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Document 52000DC0358

Mitteilung der Kommission - Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften - Betrugsbekämpfung - Koncept für eine Gesamtstrategie

/* KOM/2000/0358 endg. */

52000DC0358

Mitteilung der Kommission - Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften - Betrugsbekämpfung - Koncept für eine Gesamtstrategie /* KOM/2000/0358 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften Betrugsbekämpfung Koncept für eine Gesamtstrategie

INHALT

Koncept für eine Gesamtstrategie

1. Erste Herausforderung: eine umfassende Gesetzgebungspolitik im Bereich der Betrugsbekämpfung

1.1. Entwicklung einer Präventionskultur und Verschärfung der Rechtsvorschriften

1.1.1. Einbindung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung in die Prävention

1.1.2. Einbindung der nationalen Behörden in die Arbeit des Amtes

1.1.3. Einbindung aller Fachkreise in eine Politik der Transparenz

1.2. Verstärkung der Instrumente für Aufdeckung, Kontrolle und Ahndung

1.2.1. Genaue Definition rechtswidriger Verhaltensweisen und illegaler Handlungen

1.2.2. Ausweitung von Informationsaustausch und Kontrollmaßnahmen

1.2.3. Ausweitung der verwaltungsrechtlichen Sanktionen der Gemeinschaft

1.3. Sicherstellung einer effizienteren Abwicklung der verwaltungsrechtlichen und finanziellen Folgemaßnahmen

1.4. Klarere Vorschriften für die Zusammenarbeit

1.4.1. Schutz der finanziellen Interessen

1.4.2. Schutz der Gemeinschaftsinteressen im Zusammenhang mit der Betrugsbekämpfung

1.4.3. Engere Zusammenarbeit mit den Bewerberländern und Drittländern

2. Zweite Herausforderung : eine neue Kultur der operativen Zusammenarbeit

2.1. Ausbau der Informationsauswertung und -analyse ("Intelligence")

2.2. Für eine neue operative Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten : eine gemeinschaftliche Diensteplattform

2.3. Für eine engere Zusammenarbeit mit den beitrittswilligen Ländern

2.4. Eine laufende Bewertung der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen

3. Dritte Herausforderung : ein organübergreifendes Vorgehen zur Prävention und Bekämpfung von Korruption

3.1. Förderung einer Kooperationskultur auf allen Ebenen

3.1.1. Kommissionsdienststellen und sonstige Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen

3.1.2. Angemessene Schulung und ständige Sensibilisierung des Personals

3.2. Transparenz und Mitteilungspflicht

3.3. Unabhängige Verwaltungsuntersuchungen; gerechte und wirksame Sanktionen

4. Vierte Herausforderung: Stärkung der justiziellen Dimension

4.1. Geltender rechtlicher Rahmen

4.2. Anwendungsbereich und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinschaft

Ausblick

Auf dem Wege zur Einsetzung eines europäischen Staatsanwalts zum Schutz der finanziellen Interessen

Die vorliegende Mitteilung knüpft an die Schlußfolgerungen der Staats- und Regierungschefs auf ihrer Tagung vom 10. und 11. Dezember 1999 in Helsinki an, in denen es unter dem Punkt "Betrugsbekämpfung" [1] heißt: "Die Errichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) stellt einen wichtigen neuen Schritt bei der Betrugsbekämpfung dar. Die Kommission wird bis Juni 2000 eine Mitteilung zur Weiterentwicklung einer umfassenden Strategie zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft vorlegen".

[1] Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Helsinki vom 10. und 11. Dezember 1999, Punkt 24.

Der Schutz der finanziellen Interessen geht alle an, die Organe und ihre Mitglieder auf politischer Ebene, den europäischen öffentlichen Dienst ebenso wie den nationalen öffentlichen Dienst und ihre Bediensteten bei der Wahrnehmung ihrer täglichen Aufgaben. Dieses Anliegen nimmt bereits in der Phase der Konzipierung der Gemeinschaftspolitiken Gestalt an und ist in allen Stadien des Prozesses ihrer Umsetzung, insbesondere in bezug auf ihre budgetären und finanziellen Auswirkungen, gegenwärtig.

Damit die Leitlinien dieser Mitteilung den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Helsinki entsprechen, kommen sie als Ergänzung zu den Maßnahmen hinzu, die bereits getroffen wurden, um ein solides und effizientes Finanzmanagement der einzelnen Politiken der Europäischen Union zu gewährleisten und den Risiken von Unregelmäßigkeiten und mißbräuchlicher Verwendung von Geldern vorzubeugen. Das Weißbuch zur Reform der Kommission [2] hat dieses Ziel zu einem ständigen Anliegen aller Dienststellen des Organs gemacht, die diese Politiken umzusetzen bzw. für ihre Kontrolle und Überwachung Sorge zu tragen haben. Dieses Anliegen muß Teil einer Dynamik zur ständigen Verbesserung der bestehenden Maßnahmen ausgehend von einer regelmäßigen Bewertung ihrer Wirksamkeit sein. Die Kommission hat im übrigen im Rahmen dieser Reform bereits eine gründliche Neugestaltung ihrer Finanzmanagement- und Finanzauditmethoden sowie ihrer Verwaltungspraktiken (Änderung des Statuts der Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft, Verschärfung der Disziplinarverfahren usw.) in die Wege geleitet. Ganz konkret sind insbesondere die Neufassung der Haushaltsordnung und die Schaffung eines internen Auditdienstes Faktoren, durch die der Schutz der finanziellen Interessen verstärkt wird [3].

[2] Weißbuch zur Reform der Kommission. KOM (2000) 200 endg. vom 5. April 2000.

[3] Diese Maßnahmen, die Teil der Reform sind und insbesondere im Weißbuch näher aufgeführt werden, sind Gegenstand eines besonderen Aktionsplans. Auf sie wird daher als solche im Rahmen dieser Mitteilung, mit der die Tätigkeit aller Dienststellen ergänzt werden soll, die zum Schutz der finanziellen Interessen beitragen, nicht eingegangen.

Diese Mitteilung, die Teil des Prozesses zur Stärkung der öffentlichen Finanzen ist, stellt insbesondere das Konzept für die Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften dar, das die Kommission dem Rat und dem Europäischen Parlament zu unterbreiten gedenkt. Sie stützt sich auf den neuen institutionellen Rahmen und auf die Komplementarität der Arbeit der Mitgliedstaaten und der Organe.

Koncept für eine Gesamtstrategie

Die öffentlichen Finanzen der Gemeinschaft sind durch die Vertragsbestimmungen [4] geregelt. Für die Aufstellung, die Ausführung und den Schutz des Gemeinschaftshaushalts sind sowohl die Gemeinschaftsorgane als auch die Mitgliedstaaten zuständig. Das Europäische Parlament und der Rat sowie die Kommission haben besondere Zuständigkeiten in diesem Bereich. Das Europäische Parlament und der Rat beschließen als Haushaltsbehörde den Haushaltsplan, wobei es Sache des Parlaments ist, für jedes Haushaltsjahr festzustellen, daß er endgültig festgestellt ist. Das Europäische Parlament prüft nach dem Rat die Rechnung und die Vermögensübersicht. Es erteilt der Kommission Entlastung zur Ausführung des Haushaltsplans. Darüber hinaus prüft der Europäische Rechnungshof die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung.

[4] Artikel 274 bis 280 EG-Vertrag.

Der neue Artikel 280 EG-Vertrag stellt auf einen wirksamen und gleichwertigen Schutz der finanziellen Interessen in der gesamten Gemeinschaft ab. Er schreibt die Verpflichtung der Mitgliedstaaten fest, zu diesem Zweck gemeinsam mit der Kommission für eine enge, regelmäßige Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden zu sorgen. Außerdem wurde mit diesem Artikel eine neue Rechtsgrundlage eingeführt, die es dem Europäischen Parlament und dem Rat ermöglicht, nach dem Verfahren der Mitentscheidung die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien, die sich gegen die finanziellen Interessen der Gemeinschaft richten, zu beschließen [5]. Schließlich ist in diesem Artikel auch ein Gebot der laufenden Bewertung und der Transparenz insoweit festgeschrieben, als die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten einen Bericht vorlegen muß.

[5] Der Rechnungshof ist nach Artikel 280 EG-Vertrag über seine Stellungnahme am Gesetzgebungsverfahren beteiligt.

Wichtige und schützenswerte Finanzinteressen der Organe und der Mitgliedstaaten

Im Zuge des europäischen Integrationsprozesses haben sich die Ausgaben der Union beträchtlich erhöht. Für das Jahr 2000 belaufen sie sich auf 93 Mrd. EUR. Über die Haushaltsaspekte der Gemeinschaftseinnahmen und -ausgaben hinaus umfassen die finanziellen Interessen der Gemeinschaften sämtliche im Besitz der Gemeinschaften befindlichen oder von ihnen verwalteten Vermögenswerte. Die finanziellen Interessen der Gemeinschaft sind gefährdet durch die Kriminalität, insbesondere wenn diese grenzübergreifend ist. Daher kommt es darauf an, daß die nationalen Behörden und die Gemeinschaftsorgane in enger und regelmäßiger Zusammenarbeit für ihren Schutz sorgen. Sie tragen damit auch zu ausgewogenen Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaftsteilnehmer und zur Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten bei. Das Vertrauen der europäischen Bürger und der Wirtschaftsteilnehmer in ihre Institutionen wird auf diese Weise gestärkt.

Derzeitiger institutioneller und rechtlicher Rahmen

Seit 1994 zielt das Gemeinschaftskonzept zum Schutz der finanziellen Interessen und zur Bekämpfung von Betrug darauf ab, den Rechtsrahmen weiterzuentwickeln [6], um alle Bereiche des Schutzes finanzieller Interessen abzudecken [7] und die konkrete Vor-Ort-Erfahrung der Kommission unter Wahrung der Grundrechte und des Schutzes personenbezogener Daten [8] weiter auszubauen. Der Rechtsrahmen für den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen wird mit der Ratifizierung des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen und seiner Protokolle vervollständigt werden [9]. Dieser pragmatische Ansatz, der nach Maastricht verfolgt wurde, mündete im Rahmen des Amsterdamer Vertrages in wesentliche Änderungen, durch die u.a. die Verteilung der Kompetenzen zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten geklärt wurde (Artikel 280 EGV).

[6] Die wesentlichen Ergebnisse sind den Jahresberichten der Kommission und der Bilanz 1996 zu entnehmen. Zuletzt vorgelegt: KOM(1999)590 endg. vom 17.12.99; KOM(97)200 endg. vom 6.5.97.

[7] Verordnung (Euratom, EG) Nr. 988/95 des Rates über den Schutz der finanziellen Interessen; Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission; sektorbezogene Verordnungen betreffend die Mitteilungs- und Kontrollpflichten.

[8] Artikel 286 EG-Vertrag und Richtlinie 95/46/EG (ABl. L 281 vom 23.11.1995).

[9] Übereinkommen vom 26.7.95, Erstes Protokoll vom 27.9.96, Zweites Protokoll vom 19.6.97, Protokoll zur Auslegung durch den EuGH vom 29.11.96 und Übereinkommen zur Bekämpfung von Korruption vom 26.5.97.

Seit Mai 1999 hat die Gemeinschaft die Konsequenzen [10] aus dem Inkrafttreten von Artikel 280 EGV gezogen und eine umfassende Reform der Betrugs- und Korruptionsbekämpfung beschlossen. Eines der Schlüsselelemente der Reform war die Einrichtung des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) [11]. Ergänzt wurden diese Initiativen durch das Weißbuch zur Reform der Kommission dahingehend, daß alle Kommissionsdienststellen zu einem besseren Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften mobilisiert werden. Zu diesem Zweck sieht die Gesamtstrategie der Kommission vor, die bisherigen, mit großem personellen Aufwand verbundenen Maßnahmen dieser Dienststellen im Hinblick auf eine straffere Finanzverwaltung auszubauen und zu diesem Zweck insbesondere die Finanzkontrollfunktion zu dezentralisieren und einen internen Auditdienst einzurichten sowie Arbeitsgruppen und gemeinsame Teams zu bilden, in denen das Amt und alle Kommissionsdienststellen zusammenwirken.

[10] Rat Wirtschaft/Finanzen vom 25. Mai 1999 und Europäischer Rat von Köln (Juni 1999).

[11] In operativer Hinsicht unabhängiger Dienst der Kommission, der unter der Aufsicht eines Überwachungsausschusses steht (vgl. Beschluß der Kommission vom 28. April 1999 sowie die Verordnungen (EG) Nr. 1073 und (Euratom) Nr. 1074/1999, ABl. L 136 vom 31.5.1999).

Dimensionswandel und neue Pflichten

Der Auftrag des Europäischen Rates von Helsinki fällt zeitlich mit einem historischen Wendepunkt in Europa zusammen. Die Regierungskonferenz 2000, die anstehende Erweiterung, die globale Dimension der Gemeinschaftsziele - vom Binnenmarkt bis hin zur Währungsunion - fügen sich ein in einen Wirtschaftsraum, in dem nationale Schranken schrittweise abgebaut werden. Gleichwohl bestehen einige rechtliche Barrieren fort, die die Tätigkeit der Polizei- oder Justizbehörden erschweren, nicht jedoch kriminelle Aktivitäten behindern.

Im Vertrag von Amsterdam wurde das Ziel festgeschrieben, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen. Die Prioritäten und der Zeitplan zur Erreichung dieses Ziels wurden auf der Tagung des Europäischen Rats in Tampere im Oktober 1999 genauer festgelegt. Bis zur Verwirklichung dieses neuen Raums muß im Hinblick auf die Prävention und die Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften ein Konzept verfolgt werden, das sich sowohl auf den ersten als auch auf den dritten Pfeiler stützt [12]. In diesem Sinne sind die Begriffe "Betrug" oder "Korruption" im weiteren Verlauf dieses Dokuments zu verstehen.

[12] Ziel muß dabei sein, auf der Grundlage eines pfeilerübergreifenden Konzeptes die Gemeinschaftsinitiativen (1. Pfeiler) um Maßnahmen im Rahmen des EU-Vertrags (3. Pfeiler) zu ergänzen.

Grundlagen und Ziele einer neuen integrierten Gesamtstrategie

Entsprechend den Zielen des Vertrags (Artikel 280 EG-Vertrag) muß die neue Strategie [13] auf einer Kultur der engen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft beruhen. Sie muß sowohl eine Präventionspolitik als auch eine Politik für die Finanzkontrolle und die effiziente Ahndung beinhalten. Dazu ist es erforderlich, alle verwaltungsrechtlichen Instrumente zu mobilisieren, aber auch alle strafrechtlichen Handlungsinstrumente einzusetzen.

[13] Grundlagen der Überlegungen über die neue Strategie sind der Bericht über die Anwendung des ehemaligen Artikels 209a EG-Vertrag, die Jahresberichte und die sonstigen Arbeiten der Kommission zum strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen, die Schlußfolgerungen des Ausschusses unabhängiger Sachverständiger, der Bericht der Herren Dehaene, von Weizsäcker und Simon über die institutionellen Auswirkungen der Erweiterung sowie die Arbeiten der Organe, insbesondere die Arbeiten des Europäischen Parlaments, des Rates und des Rechnungshofs.

Die auf nationaler Ebene und auf Gemeinschaftsebene getroffenen Maßnahmen müssen sich ergänzen. Für die Kommission bedeutet dies, daß sie sich auf bestimmte Schwerpunktthemen oder -maßnahmen konzentrieren und auf diese Weise das Ineinandergreifen der Anstrengungen der nationalen Behörden und der zuständigen Einrichtungen sowohl auf operativer Ebene als auch im Bereich der Rechtsetzung (im Rahmen sowohl des ersten als auch des dritten Pfeilers) gewährleisten muß. Das Konzept der Kommission baut darüber hinaus auf den zusätzlichen Nutzen einer verstärkten Zusammenarbeit mit den Bewerberländern im Rahmen der Heranführungsstrategie sowie mit den Drittländern, insbesondere im Rahmen der Handelspolitik und der Entwicklungshilfe.

Grundzüge der Gesamtstrategie

Um die Zukunftsfähigkeit der Gesamtstrategie zu wahren und konkrete und meßbare Ergebnisse zu erzielen, müssen die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten entschlossen zu Werke gehen und ihre Maßnahmen über einen mehrjährigen Zeitraum (2001-2005) planen. Dabei gilt es vier entscheidende Herausforderungen zu bewältigen:

* eine umfassende Gesetzgebungspolitik im Bereich der Betrugsbekämpfung (Weiterentwicklung der Rechtsvorschriften im Sinne größerer Effizienz und Kohärenz)

* eine neue Kultur operativer Zusammenarbeit (uneingeschränkte Mitwirkung sowie abgestimmtes Vorgehen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft vor Ort)

* ein organübergreifendes Vorgehen zur Prävention und Bekämpfung von Korruption (Stärkung der Glaubwürdigkeit der europäischen Organe)

* Stärkung der strafrechtlichen Dimension (Anpassung der innerstaatlichen Strafverfolgungspolitik an die neuen vertraglichen Verpflichtungen).

An diesen entscheidenden Herausforderungen, die die Grundzüge der Gesamtstrategie bilden, müssen sämtliche Initiativen und vorrangigen Maßnahmen im Rahmen einer jährlichen Planung ausgerichtet werden.

1. Erste Herausforderung: eine umfassende Gesetzgebungspolitik im Bereich der Betrugsbekämpfung

Seit 1994 bemüht sich die Kommission im Rahmen ihrer Betrugsbekämpfungspolitik um die Entwicklung eines horizontalen und pfeilerübergreifenden Gesetzgebungskonzepts. Eine vollständige und umfassende Betrugsbekämpfung schließt sowohl die Prävention (1.1) und die Aufdeckung (1.2) als auch die Verfolgung (1.3) und die Zusammenarbeit (1.4) ein, und sie erstreckt sich auf sämtliche Bereiche, in denen Betrug und Korruption auftreten können. Um dieser ersten Herausforderung zu begegnen, müssen genaue Vorschriften ausgearbeitet werden, die insbesondere den Austausch von Informationen, Kontrollen sowie eine enge und regelmäßige Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden sowie zwischen diesen und der Kommission vorsehen. Diese Zusammenarbeit ist von entscheidender Bedeutung für die die Stärkung des gegenseitigen Vertrauens. Momentan ist sie bei weitem noch nicht perfekt und muß daher - insbesondere, was die Rechtsvorschriften anbelangt - intensiviert werden, damit alle Beteiligten ihre Verpflichtungen besser erfuellen können.

1.1. Entwicklung einer Präventionskultur und Verschärfung der Rechtsvorschriften

Damit eine Politik zum Schutz der finanziellen Interessen und öffentlichen Mittel auf Dauer wirksam ist, muß sie auf einer klaren, leicht anwendbaren Rechtsordnung beruhen, die Vorschriften für ein effizienteres Finanzmanagement und eine wirksamere Kontrolle der Gemeinschaftspolitiken enthält. Diese Vorschriften müssen abschreckend genug sein, um rechtswidrige Handlungen weitestgehend zu unterbinden. Außerdem ist es ausgehend von einer ständigen Bewertung der aufgetretenen Schwierigkeiten und der Gegebenheiten vor Ort wichtig, daß die Rechtsvorschriften regelmäßig verbessert werden können, damit der Gefahr der Nichteinhaltung oder Umgehung der Vorschriften vorgegriffen wird.

Ein solches Konzept muß schon bei der Konzipierung der Rechtsvorschriften und der Politik der Gemeinschaft ansetzen und sich über den gesamten Gesetzgebungsprozeß erstrecken. Der Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft ist Sache aller Dienststellen der Kommission, der für die Konzipierung der Gemeinschaftspolitiken und -vorschriften zuständigen Dienststellen, aber auch der mit ihrer Umsetzung und der Kontrolle der ordnungsgemäßen Anwendung der Vorschriften beauftragten verwaltenden Dienststellen.

Die Kommission wird im Rahmen ihrer internen Reform die verwaltenden Dienststellen stärker in die Verantwortung einbinden und sich so organisieren, daß die Auditkapazität und die Finanzkontrollfunktion ihrer Generaldirektionen gestärkt werden. Im Hinblick darauf wird jeder Generaldirektor in seinen jährlichen Tätigkeitsbericht eine Erklärung aufnehmen, daß er geeignete interne Kontrollen vorgenommen hat und daß die Ressourcen für die vorgesehenen Zwecke verwendet wurden. Außerdem werden Normen für die interne Kontrolle festgelegt. In diesem Rahmen sind unlängst ein unabhängiger interner Auditdienst und eine Fachgruppe für finanzielle Fehler, bei denen es sich nicht um Unregelmäßigkeiten handelt, eingerichtet worden. Die Beamten erhalten ebenfalls eine größere Verantwortung.

Die Verhütung der Kriminalität ist für die Kommission nach wie vor ein zentrales Anliegen. Sie war im übrigen auch Gegenstand der Schlußfolgerungen des Europäischen Rats von Tampere; darin wurde die Notwendigkeit eines pfeilerübergreifenden Ansatzes anerkannt.

Um den mit der Konzipierung der Gemeinschaftspolitiken betrauten bzw. den verwaltenden Dienststellen bei ihrer auf den Schutz der finanziellen Interessen gerichteten Aufgabe zu helfen, wird die Kommission außerdem für die Einrichtung von Kooperationssystemen Sorge tragen, damit die erforderlichen Lehren aus den bei der Betrugs- und Korruptionsbekämpfung erzielten Ergebnissen gezogen werden; Ziel ist dabei, eine optimale Betrugssicherheit und einen optimalen Schutz vor Korruption zu gewährleisten und die Verwaltungsverfahren und -maßnahmen zu verbessern.

1.1.1. Einbindung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung in die Prävention

Mithin kommt es darauf an, die Dienststellen der Kommission sowie den Gesetzgeber dazu zu bewegen, Wirtschafts- und Finanzvorschriften zu entwerfen, vorzuschlagen und anzunehmen, die vor Betrug jedweder Art gefeit sind. Den Zielen der Reform entsprechend wird die Kommission dafür Sorge tragen, daß das Amt für Betrugsbekämpfung in der Phase der Vorbereitung und in den verschiedenen Stadien der Beschlußfassung von Rechtsetzungsinitiativen, die sich direkt oder indirekt auf den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft auswirken, konsultiert wird, damit ein besserer Schutz vor Betrug und Korruption dadurch gewährleistet werden kann, daß die auf einer guten Kenntnis der Sachverhalte und den Ergebnissen der operativen Arbeit beruhenden Erkenntnisse ausgewertet werden.

1.1.2. Einbindung der nationalen Behörden in die Arbeit des Amtes

Die Erfahrung der nationalen Behörden muß genutzt werden, um den Schutz der Gemeinschaftspolitiken, auch in bezug auf ihre finanziellen Auswirkungen, zu verstärken. Die Kommission verfügt hierzu über geeignete sektorbezogene Gremien in allen Bereichen der Gemeinschaftspolitik. Speziell mit Blick auf den Schutz der finanziellen Interessen vermittelt der - horizontale - Beratende Ausschuß für die Koordinierung der Betrugsbekämpfung (COCOLAF), dem hochrangige Vertreter der Mitgliedstaaten angehören, einen Gesamtüberblick über die Problematik der Betrugsbekämpfung. Er muß daher stärker in die Überlegungen über künftige Maßnahmen einbezogen werden. Der Beschluß zur Einsetzung des COCOLAF wird entsprechend geändert, um den mit der Reform der Betrugsbekämpfung verbundenen Änderungen Rechnung zu tragen. Außerdem werden spezielle Fortbildungsseminare durchgeführt werden, in deren Rahmen geeignete Lösungsvorschläge ausgearbeitet werden sollen. Die Kommission wird so eher in der Lage sein, unter Einbeziehung des aus der Arbeit der Sachverständigen erwachsenden zusätzlichen Nutzens die nötigen Initiativen vorzuschlagen.

1.1.3. Einbindung aller Fachkreise in eine Politik der Transparenz

Die Art und Weise, wie kriminelle Organisationen ihre Aufgaben aufteilen, sich über Grenzen hinwegsetzen und legale und illegale Tätigkeiten vermischen - so bedienen sie sich insbesondere verschiedener auf dem Markt vertretener Unternehmen oder bestimmter Berufe (Lagerhalter, Verarbeitungsunternehmen, Transportunternehmen, Großhändler..., freie Berufe, Berater und Prüfer, Rechts- und Rechnungssachverständige...) sowie Scheinfirmen in Räumen mit geringerer Strafverfolgung - erschwert die globale Erfassung rechtswidriger Verhaltensweisen und die Feststellung der gesamten kriminellen Struktur. Da die organisierte Kriminalität es sehr geschickt versteht, legale Einrichtungen für betrügerische Handlungen zu nutzen, muß die Betrugsbekämpfung alle angehen. Die Kommission wird Überlegungen anstellen und Maßnahmen in die Wege leiten, um die anfälligsten Wirtschaftssektoren zu sensibilisieren. Abgesehen von dem bestehenden Instrumentarium im Agrarbereich [14], in dem bisher auf operativer Ebene Schwierigkeiten auftreten, wäre es möglicherweise sinnvoll, die jeweiligen Fachkreise zu ermuntern, ihre internen Vorschriften selbst auszuarbeiten, wobei letztere gegebenenfalls einer öffentlichen Kontrolle unterzogen werden könnten, um Schwächen der eingesetzten Systeme zu beseitigen. Dies könnte im Lichte der Arbeiten im Rahmen der Charta mit den Berufsverbänden geschehen [15].

[14] Verordnungen (EG) Nr. 1469/95 und Nr. 745/96 (ABl. L 145 vom 29.6.95 bzw. L 102 vom 25.4.96), die verschiedene Maßnahmen gegen bestimmte Begünstigte von aus dem EAGFL-Garantie finanzierten Maßnahmen vorsehen. Die Kommission plant einen Bericht über den Stand der Anwendung dieser Verordnungen.

[15] Mit den Berufsverbänden am 27. Juli 1999 vereinbarte Charta über die Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

1.2. Verstärkung der Instrumente für Aufdeckung, Kontrolle und Ahndung

Der Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft erfordert an der Basis eine ordnungsgemäße Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften sowie eine effiziente Verwaltung der Gemeinschaftspolitik und der Gemeinschaftsmittel. Diese Grundsätze stellen ein Hauptanliegen aller mit der Umsetzung dieser Politik beauftragten Kommissionsdienststellen dar, die auf diese Weise an den Präventionsmaßnahmen mitwirken.

In erster Linie sind die Verwaltungsmaßnahmen und die in den verschiedenen Politikbereichen der Gemeinschaft bestehenden Kontrollvorschriften durch spezifischere Maßnahmen zu ergänzen. Für eine wirksame Bekämpfung von Betrug und Korruption müssen insbesondere in den anfälligsten Sektoren die Mittel und Rechtsinstrumente für die Aufdeckung, Kontrolle und Ahndung verstärkt werden. Dabei kommt es vor allem darauf an, den Rechtsrahmen für den Informationsaustausch zu verbessern.

1.2.1. Genaue Definition regelwidriger Verhaltensweisen und illegaler Handlungen

Bei der Initiierung ihrer Betrugsbekämpfungspolitik war die Kommission bestrebt, die Begriffe Unregelmäßigkeit, Rechtsmißbrauch, Betrug, Korruption und Geldwäsche zu definieren. Dieser Ansatz muß weiterverfolgt werden. In bezug auf die Straftatbestandsmerkmale ergeben sich aufgrund der Existenz unterschiedlicher Rechtssysteme und der Nichtratifizierung der angenommenen Rechtsakte noch immer große Abweichungen bei der Definition der Tätigkeiten, die Betrug und Korruption ausmachen. Durch die Einführung gemeinsamer Definitionen werden der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit erleichtert werden und Sanktionen wirksamer angewandt werden können. Daher hat die Kommission in ihrem Arbeitsprogramm für das Jahr 2000 einen Legislativvorschlag angekündigt, mit dem einige Bestimmungen des Übereinkommens und der Protokolle über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen übernommen werden sollen. In bezug auf die Untersuchungen in den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen der Gemeinschaft (interne Untersuchungen) wird es insbesondere wichtig sein, die regelwidrigen Verhaltensweisen besser zu definieren, damit namentlich effiziente Verwaltungsuntersuchungen durchgeführt werden können.

1.2.2. Ausweitung von Informationsaustausch und Kontrollmaßnahmen

Die Kommission hat im Rahmen ihrer Betrugsbekämpfungspolitik einen spezifischen Rechtsrahmen für Informationsaustausch [16] und Kontrollmaßnahmen entwickelt, so daß inzwischen alle Bereiche des Gemeinschaftshaushalts abgedeckt sind. Auf der Grundlage der in ihrem Jahresbericht enthaltenen Bilanz kann die Kommission sachdienliche Schlüsse ziehen und gegebenenfalls Verbesserungen vorschlagen. In sachverwandten oder besonders betrugsanfälligen Bereichen sind bereits ergänzende Initiativen im Gang, so beispielsweise in den Bereichen Geldwäsche [17], öffentliches Auftragswesen [18] oder Zuschußgewährung.

[16] Siehe insbesondere die Verordnungen Nr. 1150/2000 (ABl. L 130 vom 31.5.2000), Nr. 515/97 (ABl. L 82 vom 22.3.97), Nr. 595/91 (ABl. L 67 vom 14.3.91), Nr. 1681/94 und Nr. 1831/94 (ABl. L 178 vom 12.7.94 bzw. L 191 vom 27.7.94).

[17] Die Wiedereinschleusung der Erträge aus Betrug erfolgt über Geldwäschenetze, eine unverzichtbare Komponente der Kriminalität, ohne die diese sich nicht in großem Maßstab organisieren kann. Es ist wirkungslos, ein Netz zu zerschlagen, wenn nicht auch dessen Finanzmittel vernichtet werden. Die Bekämpfung der Geldwäsche muß daher fester Bestandteil der Betrugsbekämpfung werden. Die einschlägigen Rechtsvorschriften schreiben zwar zwingend den Informationsaustausch zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten über sich gegen die finanziellen Interessen der Gemeinschaften richtende Betrugsdelikte vor, erstrecken sich jedoch nicht auf die Geldwäsche. Die Kommission hat daher in ihren Vorschlag zur Änderung der Geldwäsche-Richtlinie von 1991 die Bestimmung aufgenommen, daß die Kommission an dem in der Richtlinie vorgesehenen Informationsaustauschsystem beteiligt werden kann. Die Verbindungen zwischen der Geldwäsche und den wichtigsten Straftaten, denen diese zugeordnet ist, werden die Ermittlung der Netze erleichtern und es eher ermöglichen, im Hinblick auf die Beschlagnahme und Einziehung der Guthaben die Auftraggeber aufzuspüren. Die Kommission wird prüfen, inwieweit die einschlägigen Vorschriften ergänzt werden müssen.

[18] Das öffentliche Auftragswesen ist anfällig für Betrug und Korruption. In dem von der Kommission im Mai 2000 angenommenen Vorschlag für eine konsolidierte Richtlinie über öffentliche Aufträge ist vorgesehen, daß ein für bestimmte Straftaten rechtskräftig verurteilter Bewerber von der Vergabe öffentlicher Aufträge auszuschließen ist. Bei einem verbesserten Informationsaustausch wäre es außerdem möglich, Bewerber bzw. Wirtschaftsteilnehmer, bei denen in bezug auf die Auftragsvergabe und die Bewilligung von Gemeinschaftszuschüssen ein Betrugsrisiko besteht, leichter zu ermitteln. Die Vergabestellen könnten die betreffenden Personen sodann unter Einhaltung der den Personen gewährten Garantien (Rechtsweg) und der Datenschutzvorschriften gegebenenfalls von Ausschreibungen und der Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen ausschließen.

1.2.3. Ausweitung der verwaltungsrechtlichen Sanktionen der Gemeinschaft

Damit rechtswidrige Verhaltensweisen nicht um sich greifen und die Rechtsvorschriften der Gemeinschaften besser eingehalten werden, müssen die Verwaltungskontrollmaßnahmen von einem System verwaltungsrechtlicher Sanktionen flankiert werden. Von diesem System verwaltungsrechtlicher Sanktionen, das im Prinzip auf nationaler Ebene bestehen dürfte und das es in manchen Sektoren wie der Landwirtschaft auch auf Gemeinschaftsebene gibt, bleiben die bestehenden nationalen Rechtsvorschriften zur Verfolgung strafbarer Handlungen selbstverständlich unberührt.

Ein System verwaltungsrechtlicher Sanktionen [19] ist ein wichtiges Abschreckungsmittel jeder Aufdeckungs- und Kontrollstrategie. Gemäß dem durch die Verordnung Nr. 2988/95 des Rates geschaffenen Rahmen wird die Kommission die Initiative ergreifen, um im Lichte des in der Gemeinsamen Agrarpolitik bestehenden Systems die verwaltungsrechtlichen Sanktionen auf die am meisten gefährdeten Bereiche auszuweiten.

[19] Disziplinarmaßnahmen siehe Punkt 3.3 (dritte Herausforderung).

1.3. Sicherstellung einer effizientere Abwicklung der verwaltungsrechtlichen und finanziellen Folgemaßnahmen

Wie das Europäische Parlament und der Rechnungshof bereits mehrfach betont haben und in den Leitlinien des Weißbuchs zur Reform der Kommission vorgesehen ist, werden Maßnahmen im Hinblick auf eine effizientere Einziehung der zu Unrecht gezahlten oder umgangenen Beträge getroffen werden. Neben den hierfür erforderlichen Legislativmaßnahmen wird die Kommission entsprechend den Leitlinien des Weißbuchs die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Dienststellen enger gestalten. Wichtig ist, daß die zu Unrecht gewährten oder umgangenen Beträge von den Betrügern zurückgefordert werden, bevor gegebenenfalls Verfahren in Anspruch genommen werden, bei denen je nach den im Rahmen der verschiedenen Gemeinschaftspolitiken hierfür vorgesehenen spezifischen Vorschriften die Gemeinschaft oder die Mitgliedstaaten finanziell haftbar gemacht werden.

Hier verfügt die Gemeinschaft über das Instrumentarium finanzieller Berichtigungen gegenüber den Mitgliedstaaten. Die Berichtigungen sollen insbesondere in dem Bestreben angewandt werden, die Mitgliedstaaten zur Einrichtung effizienter nationaler Kontrollsysteme zu veranlassen [20].

[20] Rechnungsabschluß für die Ausgaben des EAGFL-Garantie; Bereich Eigenmittel. An Durchführungsmodalitäten im Bereich der Strukturfonds gemäß der Verordnung Nr. 1260/99 (ABl. L 161 vom 26.6.99) wird zur Zeit gearbeitet.

Die finanziellen Berichtigungen sollen nicht an die Stelle einer Politik treten, die bei Feststellung von Unregelmäßigkeiten Einziehungsmaßnahmen bzw. verwaltungsrechtliche Sanktionen gegen Wirtschaftsteilnehmer vorsieht. Die Kommission wird sich im Rahmen der gemäß Artikel 280 EGV in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten erstellten Jahresbilanz davon überzeugen, daß die auf Gemeinschaftsebene bestehenden verwaltungsrechtlichen Sanktionen in den Mitgliedstaaten ordnungsgemäß angewandt werden.

1.4. Klarere Vorschriften für die Zusammenarbeit

Im Rahmen des Binnenmarktes und der verschiedenen Gemeinschaftspolitiken hat die Kommission schrittweise Vorschriften für die Verwaltungszusammenarbeit mit den einzelstaatlichen Behörden erarbeitet, die eine bessere Anwendung der wirtschaftlichen und finanziellen Vorschriften gewährleisten können. Gemäß Artikel 280 EG-Vertrag soll die Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Behörden und der Kommission verstärkt werden. Die spezifischen Vorschriften, die auf diesem Gebiet erlassen werden, sollen den Ausbau der Zusammenarbeit bei der Betrugsbekämpfung in einem rechtlich sicheren Rahmen auf der Grundlage eines Gesamtkonzepts ermöglichen, wenn die Gemeinschaftsinteressen durch bestimmte Formen der grenzübergreifenden oder organisierten Kriminalität gefährdet sind.

1.4.1. Schutz der finanziellen Interessen

Im Bereich der Zusammenarbeit und der Kontrolle vor Ort, an der nationale Behörden und Bedienstete der Kommissionsdienststellen teilnehmen, sind die bestehenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts auf die Besonderheiten jedes Sektors zugeschnitten. Es zeigt sich, daß im Bereich der Betrugsbekämpfung der Rückgriff der Bediensteten des Amtes auf diese verschiedenen Rechtsgrundlagen nicht immer zur Erleichterung der Zusammenarbeit mit den für Betrugsbekämpfung zuständigen Behörden beigetragen hat; er kann sogar die Zuverlässigkeit der operativen Arbeit und die sich als notwendig erweisenden verwaltungs- oder strafrechtlichen bzw. finanziellen Folgemaßnahmen beeinträchtigen. Unbeschadet der Aufrechterhaltung der verschiedenen Rechtsgrundlagen, die die übrigen Kommissionsdienststellen zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften in Anspruch zu nehmen haben, werden Überlegungen über die Schaffung einer einheitlichen Grundlage angestellt werden, damit die Vorschriften für die Zusammenarbeit bzw. Beteiligung an den einzelstaatlichen Ermittlungen zur Bekämpfung von Betrug und Korruption vereinfacht und klarer gefaßt werden.

1.4.2. Schutz der Gemeinschaftsinteressen im Zusammenhang mit der Betrugsbekämpfung

In bestimmten Bereichen (Landwirtschaft und Zoll [21]) sehen die Vorschriften in bezug auf die Zusammenarbeit und die Amtshilfe zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Betrug und Unregelmäßigkeiten ein vollständiges Instrumentarium vor. Die Kommission wird die Möglichkeit prüfen, ein gleichartiges Instrumentarium vorzusehen bzw. auszuweiten, damit die Unterstützung des Amtes im Hinblick auf eine bessere Bekämpfung der organisierten, insbesondere grenzübergreifenden Kriminalität zum Nachteil von Gemeinschaftsinteressen, die mit den Interessen im Bereich der Betrugs- und Korruptionsbekämpfung zusammenhängen, weniger aleatorisch ist. Die in bezug auf den Schutz der finanziellen Interessen gesammelte Erfahrung könnte dazu genutzt werden, die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten in ganz bestimmten Bereichen zu verbessern, in denen bereits eine Gemeinschaftspolitik oder ein Rechtsrahmen besteht [22].

[21] Die Kommission wird mit den Zollbehörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeiten einer Ausweitung der Zusammenarbeit im Zollbereich auf der Grundlage von Artikel 135 EGV prüfen.

[22] Vgl. die laufenden Arbeiten zum Schutz des Euro und die Maßnahmen zur Bekämpfung von Raubkopien und Fälschungen (Verordnungen (EG) Nr. 3295/94 und Nr. 1367/95, ABl. L 341 vom 30.12.94 und L 133 vom 17.6.95 ; Grünbuch zur Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt - KOM(98)569 endg.).

1.4.3. Engere Zusammenarbeit mit den Bewerberländern und Drittländern

Wie bei der Entwicklungshilfepolitik oder der Handelspolitik der Gemeinschaft kann auch bei der Erweiterungspolitik die Gefahr bestehen, daß ihre wichtigsten Ziele umgangen werden, insbesondere wenn es um hohe Mittelbeträge geht. Daher ist es nach wie vor grundlegend wichtig, daß die Zusammenarbeit mit den Behörden der betreffenden Länder verbessert wird.

Zur Erleichterung des Informationsaustauschs und der erforderlichen Kontrollen wird die Kommission systematisch die Möglichkeit prüfen, mit allen zuständigen Behörden Abkommen oder Vereinbarungen (Memoranda) über Verwaltungszusammenarbeit zu schließen [23] mit dem Ziel, die ordnungsgemäße Anwendung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten sowie die rechtmäßige Gewährung und korrekte Verwendung der Mittel in diesen Ländern zu kontrollieren. Diese Abkommen sollten spezifische Bestimmungen enthalten und insbesondere vorsehen, daß das Amt Vor-Ort-Kontrollen zur Betrugsbekämpfung durchführen kann.

[23] Derartige Abkommen bestehen bereits im Bereich der Landwirtschaft (SAPARD-Programm).

Im Hinblick auf einen besseren Schutz der auf Drittländer ausgerichteten Gemeinschaftspolitiken, insbesondere der Entwicklungshilfe und der Handelspolitik, wird die Kommission ein entsprechendes, nach noch festzulegenden Prioritäten abgestuftes Konzept mit den übrigen Partnern der Europäischen Union verfolgen.

2. Zweite Herausforderung : eine neue Kultur der operativen Zusammenarbeit

Ziel ist, im operativen Bereich die Voraussetzungen für eine mehr proaktive Ausrichtung der Tätigkeit vor Ort zu schaffen. Um der zweiten Herausforderung gerecht werden zu können, muß die Kommission einen umfassenden Überblick über das wirtschaftliche Umfeld und die Kriminalitätslage besitzen (2.1) und dadurch besser in der Lage sein, eine neue Kultur der Zusammenarbeit mit den einzelstaatlichen Behörden (2.2), aber auch mit den Behörden der beitrittswilligen Länder (2.3) zu entwickeln. Maßgebliche Grundsätze bei der Realisierung dieser Ziele werden das Transparenzgebot und die ständige Evaluierung sein (2.4).

2.1. Ausbau der Informationsauswertung und -analyse ("Intelligence")

Eine wirkungsvolle Bekämpfung von Betrug und Korruption erfordert eine möglichst umfassende Kenntnis der wirtschaftlichen Gegebenheiten und der Kriminalitätslage in den betreffenden Ländern. Die komplexen und ausgefeilten Betrugsmechanismen erschweren die Aufklärung nicht zuletzt auch durch ihre transnationale Dimension und ihre Undurchsichtigkeit.

Um einen spezialisierten, grenzübergreifend leistungsfähigen und proaktiven Dienst aufbauen zu können, ist die Palette verfügbarer Informationsquellen schrittweise zu erweitern und vorzusehen, daß das Amt Zugriff auf spezifische Daten hat bzw. ihm spezifische Daten übermittelt werden, die ihm im Rahmen seines Auftrags nützlich sind [24]; dies hat im Einvernehmen mit den Organen oder Einrichtungen zu geschehen, die über diese Daten verfügen. Die Technologie und die technischen Verfahren zur Sammlung, Speicherung und Auswertung der Informationen sind im Lichte bewährter Praktiken weiterzuentwickeln. Die Modalitäten der Durchführung dieses Projekts werden unter Berücksichtigung der Vorschriften über den Datenschutz, insbesondere der Bestimmungen der Artikel 287 und 296 EGV, zu prüfen sein. Die Erfassung und die Verarbeitung der personenbezogenen Daten werden unter der Kontrolle der in Artikel 286 EGV vorgesehenen unabhängigen Instanz erfolgen.

[24] Gleichgültig, ob sie von den Kommissionsdienststellen, anderen Institutionen, Organen und Einrichtungen (EZB, Rechnungshof...), innerstaatlichen Behörden oder sonstigen Stellen wie Europol, Interpol, WZO, WTO, Weltbank, IWF, OECD stammen. Ergänzt wird diese Tätigkeit durch die Arbeiten, die im Rahmen des Programms « Zoll 2002 » hinsichtlich der Risikoanalyse bei Zollkontrollen sowie in der Gemeinsamen Agrarpolitik im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKos) und des Geographischen Informationssystems (GIS) durchgeführt werden.

Damit ein sachdienlicher Gesamtüberblick gewährleistet ist, lassen sich bei der "Intelligence" zwei Ebenen unterscheiden. Obgleich sie auf unterschiedlichen Spezialisierungen beruhen, müssen sie innerhalb ein und derselben Dienststelle, die über die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen verfügt, verknüpfbar sein.

Wenn die Gemeinschaft ihre Kenntnisse darüber ausbaut, welche Umstände Betrug oder Korruption begünstigen, wird sie über eine echte strategische "Intelligence" verfügen. Besonderes Augenmerk sollte Informationen über das wirtschaftliche, administrative, gesellschaftliche und rechtliche Umfeld auf nationaler, gemeinschaftlicher und internationaler Ebene gelten. Einzubeziehen sind dabei alle verfügbaren statistischen und buchmäßigen Daten über den Handelsverkehr und über Transaktionen mit Gemeinschaftsmitteln sowie die Ergebnisse von Kontrollen oder Prüfungen, die von anderen Dienststellen, Behörden oder Einrichtungen durchgeführt werden. Ausgangspunkt für die Analyse dieser Informationen muß selbstverständlich die Frage sein, welche Auswirkungen sie auf die finanziellen Interessen der Gemeinschaften haben.

Kriminalität stützt sich auf Personen und strukturierte oder locker geknüpfte Netze. Deren Tätigkeit kann jedoch nur dann vorgebeugt werden, wenn es einschlägige Anhaltspunkte gibt. Die operative "Intelligence"-Funktion besteht also darin, die Betrugsmechanismen sowie die Struktur der organisierten oder nichtorganisierten Betrugsnetze zu ermitteln. Entsprechende Informationen kommen aus frei oder nur begrenzt zugänglichen Quellen, z. B. Polizeibehörden, Intelligencediensten oder Behörden, denen Angaben über rechtswidrige Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften vorliegen.

Eine Kombination der strategischen und der operativen "Intelligence"-Ebene ist notwendig, um eine Orientierung zu erleichtern und operative Prioritäten festzulegen.

Die Kommission wird dafür sorgen, daß das Amt in der Lage ist, als Plattform für die Erfassung und Analyse der Informationen und Daten zu dienen, damit es zu einer echten "Beobachtungsstelle für Betrug und Korruption" werden kann, die den Mitgliedstaaten und den Organen logistische Unterstützung leistet. Das Amt wird für seinen Teil die zuständigen Dienststellen über die Ergebnisse der operativen Arbeit unterrichten, damit gegebenenfalls die Verwaltungs-, Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen bzw. -verfahren zur Prävention von Unregelmäßigkeiten, Betrug und Korruption verbessert werden können.

2.2. Für eine neue operative Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten : eine gemeinschaftliche Diensteplattform

Die Bekämpfung von Betrug und Korruption ist eine gemeinsame Aufgabe. In den internen und externen Politikbereichen wird die Kommission, die für die direkte Verwaltung zuständig ist, dafür Sorge tragen, daß alle erforderlichen Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Betrug und Korruption getroffen werden. In den übrigen Bereichen muß sie das ständige Anliegen aller beteiligten Partner (Organe, Verwaltungs-, Justiz- und politische Behörden der Mitgliedstaaten und Drittländer, Berufsvertreter sowie Wirtschafts- und Finanzakteure) sein.

Gemäß Artikel 280 EGV und Artikel 1 der Verordnungen Nr. 1073/1999 und Nr. 1074/1999 sichert das Amt seitens der Kommission die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Organisation einer engen, regelmäßigen Zusammenarbeit zwischen ihren zuständigen Behörden, um ihre Tätigkeit zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften vor Betrügereien zu koordinieren. Mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und den ihm von der Kommission und dem Gesetzgeber übertragenen Kompetenzen organisiert das Amt seine Arbeitsweise dahingehend, daß es eine echte "Diensteplattform" bildet. Auf diese Weise wird es in der Lage sein, in allen Bereichen seiner Fachkompetenz Leistungen zu erbringen, indem es seine pluridisziplinären Fachkenntnisse und Erfahrungen allen für die Bekämpfung von Betrug und Korruption zuständigen nationalen Stellen bzw. Behörden zur Verfügung stellt. Diese Diensteplattform wird Formen einer neuen operativen Zusammenarbeit in allen Bereichen der Betrugs- und Korruptionsbekämpfung regelmäßig sowie auf einer sicheren und flexiblen Grundlage erleichtern. Die Mitgliedstaaten können ihre Organisationsstruktur anpassen bzw. die erforderlichen Vorkehrungen treffen, um eine größere Synergie mit dem Amt zu gewährleisten.

Selbstverständlich bleibt die Zuständigkeit der übrigen Kommissionsdienststellen für die Kontrolle bzw. Überwachung der Anwendung und des effizienten Finanzmanagements der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Gemeinschaft von der Wahrnehmung dieses Auftrags durch das Amt unberührt. Die Kommission wird dafür sorgen, daß die Aufgabe des Amtes erleichtert wird, damit es die Maßnahmen dieser Dienststellen, die am Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften mitwirken, insbesondere die des Internen Auditdienstes, im Hinblick auf einen größeren zusätzlichen Nutzen auf Gemeinschaftsebene einbeziehen kann; dies geschieht vor allem durch Bildung von Arbeitsgruppen oder gemischten Teams, in denen das Amt und alle Dienststellen gemeinsam auf den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften hinarbeiten.

2.3. Für eine engere Zusammenarbeit mit den beitrittswilligen Ländern

Die Kriminalität beschränkt sich nicht auf das Gebiet der Gemeinschaft. Die Europäische Union muß den Bewerberländern Hilfestellung geben, damit ein einheitliches Schutzniveau gewährleistet ist. Diese Priorität wurde von der Kommission im Rahmen der Verhandlungen mit den Bewerberländern festgesetzt; diese müssen den Besonderheiten der Betrugsbekämpfung zum Schutz der Gemeinschaftsinteressen Rechnung tragen. Polen hat im Rahmen der Heranführungsstrategie diese Vorgabe mit der Schaffung einer pluridisziplinären Einrichtung von der Art des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung in die Praxis umgesetzt [25], die den anderen Bewerberländern als Vorbild dienen kann.

[25] Geschaffen wird unter der Schirmherrschaft des polnischen Ministerpräsidenten eine zentrale pluridisziplinäre (Zoll, Polizei, Justiz) Einrichtung zum Schutz der Gemeinschaftsinteressen. Sie wird in der Anlaufzeit (mindestens zwei Jahre) von einem Team von Sachverständigen der Mitgliedstaaten unterstützt, die vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung benannt werden. Diese Einrichtung wurde im Rahmen des Phare-Programms kofinanziert.

Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit mit Drittländern und einigen internationalen Organisationen intensiviert werden.

2.4. Eine laufende Bewertung der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen

Zur Messung der erzielten Fortschritte wird eine laufende Bewertung des Ergebnisses der Maßnahmen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten durchgeführt werden, die sich auf die Erstellung von Indikatoren stützen wird. Die regelmäßigen Berichte des Amtes an die Organe und der Jahresbericht der Kommission (Artikel 280 EGV) werden die bevorzugten Instrumente dieser Strategie sein. Außerdem ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission und der Gesetzgeber einen Überwachungsausschuß eingesetzt haben, der die Ausübung der operativen Tätigkeit des Amtes einer regelmäßigen Kontrolle zu unterziehen hat. Der Ausschuß wird regelmäßig über die Tätigkeiten des Amtes, seine Untersuchungen, deren Ergebnisse und die entsprechenden Folgemaßnahmen unterrichtet. Er erstellt mindestens einmal im Jahr einen Bericht, den er den Organen übermittelt. Die Kommission erwartet, daß sie von den Mitgliedstaaten umfassend über alle auf nationaler Ebene getroffenen Maßnahmen informiert wird. Die Partnerschaft im Bereich der Kommunikation muß in beiden Richtungen zum Tragen kommen können, damit die Ziele des Vertrages erreicht werden.

3. Dritte Herausforderung : ein organübergreifendes Vorgehen zur Prävention und Bekämpfung von Korruption

Die Stärkung der Glaubwürdigkeit der Gemeinschaftspolitiken durch einen besseren Schutz der Integrität des europäischen öffentlichen Dienstes und der Mitglieder der Organe ist die dritte Herausforderung, die es zu bewältigen gilt [26]. Daher hat der Gemeinschaftsgesetzgeber dem Amt eine organübergreifende Aufgabe zum Schutz des europäischen öffentlichen Dienstes vor möglicher Beeinflussung übertragen, die die Legitimität der Beschlüsse, Stellungnahmen und Rechtsvorschriften der Gemeinschaft beeinträchtigen kann. Dieser in den Verordnungen Nr. 1073/1999 und Nr. 1074/1999, dem Beschluß der Kommission vom 28. April 1999 und der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 festgeschriebene Auftrag wird im Geiste der von der Kommission durchgeführten Reform wahrgenommen. Das Amt muß mit den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen der Gemeinschaften eng und regelmäßig zusammenarbeiten und gezielter zu den Schulungsmaßnahmen beitragen (3.1). Darüber hinaus muß es die Transparenz und die Mitteilungspflicht (3.2) fördern. Sein Auftrag auf dem Gebiet der Verwaltungsuntersuchungen muß durch gerechte und wirksame Sanktionen ergänzt werden können (3.3).

[26] Selbstverständlich ist die Tätigkeit auf diesem Gebiet an die im Rahmen der ersten Herausforderung genannten Präventionsmaßnahmen und Rechtsetzungsinitiativen gekoppelt, an denen alle Kommissionsdienststellen beteiligt sind.

3.1. Förderung einer Kooperationskultur auf allen Ebenen

3.1.1. Kommissionsdienststellen und sonstige Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen

Um wirksam zu sein, muß das Vorgehen zur Prävention und Bekämpfung schwerwiegender Handlungen, die den finanziellen Interessen der Gemeinschaft und der Glaubwürdigkeit der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen schaden können, auf einer loyalen Zusammenarbeit zwischen den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen beruhen. Es ist daher dafür Sorge zu tragen, daß sich die Pflichten der Mitglieder und Bediensteten des öffentlichen Dienstes - selbstverständlich unter Wahrung der Rechte der Personen - kohärent gestalten.

Das Amt muß gemäß den Verpflichtungen aus den neuen Rechtsvorschriften [27] enge Beziehungen zu allen Dienststellen der Kommission und denen der anderen Organe, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen weiter vertiefen. Zur Bewertung von Tragweite und Relevanz der Ergebnisse der Reform werden in der Kommission im Rahmen des Follow-up zum Weißbuch gründliche Überlegungen angestellt werden.

[27] Insbesondere Artikel 4 Absatz 6 Buchst. a der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999.

3.1.2. Angemessene Schulung und ständige Sensibilisierung des Personals

Maßnahmen zur Schulung und Sensibilisierung des europäischen öffentlichen Dienstes müssen auf nationaler wie auf Gemeinschaftsebene für alle Bediensteten beim Dienstantritt wie auch während der gesamten dienstlichen Laufbahn durchgeführt werden. Sie richten sich insbesondere an die Verantwortlichen für die Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und Zuschüssen. Sie müssen in Programme aufgenommen werden, die von den Kommissionsdienststellen erstellt werden. Auf diese Weise wird es möglich sein, ein Wertesystem zu fördern, auf das sich die Verwaltung der Organe stützen kann. Im Interesse der Transparenz und der Sicherheit wird die Kommission Vorschriften auf dem Gebiet der Ethik und der Interessenkonflikte weiterentwickeln, damit die Gemeinschaftsbeschlüsse nicht unzulässigen Einfluessen unterliegen.

3.2. Transparenz und Mitteilungspflicht

Ziel ist, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem jeder Bedienstete seine Verantwortlichkeiten einschätzen kann, insbesondere in bezug auf die Pflicht zur Loyalität gegenüber den Organen und der Verpflichtung zur Zusammenarbeit zwecks Prävention von Unregelmäßigkeiten.. Es ist daher sicherzustellen, daß die am 25. Mai 1999 angenommenen Betrugsbekämpfungsvorschriften entsprechend den Aufforderungen des Rates auf seiner Tagung vom 25. Mai 1999 und des Europäischen Rates von Köln [28] durch interne Beschlüsse der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen zur Umsetzung der neuen Vorschriften und der Interinstitutionellen Vereinbarung ergänzt wurden.

[28] Bisher wurden gewisse Unterschiede bei der Umsetzung der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 seitens der verschiedenen Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen festgestellt.

3.3. Unabhängige Verwaltungsuntersuchungen; gerechte und wirksame Sanktionen

Der Gesetzgeber hat das Amt beauftragt, Verwaltungsuntersuchungen in den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen der Gemeinschaften durchzuführen, um "schwerwiegende Handlungen im Zusammenhang mit der Ausübung beruflicher Tätigkeiten aufzudecken, die eine Verletzung der Verpflichtungen der Beamten und Bediensteten der Gemeinschaften, die disziplinarisch und gegebenenfalls strafrechtlich geahndet werden kann, oder eine Verletzung der analogen Verpflichtungen der Mitglieder der Organe und Einrichtungen, der Leiter der Ämter und Agenturen und der Mitglieder des Personals der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen, die nicht dem Statut unterliegen, darstellen können". Das Amt hat somit sein Vorgehen so auszurichten, daß das in der Reform der Kommission angestrebte Ziel der "Nulltoleranz" erreicht wird. Da es jedoch nicht zu seinen Aufgaben gehört, systematische Kontrollen durchzuführen (hierfür sind andere Dienststellen zuständig), wird die Effizienz des Amtes auf der Einhaltung der Mitteilungspflicht beruhen, die allen Beamten und Bediensteten der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen der Gemeinschaft gemäß ihrer Loyalitätspflicht obliegt. Das Amt wird seinerseits entsprechend den aus den neuen Vorschriften erwachsenden Verpflichtungen den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen das Ergebnis seiner Untersuchungen mitteilen. Die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen müssen auf die Untersuchungen des Amtes hin die geeigneten disziplinarrechtlichen oder gerichtlichen Schritte veranlassen. Gleichwohl bewahren sie ihre spezifischen Zuständigkeiten für die Durchführung von Verwaltungsuntersuchungen, die nicht zu den Aufgaben des Amtes gehören.

Durch die Revision der Statutsvorschriften im Bereich der Disziplinarverfahren, einschließlich einer Klärung der Rechte und Pflichten des Personals entsprechend den Vorschlägen im Weißbuch zur Reform der Kommission [29] dürfte es möglich sein, die Aufteilung der Verantwortlichkeiten klarer zu fassen und eine gerechte und wirksame Überwachung der Untersuchungen des Amtes durch die Gemeinschaftsorgane zu gewährleisten.

[29] KOM (2000) 200 endg. vom 5. April 2000.

4. Vierte Herausforderung: Stärkung der justiziellen Dimension

Die Entwicklungen der Kriminalität ebenso wie die Änderungen der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gegebenheiten der Mitgliedstaaten sind wichtige Faktoren, die einen nicht unwesentlichen Einfluß auf die Ausarbeitung bzw. Anpassung der nationalen Strafgesetzgebung haben. Insofern ist es nicht überraschend, daß in einem grenzübergreifenden politischen Kontext die Entstehung einer bestimmten Form der Kriminalität ein verstärktes Bemühen um eine bessere Einbindung der justiziellen Dimension des Strafrechts in die Definition einer Gesamtstrategie und somit um eine wirksamere Prävention und Bekämpfung von Betrug zu Lasten der Gemeinschaftsinteressen und von Korruption erforderlich macht.

Die vierte Herausforderung der Gesamtstrategie besteht in der Anpassung der Strafrechtspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten an die neuen Pflichten aufgrund von Artikel 280 EG-Vertrag und in der von den Gemeinschaftsorganen zu leistenden Unterstützung bei der Verbesserung der vorgesehenen Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung und den Justizbehörden. Die Kommission beabsichtigt, innerhalb des geltenden rechtlichen Rahmens (4.1) und mit den ihr bzw. dem Amt zur Verfügung stehenden Mitteln (4.2) neue, verstärkte Maßnahmen zu ergreifen.

4.1. Geltender rechtlicher Rahmen

Seit 1995 sind umfassende Legislativmaßnahmen [30] zum rechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft ergriffen worden. Die Aufnahme von Artikel 280 EG-Vertrag in den Vertrag von Amsterdam, die im Mitentscheidungsverfahren angenommene Regelung vom Mai 1999, die Interinstitutionelle Vereinbarung und die Einrichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung werden es ermöglichen, die nationalen Justizbehörden noch effektiver in die Bekämpfung von Betrug und Korruption einzubeziehen. Das durch das Übereinkommen über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften und seine drei Protokolle [31] geschaffene umfassende Instrumentarium wird das Regelwerk ergänzen.

[30] Siehe insbesondere die Verordnungen (Euratom, EG) Nr. 2988/95 und Nr. 2185/96 sowie das Übereinkommen über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften nebst Protokollen.

[31] Siehe insbesondere Artikel 7 ff. des zweiten Protokolls, in dem ausdrücklich vorgesehen ist, daß die Kommission (bzw. das Amt) den Strafverfolgungsbehörden technische und operative Hilfe leistet und zwischen diesen Behörden und der Kommission (bzw. dem Amt) ein Informationsaustausch erfolgt; vgl. Erläuternder Bericht zu dem Zweiten Protokoll (ABl. C 91 vom 31. März 1999).

Die erforderlichen Gemeinschaftsinstrumente, um die Aufdeckung von Verstößen zu verbessern und den nationalen Justizbehörden zusätzliche Mittel für eine strafrechtliche Behandlung an die Hand zu geben, sind bereits vorhanden [32]. Der Einsatz dieser Instrumente wird noch mitunter auf Hindernisse stoßen. Diese Schwierigkeiten müssen beseitigt werden. In den meisten Fällen hängen sie mit der mangelnden Kompatibilität der nationalen Rechtssysteme oder mit der Tatsache zusammen, daß es sich um komplexe Rechtssachen handelt oder daß es an Mitteln fehlt, oder aber sie liegen in technischen oder sprachlichen Eigenheiten begründet. Diese veranlassen die nationalen Behörden, sich ausschließlich auf die ihnen vorliegenden nationalen Aspekte zu stützen. Eine umfassende, sich auf eine bessere Gesamtsicht und eine enge, regelmäßige Zusammenarbeit gründende Tatbestandsbeurteilung kann indessen dazu beitragen, daß diese Hindernisse beseitigt werden, damit ein Gesamtsystem entsteht, das besser auf den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften ausgerichtet ist.

[32] Neben den Aspekten der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten oder der Zusammenarbeit hat der Gesetzgeber vorgesehen, daß die Untersuchungsberichte der Gemeinschaft in Strafverfahren in gleicher Weise Beweiskraft besitzen wie die nationalen Untersuchungsberichte.

4.2. Anwendungsbereich und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinschaft

Der Anwendungsbereich der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften wurde vom Gesetzgeber im Mitentscheidungsverfahren festgelegt. So erstrecken sich die Kompetenzen im wesentlichen [33] auf den Schutz der finanziellen Interessen und die Bekämpfung von Korruption. Dies gilt für alle Delikte zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaft, die einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ja sogar Drittländer [34] oder Organe betreffen. Das genaue Ausmaß der gesamten Problematik hat die Kommission in den letzten zehn Jahren, in denen sie Maßnahmen auf diesem Gebiet eingeleitet hat und ihre Befugnisse in den einschlägigen Rechtsvorschriften festgelegt worden sind, ermessen können.

[33] Nach dem vorgenannten Beschluß der Kommission vom 28. April 1999 erstreckt sich die Zuständigkeit des Amtes auch auf den Schutz der gemeinschaftlichen Interessen gegenüber rechtswidrigen Handlungen, die verwaltungs- oder strafrechtlich geahndet werden könnten.

[34] Maßnahmen im Außenbereich oder Handelspolitik.

Was die Handlungsmöglichkeiten anbelangt, so verfügt die Kommission bereits seit 1996 über beträchtliche Untersuchungsbefugnisse, und das Amt wird tätig [35], um einen zusätzlichen Nutzen zu dem der nationalen Maßnahmen bei der Aufdeckung von Handlungen, die unter Umständen den Straftatbestand des Betrugs erfuellen, zu bewirken. Die Verfolgung der Straftaten erfolgt jedoch immer noch nach dem Recht der Mitgliedstaaten - d.h. nach Maßgabe fünfzehn verschiedener Rechtsordnungen. Um den angestrebten gleichwertigen Schutz in allen Mitgliedstaaten zu erreichen, müssen daher die Mittel für die Zusammenarbeit und Koordinierung nach einem pragmatischen Konzept verbessert werden, so daß die Schwächen und Mängel der gegenwärtigen, noch nicht angepaßten Instrumente der Rechtshilfe beseitigt werden, die sowohl der grenzübergreifenden Dimension von Gemeinschaftsbetrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaft als auch dem Umstand, daß es sich hierbei häufig um organisierte Kriminalität handelt, unzureichend Rechnung tragen.

[35] Das Amt handelt grundsätzlich auf der Grundlage von Informationen; der Informationsfluß wird durch verschiedene Quellen aufrechterhalten, insbesondere durch die zuständigen nationalen Behörden (siehe auch zweite Herausforderung).

Endgültig wird das Problem der strafrechtlichen Verfolgung nur dann gelöst werden können, wenn harmonisierte Straftatbestände hinsichtlich Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaft festgelegt und geeignete Strafprozeßvorschriften eingeführt werden. Nunmehr gilt es jedoch, mit den heute verfügbaren Mitteln und insbesondere den Unterstützungsinstrumenten des Amtes, unverzüglich praktische Maßnahmen zu ergreifen, damit die Bedingungen, unter denen Rechtshilfe stattfindet, verbessert werden. Diese Zusammenarbeit muß auf konkrete, einheitliche und sichere Grundlagen gestellt werden. Daher wird es unverzichtbar sein, einen Leitfaden für die Zusammenarbeit zwischen dem Amt und den Justizbehörden der Mitgliedstaaten [36] zu erstellen. Ein derartiger pragmatischer Ansatz wird das gegenseitige Vertrauen, das insbesondere durch die Einrichtung des europäischen Netzes der Justizbehörden [37] geschaffen wurde (in das im übrigen auch die Kommission eingebunden ist), weiter stärken. Zur Untermauerung dieses Ansatzes wird das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung seine Funktion als Verbindungs- und Anlaufstelle für Strafrechtsfragen ausbauen, um bei der Verwirklichung der Ziele der Betrugs- und Korruptionsbekämpfung konkrete Unterstützung zu leisten. Auf diese Weise kann es seine Beratungs-, Unterstützungs- und Koordinierungsfunktion verstärken, damit es das nationale Vorgehen im Bereich der Strafverfolgung schwerwiegender Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften unterstützen und ergänzen kann.

[36] Auf der Grundlage von Artikel 280 EG-Vertrag, der neuen Verordnungen sowie des Übereinkommens über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften und insbesondere seines zweiten Protokolls.

[37] Gemeinsame Maßnahme vom 29. Juni 1998 (ABl. L 191 vom 7.7.98).

Ausblick

Durch die Bewältigung dieser vier Herausforderungen wird die Gemeinschaft in der Lage sein, den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft entscheidend zu verbessern. Die einschlägigen Maßnahmen werden die Bemühungen um eine ordnungsgemäße Anwendung der Vorschriften und ein solides und effizientes Finanzmanagement entsprechend den Zielen der Reform ergänzen. Auf diese Weise kann durch die Umsetzung dieser strategischen Leitlinien eine allgemeine Verschärfung der Kontrollbestimmungen sowie eine Vergrößerung der Auditkapazität der Kommissionsdienststellen im Sinne größerer Effizienz und Transparenz herbeigeführt werden. Die Verwirklichung dieser Ziele entspricht der wiederholt von den Staats- und Regierungschefs an die Organe und die Mitgliedstaaten gerichteten Forderung, die erforderlichen Maßnahmen anzunehmen, um einen hohen und in der gesamten Gemeinschaft gleichwertigen Schutz der finanziellen Interessen zu gewährleisten und mit größter Schärfe und unnachgiebig gegen Betrug und Korruption vorzugehen [38].

[38] Siehe auch die Entschließungen des Europäischen Parlaments zum Schutz der finanziellen Interessen und zum Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung, den Bericht der unabhängigen Sachverständigen, die Stellungnahmen des Überwachungsausschusses des Amtes sowie den Bericht der Herren Dehaene, von Weizsäcker und Simon über die institutionellen Auswirkungen der Erweiterung.

Im Lichte ihrer praktischen Erfahrungen, der erzielten Ergebnisse, der verfügbaren Mittel für die technische und operative Unterstützung sowie der Wahrnehmung der neuen Kompetenzen werden die Kommission und der Gesetzgeber sodann in der Lage sein, den derzeitigen Status des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung weiterzuentwickeln.

Auf dem Wege zur Einsetzung eines europäischen Staatsanwalts zum Schutz der finanziellen Interessen

In dem Maße, wie die europäische Integration zunimmt, entwickelt sich schrittweise ein politisches Gebilde, das sich durch gemeinsame Werte und eine neue, gemeinschaftlich geprägte, öffentliche Ordnung auszeichnet. Mit der Forderung nach einer Charta der Grundrechte hat der Europäische Rat auf seiner Tagung in Köln diese neue Realität mit Nachdruck hervorgehoben.

Das Europäische Parlament und die Kommission haben der Regierungskonferenz (CIG 2000) bereits eine Entschließung bzw. eine Stellungnahme unterbreitet, in der sie eine Änderung des Vertrags vorschlagen, damit ein für den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften zuständiger europäischer Staatsanwalt eingesetzt werden kann. Dieser Vorschlag entspricht auch der Stellungnahme des Europäischen Rechnungshofs, der in seinem Beitrag zur Regierungskonferenz auf die Probleme hingewiesen hat, die die Bemühungen um den Schutz der finanziellen Interessen untergraben: mangelnde Harmonisierung der Rechtsvorschriften und Fehlen angemessener Kooperationsinstrumente für die nationalen Justizbehörden.

Die Einsetzung eines europäischen Staatsanwalts wäre ein entscheidender Fortschritt, der eine kohärente Ermittlungstätigkeit im gesamten Gemeinschaftsgebiet ermöglichen würde, was ansonsten bei der ständig wachsenden Zahl von Mitgliedstaaten immer schwieriger würde. Auf diese Weise würde die Glaubwürdigkeit der Organe gestärkt und die Integrität der Mitglieder und Bediensteten der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen bei der Erfuellung ihrer Aufgaben vor allen rechtswidrigen Handlungen von außen, die auf die Beeinflussung von Gemeinschaftsentscheidungen abzielen, besser geschützt. Außerdem würden die Rechte der Person, die bislang in unterschiedlichem Maße im Rahmen der Strafrechtsordnungen der Mitgliedstaaten geschützt sind, dadurch gestärkt, daß die Stärkung der rechtlichen Garantien und die ständige justizielle Kontrolle der Untersuchungstätigkeit auf eine Ebene, nämlich die Gemeinschaftsebene, gestellt werden.

Die Kommission wird sich mit Unterstützung des Amtes unverzüglich für die Entwicklung eines soliden Bestands an Vorschriften zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft einsetzen, auf den sich ein künftiges europäisches Justizorgan längerfristig stützen könnte. Damit das Ziel der Einsetzung eines europäischen Staatsanwalts erreicht werden kann, brauchen die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten die Unterstützung der Öffentlichkeit. Diese gilt es daher für diese Veränderung zu sensibilisieren .

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