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Document 52012DC0713

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Eine Meeresstrategie für das Adriatische und das Ionische Meer

/* COM/2012/0713 final */

52012DC0713

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Eine Meeresstrategie für das Adriatische und das Ionische Meer /* COM/2012/0713 final */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Eine Meeresstrategie für das Adriatische und das Ionische Meer

Das Adriatische und das angrenzende Ionische Meer liegen zentral im nördlichen Mittelmeer und stellen ein wichtiges Meeresgebiet in Europa dar. Durch künftige weitere EU-Beitritte wird der freie Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehr stetig zunehmen. Die Küstenregionen sind durch den Klimawandel und seine Folgen zunehmend bedroht. Die einzelnen Küstenstaaten verfügen immer noch nicht über vergleichbare Erfahrungen, technische Leistungsfähigkeit, finanzielle Mittel und Know-how, um die nachhaltige Entwicklung ihrer Meeres- und Küstengebiete sicherzustellen.

Die Meere, Inseln und Küstenregionen bilden komplexe und eng verzahnte Systeme. So ist es nicht verwunderlich, dass die Anrainerstaaten des Adriatischen und des Ionischen Meeres beschlossen haben, beginnend mit dem Meer, ihrer wichtigsten gemeinsamen Ressource, verstärkt zusammenzuarbeiten.

EINLEITUNG

(1) Ziele

In dieser Mitteilung werden der Bedarf an meeresbezogenen Tätigkeiten im Adriatischen und Ionischen Meer sowie deren Potenzial bewertet und ein Rahmen für eine kohärente Meeresstrategie sowie einen entsprechenden Aktionsplan bis 2013 gesteckt. Sollten die EU-Mitgliedstaaten beschließen, die Kommission zur Ausarbeitung einer EU-Strategie für den Bereich der Adria und des Ionischen Meeres aufzufordern, könnte die vorliegende Meeres­strategie der erste Pfeiler einer solchen makroregionalen, weitere Bereiche umfassenden Strategie der EU werden.

In der Strategie werden tragfähige Maßnahmen und gemeinsame Initiativen festgelegt, mit denen grenzüberschreitenden Herausforderungen und Chancen, die eines gemeinsamen Handelns bedürfen, begegnet werden soll. Dabei wird auf vorhandene Ressourcen, Rechtsvorschriften und Strukturen zurückgegriffen, um grenzüberschreitende Partnerschaften zu fördern und vorrangige Ziele festzulegen, für die lokale, regionale und nationale Akteure mobilisiert werden können; dies dient der Umsetzung der Prioritäten der Strategie Europa 2020 in gezielte Maßnahmen.

Durch kluges Management kann die Anwendung dieser Strategie die Wirtschaft ankurbeln, ohne zusätzliche Kosten zu verursachen. Darüber hinaus wird sie dazu beitragen, Projektanträge besser zu formulieren und deren Finanzierung und Durchführung besser zu koordinieren, insbesondere im Hinblick auf einen effizienteren Einsatz der finanziellen Mittel aus dem neuen Finanzrahmen 2014-2020. Bei meeresbezogenen Projekten kann die Finan­zierung durch verschiedene EU-Programme und Finanzinstrumente erfolgen, während die Zuständigkeiten der unterstützten Mitgliedstaaten gewahrt bleiben. Hierzu zählen EFRE, CF, ESF, EFF[1] sowie andere Finanzierungsprogramme und ‑instrumente, die bereits bestehen (wie FP7[2] und LIFE+[3]) oder erst noch eingeführt werden (wie die Fazilität „Connecting Europe“ und der EMFF[4]). Darüber hinaus müssen IPA[5]-Mittel freigegeben werden, um auch Kandidatenländer und mögliche Kandidatenländer in künftige Maßnahmen einzubinden. Daneben bestehen weitere potenzielle Finanzierungsquellen, z. B. durch internationale Finanzinstitutionen, einschließlich des Investitionsrahmens für die westlichen Balkanstaaten (WBIF) sowie durch nationale, regionale und lokale Ressourcen und private Investoren. Besonderes Augenmerk sollte darauf gelegt werden, dass alle diese Finanzierungsquellen innerhalb des strategischen Rahmens wirksam kombiniert werden. Zudem wird auf Wettbewerbsvorschriften geachtet, wenn die Finanzierung eines bestimmten Projekts als staatliche Beihilfe angesehen werden kann.

Dadurch werden die Grundlagen für Wachstum geschaffen, denn es werden eine langfristig nachhaltige und verantwortungsvolle Fischerei, der gute Zustand der Meeresumwelt sowie ein sicherer Meeresraum gefördert. Des Weiteren wird ein Beitrag zu Querschnittsthemen, wie einer effizienten Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels, geleistet. Dadurch wird ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum der Meereswirtschaft gefördert und somit zum Erreichen der Ziele der Strategie Europa 2020[6] beigetragen.

(2) Geografischer Anwendungsbereich

Das Adriatische und das Ionische Meer[7] haben sieben Anrainerstaaten: drei EU-Mitglied­staaten (Griechenland, Italien und Slowenien), ein Beitrittsland (Kroatien), ein Kandidaten­land (Montenegro) und zwei mögliche Kandidatenländer (Albanien sowie Bosnien und Herzegowina). Serbien (ebenfalls ein Kandidatenland) ist eines der acht Mitgliedsländer der Adriatisch-Ionischen Initiative[8]. Andere Länder in der Region haben ebenfalls ein politisches und wirtschaftliches Interesse an maritimen Tätigkeiten im Adriatischen und Ionischen Meer und können somit im Einzelfall in spezifische Maßnahmen eingebunden werden.

(3) Hintergrund

Es besteht bereits eine weitreichende Zusammenarbeit zwischen den Küstenstaaten des Adriatischen und des Ionischen Meeres, die teilweise aus europäischen Programmen, wie dem IPA-Programm zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Adria und künftigen Programmen für diese Region, und teilweise aus anderen Initiativen, wie der Adriatisch-Ionischen Initiative, hervorgegangen ist.

Mit dieser Mitteilung wird ein Rahmen geschaffen, um die integrierte Meerespolitik an die Bedürfnisse und das Potenzial der natürlichen Ressourcen und der sozioökonomischen Struktur in den Meeres- und Küstengebieten des Adriatischen und Ionischen Meeres anzupassen. In seinen Schlussfolgerungen zur integrierten Meerespolitik vom Dezember 2011 befürwortet der Rat die „laufenden Bemühungen der an die Adria bzw. das Ionische Meer angrenzenden Mitgliedstaaten, die Zusammenarbeit in Meeresfragen mit ihren Nicht-EU-Nachbarn in der Region im Rahmen einer makroregionalen Strategie zu verbessern“. Wie in der „Erklärung von Limassol“[9] betont wird, ist eine meeresbeckenbezogene Zusammenarbeit ein Meilenstein in der Entwicklung und Umsetzung der integrierten Meerespolitik der EU. Die Erfahrungen in der Ostsee[10], im Bereich der Donau[11] und im Atlantik[12] können hilfreiche Beispiele und Erkenntnisse liefern. Bei drei im Jahr 2012 in Griechenland, Italien und Slowenien abgehaltenen Workshops unter Beteiligung der Interessengruppen wurden die nachstehend erläuterten Vorschläge unterstützt.

AGENDA FÜR EIN INTELLIGENTES, NACHHALTIGES UND INTEGRATIVES WACHSTUM AUS DEM MEER

1. SÄULE: Optimale Nutzung des Potenzials der blauen Wirtschaft

In der Mitteilung „Blaues Wachstum: Chancen für nachhaltiges marines und maritimes Wachstum“[13] beschreibt die Kommission die blaue Wirtschaft in Europa. Zur Erschließung von im Meer vorhandenen Wachstumspotenzialen müssen die Länder geeignete Vorausset­zungen für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit schaffen und sich auf Bereiche mit einem komparativen Vorteil konzentrieren.

1.1 Schaffung der Voraussetzungen für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit

Um das Wachstumspotenzial der Meereswirtschaft zu erschließen, müssen eine Reihe von Wachstumsmotoren angekurbelt und Engpässe überwunden werden. Hierzu gehören die Vereinfachung und Harmonisierung der Verwaltungsverfahren, Qualifikationserfordernisse, Forschung, Entwicklung und Innovation, maritime Cluster, intelligente und klimasichere Infrastruktur sowie qualifizierte und flexible Arbeitskräfte. In für die Region entscheidenden Sektoren – wie Schiffbau, Bootsindustrie und Logistik – können durch günstige Entwick­lungsvoraussetzungen die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt und neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet werden. In der Region Friaul-Julisch Venezien ist Ditenave ein gutes Beispiel für einen maritimen Cluster, in dem Hightechunternehmen, Universitäten und regionale Behörden zusammengeführt wurden.

Die verstärkte wirtschaftliche Nutzung des maritimen Raums und der Küstengebiete könnte zu einem zunehmenden Wettbewerb um den verfügbaren Raum führen. Deshalb ist die maritime Raumordnung (MSP) ein entscheidender Faktor, um die Entscheidungsprozesse so zu gestalten, dass die Interessen verschiedener, um maritimen Raum konkurrierender Sektoren ausgewogen berücksichtigt werden. In ähnlicher Weise trägt auch eine integrierte Bewirtschaftung der Küstengebiete (ICZM) dazu bei, dem zunehmenden Druck auf Küsten­regionen zu begegnen. Der Aktionsplan des UNEP/MAP[14] spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von ICZM durch Mittelmeerländer, die das ICZM-Protokoll des Übereinkom­mens von Barcelona anwenden.

Daher sind nachstehende Themen Beispiele für Schwerpunktbereiche, die es auszubauen gilt:

· Ausbau der Verwaltungszusammenarbeit zur Vereinfachung und Harmonisierung der Formalitäten im Bereich der Schifffahrt, wie im EU-Besitzstand vorgesehen;

· Förderung des Aufbaus von maritimen Clustern und Forschungsnetzen sowie Erarbeitung einer Forschungsstrategie zur Innovationsförderung;

· Steigerung von Mobilität und Qualifikation der Arbeitskräfte, einschließlich der Transparenz der Qualifikationen;

· Ausbau von MSP und ICZM sowohl auf nationaler als auch grenzüberschreitender Ebene auf der Grundlage des ökosystemorientierten Ansatzes und bestmögliche Nutzung der Ergebnisse wichtiger EU-Forschungsprojekte zu Meeresschutz­gebieten[15].

1.2 Relevante Sektoren der Meereswirtschaft

1.2.1 Seeverkehr

Aufgrund ihrer Lage sowohl auf der Ost-West- als auch auf der Nord-Süd-Achse Europas sind das Adriatische und das Ionische Meer ein wichtiger Seeverkehrsweg. Mehrere mittel­europäische Länder und Länder ohne Zugang zum Meer sind bezüglich ihrer Einfuhren stark von den Häfen in der nördlichen Adria abhängig. Fünf Häfen in der nördlichen Adria (Koper, Ravenna, Rijeka, Venedig, Triest) haben sich in der Logistikplattform der Vereinigung der nordadriatischen Häfen (NAPA) zusammengeschlossen. Wie im Zuge der laufenden Erarbeitung der Hafenstrategie der EU (entsprechende Vorschläge sind für das erste Halbjahr 2013 geplant) festgestellt, hängt die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen im Adriati­schen und im Ionischen Meer u. a. von folgenden Faktoren ab:

· Ihrer Fähigkeit zu mehr Intermodalität durch die Integration von See- und Landtransport; der Ostsee-Adria-Korridor sowie der Mittelmeer-Korridor, die in der Fazilität „Connecting Europe“ vorgesehen sind, sollen das Fehlen von Eisenbahn- und Autobahnanbindungen wettmachen;

· effizienten und umweltfreundlichen Maßnahmen.

Häfen spielen eine wichtige Rolle bei der Wahrung der territorialen Kontinuität und des sozialen Zusammenhalts. Dennoch sind Schiffsverbindungen für den Güter- und Personen­transport in den Ländern am Adriatischen und am Ionischen Meer selten die erste Wahl. Angesichts der großen Zahl an Ländern und Städten an diesen Meeren und der auf dem Seeweg relativ geringen Entfernungen besteht beim Kurzstreckenseeverkehr ein großes Ausbaupotenzial. Die Meeresautobahn Adria[16] zeigt beispielhaft die Bemühungen um den Aufbau eines tragfähigen und verlässlichen Verkehrsnetzes durch ein transeuropäisches multimodales Verkehrssystem. Grenzüberschreitende Fährverbindungen sind angesichts der Vielzahl von Inseln vor der kroatischen und der griechischen Küste von besonderer Bedeutung.

Daher sind nachstehende Themen Beispiele für Schwerpunktbereiche, die es im Rahmen der geplanten Hafenstrategie und der künftigen TEN-V-Maßnahmen auszubauen gilt:

· Optimierung von Schnittstellen, Verfahren und Infrastruktur zur Erleichterung des Handels mit Süd-, Mittel- und Osteuropa;

· Verbesserung der Anbindungen durch den Aufbau eines integrierten, nachfrage­orientierten und emissionsarmen Seeverkehrsnetzes in der gesamten Region mit besonderem Schwerpunkt auf der Anbindung der Inseln;

· Steigerung der langfristigen ökologischen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit.

Als konkrete Optionen könnten hierbei eine verbesserte Anbindung der Häfen an das Hinter­land und die schnelle Umsetzung des Seeverkehrsraums ohne Grenzen (Verringerung des Verwaltungsaufwands bei EU-internen Seeverkehrsströmen in der Region oder effizientere und bessere Hafendienste in der Region) erwogen werden.

1.2.2 Küsten- und Meerestourismus

Der Tourismus als einer der wichtigsten und am schnellsten wachsenden meeresbezogenen Wirtschaftszweige ist von enormer ökonomischer Bedeutung. Die Wirtschaft in der Region profitiert ganz erheblich vom Tourismus, da er der Schaffung von Arbeitsplätzen sowie der Erhaltung des Kulturerbes der Küsten- und Meeresgebiete dient. Das Forum der Handels­kammern im Raum Adriatisches und Ionisches Meer hat als gemeinsames Markenzeichen die Bezeichnung „AdrIon“ geschaffen. Es ist ganz entscheidend, dass intensiver Küstentourismus klug gemanagt wird, um die möglichen negativen Auswirkungen auf die Küsten- und Meeresumwelt einzudämmen, die ja die wichtigste Grundlage für den Tourismus bilden. So müssen beispielsweise die Kapazitäten von Abfallbehandlungs- und Kläranlagen erhöht werden, damit Abfälle und Abwässer nicht direkt ins Meer geleitet werden.

Im Bereich der Kreuzfahrten verzeichnen das Adriatische und das Ionische Meer bereits starkes Wachstum. Venedig und Dubrovnik gehören zu den zehn beliebtesten Kreuzfahrt­häfen in Europa, und für verschiedene Häfen eröffnen sich durch stärkere Marktsegmen­tierung und neue Geschäftsmodelle ganz neue Chancen.

Schließlich stellt auch das kulturelle und archäologische Erbe in den Küstengebieten und auf dem Meeresboden einen wichtigen Faktor sowohl für die Tourismusentwicklung als auch für die gemeinsame Identität dar.

Daher sind nachstehende Themen Beispiele für Schwerpunktbereiche, die es auszubauen gilt:

· Förderung der nachhaltigen Entwicklung des Küsten- und Meerestourismus, Förde­rung von Innovation sowie gemeinsamen Marktstrategien und Erzeugnissen;

· Garantie der Nachhaltigkeit des Sektors durch Begrenzung des ökologischen Fußabdrucks unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Klimawandels;

· Förderung der nachhaltigen Entwicklung des Kreuzfahrttourismus;

· Aufwertung und höhere Wertschätzung des kulturellen Erbes.

Als konkrete Optionen könnten hierbei die Ausweitung gemeinsamer Imagekampagnen zur Förderung des Tourismus in der Region (dem Beispiel der Handelskammern im Raum Adriatisches und Ionisches Meer folgend) und die Erschließung neuer Geschäftsmodelle im Kreuzfahrtsektor erwogen werden.

1.2.3 Aquakultur

Der Aquakultursektor bietet EU-weit etwa 80 000 direkte Arbeitsplätze und stellt damit in vielen Küstengebieten der EU eine wichtige Einkommensquelle dar. Italien und Griechenland gehören mit mehr als 284 000 Tonnen jährlich zu den führenden Erzeugerländern von Zuchtfisch im gesamten Mittelmeerraum.

Die Entwicklung eines starken, hochwertigen und ökologisch sowie wirtschaftlich nachhal­tigen Aquakultursektors in Europa hat das Potenzial, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bereitstellung gesunder Nahrungsmittel zu begünstigen. Darüber hinaus kann Aquakultur den fischereilichen Druck verringern und damit zur Erhaltung von Fischbeständen beitragen. Die Begrenzung negativer Auswirkungen findet in den EU-Umweltvorschriften angemessene Berücksichtigung.

Zahlreiche Barrieren verhindern, dass das Potenzial der Aquakultur in der EU voll ausge­schöpft werden kann: eingeschränkter Zugang zu Standorten und Genehmigungen; Fragmen­tierung des Sektors; begrenzter Zugang zu Startkapital oder Innovationsdarlehen; zeitauf­wendige Verwaltungsverfahren und Bürokratie. Unter vollständiger Wahrung des Subsidia­ritätsprinzips wird im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik vorgeschlagen, Aquakultur durch ein koordiniertes Vorgehen zu fördern, das auf unverbindlichen strategischen Leitlinien und gemeinsamen Prioritäten sowie dem Austausch bewährter Verfahren im Wege der offenen Koordinierungsmethode beruht. Daher sind nachstehende Themen Beispiele für Schwerpunktbereiche, die es auszubauen gilt:

· Schaffung neuer Arbeitsplätze und Geschäftsmöglichkeiten durch verstärkte Forschung und Innovation;

· unter Einhaltung der Grundsätze der maritimen Raumordnung (MSP) Erarbeitung von Instrumenten zur Auswahl geeigneter Aquakulturstandorte im Wasser, einschließlich Instrumenten zur Ermittlung von Tätigkeiten, bei denen eine Kolokalisierung mit anderen Wirtschaftszweigen sinnvoll sein könnte.

Als konkrete Optionen könnten hierbei die Zusammenarbeit zum Abbau des Verwaltungs­aufwands und die Optimierung der Raumordnung durch den Austausch bewährter Verfahren erwogen werden.

2. SÄULE: Gesündere Meeresumwelt

Die Küsten- und Meeresgebiete am bzw. im Adriatischen und im Ionischen Meer beherbergen eine große Vielfalt an Lebensräumen und Arten. In beiden Meeren gibt es Posidonia-Wiesen und zahlreiche Meeressäugetiere[17].

Aufgrund der Kombination aus hoher anthropogener Belastung und topografischen Gegeben­heiten sind diese Lebensräume stark verschmutzungsgefährdet. Die Kooperation zwischen den Küstenstaaten wird durch die rechtlichen Rahmenbedingungen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, des Übereinkommens von Barcelona und der dazugehörigen Protokolle sowie den Gemischten Ausschuss für den Schutz der Adria und ihrer Küstenregionen geregelt.

Das Adriatische Meer ist erheblichen Einwirkungen durch Zuflüsse ausgesetzt. Etwa ein Drittel der kontinentalen Wassermenge im Mittelmeerraum fließt in die nördliche und mittlere Adria. Die daraus resultierende Eutrophierung ist eine der Hauptbedrohungen für dieses Gebiet[18]. Deshalb ist die Umsetzung der Bestimmungen der Wasserrahmenrichtlinie wichtig, um einen guten Zustand der Meeresumwelt zu erreichen.

Neben dem ästhetischen Aspekt stellen Abfälle im Meer oftmals eine erhebliche Bedrohung für die Tier- und Pflanzenwelt im Meer dar. Die Abfälle stammen hauptsächlich aus Aktivitäten auf dem Land: Haushaltsmüll, Abwässer aus Touristeneinrichtungen und Abflüsse von Mülldeponien.

In dem Gebiet herrscht zudem reger Seeverkehr, der mit Emissionen von Schiffen und Häfen, erhöhter Unfallgefahr und der Einbringung invasiver nichtheimischer Arten durch das Ablassen von Ballastwasser einhergeht. 2005 haben Italien, Kroatien und Slowenien ein Abkommen über einen subregionalen Notfallplan[19] unterzeichnet, mit dem ein rechtlicher und operativer Rahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Meeresverschmutzungen geschaffen wurde.

Daher sind nachstehende Themen Beispiele für Schwerpunktbereiche, die es in den jeweiligen EU-Politikbereichen auszubauen gilt:

· Sicherstellen eines guten ökologischen Zustands der Küsten- und Meeresumwelt bis 2020 unter Berücksichtigung des EU-Besitzstands und des im Übereinkommen von Barcelona festgelegten Ökosystemansatzes;

· Erhaltung von Artenvielfalt, Ökosystemen und ihren Leistungen durch Umsetzung und Verwaltung des europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 und unter Berücksichtigung damit verbundener Arbeiten im Rahmen des Übereinkommens von Barcelona;

· Verringerung der Abfälle im Meer, unter anderem durch eine bessere Abfallwirtschaft in Küstengebieten;

· Weitere Verbesserung subregionaler Zusammenarbeit und Überwachung bestehender Mechanismen, insbesondere der von der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) hinsichtlich der Vorbeugung von sowie der Vorbereitung und der koordinierten Reaktion auf schwere Ölverschmutzungen eingeführten Mechanis­men; Prüfung, wie die verfügbaren EU-Mittel besser genutzt werden können.

Als konkrete Optionen könnten hierbei der Austausch bewährter Verfahren zwischen den Verwaltungsbehörden der Meeresschutzgebiete zum Erhalt der Artenvielfalt, der Aufbau auf der Arbeit des Netzes der Schutzgebiete in der Adria (AdriaPAN) sowie die Umsetzung des subregionalen Notfallplans und seine eventuelle Ausweitung auf andere Länder am Adriatischen und Ionischen Meer erwogen werden.

3. SÄULE: Mehr Sicherheit im Seeverkehrsraum

Die Themen menschliche Gesundheit, intakte Umwelt und Sicherheit machen nicht an den Seegrenzen eines Landes halt. Angestrebt werden sollten synergetische regionale Lösungs­ansätze und eine harmonisierte Umsetzung der bestehenden EU-weiten und internationalen Vorschriften sowie die Nutzung neuer Technologien.

Einige Drittländer in der Region müssen ihre Leistungen als Flaggenstaaten und ihr Ranking in der entsprechenden Liste der Pariser Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle verbessern. Eine konsequente Umsetzung der EU-weiten und internationalen Vorschriften wird schließlich zum Aufbau einer qualitätsorientierten Schifffahrt in der Region beitragen, für gleiche Ausgangsbedingungen sorgen, Mobilität fördern und Kandidatenländer und mögliche Kandidatenländer schrittweise auf den EU-Beitritt vorbereiten. Die Förderung einer Kultur der Rechtstreue gegenüber den bestehenden EU-weiten und internationalen Vorschriften muss fortgesetzt werden.

Verglichen mit anderen Regionen gibt es auch mehr Passagierschiffsverkehr, und die Öl- und Gastransporte nehmen zu. Das Adriatische und das Ionische Meer werden neben dem Handelsschiffsverkehr auch von kriminellen Netzwerken genutzt, die in Schleusertätigkeiten oder andere Straftaten verwickelt sind. Die Fähigkeiten der Behörden bei der Überwachung des Seeverkehrs, der Reaktion auf Notfälle, der Rettung von Menschenleben, der Sanierung der Meeresumwelt, der Kontrolle von Fischereitätigkeiten und der Bekämpfung von Sicherheitsbedrohungen und Straftaten müssen ausgebaut werden.

Nachstehende Themen sind Beispiele für Schwerpunktbereiche, die es insbesondere in den Nachbarländern in der Region auszubauen gilt, wobei laufende Maßnahmen im Rahmen des EU-Besitzstandes sowie der jeweils nationale institutionelle Rahmen zu berücksichtigen sind:

· Verbesserung der Rechtstreue im Bereich der Flaggen- und Hafenstaatkontrolle, der Haftung und Versicherung von Schiffen, der Abwasser- und Abfallentsorgung auf Schiffen, der Kontrolle übertragbarer Krankheiten auf Schiffen, der Unfallunter­suchung und der Sicherheit in Häfen;

· Ausweitung der Kooperation zwischen nationalen oder regionalen Schifffahrts­behörden und der EU und Einführung von Mechanismen für den Austausch von Seeverkehrsinformationen zwischen nationalen VTMIS[20] über SafeSeaNet;

· Förderung des Aufbaus von Systemen zur Unterstützung von Entscheidungs­prozessen sowie von Unfallreaktionskapazitäten und Notfallplänen;

· Bereitstellung angemessener Informationsquellen für Besatzungen und Navigatoren, wie Tiefenmessungen, Kartierung des Meeresbodens und hydrografische Erhebun­gen, und Einpflegen dieser Informationen in elektronische Seekarten (e-Navigation), insbesondere zur Nutzung durch Passagierschiffe.

Als konkrete Option zum Erreichen dieser Ziele könnte, wie in der ersten Phase der Anhörung von Interessenvertretern deutlich wurde, ein Upgrade des bestehenden ADRIREP[21] und seine Einbindung in SafeSeaNet erwogen werden.

4. SÄULE: Nachhaltige und verantwortungsvolle Fischerei

Im Rahmen der Strategie sollten die Bemühungen um langfristig nachhaltige und verantwor­tungsvolle Fischerei verstärkt werden, damit Fischereitätigkeiten in den Küstengebieten auch künftig eine wirtschaftliche Ressource darstellen können.

Zunächst sollte eine effiziente Umsetzung der Grundsätze der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) angestrebt werden. Die GFP unterstützt die Förderung eines „Bottom-up“-Ansatzes in der Fischereiwirtschaft. Allgemeine Grundsätze und Instrumente für Meeresschutzgebiete von fischereilichem Interesse[22], einschließlich der Verabschiedung von Maßnahmen zum Schutz empfindlicher Lebensräume und bestimmter Arten (z. B. Schildkröten, Delfine), wären für dieses Gebiet ebenfalls vorteilhaft.

Hinsichtlich der kommerziellen Aspekte der Fischerei besteht bereits eine Zusammenarbeit zwischen Behörden und Erzeugerorganisationen in Kroatien, Italien und Slowenien, die z. B. zur Einrichtung der Sozioökonomischen Beobachtungsstelle für Fischerei und Aquakultur in der nördlichen Adria geführt hat. Ihr Aufgabenspektrum könnte auf den Aufbau von Marktkenntnis sowie marktbestimmter Dienstleistungen ausgeweitet werden, um eine bessere Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten und die Vermarktung von Erzeugnissen zu ermöglichen.

Im Bereich von Überwachung und Kontrolle gilt es, durch den Austausch von Know-how und bewährten Verfahren sowie die Weiterentwicklung gemeinsamer operationeller Initiativen die Kultur der Rechtstreue zu fördern und den Informationstransfer zu erleichtern. Zudem sollte der Ausbau aller geeigneten operativen Instrumente (Systeme, Ausrüstung und andere Ressourcen) geprüft werden.

Im Rahmen der multilateralen Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer sowie regionaler Projekte der FAO (Adriamed und Eastmed) besteht bereits eine Zusammen­arbeit bei wissenschaftlichen Themen und der Fischereiwirtschaft. Diese Projekte müssen durch eine stärkere Beteiligung aller Unterzeichnerländer ausgebaut werden. Parallel dazu könnte die wissenschaftliche Kooperation zwischen den Ländern der Region ausgeweitet werden, um die wissenschaftliche Forschung stärker nach den Bedürfnissen der Fischerei und Aquakultur auszurichten.

Daher sind nachstehende Themen Beispiele für Schwerpunktbereiche, die es auszubauen gilt:

· Nachhaltiges Fischereimanagement, einschließlich der Aufstellung von mehrjährigen Plänen und Maßnahmen wie Meeresschutzgebieten im weiteren Sinne;

· Beitrag zur Rentabilität und Nachhaltigkeit der Fischerei durch stärkere Einbindung der Interessengruppen in das Fischereimanagement und andere Maßnahmen;

· Förderung der Kultur der Rechtstreue, Einsparung von Ressourcen, Erleichterung des Informationstransfers und Ausbau der Zusammenarbeit bei der Kontrolle von Fangtätigkeiten;

· Ausbau der wissenschaftlichen Kooperation im Bereich der Fischerei.

Als konkrete Optionen könnten hierbei die Entwicklung von Marktkenntnis sowie markt­bestimmten Dienstleistungen für eine klare, effiziente und vorschriftenkonforme Vermarktung der Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse in der Region sowie der Austausch sozioökonomischer Daten in der Fischereiwirtschaft erwogen werden.

NÄCHSTE SCHRITTE: ERARBEITUNG EINES AKTIONSPLANS

Die Meeresstrategie für das Adriatische und das Ionische Meer wird ihren detaillierten Niederschlag in einem Aktionsplan finden, der in der zweiten Jahreshälfte 2013 erstellt werden soll und in dem die laufenden und geplanten Maßnahmen der jeweiligen EU-Politik Berücksichtigung finden. Auf der Grundlage der in dieser Mitteilung benannten Säulen wird der Aktionsplan Schwerpunktbereiche und empfohlene Unterstützungsmaßnahmen umfassen, um den dargelegten Herausforderungen und Chancen zu begegnen. Darüber hinaus wird er auch klare, mit der Strategie Europa 2020 im Einklang stehende Ziele festlegen. Solche Maßnahmen werden von den Interessengruppen in der Region umgesetzt, mit denen die Kommission zusammenarbeiten wird; hierzu gehören Regierungen und Agenturen, Regionen, Kommunen, Unternehmen, Forscher sowie internationale Organisationen und Nicht­regierungsorganisationen.

Die Kommission wird mit diesen Interessengruppen und anderen in der Region tätigen Institutionen, Planungsstellen und zwischenstaatlichen Organisationen zusammenarbeiten, um ihre Aktivitäten gegebenenfalls an den Zielen der Strategie auszurichten und Koordinierungs­stellen für die geplanten Maßnahmen und Projekte zu bestimmen.

Bei der Umsetzung der Strategie sollte auf eine möglichst kohärente Erarbeitung, Umsetzung und Überwachung des dazugehörigen Aktionsplans geachtet werden.

SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die Kommission ist überzeugt, dass dieser Rahmen allen Ländern dabei helfen wird, unter Berücksichtigung ihrer maritimen Fähigkeiten, ihres Potenzials und dessen nachhaltiger Nutzung einen Beitrag zu den Zielen der Strategie Europa 2020 zu leisten. Darüber hinaus wird dieser Rahmen die europäische Integration und territoriale Zusammenarbeit unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips flexibel und integrativ voranbringen. Die Europäische Kommission wüsste gern, ob die dargelegten Schwerpunktbereiche die wichtigsten Themen abdecken, in denen eine verstärkte Zusammenarbeit einen Mehrwert bringen kann. Darüber hinaus ist die Europäische Kommission offen für Vorschläge für effiziente und flexible Strukturen zur Umsetzung der Strategie und des Aktionsplans sowie zur praktischen Anwendung von Maßnahmen. Deshalb bittet sie den Rat, das Europäische Parlament, den Ausschuss der Regionen und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, diese Mitteilung zu prüfen und zu unterstützen.

[1]                      Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, Kohäsionsfonds, Europäischer Sozialfonds, Europäischer Fischereifonds.

[2]                      Das künftige Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (Horizont 2020).

[3]                      Das Finanzierungsinstrument für die Umwelt.

[4]                      Europäischer Meeres- und Fischereifonds.

[5]                      Instrument für Heranführungshilfe.

[6]                      KOM(2010) 2020 endg.

[7]                      Für den Anwendungsbereich dieser Mitteilung wird die Definition der Internationalen Hydrographischen Organisation zugrunde gelegt, nach der die südliche Grenze des Ionischen Meeres auf der Linie zwischen Kap Tenaron und Capo Passero verläuft.

[8]                      Die AII ist eine durch die Erklärung von Ancona im Jahr 2000 ins Leben gerufene Initiative für regionale Zusammenarbeit. Serbien wurde als Nachfolger der Staatenunion Serbien und Montenegro AII-Mitglied.

[9]                      Erklärung der für die integrierte Meerespolitik zuständigen europäischen Minister und der Europäischen Kommission zu einer meerespolitischen Agenda für Wachstum und Beschäftigung (verabschiedet am 8. Oktober 2012).

[10]                    KOM(2009) 248 endg. und COM(2012) 128 final.

[11]                    KOM(2010) 715 endg.

[12]                    KOM(2011) 782 endg.

[13]                    COM(2012) 494 final vom 13. September 2012.

[14]                    Die Koordinierungsstelle des UNEP/MAP ist mit der Umsetzung des Übereinkommens zum Schutz des Mittelmeers und seiner Küstenregionen vor Verschmutzung beauftragt.

[15]                    z. B. das FP7-OCEAN-Projekt COCONET.

[16]                    ADRIAMOS.

[17]                    Integrierte Erstbewertung des Mittelmeers zur Erfüllung von Schritt 3 des Ökosystemansatzes.

[18]                    Ebenda.

[19]                    Subregionaler Notfallplan zur Vorbeugung von sowie zur Vorbereitung und Reaktion auf größere Meeresverschmutzungen in der Adria.

[20]                    Vessel Traffic Management Information System (Seeverkehrsmanagement- und -Informationssystem).

[21]                    Adriatic Traffic Reporting System (Seeverkehrsmeldesystem für die Adria).

[22]                    Wie Fangschutzzonen gemäß Artikel 19 der Mittelmeerverordnung, Fischereisperrgebiete im Rahmen der GFCM und besondere Schutzgebiete des Mittelmeers gemäß dem Übereinkommen von Barcelona.

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