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Document 52000DC0284

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Auf dem Weg zu einem Europa ohne Hindernisse für Menschen mit Behinderungen

/* KOM/2000/0284 endg. */

52000DC0284

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen - Auf dem Weg zu einem Europa ohne Hindernisse für Menschen mit Behinderungen /* KOM/2000/0284 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN - Auf dem Weg zu einem Europa ohne Hindernisse für Menschen mit Behinderungen

INHALTSVERZEICHNIS

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Auf dem Weg zu einem Europa ohne Hindernisse für Menschen mit Behinderungen

1. ZUSAMMENFASSUNG

2. EINLEITUNG - DIE BEHINDERTENTHEMATIK - EIN ANLIEGEN DER GEMEINSCHAFT

2.1. Ein neuer Ansatz in der Behindertenthematik

2.2. Einige wichtige Fortschritte

2.3. Neue Impulse

3. TEIL I: EIN WEGWEISER ZU EINEM GRÖSSEREN ZUSÄTZLICHEN NUTZEN AUF GEMEINSCHAFTSEBENE

3.1. Mehr Mobilität als ein Aspekt der Unionsbürgerschaft

3.2. Mehr Zugänglichkeit: Die intersektoralen Lücken müssen geschlossen werden

3.3. Nutzung der Informationsgesellschaft zum Wohl aller - Die eEurope-Initiative und die Behindertenthematik

3.4. Technologien zur Befähigung behinderter Menschen - Für eine intensivere Entwicklung des gemeinsamen Marktes für unterstützende Technologie

3.5. Schutz der Rechte und Interessen der behinderten Verbraucher auf dem Markt

4. TEIL II: POLITISCHE INSTRUMENTE FÜR EINEN GRÖSSEREN ZUSÄTZLICHEN NUTZEN AUF GEMEINSCHAFTSEBENE

4.1. Auslegung des Zahlenmaterials und richtige Einschätzung der Bedürfnisse

4.2. Konzipierung integrationsorientierter EU-Programme

4.3. Mit gutem Beispiel vorangehen

4.4. Anhörung von behinderten Menschen

4.5. Intensivierung der Koordinierung zwischen den Dienststellen der Kommission

5. TEIL III: PERSPEKTIVEN - SENSIBILISIERUNG, INTENSIVIERUNG DER ZUSAMMENARBEIT UND DYNAMISIERUNG

1. ZUSAMMENFASSUNG

Menschen mit Behinderungen sind anerkanntermassen eine der am stärksten benachteiligten Gruppe unserer Gesellschaft und sehen sich immer noch mit erheblichen Barrieren konfrontiert, die sie daran hindern, sich an sämtlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu beteiligen.

Entsprechend dem von der Europäischen Union vertretenen Ansatz in der Behindertenthematik stellen Umweltbarrieren ein grösseres Hindernis für eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben der Gesellschaft dar als Funktionsbeeinträchtigungen. Der Abbau von Hindernissen durch Rechtsvorschriften, universelles Design, Bereitstellung von Wohnmöglichkeiten usw. ist erwiesenermassen der Schlüssel zur Herstellung der Chancengleichheit für behinderte Menschen.

Die Zuständigkeit für diese Bereiche liegt zwar weiterhin bei den Mitgliedstaaten; gleichwohl besteht auch im Rahmen der derzeitigen Befugnisse der Gemeinschaft die Möglichkeit, einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung der Chancengleichheit für behinderte Menschen zu leisten und einen zusätzlichen Nutzen auf Gemeinschaftsebene zu erzielen.

Die Aufnahme in den Vertrag von Amsterdam eines Artikels über die Bekämpfung von Diskriminierungen, unter anderem aus Gründen einer Behinderung, bietet die Grundlage für einen entscheidenden Schritt nach vorn in der Förderung der Chancengleichheit von behinderten Menschen auf EU-Ebene. Aufgrund von Artikel 13 EG-Vertrag hat die Europäische Kommission am 26. November 1999 ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Diskriminierungen angenommen. Der für die Behindertenproblematik ausschlaggebende Teil dieses Pakets besteht aus einem Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Diskriminierungen aus den in Artikel 13 EG-Vertrag aufgeführten Gründen in den Bereichen Beschäftigung und Beruf sowie einem Aktionsprogramm mit einer breiten Palette von ergänzenden Maßnahmen.

Um die genannten Initiativen zu ergänzen und um dem Engagement der Regierungskonferenz nachzukommen, die Bedürfnisse von Behinderten bei der Ausarbeitung von Maßnahmen nach Artikel 95 des Vertrags zu berücksichtigen, wird in der vorliegenden Mitteilung ein Überblick über einige wichtige EU-Strategien gegeben, die zu einem verbesserten Zugang von Menschen mit Behinderungen beitragen können.

Obgleich in den meisten Gemeinschaftsbereichen behindertenrelevante Maßnahmen durchgeführt werden, legt diese Mitteilung den Schwerpunkt auf die EU-Politiken, denen eine besondere Bedeutung im Streben um eine 'Gesellschaft ohne Hindernisse' für behinderte Europäer zukommt. Insofern geht die Mitteilung besonders auf das Erreichen einer grösseren Synergie von zusammenhängenden Themen in den Bereichen Beschäftigung, allgemeine und berufliche Bildung, Transport, Binnenmarkt, Informationsgesellschaft, neue Technologien und Verbraucherpolitik ein.

Der Faktor ,Mobilität" spielt eine wesentliche Rolle bei der Sicherstellung der Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben; ist der Zugang für die behinderten Menschen nicht gewährleistet, so stellt dies - zum Nachteil aller - eine Beeinträchtigung des ihnen zustehenden Rechts auf Teilhabe dar. Die Kommission ist sich bereits seit geraumer Zeit der Tragweite dieser Problematik bewusst und prüft neue Wege, die es ermöglichen, den Bedürfnissen behinderter Menschen besser gerecht werden zu können. Die vorliegende Mitteilung hält allerdings auch fest, daß bei den Fortschritten im Bereich der Mobilität auf allen betroffenen Ebenen auf Kohärenz zu achten ist, damit das bestmögliche Ergebnis erzielt werden kann. Zudem hält sie fest, daß positive Entwicklungen bei der Verbesserung des Zugangs für behinderte Menschen sich günstig auf andere Bereiche auswirken können. Man denke hier nur an die Qualität des Arbeitslebens, den Verbraucherschutz und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Dementsprechend stellt die Kommission Verbindungen zwischen den wichtigen bereichsübergreifenden Strategien her und prüft, wie eine grössere Synergie erreicht werden kann.

Jüngste EU-Entwicklungen im Bereich der neuen Technologien, einschließlich der Initiative eEurope, werden ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, die Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, Funktionsbeeinträchtigungen zu überwinden, und ihnen somit mehr Chancen für eine uneingeschränkte Teilhabe einzuräumen. Die vorliegende Mitteilung weist darauf hin, daß der EU-Markt in diesem Bereich zersplittert und unterentwickelt ist, und zeigt einige Maßnahmen auf, die erforderlich wären, um einen echten gemeinsamen Markt zu entwickeln und das Angebot besser auf die Nachfrage abzustimmen.

Fundierte Kenntnisse, einschließlich zuverlässiger statistischer Daten zu dem Thema ,Behinderungen" und zu den Hindernissen für eine volle Teilhabe der behinderten Menschen an allen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens, sowie angemessene Koordinations- und Konsultationsverfahren werden als wesentlich für die Umsetzung dieser Mitteilung erachtet. Die Kommission wird im übrigen weiterhin die Entwicklung vorbildlicher Verfahren im eigenen Haus fördern.

Wenn das Ziel, die Chancengleichheit von behinderten europäischen Bürgern herzustellen, erreicht werden soll, dann müssen wir uns sowohl mit den umweltbedingten Barrieren als auch den negativen Einstellungen gegenüber dem Thema ,Behinderung" auseinandersetzen. Die Kommission wird daher dem Rat vorschlagen, das Jahr 2003 zum Europäischen Jahr der Behinderten Bürger auszurufen, um die Gesellschaft für die Behindertenthematik zu sensibilisieren und die Einführung von neuen einschlägigen Strategien auf allen Ebenen anzuregen. Ziel des Vorschlags ist es somit, das Konzept der Unionsbürgerschaft für behinderte Menschen zu festigen.

2. EINLEITUNG - DIE BEHINDERTENTHEMATIK - EIN ANLIEGEN DER GEMEINSCHAFT

2.1. Ein neuer Ansatz in der Behindertenthematik

Laut Schätzungen sind seit jeher konstant 10 % der Gesamtbevölkerung in der Europäischen Union unmittelbar von einer Behinderung betroffen, das sind derzeit etwa 37 Millionen Menschen. Menschen mit Behinderungen stellen keine homogene Gruppe dar; vielmehr gibt es eine grosse Vielfalt an Behinderungen und Problemen. Es gibt sichtbare oder unsichtbare, schwerwiegende oder leichte Behinderungen, Mehrfach- und Einzelbehinderungen, chronische und intermittierende Behinderungen. Zu den Behinderungsarten gehören motorische, psychische/kognitive Störungen, Hör-, Sprach- und Sehstörungen.

Menschen mit Behinderungen sind anerkanntermassen eine der am stärksten benachteiligten Gruppen unserer Gesellschaft und sehen sich immer noch mit erheblichen Barrieren konfrontiert, die sie daran hindern, sich an sämtlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu beteiligen. Zu den systemimmanenten Schranken, die oft die Hauptursachen für die Ausgrenzung behinderter Menschen sind, gehören u. a. der Mangel an erschwinglichen Transportmöglichkeiten, beschränkte Möglichkeiten der allgemeinen und beruflichen Bildung, mangelnde Hilfsmittel und zahlreiche Hemmnisse im sozialen und wirtschaftlichen Bereich. Bei Frauen mit Behinderungen verschärfen sich noch die Probleme.

Entsprechend der auf internationaler Ebene, insbesondere durch die Resolution der Vereinten Nationen mit dem Titel ,Rahmenbestimmungen für die Herstellung der Chancengleichheit für Behinderte" aus dem Jahre 1993 befürworteten neuen Behindertenpolitik hängt die Fähigkeit des einzelnen, seine Rolle in der Gesellschaft wahrzunehmen und beschäftigt zu werden, genauso viel von der Bereitschaft der Gesellschaft ab, Menschen, die anders sind, zu berücksichtigen wie von den besonderen Funktionsbeeinträchtigungen, die einen Menschen als ,behindert" kennzeichnen. Umweltbarrieren stellen ein grösseres Hindernis für eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben der Gesellschaft dar als Funktionsbeeinträchtigungen. Der Abbau von Hindernissen durch Rechtsvorschriften, universelles Design, Bereitstellung von Wohnmöglichkeiten usw. ist anerkanntermassen der Schlüssel zur Herstellung der Chancengleichheit für behinderte Menschen.

Gemäß den Rahmenbestimmungen nahm die Kommission ihre Mitteilung ,Chancengleichheit für behinderte Menschen - Eine neue Strategie der Europäischen Gemeinschaft in der Behindertenthematik" [1] an.

[1] KOM(96) 406 endg.

Diese fand ihre politische Bestätigung in einer Entschließung des Rates und der Mitgliedstaaten vom Dezember 1996 [2]. Die Verantwortung für diesen Bereich liegt zwar bei den Mitgliedstaaten, doch entsprechend der Entschließung kann die Europäische Gemeinschaft ihrerseits einen signifikanten Beitrag leisten, indem sie die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten fördert und den Austausch und die Entwicklung beispielhafter Praktiken in der Gemeinschaft und im Rahmen der Politiken und Tätigkeiten der Gemeinschaftsorgane und -institutionen selbst unterstützt.

[2] ABl. C 12 vom 13.01.1997.

In seiner Entschließung zu der Mitteilung der Kommission begrüsste auch das Europäische Parlament den neuen Ansatz der Kommission und forderte sie auf, im Rahmen ihres Mainstreaming-Konzepts aktive Maßnahmen zu ergreifen, um den Menschen mit Behinderungen die Beteiligung an allen einschlägigen Gemeinschaftsprogrammen zu ermöglichen.

2.2. Einige wichtige Fortschritte

Auf der Grundlage der genannten Entschließungen hat die Kommission intensiv mit dem Parlament, den Mitgliedstaaten und den Nichtregierungsorganisationen zusammengearbeitet, um die Kooperation in der Behindertenthematik zu fördern. Es wurden verschiedene Gemeinschaftsinitiativen zur Förderung der Chancengleichheit von behinderten Menschen ergriffen. Nachstehend eine Auswahl der wichtigsten bislang durchgeführten Maßnahmen:

Seit der Annahme der Europäischen Beschäftigungsstrategie im Jahr 1997 sind die behindertenspezifische Fragen fester Bestandteil der jährlichen Leitlinien des Rates. In den nationalen beschäftigungspolitischen Aktionsplänen sind bemerkenswerte Anstrengungen zur Verbesserung der Beschäftigungsaussichten und Qualifikationen von behinderten Menschen vorgesehen, da diese eine der Zielgruppen sind, die den grössten Nutzen aus einem präventiven Ansatz und aus Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit ziehen können. Zur Untermauerung dieser wichtigen politischen Entwicklungen unterstützt die Kommission die laufenden Forschungsarbeiten und Diskussionen mit den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern und den Nichtregierungsorganisationen über neue Tendenzen, Konzepte und innovative Strategien und Verfahren, die sich in diesem Bereich herausbilden. 1998 wurde ausserdem ein Dokument der Kommission mit dem Titel ,Das Beschäftigungsniveau von Menschen mit Behinderungen anheben - Eine gemeinsame Herausforderung" [3] veröffentlicht, das darauf abzielt, einige gemeinsame Empfehlungen festzuhalten und Bereiche aufzuzeigen, in denen weitere Maßnahmen ergriffen werden könnten. Auf der Grundlage dieses Dokuments nahm der Rat am 17. Juni 1999 eine von der deutschen Präsidentschaft vorgelegte Entschließung [4] betreffend gleiche Beschäftigungschancen für behinderte Menschen an. Die Kommission beabsichtigt, den Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von behinderten Menschen im gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2000 besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

[3] SEK(1998) 1550.

[4] ABl. C 186 vom 02.07.1999.

In einer aktuellen Mitteilung der Kommission vom 4. Februar 2000 mit dem Titel ,Strategien für Beschäftigung in der Informationsgesellschaft" (KOM (2000) 48), die eine Unterstützung der Europäischen Beschäftigungsstrategie und der Initiative eEurope darstellt, befasst sich die Kommission gezielt mit der Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von behinderten Menschen und legt den Unternehmen der Informationsgesellschaft nahe, ab dem Jahr 2000 die Anwendung von Standards für eine benutzerfreundliche Ausstattung sicherzustellen.

Während des Programmplanungszeitraums 1994-1999 des Europäischen Sozialfonds, des Hauptinstruments der EU zur finanziellen Unterstützung von Menschen mit Behinderungen, haben die Mitgliedstaaten beachtliche Mittel zur Förderung der Beschäftigungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen vorgesehen. Unterstützt wird eine breite Palette von Maßnahmen, u. a. Lohnzuschüsse für Praktika, Arbeitserfahrungsprogramme, Zeitarbeit in beschützenden Werkstätten und andere befristete Arbeitsmarktmaßnahmen, selbständige Tätigkeit und Aufbau von Genossenschaften für Menschen mit geistigen und schweren körperlichen Behinderungen. Im neuen Programmplanungszeitraum (2000-2006) sollen die Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit den beschäftigungspolitischen Leitlinien eine Vielzahl von Initiativen ergreifen, die vor allem für die behinderten Menschen von Belang sind, insbesondere in den Bereichen Beschäftigungsfähigkeit und Chancengleichheit für alle.

Finanzielle Unterstützung wird auch im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EMPLOYMENT gewährt, um jenen zu helfen, die besondere Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz oder einen geeigneten Beruf zu finden oder zu behalten. Einer der vier Bereiche dieser Initiative, HORIZON, gewährt speziell Menschen mit Behinderungen Unterstützung, wobei die Art der Behinderung von physischen bis zu psychischen Schädigungen und zerebraler Lähmung reicht. Insgesamt sind es 1700 Projekte, die ESF-Mittel im Rahmen von HORIZON erhielten bzw. erhalten. Die Initiative zielt darauf ab, neue Wege zur Lösung der Probleme zu entwickeln, mit denen die Menschen auf dem sich ständig wandelnden heutigen Arbeitsmarkt konfrontiert sind, und positive Änderungen der Ausbildungs- und Beschäftigungskonzepte und -praktiken herbeizuführen.

Auf Ersuchen der Kommission haben die Sozialpartner auf EU-Ebene ein Kompendium vorbildlicher Verfahren für die Beschäftigung von behinderten Menschen erstellt, das dem Europäischen Rat von Wien im Dezember 1998 vorgelegt wurde. Darüber hinaus nahmen sie am 19. Mai 1999 eine gemeinsame Erklärung an, in der auf die Förderung der Beschäftigung von behinderten Menschen als ein positiver Faktor für Unternehmen verwiesen wird.

1998 nahmen die Europäischen Institutionen zudem einen Verhaltenskodex an, der eine eindeutige Aussage zur Politik der europäischen Institutionen auf dem Gebiet der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen enthält, und erstellten einen diesbezueglichen Leitfaden für die Generaldirektionen und Dienststellen an.

Bei der Technologie-Initiative der Gemeinschaft für Behinderte und ältere Menschen (TIDE) (1991-1994), die eine Pilotphase und eine sogenannte Brückenphase umfasste, standen die gemeinschaftsweite Förderung und Anwendung der Technologie im Vordergrund. Im Zeitraum von 1991 bis 1994 stellte die Europäische Kommission Mittel in Höhe von insgesamt 52 Mio. ECU für diese Initiative bereit.

Eine beachtliche Anzahl von Projekten, die sich mit den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen befassten, wurde überdies im Rahmen verschiedener Mainstream-Programme und -Initiativen wie z. B. Sokrates, Leonardo da Vinci, Gesundheitsförderung, Daphne, Prince, Phare und Tacis unterstützt.

Die Zusammenarbeit mit und zwischen den Mitgliedstaaten ist insbesondere durch die Einsetzung einer Gruppe hochrangiger Vertreter der Mitgliedstaaten intensiviert worden. Es hat sich herausgestellt, daß diese Gruppe eine nützliche Plattform ist, um gemeinsame Zielvorstellungen abzustecken und zu formulieren, Beispiele vorbildlicher Verfahren aufzuzeigen und Informationen und Erfahrungen über Behindertenpolitik zwischen den Mitgliedstaaten auszutauschen.

Auf der Grundlage der Errungenschaften des Dritten Aktionsprogramms der Gemeinschaft zur Förderung der Chancengleichheit und Integration Behinderter - HELIOS II - (1993-1996) hat die Kommission die Beziehungen zu den im Bereich der Behindertenthematik tätigen NRO verstärkt und unterstützt das Europäische Behindertenforum, mit dem sie enge und regelmässige Kontakte pflegt.

2.3. Neue Impulse

Auch wenn bereits vieles erreicht wurde, ist sich die Kommission doch bewusst, daß noch viel zu tun bleibt, um das Ziel der uneingeschränkten Teilhabe und des gleichberechtigten Zugangs für Menschen mit Behinderungen zu erreichen.

Die Aufnahme eines Artikels über die Bekämpfung von Diskriminierungen, unter anderem aus Gründen einer Behinderung, in den Vertrag von Amsterdam bietet die Grundlage für einen entscheidenden Schritt nach vorn. Aufgrund von Artikel 13 EG-Vertrag hat die Europäische Kommission am 26. November 1999 ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Diskriminierungen [5] angenommen. Der für die Behindertenproblematik ausschlaggebende Teil dieses Pakets besteht aus einem Vorschlag für eine Richtlinie zur Bekämpfung von Diskriminierungen aus den in Artikel 13 EG-Vertrag aufgeführten Gründen in den Bereichen Beschäftigung und Beruf sowie einem Aktionsprogramm mit einer breiten Palette von ergänzenden Maßnahmen. Aufgegriffen wird das Problem der Diskriminierung von behinderten Menschen auf dem Arbeitsmarkt ausserdem in der neuen Gemeinschaftsinitiative EQUAL (2000-2006), die auf eine grenzueberschreitende Zusammenarbeit abzielt, um neue Möglichkeiten zur Bekämpfung jeglicher Form von Diskriminierung und Ungleichbehandlung in Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt zu fördern.

[5] KOM(99) 564 endg.

Die Annahme von Instrumenten zur Bekämpfung von Diskriminierungen ist allerdings nur ein Teil einer umfassenden Strategie zur Förderung des gleichberechtigten Zugangs von behinderten Menschen. So nahm denn auch die Regierungskonferenz von Amsterdam, die über den neuen Artikel 13 hinaus den behinderten Menschen eine verbindliche Garantie einräumen wollte, in die Schlussakte die Erklärung 22 auf, entsprechend der die Organe der Gemeinschaft bei der Ausarbeitung von Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten den Bedürfnissen von Personen mit einer Behinderung Rechnung tragen müssen. Mit der Annahme dieser Erklärung machte die Konferenz deutlich, daß auf EU-Ebene umfassendere Normen angenommen werden müssen, die die allgemeinen Konzepte der Nichtdiskriminierung und des gleichberechtigten Zugangs in den Prozeß zur Vollendung des Binnenmarkts einfließen lassen.

Um die Initiativen zur Bekämpfung von Diskriminierungen zu ergänzen und der durch die Regierungskonferenz eingegangenen Verpflichtung nachzukommen, hat die Kommission beschlossen, ihren rechtlich begründeten Ansatz in der Behindertenthematik zu intensivieren und zu diesem Zweck einige strategische Vorgehensweisen und Schlüsselaktionen zur Förderung einer stärker integrationsorientierten Politik der Europäischen Union aufzuzeigen. Die vorliegende Mitteilung ist daher vorrangig auf die EU-Politiken ausgerichtet, die für einen erfolgreichen Abbau der ,Zugangsbarrieren" für behinderte Menschen ausschlaggebend sein dürften. Insofern liegt der Schwerpunkt besonders auf dem Erreichen einer grösseren Synergie von verwandten Themen in den Bereichen Beschäftigung, allgemeine und berufliche Bildung, Transport, Binnenmarkt, Informationsgesellschaft, neue Technologien und Verbraucherpolitik.

Diese Mitteilung basiert somit auf der Tatsache, daß die Zuständigkeit für die Behindertenpolitik weiterhin bei den Mitgliedstaaten liegt, da sich die Maßnahmen der Gemeinschaft angesichts der derzeitigen Reichweite ihrer Befugnisse auf eine begrenzte Anzahl von Bereichen beschränken. Gleichwohl belegt die Mitteilung, daß auch im Rahmen der derzeitigen Befugnisse der Gemeinschaft eindeutig die Möglichkeit besteht, einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung der Chancengleichheit für behinderte Menschen zu leisten.

Es sei noch darauf hingewiesen, daß diese Mitteilung nicht nur eine Aufstellung bestimmter Zielvorgaben oder Maßnahmen liefern, sondern auch als strategisches Instrument dienen soll, um das Gesamtkonzept der Kommission in der Behindertenthematik gemäß den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung und der Integration neu auszugestalten.

3. TEIL I: EIN WEGWEISER ZU EINEM GRÖSSEREN ZUSÄTZLICHEN NUTZEN AUF GEMEINSCHAFTSEBENE

3.1. Mehr Mobilität als ein Aspekt der Unionsbürgerschaft

In unserer modernen Gesellschaft ist es unmöglich, auf sinnvolle Weise in das soziale oder wirtschaftliche Geschehen eingebunden zu werden, wenn man sich nicht ungehindert fortbewegen kann, sei es für berufliche Zwecke oder für Freizeitaktivitäten. Mobilität als solche sollte nicht schlicht als Annehmlichkeit oder gar als soziale bzw. wirtschaftliche Notwendigkeit angesehen werden, sondern - vorbehaltlich vernünftiger wirtschaftlicher und technischer Einschränkungen - als ein Recht, das jedem zusteht.

Dies gilt in verstärktem Masse für Personen mit eingeschränkter Mobilität, deren Teilhabe an allen sozialen, kommerziellen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Aktivitäten davon abhängt, inwieweit ihre Mobilitätsprobleme gelöst sind. Diese Problematik betrifft in dieser Art die anderen Menschen nicht. Man ist sich allerdings weitgehend einig darüber, daß verbesserte Transportmöglichkeiten für behinderte Menschen auch zur Verwirklichung breitgefassterer Zielvorgaben beitragen würden wie etwa der Verbesserung des öffentlichen Personenverkehrs, der Reduzierung der Verkehrsüberlastung, der Verminderung der sozialen Ausgrenzung und - soweit wie möglich - der Aufrechterhaltung der Mobilität und Integration der Menschen innerhalb der Gemeinschaft.

Die Europäische Union ist sich bereits seit geraumer Zeit der Problematik bewusst. 1993 nahm die Kommission ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Verbesserung der Zugänglichkeit öffentlicher Verkehrsmittel [6] an, das darauf abzielt, Personen mit eingeschränkter Mobilität die Inanspruchnahme des Verkehrssystems zu erleichtern. Das Programm umfasste eine Reihe von Gemeinschaftsmaßnahmen in bezug auf technische Normen für Verkehrsmittel und Verkehrsinfrastruktur sowie in bezug auf die Förderung der Zusammenarbeit bei Informationsprogrammen und die Koordination von Forschungsprogrammen.

[6] KOM(93) 433 endg.

1997 nahm die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als 8 Sitzplätzen ausser dem Fahrersitz (Omnibusse und Reisebusse) [7] an, der u. a. festlegt, daß Fahrzeuge, die für den städtischen Linienverkehr bestimmt sind, für in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen, einschließlich Rollstuhlfahrern, zugänglich sein müssen. Der Richtlinienentwurf enthält technische Vorschriften für die Zugänglichkeit von Fahrzeugen, die für den städtischen Linienverkehr bestimmt sind. Gleichzeitig wird anerkannt, daß die Zugänglichkeit von für den Überlandlinienverkehr bestimmten Fahrzeugen zu gewährleisten ist.

[7] KOM(97) 276 endg.

Im Rahmen verschiedener EU-Forschungsprogramme ist den Bedürfnissen von in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen ebenfalls besondere Aufmerksamkeit geschenkt worden. Die Forschungsarbeiten umfassten u. a. Projekte, die sich mit den Problemen in Zusammenhang mit Niederflurbussen befassten, mit der Entwicklung von städtischen Verkehrssystemen, die den Bedürfnissen von in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen Rechnung tragen, sowie mit Untersuchungen über Einrichtungen für Fahrgäste und die Zugänglichkeit von Zuegen.

Die Kommission beabsichtigt, auf der Grundlage dieser Arbeiten die Bemühungen der EU zur Verbesserung der Mobilität von Menschen mit Behinderungen in folgenden Bereichen zu intensivieren:

-Verbesserung der Dienstleistungen: in Ergänzung zu dem Entwurf einer Richtlinie über Busse und Reisebusse wird die Kommission Leitlinien für die behindertengerechte Gestaltung von öffentlichen Verkehrsmitteln und sämtlichen Verkehrsinfrastrukturen erstellen.

-Zugang zum Eisenbahnverkehr: die Kommission wird sich bemühen, einige der Empfehlungen des COST-Projekts 335 über die Zugänglichkeit von schienengebundenen Verkehrsmitteln umzusetzen und insbesondere einen Entwurf für technische Beschreibungen für die Interoperabilität im Rahmen der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über die Interoperabilität des transeuropäischen Eisenbahnsystems ausarbeiten.

-Flugverkehr: obwohl die Flughäfen und Luftfahrtunternehmen, insbesondere auf Aufforderung von ACI und IATA, ernsthafte Anstrengungen unternommen haben, um den Normen und empfohlenen Verfahren der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) und denjenigen der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz zu entsprechen, sind Flugreisen in Europa für behinderte Personen weiterhin problematisch, entweder wegen mangelnder Vorrichtungen oder wegen Nichtbeförderung. Die Kommission wird prüfen, welche Maßnahmen im Rahmen der von ihr ins Auge gefassten Strategie zur Verbesserung der Fluggastrechte erforderlich sind, einschließlich der Förderung bewährter Verfahren in Zusammenarbeit mit dem Sektor und den Benutzern.

-Schiffahrt: im Juni 1991 nahm die Internationale Seeschiffahrtsorganisation (IMO) die Empfehlung ,Recommendation on the design and operation of passenger ships to respond to elderly and disabled persons' needs" an. Die Kommission setzt diese Empfehlung und die Ergebnisse des Handiami-Projekts (Untersuchung der Probleme behinderter Fahrgäste beim Zugang zu Schiffen und in Notsituationen sowie der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen in der Seeschiffahrt) um. So enthält z. B. die Richtlinie 1999/35/EG des Rates vom 29. April 1999 über ein System verbindlicher Überprüfungen im Hinblick auf den sicheren Betrieb von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Linienverkehr [8] folgende Bestimmung: ,Die Unternehmen stellen sicher, daß an Bord ihrer Ro-Ro-Fahrgastschiffe und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge den Fahrgästen allgemeine Informationen über die für ältere und behinderte Personen vorgesehenen Dienste und Hilfsmaßnahmen in einem Format zur Verfügung gestellt werden, das auch für Personen mit Sehschwäche geeignet ist."

[8] ABl. L 138 vom 01.06.1999.

-Integrationsorientierte transeuropäische Netze: Entsprechend den gemeinschaftlichen Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN) [9] soll das Netz u. a. in einem Raum ohne Binnengrenzen einen auf Dauer tragbaren Personen- und Güterverkehr unter möglichst sozialverträglichen und sicherheitsorientierten Bedingungen sicherstellen und den Benutzern eine qualitativ hochwertige Infrastruktur zu möglichst vertretbaren wirtschaftlichen Bedingungen anbieten. Diese Zielvorgabe gilt zwar auch für behinderte Menschen, es gibt jedoch keine besonderen Bestimmungen, die den uneingeschränkten Zugang für behinderte Menschen vorschreiben. Die Entscheidung, Verkehrsinfrastrukturprojekte durchzuführen, liegt - einschließlich der Auswahl technischer Normen - in erster Linie im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Im Zuge der Überarbeitung der Leitlinien für das transeuropäische Verkehrsnetz können die Mitgliedstaaten darauf hingewiesen werden, daß im Hinblick auf zukünftige Qualitätsnormen der Netzzugang für Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit verbessert werden muß.

[9] Entscheidung Nr. 1692/96/EG vom 23. Juli 1996 (ABl. L 228 vom 09.09.1996).

-Mainstreaming bei künftigen Forschungsarbeiten: die Problematik der Zugänglichkeit wird im 5. Rahmenprogramm für Forschung berücksichtigt werden, insbesondere bei der Leitaktion im Bereich der Forschung der Verkehrsinfrastrukturen und ihrer Schnittstellen zu Verkehrsmitteln und -systemen, der nachhaltigen Mobilität und Intermodalität sowie der Systeme und Dienstleistungen für den Bürger.

-Förderung vorbildlicher Verfahren: mit dem Internationalen Verband für öffentliches Verkehrswesen (UITP) und dem POLIS-Netzwerk lokaler und regionaler Behörden hat die Kommission einen Europäischen Informationsdienst für den Lokalverkehr (ELTIS) eingerichtet. Es handelt sich um eine Online-Datenbank vorbildlicher Verfahren im Lokal- und Regionalverkehr mit Fallstudien von für in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen zugänglichen Verkehrsmitteln. Betreiber und Behörden können auch ihre eigenen Fallstudien beisteuern. Die Kommission wird weiterhin den europaweiten Austausch von Know-how und vorbildlichen Verfahren sowie von Erkenntnissen über den neuesten Stand der Technik fördern und die Bedürfnisse von in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkten Menschen in ihren einschlägigen Mainstream-Projekten berücksichtigen.

-Förderung der gegenseitigen Anerkennung: Seit der Annahme der Empfehlung des Rates vom Juni 1998 betreffend einen Parkausweis für behinderte Menschen [10] erkennen die Mitgliedstaaten gegenseitig die Parkerleichterungen für behinderte Menschen an. Die Kommission wird prüfen, wie dieser Ansatz auf vergleichbare Bereiche übertragen werden kann.

[10] ABl. L 167 vom 12.06.1998.

3.2. Mehr Zugänglichkeit: Die intersektoralen Lücken müssen geschlossen werden

Es reicht nicht aus, die Verkehrsmittel und -informationen zugänglicher zu gestalten; vielmehr muß die gesamte Transportkette einer eingehenden Überprüfung unterzogen werden. Zugängliche Busse und Zuege nutzen nur wenig, wenn Personen mit eingeschränkter Beweglichkeit die Haltestelle bzw. den Bahnhof nicht erreichen oder sie den Fahrkartenautomat nicht benutzen können. Zur Schließung derartiger Lücken muß ein Rahmen geschaffen werden, der es ermöglicht, die Zugangsproblematik unter Berücksichtigung der Aspekte Verkehrssysteme, Gebäude und sonstige öffentlich zugängliche Orte anzugehen. Ein solcher Rahmen setzt natürlich eine engere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen politischen und administrativen Ebenen voraus.

Dies trifft auch auf EU-Ebene zu, wo zahlreiche politische Bereiche (Industrie, Informationsgesellschaft, sozialer Zusammenhalt und Regionalentwicklung, Umwelt, Transport, Sozialpolitik sowie Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz) die Problematik der Zugänglichkeit beeinflussen. Bestimmte Aspekte der Mobilitätskette werden bereits durch EU-Rechtsvorschriften, wie z. B. die Rahmenrichtlinie 89/391/EWG [11], geregelt, die festlegt, daß der Arbeitgeber den Arbeitsplatz an die Bedürfnisse behinderter Arbeitnehmer anzupassen hat. Was einen anderen Bereich betrifft, so enthält die Richtlinie 95/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 1995 [12] Bestimmungen betreffend den Zugang für behinderte Menschen zu neuen Aufzuegen und die Empfehlung der Kommission vom 8. Juni 1995 [13] hält verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und Zugänglichkeit von bestehenden Aufzuegen fest.

[11] ABl. L 183 vom 29.06.1989.

[12] ABl. L 213 vom 07.09.1995.

[13] ABl. L 134 vom 20.06.1995.

Nach Auffassung der Kommission sollte die Europäische Union die Zugänglichkeit im Rahmen einer koordinierten Politik in verschiedenen Betätigungsfeldern fördern. Auf diese Weise könnte sie zu einer Verbesserung der Qualität des Berufslebens, des Verbraucherschutzes und der Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Industrie beitragen. Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung von behinderten Menschen werden nämlich nur dann greifen, wenn sie durch wirksame Aktionen zur Verringerung und - wenn möglich - zur völligen Beseitigung von Zugangsproblemen flankiert werden.

Überdies ist eine gute und sichere Arbeitsumwelt - ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor der Unternehmen - auch im Hinblick auf den Gesundheitsschutz und die Wahrung der Arbeitsfähigkeit wichtig für den einzelnen. Gleichzeitig ist das Geschäft mit der Zugänglichkeit für den gesamten Sektor der kommerziellen Dienstleistungen für die Öffentlichkeit lukrativ: man denke hier nur an die Branche des Fremdenverkehrs, wo Hotels, Ferienanlagen und interessante Stätten, die für behinderte und ältere Menschen zugänglich sind, die einzige Option für eine bedeutende und ständig wachsende Zahl von Kunden darstellen. Im übrigen sind - ähnlich wie im Transportsektor - leichte Zugänglichkeit und Benutzerfreundlichkeit wirksame Faktoren zur Vermeidung von Müdigkeit und Unfällen.

Schließlich trägt die Harmonisierung von Bauvorschriften zur Gewährleistung der Zugänglichkeit und Sicherheit entscheidend zur Förderung eines europaweiten Marktes für ein breites Spektrum von Erzeugnissen und Dienstleistungen bei.

-In Absprache mit der Industrie und den Benutzern wird die Kommission die Bereiche ermitteln, in denen es angebracht wäre, verpflichtende EU-Zugänglichkeitsnormen für die bauliche Umwelt vorzuschreiben.

-Zahlreiche neue Transport- und Infrastrukturprojekte werden mit der finanziellen Unterstützung der EU geplant oder durchgeführt, und zwar insbesondere im Rahmen der transeuropäischen Netze und der Strukturfonds. Da die Lebensdauer von Verkehrsmitteln und -infrastrukturen extrem lang sein kann, ist es äusserst wichtig, von Anfang an die Anforderungen in puncto Zugänglichkeit zu berücksichtigen. Die Kommission wird darauf drängen, daß bei Projekten, für die EU-Mittel bereitgestellt werden, die Zugänglichkeitsanforderungen entsprechend den gültigen Normen oder anerkannten vorbildlichen Verfahren in die planerischen und baulichen Maßnahmen einbezogen werden.

-Die Kommission wird mit ihrer Marktstärke versuchen, die kommerzielle Baubranche zur Anwendung vorbildlicher Verfahren im Bereich der Zugänglichkeitsnormen zu bewegen, und sie wird alle öffentlichen Behörden in Europa auffordern, in diesem Sinne zu agieren.

-Auf der Grundlage ihrer eigenen Bewertungen und der von den Mitgliedstaaten vorzulegenden Berichte wird die Kommission prüfen, inwiefern die in der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG festgelegte behindertenrelevante Anforderung umgesetzt wird. Beurteilt werden sollen ferner die Einhaltung der Anforderung am Arbeitsplatz und die entsprechenden Durchsetzungsbemühungen.

-Die Kommission wird eine Datenbank mit Hinweisen auf bewährte Verfahren und Methoden für die Verbesserung des Managements am Arbeitsplatz für behinderte Mitarbeiter einrichten. Dazu werden moderne elektronische Informationsmittel eingesetzt, die den Unternehmen und deren Partnern bei der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz den Zugriff erleichtern.

-Die Kommission wird prüfen, wie auf EU-Ebene Maßnahmen gefördert werden können, die sicherstellen, daß Architekten, Bauingenieure und andere Personen, die durch ihre planerische und bauliche Tätigkeit die Umwelt mitgestalten, Zugang zu entsprechenden Informationen über Behindertenpolitik und über Maßnahmen zur Schaffung einer zugänglichen Umwelt erhalten.

-Im Zuge des 5. Rahmenprogramms werden neue Wege zur Förderung eines universellen behindertengerechten Designs erforscht, z. B. Wohnungen, die während des ganzen Lebensverlaufs leicht angepasst werden können und unterschiedlichen Bedürfnissen in puncto Zugänglichkeit gerecht werden.

3.3. Nutzung der Informationsgesellschaft zum Wohl aller - Die Europe-Initiative und die Behindertenthematik

Die Problematik der Zugänglichkeit ist auch im Kontext der Informationsgesellschaft von ausschlaggebender Bedeutung. Die technologischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien, können ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Allerdings können sich behinderte Menschen mit zusätzlichen Hindernissen konfrontiert sehen.

In diesem Zusammenhang hat die Europäische Union bereits verschiedene Initiativen ins Leben gerufen, um sicherzustellen, daß die Informationsgesellschaft für jeden, einschließlich der behinderten Menschen, von Nutzen ist. Veranschaulicht wird dies durch die Mitteilung der Kommission über ,Die soziale und arbeitsmarktspezifische Dimension der Informationsgesellschaft - Im Vordergrund der Mensch - Die nächsten Schritte" [14], die gezielte Maßnahmen zur Maximierung des Beitrages aufzeigen soll, den die Informationsgesellschaft zur Förderung von Beschäftigung und Integration leisten kann.

[14] KOM(97) 390.

Zu den weiteren einschlägigen Initiativen gehört die Richtlinie 98/10/EG über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld [15], entsprechend der die Mitgliedstaaten gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zu treffen haben, um den Zugang zu und die Erschwinglichkeit von allen festen öffentlichen Telefondiensten für behinderte Nutzer und Nutzer mit speziellen sozialen Bedürfnissen zu gewährleisten. Eine jüngere Initiative ist die am 9. März 1999 vom Rat und vom Europäischen Parlament angenommene Richtlinie 1999/5/EG über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen [16], gemäß welcher die Kommission u. a. festlegen kann, daß Geräte in bestimmten Geräteklassen oder bestimmte Gerätetypen so hergestellt sein müssen, daß sie bestimmte Funktionen unterstützen, damit sie von behinderten Benutzern leichter genutzt werden können.

[15] ABl. L 101 vom 01.04.1998.

[16] ABl. L 091 vom 07.04.1999.

Im Rahmen der Normungspolitik für die europäische Informationsgesellschaft hat die Kommission darüber hinaus den europäischen Normungsorganisationen CEN, CENELEC und ETSI (Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen) einen Normungsauftrag erteilt und sie aufgefordert, den spezifischen Normungsbedarf zur Unterstützung einer besseren Integration von älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen in die Informationsgesellschaft zu ermitteln (siehe http://www.cenorm.be/ißs/Workshop/Design-for-All/Default.htm).

Die Forschungsarbeiten im Rahmen des 5. FTE-Rahmenprogramms [17] befassen sich insbesondere mit Mensch/System-Schnittstellen sowie anpassungsfähigen und unterstützenden Systemen zur Überwindung der Probleme, die sich durch umweltbedingte Barrieren für Personen mit körperlicher und/oder geistiger Behinderung ergeben, sowie mit intelligenten Systemen und Diensten zur Förderung der Eigenständigkeit und sozialen Integration sowie der Teilnahme von Personen mit besonderen Bedürfnissen an der Informationsgesellschaft. Die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission ist ebenfalls auf dem Gebiet der Forschung in Zusammenhang mit einer Anzahl von neuen Technologien tätig; genannt seien hier die Anwendung von Systemen zur Umwandlung von Stimme in Text für Gehörlose, Mensch/Maschine-Schnittstellen am Arbeitsplatz und der Internet-Zugang für behinderte Menschen.

[17] Beschluß Nr. 182/1999/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Dezember 1998, ABl. L 026 vom 01.02.1999.

Am 8. Dezember 1999 leitete die Europäische Kommission eine Initiative mit der Bezeichnung ,eEurope - Eine Informationsgesellschaft für alle" ein, die das ehrgeizige Ziel verfolgt, den Nutzen der Informationsgesellschaft allen europäischen Bürgern zugänglich zu machen. Die Initiative hat zehn Schwerpunkte, von denen einer spezifisch den Bedürfnissen behinderter Menschen gewidmet ist. Zu den in der Mitteilung zur Verbesserung des Zugangs zur Informationsgesellschaft für behinderte Menschen festgehaltenen Zielvorgaben gehören folgende:

-Die einschlägigen Rechtsvorschriften und Normungsprogramme im Zusammenhang mit der Informationsgesellschaft sind zu überprüfen, um sicherzustellen, daß sie dem Grundsatz der Zugänglichkeit Rechnung tragen, und um die Normungsverfahren zu beschleunigen.

-Die Kommission wird eine Mitteilung darüber vorbereiten, wie die öffentlichen Beschaffungsinstrumente die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen bei der Beschaffung von IuK-Produkten und -Dienstleistungen berücksichtigen können.

-Die Europäischen Institutionen und die Mitgliedstaaten sollten die vorhandenen Leitlinien der Web-Zugangsinitiative (WAI) beachten und die Gestaltung sowie den Inhalt aller öffentlichen Web-Sites für Menschen mit Behinderungen zugänglich machen (http://www.w3.org/tr/wai-webcontent). Öffentlich-private Partnerschaften sollten gefördert werden, um einen breiten Web-Zugang zu gewährleisten.

-Die Kommission wird ein Europäisches Netzwerk einrichten, um die (physische oder virtülle) Interaktion zwischen den nationalen Spitzenforschungszentren zu fördern und die Entwicklung von Ausbildungsgängen in ,Design-for-All" für Entwickler und Ingenieure voranzutreiben.

3.4. Technologien zur Befähigung behinderter Menschen - Für eine intensivere Entwicklung des gemeinsamen Marktes für unterstützende Technologie

Die Förderung des Konzepts des ,Design-for-all" oder der ,Planung und Gestaltung für alle" soll in Technologien, Produkte und Dienstleistungen münden, die den Bedürfnissen der meisten Verbraucher entsprechen, auch denjenigen einer Vielzahl behinderter Menschen. Gleichwohl wird man mit der Planung und Gestaltung für den breiten Durchschnitt nicht immer den Ansprüchen der Menschen genügen können, die schwerbehindert sind oder ganz besondere Bedürfnisse haben. Der Zugang zu den technologischen Errungenschaften kann diesen Verbrauchern am ehesten auf eine andere Art und Weise ermöglicht werden, nämlich durch die Planung und Gestaltung spezifischer Produkte und Dienstleistungen oder - in vielen Fällen - die Anpassung oder Koppelung (,interfacing") bestehender Produkte und Dienstleistungen an besondere Anforderungen. Diese Technologie, die auf spezifischen Produkten und Dienstleistungen für ältere und behinderte Menschen beruht, wird oft unterstützende Technologie genannt.

Schon heute besteht ein beachtlicher Markt für diese Produkte und Dienstleistungen, der jedoch aufgrund der demographischen Entwicklung enorm wachsen dürfte. Laut Schätzungen kauften behinderte und ältere Verbraucher 1990 behinderten- und seniorengerechte Erzeugnisse und Dienstleistungen im Wert von 326 Milliarden ECU. Der Markt für Sonderprodukte und -dienstleistungen macht derzeit schätzungsweise 10 Milliarden Euro aus und wächst jährlich um 10 bis 20 %.

Allerdings lässt die Kostendegression, die der Binnenmarkt begünstigen müsste, in diesem Bereich zu wünschen übrig. Die Branche der unterstützenden Technologie ist stark zersplittert, insbesondere im Bereich der Spezialprodukte und -dienstleistungen. Auf diesem Markt sind hauptsächlich kleinere und mittlere Betriebe tätig, die auf regionaler oder sogar lokaler Ebene auf eine sehr kleine Palette von Produkten für ganz spezifische Behinderungen spezialisiert sind und oft mit begrenzten Mitteln operieren. Diese Zersplitterung ist auch durch die uneinheitlichen nationalen Bestimmungen der Mitgliedstaaten bedingt. Sie führt häufig zu nicht kompatiblen Lösungen und Arbeitsüberschneidungen und folglich zu einer ineffizienten Nutzung der Zuschüsse und sonstigen finanziellen Mittel.

Durch die Förderung einer gesunden Branche und der Marktentwicklung auf EU-Ebene werden dem Endverbraucher zunehmend kostengünstige Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung stehen. Ausserdem birgt eine angemessene Entwicklung dieses Marktes ein erhebliches Potential zur Reduzierung der steigenden Kosten im Gesundheitswesen. Mit den angesprochenen Problemen gilt es sich nicht zuletzt deshalb auseinanderzusetzen, weil die Gefahr besteht, den Markt an die ausländische Konkurrenz zu verlieren, insbesondere an Konkurrenzunternehmen aus den USA, wo verschiedene Rechtsvorschriften den Zugang regeln, z. B. ein Gesetz aus dem Jahre 1990 (Americans with Disabilities Act) sowie Abschnitt 508 eines Gesetzes aus dem Jahre 1986 (Rehabilitation Act), und damit die Entwicklung des Marktes für unterstützende Technologie vorantreiben. Zum einen sind Maßnahmen zur Förderung von Initiativen von in diesem Bereich tätigen Klein- und Mittelbetrieben bereits in den Aktivitäten des 5. Rahmenprogramms vorgesehen; zum anderen wird sich Artikel 13 des Amsterdamer Vertrags im Endeffekt günstig auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auswirken.

-Bestimmte unterstützende Technologieprodukte fallen bereits in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte [18], die darauf abzielt, den Europäischen Binnenmarkt und ein transparentes Marktangebot zu fördern. Das Technische Komitee des CEN TC 293 (Standardisation of Technical Aids for Persons with Disabilities) hat eine erste Reihe von Normen für Produktgruppen, z. B. Rollstühle, erarbeitet. Weitere Normen sind in Vorbereitung bzw. befinden sich in der Entwicklung. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Marktes für unterstützende Technologie zu erhöhen und die Verfügbarkeit von Produkten zu verbessern, wird die Kommission prüfen, ob Normen für Benutzerfreundlichkeit in diesem Bereich angewandt werden können.

[18] ABl. L 169 vom 12.07.1993.

-Die Kommission hat CEN/CENELEC/ETSI beauftragt, in enger Zusammenarbeit mit Organisationen, die die Interessen älterer und behinderter Menschen wahrnehmen, und einschlägigen Verbraucherorganisationen Normungsanforderungen festzulegen, um die Zugänglichkeit zur Informationsgesellschaft für behinderte und ältere Menschen zu gewährleisten. Im Mandat wird unterstrichen, daß der Ansatz "Design für alle" bei der Konzipierung neuer Dienste und Produkte sowie gegebenenfalls der Ansatz der unterstützenden Technologie zu berücksichtigen sind.

-Das Zusammentragen und die Verbreitung von Informationen sind eine Voraussetzung für die Aufklärung, die Beratung und Orientierung der Endbenutzer sowie für die Marktentwicklung. Auf der Grundlage der Erkenntnisse, die im Rahmen des Handynet-Projekts und im Rahmen von anderen Datenbank-Projekten bzw. Projekten zur Sammlung von Informationen gewonnen wurden, wird sich die Kommission bemühen, die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den bestehenden und zukünftigen einzelstaatlichen Informationsstellen für unterstützende Technologie unter Berücksichtigung der Möglichkeiten, die sich durch die zunehmende Nutzung des Internet bieten, zu verbessern.

-Die Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von angemessenen technischen Hilfen ist unabdingbar für die Herstellung der Chancengleichheit für viele Menschen mit Behinderungen. Die Mitgliedstaaten sind dafür verantwortlich, Hilfsmittel und sonstige Vorrichtungen zur Verfügung zu stellen. Die Modalitäten für die Ausgabe und die Kriterien für die Auswahl der für eine Unterstützung in Frage kommenden behinderten Menschen sind nicht nur von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich, sondern variieren auch innerhalb der Mitgliedstaaten selbst. Der Abbau von physischen, sozialen und politischen Barrieren im Hinblick auf die Förderung der Freizuegigkeit der Personen, der grenzueberschreitenden Annahme von Dienstleistungen und des barrierefreien Verkaufs von Produkten ist ein Ziel, für das sich die EU weiterhin stark machen wird.

-Die Kommission befürwortet die Senkung oder Abschaffung von Zöllen und anderen Abgaben auf Hilfsmitteln und sonstigen Vorrichtungen für behinderte Menschen, soweit dies in Einklang mit anderen zoll- und steuerrechtlichen Vorschriften möglich ist. Es sei darauf hingewiesen, daß die Mitgliedstaaten bereits gemäß der Richtlinie 77/388/EWG [19] einen ermässigten MwSt.-Satz auf medizinische Geräte, Hilfsmittel und sonstige Vorrichtungen für Menschen mit Behinderungen anwenden können. Was die Zölle betrifft, so sind entsprechend der Verordnung 918/83/EWG [20] Waren für den Gebrauch durch behinderte Personen unter gewissen Bedingungen von den Einfuhrzöllen befreit.

[19] 6. MwSt.-Richtlinie vom 17. Mai 1977, ABl. L 145 vom 13.06.1977.

[20] ABl. L 105 vom 23.04.1983.

3.5. Schutz der Rechte und Interessen der behinderten Verbraucher auf dem Markt

Wie im vorhergehenden Kapitel dargelegt, bietet sich mit der Vollendung des Binnenmarkts und dem Verschwinden der zersplitterten einzelstaatlichen Märkte eine einmalige Gelegenheit, Produkte zu einem erschwinglichen Preis für ein Marktsegment zu konzipieren, das bislang nur schwierig zu erreichen war.

In der Vergangenheit neigten zahlreiche Unternehmen, insbesondere diejenigen, deren Produkte über die gesamte Bevölkerungsbandbreite vermarktet wurden, dazu, behinderte Kunden bestenfalls als eine Marktnische und schlimmstenfalls als unerwünschte Eindringlinge zu betrachten. Allerdings gelangen die Unternehmen allmählich zur Überzeugung, daß - entsprechendes Management vorausgesetzt - Programme, die auf die Bedürfnisse von behinderten Menschen ausgerichtet sind, neue Marktmöglichkeiten erschließen und eher gewinnbringend als kostenverursachend sein können.

Diese positive Tendenz spiegelt sich auch in der Entwicklung der europäischen Verbraucherpolitik wider, die sich an alle Verbraucher, einschließlich der behinderten, richtet. Im Rahmen des bislang verfolgten Ansatzes wurden Projekte geprüft, die für eine finanzielle Unterstützung in Frage kommen; ausserdem wurden die repräsentativen Organisationen gegebenenfalls in die Konsultationsverfahren einbezogen. Beispiele für diese Maßnahmen sind die Erarbeitung von Kriterien für die Bedürfnisse spezifischer Nutzer, die in die Protokolle vergleichender Warentests für Verbraucherprodukte aufgenommen werden und die Anwendung des Grundsatzes "Design for all", obgleich letztgenannte Maßnahme bislang vor allem auf die Vorbereitung für die Einführung des Euro ausgerichtet gewesen ist. Dabei wurden in allen Phasen des Entscheidungsverfahrens Vertreter von Menschen mit speziellen Behinderungen als Sachwalter der Verbraucher einbezogen.

In Zusammenhang mit dem Verbraucherschutz ist auch die Richtlinie 95/46/EG [21] zu erwähnen, die u. a. einen bestimmten Schutz der personenbezogenen Daten, die Aufschluß über Behinderungen geben, gewährleistet.

[21] ABl. L 281 vom 23.11.1995.

Diese positiven Entwicklungen könnten noch durch folgende Aktionen intensiviert werden:

-Im Rahmen ihres verbraucherpolitischen Aktionsplans für das neue Jahrtausend soll die Kommission insbesondere sicherstellen, daß die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen angemessen berücksichtigt werden, vor allem in den Bereichen Zugang zum Recht, Finanzdienstleistungen sowie Produktsicherheit.

-Im Rahmen des Normungsmandats im Bereich der Verbrauchersicherheit hat die Kommission den europäischen Normungsgremien den Auftrag erteilt, Leitlinien zu der Frage auszuarbeiten, wie die Problematik der Sicherheit und der Benutzerfreundlichkeit für Personen mit spezifischen Bedürfnissen anzugehen ist.

-Die Berücksichtigung der Bedürfnisse behinderter Verbraucher gilt als eine der politischen Zielvorgaben entsprechend dem derzeit geltenden Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste, die ausdrücklich in den neuen Rahmenbedingungen für nationale Regulierungsbehörden [22] festgehalten werden.

[22] Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste - Kommunikationsbericht 1999: KOM(1999) 539 endg.

4. TEIL II: POLITISCHE INSTRUMENTE FÜR EINEN GRÖSSEREN ZUSÄTZLICHEN NUTZEN AUF GEMEINSCHAFTSEBENE

Nach Auffassung der Kommission zählen unzureichende Kenntnisse des wahren Ausmasses der Behindertenproblematik, Unwissenheit oder Voreingenommenheit im Zusammenhang mit den strukturellen Merkmalen sowie ungenügende Informationen über die verschiedenen Initiativen zur Verbesserung des Zugangs mit zu den grössten Barrieren, die es zu überwinden gilt, wenn integrationsorientierte Maßnahmen greifen sollen. Hinzu kommt, daß die behinderten Menschen eine äusserst heterogene Gruppe mit ganz unterschiedlichen Lebensbedingungen und mit Behinderungen unterschiedlicher Art und unterschiedlichen Schweregrads bilden und sich nicht durchweg mit den gleichen Barrieren konfrontiert sehen. Fundierte Kenntnisse sowie angemessene Koordinierungs- und Konsultationsverfahren sind wesentliche Instrumente für die Durchführung von Maßnahmen.

4.1. Auslegung des Zahlenmaterials und richtige Einschätzung der Bedürfnisse

Zuverlässige statistische und demographische Daten und Informationen über behinderte Menschen sind eine grundlegende Voraussetzung, damit die Kommission und alle politischen Entscheidungsträger Maßnahmen konzipieren und ausgestalten können, die jedem einzelnen, einschließlich Menschen mit funktionellen Einschränkungen, eine eigenständige Lebensführung im Privat- und Berufsleben und in der Gesellschaft generell ermöglichen.

1992/1993 veröffentlichte Eurostat ein umfassendes Dokument mit einer ersten Reihe von Statistiken über die Merkmale und die sozioökonomische Situation der Grundgesamtheit behinderter Menschen. Seit 1994 liefert das Europäische Haushaltspanel (ECHP), eine multidimensionale Erhebung im Rahmen des Europäischen Statistischen Systems, das als Beobachtungsinstrument dient und Längsschnittinformationen zu einer Reihe sozialpolitischer Fragen liefert, eine erste Reihe von Daten von auf Gemeinschaftsebene vergleichbaren Daten im Behindertenbereich.

Die Kommission wird sich bemühen, die Sammlung nützlicher statistischer Daten zu den Bedürfnissen behinderter Menschen weiterhin wie folgt zu fördern:

-Es werden Daten über den Gesundheitszustand, den sozialen Schutz, die Gesundheit und die Sicherheit am Arbeitsplatz, die Beschäftigung und die allgemeine Bildung gesammelt. Ferner ist entsprechend der Verordnung der Kommission (EG) Nr. 1924/1999 vom 8. September 1999 [23] für 2002 ein Ad-hoc-Modul in der europäischen Arbeitskräfteerhebung betreffend die Beschäftigung von Behinderten vorgesehen.

[23] ABl. L 238 vom 09.09.1999.

-Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten soll gefördert werden, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die gewährleisten, daß in allen Mitgliedstaaten einheitliche Begriffsbestimmungen und Datenerhebungsverfahren angewandt werden, und um die Vergleichbarkeit statistischer Daten im Behindertenbereich in der ganzen Gemeinschaft zu verbessern. Gegebenenfalls wird geprüft, wie Datenlücken geschlossen werden können.

-Das Programm für Gesundheitsberichterstattung zielt auf die Erarbeitung eines Rahmens für vergleichbare Gesundheitsindikatoren und -daten in der EU ab. Diese Indikatoren werden zu einer besseren Einschätzung der unterschiedlichen Behinderungsarten und -schweregrade in Zusammenhang mit alltäglichen Tätigkeiten, gesellschaftlichem Leben und Erwerbsfähigkeit führen.

-Das 5. FTE-Rahmenprogramm (1998-2002) wird erheblich zur Verbesserung der Kenntnisse im Behindertenbereich beitragen, insbesondere durch sein Programm ,Lebensqualität und Management lebender Ressourcen", seine Leitaktion ,Alterung der Bevölkerung" und seinen Handlungsschwerpunkt ,Forschung bezogen auf Personen mit Behinderungen". Ziel ist es, die Lebensqualität und selbständige Lebensführung von behinderten Menschen zu fördern, insbesondere durch Verbesserung ihres sozialen und physischen Umfelds (z.B. über Rehabilitations- und unterstützende Technologien) und durch die tatsächliche und effiziente Bereitstellung der für sie verfügbaren Gesundheits- und Sozialdienste.

4.2. Konzipierung integrationsorientierter EU-Programme

Auf EU-Ebene beabsichtigt die Kommission Programme auszuarbeiten, die allen Unionsbürgern offen stehen und für alle Unionsbürger zugänglich sind und die vom Konzept her grundsätzlich die individuellen und besonderen Bedürfnisse von behinderten Menschen berücksichtigen. Gleichwohl räumt sie ein, daß den spezifischen behinderungsbedingten Bedürfnissen nicht immer in jedem einzelnen Mainstream-Programm Rechnung getragen werden kann. Wenn dies der Fall ist, wird der Ansatz der Kommission darin bestehen, ergänzende Maßnahmen vorzusehen, die so ausgestaltet sind, daß sie in das generische Programm passen, um sicherzustellen, daß keinem die Möglichkeit zur Teilnahme lediglich aufgrund einer Behinderung verwehrt bleibt.

-Die Kommission wird darauf achten, daß die Beteiligung von behinderten Menschen an den Mainstream-Programmen gewährleistet ist. Wo nötig, wird sie spezifische Maßnahmen vorsehen, um den besonderen Bedürfnissen behinderter Menschen gerecht zu werden, damit eine echte Chancengleichheit besteht. Die Kosten der besonderen im Hinblick auf die Beteiligung behinderter Menschen erforderlichen Maßnahmen werden im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel bei der Berechnung der finanziellen Unterstützung der Gemeinschaft berücksichtigt werden.

4.3. Mit gutem Beispiel vorangehen

Um ihrer Verpflichtung zur Herstellung eines barrierenfreien dienstlichen Umfelds, das für jeden zugänglich ist, noch mehr Gewicht zu verleihen, und die Glaubwürdigkeit ihrer an andere Akteure gerichteten Empfehlungen zu untermauern, wird sich die Kommission weiterhin für die Förderung beispielhafter Verfahren innerhalb des eigenen Hauses einsetzen.

(a) Beschäftigung

Behinderte Menschen sind auf dem Arbeitsmarkt signifikant unterrepräsentiert; dies trifft auch auf den Europäischen öffentlichen Dienst zu. Die Kommission hat gemeinsam mit den anderen EU-Institutionen 1998 einen Verhaltenskodex für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen verabschiedet. Von besonderer Bedeutung sind die nachstehenden Punkte dieses Kodex: Anpassung der Prüfungs- bzw. Einstellungsverfahren an die Erfordernisse behinderter Stellenbewerber, erforderlichenfalls Bereitstellung besonderer Ausbildungsmaßnahmen für Beamte mit Behinderungen, Maßnahmen zur Bindung von Mitarbeitern an ihren Arbeitsplatz einschließlich technischer Unterstützung, Umorganisation der Arbeit und Neugestaltung der Gleitzeit- bzw. Teilzeitregelungen, Anspruch auf eine angemessene Ausstattung des Arbeitsumfelds.

Die Kommission misst der weiteren praktischen Umsetzung des Kodex und der Förderung der Beteiligung von behinderten Menschen in den eigenen Dienststellen grösste Bedeutung bei. Dies würde auch dazu beitragen, den wertvollen Beitrag behinderter Menschen im Berufsleben aufzuzeigen; ausserdem sollen die anderen Beamten und Bediensteten für die Behindertenproblematik sensibilisiert werden.

-Im Rahmen ihrer internen Reform wird die Kommission die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um behinderten Menschen den Zugang zu einer Tätigkeit im Europäischen öffentlichen Dienst zu erleichtern. Dabei sind folgende Bereiche abzudecken: Organisation von Auswahlverfahren, Laufbahnentwicklung, administrative Unterstützung und Bereitstellung adäquat ausgestatteter Büroräume und Gebäude. Darüber hinaus werden die Stellen ausgewiesen, die sehr leicht von behinderten Menschen eingenommen werden können.

-Die Kommission wird ihre Mitarbeiter dazu anregen, Fortbildungskurse zur Sensibilisierung für Behindertenfragen zu besuchen, in denen sie über die Problematik der Diskriminierung von behinderten Menschen aufgeklärt werden sollen und in denen gegebenenfalls behinderte Menschen mit unterschiedlichen Behinderungsarten selbst ein Referat halten.

(b) Zugänglichkeit der Kommissionsgebäude

Im Rahmen des erwähnten Verhaltenskodex hat sich die Kommission bereits verpflichtet, Strategien zu entwickeln, die sicherstellen sollen, daß der Frage der Zugänglichkeit anläßlich jeder Renovierung der bestehenden Gebäude und jeder Auswahl neuer Gebäude Rechnung getragen wird. Überdies müssen instandgesetzte, renovierte und neu übernommene Gebäude zumindest den nationalen Normen entsprechen.

-Die Kommission wird sich bemühen sicherzustellen, daß die Büros und sonstigen Räumlichkeiten für ihre Mitarbeiter und für Besucher zugänglich sind. Sie wird dafür sorgen, daß regelmässig ein Verzeichnis der zugänglichen Sitzungsräume mit Angaben zu den nächstgelegenen Waschräumen und Vorrichtungen (etwa technische Hilfen) kommissionsintern veröffentlicht werden, und daß bei der Planung von Sitzungen die Bedürfnisse behinderter Menschen berücksichtigt werden.

(c) Information und Kommunikation

Europäische Bürger mit Behinderungen haben dasselbe Recht auf und denselben Bedarf an Informationen wie andere Bürger; sind für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen nicht in einem für sie zugänglichen Format verfügbar, so bleibt ihnen der Zugang zu für sie wichtigen Informationen verwehrt.

Die Kommission nutzt zunehmend das Internet, um möglichst vielen Menschen zur rechten Zeit kostengünstig den Zugang zu Informationen und sonstigen Diensten zu ermöglichen. Durch in elektronischer Form über das World Wide Web angebotene Informationen und Dienste eröffnet sich die Möglichkeit eines gleichberechtigten Zugangs für behinderte Menschen; ausserdem kann auf diese Weise der Zugang auf breiterer Basis, kostengünstiger und schneller erfolgen als dies mit anderen Informationsmitteln möglich wäre. Allerdings gewährleistet das alleinige Vorhandensein eines Dokuments im World Wide Web noch nicht seine Zugänglichkeit. Die Sprache und der geographische Ort, an dem sich das Dokument befindet, können den Zugang zu Informationen begrenzen und Barrieren für eine uneingeschränkte Teilhabe von behinderten Menschen darstellen.

Im Hinblick auf eine inklusive und folglich wirksame Kommunikation müssen die unterschiedlichen Bedürfnisse von behinderten Menschen berücksichtigt werden. Behinderte Menschen haben möglicherweise zusätzliche Schwierigkeiten beim Zugang zu Informationen in Standardformat. Alternative Formate sind erforderlich, um den Menschen mit sensorischen oder kognitiven Behinderungen Informationen zukommen zu lassen.

Zusätzlich zu den unter Punkt 3.3 genannten Maßnahmen beabsichtigt die Kommission, folgende Aktionen durchzuführen:

-Das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften wird die Entwicklung und Anwendung von Standards und vorbildlichen Verfahren fördern, um die Informationen für Bürger mit Behinderungen zugänglicher zu gestalten. Es wird auch die einheitliche Anwendung von alternativen Formaten innerhalb von Europa über das EU-Forum der Verleger fördern.

-Die Kommission wird ihre Leitlinien betreffend den Zugang zu Kommissionsdokumenten abändern, um sicherzustellen, daß Veröffentlichungen und Informationen über Politiken, Programme und Dienstleistungen - soweit angebracht und durchführbar - für Menschen mit Behinderungen in alternativen Formaten zugänglich sind.

(d) Einbeziehung behinderter Kinder und Jugendlicher in den Europäischen Schulen

Der Rat und die im Rat vereinigten Bildungsminister haben bereits verschiedene Empfehlungen und Entschließungen angenommen, die auf eine verbesserte Integration von behinderten Kindern in das allgemeine Unterrichtssystem abzielen [24].

[24] Siehe insbesondere die Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Bildungsminister vom 31. Mai 1990 zur Eingliederung behinderter Kinder und Jugendlicher in das normale Unterrichtssystem (ABl. C 162 vom 03.07.1990).

Diesen Initiativen wurde auch an den Europäischen Schulen Folge geleistet, die offizielle Bildungseinrichtungen sind, die in den Zuständigkeitsbereich der Regierungen der Mitgliedstaaten fallen. 1995 entschied der Oberste Rat der Europäischen Schulen, einen Ausschuß für Lernhilfe einzusetzen, um die Rahmenbedingungen für die Integration von behinderten Schülern auf allen Ebenen der Europäischen Schulen neu und umfassender zu formulieren.

-Die Kommission wird die Europäischen Schulen weiterhin bei ihren Bemühungen zur angemessenen Förderung von behinderten Schülern unterstützen, damit diese in die allgemeinen Klassen integriert werden und insbesondere Schüler mit besonderen Lernbehinderungen besser gefördert werden.

4.4. Anhörung von behinderten Menschen

Aufgrund ihrer Lebenserfahrung haben Menschen mit Behinderungen Fähigkeiten und Kenntnisse, die sie in die Lage versetzen, einerseits schnell diejenigen Strategien und Verfahren aufzuzeigen, die ihnen den Zugang zu Dienstleistungen und Einrichtungen erschweren bzw. unmöglich machen, und andrerseits mögliche Lösungsansätze zur Beseitigung der Mißstände zu finden. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, daß sich die meisten der in dieser Mitteilung unterbreiteten Anregungen aus dem laufenden Dialog der Kommission mit behinderten Menschen, Sachverständigen und Vereinigungen aus dem Behindertenbereich ergeben haben.

-Bei der Umsetzung der dargelegten Initiativen wird sich die Kommission bemühen, Verfahren zur Anhörung der Behindertengemeinschaft und der NRO, die die Interessen der behinderten Menschen wahrnehmen, einzuführen. Diese Verfahren werden je nach Sachlage den besonderen Gegebenheiten angepasst (z. B. Beteiligung an beratenden Gremien, Einsetzung von Referenz- oder Arbeitsgruppen, Ausarbeitung von Diskussionspapieren, Organisation von öffentlichen Foren, Internet usw.).

-Um die Fähigkeit der Behindertengemeinschaft, zur Entwicklung von Strategien und Programmen beizutragen, zu stärken, wird die Kommission Partnerschaften zwischen den Behindertenorganisationen, sonstigen NRO und den Sozialpartnern fördern, Veranstaltungen und Mechanismen zugunsten eines grösseren Engagements und einer intensiveren Anhörung unterstützen sowie den Informationsfluß und Wissensaustausch via Netzwerke und Forschungsarbeiten durch Nichtregierungsorganisationen fördern.

4.5. Intensivierung der Koordinierung zwischen den Dienststellen der Kommission

Bislang ist die interdirektionale Gruppe für Behindertenfragen das Hauptinstrument für die Koordinierung der behindertenrelevanten Maßnahmen in allen einschlägigen Bereichen, die in den Zuständigkeitsbereich der Kommission fallen. Alle betroffenen Generaldirektionen beteiligen sich bereits aktiv an der Gruppe, und es hat sich herausgestellt, daß diese auf effiziente Weise dazu beiträgt, das Bewusstsein für die Behindertenthematik zu schärfen und eine intensivere branchenübergreifende Zusammenarbeit in diesem Bereich zu fördern.

-Die interdirektionale Gruppe wird daher weiterhin regelmässig zusammentreffen, um Informationen zum aktuellen Stand von einschlägigen Aktionen in den einzelnen Politikfeldern auszutauschen und sich im Hinblick auf die Optimierung sowohl der bestehenden Ressourcen als auch der dienstübergreifenden Komplementarität mit der Ausarbeitung weiterer Maßnahmen zu befassen.

-Die interdirektionale Gruppe wird Auditinstrumente und Information zum Thema Behinderung für die Kommissionsdienststellen erarbeiten.

-Die Dienststellen der Kommission werden sich bemühen, behinderten Menschen, die um Informationen über behindertenrelevante EU-Programme und -Initiativen ersuchen, gezielt Hilfe zu gewähren.

5. TEIL III: PERSPEKTIVEN - SENSIBILISIERUNG, INTENSIVIERUNG DER ZUSAMMENARBEIT UND DYNAMISIERUNG

Die erläuterten Leitlinien und die laufende Arbeit der Mitgliedstaaten und der Nichtregierungsorganisationen werden dazu beitragen, daß weitere Fortschritte beim Abbau von Barrieren und bei der Förderung der Chancengleichheit von behinderten Menschen erzielt werden, damit diese uneingeschränkt an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens teilhaben können.

Die vorliegende Mitteilung ist vorrangig auf die Thematik der Zugänglichkeit ausgerichtet, um bei den politischen Entscheidungsträgern, der Industrie und der Gesellschaft insgesamt das Bewusstsein dafür zu schärfen, was möglich ist und was erforderlich ist. Sie unterstreicht, daß mit der Zugänglichkeit auch eine weitgefasstere Zielvorgabe verfolgt wird, da sie die Zugänglichkeit mit der uneingeschränkten Wahrnehmung der Bürgerrechte in der modernen Gesellschaft verknüpft.

Für eine Verwirklichung dieser Zielvorgabe bedarf es allerdings der Beteiligung, der Unterstützung und der Zusammenarbeit sämtlicher betroffenen Akteure (Regierungen auf allen Ebenen, Privatsektor, Interessengemeinschaften, gemeinnützige Gruppen, behinderte Menschen und ihre Familienangehörigen). Auch wenn die Regierungen auf allen Ebenen ihren Beitrag leisten können, indem sie die Führungsrolle übernehmen und Fachwissen und Ressourcen bereitstellen, so muß sich doch jeder einzelne von uns engagieren, damit mentalitätsbedingte Barrieren abgebaut werden und sich Perspektiven für alle europäischen Bürger eröffnen.

Die Kommission wird daher dem Rat vorschlagen, das Jahr 2003 zum Europäischen Jahr der behinderten Bürger auszurufen; Ziel ist die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Behindertenthematik, die Förderung der Beteiligung der behinderten Menschen, die Ankurbelung neuer Strategien auf allen Ebenen sowie die Verfestigung des Konzepts der Unionsbürgerschaft für behinderte Menschen.

Die Kommission wird auch die Beitrittsländer anregen, diese Entwicklung der Gemeinschaftspolitik zugunsten von behinderten Menschen aufmerksam zu verfolgen.

Abschließend sei noch festgehalten, daß die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Mitteilung in einem Bericht an den Rat und das Europäische Parlament bewertet werden; dieser Bericht wird einer der Beiträge der Kommission zu diesem Europäischen Jahr sein.

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