffen wird, der die Beteiligung der lokalen oder regionalen Gebietskörperschaften und Akteure, der Sozialpartner, der Zivilgesellschaft, der NRO und der Asylbewerber selbst fördert.

Leitlinie 3: Größere Effizienz der Rückkehrpolitik, indem insbesondere:

a. Maßnahmen festgelegt werden, um die Zusammenarbeit zwischen Aufnahmestaaten, Herkunftsländern, dem UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sowie NRO zu verbessern und somit die freiwillige Rückkehr und die zwangsweise Rückführung zu erleichtern;

b. Maßnahmen zur Information und Vorbereitung der betreffenden Personen auf die Rückkehr entwickelt werden, einschließlich der Bewertung des Nutzens von Systemen, die Orientierungsbesuche vorsehen;

c. die Mittel bestimmt, gegebenenfalls genaue Ziele festgelegt und die konkreten Auswirkungen der eingesetzten Mittel bewertet werden, um die Quote der tatsächlich durchgeführten Rückführungsentscheidungen zu erhöhen;

d. Leitfäden über bewährte Verfahren im Zusammenhang mit der Rückkehr, einschließlich der zwangsweisen Rückführung (Begleitung, Art der Beförderung, Auflagen für Gewahrsamseinrichtungen, in denen sich Asylbewerber vor der Ausweisung befinden, usw.) erstellt werden, die eventuell bei der Ausarbeitung entsprechender Leitfäden auf Unionsebene herangezogen werden können.

Die Kommission wird in Kürze ein Grünbuch über die Rückkehrpolitik vorlegen und auf der Grundlage der von ihr durchgeführten Konsultationen zu einem späteren Zeitpunkt diese Leitlinie präzisieren.

Leitlinie 4: Berücksichtigung von Fragen des internationalen Schutzes im Rahmen der Beziehungen zu Drittländern, indem insbesondere:

a. Maßnahmen im Zusammenhang mit der Politik zur Förderung der Menschenrechte in den betreffenden Drittländern unterstützt werden, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, zu begrenzen oder zu beenden;

b. bei der Planung und Durchführung von Entwicklungs- und Kooperationsprogrammen, namentlich in den Bereichen Bildung und Berufsbildung, Gesundheit, Umwelt und sozioökonomischer Kontext, unter anderem bei der Rückkehr von Flüchtlingen ins Herkunftsland, die Dimension des internationalen Schutzes für die jeweiligen Drittländer berücksichtigt und die Chancengleichheit von Frauen und Männern gewährleistet wird;

c. die Bemühungen von Drittländern zur Steuerung "gemischter" Migrationsströme und zur Entwicklung von Rechtsvorschriften und Strukturen, die im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen im Bereich des internationalen Schutzes stehen, unterstützt werden;

d. Maßnahmen gefördert werden, die Personen, denen in einem Mitgliedstaat Schutz gewährt wurde und die diesen Schutz nicht mehr benötigen, die also freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren möchten, die Rückkehr erleichtern sollen, unter anderem durch die soziale und wirtschaftliche Wiedereingliederung in ihrem Herkunftsland.

Leitlinie 5: Entwicklung einer Politik zur Integration bzw. Eingliederung von Personen, die in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz genießen, in Ergänzung der Maßnahmen, die getroffen wurden, um die Umsetzung der zur Verabschiedung anstehenden Gemeinschaftsinstrumente zu gewährleisten, indem insbesondere:

a. die Prioritäten einer umfassenden Politik zur Integration bzw. Eingliederung von Flüchtlingen oder Personen, die subsidiären Schutz oder vorübergehenden Schutz im Falle eines Massenzustroms genießen, und die dazu erforderlichen Mittel bestimmt werden, wobei den besonderen Bedürfnissen von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen Rechnung zu tragen ist;

b. ein Rahmen geschaffen wird, der gewährleistet, dass die lokalen und regionalen Akteure, die Sozialpartner, die Zivilgesellschaft und die Betroffenen in die Konzipierung und Umsetzung der einzelstaatlichen Strategie eingebunden werden;

c. die Integration bzw. Eingliederung der Betroffenen durch Informations- und Sensibilisierungskampagnen in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten gefördert wird;

d. gezielte Maßnahmen zur Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Integration bzw. Eingliederung von Frauen beschlossen werden;

e. Programme zur Unterstützung von Neuankömmlingen und ihren Familienangehörigen bei der Niederlassung eingeleitet werden, die insbesondere Strategien zur schulischen Eingliederung von Minderjährigen, bedarfsgerechte Sprachkurse und Aufklärung über die kulturellen, politischen und sozialen Besonderheiten des betreffenden Landes, einschließlich des Konzepts der Staatsbürgerschaft und der grundlegenden europäischen Werte, umfassen;

f. Maßnahmen zur sozialen, wirtschaftlichen und medizinischen Unterstützung von Personen ausgearbeitet werden, die besonders schutzbedürftig sind oder Gewalt, Traumata, Folter oder eine andere unmenschliche und erniedrigende Behandlung erlitten haben oder die unter Menschenschmugglern oder Menschenhändlern Ähnliches erlitten haben;

g. die aktive Beteiligung der Flüchtlinge selbst an der Konzeption, Entwicklung, Umsetzung und Bewertung von Integrationsmaßnahmen und -strategien gefördert wird;

h. untersucht wird, inwieweit für Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, Bürgerrechte und -pflichten festgeschrieben werden können, sodass ihre gerechte Behandlung gewährleistet ist, und indem unter Berücksichtigung von Artikel 34 der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegt wird, unter welchen Bedingungen Personen, die internationalen Schutz genießen, die Staatsbürgerschaft des betreffenden Landes erlangen können.

Diese Leitlinie betrifft nicht Asylbewerber und kann auf die Strategie zur Integration von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, abgestimmt werden.

5.3. Instrumente

5.3.1. Nationale Aktionspläne

Zur Umsetzung der asylpolitischen Leitlinien sollten die Mitgliedstaaten Aktionspläne aufstellen, die sie jährlich überprüfen und anpassen. Diese Aktionspläne sollten zwei Teile umfassen: erstens eine Bilanz der im Vorjahr durchgeführten Maßnahmen unter Bezugnahme auf die europäischen Leitlinien und zweitens Vorschläge für die Umsetzung der Asylleitlinien im nächsten Jahr. Dem Teil Bilanz sollten auch Informationen über die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Maßnahmen sowie der legalen bzw. illegalen Einwanderung zu entnehmen sein. Ferner sollte dieser Teil Angaben zu interessanten Erfahrungen und bewährten Praktiken sowie zu aufgetretenen Problemen enthalten, insbesondere solchen, für die eine europäische Lösung angebracht erscheint. Schließlich sollte dieser Teil Aufschluss geben über die Anwendung der einschlägigen Sekundärrechtsvorschriften der Gemeinschaft, ihre Umsetzung in nationales Recht und die Auswirkungen dieser Rechtsvorschriften auf die Situation in dem jeweiligen Mitgliedstaat. Im zweiten Teil sollten die Mitgliedstaaten beschreiben, welche Maßnahmen sie auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene planen, um die Leitlinien für das betreffende Jahr umzusetzen, wobei sie jeweils ihre eigenen Ziele und den vorgeschlagenen Zeitplan angeben sollten.

Die Aktionspläne sollen für die Gesamtbewertung der gemeinsamen Politik und der erzielten Ergebnisse herangezogen werden und Anhaltspunkte dafür liefern, wie die Leitlinien an neue Erfordernisse angepasst werden können. Anhand der jeweiligen Berichte wird die Kommission einen zusammenfassenden Bericht erarbeiten, in dem sie die gemeinsamen Probleme sowie die Bereiche herausstellt, in denen europäische Lösungen zweckmäßig wären. Bei der vorliegenden Mitteilung handelt es sich um die erste Ausgabe dieses Berichts.

5.3.2 Weiterentwicklung und Bewertung der gemeinsamen Asylpolitik

Die Kommission wird die gemeinsame Asylpolitik aktiv unterstützen und weiterentwickeln, indem sie insbesondere die notwendigen Legislativvorschläge einbringt, die Anwendung und Einhaltung der späteren Rechtsvorschriften kontrolliert und Vorschläge für die europäischen Leitlinien, zur Ausarbeitung der nationalen Aktionspläne, zur Förderung der Zusammenarbeit und des Austauschs bewährter Verfahren sowie zur Evaluierung und Überwachung unterbreitet. Zu diesem Zweck wird sie - durch geeignete Vorkehrungen, einschließlich der Einsetzung von Ausschüssen und Arbeitsgruppen - hohe Beamte, Sachverständige aus den Mitgliedstaaten, den UNHCR, Vertreter der Sozialpartner und der lokalen oder regionalen Behörden, Experten für zur Diskussion stehende Fragen sowie sonstige Vertreter der Zivilgesellschaft eingehend konsultieren.

Es müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die Beitrittsländer über diesen Prozess zu unterrichten und möglichst frühzeitig in den offenen Koordinierungsmechanismus einzubinden und ihnen somit eine angemessene Vorbereitung auf den Beitritt zu ermöglichen.

Dabei wird die Kommission darauf achten, dass die Asylpolitik die Maßnahmen in anderen internen und externen Politikbereichen, insbesondere die sozialpolitischen Konzepte - beispielsweise die Maßnahmen zur Förderung der sozialen Integration und die Strategie der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierungen - sowie die Beziehungen der Gemeinschaft im außenpolitischen und im humanitären Bereich ergänzt und damit in Einklang steht. Ziel ist, dass alle Politiken sich mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung gegenseitig stärken. Die Asylpolitik muss auch zur Gleichstellung von Männern und Frauen gemäß Artikel 2 EG-Vertrag beitragen.

5.3.3 Beteiligung der europäischen Organe, des UNHCR und der Zivilgesellschaft

Da die Asylpolitik viele Dimensionen hat, sollten das Europäische Parlament, der Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen eng in ihre Konzipierung und Umsetzung eingebunden werden. Außerdem wird die Kommission diesen Organen jedes Jahr ihren Asylbericht übermitteln. Gemeinsam mit den Organen selbst sollte geprüft werden, wie sich diese am besten an dem offenen Koordinierungsmechanismus beteiligen und ihre Beiträge einbringen können.

Im Einklang mit der Erklärung Nr. 17, die dem Vertrag von Amsterdam im Anhang beigefügt ist, wird die Kommission außerdem dafür Sorge tragen, dass der UNHCR in geeigneter Weise konsultiert wird.

Diese Politik und die in den Leitlinien vorgegebenen Ziele sind nur mit aktiver Mitwirkung der Politiker, Sozialpartner, lokalen und regionalen Akteure und einschlägigen Organisationen (zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen und Asylbewerber- oder Flüchtlingsverbände) und mit Unterstützung der Medien sowohl auf einzelstaatlicher als auch auf europäischer Ebene realisierbar. Die Mitgliedstaaten sollten Vorkehrungen treffen, damit diese Einbindung auf nationaler Ebene gewährleistet ist. Die Kommission wird ihrerseits den Dialog mit der Zivilgesellschaft auf europäischer Ebene einleiten.

TEIL VI. EMPFEHLUNGEN

Die Kommission

- empfiehlt, dass der Rat ihren ersten Bericht über die gemeinsame Asylpolitik zur Kenntnis nimmt;

- empfiehlt, dass für die Anfangsphase der offene Koordinierungs mechanismus für die Asylpolitik im Hinblick auf die Verabschiedung von Leitlinien vor Ende des spanischen Ratsvorsitzes gebilligt wird. Anschließend sollten die nationalen Aktionspläne der Kommission übermittelt werden, damit die erste Bewertung spätestens Ende 2003 abgeschlossen werden kann;

- empfiehlt, dass Fristen festgelegt werden für die Annahme derjenigen Instrumente der ersten Harmonisierungsstufe im Asylbereich, bei denen die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. Die Einhaltung der Fristen soll mit Hilfe eines am Fortschrittsanzeiger ausgerichteten Mechanismus überwacht werden;

- ersucht die Mitgliedstaaten, umgehend die Durchführungsmaßnahmen zu erlassen, die die baldige Anwendung des Eurodac-Systems auf Gemeinschaftsebene ermöglichen;

- ersucht, dass die im August 2001 in Kraft getretene Richtlinie über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen zügig in innerstaatliches Recht umgesetzt wird;

- ersucht, dass die Entscheidung über das Aktionsprogramm ARGO im ersten Halbjahr 2002 zügig angenommen wird, damit die ersten Maßnahmen so bald wie möglich eingeleitet werden können;

- empfiehlt, dass verstärkt Anstrengungen unternommen werden, um den Schlussfolgerungen des Rates Justiz und Inneres vom 28./29. Mai 2001 über die Erhebung und Analyse statistischer Daten im Asylbereich Rechnung zu tragen;

- ersucht den Rat, im Rahmen der Partnerschaft der EU mit den Drittländern zu prüfen, wie die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern im Bereich Asyl und internationaler Schutz ausgebaut werden kann; hierbei sollten insbesondere die Überlegungen zu den Arbeiten der Hochrangigen Gruppe "Asyl und Migration" und ihrer weiteren Entwicklung sowie der Bericht über diese Gruppe an den Europäischen Rat von Nizza berücksichtigt werden.

Anhang I

Quelle: Eurostat

Statistische Übersichten

BILD 1: GESAMTZAHL DER ASYLANTRAEGE IN DER EU, 1985 - 1. HALBJAHR 2001 (Januar - Juni 2001)

ANGABEN IN TSD., ASYLBEWERBER AUS ALLEN LÄNDERN

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BILD 2: VERTEILUNG DER ASYLANTRAEGE AUF DIE MITGLIEDSTAATEN, 1998 - 1. HALBJAHR 2001

ASYLBEWERBER AUS ALLEN LÄNDERN

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BILD 3: DIE 10 LÄNDER, AUS DENEN DIE MEISTEN ASYLBEWERBER STAMMEN, 1999 - 1. HALBJAHR 2001

DIE WICHTIGSTEN HERKUNFTSLÄNDER IN % UND IN ABSOLUTEN ZAHLEN

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BILD 4: VERTEILUNG ALLER STATTGEGEBENEN ANTRAEGE AUF DIE MITGLIEDSTAATEN, 1999 - 1. Halbjahr 2001

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BILD 5: GEMÄSS DER GENFER FLÜCHTLINGSKONVENTION IN DER EU ANERKANNTE FÄLLE, 1996 - 1. HALBJAHR 2001

ANERKANNTE FÄLLE, ANTRAGSTELLER AUS ALLEN LÄNDERN

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BILD 6: VERTEILUNG GEMÄSS DER GENFER FLÜCHTLINGSKONVENTION ANERKANNTER FÄLLE AUF DIE MITGLIEDSTAATEN, 1999 - 1. HALBJAHR 2001

ANERKANNTE FÄLLE, ANTRAGSTELLER AUS ALLEN LÄNDERN

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Anhang II

Reaktionen auf die Mitteilung KOM(2000)755 endg. und Studien

A. Stellungnahme des Europäischen Parlaments, des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen

Das Europäische Parlament hat seine Stellungnahme am 2. Oktober 2001 abgegeben. Es spricht sich für ein hohes Niveau der anzunehmenden Normen aus; dies gilt sowohl für deren Anwendungsbereich als auch für die Rechte und Garantien, die Asylbewerbern und Personen, die internationalen Schutz genießen, zugestanden werden. Das Parlament erachtet es insbesondere für wichtig, dass die erste Stufe der Harmonisierung erfolgreich abgeschlossen werden kann. Die meisten Bemerkungen der Stellungnahme betreffen den Inhalt der derzeit ausgehandelten Instrumente. Das Parlament ist außerdem sehr daran interessiert, dass die Kapazitäten zur einheitlichen Prüfung der Situation in den Herkunfts- und Transitländern, aus denen die Asylbewerber oder die internationalen Schutz genießenden Personen kommen, verbessert werden.

Der Wirtschafts- und Sozialausschuss hat seine Stellungnahme im Juli 2001 abgegeben. Er befürwortet die von der Kommission vorgeschlagenen Ziele und Grundsätze des gemeinsamen Asylverfahrens und des einheitlichen Status, weist allerdings gleichzeitig auf eine Reihe von Aspekten hin, die zu berücksichtigen sind, zum Beispiel bei der Verwendung des Begriffs "sichere Länder", der Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle, der Prüfung bestimmter Maßnahmen wie Wiedereingliederungsprogrammen oder der Bearbeitung von Asylanträgen außerhalb der EU. Er spricht sich für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und subsidiären Schutz genießende Personen aus. Er plädiert für eine zweistufige Harmonisierung auf der Grundlage des EG-Vertrags sowie die Anwendung von Konvergenzverfahren und schlägt vor, dass die Gemeinschaft der Genfer Flüchtlings konvention von 1951 beitritt. Diese Stellungnahme verdeutlicht das asylpolitische Interesse, Fachwissen und Engagement der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft.

Der Ausschuss der Regionen hat seine Stellungnahme im September 2001 abgegeben. Er hebt hervor, dass der Besonderheit der Asylproblematik im Vergleich zur Einwanderungs problematik weiterhin Rechnung zu tragen ist. Solange der subsidiäre Schutz noch nicht harmonisiert worden ist, erachtet er die Diskussion über die zentrale Anlaufstelle für verfrüht. Er spricht sich für die Einführung eines gerechten, effizienten und zügigen Verfahrens aus und äußert Zweifel daran, dass beispielsweise Wiedereingliederungs maßnahmen sinnvoll sind. Er befürwortet ein besseres System zur Aufnahme von Asylbewerbern in der EU und schlägt vor, dass im Hinblick auf die Umsetzung der Asylpolitik eine echte Zusammenarbeit mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften etabliert werden sollte.

B. Stellungnahmen des UNHCR und der NRO

Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) übermittelte im November 2001 eine detaillierte Stellungnahme. Er äußert sich sehr positiv zu den ehrgeizigen Zielen des Kommissionskonzepts und befürwortet ein einheitliches Verfahren bzw. eine zentrale Anlaufstelle, sofern bei der Prüfung des Schutzbedarfs eine Rangfolge zugrunde gelegt wird, bei der die Genfer Flüchtlingskonvention an erster Stelle steht. Von entscheidender Bedeutung sei die Problematik des Zugangs zum Hoheitsgebiet; es müssten Schutzgarantien in die Instrumente für die Grenzkontrollen und die Steuerung der Migrationsströme aufgenommen werden. Er spricht sich dafür aus, die derzeitigen Kriterien des Dubliner Übereinkommens aufzugeben und stattdessen ein Verfahren einzuführen, bei dem der Antrag in dem Mitgliedstaat zu prüfen ist, in dem er gestellt wurde. Der UNHCR ist am weiteren Verlauf der auf europäischer Ebene geführten Diskussion über Wiedereingliederungsfragen interessiert, weist allerdings in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diesbezügliche Maßnahmen nicht das Asylrecht in der EU ersetzen dürfen. Er hoffe, dass die zu verabschiedenden Rechtsvorschriften der ersten Harmonisierungsstufe auf Normen von hohem Niveau basieren, die präzise Vorgaben enthalten, breite Auslegungsmöglichkeiten bieten und den Grundsätzen des internationalen Schutzes Rechnung tragen. Er befürwortet einen einheitlichen Status mit Rechten, die zumindest gleichwertig mit denen der Genfer Flüchtlingskonvention sind, wobei der besondere Charakter des von der Flüchtlingskonvention abgedeckten Status beibehalten werden sollte. Er sei bereit, sich aktiv an der Weiterentwicklung der einschlägigen Statistik- und Analyseinstrumente zu beteiligen, unter anderem durch Einrichtung eines speziellen europäischen Zentrums, durch Festlegung von Konvergenzverfahren für die gemeinsame Asylpolitik und durch Einführung einer Rechtsprechung auf der Grundlage der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften.

Die einschlägigen NRO haben die Problematik umfassend erörtert. Einige haben eine formelle Stellungnahme abgegeben und diese der Kommission übermittelt.

ECRE [24] übermittelte im Juni 2001 eine sehr detaillierte Stellungnahme, in der er die von der Kommission festgelegten Ziele und Grundsätze begrüßt. Er äußert sich jedoch besorgt darüber, dass die Maßnahmen, die der Rat annehmen wird, stärker der Abschreckung als dem Schutz dienen könnten. Er befürwortet das einheitliche Verfahren und spricht sich dafür aus, Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und Personen, die subsidiären Schutz genießen, denselben Status zuzuerkennen. Er ist daran interessiert, dass auf europäischer Ebene Wiedereingliederungsaspekte berücksichtigt werden. Ferner wünscht er, dass erörtert wird, ob ein unabhängiges zentrales Gremium geschaffen werden kann, das mit der Dokumentation und mit Recherchen insbesondere über die Lage in den Herkunftsländern betraut wird.

[24] Europäischer Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen.

Im Mai 2001 übermittelte ein Netz christlicher Kirchen [25] der Kommission seine Stellungnahme. Darin werden die Probleme hervorgehoben, denen sich Asylbewerber und Flüchtlinge im Zusammenhang mit dem Zugang zum Hoheitsgebiet gegenübersehen. Das Netz befürwortet eine Harmonisierung von oben und spricht sich für eine sorgfältigere inhaltliche Prüfung der Anträge und die Einführung eines einheitlichen Verfahrens bzw. einer zentralen Anlaufstelle aus. Es stimmt zu, dass es nicht Ziel der Harmonisierung ist, dass ein Gemeinschaftsorgan positive oder negative Einzelentscheidungen hinsichtlich des Schutzes trifft, ist jedoch der Auffassung, dass die Einschränkung der Möglichkeit, dem Europäischen Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen (Artikel 68 Titel IV EGV), überprüft werden sollte, um die Harmonisierung und die gerichtliche Kontrolle zu verstärken.

[25] Caritas Europa, Kommission der Kirchen für Migranten in Europa, Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft, Konferenz der Kommissionen für Frieden und Gerechtigkeit in Europa, Internationale Katholische Kommission für Migration, Jesuiten-Flüchtlingsdienst, Rat der Quäker.

Im Oktober 2001 teilte Amnesty International mit, dass es den Zielsetzungen der Kommission positiv gegenübersteht. Die Organisation ist besorgt wegen der Entwicklung der Sanktionen im Bereich der illegalen Einwanderung und spricht sich nachdrücklich dafür aus, dass die Einführung eines gemeinsamen Asylverfahrens und eines einheitlichen Status auf hohem Niveau und unter Beachtung der internationalen Menschenrechtsnormen sowie des Grundsatzes der Nichtzurückweisung (non-refoulement) erfolgt.

C. Stand der angekündigten Studien

Die Kommission wies in ihrer Mitteilung vom November 2000 darauf hin, dass sie vier Studien über das einheitliche Verfahren bzw. eine zentrale Anlaufstelle, die Bearbeitung von Asylanträgen außerhalb der EU, die Wiedereingliederung sowie die Übertragung des Schutzes erstellen lassen wird. Mit den ersten drei Studien soll vor Ende 2001 begonnen werden, damit die Ergebnisse im letzten Quartal 2002 vorliegen. Mit der vierten Studie soll vor Ende 2002 begonnen werden.

Anhang III

EFF - Verteilung der Maßnahmen auf die einzelnen Mitgliedstaaten

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