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Document 32006D0320

2006/320/EG: Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004 über die Maßnahmen, die Italien zugunsten des Verlagswesens angemeldet hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 2215) (Text von Bedeutung für den EWR)

OJ L 118, 3.5.2006, p. 8–17 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2006/320(1)/oj

3.5.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 118/8


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 30. Juni 2004

über die Maßnahmen, die Italien zugunsten des Verlagswesens angemeldet hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 2215)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2006/320/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Mit den Schreiben Nr. 15808 und Nr. 15809 vom 19. Dezember 2002 (Eingangsvermerk vom 31. Dezember 2002) haben die italienischen Behörden bei der Kommission gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag Beihilferegelungen zugunsten der im italienischen Verlagswesen tätigen Unternehmen beantragt.

(2)

Die Kommission hat Italien mit Schreiben vom 29. Oktober 2003 von ihrem Beschluss in Kenntnis gesetzt, wegen dieser beiden Maßnahmen das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(3)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (2) veröffentlicht. Die Kommission hat die Beteiligten zur Äußerung zu den betreffenden Maßnahmen aufgefordert.

(4)

Die italienischen Behörden haben mit Schreiben vom 2. Dezember 2003 eine Verlängerung des Termins zur Übermittlung ihrer Stellungnahmen zum Beschluss der Kommission über die Verfahrenseröffnung beantragt. Die Kommission hat mit Schreiben vom 10. Dezember 2003 der Verlängerung stattgegeben.

(5)

Die italienischen Behörden haben mit Schreiben vom 9. Januar 2004 (Eingangsvermerk vom 14. Januar 2004) Stellungnahmen und weitere Informationen übermittelt.

(6)

Die Kommission hat Stellungnahmen von interessierten Dritten erhalten und sie an die italienischen Behörden weitergeleitet, damit diese sich hierzu äußern können. Die Erläuterungen der italienischen Behörden sind bei der Kommission mit Schreiben vom 3. März 2004 (Eingangsvermerk vom 4. März 2004) eingegangen.

2.   BESCHREIBUNG DER BEIHILFEMAßNAHMEN

(7)

Die beiden von den italienischen Behörden angemeldeten Beihilfemaßnahmen betreffen Beihilfen, die in Form von Zinszuschüssen für Bankdarlehen an Unternehmen, die im Verlagswesen tätig sind, bzw. in Form von Steuergutschriften zugunsten von Unternehmen, die Verlagserzeugnisse (3) herstellen, gewährt werden.

2.1   Beihilfe in Form von Zinszuschüssen

(8)

Rechtsgrundlage für die erste Beihilferegelung bilden die Artikel 4 bis 7 des Gesetzes Nr. 62 (4) vom 7. März 2001„Nuove norme sull'editoria e sui prodotti editoriali e modifiche alla legge 5 agosto 1981, n. 416“ (im Folgenden: Gesetz Nr. 62/2001) und das Dekret des Staatspräsidenten Nr. 142 vom 30. Mai 2002„Regolamento concernente le agevolazioni di credito alle imprese operanti nel settore editoriale“ (5) (im Folgenden: Dekret des Staatspräsidenten Nr. 142/2002).

(9)

Die Beihilfe besteht aus Zinszuschüssen für von Kreditinstituten gewährte Darlehen mit einer Laufzeit von zehn Jahren, die für produktionstechnische Umstrukturierungsvorhaben oder den Erwerb, die Ausweitung und die Modernisierung von technischen Ausrüstungen, insbesondere der Hardware- und Softwaretechnologie u. a. zwecks Nutzung von internationalen Telematiknetzen und Satelliten, einschließlich der erforderlichen Ausbildungsmaßnahmen mit dem Ziel der Verbesserung des Vertriebs gewährt werden.

(10)

90 % der Gesamtkosten des Projekts (6) sind förderfähig. Die Beihilfe entspricht der Differenz zwischen dem Tilgungsplan, der anhand des vom Schatzministerium festgelegten Referenzzinssatzes berechnet wurde, und den Zahlungen, die gemäß diesem Plan geschuldet sind und auf der Grundlage der Hälfte des genannten Zinssatzes berechnet werden. In der Praxis beteiligt sich der Staat bei Verwendung eines Referenzzinssatzes von 5 % mit circa 13 % an den Gesamtkosten des Projekts. Bezogen auf den Gegenwartswert verringert sich dieser Prozentsatz auf 10 %.

(11)

Beihilfeempfänger sind Unternehmen, die im gesamten Zyklus des Verlagswesens tätig sind (7). Das betrifft vor allem: Presseagenturen, Verlage Druckereien, Verkaufsstellen von Tageszeitungen, Zeitschriften und Büchern, die in Papierform oder in Computer- oder elektronischem Format veröffentlicht werden, Radio- und Fernsehsender sowie Unternehmen, die ausschließlich oder vornehmlich die Vermarktung von Verlagserzeugnissen übernehmen und Verleger von italienischen Zeitungen im Ausland. Die Regelung ist für Unternehmen mit Sitz in einem der EU-Staaten bestimmt. Die geschätzte Zahl der Begünstigten liegt zwischen 101 und 500.

(12)

Die vorgesehene Laufzeit der Regelung beträgt zehn Jahre (8). Die Gesamthaushaltsmittel zulasten des Staatshaushalts für die Jahre 2001, 2002 und 2003 belaufen sich auf circa 26,3 Mio. EUR (9), zu denen 50,8 Mio. EUR für vorherige nicht ausgeschöpfte Haushaltsmittel kommen. Die im Rahmen der vorliegenden Regelung gewährte Beihilfe ist nur mit der Beihilfe nach Artikel 8 des nachstehenden Gesetzes kumulierbar (10).

(13)

Die von den Artikeln 5, 6 und 7 des Gesetzes Nr. 62/2001 verfügten Vergünstigungen werden einem Ad-hoc-Fonds entnommen, der vom Präsidenten des Ministerrats gegründet und geleitet wird (11). Die Beihilfe wird entweder im Wege des automatischen Verfahrens (12) oder durch ein Einzelbewertungsverfahren bewilligt. Beim automatischen Verfahren darf die Finanzierung des Projekts circa (13) 0,5 Mio. EUR nicht übersteigen und das Fördervorhaben muss innerhalb von zwei Jahren nach Bewilligung der Beihilfe beendet sein. Projekte mit größerem Finanzierungsbedarf unterliegen einem Einzelbewertungsverfahren, das von einem vom Ministerratspräsidenten eingerichteten Ad-hoc-Komitee durchgeführt wird. Der auf der Grundlage der vorliegenden Regelung maximal bewilligte Zuschuss liegt bei circa 15,5 Mio. EUR (14), wobei die im Rahmen dieses Verfahrens bewerteten Projekte ebenfalls innerhalb von zwei Jahren zu Ende geführt werden müssen. Bei den Zuteilungsverfahren müssen unter anderem Informationen und ausführliche Unterlagen, die das Bestehen und den Bedarf des Projekts, die Förderfähigkeit des Empfängers sowie die tatsächlich angefallenen beihilfefähigen Kosten (15) belegen, sowie eine Kopie des Darlehensvertrags vorgelegt werden. Die Regelung enthält auch Bestimmungen über die Rückforderung von widerrechtlich gewährten Vergünstigungen.

(14)

Die im Rahmen der genannten Regelung bewilligte Beihilfe zielt darauf ab, den Informationspluralismus gemäß Artikel 21 der italienischen Verfassung zu bewahren.

2.2   Beihilfe in Form von Steuergutschriften

(15)

Die zweite angemeldete Regelung fällt unter Artikel 8 des Gesetzes Nr. 62/2001 und das Dekret des Ministerratspräsidenten Nr. 143 vom 6. Juni 2002„Disciplina del credito di imposta in favore delle imprese produttrici di prodotti editoriali“ (im Folgenden: „Dekret Nr. 143/2002“).

(16)

Die Regelung sieht Vergünstigungen für im Verlagswesen tätige Unternehmen in Form von Steuergutschriften für einen Zeitraum von fünf aufeinander folgenden Jahren mit einer Gesamtsteuerentlastung von 15 % der Gesamtinvestitionskosten (16) vor. Die Steuergutschrift muss von der Steuerlast abgezogen werden und kann vier Jahr lang vorgetragen werden.

(17)

Für die Steuergutschrift kommen Investitionen in neue Güter für die Herstellung von Verlagserzeugnissen in italienischer Sprache in Frage: Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Bücher sowie Multimediaverlagserzeugnisse. Ebenso beihilfefähig sind Investitionen in Anlagen, Systeme und Patente für alle Phasen des Produktionszyklus im Rahmen von produktionstechnischen Umstrukturierungsprojekten.

(18)

Die Anwendung der Regelung beschränkt sich auf bis zum 31. Dezember 2004 getätigte Investitionen. Die Haushaltsmittel belaufen sich insgesamt auf circa 102 Mio. EUR (17). Die im Rahmen dieser Regelung bewilligten Vergünstigungen sind nur mit den Beihilfen nach den Artikeln 4 bis 7 des oben genannten Gesetzes (18) kumulierbar. Die Regelung sieht auch vor, das das Bestehen und die Machbarkeit der Projekte geprüft und unrechtmäßig bewilligte Vergünstigungen zurückgefordert werden.

(19)

Die Steuergutschrift wird Unternehmen bewilligt, die Verlagserzeugnisse (19) herstellen. Unter diese Definition fallen Presseagenturen, Verlagsunternehmen, Druckereien von Tageszeitungen, Zeitschriften und Büchern, die in Papierform oder in Computer- oder elektronischem Format veröffentlicht werden, Radio- und Fernsehsender sowie Verlagsunternehmen von italienischen Zeitungen im Ausland. Die Regelung ist für Unternehmen mit Sitz in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestimmt. Die geschätzte Zahl der Beihilfeempfänger beläuft sich auf 101 bis 500.

(20)

Die im Rahmen der genannten Regelung bewilligte Beihilfe zielt darauf ab, gemäß Artikel 21 der italienischen Verfassung die Kultur zu fördern und den Informationspluralismus zu bewahren.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

(21)

In dem Beschluss, das Verfahren einzuleiten, kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die beiden Beihilferegelungen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen, und äußerte Bedenken sowohl bezüglich der Auswirkungen der angemeldeten Maßnahmen auf den Handel als auch ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt.

(22)

Des Weiteren verband die Kommission mit der Einleitung des Verfahrens die Möglichkeit, Informationen und Stellungnahmen zu übermitteln, die geeignet sind, die bestehenden Bedenken auszuräumen.

4.   STELLUNGNAHMEN BETROFFENER KREISE

(23)

Nach der Einleitung des Verfahrens übermittelten verschiedene betroffene Kreise ihre Stellungnahme hierzu. Die folgenden Absätze beinhalten eine Zusammenfassung ihrer Kommentare.

(24)

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2003 bekräftigte der Verband der Europäischen Verleger (FEP-FEE), dass die betreffenden Beihilfemaßnahmen nicht im Widerspruch zur EU-Gesetzgebung stünden, da:

i)

das Verlagswesen im Gegensatz zu jeglicher anderen Industrietätigkeit fest mit der Sprache verbunden sei und somit die staatliche Hilfe für das Verlagswesen sich nur in beschränktem Maße auf den grenzüberschreitenden Handel in der Europäischen Union auswirken könne;

ii)

der Umfang der vorgesehenen Beihilfen ziemlich gering sei;

iii)

die Vergünstigungen für Arten der Investition bestimmt seien, die besondere Sprachräume beträfen, und somit nur für Veröffentlichungen in italienischer Sprache gelten würden. Die staatliche Beihilfe ziele darauf ab, Anreize für private Investitionen zu schaffen, um Verleger und andere Betriebe in diesem national ausgerichteten Wettbewerbssektor wettbewerbsfähig zu machen.

(25)

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 vertrat der Portugiesische Verband der Buchverleger (APEL) die Auffassung, dass die betreffenden Beihilfemaßnahmen nicht im Widerspruch zur EU-Gesetzgebung stünden:

i)

aus den gleichen Gründen, wie sie der FEE vorgebracht hat;

ii)

da die beihilfefähigen Investitionen nicht in exportorientierte oder internationale Tätigkeiten flössen.

(26)

Des Weiteren gingen gut einen Monat nach Bekanntgabe der Verfahrenseröffnung im Rahmen des Prüfverfahrens folgende Stellungnahmen von interessierten Dritten ein:

(27)

Mit Schreiben vom 8. Januar 2004 erklärte der Spanische Verlegerverband (FGEE) mit derselben Begründung wie der Portugiesische Verband der Buchverleger, dass die betreffenden Beihilfemaßnahmen keine Verletzung des Gemeinschaftsrechts darstellten.

(28)

Mit Schreiben vom 12. Januar 2004 vertrat die „European Newspaper Publishers’ Association (ENPA)“ die Auffassung, dass die betreffenden Maßnahmen nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen würden, da

i)

der grenzüberschreitende Handel mit Tageszeitungen irrelevant sei und nicht zu Wettbewerbsproblemen zwischen den Mitgliedstaaten führe. Dies gelte insbesondere für regionale Tageszeitungen, die nur in einem eng begrenzten Raum des nationalen Marktes vertrieben würden. Der Wettbewerb in diesem Bereich sei nach wie vor national geprägt;

ii)

der Prozentsatz an im Ausland verkauften Tageszeitungen für die dort wohnhaften Bürger, die sich über ihr Heimatland auf dem Laufenden halten wollen, sehr gering sei. Für diese relativ begrenzte Anzahl von Kunden sei die Möglichkeit des Zugangs zu einer Informationsquelle in Italienisch und einem vertrauten Blatt sowohl aus sprachlicher als auch aus kultureller Sicht extrem wichtig, und dies könne nur von den italienischen Verlegern geleistet werden;

iii)

die Branche unbedingt die Fördermittel benötige, damit Zeitungen weiterhin mit anderen Medienformen, z. B. dem Internet, konkurrieren könnten. Sollte diese Unterstützung nicht gewährt werden, sei die Zukunft der nationalen Branche durch Wirtschaftskrisen wie jene, die erst kürzlich einen Großteil der europäischen Zeitungsindustrie wegen des rückläufigen Verkaufs von Werbeanzeigen stark geschädigt habe, ernsthaft bedroht.

(29)

Mit Schreiben vom 7. Januar 2004 hat der Italienische Verband der Zeitungsverleger (FIEG) ausführliche Argumente vorgebracht, um die These zu stützen, dass die betreffenden Maßnahmen nicht als eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts betrachtet werden könnten, da sie

i)

keine staatlichen Beihilfen darstellten;

ii)

für Tätigkeiten bestimmt seien, für die es keinen grenzüberschreitenden Handel oder Wettbewerb zwischen Mitgliedstaten und im EWR gebe;

iii)

gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien.

5.   STELLUNGNAHME DER ITALIENISCHEN BEHÖRDEN

5.1   Bemerkungen zur Einleitung des Verfahrens

(30)

Um die von der Kommission in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens geäußerten Bedenken auszuräumen, haben die italienischen Behörden weitere Daten und Erläuterungen zur Untermauerung der von ihnen vertretenen These der nur unwesentlichen Auswirkungen der betreffenden Maßnahmen auf den Handel und ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt übermittelt.

(31)

Die italienischen Behörden erklären, dass die Beihilfe für das Verlagswesen auf den Handel innerhalb der EU nur einen sehr begrenzten Einfluss habe, da Verlagserzeugnisse in italienischer Sprache außerhalb des italienischen Marktes praktisch nicht verbreitet würden. Sie stützen sich dabei vor allem auf die Auslegung der im CELF-Urteil (20) formulierten allgemeinen Grundsätze und die statistischen Daten und Erläuterungen in ihrer Erwiderung auf die Einleitung des Verfahrens.

(32)

Hinsichtlich der im CELF-Urteil zum Handel mit Büchern formulierten Grundsätze vertreten die italienischen Behörden die Auffassung, dass aufgrund der analogen Merkmale und der Tatsache, dass die Anzahl der Leser von Verlagserzeugnissen in Italienisch in der EU noch geringer sei als die Anzahl der Leser in Französisch, diese Grundsätze auch auf andere Verlagserzeugnisse übertragbar sein müssten. Die beiden genannten Grundsätze lauten:

i)

„Der Wettbewerb im Buchsektor (kann) durch bestimmte Sprach- und Kulturbarrieren begrenzt sein und von daher (dürften) die Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel geringfügig sein“ (21).

ii)

„Das Druckerei- und Verlagsgewerbe Europas besteht nach wie vor aus klar voneinander abgegrenzten nationalen Branchen und bietet nicht das Bild eines europaweit integrierten Wirtschaftszweigs. Dies zeigt sich auch an dem geringen Anteil der Exporte am Umsatz der Branche. Ein weiteres Hemmnis für die ‚Europäisierung‘ dieses Gewerbes stellt die Vielzahl der in der EU gesprochenen Sprachen dar“ (22).

(33)

Zur Lage des italienischen Verlagsmarktes und zum begrenzten innergemeinschaftlichen Handel mit Verlagserzeugnissen haben die italienischen Behörden statistische Daten vorgelegt, die ihre Behauptung untermauern; außerdem machten sie weitere Angaben zu den Beihilfeempfängern. Insbesondere aus den statistischen Daten ergibt sich Folgendes:

i)

In den letzten 20 Jahren stagnierte der Markt für italienische Tageszeitungen, obwohl sich das italienische Produktionssystem im selben Zeitraum sehr verändert hat (23). 2003 ist die täglich Auflage auf das Niveau von 1984 gefallen.

ii)

Der durchschnittliche tägliche Verkauf von Tageszeitungen und die Anzahl der verkauften Exemplare pro 1 000 Einwohner in Italien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien zeigt, dass Italien im Vergleich zu den anderen großen Mitgliedstaaten der EU (24) weitaus schlechter positioniert ist und hinter der Nachfrage zurückbleibt, die ein Land mit dem Pro-Kopf-Einkommen Italiens aufweisen könnte.

iii)

2001 lag die Verbreitung von italienischen Tageszeitungen in der EU bei 1,3 % der Gesamtauflage, bei Wochen- und Monatszeitschriften sogar nur bei 0,8 %.

iv)

Zwischen 1996 und 2001 lagen die Gesamtausfuhren (sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU) von Tageszeitungen, Wochen- und Monatszeitschriften zwischen 0,7 % und 2,5 % der Gesamtauflage.

v)

Die italienischen Behörden übermittelten auch Daten zu den Gesamtausfuhren von Büchern sowie Multimediaerzeugnissen und -leistungen der Verlage sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU in 2001, aus denen hervorgeht, dass sich die Gesamtausfuhren auf 5 % des Gesamtverkaufs der genannten Produkte belaufen. Die italienischen Behörden verweisen jedoch darauf, dass die Ausfuhren in die EU nur einen Teil des genannten Prozentsatzes ausmachen und dass CD-Roms und Verlagsdienstleistungen sowie Multimediaprodukte der Verlage wiederum nur einen sehr kleinen Anteil daran haben. Hieraus folgerten die italienischen Behörden, dass die Verbreitung von multimedialen Verlagsprodukten in der EU insgesamt unerheblich ist.

vi)

Der Zeitungs- und Bücherdruck erfolgt, wie die italienischen Behörden betonen, normalerweise in räumlicher Nähe zu den Vertriebsmärkten, um keine Verzögerungen entstehen zu lassen und wegen der Höhe der Transportkosten im Verhältnis zum Wert des Erzeugnisses.

vii)

Bezüglich der Presseagenturen stellen die italienischen Behörden einleitend fest, dass nur bei Nachrichten in Fremdsprachen ein internationaler Wettbewerb stattfinden könne. Die einzige italienische Agentur, die Mitteilungen in Fremdsprachen abfasst, ist die ANSA, eine Agentur, deren Umsatz für diese Nachrichten sich auf 0,3 % des Gesamtumsatzes beläuft.

viii)

Die begrenzten wirtschaftlichen Auswirkungen der betreffenden Maßnahmen werden von den italienischen Behörden abschließend damit begründet, dass der Markt für italienische Verlagserzeugnisse, die in der EU verkauft werden, nicht einmal 0,3-0,5 % des europäischen Marktes ausmacht.

(34)

Aufgrund vorstehender Zahlen und entsprechend den Grundsätzen des Urteils in der Rechtssache SIDE (25) gehen die italienischen Behörden davon aus, dass der Markt für Verlagserzeugnisse in Italienisch als ein eigenständiger Markt anzusehen ist (26).

(35)

Zur Stützung ihrer These, dass beide Maßnahmen gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, verweisen die italienischen Behörden ferner auf

i)

Artikel 151 Absatz 1 EG-Vertrag, der besagt, dass „die Gemeinschaft einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes [leistet]“;

ii)

die Entschließung des Rates vom 12. Februar 2001 betreffend die Anwendung der einzelstaatlichen Systeme zur Festsetzung der Buchpreise (27) und insbesondere die Aufforderung des Rates an die Kommission, „bei der Anwendung der Regeln für den Wettbewerb und den freien Warenverkehr dem besonderen kulturellen Wert des Buches und seiner Bedeutung für die Förderung der kulturellen Vielfalt sowie der transnationalen Dimension des Buchmarktes Rechnung zu tragen“ (28). Außerdem verweisen sie auf einen anderen Erwägungsgrund der genannten Entschließung, wonach „die homogenen Sprachräume als wichtiges Verbreitungsgebiet der Bücher zu betrachten sind und sie dem Buchmarkt eine transnationale Dimension verleihen, der Rechnung getragen werden muss (29)“;

iii)

die Entschließung des Rates (30) vom 14. Februar 2002 zur Förderung der Sprachenvielfalt und des Erwerbs von Sprachkenntnissen im Rahmen der Umsetzung der Ziele des Europäischen Jahres der Sprachen 2001;

iv)

Artikel 22 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (31), die den Grundsatz bekräftigt, wonach die Europäische Union die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen in den Mitgliedstaaten achtet;

v)

Artikel 21 der italienischen Verfassung, der das Recht auf Meinungsfreiheit und Pluralismus, die als demokratische Grundfreiheiten verstanden werden, garantiert; die italienischen Behörden erklären, dass Verlagserzeugnisse ein Instrument zur Ausübung dieses Rechts sind (32);

vi)

den Vertrag von Maastricht, der in Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag die Ausnahmeregelung aus kulturellen Gründen einführt, um hinsichtlich der begrenzten Anwendbarkeit des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe c auf Anreize im kulturellen Bereich Abhilfe zu schaffen.

(36)

Abschließend argumentieren die italienischen Behörden, dass die Kommission im Rahmen des vorliegenden Verfahrens aufgrund der Besonderheiten des Verlagsmarktes und der Notwendigkeit staatlichen Eingreifens zur Umkehrung eines strukturell bedingten Abwärtstrends bei der Verbreitung von Verlagserzeugnissen auf dem nationalen Markt sowie aufgrund der begrenzten Verbreitung der italienischen Sprache auf EU-Ebene nur zu dem Schluss kommen könne, dass die Wahrung der sprachlichen Besonderheiten einer der Schlüsselfaktoren für die kulturelle Ausnahmeregelung gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d ist. Die betreffenden Maßnahmen, die die Verbreitung von Verlagserzeugnissen in italienischer Sprache begünstigen, sollten daher als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar betrachtet werden.

5.2   Erläuterungen zu den Stellungnahmen von interessierten Dritten

(37)

Mit Schreiben vom 24. Februar 2004 haben sich die italienischen Behörden zu den Stellungnahmen Dritter zur Verfahrenseröffnung geäußert. Sie heben dabei die völlige Übereinstimmung dieser Stellungnahmen mit ihrer eigenen Bewertung der Auswirkungen auf den Handel und der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt hervor. Ihre wichtigsten Kommentare lassen sich wie folgt zusammenfassen:

i)

Die im Anschluss an die Aufforderung der Kommission eingegangenen Stellungnahmen wurden von den fünf in Abschnitt 4 der vorliegenden Entscheidung genannten Parteien übermittelt. Diese vertreten Bücher- und Zeitungsverleger der 15 Mitgliedstaaten der EU sowie Zyperns, der Republik Kroatien, Litauens, Norwegens und Sloweniens.

ii)

Ihre Bemerkungen zur Nichtverletzung des EG-Wettbewerbsrechts stimmen mit denen Italiens überein.

iii)

Wie von der ENPA unterstrichen, hat der Zeitschriftenmarkt hauptsächlich eine nationale Dimension, so dass das Kriterium der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme erfüllt ist, weil der Markt der Verlagserzeugnisse aufgrund der ihm eigenen Struktur nicht zu signifikanten Verzerrungen des grenzüberschreitenden Handels führen kann.

iv)

Wie die FGEE ausgeführt hat, ist der Betrag der fraglichen Beihilfen beschränkt. Die Beihilfemaßnahmen haben daher nur eine geringe Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten, da die unternehmerische Tätigkeit per definitionem auf homogene Sprachräume, die nur ein beschränktes grenzüberschreitendes Handelsvolumen verzeichnen, konzentriert ist.

6.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFEMASSNAHMEN

6.1   Vorliegen staatlicher Beihilfe

(38)

Nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag „sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

6.1.1   Staatliche Zuschüsse, die bestimmte Unternehmen/wirtschaftliche Tätigkeiten begünstigen

(39)

Die Kommission hebt hervor, dass die Mittel zur Finanzierung der beiden angemeldeten Beihilferegelungen aus dem Haushalt der Zentralregierung stammen und somit als staatliche Mittel betrachtet werden können. Des Weiteren begünstigen die betreffenden Regelungen aufgrund ihrer Definition besondere Wirtschaftsbereiche, insbesondere das Verlagswesen, wo die Empfänger eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben und als Unternehmen gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag betrachtet werden können.

6.1.2   Selektivität

(40)

Beide angemeldeten Regelungen sind selektiv, da sie jeweils für Unternehmen, die im Verlagswesen tätig sind, und Unternehmen, die Verlagserzeugnisse herstellen, bestimmt sind. Beide Regelungen gewähren somit sektorbezogene Beihilfen.

6.1.3   Wirtschaftlicher Vorteil

(41)

Die beiden angemeldeten Beihilferegelungen verschaffen den begünstigten Unternehmen einen doppelten wirtschaftlichen Vorteil.

(42)

Aufgrund der ersten Regelung erhalten sie eine Vergünstigung in Form von Zinszuschüssen für Bankdarlehen für spezifische Projekte, wodurch sich die Finanzierungskosten für die begünstigten Unternehmen effektiv verringern.

(43)

Aufgrund der zweiten Regelung profitieren sie von einem Steuervorteil in Form einer Steuergutschrift für Investitionen, die die Steuerlast, die sie normalerweise tragen müssten, verringert (33).

6.1.4   Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel und Wettbewerbsverzerrung

(44)

Die Kommission stellt fest, dass die Wettbewerbsregeln generell für alle wirtschaftlichen Aktivitäten gelten, bei denen ein Handel zwischen Mitgliedstaaten stattfindet, und dass die Herstellung von Verlagserzeugnissen als eine wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden kann. Es stellt sich folglich die Frage, ob sich die Beihilfen für die genannte Tätigkeit angesichts der vermuteten nationalen und damit internen Natur des italienischen Marktes für Verlagserzeugnisse in italienischer Sprache tatsächlich oder potenziell auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirkt. Dabei ist zu beachten, dass der Verlagsmarkt den Markt für Rechte, Werbung, Druck und Vertrieb beinhaltet. Die Beihilfe für einen Verleger kann sich auf die eine oder andere dieser Tätigkeiten auswirken.

(45)

Des Weiteren stellt die Kommission anhand der von den italienischen Behörden zur Verfügung gestellten Informationen fest, dass die von den Beihilfemaßnahmen betroffenen Verlagserzeugnisse Gegenstand innergemeinschaftlichen Handels sind (34). Somit könnten diese Maßnahmen den Wettbewerb zwischen den Unternehmen beeinflussen, wenn zum Beispiel Verlagsunternehmen ihre Tätigkeiten in verschiedenen Mitgliedstaaten ausüben und Veröffentlichungen in verschiedenen Sprachen tätigen würden und damit im Wettbewerb auf dem Gebiet der Verlagsrechte und der Werbung stünden.

(46)

Die Kommission räumt ein, dass die von den italienischen Behörden übermittelten Informationen und Erläuterungen das begrenzte Ausmaß des innergemeinschaftlichen Handels auf dem Gebiet der von den beiden Regelungen erfassten Verlagserzeugnisse in italienischer Sprache dokumentieren.

(47)

Dennoch vertritt die Kommission aufgrund des oben Gesagten die Auffassung, dass eine wenn auch begrenzte Auswirkung der betreffenden Maßnahmen auf den Handel nicht ausgeschlossen werden kann. Daher sind die beiden fraglichen Regelungen staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag.

6.2   Vereinbarkeit

(48)

Wenn Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen, legt der Vertrag fest, dass die Beihilfen, die die Bedingungen des Artikels 87 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag erfüllen, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind bzw. als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.

(49)

Die Kommission stellt fest, dass die Bedingungen gemäß Artikel 87 Absatz 2 sowie Absatz 3 Buchstaben a und b EG-Vertrag offensichtlich nicht auf die betreffenden Maßnahmen anwendbar sind.

(50)

Nach der Einleitung des Verfahrens erhielt die Kommission weitere Informationen und Erläuterungen von den italienischen Behörden sowie Stellungnahmen von interessierten Dritten. Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass der EU-Handel mit Verlagserzeugnissen in italienischer Sprache begrenzt ist und dass infolgedessen die Maßnahmen gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c oder d des Vertrags als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könnten.

6.2.1   Vereinbarkeit gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag

(51)

In der Frage der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahmen gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d stimmt die Kommission nicht mit der Bewertung der italienischen Behörden überein, sondern vertritt die Auffassung, dass das Argument der kulturellen Vielfalt bei den betreffenden Beihilferegelungen nicht greift.

(52)

Artikel 151 EG-Vertrag (35) besagt zwar, dass die Gemeinschaft zur kulturellen Vielfalt beiträgt, doch enthält Artikel 8 des Gesetzes Nr. 62 vom 7. März 2001 keine Bestimmungen über die Verwendung der Haushaltsmittel zur ausdrücklichen Förderung der Kultur. Die Mittel werden vielmehr ausschließlich zur allgemeinen Förderung von Investitionen verwendet, die von Unternehmen getätigt werden, die Verlagserzeugnisse in italienischer Sprache herstellen. Bei den in Form von Zinszuschüssen im Sinne des Artikels 5 des Gesetzes Nr. 62 vom 7. März 2001 bewilligen Beihilfemaßnahmen (36) sind nur 5 % der verfügbaren Mittel für Kreditvergünstigungen für Unternehmen bestimmt, die ausdrücklich „an Projekten von besonderer Bedeutung für die Verbreitung des Lesens in Italien oder für die Verbreitung von Verlagserzeugnissenn in italienischer Sprache im Ausland“ beteiligt sind. Des Weiteren stellt die Kommission fest, dass die Quote von 5 %, wenn sie nicht für den ursprünglichen Zweck verwendet werden sollte, in den Fonds zur Finanzierung der anderen geförderten Tätigkeiten wie Ausbildungsmaßnahmen und Investitionstätigkeiten zurückfließen kann. Ferner umfassen die beihilfefähigen Veröffentlichungen in italienischer Sprache Zeitungen, Magazine, Zeitschriften, Bücher und Multimediaerzeugnisse. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die beiden Regelungen weder besondere Angaben über die Zuweisung der Mittel zu einzelnen Veröffentlichungsarten oder den Inhalt von beihilfefähigen Verlagserzeugnissen enthalten, noch die zu bewahrenden und zu fördernden kulturellen Werte nennen (37).

(53)

Desgleichen lässt sich feststellen, dass die italienische Sprache der gemeinsame Nenner der beiden Regelungen ist. Obwohl die fraglichen Maßnahmen in letzter Konsequenz das Erlernen und die Verbreitung der italienischen Sprache und Kultur begünstigen können, würde wegen fehlender Hinweise auf pädagogische Ziele oder das Erlernen der Sprache in den Maßnahmen ihre Einstufung als kulturelle Maßnahmen bedeuten, dass man den Begriff der Kultur ungebührend weit auslegen würde.

(54)

Was die Argumentation der italienischen Behörden betrifft, die Maßnahmen dienten der Förderung der Kultur in Verbindung mit der Förderung des Informationspluralismus so hat die Kommission bereits in früheren Entscheidungen erklärt (38), dass die erzieherischen und demokratischen Erfordernisse eines Mitgliedstaates von der Förderung der Kultur getrennt zu behandeln sind.

(55)

Aufgrund des Umfangs der fraglichen Maßnahmen und angesichts der äußerst allgemeinen Beschreibung der beihilfefähigen Veröffentlichungen scheinen die betreffenden Maßnahmen daher in erster Linie zur Förderung der Verbreitung von Verlagserzeugnissen in Italienisch, der Sprache, die den gemeinsamen Nenner beider Regelungen bildet, bestimmt zu sein und nicht so sehr zur Förderung der italienischen Sprache und Kultur.

(56)

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die betreffenden Maßnahmen nicht der in der Mitteilung über staatliche Beihilfen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geforderten restriktiven Auslegung des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe d genügen (39). Außerdem stünde die Anwendung der kulturellen Ausnahmeregelung im Widerspruch zu der bereits in früheren Entscheidungen von der Kommission vorgenommenen Auslegung (40).

6.2.2   Vereinbarkeit gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag

(57)

Es heißt, die betreffenden Maßnahmen hätten als übergeordnetes Ziel, Verlagserzeugnisse in italienischer Sprache und die Bewahrung des Informationspluralismus zu fördern; dabei scheint ein staatliches Eingreifen notwendig, um einen strukturell bedingten Abwärtstrend bei der Verbreitung von Verlagserzeugnissen auf dem nationalen Markt umzukehren.

(58)

Die Kommission räumt ein, dass zur Bewertung der hier in Frage stehenden Maßnahmen keine anwendbaren Regelungen oder Leitlinien bestehen. Eine Vereinbarkeitsklausel scheint auf die angemeldeten Regelungen, wie die hier beschriebenen, daher nicht anwendbar zu sein abgesehen von der immer möglichen allgemeinen Anwendung des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag, demzufolge „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, sofern sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“ als mit dem Gemeinsamen Markt als vereinbar angesehen werden können.

(59)

Analog zu den Ausführungen im CELF-Urteil stellt die Kommission fest, dass im Buchbereich sprachliche und kulturelle Barrieren zu bestehen scheinen, die den Wettbewerb und den grenzüberschreitenden Handel zwischen den Mitgliedstaaten begrenzen. Desgleichen scheint es, dass „das Druckerei- und Verlagsgewerbe Europas nach wie vor aus klar voneinander abgegrenzten nationalen Branchen besteht und nicht das Bild eines europaweit integrierten Wirtschaftszweigs bietet. Dies zeigt sich auch an dem geringen Anteil der Exporte am Umsatz der Branche. Ein weiteres Hemmnis für die ‚Europäisierung‘ dieses Gewerbes stellt die Vielzahl der in der EU gesprochenen Sprachen dar“ (41).

(60)

Dessen ungeachtet sei sowohl in Bezug auf Bücher als auch auf andere von den Maßnahmen betroffene Verlagserzeugnisse darauf verwiesen, dass die von Italien zur Verfügung gestellten statistischen Daten belegen, dass die Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Handel bei den betreffenden Produkten in der EU begrenzt sind.

(61)

Des Weiteren ist es wegen der hauptsächlich für Veröffentlichungen in italienischer Sprache bestimmten Beihilfen unwahrscheinlich, dass Veröffentlichungen in einer anderen Sprache wirkliche Substitute darstellen und dass die Zuschüsse zur Abwerbung von Abonnementen und Werbekunden führen könnten. Die Verzerrung des innergemeinschaftlichen Handels und des Wettbewerbs dürfte daher sehr beschränkt sein. Das Gemeinschaftsinteresse ist außerdem durch die Förderfähigkeit und die Gleichbehandlung der Beihilfeanträge von Bewerbern mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten gewahrt.

(62)

Überdies besteht das erklärte Ziel der Beihilfen in der Bewahrung des Informationspluralismus, das ein in Artikel 11 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegtes Ziel ist (42).

(63)

Schließlich wird die Einschätzung, dass die betreffenden Maßnahmen den Handel und den Wettbewerb wahrscheinlich nur geringfügig einschränken und in einem angemessenen Verhältnis zu den erklärten Zielen stehen, durch folgende Faktoren bestätigt: die Dauer der Regelungen, die fünf bis zehn Jahre beträgt, die hohe Anzahl von Begünstigten, die wahrscheinlich die Zahl von 500 Unternehmen für jede Maßnahme erreicht, und der beschränkte Umfang der verfügbaren Mittel, die sich insgesamt auf 179,3 Mio. EUR für den gesamten Zeitraum belaufen.

7.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(64)

Die Kommission stellt fest, dass die betreffenden Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen.

(65)

Die von den italienischen Behörden übermittelten konkreten Informationen und statistischen Daten belegen, dass die betreffenden Maßnahmen höchstwahrscheinlich nur sehr beschränkte Auswirkungen auf den Handel haben werden.

(66)

Die begrenzte Verfälschung des Handels und des Wettbewerbs und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gemessen an der verfolgten Zielsetzung, d. h. Absatzförderung von Verlagserzeugnissen in italienischer Sprache, zeigen sich in der Laufzeit der Regelungen, der hohen Anzahl von Begünstigten und dem geringen Umfang der bereit gestellten Gesamtmittel —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die von Italien in Form von Zinszuschüssen gewährten Beihilfen zugunsten von Unternehmen, die im Verlagssektor tätig sind, sowie in Form von Steuergutschriften zugunsten von Unternehmen, die Verlagserzeugnisse herstellen, sind gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

Der Kommission werden Jahresberichte mit genauen Informationen über die Umsetzung der beiden Regelungen übermittelt. Die genannten Berichte enthalten insbesondere eine Zusammenfassung der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen während des Kalenderjahres, eine Liste und Beschreibung der Fördervorhaben, die geförderten Verlagserzeugnisse, die für jedes Projekt bewilligten Beträge und die Identität der Beihilfeempfänger.

Der Kommission werden des Weiteren die aktualisierten statistischen Daten über den innergemeinschaftlichen Handel mit den betreffenden Verlagserzeugnissen übermittelt, damit sie die Entwicklung auf den Märkten kontrollieren kann.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.

Brüssel, den 30. Juni 2004

Für die Kommission

Mario MONTI

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 285 vom 28.11.2003, S. 14.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Beihilfefähige Produkte sind auf Papier hergestellte Produkte, einschließlich Bücher, oder Produkte auf Datenträgern für die Veröffentlichung oder die Verbreitung von Informationen an die Öffentlichkeit mit allen, auch elektronischen, Mitteln, oder durch Radio- oder Fernsehübertragung, unter Ausschluss von Produkten, die Töne und Stimmen reproduzieren, Schallplatten- oder Filmprodukten und Dokumentationen mit Unternehmensinformationen für den internen oder externen Gebrauch.

(4)  Die italienischen Behörden geben an, dass die betreffende Vergünstigung die bestehenden Beihilferegelungen gemäß den Gesetzen Nr. 416 vom 5.8.1981 und Nr. 67 vom 25.2.1987 ersetzt. Beide wurden von der Kommission jeweils am 18.11.1983 mit Schreiben Nr. 1398 und am 7.7.1988 mit Schreiben Nr. 8232 (Beihilfe Nr. C 25/87) genehmigt.

(5)  Dauer, Höhe und Modalitäten der Förderung gemäß Artikel 6 des Gesetzes Nr. 62/2001 sind im Dekret vom 13.12.2002 (Italienisches Gesetzesblatt Nr. 297 vom 19.12.2002, S. 29) geregelt.

(6)  Des Weiteren führt der auf Initiative der Regierung eingebrachte Gesetzesentwurf — atto camera 4163 „Disposizioni in materia di editoria e di diffusione della stampa quotidiana e periodica“ eine weitere Änderung zu Artikel 5 des Gesetzes Nr. 62/2001 ein, die ausdrücklich von den beihilfefähigen Kosten alle Ausgaben ausschließt, die nicht für die Realisierung des Verlagserzeugnisses bestimmt sind, insbesondere Absatzförderungs- und Werbekosten. Die beihilfefähigen Kosten können nur bei Zusammenschlüssen von Journalisten gemäß Artikel 6 des Gesetzes Nr. 416 vom 5.8.1981 100 % betragen.

(7)  Gemäß Dekret vom 13. Dezember 2002 sind Unternehmen in Schwierigkeiten ausdrücklich ausgeschlossen.

(8)  Die Laufzeit von zehn Jahren wurde nach der Anmeldung ausdrücklich in den Gesetzesentwurf der Regierung eingefügt, der der Abgeordnetenkammer am 16. Juli 2003 vorgelegt wurde (atto camera 4163 „Disposizioni in materia di editoria e di diffusione della stampa quotidiana e periodica“). Dieser Gesetzesentwurf wird zurzeit im Kulturausschuss des Parlaments diskutiert.

(9)  Die staatlichen Haushaltsmittel belaufen sich auf circa 4,1 Mio. EUR im Jahr 2001, 12,6 Mio. EUR im Jahr 2002, und circa 9,7 Mio. EUR im Jahr 2003.

(10)  Das Dekret des Staatspräsidenten Nr. 142/2002 verbietet in Artikel 8 die Kumulierung von Vergünstigungen gemäß den Artikeln 4 bis 7 des Gesetzes Nr. 62/2001 mit anderen Vergünstigungen des Staates, der Regionen und der autonomen Provinzen Trient und Bozen, der EU oder solchen, die von öffentlichen Trägern oder Institutionen zu demselben Zweck bewilligt wurden. Die oben genannten Vergünstigungen sind allerdings mit der Steuergutschrift gemäß Artikel 8 desselben Gesetzes kumulierbar.

(11)  Gemäß Artikel 5 des Gesetzes Nr. 62/2001 trägt der Fonds die Bezeichnung „Fondo per le agevolazioni di credito alle imprese del settore editoriale“.

(12)  Artikel 1 des Dekrets des Staatspräsidenten Nr. 142/2002 legt fest, dass die Unternehmen jeweils nur ein Projekt auf der Grundlage des automatischen Verfahrens einreichen können.

(13)  Die Finanzierung darf gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes Nr. 62/2001 1 Mrd. ITL nicht überschreiten.

(14)  Die Höchstbeihilfe darf gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes Nr. 62/2001 30 Mrd. ITL nicht überschreiten.

(15)  Die Verfahren und Bedingungen zur Inanspruchnahme der Vergünstigungen sind in den Absätzen 2 bis 6 des Artikels 7 des Gesetzes Nr. 62/2001 sowie im Dekret des Staatspräsidenten Nr. 142/2002 dargelegt.

(16)  Der Höchstbetrag ist als Prozentsatz des Investitionsbetrags und nicht pro Empfänger festgelegt, ist aber nichtsdestotrotz durch die Höhe der verfügbaren Gesamtmittel begrenzt.

(17)  Die staatlichen Haushaltsmittel belaufen sich auf circa 5,7 Mio. EUR im Jahr 2001, 11,3 Mio. EUR im Jahr 2002 und jährlich 28,4 Mio. EUR von 2003 bis 2005.

(18)  Siehe Fußnote 11.

(19)  Die Definition eines Unternehmens, das Verlagserzeugnisse herstellt, ist enger gefasst als die in den Artikeln 4, 5 und 7 des betreffenden Gesetzes verwendete Definition. Sie betrifft erstens nur Veröffentlichungen in italienischer Sprache und zweitens nur Unternehmen, die Verlagserzeugnisse herstellen, während nach der anderen Regelung potenziell Begünstigte alle Unternehmen sind, die im gesamten Zyklus von der Produktion bis zum Vertrieb des Verlagserzeugnisses tätig sind.

(20)  Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22.6.2000 in der Rs. C 332/98, Republik Frankreich gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, „Beihilfe für die Coopérative d’exportation du livre français (CELF)“ Slg. 2000, I-4833.

(21)  Siehe Anmerkung 20 Punkt VIII des Urteils.

(22)  Erläuterungen der Kommission in „Panorama der EU-Industrie“ von 1997.

(23)  Aus den von Italien zur Verfügung gestellten statistischen Daten geht hervor, dass sich 2003 der Rückgang des Verkaufs von Tageszeitungen in Italien, der 1990 eingesetzt hatte, fortsetzte und mit einer Auflage von 5,8 Mio. das Niveau von 1984 erreichte.

(24)  Angaben des Osservatorio Tecnico per i Quotidiani e le Agenzie d’Informazione — L’industria dei quotidiani in Italia — Monografia macro settoriale — 2000.

(25)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 28.2.2002, Rs. T-155/98, Slg. 2002, II-1179.

(26)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 21.10.1997, Rs. T 229/94, Deutsche Bahn/Kommission, Slg. II-1689, Rdnr. 54 und hier zitierte Rechtsprechung.

(27)  ABl. C 73 vom 6.3.2001, S. 5.

(28)  Die italienischen Behörden unterstreichen, dass, obwohl sich die Entschließung des Rates vom 12. Februar 2001 ausdrücklich auf Bücher bezieht, die dort genannten Grundsätze, insbesondere die unter dem Erwägungsgrund 2 genannten, auf alle Fälle übertragbar sind, in denen ein Gut (zum Beispiel Verlagserzeugnisse) eine „doppelte Dimension“ aufweist und „sowohl Träger kultureller Werte als auch Handelsware ist“.

(29)  Erwägungsgrund 7 der Entschließung vom 12.2.2001.

(30)  ABl. C 50 vom 23.2.2002, S. 1.

(31)  ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1.

(32)  Siehe Urteile des italienischen Verfassungsgerichts in den Rechtssachen Nr. 348/1990, Nr. 105/1972, Nr. 225/1974 und Nr. 94/1997.

(33)  Siehe Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung (ABl. C 384 vom 10.12.1998, S. 3).

(34)  Die grenzüberschreitende Dimension des Verlagswesens, insbesondere in Bezug auf Bücher, wurde in der Entschließung vom 12. Februar 2001 anerkannt und durch die von den italienischen Behörden übermittelten statistischen Daten belegt.

(35)  Siehe insbesondere die Absätze 1 und 4 des Artikels 151 EG-Vertrag.

(36)  Insbesondere Absatz 6 des Artikels 5 des Gesetzes Nr. 62/2001.

(37)  Tatsächlich könnten verschiedene Produkte von den Vergünstigungen profitieren, darunter Produkte betreffend den Sport und andere Verlagserzeugnisse, die nicht notwendigerweise einen kulturellen Inhalt oder ein kulturelles Merkmal aufweisen.

(38)  Entscheidung der Kommission in folgenden Beihilfefällen: NN 88/98, „Finanzierung eines werbefreien Nachrichtenkanals durch die BBC über Gebühren“ (ABl. C 78 vom 18.3.2000, S. 6) und NN 70/98 „Staatliche Beihilfe für öffentliche Kanäle ‚Kinderkanal und Phoenix‘“ (ABl. C 238 vom 21.8.1999, S. 3).

(39)  ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5.

(40)  Siehe Fußnote 38.

(41)  Ausführungen der Kommission in „Panorama der EU-Industrie“ von 1997.

(42)  Siehe Fußnote 31.


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