EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32013L0033

Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung)

OJ L 180, 29.6.2013, p. 96–116 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
Special edition in Croatian: Chapter 19 Volume 015 P. 137 - 157

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2013/33/oj

29.6.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 180/96


RICHTLINIE 2013/33/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 26. Juni 2013

zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Neufassung)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe f,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten (4) ist in wesentlichen Punkten zu ändern. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich, eine Neufassung dieser Richtlinie vorzunehmen.

(2)

Eine gemeinsame Asylpolitik einschließlich eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Union um Schutz nachsuchen. Für diese Politik sollte der Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten, auch in finanzieller Hinsicht, gelten.

(3)

Der Europäische Rat kam auf seiner Sondertagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere überein, auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967 stützt, (im Folgenden „Genfer Abkommen“) damit der Grundsatz der Nichtzurückweisung gewahrt bleibt. Die erste Phase des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wurde mit Erlass der in den Verträgen vorgesehenen einschlägigen Rechtsinstrumente wie der Richtlinie 2003/9/EG abgeschlossen.

(4)

Der Europäische Rat hatte auf seiner Tagung vom 4. November 2004 das Haager Programm angenommen, das die Ziele für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vorgab, die im Zeitraum 2005-2010 erreicht werden sollten. Im Haager Programm wurde die Europäische Kommission aufgefordert, die Bewertung der Rechtsakte aus der ersten Phase abzuschließen und dem Europäischen Parlament und dem Rat die Rechtsakte und Maßnahmen der zweiten Phase vorzulegen.

(5)

Auf seiner Tagung vom 10./11. Dezember 2009 nahm der Europäische Rat das Stockholmer Programm an, in dem erneut die Verpflichtung zu dem Ziel bekräftigt wird, auf der Grundlage hoher Schutzstandards sowie fairer und wirksamer Verfahren bis 2012 einen gemeinsamen Raum des Schutzes und der Solidarität zu schaffen, der auf einem gemeinsamen Asylverfahren und einem einheitlichen Status für Personen, denen internationaler Schutz gewährt wird, beruht. Dem Stockholmer Programm zufolge ist es außerdem entscheidend, dass Personen unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat sie ihren Antrag auf internationalen Schutz stellen, eine gleichwertige Behandlung hinsichtlich der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile erfahren.

(6)

Die Bemühungen der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der für die zweite Phase des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vorgegebenen Schutzstandards, insbesondere die Bemühungen der Mitgliedstaaten, deren Asylsystem vor allem aufgrund ihrer geografischen oder demografischen Lage einem besonderen und unverhältnismäßigen Druck ausgesetzt ist, sollten mit Mitteln des Europäischen Flüchtlingsfonds und des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen in geeigneter Weise unterstützt werden.

(7)

Angesichts der Bewertungsergebnisse in Bezug auf die Umsetzung der Instrumente der ersten Phase empfiehlt es sich in dieser Phase, die der Richtlinie 2003/9/EG zugrunde liegenden Prinzipien im Hinblick auf die Gewährleistung verbesserter im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährter Vorteile für die Personen, die internationalen Schutz beantragen, (im Folgenden „Antragsteller“) zu bestätigen.

(8)

Um eine unionsweite Gleichbehandlung von Antragstellern sicherzustellen, sollte diese Richtlinie in allen Phasen und auf alle Arten von Verfahren, die Anträge auf internationalen Schutz betreffen, in allen Räumlichkeiten und Einrichtungen für die Unterbringung von Antragstellern und so lange, wie sie als Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bleiben dürfen, Anwendung finden.

(9)

Die Mitgliedstaaten sollten bei der Anwendung dieser Richtlinie bestrebt sein, im Einklang mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten die uneingeschränkte Achtung der Grundsätze des Kindeswohls und der Einheit der Familie zu gewährleisten.

(10)

In Bezug auf die Behandlung von Personen, die unter diese Richtlinie fallen, sind die Mitgliedstaaten gehalten, ihren Verpflichtungen aus völkerrechtlichen Instrumenten nachzukommen, denen sie beigetreten sind.

(11)

Es sollten Normen für die Aufnahme von Antragstellern festgelegt werden, die diesen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen und vergleichbare Lebensbedingungen in allen Mitgliedstaaten gewährleisten.

(12)

Einheitliche Bedingungen für die Aufnahme von Antragstellern sollten dazu beitragen, die auf unterschiedliche Aufnahmevorschriften zurückzuführende Sekundärmigration von Antragstellern einzudämmen.

(13)

Im Interesse der Gleichbehandlung aller Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, und um die Übereinstimmung mit dem geltenden Asylrecht der EU, insbesondere mit der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (5), zu wahren, empfiehlt es sich, den Anwendungsbereich dieser Richtlinie auf Personen auszudehnen, die subsidiären Schutz beantragt haben.

(14)

Die Umstände für die Aufnahme von Personen mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme sollten ein vorrangiges Anliegen für einzelstaatliche Behörden sein, damit gewährleistet ist, dass bei dieser Aufnahme ihren speziellen Aufnahmebedürfnissen Rechnung getragen wird.

(15)

Die Inhaftnahme von Antragstellern sollte im Einklang mit dem Grundsatz erfolgen, wonach eine Person nicht allein deshalb in Haft genommen werden darf, weil sie um internationalen Schutz nachsucht, insbesondere sollte die Inhaftnahme im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten und unter Beachtung von Artikel 31 des Genfer Abkommens erfolgen. Antragsteller dürfen nur in den in der Richtlinie eindeutig definierten Ausnahmefällen und im Einklang mit den Grundsätzen der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Art und Weise und den Zweck der Inhaftnahme in Haft genommen werden. Befindet sich ein Antragsteller in Haft, sollte er effektiven Zugang zu den erforderlichen Verfahrensgarantien haben und beispielsweise zur Einlegung eines Rechtsbehelfs bei einer nationalen Justizbehörde berechtigt sein.

(16)

Was die Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit den Gründen für die Haft betrifft, so setzt der Begriff „gebotene Sorgfalt“ zumindest voraus, dass die Mitgliedstaaten konkrete und sinnvolle Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die zur Überprüfung der Gründe für die Inhaftierung erforderliche Zeit so kurz wie möglich ist und dass tatsächlich die Aussicht besteht, dass diese Überprüfung in kürzestmöglicher Zeit erfolgreich durchgeführt wird. Die Dauer der Haft darf den Zeitraum, der vernünftigerweise erforderlich ist, um die einschlägigen Verfahren abzuschließen, nicht überschreiten.

(17)

Die in dieser Richtlinie aufgeführten Gründe für die Haft lassen andere Haftgründe — einschließlich der Haftgründe im Rahmen eines Strafverfahrens — unberührt, die nach dem einzelstaatlichen Recht unabhängig vom Antrag eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen auf internationalen Schutz anwendbar sind.

(18)

Antragsteller, die sich in Haft befinden, sollten unter uneingeschränkter Wahrung der Menschenwürde behandelt werden und die Bedingungen für ihre Aufnahme sollten ihren Bedürfnissen in dieser Situation angepasst werden. Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere sicherstellen, dass Artikel 37 des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes angewandt wird.

(19)

In der Praxis ist es unter Umständen — beispielsweise aufgrund der geografischen Lage oder der speziellen Struktur der Hafteinrichtung — nicht immer möglich, unverzüglich bestimmte Aufnahmegarantien in der Haft zu gewährleisten. Allerdings sollte von diesen Garantien allenfalls vorübergehend und nur unter den in dieser Richtlinie dargelegten Umständen abgewichen werden. Abweichungen sind nur in Ausnahmefällen zulässig und sollten hinreichend begründet werden, wobei die Umstände des Einzelfalls, darunter auch die Schwere der Abweichung, ihre Dauer und ihre Auswirkungen für den betroffenen Antragsteller, zu berücksichtigen sind.

(20)

Die Inhaftnahme eines Antragstellers sollte lediglich als letztes Mittel eingesetzt werden und darf erst zur Anwendung kommen, nachdem alle Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen sorgfältig darauf geprüft worden sind, ob sie besser geeignet sind, die körperliche und geistige Unversehrtheit des Antragstellers sicherzustellen. Alle Alternativen zur Haft müssen mit den grundlegenden Menschenrechten der Antragsteller in Einklang stehen.

(21)

Damit die Verfahrensgarantien, d. h. Gelegenheit zur Kontaktaufnahme mit Organisationen oder Personengruppen, die Rechtsberatung leisten, sichergestellt sind, sollten Informationen über derartige Organisationen und Personengruppen bereitgestellt werden.

(22)

Bei der Entscheidung über die Unterbringungsmodalitäten sollten die Mitgliedstaaten dem Wohl des Kindes sowie den besonderen Umständen jedes Antragstellers Rechnung tragen, der von Familienangehörigen oder anderen nahen Verwandten, wie z. B. unverheirateten minderjährigen Geschwistern, die sich bereits in dem Mitgliedstaat aufhalten, abhängig ist.

(23)

Um die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Antragstellern zu fördern und erhebliche Diskrepanzen zwischen den Mitgliedstaaten zu begrenzen, muss der Zugang der Antragsteller zum Arbeitsmarkt klar geregelt werden.

(24)

Um sicherzustellen, dass die Antragstellern gewährte materielle Unterstützung den in dieser Richtlinie festgeschriebenen Grundsätzen entspricht, müssen die Mitgliedstaaten anhand relevanter Bezugsgrößen den Umfang dieser Unterstützung bestimmen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der gewährte Betrag dem für eigene Staatsangehörige entsprechen sollte. Die Mitgliedstaaten können für Antragsteller eine weniger günstige Behandlung als für eigene Staatsangehörige vorsehen, so wie es in dieser Richtlinie präzisiert ist.

(25)

Die Möglichkeiten für einen Missbrauch des Aufnahmesystems sollten dadurch beschränkt werden, dass die Umstände festgelegt werden, unter denen die den Antragstellern im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen eingeschränkt oder entzogen werden dürfen, wobei gleichzeitig ein menschenwürdiger Lebenstandard für alle Antragsteller zu gewährleisten ist.

(26)

Es sollte sichergestellt werden, dass die einzelstaatlichen Aufnahmesysteme effizient sind und die Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Antragstellern zusammenarbeiten.

(27)

Es sollte auf ein gutes Verhältnis zwischen den Kommunen und Unterbringungszentren hingewirkt werden, damit eine hinreichende Koordinierung zwischen den zuständigen Behörden bei der Aufnahme von Antragstellern gewährleistet ist.

(28)

Die Mitgliedstaaten sollten günstigere Regelungen für Drittstaatsangehörige und Staatenlose, die internationalen Schutz seitens eines Mitgliedstaats beantragen, einführen oder beibehalten können.

(29)

Dementsprechend werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Bestimmungen dieser Richtlinie auch im Zusammenhang mit Verfahren anzuwenden, bei denen es um die Gewährung anderer Formen des Schutzes als in der Richtlinie 2011/95/EU geht.

(30)

Die Anwendung dieser Richtlinie sollte regelmäßig bewertet werden.

(31)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung von Normen für die Aufnahme von Antragstellern in den Mitgliedstaaten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann, sondern wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Richtlinie besser auf Unionsebene zu erreichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(32)

Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten (6) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen innerstaatlicher Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.

(33)

Nach den Artikeln 1, 2 und Artikel 4a Absatz 1 des dem EUV und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland nicht an der Annahme dieser Richtlinie und sind weder durch diese gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(34)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks, beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die daher für Dänemark weder bindend noch Dänemark gegenüber anwendbar ist.

(35)

Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie zielt vor allem darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung der Menschenwürde zu gewährleisten und die Anwendung der Artikel 1, 4, 6, 7, 18, 21, 24 und 47 der Charta zu fördern, und muss entsprechend umgesetzt werden.

(36)

Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in einzelstaatliches Recht betrifft nur jene Bestimmungen, die im Vergleich zu der Richtlinie 2003/9/EG inhaltlich geändert wurden. Die Verpflichtung zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus jener Richtlinie.

(37)

Diese Richtlinie sollte die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang II Teil B genannten Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2003/9/EG in einzelstaatliches Recht unberührt lassen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ZWECK, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

Zweck

Zweck dieser Richtlinie ist die Festlegung von Normen für die Aufnahme von Antragstellern auf internationalen Schutz (im Folgenden „Antragsteller“) in den Mitgliedstaaten.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

a)

„Antrag auf internationalen Schutz“ einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 2 Buchstabe h der Richtlinie 2011/95/EU;

b)

„Antragsteller“, einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde;

c)

„Familienangehörige“ die folgenden Mitglieder der Familie des Antragstellers, die sich im Zusammenhang mit dem Antrag auf internationalen Schutz in demselben Mitgliedstaat aufhalten, sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat:

der Ehegatte des Anstragstellers oder dessen nicht verheirateter Partner, der mit dem Antragsteller eine dauerhafte Beziehung führt, soweit nach dem einzelstaatlichen Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats nicht verheiratete Paare nach dem einzelstaatlichen Ausländerrecht betreffend Drittstaatsangehörige vergleichbar behandelt werden wie verheiratete Paare;

die minderjährigen Kinder des unter dem ersten Gedankenstrich genannten Paares oder des Antragstellers, sofern sie ledig sind, gleichgültig, ob es sich nach dem einzelstaatlichen Recht um eheliche oder außerehelich geborene oder adoptierte Kinder handelt;

der Vater, die Mutter oder ein anderer Erwachsener, der nach dem Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats für den Antragsteller verantwortlich ist, wenn dieser minderjährig und unverheiratet ist;

d)

„Minderjähriger“ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen unter 18 Jahren;

e)

„unbegleiteter Minderjähriger“ einen Minderjährigen, der ohne Begleitung eines für ihn nach dem einzelstaatlichen Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreist, solange er sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befindet; dies schließt Minderjährige ein, die nach der Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats dort ohne Begleitung zurückgelassen wurden;

f)

„im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährte Vorteile“ sämtliche Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Richtlinie zugunsten von Antragstellern treffen;

g)

„im Rahmen der Aufnahme gewährte materielle Leistungen“ Unterkunft, Verpflegung und Kleidung in Form von Sach- oder Geldleistungen oder Gutscheinen oder einer Kombination davon sowie Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs;

h)

„Haft“ die räumliche Beschränkung eines Antragstellers durch einen Mitgliedstaat auf einen bestimmten Ort, an dem der Antragsteller keine Bewegungsfreiheit hat;

i)

„Unterbringungszentrum“ jede Einrichtung, die als Sammelunterkunft für Antragsteller dient;

j)

„Vertreter“ eine Person oder Organisation, die von den zuständigen Behörden zur Unterstützung und Vertretung eines unbegleiteten Minderjährigen in Verfahren nach Maßgabe dieser Richtlinie bestellt wurde, um das Kindeswohl zu wahren und für den Minderjährigen, soweit erforderlich, Rechtshandlungen vorzunehmen. Wird eine Organisation zum Vertreter bestellt, so bezeichnet diese eine Person, die gegenüber dem unbegleiteten Minderjährigen die Pflichten der Vertretung im Einklang mit dieser Richtlinie wahrnimmt;

k)

„Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme“ eine schutzbedürftige Person gemäß Artikel 21, die besondere Garantien benötigt, um die Rechte aus dieser Richtlinie in Anspruch nehmen und den sich aus dieser Richtlinie ergebenden Pflichten nachkommen zu können.

Artikel 3

Anwendungsbereich

(1)   Diese Richtlinie gilt für alle Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze, in den Hoheitsgewässern oder in den Transitzonen internationalen Schutz beantragen, solange sie als Antragsteller im Hoheitsgebiet verbleiben dürfen, sowie für ihre Familienangehörigen, wenn sie nach einzelstaatlichem Recht von diesem Antrag auf internationalen Schutz erfasst sind.

(2)   Diese Richtlinie findet keine Anwendung, wenn in Vertretungen der Mitgliedstaaten um diplomatisches oder territoriales Asyl nachgesucht wird.

(3)   Diese Richtlinie findet keine Anwendung, wenn die Bestimmungen der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (7) angewendet werden.

(4)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie auf Verfahren zur Bearbeitung von Ersuchen um Formen des Schutzes anzuwenden, die sich nicht aus der Richtlinie 2011/95/EU ergeben.

Artikel 4

Günstigere Bestimmungen

Die Mitgliedstaaten können günstigere Bestimmungen für die im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile für Antragsteller und andere enge Familienangehörige des Antragstellers, die sich in demselben Mitgliedstaat aufhalten, wenn sie von ihm abhängig sind oder humanitäre Gründe vorliegen, erlassen oder beibehalten, sofern diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind.

KAPITEL II

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ÜBER DIE IM RAHMEN DER AUFNAHMEBEDINGUNGEN GEWÄHRTEN VORTEILE

Artikel 5

Information

(1)   Die Mitgliedstaaten unterrichten die Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist von höchstens fünfzehn Tagen nach dem gestellten Antrag auf internationalen Schutz zumindest über die vorgesehenen Leistungen und die Verpflichtungen, die mit den im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile verbunden sind.

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Antragsteller Informationen darüber erhalten, welche Organisationen oder Personengruppen einschlägige Rechtsberatung leisten und welche Organisationen ihnen im Zusammenhang mit den im Rahmen der Aufnahme gewährten Vorteilen, einschließlich medizinischer Versorgung, behilflich sein oder sie informieren können.

(2)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die in Absatz 1 genannten Informationen schriftlich und in einer Sprache erteilt werden, die der Antragsteller versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass er sie versteht. Gegebenenfalls können diese Informationen auch mündlich erteilt werden.

Artikel 6

Dokumente

(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass den Antragstellern innerhalb von drei Tagen nach dem gestellten Antrag auf internationalen Schutz eine Bescheinigung ausgehändigt wird, die auf ihren Namen ausgestellt ist und ihren Rechtsstatus als Antragsteller bestätigt oder bescheinigt, dass sich die betreffende Person im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten darf, solange ihr Antrag zur Entscheidung anhängig ist oder geprüft wird.

Ist es dem Inhaber nicht gestattet, sich innerhalb des gesamten Hoheitsgebiets des Mitgliedstaats oder eines Teils davon frei zu bewegen, so ist dies in der Bescheinigung ebenfalls zu vermerken.

(2)   Im Fall einer Inhaftnahme des Antragstellers und während der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz, der an der Grenze oder im Rahmen eines Verfahrens gestellt wurde, in dem darüber entschieden wird, ob der Antragsteller das Recht hat, in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einzureisen, können die Mitgliedstaaten von der Anwendung dieses Artikels absehen. In Sonderfällen können die Mitgliedstaaten Antragstellern während der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz andere Nachweise ausstellen, die dem in Absatz 1 genannten Dokument gleichwertig sind.

(3)   Mit dem in Absatz 1 genannten Dokument wird nicht notwendigerweise die Identität des Antragstellers bescheinigt.

(4)   Die Mitgliedstaaten treffen die Maßnahmen, die erforderlich sind, um den Antragstellern das in Absatz 1 genannte Dokument auszustellen, das so lange gültig sein muss, wie ihnen der Aufenthalt im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats gestattet ist.

(5)   Die Mitgliedstaaten können einem Antragsteller ein Reisedokument ausstellen, wenn schwerwiegende humanitäre Gründe seine Anwesenheit in einem anderen Staat erfordern.

(6)   Die Mitgliedstaaten unterwerfen Antragsteller vor Zuerkennung der Rechte, auf die sie nach Maßgabe dieser Richtlinie Anspruch haben, nicht allein deshalb unnötigen oder unverhältnismäßigen Auflagen in Bezug auf Dokumente oder sonstige verwaltungstechnische Aspekte, weil sie internationalen Schutz beantragt haben.

Artikel 7

Aufenthaltsort und Bewegungsfreiheit

(1)   Antragsteller dürfen sich im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats oder in einem ihnen von diesem Mitgliedstaat zugewiesenen Gebiet frei bewegen. Das zugewiesene Gebiet darf die unveräußerliche Privatsphäre nicht beeinträchtigen und muss hinreichenden Raum dafür bieten, dass Gewähr für eine Inanspruchnahme aller Vorteile aus dieser Richtlinie gegeben ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten können — aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder wenn es für eine zügige Bearbeitung und wirksame Überwachung des betreffenden Antrags auf internationalen Schutz erforderlich ist — einen Beschluss über den Aufenthaltsort des Antragstellers fassen.

(3)   Die Mitgliedstaaten dürfen die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen an die Bedingung knüpfen, dass sich Antragsteller tatsächlich an dem Ort aufhalten, der von den Mitgliedstaaten festgelegt wird. Ein derartiger Beschluss, der von allgemeiner Natur sein kann, wird jeweils für den Einzelfall und auf der Grundlage des einzelstaatlichen Rechts getroffen.

(4)   Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass Antragstellern eine befristete Genehmigung zum Verlassen des in den Absätzen 2 und 3 genannten Aufenthaltsorts und/oder des in Absatz 1 genannten zugewiesenen Gebiets erteilt werden kann. Die Entscheidung ist von Fall zu Fall, objektiv und unparteiisch zu treffen und im Falle einer Ablehnung zu begründen.

Der Antragsteller muss keine Genehmigung einholen, wenn er bei Behörden und Gerichten erscheinen muss.

(5)   Die Mitgliedstaaten schreiben Antragstellern vor, den zuständigen Behörden ihre aktuelle Adresse und schnellstmöglich etwaige Adressenänderungen mitzuteilen.

Artikel 8

Haft

(1)   Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie ein Antragsteller im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (8) ist.

(2)   In Fällen, in denen es erforderlich ist, dürfen die Mitgliedstaaten auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung den Antragsteller in Haft nehmen, wenn sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.

(3)   Ein Antragsteller darf nur in Haft genommen werden,

a)

um seine Identität oder Staatsangehörigkeit festzustellen oder zu überprüfen;

b)

um Beweise zu sichern, auf die sich sein Antrag auf internationalen Schutz stützt und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere wenn Fluchtgefahr des Antragstellers besteht;

c)

um im Rahmen eines Verfahrens über das Recht des Antragstellers auf Einreise in das Hoheitsgebiet zu entscheiden;

d)

wenn er sich aufgrund eines Rückkehrverfahrens gemäß der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (9) zur Vorbereitung seiner Rückführung und/oder Fortsetzung des Abschiebungsverfahrens in Haft befindet und der betreffende Mitgliedstaat auf der Grundlage objektiver Kriterien, einschließlich der Tatsache, dass der Antragsteller bereits Gelegenheit zum Zugang zum Asylverfahren hatte, belegen kann, dass berechtigte Gründe für die Annahme bestehen, dass er den Antrag auf internationalen Schutz nur beantragt, um die Vollstreckung der Rückkehrentscheidung zu verzögern oder zu vereiteln;

e)

wenn dies aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung erforderlich ist,

f)

wenn dies mit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist (10), in Einklang steht.

Haftgründe werden im einzelstaatlichen Recht geregelt.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften Bestimmungen für Alternativen zur Inhaftnahme enthalten wie zum Beispiel Meldeauflagen, die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit oder die Pflicht, sich an einem zugewiesenen Ort aufzuhalten.

Artikel 9

Garantien für in Haft befindliche Antragsteller

(1)   Ein Antragsteller wird für den kürzest möglichen Zeitraum und nur so lange in Haft genommen, wie die in Artikel 8 Absatz 3 genannten Gründe gegeben sind.

Die Verwaltungsverfahren in Bezug auf die in Artikel 8 Absatz 3 genannten Gründe für die Inhaftnahme werden mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt. Verzögerungen in den Verwaltungsverfahren, die nicht dem Antragsteller zuzurechnen sind, rechtfertigen keine Fortdauer der Haft.

(2)   Die Haft der Anstragsteller wird von einer Justiz- oder Verwaltungsbehörde schriftlich angeordnet. In der Anordnung werden die sachlichen und rechtlichen Gründe für die Haft angegeben.

(3)   Wird die Haft von einer Verwaltungsbehörde angeordnet, so sorgen die Mitgliedstaaten von Amts wegen und/oder auf Antrag des Antragstellers für eine zügige gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Inhaftnahme. Findet eine derartige Überprüfung von Amts wegen statt, so wird so schnell wie möglich nach Beginn der Haft entschieden. Findet die Überprüfung auf Antrag des Antragstellers statt, so wird über sie so schnell wie möglich nach Einleitung des diesbezüglichen Verfahrens entschieden. Zu diesem Zweck legen die Mitgliedstaaten in ihrem einzelstaatlichen Recht die Frist fest, in der die gerichtliche Überprüfung von Amts wegen und/oder die gerichtliche Überprüfung auf Antrag des Antragstellers durchzuführen ist.

Falls sich die Haft infolge der gerichtlichen Überprüfung als unrechtmäßig herausstellt, wird der betreffende Antragsteller unverzüglich freigelassen.

(4)   In Haft befindliche Antragsteller werden unverzüglich schriftlich und in einer Sprache, die sie verstehen, oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, über die Gründe für die Haft und die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Verfahren für die Anfechtung der Haftanordnung sowie über die Möglichkeit informiert, unentgeltlich Rechtsberatung und -vertretung in Anspruch zu nehmen.

(5)   Die Haft wird in angemessenen Zeitabständen von Amts wegen und/oder auf Antrag des betroffenen Antragstellers von einer Justizbehörde überprüft, insbesondere wenn sie von längerer Dauer ist oder sich maßgebliche Umstände ergeben oder neue Informationen vorliegen, die sich auf die Rechtmäßigkeit der Haft auswirken könnten.

(6)   Im Falle einer gerichtlichen Überprüfung der Haftanordnung nach Absatz 3 sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass der Antragsteller unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung in Anspruch nehmen kann. Die Rechtsberatung und -vertretung umfasst zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Teilnahme an der Verhandlung im Namen des Antragstellers vor den Justizbehörden.

Die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung erfolgt durch nach einzelstaatlichem Recht zugelassene oder befugte Personen, die über eine angemessene Qualifikation verfügen und deren Interessen denen der Antragsteller nicht zuwiderlaufen oder nicht zuwiderlaufen könnten.

(7)   Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus vorsehen, dass unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung nur gewährt wird

a)

für diejenigen, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen; und/oder

b)

durch Rechtsbeistand oder sonstige Berater, die nach nationalem Recht zur Unterstützung und Vertretung von Antragstellern bestimmt wurden.

(8)   Ferner können die Mitgliedstaaten

a)

für die Gewährung von unentgeltlicher Rechtsberatung und -vertretung eine finanzielle und/oder zeitliche Begrenzung vorsehen, soweit dadurch der Zugang zu Rechtsberatung und -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt wird;

b)

vorsehen, dass Antragstellern hinsichtlich der Gebühren und anderen Kosten keine günstigere Behandlung zuteil wird, als sie den eigenen Staatsangehörigen in Fragen der Rechtsberatung im Allgemeinen gewährt wird.

(9)   Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antragsteller ihnen die entstandenen Kosten ganz oder teilweise zurückerstattet, wenn sich seine finanzielle Lage beträchtlich verbessert hat oder wenn die Entscheidung zur Übernahme solcher Kosten aufgrund falscher Angaben des Antragstellers getroffen wurde.

(10)   Die Verfahren für die Inanspruchnahme von Rechtsberatung und -vertretung werden im einzelstaatlichen Recht geregelt.

Artikel 10

Haftbedingungen

(1)   Die Haft der Antragsteller erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Sind in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden und muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so wird der in Haft genommene Antragsteller gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht und es kommen die in dieser Richtlinie vorgesehenen Haftbedingungen zur Anwendung.

In Haft genommene Antragsteller werden, so weit möglich getrennt von anderen Drittstaatsangehörigen, die keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, untergebracht.

Können in Haft genommene Antragsteller nicht getrennt von anderen Drittstaatsangehörigen untergebracht werden, so sorgt der betreffende Mitgliedstaat dafür, dass die in dieser Richtlinie vorgesehenen Haftbedingungen angewandt werden.

(2)   In Haft genommene Antragsteller müssen die Möglichkeit haben, sich an der frischen Luft aufzuhalten.

(3)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, die den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) vertreten, unter Bedingungen, die den Schutz der Privatsphäre garantieren, mit Antragstellern Verbindung aufnehmen und sie besuchen können. Diese Möglichkeit gilt auch für Organisationen, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats im Auftrag des UNHCR auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Mitgliedstaat tätig sind.

(4)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Familienangehörige, Rechtsbeistand oder Berater und Personen, die von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannte einschlägig tätige Nichtregierungsorganisationen vertreten, unter Bedingungen, die den Schutz der Privatsphäre garantieren, mit Antragstellern Verbindung aufnehmen und sie besuchen können. Der Zugang zu der Hafteinrichtung darf nur dann eingeschränkt werden, wenn dies nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts objektiv für die Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder die Verwaltung der Hafteinrichtung erforderlich ist und der Zugang dadurch nicht wesentlich behindert oder unmöglich gemacht wird.

(5)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass in Haft befindlichen Antragstellern systematisch Informationen zu den in der Einrichtung geltenden Regeln bereitgestellt und ihnen ihre Rechte und Pflichten in einer Sprache erläutert werden, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen. In begründeten Ausnahmefällen können die Mitgliedstaaten für einen angemessenen Zeitraum, der so kurz wie möglich sein sollte, von dieser Verpflichtung abweichen, falls der Antragsteller an einer Grenzstelle oder in einer Transitzone in Haft genommen wird. Diese Ausnahmeregelung gilt nicht für Fälle nach Artikel 43 der Richtlinie 2013/32/EU.

Artikel 11

Inhaftnahme von schutzbedürftigen Personen und von Antragstellern mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme

(1)   Die Gesundheit, auch die psychische Gesundheit, der in Haft genommenen schutzbedürftigen Antragsteller ist ein vorrangiges Anliegen der nationalen Behörden.

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass bei in Haft befindlichen schutzbedürftigen Personen regelmäßige Überprüfungen stattfinden und diese Personen in angemessener Weise unterstützt werden, wobei der besonderen Situation der Personen, einschließlich ihrer Gesundheit, Rechnung getragen wird.

(2)   Minderjährige dürfen nur im äußersten Falle in Haft genommen werden, und nachdem festgestellt worden ist, dass weniger einschneidende alternative Maßnahmen nicht wirksam angewandt werden können. Eine derartige Haft wird für den kürzestmöglichen Zeitraum angeordnet, und es werden alle Anstrengungen unternommen, um die in Haft befindlichen Minderjährigen aus dieser Haft zu entlassen und in für sie geeigneten Unterkünften unterzubringen.

Das Wohl des Minderjährigen nach Maßgabe von Artikel 23 Absatz 2 zu berücksichtigen ist ein vorrangiges Anliegen der Mitgliedstaaten

In Haft befindliche Minderjährige müssen Gelegenheit zu Freizeitbeschäftigungen einschließlich altersgerechter Spiel- und Erholungsmöglichkeiten erhalten.

(3)   Unbegleitete Minderjährige dürfen nur in Ausnahmefällen in Haft genommen werden. Es werden alle Anstrengungen unternommen, um unbegleitete Minderjährige so schnell wie möglich aus der Haft zu entlassen.

Unbegleitete Minderjährige werden in keinem Falle in gewöhnlichen Haftanstalten untergebracht.

Unbegleitete Minderjährige werden so weit wie möglich in Einrichtungen untergebracht, die über Personal und Räumlichkeiten verfügen, die ihren altersgemäßen Bedürfnissen Rechnung tragen.

Befinden sich unbegleitete Minderjährige in Haft, stellen die Mitliedstaaten sicher, dass sie von Erwachsenen getrennt untergebracht werden.

(4)   In Haft befindliche Familien müssen eine gesonderte Unterbringung erhalten, die ein angemessenes Maß an Privatsphäre gewährleistet.

(5)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass in Haft befindliche weibliche Antragsteller getrennt von männlichen Antragstellern untergebracht werden, es sei denn, letztere sind Familienangehörige und alle Betroffenen haben ihre Zustimmung erteilt.

Ausnahmen von Unterabsatz 1 können auch hinsichtlich der Nutzung gemeinsamer Räumlichkeiten gelten, die zur Erholung und für soziale Aktivitäten, einschließlich der Einnahme von Mahlzeiten, bestimmt sind.

(6)   In begründeten Fällen können die Mitgliedstaaten für einen angemessenen Zeitraum, der so kurz wie möglich sein sollte, von Absatz 2 Unterabsatz 3, Absatz 4 und Absatz 5 Unterabsatz 1 abweichen, wenn ein Antragsteller an einer Grenzstelle oder in einer Transitzone in Haft genommen wird; davon ausgenommen sind die Fälle nach Artikel 43 der Richtlinie 2013/32/EU.

Artikel 12

Familien

Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Einheit einer sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhaltenden Familie so weit wie möglich zu wahren, wenn den Antragstellern von dem betreffenden Mitgliedstaat Unterkunft gewährt wird. Diese Maßnahmen gelangen mit der Zustimmung der Antragsteller zur Anwendung.

Artikel 13

Medizinische Untersuchungen

Die Mitgliedstaaten können die medizinische Untersuchung von Antragstellern aus Gründen der öffentlichen Gesundheit anordnen.

Artikel 14

Grundschulerziehung und weiterführende Bildung Minderjähriger

(1)   Die Mitgliedstaaten gestatten minderjährigen Kindern von Antragstellern und minderjährigen Antragstellern in ähnlicher Weise wie den eigenen Staatsangehörigen den Zugang zum Bildungssystem, solange keine Ausweisungsmaßnahme gegen sie selbst oder ihre Eltern vollstreckt wird. Der Unterricht kann in Unterbringungszentren erfolgen.

Die betreffenden Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der Zugang auf das öffentliche Bildungssystem beschränkt bleiben muss.

Die Mitgliedstaaten dürfen eine weiterführende Bildung nicht mit der alleinigen Begründung verweigern, dass die Volljährigkeit erreicht wurde.

(2)   Der Zugang zum Bildungssystem darf nicht um mehr als drei Monate, nachdem ein Antrag auf internationalen Schutz von einem Minderjährigen oder in seinem Namen gestellt wurde, verzögert werden.

Bei Bedarf werden Minderjährigen Vorbereitungskurse, einschließlich Sprachkursen, angeboten, um ihnen, wie in Absatz 1 vorgesehen, den Zugang zum und die Teilnahme am Bildungssystem zu erleichtern.

(3)   Ist der Zugang zum Bildungssystem nach Absatz 1 aufgrund der spezifischen Situation des Minderjährigen nicht möglich, so bietet der betroffene Mitgliedstaat im Einklang mit seinen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten andere Unterrichtsformen an.

Artikel 15

Beschäftigung

(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Antragsteller spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat und diese Verzögerung nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden kann.

(2)   Die Mitgliedstaaten beschließen nach Maßgabe ihres einzelstaatlichen Rechts, unter welchen Voraussetzungen dem Antragsteller Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird, wobei sie gleichzeitig für einen effektiven Arbeitsmarktzugang für Antragsteller sorgen.

Aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik können die Mitgliedstaaten Bürgern der Union, Angehörigen der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen Vorrang einräumen.

(3)   Das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt darf während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung in einem Standardverfahren aufschiebende Wirkung haben, bis zum Zeitpunkt, zu dem die ablehnende Entscheidung zugestellt wird, nicht entzogen werden.

Artikel 16

Berufliche Bildung

Die Mitgliedstaaten können Antragstellern ungeachtet der Möglichkeit des Zugangs zum Arbeitsmarkt den Zugang zur beruflichen Bildung gestatten.

Der Zugang zur beruflichen Bildung im Zusammenhang mit einem Arbeitsvertrag wird davon abhängig gemacht, inwieweit der betreffende Antragsteller Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß Artikel 15 hat.

Artikel 17

Allgemeine Bestimmungen zu materiellen Leistungen im Rahmen der Aufnahme und zur medizinischen Versorgung

(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Antragsteller ab Stellung des Antrags auf internationalen Schutz im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen in Anspruch nehmen können.

(2)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, der den Lebensunterhalt sowie den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit von Antragstellern gewährleistet.

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass dieser Lebensstandard gewährleistet ist, wenn es sich um schutzbedürftige Personen im Sinne von Artikel 21 und um in Haft befindliche Personen handelt.

(3)   Die Mitgliedstaaten können die Gewährung aller oder bestimmter materieller Leistungen sowie die medizinische Versorgung davon abhängig machen, dass die Antragsteller nicht über ausreichende Mittel für einen Lebensstandard verfügen, der ihre Gesundheit und ihren Lebensunterhalt gewährleistet.

(4)   Die Mitgliedstaaten können von den Antragstellern verlangen, dass sie für die Kosten der in dieser Richtlinie im Rahmen der Aufnahme vorgesehenen materiellen Leistungen sowie der medizinischen Versorgung gemäß Absatz 3 ganz oder teilweise aufkommen, sofern sie über ausreichende Mittel verfügen, beispielsweise wenn sie über einen angemessenen Zeitraum gearbeitet haben.

Stellt sich heraus, dass ein Antragsteller zum Zeitpunkt der Gewährung der materiellen Leistungen sowie der medizinischen Versorgung über ausreichende Mittel verfügt hat, um diese Grundbedürfnisse zu decken, können die Mitgliedstaaten eine Erstattung von dem Antragsteller verlangen.

(5)   Wenn die Mitgliedstaaten im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen in Form von Geldleistungen oder Gutscheinen gewähren, bemisst sich deren Umfang auf Grundlage des Leistungsniveaus, das der betreffende Mitgliedstaat nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder nach den Gepflogenheiten anwendet, um eigenen Staatsangehörigen einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten können Antragstellern in dieser Hinsicht eine weniger günstige Behandlung im Vergleich mit eigenen Staatsangehörigen zuteil werden lassen, insbesondere wenn materielle Unterstützung teilweise in Form von Sachleistungen gewährt wird oder wenn das, auf eigene Staatsangehörige anzuwendende, Leistungsniveau darauf abzielt, einen Lebensstandard zu gewährleisten, der über dem nach dieser Richtlinie für Antragsteller vorgeschriebenen Lebensstandard liegt.

Artikel 18

Modalitäten der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen

(1)   Sofern die Unterbringung als Sachleistung erfolgt, sollte eine der folgenden Unterbringungsmöglichkeiten oder eine Kombination davon gewählt werden:

a)

Räumlichkeiten zur Unterbringung von Antragstellern für die Dauer der Prüfung eines an der Grenze oder in Transitzonen gestellten Antrags auf internationalen Schutz;

b)

Unterbringungszentren, die einen angemessenen Lebensstandard gewährleisten;

c)

Privathäuser, Wohnungen, Hotels oder andere für die Unterbringung von Antragstellern geeignete Räumlichkeiten.

(2)   Unbeschadet besonderer Haftbedingungen nach den Artikeln 10 und 11 in Bezug auf die Unterbringung nach Absatz 1 Buchstaben a, b und c dieses Artikels tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass

a)

Antragstellern der Schutz ihres Familienlebens gewährleistet wird;

b)

Antragsteller die Möglichkeit haben, mit Verwandten, Rechtsbeistand oder Beratern, Personen, die den UNHCR vertreten, und anderen einschlägig tätigen nationalen und internationalen Organisationen sowie Nichtregierungsorganisationen in Verbindung zu treten;

c)

Familienangehörige, Rechtsbeistand oder Berater, Personen, die den UNHCR vertreten, und einschlägig tätige von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannte Nichtregierungsorganisationen Zugang erhalten, um den Antragstellern zu helfen. Der Zugang darf nur aus Gründen der Sicherheit der betreffenden Räumlichkeiten oder der Antragsteller eingeschränkt werden.

(3)   Bei der Unterbringung der Antragsteller in den in Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Räumlichkeiten und Unterbringungszentren berücksichtigen die Mitgliedstaaten geschlechts- und altersspezifische Aspekte sowie die Situation von schutzbedürftigen Personen.

(4)   Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, damit Übergriffe und geschlechtsbezogene Gewalt einschließlich sexueller Übergriffe und Belästigung in den in Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Räumlichkeiten und Unterbringungszentren verhindert werden.

(5)   Die Mitgliedstaaten tragen so weit wie möglich dafür Sorge, dass abhängige erwachsene Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme gemeinsam mit nahen volljährigen Verwandten untergebracht werden, die sich bereits in demselben Mitgliedstaat aufhalten und die für sie entweder nach dem einzelstaatlichen Recht oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlich sind.

(6)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Antragsteller nur dann in eine andere Einrichtung verlegt werden, wenn dies notwendig ist. Die Mitgliedstaaten ermöglichen den Antragstellern, ihren Rechtsbeistand oder Berater über die Verlegung und die neue Adresse zu informieren.

(7)   Das in den Unterbringungszentren eingesetzte Personal muss angemessen geschult sein und unterliegt in Bezug auf die Informationen, die es durch seine Arbeit erhält, der Schweigepflicht, wie sie im einzelstaatlichen Recht vorgesehen ist.

(8)   Die Mitgliedstaaten können die Antragsteller über einen Beirat oder eine Abordnung der untergebrachten Personen an der Verwaltung der materiellen und der nicht materiellen Aspekte des Lebens in dem Zentrum beteiligen.

(9)   In begründeten Ausnahmefällen können die Mitgliedstaaten für einen angemessenen Zeitraum, der so kurz wie möglich sein sollte, andere Modalitäten der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen festlegen als in diesem Artikel vorgesehen, wenn

a)

eine Beurteilung der spezifischen Bedürfnisse des Antragstellers gemäß Artikel 22 erforderlich ist;

b)

die üblicherweise verfügbaren Unterbringungskapazitäten vorübergehend erschöpft sind.

Bei derartig anderen Aufnahmemodalitäten werden unter allen Umständen die Grundbedürfnisse gedeckt.

Artikel 19

Medizinische Versorgung

(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Antragsteller die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten und schweren psychischen Störungen umfasst.

(2)   Die Mitgliedstaaten gewähren Antragstellern mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe, einschließlich erforderlichenfalls einer geeigneten psychologischen Betreuung.

KAPITEL III

EINSCHRÄNKUNG ODER ENTZUG DER IM RAHMEN DER AUFNAHME GEWÄHRTEN MATERIELLEN LEISTUNGEN

Artikel 20

Einschränkung oder Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen

(1)   Die Mitgliedstaaten können die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen in begründeten Ausnahmefällen einschränken oder entziehen, wenn ein Antragsteller

a)

den von der zuständigen Behörde bestimmten Aufenthaltsort verlässt, ohne diese davon zu unterrichten oder erforderlichenfalls eine Genehmigung erhalten zu haben; oder

b)

seinen Melde- und Auskunftspflichten oder Aufforderungen zu persönlichen Anhörungen im Rahmen des Asylverfahrens während einer im einzelstaatlichen Recht festgesetzten angemessenen Frist nicht nachkommt; oder

c)

einen Folgeantrag nach Artikel 2 Buchstabe q der Richtlinie 2013/32/EU gestellt hat.

Wird in den unter den Buchstaben a und b genannten Fällen ein Antragsteller aufgespürt oder meldet er sich freiwillig bei der zuständigen Behörde, so ergeht unter Berücksichtigung der Motive des Untertauchens eine ordnungsgemäß begründete Entscheidung über die erneute Gewährung einiger oder aller im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen, die entzogen oder eingeschränkt worden sind.

(2)   Die Mitgliedstaaten können die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einschränken, wenn sie nachweisen können, dass der Antragsteller ohne berechtigten Grund nicht so bald wie vernünftigerweise möglich nach der Ankunft in dem betreffenden Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

(3)   Die Mitgliedstaaten können die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen einschränken oder entziehen, wenn ein Antragsteller verschwiegen hat, dass er über Finanzmittel verfügt, und dadurch bei der Aufnahme zu Unrecht in den Genuss von materiellen Leistungen gekommen ist.

(4)   Die Mitgliedstaaten können Sanktionen für grobe Verstöße gegen die Vorschriften der Unterbringungszentren und grob gewalttätiges Verhalten festlegen.

(5)   Entscheidungen über die Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen oder über Sanktionen nach den Absätzen 1, 2, 3 und 4 dieses Artikels werden jeweils für den Einzelfall, objektiv und unparteiisch getroffen und begründet. Die Entscheidungen sind aufgrund der besonderen Situation der betreffenden Personen, insbesondere im Hinblick auf die in Artikel 21 genannten Personen, unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu treffen. Die Mitgliedstaaten gewährleisten im Einklang mit Artikel 19 in jedem Fall Zugang zur medizinischen Versorgung und gewährleisten einen würdigen Lebensstandard für alle Antragsteller.

(6)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass im Rahmen der Aufnahme gewährte materielle Leistungen nicht entzogen oder eingeschränkt werden, bevor eine Entscheidung nach Maßgabe von Absatz 5 ergeht.

KAPITEL IV

BESTIMMUNGEN FÜR SCHUTZBEDÜRFTIGE PERSONEN

Artikel 21

Allgemeiner Grundsatz

Die Mitgliedstaaten berücksichtigen in dem einzelstaatlichen Recht zur Umsetzung dieser Richtlinie die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, unbegleiteten Minderjährigen, Behinderten, älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, Opfern des Menschenhandels, Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, wie z. B. Opfer der Verstümmelung weiblicher Genitalien.

Artikel 22

Beurteilung der besonderen Bedürfnisse schutzbedürftiger Personen bei der Aufnahme

(1)   Um Artikel 21 wirksam umzusetzen, beurteilen die Mitgliedstaaten, ob der Antragsteller ein Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme ist. Die Mitgliedstaaten ermitteln ferner, welcher Art diese Bedürfnisse sind.

Diese Beurteilung wird innerhalb einer angemessenen Frist nach Eingang eines Antrags auf internationalen Schutz in die Wege geleitet und kann in die bestehenden einzelstaatlichen Verfahren einbezogen werden. Die Mitgliedstaaten sorgen nach Maßgabe dieser Richtlinie dafür, dass derartigen besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme auch dann Rechnung getragen wird, wenn sie erst in einer späteren Phase des Asylverfahrens zutage treten.

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Unterstützung, die Personen mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme nach dieser Richtlinie gewährt wird, ihren Bedürfnissen während der gesamten Dauer des Asylverfahrens Rechnung trägt und ihre Situation in geeigneter Weise verfolgt wird.

(2)   Die in Absatz 1 vorgesehene Beurteilung muss nicht in Form eines Verwaltungsverfahrens erfolgen.

(3)   Nur schutzbedürftige Personen nach Maßgabe von Artikel 21 können als Personen mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme betrachtet werden und erhalten dann die in dieser Richtlinie vorgesehene spezifische Unterstützung.

(4)   Die in Absatz 1 vorgesehene Beurteilung lässt die Bewertung des Bedarfs an internationalem Schutz gemäß der Richtlinie 2011/95/EU unberührt.

Artikel 23

Minderjährige

(1)   Bei der Anwendung der Minderjährige berührenden Bestimmungen der Richtlinie berücksichtigen die Mitgliedstaaten vorrangig das Wohl des Kindes. Die Mitgliedstaaten gewährleisten einen der körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung des Kindes angemessenen Lebensstandard.

(2)   Bei der Würdigung des Kindeswohls tragen die Mitgliedstaaten insbesondere folgenden Faktoren Rechnung:

a)

der Möglichkeit der Familienzusammenführung;

b)

dem Wohlergehen und der sozialen Entwicklung des Minderjährigen unter besonderer Berücksichtigung seines Hintergrunds;

c)

Erwägungen der Sicherheit und der Gefahrenabwehr, vor allem wenn es sich bei dem Minderjährigen um ein Opfer des Menschenhandels handeln könnte;

d)

den Ansichten des Minderjährigen entsprechend seinem Alter und seiner Reife.

(3)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Minderjährige Gelegenheit zu Freizeitbeschäftigungen einschließlich altersgerechter Spiel- und Erholungsmöglichkeiten in den Räumlichkeiten und Unterbringungszentren gemäß Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben a und b sowie zu Aktivitäten im Freien erhalten.

(4)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Minderjährige, die Opfer irgendeiner Form von Missbrauch, Vernachlässigung, Ausbeutung, Folter, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gewesen sind oder unter bewaffneten Konflikten gelitten haben, Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen können und dass im Bedarfsfall eine geeignete psychologische Betreuung und eine qualifizierte Beratung angeboten wird.

(5)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass minderjährige Kinder von Antragstellern oder minderjährige Antragsteller zusammen mit ihren Eltern, ihren unverheirateten minderjährigen Geschwistern oder dem Erwachsenen, der nach dem einzelstaatlichen Recht oder nach den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats verantwortlich ist, untergebracht werden, sofern es dem Wohl der betreffenden Minderjährigen dient.

Artikel 24

Unbegleitete Minderjährige

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen so bald wie möglich dafür, dass ein Vertreter bestellt wird, der den unbegleiteten Minderjährigen vertritt und unterstützt, damit dieser die Rechte aus dieser Richtlinie in Anspruch nehmen und den sich aus dieser Richtlinie ergebenden Pflichten nachkommen kann. Der unbegleitete Minderjährige wird unverzüglich über die Bestellung des Vertreters informiert. Der Vertreter muss seine Aufgaben im Einklang mit dem Grundsatz des Kindeswohls gemäß Artikel 23 Absatz 2 wahrnehmen und entsprechend versiert sein. Um das Wohlergehen und die soziale Entwicklung des Minderjährigen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe b zu gewährleisten, wechselt die als Vertreter handelnde Person nur im Notfall. Organisationen oder Einzelpersonen, deren Interessen denen des unbegleiteten Minderjährigen zuwiderlaufen oder zuwiderlaufen könnten, kommen als Vertreter nicht in Betracht.

Die zuständigen Behörden nehmen regelmäßig Bewertungen vor, auch was die Verfügbarkeit der Mittel betrifft, die für die Vertretung des unbegleiteten Minderjährigen erforderlich sind.

(2)   Unbegleitete Minderjährige, die internationalen Schutz beantragt haben, werden ab dem Zeitpunkt der Zulassung in das Hoheitsgebiet bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie den Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist oder geprüft wird, verlassen müssen, untergebracht:

a)

bei erwachsenen Verwandten;

b)

in einer Pflegefamilie;

c)

in Aufnahmezentren mit speziellen Einrichtungen für Minderjährige;

d)

in anderen für Minderjährige geeigneten Unterkünften.

Die Mitgliedstaaten können unbegleitete Minderjährige ab 16 Jahren in Aufnahmezentren für erwachsene Antragsteller unterbringen, wenn dies gemäß Artikel 23 Absatz 2 ihrem Wohl dient.

Geschwister sollen möglichst zusammen bleiben, wobei das Wohl des betreffenden Minderjährigen, insbesondere sein Alter und sein Reifegrad, zu berücksichtigen ist. Wechsel des Aufenthaltsorts sind bei unbegleiteten Minderjährigen auf ein Mindestmaß zu beschränken.

(3)   Die Mitgliedstaaten beginnen — erforderlichenfalls mit Unterstützung internationaler oder anderer einschlägig tätiger Organisationen — baldmöglichst nach Eingang eines Antrags auf internationalen Schutz mit der Suche nach Familienangehörigen des unbegleiteten Minderjährigen und tragen gleichzeitig für sein Wohl Sorge. In Fällen, in denen das Leben oder die Unversehrtheit des Minderjährigen oder seiner nahen Verwandten bedroht sein könnte, insbesondere wenn diese im Herkunftsland geblieben sind, ist darauf zu achten, dass die Erfassung, Verarbeitung und Weitergabe von Informationen über diese Personen vertraulich erfolgt, um ihre Sicherheit nicht zu gefährden.

(4)   Das Betreuungspersonal für unbegleitete Minderjährige muss im Hinblick auf die Bedürfnisse von Minderjährigen adäquat ausgebildet sein und sich angemessen fortbilden; es unterliegt in Bezug auf die Informationen, die es durch seine Arbeit erhält, der Schweigepflicht, wie sie im einzelstaatlichen Recht definiert ist.

Artikel 25

Opfer von Folter und Gewalt

(1)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, die Folter, Vergewaltigung oder andere schwere Gewalttaten erlitten haben, die Behandlung — insbesondere Zugang zu einer adäquaten medizinischen und psychologischen Behandlung oder Betreuung — erhalten, die für den Schaden, welcher ihnen durch derartige Handlungen zugefügt wurde, erforderlich ist.

(2)   Das Betreuungspersonal für Opfer von Folter, Vergewaltigung und anderen schweren Gewalttaten muss im Hinblick auf die Bedürfnisse der Opfer adäquat ausgebildet sein und sich angemessen fortbilden; es unterliegt in Bezug auf die Informationen, die es durch seine Arbeit erhält, der Schweigepflicht, wie sie im einzelstaatlichen Recht definiert ist.

KAPITEL V

RECHTSBEHELFE

Artikel 26

Rechtsbehelfe

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Gewährung, dem Entzug oder der Einschränkung von Vorteilen gemäß dieser Richtlinie oder gegen Entscheidungen gemäß Artikel 7, die Antragsteller individuell betreffen, ein Rechtsbehelf nach den im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Verfahren eingelegt werden kann. Zumindest in der letzten Instanz ist die Möglichkeit einer auf Sach- und Rechtsfragen gerichteten Überprüfung durch eine Justizbehörde vorzusehen.

(2)   Im Falle eines Rechtsbehelfs oder einer Überprüfung durch eine Justizbehörde nach Absatz 1 sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass unentgeltlich Rechtsberatung und -vertretung in Anspruch genommen werden kann, soweit diese zur Gewährleistung eines wirksamen Rechtsschutzes erforderlich ist. Dies umfasst zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Vertretung vor den Justizbehörden im Namen des Antragstellers.

Die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung erfolgt durch nach einzelstaatlichem Recht zugelassene oder befugte Personen, deren Interessen nicht mit denen der Antragsteller in Konflikt stehen oder stehen könnten.

(3)   Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus vorsehen, dass die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung nur gewährt wird

a)

für diejenigen, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen; und/oder

b)

durch Rechtsbeistand oder sonstige Berater, die nach nationalem Recht zur Unterstützung und Vertretung von Antragstellern bestimmt wurden.

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn eine zuständige Stelle der Auffassung ist, dass der Rechtsbehelf oder die Überprüfung keine konkrete Aussicht auf Erfolg haben. In einem solchen Fall sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Rechtsberatung und -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt wird und der Antragsteller auch weiterhin einen wirksamen Rechtsschutz genießt.

(4)   Ferner können die Mitgliedstaaten

a)

für die unentgeltliche Rechtsberatung und -vertretung eine finanzielle und/oder zeitliche Begrenzung vorsehen, soweit dadurch der Zugang zu Rechtsberatung und -vertretung nicht willkürlich eingeschränkt wird;

b)

vorsehen, dass Antragstellern hinsichtlich der Gebühren und anderen Kosten keine günstigere Behandlung zuteil wird, als sie den eigenen Staatsangehörigen in Fragen der Rechtsberatung im Allgemeinen gewährt wird.

(5)   Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antragsteller ihnen die entstandenen Kosten ganz oder teilweise zurückerstattet, wenn sich seine finanzielle Lage beträchtlich verbessert hat oder wenn die Entscheidung zur Übernahme solcher Kosten aufgrund falscher Angaben des Antragstellers getroffen wurde.

(6)   Die Verfahren für die Inanspruchnahme von Rechtsberatung und -vertretung werden im einzelstaatlichen Recht geregelt.

KAPITEL VI

MASSNAHMEN ZUR VERBESSERUNG DER EFFIZIENZ DES AUFNAHMESYSTEMS

Artikel 27

Zuständige Behörden

Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission mit, welche Behörden für die Erfüllung der Verpflichtungen aus dieser Richtlinie zuständig sind. Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission über jegliche Änderungen, die diese Behörden betreffen, in Kenntnis.

Artikel 28

System zur Lenkung, Überwachung und Steuerung

(1)   Die Mitgliedstaaten führen im Einklang mit ihrer verfassungsrechtlichen Struktur Mechanismen ein, um eine geignete Lenkung, Überwachung und Steuerung des Niveaus der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile sicherzustellen.

(2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission unter Verwendung des Vordrucks in Anhang I spätestens am 20. Juli 2016 die entsprechenden Informationen.

Artikel 29

Personal und Ressourcen

(1)   Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Behörden und Organisationen, die diese Richtlinie anwenden, die nötige Grundausbildung erhalten haben, um den Bedürfnissen männlicher und weiblicher Antragsteller gerecht werden zu können.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen die Ressourcen bereit, die im Zusammenhang mit dem nationalen Recht zur Anwendung dieser Richtlinie erforderlich sind.

KAPITEL VII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 30

Berichterstattung

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 20. Juli 2017 Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie und schlägt gegebenenfalls Änderungen vor.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission bis zum 20. Juli 2016 alle für die Erstellung dieses Berichts sachdienlichen Informationen.

Nach Vorlage des ersten Berichts erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat mindestens alle fünf Jahre Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie.

Artikel 31

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um den Artikeln 1 bis 12, 14 bis 28 und 30 und Anhang I bis spätestens 20. Juli 2015 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. In diese Vorschriften fügen sie die Erklärung ein, dass Bezugnahmen in den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf die durch diese Richtlinie aufgehobene Richtlinie als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie gelten. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme und die Formulierung dieser Erklärung.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten einzelstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 32

Aufhebung

Die Richtlinie 2003/9/EG wird im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten, die durch diese Richtlinie gebunden sind, unbeschadet der Verpflichtungen dieser Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang II Teil B genannten Frist für die Umsetzung der Richtlinie in einzelstaatliches Recht mit Wirkung vom 21. Juli 2015 aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang III zu lesen.

Artikel 33

Inkrafttreten und Geltung

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Artikel 13 und 29 gelten ab dem 21. Juli 2015.

Artikel 34

Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 26. Juni 2013.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Der Präsident

A. SHATTER


(1)  ABl. C 317 vom 23.12.2009, S. 110 und ABl. C 24 vom 28.1.2012, S. 80.

(2)  ABl. C 79 vom 27.3.2010, S. 58.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 7. Mai 2009 (ABl. C 212 E vom 5.8.2010, S. 348) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 6. Juni 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 10. Juni 2013 (noch nicht im Amtblatt veröffentlicht).

(4)  ABl. L 31 vom 6.2.2003, S. 18.

(5)  ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9.

(6)  ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

(7)  ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12.

(8)  Siehe Seite 60 dieses Amtsblatts.

(9)  ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98.

(10)  Siehe Seite 31 dieses Amtsblatts.


ANHANG I

Vordruck für die Mitteilung der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 28 Absatz 2 zu übermittelnden Informationen

Nach dem in Artikel 28 Absatz 2 genannten Zeitpunkt übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission erneut diese Informationen, wenn sich die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten wesentlich geändert haben, so dass die mitgeteilten Informationen überholt sind.

1.

Bitte erläutern Sie auf der Grundlage von Artikel 2 Buchstabe k und Artikel 22 die verschiedenen Schritte zur Ermittlung von Personen mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme; bitte geben Sie dabei auch an, zu welchem Zeitpunkt hiermit begonnen wird und inwieweit solchen Bedürfnissen Rechnung getragen wird, insbesondere im Falle von unbegleiteten Minderjährigen, Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, und Opfern des Menschenhandels.

2.

Bitte machen Sie umfassende Angaben zu Art, Bezeichnung und Form der Dokumente, auf die in Artikel 6 verwiesen wird.

3.

Bitte geben Sie unter Bezugnahme auf Artikel 15 an, inwieweit an den Arbeitsmarktzugang für Antragsteller bestimmte Bedingungen geknüpft sind, und erläutern Sie solche Beschränkungen im Einzelnen.

4.

Bitte machen Sie unter Bezugnahme auf Artikel 2 Buchstabe g Angaben zu der Form, in der im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen gewährt werden (d. h. in Form von Sachleistungen, Geldleistungen oder Gutscheinen oder einer Kombination derartiger Leistungen), und geben Sie die Höhe des Geldbetrags an, den Antragsteller zur Deckung des täglichen Bedarfs erhalten.

5.

Bitte erläutern Sie — soweit zutreffend — unter Bezugnahme auf Artikel 17 Absatz 5 die Höhe des/der nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder der Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats zugrunde gelegte(n) Betrags/Beträge zur Ermittlung des Umfangs der Antragstellern zu gewährenden finanziellen Unterstützung. Sofern Antragsteller im Vergleich zu Staatsangehörigen weniger günstig behandelt werden, sind die Gründe hierfür zu erläutern.


ANHANG II

TEIL A

Aufgehobene Richtlinie

(gemäß Artikel 32)

Richtlinie 2003/9/EG des Rates

(ABl. L 31 vom 6.2.2003, S. 18).

TEIL B

Frist für die Umsetzung in einzelstaatliches Recht

(gemäß Artikel 32)

Richtlinie

Umsetzungsfrist

2003/9/EG

6. Februar 2005


ANHANG III

Entsprechungstabelle

Richtlinie 2003/9/EG

Diese Richtlinie

Artikel 1

Artikel 1

Artikel 2 einleitender Satzteil

Artikel 2 einleitender Satzteil

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 2 Buchstabe b

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 2 Buchstabe c

Artikel 2 Buchstabe b

Artikel 2 Buchstabe d einleitender Satzteil

Artikel 2 Buchstabe c einleitender Satzteil

Artikel 2 Buchstabe d Ziffer i

Artikel 2 Buchstabe c erster Gedankenstrich

Artikel 2 Buchstabe d Ziffer ii

Artikel 2 Buchstabe c zweiter Gedankenstrich

Artikel 2 Buchstabe c dritter Gedankenstrich

Artikel 2 Buchstaben e, f und g

Artikel 2 Buchstabe d

Artikel 2 Buchstabe h

Artikel 2 Buchstabe e

Artikel 2 Buchstabe i

Artikel 2 Buchstabe f

Artikel 2 Buchstabe j

Artikel 2 Buchstabe g

Artikel 2 Buchstabe k

Artikel 2 Buchstabe h

Artikel 2 Buchstabe l

Artikel 2 Buchstabe i

Artikel 2 Buchstabe j

Artikel 2 Buchstabe k

Artikel 3

Artikel 3

Artikel 4

Artikel 4

Artikel 5

Artikel 5

Artikel 6 Absätze 1 bis 5

Artikel 6 Absätze 1 bis 5

Artikel 6 Absatz 6

Artikel 7 Absätze 1 und 2

Artikel 7 Absätze 1 und 2

Artikel 7 Absatz 3

Artikel 7 Absätze 4 bis 6

Artikel 7 Absätze 3 bis 5

Artikel 8

Artikel 9

Artikel 10

Artikel 11

Artikel 8

Artikel 12

Artikel 9

Artikel 13

Artikel 10 Absatz 1

Artikel 14 Absatz 1

Artikel 10 Absatz 2

Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 1

Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 10 Absatz 3

Artikel 14 Absatz 3

Artikel 11 Absatz 1

Artikel 15 Absatz 1

Artikel 11 Absatz 2

Artikel 15 Absatz 2

Artikel 11 Absatz 3

Artikel 15 Absatz 3

Artikel 11 Absatz 4

Artikel 12

Artikel 16

Artikel 13 Absätze 1 bis 4

Artikel 17 Absätze 1 bis 4

Artikel 13 Absatz 5

Artikel 17 Absatz 5

Artikel 14 Absatz 1

Artikel 18 Absatz 1

Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 1 einleitender Satzteil Buchstaben a und b

Artikel 18 Absatz 2 einleitender Satzteil Buchstaben a und b

Artikel 14 Absatz 7

Artikel 18 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 18 Absatz 3

Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 2

Artikel 18 Absatz 4

Artikel 14 Absatz 3

Artikel 18 Absatz 5

Artikel 14 Absatz 4

Artikel 18 Absatz 6

Artikel 14 Absatz 5

Artikel 18 Absatz 7

Artikel 14 Absatz 6

Artikel 18 Absatz 8

Artikel 14 Absatz 8 Unterabsatz 1 einleitender Satzteil erster Gedankenstrich

Artikel 18 Absatz 9 Unterabsatz 1 einleitender Satzteil Buchstabe a

Artikel 14 Absatz 8 Unterabsatz 1 zweiter Gedankenstrich

Artikel 14 Absatz 8 Unterabsatz 1 dritter Gedankenstrich

Artikel 18 Absatz 9 Unterabsatz 1 Buchstabe b

Artikel 14 Absatz 8 Unterabsatz 1 vierter Gedankenstrich

Artikel 14 Absatz 8 Unterabsatz 2

Artikel 18 Absatz 9 Unterabsatz 2

Artikel 15

Artikel 19

Artikel 16 Absatz 1 einleitender Satzteil

Artikel 20 Absatz 1 einleitender Satzteil

Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a Unterabsatz 1 erster, zweiter und dritter Gedankenstrich

Artikel 20 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstaben a, b und c

Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a Unterabsatz 2

Artikel 20 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 16 Absatz 2

Artikel 20 Absätze 2 und 3

Artikel 16 Absätze 3 bis 5

Artikel 20 Absätze 4 bis 6

Artikel 17 Absatz 1

Artikel 21

Artikel 17 Absatz 2

Artikel 22

Artikel 18 Absatz 1

Artikel 23 Absatz 1

Artikel 23 Absätze 2 und 3

Artikel 18 Absatz 2

Artikel 23 Absatz 4

Artikel 23 Absatz 5

Artikel 19

Artikel 24

Artikel 20

Artikel 25 Absatz 1

Artikel 25 Absatz 2

Artikel 21 Absatz 1

Artikel 26 Absatz 1

Artikel 26 Absätze 2 bis 5

Artikel 21 Absatz 2

Artikel 26 Absatz 6

Artikel 22

Artikel 27

Artikel 23

Artikel 28 Absatz 1

Artikel 28 Absatz 2

Artikel 24

Artikel 29

Artikel 25

Artikel 30

Artikel 26

Artikel 31

Artikel 32

Artikel 27

Artikel 33 Absatz 1

Artikel 33 Absatz 2

Artikel 28

Artikel 34

ANHANG I

ANHANG II

Anhang III


Top