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Document 52011IP0081

    Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. März 2011 zu dem Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU (2010/2089(INI))

    ABl. C 199E vom 7.7.2012, p. 25–36 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    7.7.2012   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    CE 199/25


    Dienstag, 8. März 2011
    Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU

    P7_TA(2011)0081

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 8. März 2011 zu dem Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU (2010/2089(INI))

    2012/C 199 E/04

    Das Europäische Parlament,

    gestützt auf die Artikel 168 und 184 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

    gestützt auf Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union,

    unter Hinweis auf Artikel 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

    unter Hinweis auf Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der sich mit der Gleichheit von Frauen und Männern in allen Bereichen befasst,

    in Kenntnis der Mitteilung der Kommission „Solidarität im Gesundheitswesen: Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU“ (KOM(2009)0567),

    unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 1350/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über ein zweites Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit (2008–2013) (1),

    in Kenntnis des Beschlusses 2010/48/EG des Rates vom 26. November 2009 über den Abschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen durch die Europäische Gemeinschaft (2),

    in Kenntnis der Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz „Solidarität im Gesundheitswesen: Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU“,

    in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Juni 2010 zum Thema „Gesundheit und gesundheitliche Chancengleichheit in allen Politikbereichen: Solidarität im Gesundheitswesen“,

    in Kenntnis des Berichts über die zweite gemeinsame Bewertung des Ausschusses für Sozialschutz und der Kommission hinsichtlich der sozialen Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der ergriffenen politischen Maßnahmen,

    in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates zum Thema „Gemeinsame Werte und Prinzipien in den EU-Gesundheitssystemen“ (3),

    in Kenntnis der Entschließung des Rates vom 20. November 2008 zur Gesundheit und zum Wohlbefinden junger Menschen,

    in Kenntnis des Abschlussberichts des WHO-Ausschusses für soziale Gesundheitsfaktoren (WHO, 2008),

    in Kenntnis der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Solidarität im Gesundheitswesen: Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU“ (4),

    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 1. Februar 2007 zum Thema „Förderung gesunder Ernährung und körperlicher Bewegung: eine europäische Dimension zur Verhinderung von Übergewicht, Adipositas und chronischen Krankheiten“ (5) und seine Entschließung vom 25. September 2008 zu dem Weißbuch zu Ernährung, Übergewicht, Adipositas: Eine Strategie für Europa (6),

    unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Oktober 2008 zu dem Weißbuch: „Gemeinsam für die Gesundheit: ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013“ (7),

    gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

    in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A7-0032/2011),

    A.

    in der Erwägung, dass Universalität, Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung, Gleichbehandlung und Solidarität gemeinsame Werte und Grundsätze sind, auf die sich die Gesundheitssysteme in den Mitgliedstaaten der EU stützen,

    B.

    in der Erwägung, dass die Menschen im Durchschnitt länger und gesünder leben als bisherige Generationen und die EU angesichts der alternden Bevölkerung vor der wichtigen Aufgabe steht, sich mit den großen Unterschieden bei der körperlichen und geistigen Gesundheit, die es zwischen den EU-Mitgliedstaaten und innerhalb von ihnen gibt und die zunehmen, zu befassen,

    C.

    in der Erwägung, dass die Unterschiede der Lebenserwartung bei der Geburt zwischen den niedrigsten und den höchsten sozioökonomischen Gruppen bei Männern 10 und bei Frauen 6 Jahre betragen,

    D.

    in der Erwägung, dass die geschlechtsbedingt unterschiedlich hohe Lebenserwartung auch eine große Herausforderung im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Ungleichheit ist,

    E.

    in der Erwägung, dass die Gesundheit abgesehen von genetischen Faktoren vor allem von der Lebensweise der Menschen sowie von ihrem Zugang zu Gesundheitsdiensten, einschließlich Gesundheitsinformationen und -erziehung, Krankheitsvorbeugung und der Behandlung akuter und chronischer Erkrankungen, abhängt; in der Erwägung, dass sozial und wirtschaftlich benachteiligte Bevölkerungsschichten eher unter schlechter Ernährung und Tabak- und Alkoholabhängigkeit leiden und diese Faktoren erheblich zu zahlreichen Erkrankungen und Störungen beitragen, so u. a. zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs,

    F.

    unter Hinweis darauf, dass gesundheitliche Ungleichheit zwischen Menschen mit höherem und niedrigerem Bildungsstand, beruflicher Qualifikation und Einkommen in allen Mitgliedstaaten festgestellt worden ist,

    G.

    in der Erwägung, dass es nachweislich eine geschlechtsspezifische Dimension bei den Mangelernährungsraten gibt, die darauf hindeutet, dass dieses Ungleichgewicht zunimmt, je niedriger der soziale und wirtschaftliche Status ist,

    H.

    in der Erwägung, dass sich geschlechts- und altersbedingte Ungleichheit in der biomedizinischen Forschung und die Tatsache, dass Frauen bei klinischen Versuchen unterrepräsentiert sind, nachteilig auf die Patientenversorgung auswirken,

    I.

    in der Überzeugung, dass die vergleichende Messung gesundheitlicher Ungleichheit der erste Schritt für wirksame Maßnahmen ist,

    J.

    in der Erwägung, dass die Erkrankungsziffern im Allgemeinen bei Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Bildungsstand, geringer beruflicher Qualifikation und geringem Einkommen höher sind und dass Ungleichheit auch bei der Prävalenz der meisten spezifischen Arten von Behinderungen und der meisten spezifischen chronischen, nichtübertragbaren Krankheiten, Erkrankungen des Mund- und Rachenraums und Arten der Geisteskrankheit festgestellt werden kann,

    K.

    in der Erwägung, dass der Nikotinkonsum unter Frauen, vor allem jungen Frauen, rasch zunimmt, was verheerende Auswirkungen auf ihre künftige Gesundheit hat, und dass die Auswirkungen des Rauchens bei Frauen durch zahlreiche Nachteile verschlimmert werden,

    L.

    in der Erwägung, dass die Kommission ein soziales Gefälle in Bezug auf den Gesundheitszustand in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union festgestellt hat (Mitteilung der Kommission vom 20. Oktober 2010 mit dem Titel „Solidarität im Gesundheitswesen: Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU“); und in der Erwägung, dass die Weltgesundheitsorganisation in diesem sozialen Gefälle einen Zusammenhang zwischen der Ungleichheit in den Bereichen Gesellschaft und Wirtschaft und der Ungleichheit in den Bereichen Gesundheit und Zugang zur Gesundheitsversorgung sieht,

    M.

    in der Erwägung, dass zahlreiche Projekte und Studien bestätigen, dass für die Entstehung von Übergewicht und Adipositas Disparitäten in jungen Jahren, die mit dem sozioökonomischen Umfeld im Zusammenhang stehen, besonders prägend sind, Übergewicht und Adipositas am häufigsten bei sozial und wirtschaftlich benachteiligten Bevölkerungsschichten festzustellen sind und dadurch die gesundheitliche und sozioökonomische Ungleichheit vertieft werden kann, weil sich das Risiko von Erkrankungen, die mit Adipositas verbunden sind, erhöht,

    N.

    in der Erwägung, dass Fortschritte in den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt zwar über lange Zeit zu einer allgemeinen Verbesserung des Gesundheitszustands der Bevölkerung geführt haben, aber verschiedene Faktoren wie die hygienischen Verhältnisse, das Wohnumfeld und die Arbeitsbedingungen, Unterernährung, Bildung, Einkommen, Alkohol- und Tabakkonsum sich nach wie vor unmittelbar auf die Ungleichheit im Gesundheitswesen auswirken,

    O.

    in der Erwägung, dass der Klimawandel voraussichtlich eine Reihe potenzieller Auswirkungen auf die Gesundheit zur Folge haben wird, weil Extremwetterlagen wie Hitzewellen und Überschwemmungen vermehrt auftreten werden, sich die Verlaufsmuster von Infektionskrankheiten verändern werden und die UV-Exposition zunehmen wird, und dass nicht alle EU-Mitgliedstaaten in gleichem Maße auf die Bewältigung dieser Herausforderungen vorbereitet sind,

    P.

    in der Erwägung, dass die gesundheitliche Ungleichheit sich nicht nur aus einer Reihe von Faktoren aus den Bereichen Wirtschaft, Umwelt und Lebensweise ergibt, sondern auch von den Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung herrührt,

    Q.

    in der Erwägung, dass die gesundheitliche Ungleichheit auch mit Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung verbunden ist, und zwar aus wirtschaftlichen Gründen – nicht so sehr bei der intensivmedizinischen Versorgung, die von den Mitgliedstaaten korrekt durchgeführt wird, sondern vielmehr bei der alltäglichen Versorgung (wie in der Zahn- und Augenheilkunde) oder bei der Vorsorge – und aus Gründen der schlechten Verteilung medizinischer Ressourcen in bestimmten Gebieten der Union,

    R.

    in der Erwägung, dass der Mangel an medizinischen Fachkräften in bestimmten Teilen der Union und die Tatsache, dass sie problemlos in andere Teile der EU abwandern können, ein großes Problem darstellen, das zu erheblicher Ungleichheit beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und bei der Patientensicherheit führt,

    S.

    in der Erwägung, dass Menschen, die in entlegenen Gebieten und Inselgebieten leben, nach wie vor einen eingeschränkten Zugang zu einer raschen und hochwertigen Gesundheitsversorgung haben,

    T.

    in der Erwägung, dass Patienten mit chronischen Erkrankungen oder Störungen eine spezifische Gruppe bilden, die unter Ungleichheit beim Zugang zu Diagnose und zur Gesundheitsversorgung sowie zu Sozialdiensten und anderen Hilfsdiensten leidet, und besonders benachteiligt sind, u. a. durch finanzielle Schwierigkeiten, beschränkten Zugang zu Beschäftigung sowie soziale Diskriminierung und Stigmatisierung,

    U.

    in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen in allen Ländern und allen sozialen Schichten weit verbreitet ist und dramatische Auswirkungen auf die körperliche und emotionale Gesundheit von Frauen und Kindern hat,

    V.

    in der Erwägung, dass Unfruchtbarkeit ein von der Weltgesundheitsorganisation anerkanntes Leiden ist, das besondere Auswirkungen auf die Gesundheit von Frauen hat, und dass bei einer im Vereinigten Königreich landesweit durchgeführten Erhebung (UK National Awareness Survey) deutlich geworden ist, dass über 94 % der Frauen, die an Unfruchtbarkeit leiden, auch an unterschiedlichen Formen der Depression leiden,

    W.

    in der Erwägung, dass eine große Ungleichheit zwischen den Mitgliedstaaten im Hinblick auf den Zugang zu einer Fruchtbarkeitsbehandlung besteht,

    X.

    in der Erwägung, dass laut Eurostat, dem Statistikamt der Europäischen Union, die Arbeitslosenquote in der EU-27 im September 2010 bei 9,6 % lag und dass sich der Ausschuss für Sozialschutz des Rates der Europäischen Union in seiner Stellungnahme vom 20. Mai 2010 besorgt darüber geäußert hat, dass sich durch die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise der Zugang der Menschen zur Gesundheitsversorgung verschlechtern könnte und die Haushaltmittel für die Gesundheitsversorgung in den Mitgliedstaaten gekürzt werden könnten,

    Y.

    in der Erwägung, dass die derzeitige Wirtschafts- und Finanzkrise ernste Auswirkungen auf das Gesundheitswesen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite haben könnte,

    Z.

    in der Erwägung, dass durch die Beschränkungen aufgrund der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise und der Auswirkungen der bevorstehenden demografischen Herausforderungen, mit denen die Union konfrontiert sein wird, die finanzielle und organisatorische Tragfähigkeit der Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten ernstlich beeinträchtigt werden könnte, wodurch ein gleichberechtigter Zugang zur Gesundheitsversorgung in diesen Staaten verhindert wird,

    AA.

    in der Erwägung, dass durch Armut und andere Risikofaktoren, wie Alter (Kinder, ältere Menschen), Behinderung oder Zugehörigkeit zu einer Minderheit, die gesundheitliche Ungleichheit noch verstärkt wird, und in der Erwägung, dass umgekehrt ein schlechter Gesundheitszustand zu Armut und/oder sozialer Ausgrenzung führen kann,

    AB.

    in der Erwägung, dass die Entwicklungen in den ersten Lebensjahren lebenslange Auswirkungen auf viele Aspekte der Gesundheit und des Wohlergehens haben, von Adipositas, Herzerkrankungen und der seelischen Gesundheit über Bildung, berufliche Erfolge und die wirtschaftliche Lage bis hin zur Lebensqualität,

    AC.

    in der Erwägung, dass die gesundheitliche Ungleichheit erhebliche wirtschaftliche Folgen für die EU und ihre Mitgliedstaaten hat; in der Erwägung, dass die mit gesundheitlicher Ungleichheit verbundenen Verluste ungefähr 1,4 % des BIP ausmachen,

    AD.

    in der Erwägung, dass in vielen EU-Mitgliedstaaten der gleichberechtigte Zugang zur Gesundheitsversorgung für Migranten ohne Ausweispapiere weder in der Praxis noch rechtlich gewährleistet ist,

    AE.

    in der Erwägung, dass in den Mitgliedstaaten bestimmte soziale Gruppen (beispielsweise Menschen mit Behinderungen) nach wie vor mit Hindernissen beim gleichberechtigten Zugang zu Einrichtungen der Gesundheitsversorgung konfrontiert sind, wodurch der Zugang dieser Menschen zu Gesundheitsleistungen eingeschränkt wird,

    AF.

    in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Alterung der Bevölkerung vor dem Problem stehen, dass die Abhängigkeit alter Menschen zunimmt und der Bedarf in den Bereichen Pflege und Geriatrie steigt und dass deshalb ein anderer Ansatz für die Organisation der Gesundheitsversorgung erforderlich ist; sowie in der Erwägung, dass die Ungleichheit beim Zugang älterer Menschen zur Gesundheitsversorgung zugenommen hat,

    1.

    begrüßt die wichtigsten Vorschläge der Kommission in ihrer Mitteilung mit dem Titel „Solidarität im Gesundheitswesen: Abbau gesundheitlicher Ungleichheit in der EU“ zur Kenntnis: (1) größere Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitsbereich als Teil der allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung; (2) Verbesserung der Daten- und Wissensbasis (einschließlich der Messung, Überwachung, Auswertung und Berichterstattung); (3) Engagement in allen Bereichen der Gesellschaft mit dem Ziel, gesundheitliche Ungleichheit zu verringern; (4) Eingehen auf die Bedürfnisse besonders schutzbedürftiger Gruppen; und (5) Weiterentwicklung des Beitrags der EU-Politik zur Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit;

    2.

    hält es für wichtig, dass die Gesundheitsversorgung in einer Weise erfolgt, die im Einklang mit den Grundrechten steht; betont, dass der allgemeine Zugang zu den Gesundheitssystemen und zu einer erschwinglichen Gesundheitsversorgung aufrechterhalten und verbessert werden muss;

    3.

    unterstreicht die Bedeutung einer Verbesserung des Zugangs zu Vorsorge- und Gesundheitsförderungsleistungen und zu medizinischen Leistungen der Primär- und Sekundärversorgung sowie die Bedeutung der Verringerung der Ungleichheit zwischen verschiedenen gesellschaftlichen und Altersgruppen und betont, dass diese Ziele durch die Optimierung der öffentlichen Ausgaben für Gesundheitsvorsorge und Heilbehandlungen sowie gezielte Programme für schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen erreicht werden könnten;

    4.

    fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um eine Beseitigung der sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheit fortzusetzen, wodurch mittelfristig auch die Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung verringert würde; fordert darüber hinaus die Kommission und die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der universellen Werte Würde des Menschen, Freiheit, Gleichheit und Solidarität auf, ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die Bedürfnisse von schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen zu richten, einschließlich benachteiligter Gruppen von Einwanderern und Menschen, die ethnischen Minderheiten angehören, Kinder und Jugendlicher sowie Menschen mit Behinderungen, mit einem besonderen Schwerpunkt auf Geisteskrankheit, Patienten, bei denen chronische Krankheiten oder Leiden festgestellt wurden, älteren Menschen, Menschen, die in Armut leben, und Menschen, die von Alkoholismus und Drogenabhängigkeit betroffen sind;

    5.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen, einschließlich Migranten ohne Ausweispapiere, ein Recht auf gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung haben und ihnen dieser gewährt wird; fordert die Mitgliedstaaten auf zu prüfen, inwieweit eine Unterstützung der Gesundheitsleistungen für illegal aufhältige Migranten möglich ist, indem sie auf der Grundlage gemeinsamer Prinzipien eine Definition dessen zur Verfügung stellen, was die Grundelemente einer Gesundheitsfürsorge gemäß den Definitionen in ihrem nationalen Recht sind;

    6.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, den besonderen Bedürfnissen von Migrantinnen in Bezug auf den Gesundheitsschutz Rechnung zu tragen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Gesundheitseinrichtungen angemessene Sprachmittlerdienste anbieten; ist der Ansicht, dass in diesen Einrichtungen Weiterbildungsinitiativen durchgeführt werden müssen, damit die Ärzte und die Angehörigen anderer medizinischer Berufe interkulturelle Vorgehensweisen praktizieren, die auf der Anerkennung und Achtung der Vielfalt und der Sensibilität der Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Regionen beruhen; weist ferner darauf hin, dass Informationsmaßnahmen und -kampagnen zur Bekämpfung der Verstümmelung der weiblichen Genitalien als vorrangig zu betrachten sind und dass strenge Sanktionen gegen diejenigen verhängt werden müssen, die solche Eingriffe durchführen;

    7.

    fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, rasch Lösungen zur Bekämpfung der Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Herkunft zu finden, insbesondere in einigen Mitgliedstaaten, in denen die Richtlinie 2000/43/EG des Rates nicht umgesetzt wurde und in denen Frauen, die einer ethnischen Minderheit angehören, geringen oder gar keinen Sozialschutz genießen und geringen oder gar keinen Zugang zu Gesundheitsleistungen haben;

    8.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, in Abstimmung mit den Organisationen der Zivilgesellschaft den Zugang zu einer guten Rechtsberatung und Rechtsauskunft zu fördern, um normalen Mitgliedern der Öffentlichkeit, einschließlich Migranten ohne gültige Aufenthaltspapiere, zu einer besseren Kenntnis ihrer individuellen Rechte zu verhelfen;

    9.

    betont, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise und die harten Sparmaßnahmen der Mitgliedstaaten, insbesondere auf der Angebotsseite, zu einer Verringerung der Mittel für die Finanzierung der öffentlichen Gesundheit sowie von Gesundheits- und Langzeitpflegediensten als Ergebnis von Haushaltskürzungen und geringeren Steuereinnahmen führen könnte, wogegen die Nachfrage nach Gesundheits- und Langzeitpflegediensten als Ergebnis einer Kombination von Faktoren ansteigen könnte, die zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Gesamtbevölkerung beitragen;

    10.

    unterstreicht, dass gesundheitliche Ungleichheit in der EU eine erhebliche Belastung für die Mitgliedstaaten und ihre Gesundheitssysteme darstellt und dass ein reibungslos funktionierender Binnenmarkt und zielgerichtete, möglichst koordinierte öffentliche Präventionsmaßnahmen zu Verbesserungen in diesem Bereich beitragen können;

    11.

    weist darauf hin, dass die Bekämpfung von sozial und wirtschaftlich bedingten Faktoren wie Fettleibigkeit, Rauchen usw., der Zugang zu Gesundheitsleistungen (der dadurch erschwert wird, dass Kosten von Leistungen und Arzneimitteln nicht erstattet werden, die Präventionsmaßnahmen nicht ausreichen und die medizinische Demografie fragmentiert ist) und die wirkungsvolle Diagnostizierung als wichtige Aspekte bei der Bekämpfung gesundheitlicher Ungleichheit zu betrachten sind und darüber hinaus zugängliche und erschwingliche Arzneimittelbehandlungen als wesentlicher Aspekt der Gesundheit der einzelnen Menschen gelten sollten; fordert die Mitgliedstaaten daher auf sicherzustellen, dass die Transparenz-Richtlinie (89/105/EWG) ordnungsgemäß umgesetzt wird und dass den Ergebnissen der Mitteilung der Kommission aus dem Jahr 2008 zu der Untersuchung des Arzneimittelsektors angemessen Rechnung getragen wird;

    12.

    hebt hervor, dass Gesundheitsleistungen keine gewöhnlichen Waren oder Dienstleistungen sind und nicht als solche betrachtet werden sollten;

    13.

    fordert den Rat und die Mitgliedstaaten auf, neue Maßnahmen zu bewerten und durchzuführen, mit denen sich die Effektivität der öffentlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen verbessern lässt, insbesondere indem in die Gesundheitsvorsorge investiert wird, damit langfristig Kosten und Belastungen vermieden werden, und Gesundheitssysteme so umzustrukturieren, dass ein gerechter, d. h. diskriminierungsfreier Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung (insbesondere bei üblichen Leistungen) in der gesamten EU geboten wird, und empfiehlt der Kommission, den Einsatz von bestehenden europäischen Fonds zu prüfen, um Investitionen in den Bereichen Infrastruktur, Forschung und Bildung im Gesundheitsbereich weiter zu fördern und die Gesundheitsvorsorge zu fördern und zu stärken;

    14.

    fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen fairen Zugang zu Gesundheitsversorgungs- und Behandlungsoptionen für ältere Patienten in ihre Gesundheitspolitiken und -programme aufzunehmen und einen angemessenen Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Behandlungen für ältere Patienten als Priorität für 2012, das Europäische Jahr für aktives Altern und die Solidarität zwischen den Generationen, vorzusehen; fordert die Mitgliedstaaten auf, Initiativen zur Bekämpfung der sozialen Isolation älterer Patienten zu fördern, da diese erhebliche Auswirkungen auf die längerfristige Gesundheit der Patienten hat; betont, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Alterung der europäischen Bevölkerung mit Hilfe einer angemessenen langfristigen Strategie antizipieren müssen, um die finanzielle und organisatorische Tragfähigkeit der Gesundheitssysteme und eine gleichberechtigt zugängliche und kontinuierliche Gesundheitsversorgung für die Patienten zu gewährleisten;

    15.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Fähigkeit der genauen Überwachung der gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen der Krise auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu verbessern;

    16.

    fordert die Kommission auf, den Erfahrungsaustausch im Zusammenhang mit Gesundheitserziehung, Förderung einer gesunden Lebensweise, Prävention, Früherkennung und richtige Behandlung zu fördern, insbesondere was die Bereiche Alkohol, Tabak, Ernährung und Fettleibigkeit sowie Drogen angeht; fordert die Mitgliedstaaten auf, körperliche Bewegung, gesunde Ernährung und die Programme „Gesunde Schulen“, die sich an Kinder richten, insbesondere in eher benachteiligten Gegenden, zu fördern und das Maß an Persönlichkeits-, Sozial- und Gesundheitserziehung zu erhöhen, um gesündere Verhaltensweisen zu fördern und zu positivem Verhalten hinsichtlich der Lebensweise zu ermuntern;

    17.

    empfiehlt allen Mitgliedstaaten, in die Infrastruktur in den Bereichen Soziales, Bildung, Umwelt und Gesundheitsdienste gemäß dem Grundsatz „Gesundheit in allen Politikbereichen“ zu investieren und die Maßnahmen in Bezug auf die Qualifikation, Ausbildung und Mobilität der Angehörigen der Gesundheitsberufe zu koordinieren, damit auf der Ebene der EU und der Ebene der Mitgliedstaaten die Leistungsfähigkeit und die Nachhaltigkeit der Arbeitskräfte und der Infrastruktur im Gesundheitsbereich gewährleistet sind;

    18.

    hebt hervor, dass gesundheitliche Ungleichheit in der Union nicht überwunden werden kann, solange es keine gemeinsame und umfassende Strategie für die Beschäftigten im Gesundheitssektor in der EU gibt, die koordinierte Maßnahmen für das Ressourcenmanagement, Aus- und Weiterbildung, Mindestnormen in den Bereichen Qualität und Sicherheit und die Registrierung der Angehörigen der Gesundheitsberufe einschließt;

    19.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Informationen in einer für alle verständlichen Form und Sprache über Gesundheitsfragen, eine gesunde Lebensweise, Gesundheitsversorgung, Präventionsmöglichkeiten sowie Früherkennung und die richtige Behandlung von Krankheiten zur Verfügung stehen, indem neue Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere im Bereich elektronischer Gesundheitsdienste (E-Health), genutzt werden;

    20.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, die Einführung von Technologien der Telemedizin zu fördern, mit denen die geografischen Unterschiede beim Zugang zu einigen vornehmlich spezialisierten Formen der Gesundheitsversorgung deutlich ausgeglichen werden könnten, insbesondere, was Grenzregionen angeht;

    21.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, eine Politik zu fördern, die darauf ausgerichtet ist, gesunde Lebensbedingungen für alle Kleinkinder, Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten, einschließlich der Fürsorge vor, während und nach der Schwangerschaft sowie Maßnahmen zur Unterstützung der Eltern und konkret schwangerer und stillender Frauen, um allen Neugeborenen einen gesunden Start ins Leben zu gewährleisten und weitere gesundheitliche Ungleichheit zu vermeiden, wodurch der Bedeutung von Investitionen in die frühkindliche Förderung und von Konzepten der Gesamtlebensperspektive Rechnung getragen wird;

    22.

    fordert die Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, dass alle Schwangeren und Kinder, ungeachtet ihrer Rechtsstellung, das Recht auf sozialen Schutz haben und diesen auch tatsächlich erhalten, wie dies in ihrem nationalen Recht vorgesehen ist;

    23.

    erinnert an die Verpflichtung der EU gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderung, das Recht der Menschen mit Behinderung auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung aus Gründen einer Behinderung zu gewährleisten; weist darauf hin, dass die Einbeziehung der Behinderung in alle relevanten Messindikatoren für die Gesundheit ein entscheidender Schritt zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist;

    24.

    fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, in der Gesundheitspolitik, bei Gesundheitsprogrammen und in der Gesundheitsforschung von den Phasen Entwicklung und Konzeption bis hin zu Folgenabschätzungen dem Gesundheitszustand von Frauen und dem Thema Alterung (ältere Frauen) als geschlechterbezogene Faktoren Rechnung zu tragen und Haushaltsmittel geschlechtsspezifisch zu veranschlagen; fordert, dass bei den von der EU finanzierten Forschungsrahmenprogrammen und bei den öffentlichen Finanzierungsagenturen eine geschlechtsspezifische Folgenabschätzung in die Tätigkeit einbezogen wird und die Erfassung und Analyse geschlechts- und altersspezifischer Daten ermöglicht wird, um wichtige Unterschiede zwischen Frauen und Männern in Bezug auf die Gesundheit zu erfassen und dadurch einen Wandel der Politik zu fördern, und dass epidemiologische Instrumente zusammengestellt werden, mit denen sich die Ursachen der unterschiedlichen Lebenserwartung von Männern und Frauen analysieren lassen;

    25.

    ist der Ansicht, dass die EU und die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass Frauen sich problemlos Empfängnisverhütungsmittel besorgen können und ein Recht auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch haben;

    26.

    fordert die Kommission auf, den Mitgliedstaaten Beispiele guter und bewährter Verfahren zu liefern, damit der Zugang zu einer Fruchtbarkeitsbehandlung einheitlicher gestaltet wird;

    27.

    fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, sich besonders für die Menschenrechte von Frauen einzusetzen, indem sie insbesondere die Zwangssterilisierung von Frauen sowie die Verstümmelung der weiblichen Genitalien verhindern und verbieten und diejenigen strafrechtlich verfolgen, die dafür verantwortlich sind;

    28.

    fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die Gewalt von Männern gegen Frauen als Thema der öffentlichen Gesundheit anzusehen, unabhängig davon, welche Form diese Gewalt annimmt;

    29.

    fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, in Bezug auf unterstützte Reproduktionstechnologien die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Diskriminierung von Frauen aufgrund des Familienstands, der sexuellen Ausrichtung bzw. der ethnischen oder kulturellen Herkunft zu beseitigen;

    30.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, ebenso wie die Weltgesundheitsorganisation Fettleibigkeit als chronische Erkrankung anzuerkennen, damit Programme zur Vorbeugung von Fettleibigkeit genutzt werden können und Menschen, die an Fettleibigkeit leiden und eine medizinische Behandlung benötigen, Zugang zu Therapien mit nachgewiesenem medizinischem Erfolg erhalten, und zwar auch im Hinblick auf die Prävention des Ausbruchs weiterer Krankheiten;

    31.

    fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, eine geschlechtsspezifische Dimension in die allgemeine Bekämpfung des Tabakkonsums aufzunehmen, wie es im Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakkonsums empfohlen wird, und Kampagnen gegen das Rauchen durchzuführen, deren Zielgruppe junge Mädchen und Frauen sind;

    32.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, die medizinische und pharmazeutische Forschung im Bereich der Krankheiten, unter denen vor allem Frauen leiden, und zwar in jedem Lebensalter und nicht nur im fortpflanzungsfähigen Alter, zu fördern und zu unterstützen;

    33.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, die Probleme beim ungleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung zu lösen, die Auswirkungen auf den Alltag der Menschen haben, beispielsweise in den Bereichen Zahn- und Augenheilkunde;

    34.

    empfiehlt der EU und den Mitgliedstaaten, ihre Politik und ihre Maßnahmen zur Unterstützung von Frauen, die nicht berufstätig oder in Sektoren beschäftigt sind, in denen sie nicht selbst krankenversichert sind, konsequent voranzutreiben und Mittel und Wege zu finden, um diesen Frauen Versicherungsschutz zu bieten;

    35.

    fordert die Kommission auf, im Rahmen der Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten bewährte Verfahren für die Preisgestaltung und Kostenerstattung bei Arzneimitteln zu fördern, was auch die Ausarbeitung tragfähiger Modelle für die Differenzierung der Arzneimittelpreise einschließt, damit Arzneimittel so erschwinglich wie möglich werden und die Ungleichheit beim Zugang zu Arzneimitteln verringert wird;

    36.

    weist darauf hin, dass die Verwirklichung eines europäischen Patents, verbunden mit der entsprechenden Sprachenregelung und einem einheitlichen Streitbeilegungssystem, eine entscheidende Voraussetzung für den Wiederaufschwung der europäischen Wirtschaft ist;

    37.

    stellt fest, dass die im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz bereits geleistete Arbeit im Bereich Produktsicherheit und Werbung u. a. dazu beigetragen hat, dass einige Aspekte der gesundheitlichen Ungleichheit in der EU angegangen wurden; betont in diesem Zusammenhang, dass die Patienteninformationen der Pharmaunternehmen – insbesondere für die schwächsten und am schlechtesten informierten Patienten – genau überwacht werden müssen und dass ein wirksames und unabhängiges Pharmakovigilanzsystem geschaffen werden muss;

    38.

    appelliert an die Mitgliedstaaten, ihre Gesundheitssysteme an die Bedürfnisse der am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen anzupassen, indem sie Methoden zur Festlegung der von den Angehörigen der Gesundheitsberufe verrechneten Gebühren entwickeln, die den Zugang aller Patienten zur Gesundheitsversorgung gewährleisten;

    39.

    fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten mit allen Mitteln nahezulegen, den Patienten Arzneimittelkosten erstatten zu lassen, und alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Ungleichheit beim Zugang zu Arzneimitteln für die Behandlung von Leiden oder Krankheiten wie Osteoporose nach der Menopause und Alzheimer, deren Kosten in bestimmten Mitgliedstaaten nicht erstattet werden, zu verringern; weist darauf hin, dass dies eine vordringliche Aufgabe ist;

    40.

    betont, dass in vielen Ländern neben den nationalen auch regionale Behörden eine wichtige Rolle im Gesundheitswesen und bei der Gesundheitsförderung, der Gesundheitsvorsorge und den Gesundheitsleistungen spielen, weswegen sie aktiv eingebunden werden müssen; weist darauf hin, dass auch regionale und lokale Regierungsstellen und andere Interessengruppen einen entscheidenden Beitrag – auch im Arbeitsumfeld und in Schulen – leisten können, insbesondere was die Gesundheitserziehung, die Förderung einer gesunden Lebensweise, wirksame Krankheitsvorbeugung sowie die Früherkennung und Diagnose von Krankheiten angeht;

    41.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, einen Ansatz zur lokalen Gesundheitsversorgung zu unterstützen und eine integrierte Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen, die auf lokaler oder regionaler Ebene zugänglich ist, damit die Patienten in ihrem eigenen örtlichen und sozialen Umfeld besser unterstützt werden können;

    42.

    legt allen Mitgliedstaaten nahe, ihre Politik in den Bereichen mit starken Auswirkungen auf die gesundheitliche Ungleichheit, wie Tabak, Alkohol, Lebensmittel und Arzneimittel, sowie im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der Gesundheitsversorgung einer Neubewertung zu unterziehen;

    43.

    legt den Mitgliedstaaten nahe, Partnerschaften in Grenzgebieten aufzubauen, um sich die Infrastruktur- und Personalkosten zu teilen und die Ungleichheit in Bezug auf Gesundheit zu verringern, insbesondere hinsichtlich des Zugangs zu Geräten, die auf dem neuesten Stand der Technik sind;

    44.

    fordert die Kommission auf, eine Studie über die Auswirkungen von Entscheidungen durchzuführen, die sich auf die Bewertungen der Wirksamkeit von Arzneimitteln und medizinischen Geräten im Binnenmarkt durch nationale und regionale Stellen stützt, und dabei dem Zugang der Patienten und Innovationen in den Bereichen neue Produkte und medizinische Praxis – einige der wichtigsten Faktoren der gesundheitlichen Ungleichheit – Rechnung zu tragen;

    45.

    ist der Ansicht, dass nach der Umsetzung der Richtlinie 2011/24/EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung Folgenabschätzungen durchgeführt werden sollten, um die Wirkung der Richtlinie bei der Bekämpfung gesundheitlicher Ungleichheit so genau wie möglich zu erfassen und den Schutz der Allgemeinheit und die Patientensicherheit zu gewährleisten, insbesondere in Bezug auf die räumliche Verteilung der personellen und materiellen medizinischen Ressourcen;

    46.

    stellt fest, dass für eine hochwertige und wirksame grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung mehr Transparenz erforderlich ist, was die für die Öffentlichkeit, die Patienten, die Regulierungsbehörden und die Anbieter von Gesundheitsleistungen bestimmten Informationen in vielen verschiedenen Bereichen betrifft, unter anderem Patientenrechte, Zugang zu Rechtsmitteln und Regulierung der Heilberufe;

    47.

    bedauert, dass es neben der Richtlinie über die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung nicht auch einen Gesetzgebungsvorschlag über die Mobilität der Angehörigen der Gesundheitsberufe gegeben hat, in dem der Gefahr der Abwanderung von Fachkräften innerhalb der EU Rechnung getragen wird, weil durch diese Abwanderung die räumliche Ungleichheit in bestimmten Mitgliedstaaten in gefährlicher Weise verstärkt wird, und fordert die Kommission auf, Abhilfe zu schaffen, gegebenenfalls im Rahmen der künftigen Überarbeitung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (2005/36/EG);

    48.

    fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (2005/36/EG) in vollem Umfang umzusetzen; bestärkt die Kommission angesichts der Komplexität medizinischer Qualifikationen darin, diese Richtlinie auszuwerten und zu überarbeiten, um so bestimmte Regulierungslücken zu schließen, durch die Patienten Schädigungen ausgesetzt werden könnten und ihr Recht auf eine unbedenkliche Behandlung eingeschränkt werden könnte; fordert die Kommission auf, näher zu prüfen, ob die Registrierung der zuständigen Stellen im Binnenmarktinformationssystem verbindlich vorgeschrieben werden soll, und es den zuständigen Stellen durch die Schaffung eines angemessenen Warnsystems zu erleichtern, im Voraus Angaben zum disziplinarrechtlichen Status der Angehörigen der Gesundheitsberufe auszutauschen;

    49.

    fordert die Kommission auf, im anstehenden Gesetzgebungsvorschlag zu den beruflichen Qualifikationen eine verbesserte Regelung über die Anerkennung der Qualifikationen in den Mitgliedstaaten vorzusehen;

    50.

    weist darauf hin, dass durch mehr Innovationen häufig der Zugang zu Behandlungen verbessert wird, was besonders für abgelegene oder ländliche Gemeinden wichtig ist;

    51.

    fordert die Kommission auf, bei ihrer Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die Entwicklung von Telemedizin-Diensten zu fördern, wodurch die geografischen Unterschiede des Zugangs zur Gesundheitsversorgung sowohl auf regionaler als auch auf lokaler Ebene ausgeglichen werden können;

    52.

    fordert den Rat und die Kommission auf, innerhalb der Strategie Europa 2020 die Tatsache stärker anzuerkennen, dass körperliche und geistige Gesundheit und Wohlbefinden der Schlüssel zur Bekämpfung der Ausgrenzung sind, und bei den Verfahren zur Überwachung der Strategie Europa 2020 vergleichende Indikatoren aufzunehmen, die nach sozioökonomischem Status und dem Zustand der öffentlichen Gesundheit geschichtet sind, und die Diskriminierung aus Gründen des Alters, insbesondere bei klinischen Versuchen, im Hinblick auf eine bessere Behandlung älterer Menschen zu berücksichtigen;

    53.

    ist der Ansicht, dass die EU und die Mitgliedstaaten zivilgesellschaftliche und Frauenorganisationen unterstützen müssen, die für die Menschenrechte der Frauen eintreten, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Rechte, des Rechts auf eine gesunde Lebensweise und des Rechts auf Arbeit, damit Frauen bei gesundheitspolitischen Fragen auf europäischer und nationaler Ebene ein Mitspracherecht haben;

    54.

    legt allen Mitgliedstaaten nahe, die Kapazitäten sowie den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen allen einschlägigen und in mehreren Sektoren tätigen Akteuren auf internationaler Ebene bei der Ausarbeitung und Durchführung von Maßnahmen, durch die gesundheitliche Ungleichheit verringert wird, zu fördern und auszubauen;

    55.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, ein abgestimmtes Vorgehen bei der Politikgestaltung auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene zu unterstützen und zu verwirklichen und damit auf einen Ansatz hinzuwirken, mit dem dem Thema Gesundheit in allen Politikbereichen Rechnung getragen wird;

    56.

    fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine Reihe gemeinsamer allgemeiner Indikatoren zur Überwachung gesundheitlicher Ungleichheit nach Alter, Geschlecht, sozioökonomischem Status, geografischem Standort und Risiken aufgrund von Alkohol- und Drogenabhängigkeit und eine Reihe von Verfahren zur Prüfung des Gesundheitszustandes in den Mitgliedstaaten zu entwickeln, mit denen verbesserungsbedürftige Bereiche und bewährte Verfahren bestimmt und die erforderlichen Schwerpunkte gesetzt werden können;

    57.

    weist darauf hin, dass die gesundheitliche Ungleichheit auf sozialer Ungleichheit bezüglich der Lebensbedingungen und gesellschaftlichen Verhaltensmuster beruht, die wiederum von Faktoren wie Geschlecht, Rasse, Bildungsstand, Beschäftigungssituation, ungleiche Verteilung der Einkommen, Gesundheitsversorgung, Prävention und Gesundheitsförderung beeinflusst werden;

    58.

    weist nachdrücklich darauf hin, dass das Risiko zu erkranken, für Menschen aus benachteiligten (ärmeren) sozialen Schichten Ursache für die gesundheitliche Ungleichheit ist, und macht darauf aufmerksam, dass dieses Risiko durch die Kombination von Armut mit anderen Risikofaktoren verschärft wird;

    59.

    fordert die Kommission auf sicherzustellen, dass die Aufgaben der Verringerung gesundheitlicher Ungleichheit und der Verbesserung des Zugangs zu Diensten der körperlichen und geistigen Gesundheit umfassend behandelt und in ihre laufenden Initiativen, wie die Partnerschaft im Bereich „Aktives und gesundes Altern“ und die EU-Plattform zur Bekämpfung der Armut und der sozialen Ausgrenzung, und in zukünftige Initiativen für die frühkindliche Förderung und Jugendpolitik mit Schwerpunkt auf der allgemeinen und beruflichen Bildung und der Beschäftigung einbezogen werden;

    60.

    fordert eine bessere Zusammenarbeit der EU-Einrichtungen, die maßgeblich an der Bekämpfung gesundheitlicher Ungleichheit beteiligt sind, insbesondere zwischen der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten und der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz;

    61.

    fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten bei einer besseren Nutzung der offenen Koordinierungsmethode zu unterstützen, damit Projekte zur Behebung der Ursachen der gesundheitlichen Ungleichheit gefördert werden;

    62.

    fordert die Kommission auf, Möglichkeiten zu entwickeln, wie die einschlägigen Interessengruppen auf europäischer Ebene einbezogen werden können, um die Übernahme und Verbreitung bewährter Verfahren im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu fördern;

    63.

    hebt hervor, dass eine abwechslungsreiche und hochwertige Ernährung ein wichtiger Gesundheitsfaktor ist, und bestärkt in diesem Zusammenhang die Kommission darin, noch mehr auf die wirksamen Programme zu setzen, die im Rahmen der GAP eingeführt wurden (kostenlose Verteilung von Milch und Obst in schulischen Einrichtungen und von Nahrungsmitteln an Bedürftige);

    64.

    fordert die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit den anderen zuständigen Einrichtungen ein Netz spezifischer sozial- und gesundheitspolitischer Dienste und Beratungsstellen mit eigens dafür eingerichteten telefonischen Anlaufstellen für Frauen, Paare und Familien einzurichten, um häusliche Gewalt zu verhindern und Betroffenen qualifizierte und professionelle Hilfe und Unterstützung zu bieten;

    65.

    fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten bei einer besseren Nutzung der EU-Kohäsionspolitik und der Strukturfonds zu unterstützen, damit Projekte, bei denen auf die sozialen Determinanten der Gesundheit eingegangen wird und die zum Abbau gesundheitlicher Ungleichheit beitragen, gefördert werden; fordert die Kommission auch auf, die Mitgliedstaaten bei der besseren Nutzung des PROGRESS-Programms zu unterstützen;

    66.

    fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die öffentlichen Ausgaben für Gesundheitsleistungen, die im Hinblick auf die Gewährleistung eines hohes Gesundheitsschutzniveaus für Frauen und Männer entscheidend sind, nicht weiter zu kürzen;

    67.

    fordert die Kommission auf, einen Ansatz, der sich auf die wirtschaftlichen und ökologischen Determinanten der Gesundheit und auf „Gesundheit und gesundheitliche Chancengleichheit in allen Politikbereichen“ gründet, durchgehend bei der Entwicklung aller internen und externen politischen Maßnahmen der EU zu verfolgen, insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele und vor allem, was die gute Gesundheit von Müttern betrifft;

    68.

    fordert alle Mitgliedstaaten eindringlich auf, die Bedeutung der Gesundheit für die Gesellschaft anzuerkennen und bei der Messung der gesellschaftlichen Entwicklung, der Entwicklung des Gemeinwesens und der individuellen Entwicklung über einen BIP-gestützten Ansatz hinauszugehen;

    69.

    fordert den Rat auf, Maßnahmen zur Befassung mit gesundheitlicher Ungleichheit als politische Priorität in allen Mitgliedstaaten zu fördern, wobei die sozialen Determinanten der Gesundheit und durch die Lebensweise bedingte Risikofaktoren wie Alkohol, Tabak und Ernährung durch Maßnahmen in Politikbereichen wie Verbraucherpolitik, Beschäftigung, Wohnraum, Sozialpolitik, Umwelt, Landwirtschaft und Lebensmittel, Bildung, Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie Forschung zu berücksichtigen sind, und zwar nach dem Grundsatz „Gesundheit in allen Politikbereichen“;

    70.

    fordert die Kommission auf, die Maßnahmen, die im Rahmen der derzeitigen und künftigen Aktionspläne im Bereich der öffentlichen Gesundheit finanziert werden, zu unterstützen, um auf die sozialen Determinanten der Gesundheit einzuwirken;

    71.

    fordert die Kommission auf, Leitlinien aufzustellen, um die Mechanismen zur Überwachung gesundheitlicher Ungleichheit in der gesamten EU (zwischen und innerhalb Mitgliedstaaten) zu verbessern, indem die Datenerfassung durch die Erhebung systematischerer und besser vergleichbarer Informationen, die die bestehenden Daten über gesundheitliche Ungleichheit ergänzen, und mithilfe regelmäßiger Überwachung und Auswertung verbessert wird;

    72.

    fordert die Kommission auf, die Erarbeitung eines Vorschlags für eine Empfehlung des Rates oder einer anderen geeigneten Gemeinschaftsinitiative in Betracht zu ziehen, womit die Ausarbeitung integrierter nationaler oder regionaler Strategien durch die Mitgliedstaaten zur Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheit gefördert und unterstützt werden soll;

    73.

    fordert die Kommission auf, in ihren Fortschrittsberichten eine Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Reduzierung der gesundheitlichen Ungleichheit sowie Verbesserungen im Gesundheitsbereich durch auf die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Determinanten der Gesundheit abzielende Maßnahmen vorzunehmen;

    74.

    fordert die Kommission auf, den Ansatz „Gesundheit in allen Politikbereichen“ bei der Politikgestaltung auf EU-Ebene zu verfolgen und effektive Folgenabschätzungen durchzuführen, bei denen die Ergebnisse der Bekämpfung gesundheitlicher Ungleichheit berücksichtigt werden;

    75.

    stellt fest, dass offene, wettbewerbsbestimmte und reibungslos funktionierende Märkte Innovationen, Investitionen und Forschung im Gesundheitssektor fördern können, und räumt ein, dass dies mit einer erheblichen finanziellen Unterstützung der öffentlichen Forschung einhergehen muss, damit nachhaltige und effiziente Modelle der Gesundheitsversorgung weiterentwickelt und die Entwicklung neuer Technologien und ihrer Anwendungen in diesem Bereich (z. B. Telemedizin) sowie gemeinsamer Methoden für die Technologiefolgenabschätzung im Gesundheitswesen unterstützt werden, was für jeden Einzelnen, auch Menschen aus niedrigeren Gesellschaftsschichten, vorteilhaft sein sollte und wobei auch der Alterung der Gesellschaft Rechnung zu tragen ist;

    76.

    fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Programme zur Aufklärung und Sensibilisierung der Bürger zu fördern und den Dialog über Gesundheit und Gesundheitswesen mit der Zivilgesellschaft, den Sozialpartnern und den nichtstaatlichen Organisationen zu intensivieren;

    77.

    vertritt die Auffassung, dass mehr Frauen an der Ausarbeitung der Gesundheitspolitik, der Planung der Programme und der Erbringung von Gesundheitsleistungen beteiligt werden müssen;

    78.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.


    (1)  ABl. L 301 vom 20.11.2007, S. 3.

    (2)  ABl. L 23 vom 27.1.2010, S. 35.

    (3)  ABl. C 146 vom 22.6.2006, S. 1.

    (4)  ABl. C 232 vom 27.8.2010, S. 1.

    (5)  ABl C 250 E vom 25.10.2007, S. 93.

    (6)  ABl. C 8 E vom 14.1.2010, S. 97.

    (7)  ABl. C 9 E vom 15.1.2010, S. 56.


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