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Document 32005D0600

2005/600/EG: Entscheidung des Rates vom 12. Juli 2005 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten

OJ L 205, 6.8.2005, p. 21–27 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)
OJ L 168M, 21.6.2006, p. 1–7 (MT)
Special edition in Bulgarian: Chapter 05 Volume 007 P. 253 - 259
Special edition in Romanian: Chapter 05 Volume 007 P. 253 - 259

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2005/600/oj

6.8.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 205/21


ENTSCHEIDUNG DES RATES

vom 12. Juli 2005

über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten

(2005/600/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 128 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union setzt sich die Union unter anderem das Ziel, den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und ein hohes Beschäftigungsniveau zu fördern. Artikel 125 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sieht vor, dass die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft auf die Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie der Fähigkeit der Arbeitsmärkte hinarbeiten, auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels zu reagieren.

(2)

Auf seiner Tagung in Lissabon im März 2000 hat der Europäische Rat im Jahr 2000 eine Strategie auf den Weg gebracht, mit dem Ziel eines dauerhaften Wirtschaftswachstums mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und eines größeren sozialen Zusammenhalts mit langfristigen Beschäftigungszielen; fünf Jahre danach sind die Ziele der Strategie jedoch noch lange nicht erreicht.

(3)

Mit der Vorlage eines integrierten Leitlinienpakets — bestehend aus den beschäftigungspolitischen Leitlinien und den Grundzügen der Wirtschaftspolitik — wird ein Beitrag zur Neuausrichtung der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung geleistet. Die entscheidende Rolle in der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Ziele der Lissabon-Strategie fällt der europäischen Beschäftigungsstrategie zu. Auch hängt das Gelingen der Lissabon-Strategie zu einem wesentlichen Teil von der Stärkung des sozialen Zusammenhalts ab. Umgekehrt wird, wie in der Sozialagenda ausgeführt, der Erfolg der europäischen Beschäftigungsstrategie zum Erreichen eines stärkeren sozialen Zusammenhalts beitragen.

(4)

Gemäß den Schlussfolgerungen der Frühjahrstagung des Europäischen Rates vom 22. und 23. März 2005 muss die Union verstärkt alle geeigneten einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Mittel — einschließlich der Kohäsionspolitik — in den drei Dimensionen der Lissabon-Strategie (Wirtschaft, Soziales und Umwelt) mobilisieren, um deren Synergiepotenzial im Gesamtkontext nachhaltiger Entwicklung besser zu nutzen.

(5)

Die Ziele Vollbeschäftigung, Arbeitsplatzqualität, Arbeitsproduktivität und sozialer Zusammenhalt müssen ihren Niederschlag in klaren Prioritäten finden: mehr Menschen in Arbeit bringen und halten, das Arbeitskräfteangebot vergrößern und die sozialen Sicherungssysteme modernisieren; die Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte und der Unternehmen verbessern; die Investitionen in Humankapitel durch Verbesserung von Bildung und Qualifizierung steigern.

(6)

Die beschäftigungspolitischen Leitlinien sollten nur alle drei Jahre einer vollständigen Überprüfung unterzogen werden; etwaige Aktualisierungen bis zum Jahr 2008 sollten auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben.

(7)

Der Beschäftigungsausschuss und der Ausschuss für Sozialschutz haben eine gemeinsame Stellungnahme zu den integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (2005—2008) vorgelegt.

(8)

Die Empfehlung des Rates vom 14. Oktober 2004 zur Durchführung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten (3) behält als Referenzgröße ihre Gültigkeit —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die im Anhang beigefügten Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten werden angenommen.

Artikel 2

Die Leitlinien sind von den Mitgliedstaaten in ihren beschäftigungspolitischen Maßnahmen, über die in den nationalen Reformprogrammen Bericht zu erstatten ist, zu berücksichtigen.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 12. Juli 2005.

Im Namen des Rates

Der Präsident

G. BROWN


(1)  Stellungnahme vom 26. Mai 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Stellungnahme vom 31. Mai 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  ABl. L 326 vom 29.10.2004, S. 47.


ANHANG

DIE BESCHÄFTIGUNGSPOLITISCHEN LEITLINIEN (2005—2008)

(Integrierte Leitlinien 17—24)

Leitlinie 17: Die Beschäftigungspolitik auf Vollbeschäftigung, Steigerung der Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität und Stärkung des sozialen und territorialen Zusammenhalts ausrichten

Leitlinie 18: Einen lebenszyklusorientierten Ansatz in der Beschäftigungspolitik fördern

Leitlinie 19: Integrative Arbeitsmärkte schaffen, Arbeit attraktiver und für Arbeit Suchende — auch für benachteiligte Menschen — und Nichterwerbstätige lohnend machen

Leitlinie 20: Den Arbeitsmarkterfordernissen besser gerecht werden

Leitlinie 21: Unter gebührender Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner Flexibilität und Beschäftigungssicherheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern

Leitlinie 22: Die Entwicklung der Arbeitskosten und die Tarifverhandlungssysteme beschäftigungsfreundlicher gestalten

Leitlinie 23: Die Investitionen in Humankapital steigern und optimieren

Leitlinie 24: Die Aus- und Weiterbildungssysteme auf neue Qualifikationsanforderungen ausrichten

Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten

Die Mitgliedstaaten gestalten ihre Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern mit dem Ziel, die im Nachstehenden ausgeführten Zielvorgaben und Schwerpunktaktionen zu verwirklichen. Unter Berücksichtigung der Lissabon-Strategie wird durch die Maßnahmen der Mitgliedstaaten auf ausgewogene Weise Folgendes gefördert:

—   Vollbeschäftigung: Das Streben nach Vollbeschäftigung und die Verringerung der Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit durch Steigerung des Arbeitskräfteangebots und der Arbeitskräftenachfrage sind unerlässlich für die Stützung des Wirtschaftswachstums und die Stärkung des sozialen Zusammenhalts.

—   Steigerung der Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität: Maßnahmen zur Anhebung der Beschäftigungsquoten müssen Hand in Hand gehen mit Maßnahmen, die darauf abzielen, Arbeit attraktiver zu machen, die Arbeitsplatzqualität zu verbessern, das Arbeitsproduktivitätswachstum zu steigern und den Anteil der erwerbstätigen Armen zu verringern. Die Synergien zwischen Arbeitsplatzqualität, Produktivität und Beschäftigung sollten voll ausgeschöpft werden.

—   Stärkung des sozialen und territorialen Zusammenhalts: Konsequente Maßnahmen sind erforderlich, um die soziale Eingliederung zu stärken, eine Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt zu verhindern, die Integration benachteiligter Menschen in den Arbeitsmarkt zu unterstützen und regionale Ungleichgewichte bei Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Arbeitsproduktivität, insbesondere in Regionen mit Entwicklungsrückstand, abzubauen.

Entscheidend für den Fortschritt sind auch die Faktoren Chancengleichheit und Diskriminierungsbekämpfung. Das Gender-Mainstreaming und die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter sollten bei allen Maßnahmen berücksichtigt werden. Als Teil eines neuen generationsübergreifenden Ansatzes sollte der Situation junger Menschen, der Umsetzung des Europäischen Pakts für die Jugend und der Förderung des Zugangs zu Beschäftigung während des gesamten Erwerbslebens besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ferner muss den Beschäftigungsdefiziten benachteiligter Menschen, auch von Menschen mit Behinderungen, sowie von Staatsangehörigen von Drittstaaten im Vergleich zu EU-Bürgern unter Berücksichtigung einschlägiger nationaler Zielsetzungen besondere Aufmerksamkeit zukommen.

Bei diesen Aktionen sollten die Mitgliedstaaten auf eine gute Steuerung der Beschäftigungspolitik achten. Sie sollten durch Einbeziehung von parlamentarischen Gremien und von Interessengruppen, auch auf regionaler und lokaler Ebene, eine umfassende Partnerschaft für den Wandel etablieren. Die europäischen und nationalen Sozialpartner sollten dabei eine zentrale Rolle spielen. Einige der Zielvorgaben und Benchmarks, die auf EU-Ebene im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie im Zusammenhang mit den Leitlinien für 2003 festgelegt wurden, sind am Ende des Anhangs aufgenommen und sollten durch Indikatoren und Scorebords weiterverfolgt werden. Die Mitgliedstaaten werden ferner ermutigt, ihre eigenen Verpflichtungen und Zielvorgaben zu formulieren, wobei die oben genannten Ziele und Benchmarks sowie die 2004 auf EU-Ebene vereinbarten Empfehlungen berücksichtigt werden sollten.

Eine gute Steuerung erfordert auch mehr Effizienz bei der Allokation der administrativen und finanziellen Ressourcen. In Abstimmung mit der Kommission sollten die Mitgliedstaaten zur Umsetzung der europäischen Beschäftigungsstrategie von den Strukturfonds und insbesondere vom Europäischen Sozialfonds gezielter Gebrauch machen und über die getroffenen Maßnahmen Bericht erstatten. Vor allem gilt es, die institutionellen und administrativen Kapazitäten in den Mitgliedstaaten zu stärken.

Leitlinie 17: Die Beschäftigungspolitik auf Vollbeschäftigung, Steigerung der Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität und Stärkung des sozialen und territorialen Zusammenhalts ausrichten.

Die Politik sollte dazu beitragen, folgende Beschäftigungsquotenziele in der Europäischen Union zu verwirklichen: 70 % Gesamtbeschäftigungsquote und eine Mindestquote von 60 % für die Frauenbeschäftigung und von 50 % für die Beschäftigung älterer Arbeitskräfte (55—64 Jahre) bis 2010, verbunden mit einer Verringerung der Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit. Die Mitgliedstaaten sollten erwägen, nationale Beschäftigungsquotenziele vorzugeben.

Im Rahmen dieser Ziele sollten die Maßnahmen auf folgende Schwerpunkte ausgerichtet werden:

mehr Menschen in Arbeit bringen und halten, das Arbeitskräfteangebot vergrößern und die sozialen Sicherungssysteme modernisieren;

die Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte und der Unternehmen verbessern;

die Investitionen in Humankapital durch Verbesserung von Bildung und Qualifizierung steigern.

1.   MEHR MENSCHEN IN ARBEIT BRINGEN UND HALTEN, DAS ARBEITSKRÄFTEANGEBOT VERGRÖSSERN UND DIE SOZIALEN SICHERUNGSSYSTEME MODERNISIEREN

Die Anhebung des Beschäftigungsniveaus ist das wirksamste Mittel, Wirtschaftswachstum zu generieren und die Wirtschaftssysteme unter Wahrung eines ausreichenden Sicherheitsnetzes für die erwerbsunfähigen bzw. erwerbslosen Personen sozial integrativ zu gestalten. Die Vergrößerung des Arbeitskräfteangebots in allen Gruppen, ein neuer lebenszyklusbasierter Ansatz in der Beschäftigung und die Modernisierung der sozialen Sicherungssysteme zur Förderung von deren Angemessenheit, finanzieller Nachhaltigkeit und Fähigkeit zur Anpassung an sich wandelnde gesellschaftliche Erfordernisse sind umso dringlicher angesichts des erwarteten Rückgangs der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Besondere Aufmerksamkeit sollte hierbei den sich hartnäckig haltenden geschlechtsspezifischen Unterschieden sowie — im Rahmen eines neuen generationsübergreifenden Ansatzes — der niedrigen Beschäftigungsquote der älteren Arbeitskräfte und der jungen Menschen gelten. Auch sind Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit erforderlich, die im Schnitt doppelt so hoch wie die Gesamtarbeitslosigkeit ist. Fortschritte in der Beschäftigung setzen geeignete Rahmenbedingungen voraus, ob es um den Erstzugang zum Arbeitsmarkt, eine Rückkehr ins Erwerbsleben nach einer Unterbrechung oder um den Wunsch geht, das Erwerbsleben zu verlängern. Entscheidende Aspekte dabei sind Arbeitsplatzqualität, einschließlich Arbeitsentgelt und Sozialleistungen, Arbeitsbedingungen, Beschäftigungssicherheit, Zugang zum lebenslangen Lernen, die beruflichen Aussichten sowie Unterstützung und Anreize, die sich aus den sozialen Sicherungssystemen ableiten.

Leitlinie 18: Durch folgende Maßnahmen einen lebenszyklusbasierten Ansatz in der Beschäftigungspolitik fördern:

die Bemühungen verstärken, jungen Menschen Wege in die Beschäftigung zu öffnen und Jugendarbeitslosigkeit abzubauen, wie im Europäischen Pakt für die Jugend gefordert;

entschlossene Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und zur Reduzierung geschlechtsspezifischer Unterschiede bei Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Entgelt ergreifen;

eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben anstreben und zugängliche und erschwingliche Betreuungseinrichtungen für Kinder und sonstige betreuungsbedürftige Personen bereitstellen;

das aktive Altern, einschließlich entsprechender Arbeitsbedingungen, einen besseren Gesundheitsschutzstatus am Arbeitsplatz und geeignete Arbeitsanreize fördern und frühverrentungsfördernde Negativanreize beseitigen;

moderne Sozialschutzsysteme, einschließlich der Renten- und Gesundheitssysteme, schaffen, die sozial angemessen und finanziell tragbar sind und sich an wandelnde Erfordernisse anpassen, um auf diese Weise die Erwerbsbeteiligung, den Verbleib im Erwerbsleben und die Verlängerung des Erwerbslebens zu fördern.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Gewährleistung von wirtschaftlicher und finanzieller Nachhaltigkeit als Grundlage für mehr Arbeitsplätze“ (Nr. 2).

Erwerbsbeteiligung und Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung lassen sich hauptsächlich dadurch fördern, dass man Arbeit Suchenden den Zugang zur Beschäftigung erleichtert, Arbeitslosigkeit verhütet, die Arbeitsmarktnähe arbeitslos gewordener Menschen sicherstellt und deren Beschäftigungsfähigkeit verbessert. Dies erfordert, dass man dem Arbeitsmarktzugang entgegenstehende Hindernisse ausräumt und zu diesem Zweck wirkungsvolle Hilfe bei der Arbeitssuche anbietet, den Zugang zur Weiterbildung und zu anderen aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen erleichtert und sicherstellt, dass Arbeit sich lohnt, sowie Arbeitslosigkeits-, Armuts- und Erwerbslosigkeitsfallen beseitigt. Besondere Aufmerksamkeit ist in diesem Kontext der Förderung der Arbeitsmarktintegration benachteiligter Menschen einschließlich gering qualifizierter Personen, auch durch den Ausbau von Sozialdienstleistungen und der Solidarwirtschaft und der Erschließung neuer Beschäftigungspotenziale zur Deckung kollektiver Bedürfnisse zu widmen. Besonders vordringlich ist hierbei, die Diskriminierung zu bekämpfen, den Zugang Behinderter zur Beschäftigung zu fördern und Zuwanderer und Minderheiten zu integrieren.

Leitlinie 19: Integrative Arbeitsmärkte schaffen, Arbeit attraktiver und für Arbeit Suchende — auch für benachteiligte Menschen — und Nichterwerbstätige lohnend machen durch:

aktive und präventive Arbeitsmarktmaßnahmen, einschließlich Früherkennung der Bedürfnisse, Unterstützung bei der Arbeitsuche, Beratung und Weiterbildung im Rahmen personalisierter Aktionspläne, Bereitstellung der erforderlichen Sozialdienstleistungen zur Unterstützung der Integration von Personen, die auf dem Arbeitsmarkt am schwersten zu vermitteln sind, sowie Förderung der Armutsbeseitigung;

laufende Überprüfung der in den Steuer- und Sozialleistungssystemen enthaltenen Anreize und Hemmnisse, einschließlich Sozialleistungsmanagement und Überprüfung der Anspruchsberechtigung, sowie umfassender Abbau der hohen effektiven Grenzsteuersätze, insbesondere bei Geringverdienern, unter Gewährleistung eines angemessenen Sozialschutzniveaus;

Erschließung neuer Beschäftigungspotenziale im Bereich der personen- und unternehmensbezogenen Dienstleistungen, insbesondere auf lokaler Ebene.

Sollen mehr Menschen in die Lage versetzt werden, einen besseren Arbeitsplatz zu finden, so gilt es ferner, die Arbeitsmarktinfrastruktur auf nationaler und EU-Ebene zu stärken — auch durch Nutzung des EURES-Netzes —, um die Antizipation zu verbessern und Missverhältnisse zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen. Einen entscheidenden Beitrag hierzu kann die Arbeitskräftemobilität leisten, die dementsprechend ohne Einschränkungen im Rahmen der Verträge gewährleistet sein sollte. Auf den nationalen Arbeitsmärkten ist auch dem durch Einwanderung aus Drittstaaten entstehenden zusätzlichen Arbeitskräfteangebot in vollem Umfang Rechnung zu tragen.

Leitlinie 20: Den Arbeitsmarkterfordernissen besser gerecht werden durch folgende Maßnahmen:

die Arbeitsmarkteinrichtungen, insbesondere die Arbeitsverwaltungen, modernisieren und stärken, auch im Hinblick auf eine verbesserte Transparenz der Beschäftigungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten auf nationaler und europäischer Ebene;

Abbau von Hindernissen für eine europaweite Mobilität von Arbeitnehmern im Rahmen der Verträge;

Qualifikationsanforderungen sowie Defizite und Engpässe auf dem Arbeitsmarkt besser antizipieren;

die Wirtschaftsmigration besser managen.

2.   DIE ANPASSUNGSFÄHIGKEIT DER ARBEITSKRÄFTE UND DER UNTERNEHMEN VERBESSERN

Europa muss lernen, den wirtschaftlichen und sozialen Wandel besser zu antizipieren und zu bewältigen bzw. anzustoßen. Dies erfordert eine beschäftigungsfreundliche Gestaltung der Arbeitskosten, moderne Formen der Arbeitsorganisation und gut funktionierende Arbeitsmärkte, die mehr Flexibilität zulassen, ohne die Beschäftigungssicherheit aufs Spiel zu setzen, um den Bedürfnissen sowohl der Unternehmen als auch der Arbeitskräfte gerecht zu werden. Dies dürfte auch dazu beitragen, eine Segmentierung der Arbeitsmärkte zu verhüten und die Schwarzarbeit zurückzudrängen.

Unter den heutigen Rahmenbedingungen, gekennzeichnet durch die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft in Verbindung mit der Öffnung neuer Märkte und der laufenden Einführung neuer Technologien, müssen und können Unternehmen und Arbeitskräfte sich besser anpassen. Der strukturelle Wandel ist insgesamt dem Wachstum und der Beschäftigung förderlich, bringt jedoch auch Umwälzungen mit sich, die einigen Arbeitskräften und Unternehmen zum Nachteil gereichen. Die Unternehmen müssen lernen, flexibler auf abrupte Änderungen in der Güter- und Dienstleistungsnachfrage zu reagieren, sich an neue Technologien anzupassen und zur Wahrung ihrer Wettbewerbsfähigkeit laufend Innovationen vorzunehmen. Sie müssen dem zunehmenden Bedarf an mehr Arbeitsplatzqualität gerecht werden, der in Verbindung steht mit den persönlichen Präferenzen der Arbeitskräfte und Änderungen der familiären Bedingungen, und sie müssen mit der Situation zurechtkommen, dass der Arbeitskräftebestand altert und weniger junge Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Für die Arbeitskräfte wird das Arbeitsleben komplexer: Die Beschäftigungsmuster werden vielfältiger und unregelmäßiger, und über den gesamten Lebenszyklus werden immer häufiger berufliche Veränderungen zu bewältigen sein. In Anbetracht der sich rasch ändernden wirtschaftlichen Situation und damit verbundener Umstrukturierungen müssen die Arbeitskräfte sich an neue Arbeitsformen anpassen — einschließlich der zunehmenden Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien —, Änderungen in ihrem Berufsstatus verkraften und zum lebenslangen Lernen bereit sein. Auch geografische Mobilität wird unerlässlich sein, will man berufliche Möglichkeiten umfassender, d. h. in der gesamten EU, nutzen.

Leitlinie 21: Unter gebührender Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner Flexibilität und Beschäftigungssicherheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern durch folgende Maßnahmen:

die arbeitsrechtlichen Vorschriften anpassen und dabei erforderlichenfalls die unterschiedlichen arbeitsvertraglichen und Arbeitszeitregelungen überprüfen;

gegen die Schwarzarbeit vorgehen;

die Antizipation und die Bewältigung des Wandels verbessern — einschließlich Umstrukturierungen in der Wirtschaft und insbesondere im Kontext der Handelsliberalisierung —, um die sozialen Kosten zu begrenzen und die Anpassung zu erleichtern;

innovative und anpassungsfähige Formen der Arbeitsorganisation fördern und verbreiten, um die Arbeitsplatzqualität und die Arbeitsproduktivität zu verbessern, einschließlich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz;

den Übergang in die Erwerbstätigkeit erleichtern, einschließlich Weiterbildung, selbstständige Tätigkeit, Unternehmensgründung und geografische Mobilität.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Förderung größerer Kohärenz zwischen makroökonomischer Politik, Strukturpolitik und Beschäftigungspolitik“ (Nr. 5).

Um die Arbeitsplatzschaffung zu maximieren, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen günstig zu beeinflussen, sollte die allgemeine Lohnentwicklung mit dem Produktivitätswachstum im Konjunkturzyklus in Einklang stehen und die Arbeitsmarktsituation widerspiegeln. Insbesondere im Niedriglohnbereich kann es sich zur Erleichterung der Arbeitsplatzschaffung darüber hinaus notwendig sein, die Lohnnebenkosten und insgesamt die steuerliche Belastung der Arbeit abzusenken.

Leitlinie 22: Die Entwicklung der Arbeitskosten und die Tarifverhandlungssysteme durch folgende Maßnahmen beschäftigungsfreundlicher gestalten:

die Sozialpartner dazu anregen, das Lohntarifsystem im Rahmen ihrer Befugnisse so zu gestalten, dass es die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Produktivität und dem Arbeitsmarkt auf allen relevanten Ebenen widerspiegelt und geschlechtsspezifische Lohngefälle vermieden werden;

die beschäftigungspolitischen Auswirkungen der Lohnnebenkosten überprüfen und gegebenenfalls deren Struktur und Niveau anpassen, insbesondere um die steuerliche Belastung der gering entlohnten Arbeit zu senken.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Gewährleistung eines Beitrags der Lohnentwicklung zur makroökonomischen Stabilität und zum Wachstum“ (Nr. 4).

3.   DIE INVESTIONEN IN HUMANKAPITAL STEIGERN DURCH VERBESSERUNG VON BILDUNG UND QUALIFIZIERUNG

Europa muss mehr in Humankapital investieren. In vielen Fällen verhindern Qualifikationsdefizite und ein Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und Qualifikationsnachfrage, dass Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden oder auf ihm verbleiben. Um für alle Altersgruppen den Zugang zur Beschäftigung zu erleichtern und Produktivitätsniveau und Arbeitsplatzqualität anzuheben, muss die EU mehr und effektiver in Humankapital und in das lebenslange Lernen investieren zum Nutzen des Einzelnen, der Unternehmen, der Wirtschaft und der Gesellschaft.

Die wissensbasierte und dienstleistungsbasierte Wirtschaft erfordert Qualifikationen, die von den herkömmlichen Qualifikationsmustern abweichen; zudem müssen diese Qualifikationen aufgrund des technologischen Wandels und der Innovation laufend aktualisiert werden. Arbeitskräfte, die in Arbeit bleiben und im Beruf fortkommen wollen, müssen regelmäßig bestehende Qualifikationen aktualisieren und neue Qualifikationen erwerben. Die Produktivität der Unternehmen ist abhängig davon, dass ihre Beschäftigten die Fähigkeit erwerben und bewahren, sich an den Wandel anzupassen. Die Regierungen müssen danach streben, das Bildungsniveau anzuheben und junge Menschen mit den erforderlichen Schlüsselkompetenzen auszustatten, im Einklang mit dem Europäischen Pakt für die Jugend. Alle Beteiligten sollten dafür mobilisiert werden, bei den Menschen schon in jungen Jahren eine Kultur des lebenslangen Lernens zu verankern. Eine deutliche Erhöhung der staatlichen und privaten Pro-Kopf-Investitionen in Humanressourcen und die Sicherstellung der Qualität und Effizienz dieser Investitionen ist nur machbar, wenn eine faire und transparente Aufteilung der Kosten und Verantwortlichkeiten zwischen allen Akteuren gegeben ist. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeiten der Strukturfonds und der Europäischen Investitionsbank für Investitionen in die Aus- und Weiterbildung besser nutzen. Um diese Ziele zu erreichen, verpflichten sich die Mitgliedstaaten, bis 2006 umfassende Strategien des lebenslangen Lernens zu entwickeln und das Programm „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ durchzuführen.

Leitlinie 23: Die Investitionen in Humankapital steigern und optimieren durch folgende Maßnahmen:

integrative Maßnahmen und Aktionen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung, um den Zugang zur Berufsbildung, zur Sekundarbildung und zur Hochschulbildung erheblich zu verbessern, einschließlich der Lehrlingsausbildung und der Vermittlung unternehmerischer Kompetenzen;

die Anzahl der frühzeitigen Schulabgänger erheblich reduzieren;

entsprechend den auf europäischer Ebene eingegangenen Vereinbarungen wirksame Strategien für das lebenslange Lernen schaffen, die allen Menschen in Schulen, Unternehmen, Behörden und Haushalten offen stehen, einschließlich geeigneter Anreize in Verbindung mit Mechanismen der Kostenaufteilung, um eine stärkere Beteiligung an der Fortbildung und der Ausbildung am Arbeitsplatz während des gesamten Lebenszyklus, besonders für Geringqualifizierte und ältere Arbeitskräfte, zu begünstigen.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Verstärkte und effizientere Investitionen in FuE, insbesondere im Privatsektor“ (Nr. 7).

Ehrgeizige Ziele setzen und das Niveau der Investitionen aller Akteure anheben reicht nicht aus. Damit das Angebot den Bedarf tatsächlich decken kann, müssen die Systeme des lebenslangen Lernens bezahlbarer, zugänglicher und anpassungsfähiger werden. Die Aus- und Weiterbildung muss flexibler und leistungsfähiger werden, will man ihre Arbeitsmarktrelevanz, ihr Vermögen, den Anforderungen der wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft zu genügen, und ihre Effizienz steigern. Die IKT können den Zugang zum Lernen erleichtern und dazu dienen, das Lernen besser auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zuzuschneiden. Eine größere Mobilität in der Wahrnehmung von Arbeits- und Lernmöglichkeiten ist vonnöten, damit Berufschancen EU-weit besser genutzt werden. Die verbleibenden Mobilitätshindernisse auf dem europäischen Arbeitsmarkt sollten beseitigt werden, und zwar vor allem die der Anerkennung und Transparenz von Qualifikationen und Befähigungsnachweisen entgegenstehenden Hindernisse. In der Reform der nationalen Aus- und Weiterbildungssysteme sind dabei die vereinbarten europäischen Mechanismen und Orientierungen zu nutzen, wie im Programm „Allgemeine und berufliche Bildung 2010“ festgelegt.

Leitlinie 24: Durch folgende Maßnahmen die Aus- und Weiterbildungssysteme auf neue Qualifikationsanforderungen ausrichten:

die Attraktivität, die Offenheit und hohe Qualitätsstandards der Aus- und Weiterbildung verbessern und sicherstellen, das Angebot an Instrumenten der Aus- und Weiterbildung verbreitern und für flexible Bildungswege sorgen und die Möglichkeiten für die Mobilität von Studenten und Praktikanten erweitern;

den Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung sowie zu Wissen durch eine entsprechende Arbeitszeitgestaltung, durch Dienstleistungen zur Unterstützung von Familien, durch Berufsberatung und gegebenenfalls durch neue Formen der Kostenteilung für alle erleichtern und diversifizieren;

sich durch eine verbesserte Definition und größere Transparenz von Qualifikationen und Befähigungsnachweisen sowie deren Anerkennung und eine bessere Validierung des nichtformalen und des informellen Lernens auf neue berufliche Erfordernisse, Schlüsselkompetenzen und künftige Qualifikationsanforderungen einstellen.

Im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie aufgestellte Zielvorgaben und Benchmarks

Die folgenden Zielvorgaben und Benchmarks wurden im Zusammenhang mit der europäischen Beschäftigungsstrategie 2003 vereinbart:

Jedem Arbeitslosen wird ein Neuanfang ermöglicht, und zwar binnen sechs Monaten nach Eintritt der Arbeitslosigkeit im Fall von Jugendlichen und binnen zwölf Monaten im Fall von Erwachsenen in Form einer Ausbildung, einer Umschulung, Berufserfahrung, eines Arbeitsplatzes oder einer anderen Beschäftigungsmaßnahme, gegebenenfalls in Kombination mit einer kontinuierlichen Unterstützung bei der Arbeitssuche.

Bis zum Jahr 2010 sollten 25 % der Langzeitarbeitslosen an einer aktiven Maßnahme in Form einer Ausbildung, einer Umschulung, Berufserfahrung oder einer anderen Beschäftigungsmaßnahme teilnehmen, mit dem Ziel, den Durchschnitt der drei führenden Mitgliedstaaten zu erreichen.

Arbeit Suchende können überall in der Europäischen Union Zugang zu sämtlichen von den Arbeitsverwaltungen der Mitgliedstaaten bekannt gegebenen Stellenangeboten haben.

Bis 2010 wird das effektive Durchschnittsalter beim Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auf Ebene der Europäischen Union um fünf Jahre angehoben werden (im Vergleich zu 59,9 im Jahr 2001).

Bis 2010 werden für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung gestellt werden.

Die durchschnittliche Schulabbrecherquote für die Europäische Union wird auf höchstens 10 % gesenkt.

Bis 2010 sollten mindestens 85 % der 22-jährigen in der Europäischen Union die Sekundarstufe II abgeschlossen haben

Der durchschnittliche Anteil der Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter (Altersgruppe 25—64 Jahre) in der Europäischen Union, die am lebensbegleitenden Lernen teilnehmen, sollte mindestens 12,5 % betragen.


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