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Document 52020DC0687

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT UND DEN RAT über weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie

COM/2020/687 final

Brüssel, den 28.10.2020

COM(2020) 687 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION

über weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie


1.Einführung

Mehr als acht Monate sind vergangen, seit die Weltgesundheitsorganisation die COVID-19-Pandemie als Notlage größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit eingestuft hat, die globaler Gegenmaßnahmen bedarf. Europa hat sich an eine beispiellose Situation angepasst und steht an der Spitze der weltweiten Reaktion. Nun, da unsere Union mit einem erneuten Anstieg der Infektionszahlen konfrontiert ist, sind die Mitgliedstaaten besser vorbereitet und koordiniert als in den ersten Monaten der Pandemie. Wir wissen mehr darüber, wie wir die Ausbreitung des Coronavirus bekämpfen können und wie wir dabei Schäden für unser tägliches Leben in Grenzen halten können. Nach wie vor sehen sich jedoch Bürgerinnen und Bürger, Familien und Gemeinschaften in ganz Europa einem beispiellosen Risiko für ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen ausgesetzt, wobei die damit verbundene Unsicherheit gleichzeitig unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften beeinträchtigt. In den letzten Wochen hat sich das Virus europaweit in besorgniserregendem Maß ausgebreitet, sodass neue Maßnahmen ergriffen werden mussten. In Anbetracht der erneut unter Druck geratenen Gesundheitssysteme muss mehr getan werden, um der Lage Herr zu werden, Leben und Lebensgrundlagen zu schützen und Solidarität in Europa zu fördern.

Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, die sich seit Beginn der Pandemie verbessert hat, ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung, wenn wir den aktuellen Bedrohungen wirksam begegnen wollen. Einseitiges und unkoordiniertes Vorgehen unterminiert die Wirkung der Reaktion der EU und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Die Lockerung von Maßnahmen in den Sommermonaten ging nicht immer mit Maßnahmen zum Aufbau ausreichender Reaktionskapazitäten einher. Deshalb besteht jetzt sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene dringender Handlungsbedarf, denn schärfere Maßnahmen heute können sich in den kommenden Monaten für die Menschen und die Wirtschaft auszahlen.

Die Kommission hat seit Beginn der Pandemie die nationalen Bemühungen unermüdlich unterstützt. Die von ihr eingeführten Maßnahmen haben unter anderem dazu beigetragen, den Fluss wesentlicher Güter und Dienstleistungen aufrechtzuerhalten, sie haben die unter Druck geratenen nationalen Gesundheitssysteme sowie die Wirtschaft unterstützt, den freien Personenverkehr und das Überschreiten der Grenzen erleichtert und die Vorsorge verbessert. Zudem hat die Zusammenarbeit mit den EU-Agenturen der EU dabei geholfen, ihre operative Reaktion 1 zu gestalten. Virusbekämpfung und Stützung der Wirtschaft gehen Hand in Hand und tragen den verständlichen Ängsten und dem Verdruss der Bürgerinnen und Bürger Rechnung. Es ist ganz entscheidend, die Anstrengungen fortzusetzen und zu intensivieren, bis zuverlässige Behandlungen und/oder Impfstoffe weithin verfügbar sind und in Anspruch genommen werden.

Im Oktober betonte der Europäische Rat die Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit und rief dazu auf, „die Gesamtkoordinierungsbemühungen auf der Grundlage der besten wissenschaftlichen Erkenntnisse fortzusetzen, insbesondere in Bezug auf Quarantänevorschriften, die grenzüberschreitende Ermittlung von Kontaktpersonen, Teststrategien, die gemeinsame Bewertung von Testverfahren, die gegenseitige Anerkennung von Tests und die vorübergehende Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen in die EU“. 2 Dies spiegelt den deutlichen Ruf der Bürgerinnen und Bürger nach einer starken Rolle der EU wider. 3  In dieser Mitteilung wird dargelegt, mit welchen nächsten Schritten in Schlüsselbereichen eine verstärkte Reaktion der EU erfolgen soll. 

2.Die nächste Phase der EU-Reaktionsmaßnahmen

2.1.Gewährleistung eines Informationsflusses, der sachkundige Entscheidungen ermöglicht

Bürgerinnen und Bürger, politische Entscheidungsträger und Unternehmen sind auf entsprechende Informationen angewiesen, um sachkundige Entscheidungen treffen zu können. Daher muss gewährleistet werden, dass die betreffenden Daten hochwertig und aktuell sind.

Nur aktuelle, genaue, umfassende und vergleichbare epidemiologische Daten ermöglichen einen zuverlässigen Kenntnisstand über die regionale und nationale Ausbreitung des Coronavirus. In den kommenden Monaten sind numerische wie auch qualitative Informationen über Tests, die Nachverfolgung von Kontakten und die Überwachung der öffentlichen Gesundheit von entscheidender Bedeutung. Der Austausch von Daten auf der COVID-19-Datenplattform der EU muss zur Norm werden; derzeit wird sie nur von fünf Mitgliedstaaten für den Informationsaustausch genutzt. Ein neues verbessertes Online-Überwachungsportal wird als Anlaufstelle für alle Schlüsselaktivitäten dienen.

Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ist als zentrale Stelle für den Datenfluss von wesentlicher Bedeutung und ist auf die erforderlichen Informationen angewiesen. Das EDCD sollte sich bei seiner Lageüberwachung auf Daten stützen, die nach einheitlichen EU-Definitionen erhoben werden, damit es frühe Signale besser erkennen und genauere Risikobewertungen und Reaktionen unterstützten kann. Im kommenden Monat wird die Kommission Vorschläge zur Verbesserung des längerfristigen EU-Rahmens für die Gesundheitssicherheit vorlegen, doch in der Zwischenzeit müssen die Mitgliedstaaten ihren Datenaustausch auf einer gemeinsamen Grundlage intensivieren und für ein verstärktes und integriertes EU-weites Überwachungssystem sorgen. Dabei sollten nicht nur Daten zur Pandemie selbst, sondern auch Daten zur Wirtschaftslage und zu den Gesundheitssystemen (Verfügbarkeit von Krankenhausbetten und Engpässe bei Arzneimitteln) ausgetauscht werden. Der Wissensaustausch über die Auswirkungen verschiedener Behandlungen ist für die Wirksamkeit und Effizienz der Reaktion ebenso von zentraler Bedeutung. Die Kommission sollte in enger Zusammenarbeit mit dem ECDC die Diskussion zwischen Epidemiologen und anderen Experten auf EU-Ebene fördern, damit nationale Ansätze koordiniert und bewährte Verfahren ausgetauscht werden. Es wird geprüft, ob auf bestehende Netze zurückzugreifen oder eine neue Plattform zu schaffen ist.

Dies wird eine bessere Nutzung der Instrumente ermöglichen, damit die EU-Unterstützung dort eingesetzt wird, wo sie am dringendsten benötigt wird. So würde beispielsweise eine genaue Erfassung der Verfügbarkeit von Intensivbetten bei der Verlegung von Patienten oder medizinischen Teams zwischen den Mitgliedstaaten helfen, was durch bereits bestehende Mobilitätsmaßnahmen im Umfang von 220 Mio. EUR unterstützt werden kann.

Nächste Schritte:

·Die Mitgliedstaaten sollten dem ECDC und der Kommission alle relevanten Daten nach einheitlichen Kriterien übermitteln.

·In einem modernisierten ECDC-Onlineportal sollten bis April 2021 alle Schlüsseldaten erfasst werden.

2.2. Wirksame und schnelle Tests

Tests sind – gemeinsam mit der Kontaktnachverfolgung und wirksamen Isolierung – eines der wichtigsten Instrumente, mit denen die Ausbreitung des Coronavirus gebremst werden kann. Auf der Grundlage genauer und weit verbreiteter Tests können fundierte Entscheidungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit getroffen werden; Schnelltests erlauben es dem Personal in Krankenhäusern oder Pflegeheimen, ihrer wesentlichen Arbeit möglichst unterbrechungsfrei nachzugehen, und ermöglichen rasche Maßnahmen in Epizentren wie Universitäten. Unter bestimmten Umständen kann auch das Reisen erleichtert werden. Die Kommission setzt sich für die Entwicklung zuverlässiger Tests, nationaler Teststrategien und von Antigen-Schnelltests ein. 4 Die derzeitigen Engpässe bei den Testkapazitäten vor dem Hintergrund erneut steigender Infektionszahlen machen deutlich, dass weiteres rasches Handeln unerlässlich ist.

Es gibt mittlerweile zwei Arten von Tests für COVID-19. Tests der Kategorie „Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion“ (kurz PCR-Tests) gelten aufgrund ihrer Genauigkeit als „goldener Standard“, sind jedoch zeitaufwändig und verwenden verschiedene Reagenzien, bei denen es zu Nachfrageengpässen kommen kann. Antigen-Schnelltests 5 stellen eine neue Generation schnellerer und kostengünstigerer COVID-19-Tests dar, bei denen ein Testergebnis häufig in weniger als 30 Minuten vorliegt. Diese Tests erobern zunehmend den Markt, und die Mitgliedstaaten prüfen mehr und mehr ihre weitflächige Nutzung. Sie bieten die Möglichkeit, die meisten Infektionsfälle rasch, kostengünstig und frühzeitig zu erkennen, gelten jedoch als wesentlich weniger sensibel. Dies macht deutlich, dass ihr Einsatz strategisch sorgfältig abzuwägen ist: Sie können sich besonders vorteilhaft in Szenarien wie einem Verdacht auf COVID-19-Ausbrüche in abgelegenen Gebieten, bei der Untersuchung von Ausbrüchen in Einrichtungen wie Pflegeheimen oder bei einer weitflächigen Übertragung innerhalb einer Gemeinschaft auswirken.

Zur Förderung wirksamer Tests nimmt die Kommission heute eine Empfehlung zu COVID-19-Teststrategien, einschließlich des Einsatzes von Antigen-Schnelltests, an. In der Empfehlung werden Schlüsselelemente genannt, die für nationale, regionale oder lokale Teststrategien zu berücksichtigen sind: Anwendungsbereich der COVID-19-Teststrategien, Gruppen, die bei Kapazitätsengpässen vorrangig zu behandeln sind, sowie wesentliche Punkte betreffend Testkapazitäten und -ressourcen. Die EU sollte diese von den Mitgliedstaaten mitgeteilten nationalen Strategien überwachen, um auf der Grundlage aktueller, genauer und vergleichbarer Daten auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene gegenseitiges Lernen zu ermöglichen und Lücken zu ermitteln. Die Empfehlung sollte auch die Auswahl und den Einsatz zuverlässiger Antigen-Schnelltests beschleunigen.

In einem ersten Schritt stellt die Kommission nun im Rahmen des Soforthilfeinstruments 100 Mio. EUR für den direkten Erwerb von Antigentests und deren Lieferung an die Mitgliedstaaten bereit, und zwar auf der Grundlage klarer Kriterien, die dem auf nationaler Ebene festgelegten Bedarf und strengen Qualitätskriterien entsprechen. Parallel dazu leitet die Kommission eine gemeinsame Auftragsvergabe ein, um den Mitgliedstaaten einen zweiten Zugangspfad zu diesen vielversprechenden Tests zu bieten. 

Tests spielen eine wichtige Rolle bei der Erleichterung der Freizügigkeit in der EU. Einige Mitgliedstaaten fordern Tests vor der Einreise, und es kommt dann darauf an, ob in den betreffenden anderen Mitgliedstaaten die Durchführung solcher Tests möglich ist. Reisende, die sich nicht testen lassen können, weil beispielsweise im Abreisemitgliedstaat keine Testkapazitäten für Reisende ohne Symptome vorgesehen sind, sollten sich nach der Ankunft einem Test unterziehen können. 6 Die gegenseitige Anerkennung von Tests beider Arten ist von wesentlicher Bedeutung. Sind negative COVID-19-Tests für eine Aktivität erforderlich oder empfohlen, so setzt dies voraus, dass solche Tests verfügbar sind und alle Tests, die vereinbarten ausreichenden Mindeststandards genügen, als gültig anerkannt werden. Das Fehlen einer entsprechenden gegenseitigen Anerkennung könnte insbesondere dann ein ernsthaftes Hindernis darstellen, wenn Mitgliedstaaten Tests im Vorfeld einer Reise verlangen oder empfehlen (siehe Abschnitt 2.6). Entsprechend der Empfehlung des Rates für eine koordinierte Vorgehensweise bei der Beschränkung der Freizügigkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie sollten die Mitgliedstaaten die Zusammenarbeit zu verschiedenen Aspekten im Zusammenhang mit Tests, einschließlich der Überprüfung von Testbescheinigungen, verstärken und dabei die Forschung und Beratung durch Epidemiologen sowie bewährte Verfahren berücksichtigen. Eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Tests (z. B. bei der Laborverarbeitung) wäre eine Möglichkeit, Kapazitätsengpässen zu begegnen, bis diese behoben sind.

Nächste Schritte:

·Die Kommission stellt 100 Mio. EUR aus dem Soforthilfeinstrument bereit, damit auf der Grundlage einer festgelegten Zuweisungsstrategie Antigen-Schnelltests direkt erworben und so bald wie möglich an die Mitgliedstaaten verteilt werden.

·Die Kommission wird eine gemeinsame Auftragsvergabe einleiten, um Antigen-Schnelltests verfügbar zu machen, und ruft alle Mitgliedstaaten zur Teilnahme auf.

·Die nationalen Teststrategien sind bis Mitte November vorzulegen; deren Analyse soll bis Ende November erfolgen.

          

2.3.     Umfassende Nutzung von Apps zur Kontaktnachverfolgung

Die Nachverfolgung von Kontaktpersonen ist eines der wichtigsten Instrumente, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern und die Übertragungsketten zu durchbrechen. Mit steigenden Infektionsraten wird die manuelle Kontaktnachverfolgung jedoch schwieriger. Apps zur Kontaktnachverfolgung und Warnung können hier einen wichtigen Beitrag leisten, denn die Digitaltechnologie ermöglicht raschere Warnungen. Diese Apps warnen die Nutzer, wenn sie sich eine bestimmte Zeit lang in der Nähe einer Person aufgehalten haben, die einen positiven COVID-19-Test gemeldet hat. Die Vorschriften zum Schutz von Daten und der Privatsphäre werden dabei vollständig eingehalten. Mit Hilfe eines  EU-Instrumentariums 7 wurde die Entwicklung vieler nationaler Apps unterstützt, die in 19 Mitgliedstaaten eingeführt und von 50 Millionen europäischen Bürgerinnen und Bürgern heruntergeladen wurden. Das ist ein guter Anfang, aber es muss noch viel mehr geschehen, wenn die Apps bei der Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus eine wichtige Rolle spielen sollen. Alle Mitgliedstaaten sollten über eine solche App verfügen, und auf Ebene der EU wie auch auf nationaler Ebene sollten neue Kommunikationsanstrengungen unternommen werden, um die Nutzung dieser Apps zu fördern.

Auf Wunsch der Mitgliedstaaten hat die Kommission vor Kurzem auch eine Lösung auf den Weg gebracht, bei der die nationalen Apps in der EU durch einen „European Federation Gateway Service“ verknüpft werden. Drei nationale Apps (Deutschland, Irland und Italien) sind durch diesen Dienst nun miteinander verknüpft, und in den kommenden Tagen sollen fünf weitere Mitgliedstaaten hinzukommen. So kann beispielsweise eine Person mit der deutschen App eine Warnung erhalten, wenn sie mit jemandem in Kontakt war, der über die italienische App einen positiven COVID-19-Test gemeldet hat. Bis Ende November wollen sich 16 weitere Mitgliedstaaten an dieser Lösung beteiligen. Die Kommission ist bereit, die Mitgliedstaaten nach Kräften bei der Entwicklung und Einführung nationaler Apps zur Kontaktnachverfolgung zu unterstützen und die Apps über das Gateway miteinander zu verknüpfen.

Nächste Schritte:

·Die Kommission wird die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung nationaler Apps zur Kontaktnachverfolgung unterstützen und die Apps in den European Federation Gateway Service einbinden.

·Alle Mitgliedstaaten sollten wirksame und kompatible Apps einführen, um ein EU‑weites System zu ermöglichen.

2.4.     Wirksame Impfung

Die Entwicklung und Beschaffung eines wirksamen Impfstoffs ist unabdingbar, um die Krise zu beenden. Im Rahmen der EU-Strategie für COVID-19-Impfstoffe verhandelt die Kommission mit Impfstoffherstellern und vereinbart mit ihnen Abnahmegarantien, um zu den bestmöglichen Konditionen so früh wie möglich Zugang zu vielversprechenden Impfstoffkandidaten zu erhalten, sobald deren Sicherheit und Wirksamkeit erwiesen ist. Bislang wurden Verträge über Vorauszahlungen von 1,02 Mrd. EUR unterzeichnet und mit drei Unternehmen Sondierungsgespräche geführt, bei denen es um weitere Vorauszahlungen in Höhe von 1,45 Mrd. EUR geht.

Da es keine Garantie für den Erfolg eines Impfstoffkandidaten gibt, ist ein breiteres Portfolio von Impfstoffherstellern erforderlich. Das Portfolio wird unter Berücksichtigung der Entwicklung von Impfstoffen kontinuierlich überprüft. Die Mitgliedstaaten müssen dafür zusätzliche Mittel im Rahmen des Instruments für Soforthilfe 8 bereitstellen. Ferner wird derzeit ein Netzwerk zur Unterstützung kleinerer Entwickler von vielversprechenden Impfstoffen eingerichtet. 9 Außerdem nimmt die EU bei den Bemühungen um einen fairen und gleichberechtigten Zugang zu Impfstoffen und ihre weltweite Bereitstellung als globales öffentliches Gut durch die COVAX-Fazilität eine führende Rolle ein. 10

Allerdings werden Menschenleben nicht durch Impfstoffe, sondern durch Impfungen gerettet. Die Verfügbarkeit eines Impfstoffs allein genügt nicht. Er muss auch bestmöglich verteilt und bereitgestellt werden. Am 15. Oktober 2020 zeigte die Kommission die wichtigsten Schritte für die Vorbereitungen der Mitgliedstaaten auf. 11 Dazu zählen die Vorbereitung der gesamten für die Immunisierung erforderlichen Ausrüstung und Infrastruktur sowie die Festlegung eindeutig vorrangiger Gruppen, die als Erste berücksichtigt werden sollen. Die Mitgliedstaaten wurden aufgerufen, nationale Impfstrategien zur Gewährleistung umfassender Vorbereitungen auszuarbeiten und die Vorgehensweise bei einer breit angelegten Impfkampagne festzulegen.

Diese Maßnahmen müssen so weit wie möglich koordiniert vorangebracht und durchgeführt werden. Die Kommission wird einen gemeinsamen Rahmen für die Berichterstattung schaffen, damit die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und voneinander lernen können. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten wird bis Ende Oktober 2020 einen ersten Überblick über die nationalen Impfpläne zusammenstellen, um den Gewinn von Erkenntnissen und den Erfahrungsaustausch zu ermöglichen. An einem „Testtag“ sollen die Strategie- und Bereitstellungspläne einem Stresstest unterzogen werden.

Die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, dass Impfstoffe sicher sind. Voraussetzung dafür sind stichhaltige Daten, strenge Kontrollen und vollständige Transparenz. Zusätzlich zu einem fundierten Genehmigungsverfahren im Vorfeld ist eine kontinuierliche Beobachtung erforderlich, wenn die Impfstoffe bereitgestellt werden. Sobald die Massenimpfung eingeleitet wird, muss die Wirkung der Impfstoffe in Echtzeit geprüft werden. Die Genehmigung vor der Bereitstellung wird durch die Europäische Arzneimittel-Agentur erteilt. Die Kommission wird darüber hinaus eine Plattform für nach der Genehmigung durchgeführte Studien zu Sicherheit, Wirksamkeit und Auswirkungen der Impfung unterstützen.

Im Zuge der Maßnahmen zur Entwicklung und Bereitstellung von Impfstoffen werden wahrscheinlich andere Fragen aufgeworfen, die eine gewisse Koordinierung auf EU-Ebene und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten erfordern könnten (z. B. bei der Verwendung des Impfnachweises für die Bürger).

Nächste Schritte:

·Schlussfolgerungen aus dem ersten Überblick über die nationalen Impfpläne bis November.

·Einrichtung einer Plattform im Rahmen der Strategie zur Überwachung der Wirksamkeit von Impfstrategien während ihrer Umsetzung.

2.5.     Wirksame Kommunikation mit den Bürgern

Eine wirksame Kommunikation ist ein entscheidendes Element jeder Reaktion auf eine Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Erfolg oder Scheitern der Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie hängen weitgehend vom Engagement der Gemeinschaft, dem Verhalten des Einzelnen und der Einhaltung von Empfehlungen der Gesundheitsbehörden ab. Daher müssen kontinuierlich Kommunikationsanstrengungen unternommen werden, um die Bürgerinnen und Bürger über die aktuellen epidemiologischen Entwicklungen und etwaigen restriktiven Maßnahmen zu informieren, die kohärent und klar sein müssen, damit sie von den Bürgern eingehalten werden. 

Diese Anstrengungen sind umso wichtiger, als nach wie vor falsche und irreführende Informationen verbreitet werden und dem Risiko einer „Pandemie-Müdigkeit“ und einer sinkenden Bereitschaft zur Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen wie der physischen Distanzierung und der Verringerung sozialer Interaktionen begegnet werden muss. Keine Anstrengung sollte gescheut werden, um die verwundbarsten Bevölkerungsgruppen und die Gruppen, die die Krankheit durch soziale Kontakte vermutlich am stärksten verbreiten, durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen zu erreichen. Diese Kommunikation muss klar, kohärent und auf dem neuesten Stand sein. Ferner muss der Beobachtung der sozialen Medien und der Reaktion darauf besonderes Augenmerk gelten. Die Impfung ist ein Bereich, in dem die Behörden ihre Maßnahmen intensivieren müssen, um falsche Informationen, die einer der wichtigsten Gründe für eine zögerliche Haltung sind, zu berichtigen und die Reaktion auf Desinformation zu koordinieren.

Nächste Schritte:

   Alle Mitgliedstaaten sollten wieder an die aktuelle Lage angepasste Kommunikationskampagnen einleiten.

2.6.Sicherung der Versorgung mit wesentlichen Gütern

Seit Beginn der Pandemie hat die EU Hersteller unterstützt, um die Verfügbarkeit von Arzneimitteln und medizinischen Ausrüstungen sicherzustellen, die zur Bekämpfung von COVID-19 unentbehrlich sind. Vor diesem Hintergrund erfolgten eine gemeinsame Auftragsvergabe und eine strategische medizinische Bevorratung, um Bestände von wichtigen Gütern aufzubauen. Mit den umfassenden Rahmenverträgen für die gemeinsame Auftragsvergabe werden die Vorsorgemaßnahmen der Mitgliedstaaten unterstützt. Bei Soforthilfebedarf werden als Ausdruck der europäischen Solidarität Ausrüstungsgegenstände wie Beatmungsgeräte und Masken sowie Therapeutika wie Remdesivir für die Mitgliedstaaten mit dem dringendsten Bedarf aus der rescEU-Reserve für medizinische Ausrüstung und über das Instrument für Soforthilfe bereitgestellt. Durch die effiziente Verteilung in einem offenen Binnenmarkt wird ein wesentlicher Beitrag zu einer wirksamen Versorgung mit Gütern geleistet, die für die medizinische Notfallversorgung unentbehrlich sind. Die Kommission wird wachsam bleiben und rasch reagieren, wenn für diese oder andere Arten von Gütern unverhältnismäßige einseitige Beschränkungen verhängt und dadurch die kollektiven Anstrengungen untergraben werden.

Offene Verfahren zur gemeinsamen Auftragsvergabe (bei denen die teilnehmenden Mitgliedstaaten und Länder Bestellungen aufgeben können)

ARTIKEL

VERFÜGBAR SEIT

AUFTRAGSVOLUMEN

(ÜBER 12 MONATE)

FINANZIELLE OBERGRENZE

HANDSCHUHE UND SCHUTZANZÜGE

April (Handschuhe)

Mai (Schutz-anzüge)

Mehrere Millionen

97 Mio. EUR

AUGEN- UND ATEMSCHUTZ

April

20 Mio. Schutzbrillen

12 Mio. Gesichtsschilde

37 Mio. FFP2-Masken

26 Mio. FFP3-Masken

301 Mio. OP-Masken

1,4 Mrd. EUR

BEATMUNGSGERÄTE

April

110 000 Geräte

1,4 Mrd. EUR

LABORAUSRÜSTUNG

Mai

30 Lose

192 Mio. EUR

ARZNEIMITTEL FÜR INTENSIVSTATIONEN

Oktober (Verträge werden unterzeichnet)

21 Arzneimittel in
45 Darreichungsformen,
über 103 Mio. Injektionsflaschen

543 Mio. EUR

REMDESIVIR (VEKLURY)

Oktober

Über 500 000 Behandlungseinheiten

3,4 Mrd. EUR

Nicht nur für Tests (s.o.), sondern auch für medizinische Ausrüstung für Impfungen (Impfstoffträger, Abfallbehälter, Injektionsmaterialien, Desinfektionsmittel, persönliche Schutzausrüstungen und Anästhetika) läuft ein neues Verfahren für die gemeinsame Auftragsvergabe.

Die EU hat Projekte zur Umnutzung industrieller Produktionskapazitäten für die Deckung des gestiegenen dringenden Bedarfs in den Mitgliedstaaten unterstützt. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, die Verfügbarkeit von Produktionskapazitäten für unentbehrliche Arzneimittel zu überwachen und flexible Produktionskapazitäten in ihrem Gebiet aufzuzeigen. Parallel dazu stand die EU – in der Gruppe der Zwanzig und auf bilateraler Ebene – an der Spitze der internationalen Bemühungen, um die kritischen Lieferketten aufrecht zu erhalten und Unterbrechungen zu verhindern. Als nächsten Schritt wird die EU die Initiative der Welthandelsorganisation im Bereich Handel und Gesundheit unterstützen, um neue Maßnahmen und Verpflichtungen voranzubringen, damit Gesundheitsgüter weiterhin über Grenzen hinweg befördert werden.

Die EU unterstützt den Markt, indem sie die Belastung durch Zölle und Mehrwertsteuer verringert. Die Kommission hat den Anträgen der Mitgliedstaaten auf eine vorübergehende Zoll- und Mehrwertsteuerbefreiung der Einfuhren medizinischer Ausrüstung aus Nicht-EU-Ländern stattgegeben. Zu diesem Zweck erstellte sie eine vorläufige Liste der davon betroffenen Güter, zu denen beispielsweise persönliche Schutzausrüstungen, Testkits, Beatmungsgeräte und wichtige Arzneimittel zählen. Diese Regelung wird nun bis April 2021 verlängert.

Im Bereich der Mehrwertsteuer sind jedoch noch weitere Anpassungen denkbar, damit COVID-19-Impfstoffe und -Tests für die Gesundheitsdienste und die Bürgerinnen und Bürger erschwinglicher werden. Daher schlägt die Kommission vor, die Vorschriften für die Anwendung von Mwst-Ermäßigungen oder -Befreiungen für COVID-19-Testkits vorübergehend anzupassen und den Mitgliedstaaten die Anwendung eines Nullsatzes auf COVID-19-Impfstoffe zu erlauben.

Nächste Schritte:

·Das neue Verfahren für die gemeinsame Auftragsvergabe für Impfausrüstungen muss vorangetrieben werden.

·Die Zoll- und Mehrwertsteueraussetzung für Einfuhren medizinischer Ausrüstung werden bis Ende April 2021 verlängert.

·Die Kommission ruft den Rat auf, den Vorschlag über Befreiungen für Testkits und Impfstoffe zügig anzunehmen.

2.7    Gewährleistung sicherer Reisen

Die Freizügigkeit innerhalb der EU und der grenzfreie Schengen-Raum gehören zu den wichtigsten Errungenschaften der europäischen Integration. In den schlimmsten Phasen der ersten Pandemiewelle erließen viele nationale Regierungen und lokale Behörden Reisebeschränkungen auf lokaler oder regionaler Ebene und führten Kontrollen an den EU-Binnengrenzen wieder ein, wobei nur unbedingt notwendige Reisen gestattet waren. Als sich die Lage verbesserte, wurden die Kontrollen des Verkehrs innerhalb der sowie zwischen den Mitgliedstaaten teilweise wieder aufgehoben, und die meisten Mitgliedstaaten öffneten ihre Grenzen auch für nicht unbedingt notwendige Reisen. Angesichts der Fortschritte, die seither bei der Koordinierung der Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Personenverkehr innerhalb der EU erzielt wurden, ist der Bedarf an Grenzkontrollen weiter zurückgegangen. Daher sollten alle noch andauernden COVID-19-bezogenen Kontrollmaßnahmen an den Binnengrenzen ebenfalls aufgehoben werden.

Dennoch verpflichten die meisten Mitgliedstaaten Reisende aus anderen Mitgliedstaaten, sich bei bzw. vor der Einreise in ihr Hoheitsgebiet in Quarantäne zu begeben oder sich einem Test zu unterziehen, wobei die Anforderungen von der jeweiligen epidemiologischen Lage abhängen. Wenngleich solche Beschränkungen durch Interessen der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt werden können, müssen sie verhältnismäßig sein und dürfen EU-Bürgerinnen und -Bürger nicht – weder de jure noch de facto 12 aufgrund ihres Herkunftsmitgliedstaats benachteiligen. Darüber hinaus hat dies zu einem Flickenteppich unterschiedlicher Vorschriften geführt, wobei die Beschränkungen sowohl im Hinblick auf die erfassten Regionen als auch hinsichtlich der bei der Einreise geltenden Regelungen (z. B. Dauer der Quarantäne oder Rolle von Tests) voneinander abweichen. Diese unübersichtliche Lage schadete der europäischen Wirtschaft und schränkte die Bürgerinnen und Bürger bei der Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit ein. Aus diesem Grund hat die Kommission Vorschläge für einen besser koordinierten Ansatz vorgelegt. 13 Der Rat hat eine Empfehlung 14 angenommen, die eine Reihe wichtiger Schritte für eine klarere und kohärentere Einstufung von Regionen nach ihrem Risikoniveau vorsieht. Das ECDC hat zudem eine gemeinsame Karte auf den Weg gebracht, die den Mitgliedstaaten als Grundlage für ihre Risikobewertungen dienen soll. 15 Die Mitgliedstaaten sollten diese Empfehlungen nun umsetzen, um ihren Bürgerinnen und Bürgern sowie ihren Unternehmen Klarheit und Planungssicherheit zu bieten, und die EU sollte weiter darauf hinarbeiten, im Rahmen eines gemeinsamen Ansatzes Art und Umfang der Maßnahmen besser aufeinander abzustimmen.

Angesichts der sich verschlechternden epidemiologischen Lage wird es von entscheidender Bedeutung sein, dass ein sicheres Reisen aus beruflichen und zwingenden familiären Gründen auch künftig möglich ist. Dabei ist es wichtig, dass die Liste der Personen, die aus zwingend notwendigen Gründen reisen müssen und daher von den Quarantäneanforderungen ausgenommen sind, konsequent berücksichtigt wird. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Menschen, und wir müssen dafür sorgen, dass unsere Wirtschaft auch unter den zur Eindämmung der Ausbreitung von COVID-19 ergriffenen strengeren Einschränkungen für nicht unbedingt notwendige Reisen auch in Zukunft funktionsfähig bleibt. Die Kommission wird die Situation weiterhin aufmerksam überwachen.

Ein Testprotokoll für Reisende

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) und das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten arbeiten derzeit gemeinsam an Leitlinien für die Durchführung von Tests, die von Gesundheitsbehörden, Fluggesellschaften und Flughafenbetreibern genutzt werden könnten, um eine sichere Ankunft von Fluggästen zu erleichtern. 16 Diese Arbeiten werden nun unter umfassender Einbeziehung der nationalen Behörden in einem EU-Testprotokoll für den Gesundheitsschutz zusammenfließen. Dies würde bedeuten, dass gemeinsame Regeln für die Durchführung von Tests, beispielsweise im Hinblick auf den Testzeitpunkt (sowohl vor dem Abflug als auch bei der Ankunft), das Nachweisen von in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführten Tests, die Zielgruppen sowie die erforderlichen Ressourcen und Infrastrukturen an Flughäfen, angewandt und gegebenenfalls auf andere potenzielle Standorte ausgeweitet werden könnten. Dem übergeordneten Kriterium der Verhältnismäßigkeit sollte dabei stets Rechnung getragen werden. 17

Einheitliche Quarantänevorschriften 

Die Arbeiten zur Entwicklung von Teststrategien, die auf validierten Technologien basieren und sich nach den verfügbaren Kapazitäten richten, sollten auch bei der Konzipierung einer EU-Quarantänestrategie berücksichtigt werden. Aktuell findet eine Vielzahl von Maßnahmen Anwendung, da die Mitgliedstaaten unterschiedlich bewerten, welche Auswirkungen diese auf die Gesundheit haben, inwieweit sie eine Einschränkung der Freiheit bewirken und wie wahrscheinlich ihre Einhaltung ist. So werden beispielsweise einige Quarantänemaßnahmen auf freiwilliger Basis auferlegt, während andere verbindlich sind. Mitunter sind diese Maßnahmen an Tests gebunden, und auch die vorgeschriebene Dauer der Isolation bzw. Quarantäne schwankt zwischen 7 und 14 Tagen. Die Kommission hat das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten beauftragt, wissenschaftliche Leitlinien zum Thema Quarantäne bereitzustellen, damit gemeinsam mit den Mitgliedstaaten ein einheitliches und verhältnismäßiges europäisches Konzept ausgearbeitet werden kann.

Ein gemeinsames Reiseformular

Reiseformulare erleichtern den Mitgliedstaaten die Durchführung von Risikobewertungen bei der Einreise und die Ermittlung von Kontaktpersonen. Der Rat ist übereingekommen, dass ein gemeinsames europäisches Reiseformular in digitaler Form erstellt werden soll, das sowohl zu einer zügigen Verarbeitung der Informationen als auch zur Verbesserung des Datenaustauschs zwischen den Mitgliedstaaten beitragen würde. Die Arbeiten zur Entwicklung eines solchen Konzepts für ein einheitliches System laufen seit Juli 18 . Die uneingeschränkte Einhaltung der Datenschutzanforderungen ist in diesem Zusammenhang von grundlegender Bedeutung. Jeder EU-Mitgliedstaat hätte ausschließlich Zugang zu seinen nationalen Daten, und der Austausch personenbezogener Daten zur Ermittlung von Kontaktpersonen würde über bereits bestehende Kanäle erfolgen. Im nächsten Monat wird ein Pilotprojekt es den Mitgliedstaaten ermöglichen, sich auf die Anwendung dieses Konzepts vorzubereiten, und der für Dezember geplanten Einführung des EU-Reiseformulars den Weg bereiten.

„Re-open EU“

Angesichts der von Tag zu Tag zunehmenden Komplexität der Planung und Durchführung von Reisen in Europa benötigen die Bürger klare Informationen, um Risiken und Kosten möglichst gering zu halten. Mitte Juni startete die Kommission die Internetplattform „Re-open EU“, über die zeitnahe und genaue Informationen über gesundheitspolitische Maßnahmen und Reisebeschränkungen in allen Mitgliedstaaten bereitgestellt werden sollen. Seit ihrer Einführung wurde die Plattform von fast 7 Millionen Besuchern genutzt. Sobald die Mitgliedstaaten dem ECDC alle erforderlichen Information übermitteln, wird die Plattform eine zentrale Anlaufstelle für Informationen über aktuelle gesundheitspolitische Maßnahmen und Reisemöglichkeiten innerhalb der EU darstellen.

Instrumente wie „Re-open EU“ sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Bürgerinnen und Bürgern dabei zu helfen, Reisen sicher zu planen und ihre Gesundheit dabei zu schützen. Auch bei der Unterstützung der Wirtschaft spielen sie eine zentrale Rolle. Rund 10 % des BIP der EU und sogar rund 25 % des BIP einzelner Mitgliedstaaten entfallen auf den Tourismus. Derzeit wird eine mobile „Re-open EU“-App entwickelt, die in den kommenden Wochen an den Start gehen soll. Ihre volle Wirkung kann die Plattform natürlich nicht entfalten, wenn Informationen verspätet oder unvollständig – etwa ohne Berücksichtigung etwaiger regionaler Unterschiede bei den bestehenden Maßnahmen – übermittelt werden. Im Interesse eines größtmöglichen Nutzens dieses Instruments und der Gewährleistung der Korrektheit und Aktualität der verfügbaren Informationen fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf,

·die Informationen zu ihren gesundheitspolitischen Maßnahmen und Reisebestimmungen bei etwaigen Änderungen zeitnah und regelmäßig zu aktualisieren, sodass die einschlägigen Informationen bereits bei Inkrafttreten der Änderungen vorliegen;

·vollständige und genaue Informationen bereitzustellen;

·falls möglich und sofern relevant regionale Informationen bereitzustellen.

Leitlinien für unbedingt notwendige Reisen aus Drittländern in die EU

Im März 2020 wurde eine vorübergehende Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen aus Drittländern in die EU eingeführt und anschließend mehrmals verlängert. Schließlich wurde eine Liste von Ländern erstellt, für die die Beschränkungen nicht unbedingt notwendiger Reisen aufgehoben werden konnten; diese Liste wurde anschließend regelmäßig aktualisiert.

In der Empfehlung wurden unter anderem bestimmte Kategorien von Personen festgelegt, die aus zwingenden Gründen reisen müssen und daher von den Beschränkungen ausgenommen sind. Im Sinne einer weiteren Klarstellung wird die Kommission Leitlinien annehmen, um eine einheitliche Anwendung der Bestimmungen zu fördern. Die Kommission wird die Empfehlung fortlaufend überprüfen, um die verwendeten Kriterien stets an die aktuelle Situation anzupassen.

Nächste Schritte:

·Vollständige Umsetzung der Empfehlung des Rates vom 13. Oktober 2020 durch die Mitgliedstaaten und weitere Schritte hin zu einem gemeinsamen Konzept für Beschränkungen der Freizügigkeit;

·Erarbeitung eines gemeinsamen Quarantänekonzepts durch die Kommission in Zusammenarbeit mit dem ECDC und den Mitgliedstaaten (Beitrag des ECDC im November 2020);

·Einführung eines gemeinsamen digitalen EU-Reiseformulars im Dezember 2020;

·Einführung einer mobilen „Re-open EU“-App in den kommenden Wochen;

·Überprüfung der im Rahmen eines gemeinsamen Konzepts für die Freizügigkeit von allen Mitgliedstaaten anzuwendenden Kriterien.

   2.8    Ausweitung der „Green Lanes“

Die Einführung sogenannter „Green Lanes“ (Sonderfahrspuren), die insbesondere im Straßengüterverkehr Grenzüberquerungen innerhalb von weniger als 15 Minuten ermöglichen sollen, spielte bei der Aufrechterhaltung der Güterversorgung und des Wirtschaftsgefüges der EU eine zentrale Rolle. Dies hat maßgeblich dazu beigetragen, die negativen Auswirkungen der Pandemie auf das tägliche Leben einzudämmen. Einige Beschränkungen wie etwa geltende Quarantänevorschriften und die Schließung wesentlicher Dienste für Güterfahrer erschweren die Situation nach wie vor und sollten daher überdacht werden. Die Schließung von Grenzen führt zu erheblichen Verzögerungen, von denen der Straßengüterverkehr und entsprechende Güter sowie Dienstleister und Grenzgänger betroffen sind. Die Kommission schlägt vor, das Konzept der „Green Lanes“ unter anderem auch auf den Schienen-, Luft- und Schiffsgüterverkehr auszuweiten und besondere Vorkehrungen für Seeleute zu treffen, um ein wirksames Funktionieren des multimodalen Verkehrs sicherzustellen. Durch die Ausweitung des Konzepts der „Green Lanes“ soll sichergestellt werden, dass in Fällen, in denen die Mitgliedstaaten tatsächlich vorübergehende Beschränkungen an den Grenzen oder Hygienekontrollen auferlegen, diese den Binnenmarkt und insbesondere den freien Warenverkehr, die Freiheit zur Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen und die Freizügigkeit von Grenzgängern und Beschäftigten im grenzüberschreitenden Verkehrswesen nicht übermäßig beeinträchtigen.

Nächster Schritt:

·Die Kommission wird die Situation aufmerksam verfolgen, um auch künftig einen zügigen Grenzverkehr sicherzustellen (Grenzübertritt in weniger als 15 Minuten an mehr als 90 % der Grenzübergangsstellen).

3.Schlussfolgerung: Schaffung eines stärkeren Rahmens für die Zukunft

Die Erfahrungen im Rahmen der Arbeiten zur Verbesserung der globalen, europäischen und nationalen Reaktion auf die erneute Pandemiewelle müssen bei der Schaffung eines robusten Systems für die Zukunft berücksichtigt werden. Die COVID-19-Pandemie hat eine Reihe von Mängeln in den Strukturen und Maßnahmen der EU für die Reaktion auf Gesundheitskrisen aufgezeigt, und die ergriffenen Ad-hoc-Reaktionen haben verdeutlicht, dass die Möglichkeiten der Koordinierung nicht voll ausgeschöpft wurden. Die Mitgliedstaaten sollten ihrer eigenen Forderung nach einem einheitlicheren und besser koordinierten Ansatz nun Folge leisten.

Die Kommission wird am 11. November ein Paket von Initiativen annehmen, mit dem das Grundgerüst einer Europäischen Gesundheitsunion geschaffen werden soll. Dieses Paket wird unter anderem einen Vorschlag für die Bewältigung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren umfassen, in dem ein umfassenderes Konzept für die Krisenvorsorge, -überwachung und -reaktion dargelegt wird. Außerdem sollen die Mandate des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten und der Europäischen Arzneimittel-Agentur dahin gehend geändert werden, dass diese besser zur Krisenvorsorge und -bewältigung beitragen können. Mit diesen Maßnahmen sollen weitere strukturelle Mängel beseitigt und die für den EU-Rahmen für die Gesundheitssicherheit erforderlichen Verbesserungen vorgenommen werden. Weitere Änderungen werden künftig im Verkehrssektor erforderlich sein, da es hier zusätzlicher integrierter Notfallmechanismen bedarf.

Die kommenden Monate werden eine Herausforderung darstellen. Die Reaktionsfähigkeit des Gesundheitswesens wird auf den Prüfstand gestellt, und die Regierungen werden im Hinblick auf die Frage, welche Beschränkungen erforderlich sind, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, vor schwierigen Entscheidungen stehen. Die in der Mitteilung dargelegten Schritte zeigen, was die EU unternehmen kann und muss, um den Anstrengungen zur Eindämmung des erneuten Anstiegs der Infektionszahlen eine europäische Dimension zu verleihen. Zusammenarbeit ist von grundlegender Bedeutung, wenn es darum geht, das Potenzial neuer Technologien zu nutzen, einen möglichst wirksamen Einsatz knapper Ressourcen zu gewährleisten, und dafür zu sorgen, dass der Binnenmarkt Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen weiterhin einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mehrwert bietet. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollten sowohl auf Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf EU-Ebene rasch weiterverfolgt werden.

(1)

     Siehe Mitteilung COM(2020) 318 „Kurzfristige Vorsorgemaßnahmen der EU im Gesundheitsbereich im Hinblick auf COVID-19-Ausbrüche“ vom 15. Juli 2020.

(2)

     Schlussfolgerungen des Europäischen Rates EUCO 15/20, 16. Oktober 2020.

(3)

     Laut Standard-Eurobarometer 93 (veröffentlicht im Oktober 2020) vertrauten 62 % der Menschen darauf, dass die EU künftig richtige Entscheidungen im Zusammenhang mit der Pandemie trifft.

(4)

     Mitteilung C(2020) 2391 der Kommission „Leitlinien für In-vitro-Tests zur Diagnose von COVID-19 und deren Leistung“ vom 15.4.2020.

(5)

     Antigen-Schnelltests sind Immunoassays zum Nachweis des Vorhandenseins eines viralen Antigens.

(6)

     Nummer 17 der Empfehlung (EU) 2020/1475 des Rates vom 13. Oktober 2020 für eine koordinierte Vorgehensweise bei der Beschränkung der Freizügigkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie.

(7)

     Gemeinsames EU-Instrumentarium für Mitgliedstaaten: Mobil-Apps zur Unterstützung der Kontaktnachverfolgung im Kampf der EU gegen COVID-19, Netzwerk für elektronische Gesundheitsdienste, 15. April 2020,  https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/ehealth/docs/covid-19_apps_en.pdf

(8)

     Das Instrument für Soforthilfe wird als finanzielle Komponente des gemeinsamen europäischen Fahrplans zur Aufhebung der Corona-Maßnahmen genutzt, um die unmittelbaren Folgen der Pandemie abzufedern und den Erfordernissen in der Ausstiegs- und Erholungsphase vorausschauend zu begegnen.

(9)

     Das Netzwerk soll vor Ende 2020 eingerichtet und aus Mitteln des Programms Horizont 2020 finanziert werden.

(10)

      https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_1694  

(11)

     Mitteilung über die Vorkehrungen für die Strategien zur Impfung gegen COVID-19 und die Bereitstellung von Impfstoffen (COM(2020) 680 vom 15. Oktober 2020).

(12)

   Eine De-facto-Diskriminierung ist beispielsweise dann gegeben, wenn die gegenseitige Anerkennung von Testergebnissen im Rahmen einer vorgesehenen Testpflicht nicht gewährleistet ist.

(13)

   Vorschlag für eine Empfehlung des Rates vom 4. September 2020 (COM(2020) 499 final).

(14)

   Empfehlung (EU) 2020/1475 des Rates vom 13. Oktober 2020 für eine koordinierte Vorgehensweise bei der Beschränkung der Freizügigkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie.

(15)

     Abrufbar unter https://www.ecdc.europa.eu/en/covid-19/situation-updates/weekly-maps-coordinated-restriction-free-movement . 

(16)

     Als Grundlage wird hierbei das von der EASA und dem ECDC im Mai 2020 erstellte Protokoll über den Gesundheitsschutz in der Luftfahrt (Aviation Health Safety Protocol) dienen. Auch im Rahmen der Gemeinsamen Aktion „EU Healthy Gateways“ wurde an einer gemeinsamen Strategie für das Testen von Reisenden an internationalen Flughäfen in der EU gearbeitet.

(17)

   So gibt es beispielsweise deutliche Unterschiede bei den relativen Kosten und Vorteilen von Schnelltests, die während der Wartezeit vor dem Einsteigen an einem Flughafen oder Hafen durchgeführt werden, und jenen, die an Straßengrenzübergängen durchgeführt werden.

(18)

     Mitteilung „Kurzfristige Vorsorgemaßnahmen der EU im Gesundheitsbereich im Hinblick auf COVID-19-Ausbrüche“ (COM(2020) 318 final), 15. Juli 2020. https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:f6fbab84-c749-11ea-adf7-01aa75ed71a1.0003.02/DOC_1&format=PDF .

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