EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52019DC0498

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über Bulgariens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens

COM/2019/498 final

Brüssel, den 22.10.2019

COM(2019) 498 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über Bulgariens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens

{SWD(2019) 392 final}


1.EINLEITUNG

Das Kooperations- und Kontrollverfahren (Cooperation and Verification Mechanism – CVM) wurde beim Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union im Jahr 2007 als Übergangsmaßnahme eingeführt, um die anhaltenden Bemühungen des Landes um eine Reform seines Justizwesens zu unterstützen und die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität voranzubringen. 1 Das CVM bringt die gemeinsame Verpflichtung des bulgarischen Staates und der Union zum Ausdruck, verschiedene Mängel, die zum Zeitpunkt des Beitritts festgestellt und noch nicht behoben worden waren, anzugehen. Das Verfahren sollte so lange fortgesetzt werden, bis bestimmte Vorgaben nach Auffassung der Kommission zufriedenstellend erfüllt sind.

Das CVM läuft seit 2007 und soll den Reformprozess in den betreffenden Bereichen fördern und begleiten. Im Januar 2017 führte die Kommission eine umfassende Bewertung der Fortschritte Bulgariens in den zehn Jahren seit Einführung des CVM durch 2 und zeigt in ihrem Bericht anhand von siebzehn zentralen Empfehlungen einen klaren Weg zum Abschluss des CVM auf. Angesichts der erzielten Fortschritte ist die Kommission der Auffassung, dass Bulgarien bei Weiterverfolgung dieser siebzehn Empfehlungen hinreichende Voraussetzungen für den Abschluss des CVM schaffen würde, es sei denn, die erzielten Fortschritte würden durch neue Entwicklungen zunichtegemacht. Viele der Empfehlungen stellen darauf ab, durch Schaffung interner Garantien die Unumkehrbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen und den Nachweis zu erbringen, dass auch ohne das CVM laufende Projekte fortgeführt und die Fortschritte konsolidiert werden können.

Seither hat die Kommission in zwei Bewertungen geprüft, welche Fortschritte bei der Umsetzung der abschließenden zentralen Empfehlungen zu verzeichnen sind, und zog in ihrem Bericht vom November 2017 3   den Schluss, dass erhebliche Fortschritte erzielt wurden. Auch wenn die Kommission bisher noch bei keiner Vorgabe den Schluss ziehen konnte, dass sie zufriedenstellend erfüllt worden sei, stellte sie fest, dass Bulgarien bei entschlossener Fortsetzung des Reformkurses in der Lage sein dürfte, die ausstehenden CVM-Empfehlungen in naher Zukunft zu erfüllen. Der Rat begrüßte die bedeutenden positiven Schritte, wies jedoch darauf hin, dass noch viel getan werden muss 4 . 

Im November 2018 5 begrüßte die Kommission die Fortschritte in Richtung eines raschen Abschlusses des CVM und gelangte zu dem Schluss, dass die Vorgaben eins, zwei und sechs als vorläufig erfüllt gelten könnten. Bei den verbleibenden drei Vorgaben in Bezug auf die Fortführung der Justizreform und die Bekämpfung der Korruption seien dagegen weitere Anstrengungen erforderlich, um die vollständige Umsetzung der Empfehlungen vom Januar 2017 zu gewährleisten. Der Rat nahm die Schlussfolgerungen der Kommission zur Kenntnis und forderte Bulgarien auf, die positive Dynamik zu nutzen, um Fortschritte endgültig und unumkehrbar zu konsolidieren 6 .  

In diesem Bericht bewertet die Kommission die Fortschritte, die Bulgarien seit November 2018 im Rahmen des CVM erzielt hat. Wie in den Vorjahren ist diese Bewertung Ergebnis einer sorgfältigen Analyse, bei der sich die Kommission auf eine enge Zusammenarbeit mit den bulgarischen Behörden sowie auf Informationen vonseiten der Zivilgesellschaft und anderer Beteiligter und Beobachter stützen konnte. Dabei wurden auch seit Einführung des CVM eingetretene Entwicklungen in der Politik und der Rechtsprechung der EU in den einschlägigen Bereichen berücksichtigt.

2.    ALLGEMEINE LAGE

In früheren Berichten wurde festgestellt, dass kontextuelle Faktoren, die nicht unter das CVM fallen, aber für Fragen der Rechtsstaatlichkeit relevant sind, sich zuweilen negativ auf den Fortgang der Reformen auswirken können. Zu diesen Faktoren zählen allgemeine politische Instabilität, ein nicht vorhersehbares Gesetzgebungsverfahren und eine Medienlandschaft, die Anlass zu ernster Besorgnis gibt. Bulgarien zeichnet sich seit dem Bericht vom November 2018 durch relative politische Stabilität aus; allerdings wurden Behauptungen erhoben, wonach hochrangige Beamte und Politiker Immobilien zu Preisen unter dem marktüblichen Preis erworben hätten 7 .

Im Bericht vom November 2017 wurden auch Probleme im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren angesprochen, wobei als Beispiel die Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes im Sommer 2017 genannt wurden, die Anlass zu Bedenken gaben und zu Klagen beim bulgarischen Verfassungsgericht führten 8 . Es wurde deshalb mit Nachdruck auf die Notwendigkeit hingewiesen, etwaige Folgen für die Unabhängigkeit der Justiz im Auge zu behalten.

Unabhängige, pluralistische Medien spielen eine Schlüsselrolle für die demokratische Debatte und sollten keinem ungebührlichen Druck durch wirtschaftliche oder politische Interessen ausgesetzt sein 9 . Die Medienlandschaft ist zwar nicht Gegenstand der CVM-Vorgaben 10 , doch haben die in diesem Bereich festgestellten Mängel weiterhin Auswirkungen auf das Justizsystem. Der Oberste Justizrat hat die verantwortungsvolle Aufgabe, für die Unabhängigkeit der Justiz einzutreten, und muss dabei jegliche Beschränkung des Grundsatzes der Meinungsfreiheit und der unverzichtbaren Rolle der Medien, deren Aufgabe es ist, Behörden zur Verantwortung zu ziehen und die Öffentlichkeit zu informieren, vermeiden. Die strengere Politik, die im vergangenen Jahr eingeschlagen wurde, dürfte dazu führen, dass irreführende Berichterstattung in den Medien oder Erklärungen von Politikern, die den Ruf und die Glaubwürdigkeit des gesamten Justizsystems schädigen, intensiver angegangen werden. Dies gilt auch, wenn sich Muster einer gezielten Kampagne gegen Richter, die bestimmte Urteile gefällt haben, abzeichnen und die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Gerichtsverfahren in Gefahr gebracht werden könnten 11 .

Mechanismen zur Förderung einer nachhaltigen Rechtsstaatlichkeit

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der das allgemeine Umfeld mitgestaltet, ist die Entwicklung einer breiteren Infrastruktur für Rechtsstaatlichkeit auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene. Hier geht die Entwicklung in eine Richtung, die Möglichkeiten für neue Instrumente eröffnet, die der Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit neuen Schwung geben können – auch hinsichtlich Fragen, die unter das CVM fallen. Auf EU-Ebene werden die nationalen Justizsysteme seit mehreren Jahren im Rahmen des EU-Justizbarometers 12 und – zusammen mit dem Rahmen für die Korruptionsbekämpfung – innerhalb des Europäischen Semesters für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik 13 beobachtet. Diese Entwicklung wird auf der Grundlage der Mitteilung der Kommission vom Juli 2019 14 fortgesetzt, in der sie konkrete Maßnahmen beschrieben hat, um die Förderung und Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in der Union zu stärken, indem eine gemeinsame Kultur der Rechtsstaatlichkeit gefördert, ein Überprüfungszyklus zur Beobachtung einschlägiger Entwicklungen in den Mitgliedstaaten eingerichtet und bessere Bedingungen für eine wirksame Reaktion geschaffen werden. Die politischen Leitlinien der nächsten Kommission, in denen ein umfassender Mechanismus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit angekündigt wird, der unionsweit greift und eine jährliche objektive Berichterstattung über alle Mitgliedstaaten vorsieht, wird in dieser Hinsicht für Kontinuität sorgen 15 . Über die CVM-Vorgaben hinaus wird in Artikel 19 Absatz 1 EUV ein effektiver gerichtlicher Schutz durch unabhängige Gerichte gefordert. Hier erfährt das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit eine konkrete Ausgestaltung, die vom Europäischen Gerichtshof in seiner jüngsten Rechtsprechung bestätigt wurde. Die Tatsache, dass Rechtsstaatlichkeit, einschließlich der Rechtsrahmen für die Korruptionsbekämpfung, in allen Mitgliedstaaten auf horizontaler Ebene überwacht wird und auch die Perspektiven für die weitere Entwicklung bewertet werden, zeigt den besonderen Charakter des CVM, das sowohl in Bezug auf die betroffenen Mitgliedstaaten als auch auf die behandelten Themen ein begrenzter Prozess ist.

Die Entwicklung von Reformmechanismen auf nationaler Ebene stand auch im Mittelpunkt der Empfehlungen vom Januar 2017. Darin wurde betont, wie wichtig Mechanismen sind, die es ermöglichen, die Überwachung auf nationaler Ebene zu internalisieren und in nationale Prozesse einzubinden, an denen neben den Behörden auch die Zivilgesellschaft beteiligt ist. In der gleichen Logik wurde im Bericht vom November 2018 darauf hingewiesen, dass Bulgarien sowohl im Rahmen des CVM als auch in der Zeit danach weiter konkrete Ergebnisse erzielen müsse und dass eine kontinuierliche Überwachung durch die bulgarischen Behörden auch nach Abschluss des Kooperations- und Kontrollverfahrens dabei eine wichtige Rolle spielen werde. Im Bericht wurde die Bedeutung einer transparenten Berichterstattung und öffentlichen Kontrolle hervorgehoben, um durch interne nationale Überwachung sicherzustellen, dass die Fortschritte erhalten und die Reformen weitergeführt werden.

Bulgarien hat bereits wichtige Elemente einer solchen nationalen Überwachung und Konsultation der Interessenträger eingeführt und in diesem Zusammenhang eigene Beiräte für die Justizreform und die Bekämpfung der Korruption eingesetzt 16 . Darüber hinaus hat die bulgarische Regierung kürzlich beschlossen, innerhalb des Rats für Koordinierung und Zusammenarbeit einen zusätzlichen, umfassenderen Mechanismus für die Nachbegleitung zu schaffen („Rat für die Nachbegleitung“) 17 . Der neue Rat für die Nachbegleitung wird seine Arbeit nach Abschluss des CVM aufnehmen und mindestens alle drei Monate zusammentreffen 18 . Den Vorsitz würden die stellvertretende Ministerpräsidentin mit Zuständigkeit für die Justizreform und der Vertreter des Obersten Justizrats gemeinsam führen 19 . Der Rat wird überwachen, ob die Reformen erfolgreich fortgesetzt werden, und nach jeder Sitzung einen Bericht für die Öffentlichkeit sowie einen an die Regierung und den Obersten Justizrat gerichteten Jahresbericht veröffentlichen. Er wird Informationen von einem breiten Spektrum relevanter Institutionen einholen und auch einen Bürgerrat mit Vertretern der Zivilgesellschaft und der Berufsverbände der Justiz umfassen 20 .

Dieser Rat für die Nachbegleitung soll die Justizreform und die Politik zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität überwachen und koordinieren. Damit wird ein übergeordneter Rahmen für die Behörden und die Interessenträger geschaffen, der es ermöglicht, Fortschritte transparent zu bewerten und das Augenmerk auf die verbleibenden Herausforderungen zu richten. Gleichzeitig könnte dadurch dazu beigetragen werden, die zuständigen Behörden, sofern erforderlich und angemessen, zur Rechenschaft zu ziehen 21 . Die bulgarischen Behörden haben sich auf Ebene des Ministerpräsidenten dazu verpflichtet, dem Rat eine besondere Stellung einzuräumen und ihn so in die Lage zu versetzen, die Umsetzung von Reformen und künftige Fortschritte bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität wirksam zu überwachen und eine tragende Rolle in der künftigen politischen Koordinierung zu spielen.

Die Kommission begrüßt das Engagement der bulgarischen Behörden, die Reformdynamik unter Wahrung vollständiger Transparenz und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft auch nach Ende des CVM fortsetzen zu wollen. Der Rat für die Nachbegleitung dürfte ein wichtiger Ansprechpartner werden, der sich auf EU-Ebene in die anlaufenden Gespräche über die Rechtsstaatlichkeit und den künftigen umfassenden Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus einbringen kann.

3.    BEWERTUNG DER FORTSCHRITTE BEI DER ERFÜLLUNG DER CVM-VORGABEN ANHAND DER EMPFEHLUNGEN AUS DEM CVM-BERICHT VOM JANUAR 2017

3.1    Vorgaben, die im Bericht vom November 2018 als vorläufig erfüllt betrachtet wurden (Vorgaben eins, zwei und sechs)

Vorgabe eins: Unabhängigkeit der Justiz

Empfehlung 1: Gewährleistung einer transparenten Wahl zum zukünftigen Obersten Justizrat auf der Grundlage einer öffentlichen Anhörung in der Nationalversammlung vor der Wahl der vom Parlament zu ernennenden Mitglieder, wobei die Zivilgesellschaft die Möglichkeit haben soll, zu den Kandidaten Stellung zu nehmen.

Empfehlung 2: Aufstellung einer Bilanz von transparenten und leistungsbasierten Ernennungen in hohe Justizämter, einschließlich der bevorstehenden Ernennung eines neuen Präsidenten des Obersten Verwaltungsgerichts.

Empfehlung 3: Verbesserung der praktischen Arbeitsweise der Justizaufsichtsbehörde und der Folgemaßnahmen des Obersten Justizrats zu den Ergebnissen der Aufsichtsbehörde, insbesondere im Zusammenhang mit Integritätsfragen, und Erwägung der Einholung externer Hilfe, beispielsweise des Dienstes zur Unterstützung von Strukturreformen und/oder des Europarates.

Vorgabe zwei: Rechtsrahmen

Empfehlung 4: Annahme von Änderungen der Strafprozessordnung und des Strafgesetzbuchs zur Verbesserung des Rechtsrahmens für die strafrechtliche Verfolgung von Korruption auf hoher Ebene und schwerer organisierter Kriminalität.

Vorgabe sechs: Organisierte Kriminalität

Empfehlung 16: Einrichtung eines Verfahrens der öffentlichen Berichterstattung über die Fortschritte in Fällen von organisierter Kriminalität im öffentlichen Sektor. Berichterstattung der Generalstaatsanwaltschaft über Ermittlungen und Anklagen, wobei die Unschuldsvermutung zu wahren ist. Berichterstattung des Obersten Kassationsgerichtshofs und des Justizministeriums über Verurteilungen sowie den Strafvollzug.

Empfehlung 17: Verabschiedung der erforderlichen Änderungen des Gesetzes über die Einziehung von Erträgen aus Straftaten und Sicherstellung der fortgesetzten unabhängigen und effizienten Arbeit der für die Einziehung von illegalen Vermögenswerten zuständigen Kommission.

In diesem Abschnitt werden die drei Vorgaben behandelt, die im November 2018 als vorläufig erfüllt betrachtet wurden. Sie betreffen die Reform des verfassungsrechtlichen und legislativen Rahmens und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität mit dem Ziel, Defizite, die zum Zeitpunkt des Beitritts zur Europäischen Union in Bulgarien festgestellt wurden, zu beheben. Unter vorläufiger Erfüllung ist zu verstehen, dass die Anforderungen des CVM nach Auffassung der Kommission durch die strukturellen und legislativen Änderungen zwar als erfüllt anzusehen sind, die Umsetzung aber weiter überwacht wird.

In früheren Berichten wurden die Fortschritte aufgeführt, die Bulgarien im Hinblick auf die Änderung des verfassungsrechtlichen und legislativen Rahmens seit seinem Beitritt erzielt hatte und die darauf abzielten, die Garantien für die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken und Transparenz und Effizienz der Gerichtsverfahren zu verbessern. Zu den jüngsten Verbesserungen zählen die Verfassungsänderungen aus dem Jahr 2015 und die damit eingeleitete Reform des Obersten Justizrates und Stärkung der Justizaufsicht. Diese Änderungen sind nun seit mehreren Jahren in Kraft und haben zu mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der Ernennung von Richtern geführt und die Integrität gestärkt 22 . Damit konnte im Bericht vom November 2018 der Schluss gezogen werden, dass die beiden Vorgaben bezüglich des verfassungsrechtlichen und legislativen Rahmens als vorläufig erfüllt betrachtet werden könnten. Die Ernennung von Richtern und die Arbeitsweise der Justizaufsicht wurden als Bereiche für eine fortgesetzte Überwachung ermittelt, und auch bestimmte Aspekte des rechtlichen Umfelds sollten im Zusammenhang mit anderen Vorgaben weiteren Prüfungen unterzogen werden 23 . 

Seit November 2018 nimmt der Oberste Justizrat seine Aufgaben in Bezug auf die Ernennung von Richtern wahr. Dabei kam es zu einigen Verzögerungen, weil der Oberste Justizrat – beispielsweise im Zusammenhang mit der Besetzung bestimmter Schlüsselpositionen in der Staatsanwaltschaft – keinen Konsens finden konnte. Es ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung, dass solche Ernennungen transparent und leistungsbezogen erfolgen und dass qualifizierte potenzielle Bewerber dazu ermutigt werden, sich zu bewerben, weil sie davon ausgehen können, dass alle Bewerber ausschließlich aufgrund ihrer Verdienste bewertet werden.

Eine wichtige Ernennung steht mit Ende der Amtszeit des amtierenden Generalstaatsanwalts im Januar 2020 an. Der Oberste Justizrat leitete das Verfahren im Juni ein und wird am 24. Oktober 2019 voraussichtlich einen Nachfolger benennen, der dann vom Präsidenten der Republik bestätigt werden muss 24 . Im Juli 2019 wurde ein einziger Kandidat einstimmig von der Kammer der Staatsanwälte des Obersten Justizrats unterstützt 25 . Der Kandidat legte seine Prioritäten für die siebenjährige Amtszeit schriftlich dar. Das Verfahren sieht vor der Nominierung eine Anhörung vor, in der Fragen und Anliegen der Zivilgesellschaft und anderer Interessenträger angesprochen werden können. In den vergangenen Wochen fand eine breite Debatte in den Medien statt, wobei einige Interessenträger Bedenken in Bezug auf das Verfahren und den Kandidaten äußerten 26 . Es liegt in der Verantwortung des Obersten Justizrats, für ein transparentes Verfahren zu sorgen und zu zeigen, dass die geäußerten Bedenken ernst genommen und bei der Entscheidung berücksichtigt wurden.

Das neben der Reform des Obersten Justizrats wichtigste Element der Verfassungsänderungen von 2015 war die Stärkung der Justizaufsicht bei der Prüfung der Integrität von Richtern. Auf Empfehlung des Berichts vom Januar 2017 haben sich die bulgarischen Behörden an den Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen der Kommission gewandt und wurde im Juli 2019 unter Beteiligung des Europarates und internationaler Experten ein entsprechendes Projekt offiziell eingeleitet. Ziel ist eine Überprüfung der Arbeitsmethoden der Justizaufsicht und deren Unterstützung durch Lerneffekte aus bewährten Verfahren anderer Mitgliedstaaten. Das Projekt soll bis Ende 2020 abgeschlossen werden.

Auch der breitere Rechtsrahmen hat im Laufe der Jahre eine Reihe von Reformen durchlaufen. In den jüngsten CVM-Berichten wurden insbesondere die positiven Auswirkungen von Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes im Jahr 2016 und der Strafprozessordnung im Jahr 2017 zur Kenntnis genommen. Im Bericht vom November 2018 wurde darauf hingewiesen, dass einige zentrale Aspekte des Rechtsrahmens noch geprüft würden. Diese betreffen insbesondere die Wirksamkeit strafrechtlicher Ermittlungen, einschließlich Ermittlungen gegen einen amtierenden Generalstaatsanwalt. Diese Fragen stehen in engem Zusammenhang mit den Folgemaßnahmen zu den Empfehlungen im Rahmen der Vorgaben drei und vier (siehe unten) 27 . 

Getrennt davon urteilte das Verfassungsgericht im Februar 2019, dass die 2017 in Artikel 230 des Gerichtsverfassungsgesetzes aufgenommenen Bestimmungen über die automatische Suspendierung von Richtern, gegen die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, nicht mit der bulgarischen Verfassung vereinbar seien 28 . Am 20. September 2019 legte die Regierung Entwürfe für Änderungen vor, um das Gesetz durch Aufhebung dieser Bestimmungen mit der Verfassung in Einklang zu bringen, und verpflichtete sich, auf eine rasche Annahme in der Nationalversammlung hinzuarbeiten 29 .

Schließlich wurde im Bericht vom November 2018 aufgrund der positiven Entwicklungen des institutionellen Umfelds und der Erfolge der vorangegangenen Jahre auch die Vorgabe sechs bezüglich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität trotz weiterhin bestehender Herausforderungen als vorläufig erfüllt betrachtet. Seit November 2018 sind in diesem Zusammenhang keine neuen Probleme aufgetreten.

Die Schlussfolgerungen vom November 2018, wonach diese Vorgaben als vorläufig erfüllt betrachtet werden konnten, wurden durch die Analyse der Fortschritte des vergangenen Jahres bestätigt. Zwar bestehen bestimmte Probleme zwangsläufig fort und erfordern weiterhin die volle Aufmerksamkeit der bulgarischen Behörden, doch wurden die Empfehlungen vom Januar 2017 zufriedenstellend umgesetzt.

3.2    Vorgabe drei: Fortführung der Justizreform

Empfehlung 5: Veröffentlichung eines Berichts für die öffentliche Konsultation, in dem die Fortschritte bei der Umsetzung der nationalen Strategie für die Justizreform und die noch zu ergreifenden Maßnahmen dargelegt werden. Einrichtung eines Verfahrens der kontinuierlichen öffentlichen Berichterstattung für die verbleibende Zeitdauer der Umsetzung der Strategie.

Empfehlung 6: Bewältigung der Arbeitsbelastungsprobleme der am stärksten ausgelasteten Gerichte auf der Grundlage der neuen Arbeitsbelastungsstandards und parallel zur Entwicklung der E-Justiz Festlegung eines Fahrplans für die Reform des Justizwesens.

Empfehlung 7: Aufstellung eines Fahrplans für die Umsetzung der Empfehlungen des Berichts des Dienstes zur Unterstützung von Strukturreformen zur Reform der Staatsanwaltschaft und zu ihrem Zusammenspiel mit anderen Institutionen, einschließlich eines Verfahrens der öffentlichen Berichterstattung über die Fortschritte.

Empfehlung 8: Aufstellung eines Fahrplans für die Umsetzung der Empfehlungen der Studie zu Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, einschließlich eines Verfahrens der öffentlichen Berichterstattung über die Fortschritte.

Im Bericht vom November 2018 wurden erhebliche Fortschritte bei den vier Empfehlungen zur Fortführung der Justizreform festgestellt. Allerdings waren wichtige Entwicklungen noch nicht abgeschlossen oder erforderten eine weitere Überwachung zur Bestätigung der Fortschritte.

2017 hat die Regierung mit der Einführung eines regelmäßigen Zyklus zur Überwachung und Berichterstattung über die Fortschritte bei der Umsetzung der Justizreform begonnen. Ein im Jahr 2016 unter Schirmherrschaft des Justizministeriums eingesetzter Beirat für die Fortführung der Justizreform spielt dabei eine wichtige Rolle. Der hierdurch geschaffene Rahmen für die Zusammenarbeit mit Interessenträgern in laufenden Gesetzgebungsdossiers könnte sich auch bei künftigen strategischen Aktualisierungen der Justizreform als sinnvoll erweisen. Ferner käme dem künftigen Rat für die Nachbegleitung bei der Überwachung der Fortschritte nach Abschluss des Kooperations- und Kontrollverfahrens eine Schlüsselrolle zu.  30  

Eine wichtige Herausforderung, die auch in den kommenden Jahren fortbestehen wird, ist die Verbesserung der Effizienz und Zugänglichkeit der Justiz durch Einführung der E-Justiz und eine ausgewogene Steuerung der Arbeitsbelastung in den Justizbehörden. Bei der Gesamtreform sind im Laufe der Jahre zwar mehrfach Verzögerungen aufgetreten, doch hat der Oberste Justizrat seit 2017 wichtige Schritte unternommen, um diese Herausforderungen anzugehen; weitere Anstrengungen laufen derzeit noch.

Auch das Gesamtsystem für die strafrechtliche Ermittlung und Verfolgung von Korruption auf hoher Ebene erfordert weiter kontinuierliche Aufmerksamkeit. Im Laufe der Jahre wurden wichtige Fortschritte erzielt. Eine unabhängige Analyse der Funktionsweise der Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2016 31 und eine Analyse der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit Schwerpunkt auf Fragen, die der Gerichtshof im Jahr 2016 als systemische Probleme für die Wirksamkeit strafrechtlicher Ermittlungen in Bulgarien ausgemacht hatte, haben in jüngerer Vergangenheit weitere Anstrengungen bewirkt. Damit wurden einige wichtige Schritte getan, die in früheren CVM-Berichten dargelegt worden waren. Zu den wichtigsten Punkten, die derzeit noch geprüft werden, gehören das Verfahren zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen, einschließlich der Durchführung von Voruntersuchungen, 32 und die mögliche Notwendigkeit einer gerichtlichen Überprüfung staatsanwaltlicher Entscheidungen, von der Einleitung einer Ermittlung abzusehen.

Ein besonders heikles Thema ist die Schaffung von Verfahren, die bei strafrechtlichen Ermittlungen gegen einen amtierenden Generalstaatsanwalt, der eines kriminellen Fehlverhaltens beschuldigt wird, in allen Phasen die Unabhängigkeit dieser Ermittlungen gewährleisten sollen 33 . Im Juni legte der Justizminister Entwürfe für Änderungen der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes vor, die als Grundlage für eine öffentliche Debatte mit Interessenträgern über einen möglichen Vorschlag der Regierung dienen sollen, durch den ein Verfahren für die Einleitung eines Strafverfahrens gegen einen amtierenden Generalstaatsanwalt und gegen die Präsidenten des Obersten Kassationsgerichtshofs und des Obersten Verwaltungsgerichts geschaffen würde 34 .

Diese Änderungsentwürfe stießen in der Öffentlichkeit, auch bei Zivilgesellschaft und Justiz, auf große Aufmerksamkeit; dabei wurde eine Reihe von Bedenken aufgeworfen, zeigte sich aber auch, wie wichtig bei derart sensiblen Themen eine offene und transparente Konsultation ist. Bei diesen Gesprächen wurde auch die Frage aufgeworfen, ob die vorgeschlagenen Änderungen in ausreichendem Maße klarstellen, wie die Unabhängigkeit der Ermittlungen gegen einen amtierenden Generalstaatsanwalt gewährleistet würde 35 . Zudem führte die Tatsache, dass die Präsidenten des Obersten Kassationsgerichtshofs und des Obersten Verwaltungsgerichts ebenfalls unter den Anwendungsbereich des vorgeschlagenen Mechanismus fallen sollen, zu neuen Bedenken hinsichtlich möglicher Risiken für die Unabhängigkeit der Justiz, 36 nicht zuletzt, weil für die Unabhängigkeit von Staatsanwälten und Richtern unterschiedliche Anforderungen gelten 37 . 

Es ist zu begrüßen, dass die bulgarischen Behörden durch Vorlage konkreter Vorschläge eine öffentliche Debatte zu diesem sensiblen Thema in Gang gebracht haben, doch kann das Vertrauen der Öffentlichkeit nur dann erhalten werden, wenn die geäußerten Bedenken angemessen angegangen werden. In solchen Fällen bietet es nach Auffassung der Kommission große Vorteile, den Europarat und andere unabhängige Sachverständige einzubeziehen. Um sicherzustellen, dass die Änderung in ihrer endgültigen Fassung angemessene Garantien für die Unabhängigkeit der Justiz bietet, haben die bulgarischen Behörden um eine Stellungnahme der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) ersucht 38 . Der Antrag wurde der Venedig-Kommission am 24. September 2019 durch die Justizministerin übermittelt, und Bulgarien hat sich auf Ebene des Ministerpräsidenten gegenüber der Europäischen Kommission dazu verpflichtet, den Empfehlungen der Venedig-Kommission unter Beachtung der Vorgaben der bulgarischen Verfassung nachzukommen. Die Kommission begrüßt die Bereitschaft der bulgarischen Behörden, externe Sachverständige heranzuziehen, um eine angemessene und ausgewogene Lösung zur Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz im künftigen Verfahren zu finden.

Die bereits vorgelegten Vorschläge betreffen vor allem die Frage wirksamer Ermittlungen gegen hochrangige Richter, doch müssen die bulgarischen Behörden auch die generelle, systeminhärente Frage der Wirksamkeit von Ermittlungen sorgfältig prüfen, wobei eine umfassende Konsultation von Interessenträgern und Sachverständigen vorzusehen ist. Die bulgarische Regierung hat sich verpflichtet, ihre Zusammenarbeit mit dem Europarat fortzusetzen, um praktikable Lösungen für diese Fragen zu finden, die im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte stehen 39 . 

Wie bei der Analyse von Vorgabe drei festgestellt, hat Bulgarien wichtige Schritte zur Umsetzung der Empfehlungen 5, 6, 7 und 8 unternommen und können diese Empfehlungen als zufriedenstellend erfüllt betrachtet werden. Die bulgarische Regierung hat außerdem eine Reihe von Folgemaßnahmen eingeleitet, und die Kommission begrüßt die Zusagen, die die bulgarische Regierung in dieser Hinsicht gemacht hat. Bei solchen Folgemaßnahmen muss ausreichend Zeit für eine umfassende Konsultation von Interessenträgern und Sachverständigen, einschließlich der einschlägigen Gremien des Europarats, vorgesehen werden. Sie würden vom Rat für die Nachbegleitung geprüft, und die Ergebnisse dieser Prüfungen würden in den künftigen Dialog mit der Kommission im Rahmen des umfassenden Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus einfließen.

3.3    Vorgabe vier: Korruption auf hoher Ebene

Empfehlung 9: Verabschiedung eines neuen Rechtsrahmens für die Korruptionsbekämpfung im Einklang mit den in der Strategie für die Korruptionsbekämpfung dargelegten Absichten sowie Sicherstellung seiner Umsetzung. Einrichtung einer wirksamen Antikorruptionsbehörde.

Empfehlung 10: Annahme und Umsetzung einer Reform des Gesetzes über die öffentliche Verwaltung, um die Aufsichtsbehörden innerhalb der öffentlichen Verwaltung zu stärken.

Empfehlung 11: Ausgehend von der Analyse bisheriger Fälle Aufstellung eines gemeinsamen Fahrplans aller einschlägigen Institutionen, um Mängel bei der Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung von Korruption auf hoher Ebene zu beseitigen, einschließlich eines Verfahrens der öffentlichen Berichterstattung über die Fortschritte.

Empfehlung 12: Einrichtung eines Verfahrens der öffentlichen Berichterstattung über die Fortschritte in Fällen von Korruption auf hoher Ebene im öffentlichen Sektor. Berichterstattung der Generalstaatsanwaltschaft über Ermittlungen und Anklagen, wobei die Unschuldsvermutung zu wahren ist. Berichterstattung des Obersten Kassationsgerichtshofs und des Justizministeriums über Verurteilungen sowie den Strafvollzug.

Im Bericht vom November 2018 wurden erhebliche Fortschritte Bulgariens bei den vier Empfehlungen zur Bekämpfung von Korruption auf hoher Ebene konstatiert. Gleichzeitig wurde aber darauf hingewiesen, dass für auf rechtskräftige Verurteilungen wegen Korruption auf hoher Ebene noch keine solide Erfolgsbilanz vorzuweisen und eine kontinuierliche Überwachung des neuen institutionellen Rahmens für die Korruptionsbekämpfung erforderlich sei, um die erzielten Fortschritte zu konsolidieren.

Die in den letzten beiden Jahren in Angriff genommenen umfassenden Reformen des allgemeinen institutionellen Rahmens für die Korruptionsbekämpfung zeigen allmählich Wirkung. Dies gilt insbesondere für das Antikorruptionsgesetz vom Januar 2018 (Einrichtung einer neuen Agentur für Korruptionsbekämpfung), die Änderungen des Gesetzes über die öffentliche Verwaltung aus dem Jahr 2017 (Klärung des Rechtsrahmens für die Arbeit der internen Aufsichtsbehörden) und die Änderungen der Strafprozessordnung im Jahr 2017 (Ausstattung der spezialisierten Staatsanwaltschaft und des Gerichts für organisierte Kriminalität mit zusätzlichen Befugnissen zur Bekämpfung von Korruption auf hoher Ebene).

Die bulgarischen Behörden teilen mit, dass diese Reformen zu einer Verbesserung der allgemeinen Bedingungen für die Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung von Korruption beigetragen haben. So prüft nun die neue Agentur für Korruptionsbekämpfung die Interessenerklärungen von Tausenden von Beamten und stellt etwaigen Bedarf an Folgemaßnahmen fest 40 . Reformen werden natürlich erst im Laufe der Zeit auf die verschiedenen Phasen der Ermittlung, Strafverfolgung und möglichen Verurteilung durchschlagen, doch muss hier in Zukunft besonderes Augenmerk liegen, um sicherzustellen, dass eine solide Erfolgsbilanz in Form konkreter Ergebnisse vorgewiesen werden kann 41 . Jüngste spektakuläre Anschuldigungen gegen hochrangige Beamte und Politiker haben gezeigt, welche Herausforderungen Bulgarien in diesem Bereich noch bewältigen muss.

Eine besondere Herausforderung, der sich Institutionen wie die neue Agentur für Korruptionsbekämpfung und die Staatsanwaltschaft stellen müssen, besteht in Bulgarien darin, dass Einrichtungen für Korruptionsbekämpfung das Vertrauen der Öffentlichkeit gewinnen und sich im Laufe der Zeit einen guten Ruf für die Unabhängigkeit und Professionalität ihrer Arbeit aufbauen müssen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich uneingeschränkt darauf verlassen können, dass diese Institutionen unparteiisch handeln, das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren und die Grundrechte uneingeschränkt achten und stets von der Unschuldsvermutung ausgehen 42 . Ein wichtiges Element für die Vertrauensbildung ist das Verfahren für die Benennung der Leitung solcher Einrichtungen.

Die Agentur für Korruptionsbekämpfung arbeitet derzeit noch immer ohne ständige Leitung. Wie im Bericht vom November 2018 hervorgehoben wurde, ist das Verfahren für die Auswahl dieser Leitung umstritten, da eine einfache Mehrheit in der Nationalversammlung ausreicht und daher Bedenken hinsichtlich einer möglichen Politisierung bestehen. Die bevorstehende Ernennung eines neuen Leiters der Agentur für Korruptionsbekämpfung wird für die Nationalversammlung ein wichtiger Prüfstein sein, um nachzuweisen, dass sie in der Lage ist, ein offenes, leistungsbezogenes Verfahren durchzuführen und dadurch diese Bedenken auszuräumen und das Vertrauen in dieses wichtige Institut wiederherzustellen.

Zwei weitere Bereiche mit großer Bedeutung für den Aufbau von Vertrauen sind zum einen der Rückgriff auf externe Sachverständige zur Stärkung des Rahmens für die Korruptionsbekämpfung und zum anderen die Einbeziehung und der Dialog mit Interessenträgern über die Umsetzung der Strategie für die Korruptionsbekämpfung. Dies sind zwei wichtige Voraussetzung für die Aufrechterhaltung einer glaubwürdigen Dynamik. Die bulgarische Regierung hat sich gegenüber der Kommission dazu verpflichtet, ihre Bemühungen in diesem Bereich fortzusetzen und u. a. mit der vom Europarat eingerichteten Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) zusammenarbeiten 43 . Der Rat für die Nachbegleitung würde ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit nach Ende des Kooperations- und Kontrollverfahrens auf diese wichtigen Herausforderungen zu lenken 44 . 

Wie bei der Analyse der Vorgabe vier festgestellt werden konnte, beginnt sich das rechtliche und institutionelle Gefüge im Einklang mit den Empfehlungen 9, 10, 11 und 12 zu festigen und können diese Empfehlungen als zufriedenstellend erfüllt betrachtet werden. Bulgarien wird noch einige Zeit benötigen, ehe es hier mit einer soliden Erfolgsbilanz aufwarten werden kann, wobei der neuen Leitung der Agentur für Korruptionsbekämpfung eine besondere Rolle zukommt. Die Kommission begrüßt die Zusage der bulgarischen Regierung, diese Arbeiten auf der Grundlage der Erfahrungen, die auf internationaler Ebene gemacht wurden, fortsetzen zu wollen und dabei für Transparenz und Rechenschaftspflicht zu sorgen. Dies würde vom Rat für die Nachbegleitung geprüft, und die Ergebnisse dieser Prüfungen werden in den künftigen Dialog mit der Kommission im Rahmen des umfassenden Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus einfließen.

3.4    Vorgabe fünf: Korruption im Allgemeinen, auch auf lokaler Ebene und an den Grenzen

Empfehlung 13: Durchführung einer externen Überprüfung der Ex-ante-Kontrollen der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und ihrer Folgemaßnahmen, einschließlich Ex-post-Kontrollen, sowie der aufgedeckten Fälle von Interessenkonflikten oder Korruption und der Abhilfemaßnahmen zur Behebung der festgestellten Mängel.

Empfehlung 14: Einführung risikobasierter Maßnahmen, um die Korruption in besonders anfälligen Bereichen innerhalb der öffentlichen Verwaltung nach dem Vorbild der im Innenministerium eingeführten Maßnahmen zu bekämpfen. Fortsetzung der Anstrengungen im Innenministerium.

Empfehlung 15: Einrichtung eines Verfahrens der öffentlichen Berichterstattung über die Umsetzung der nationalen Strategie für die Korruptionsbekämpfung für die verbleibende Zeitdauer der Umsetzung der Strategie.

Im Bericht vom November 2018 wurden die erheblichen Fortschritte, die Bulgarien bei den drei Empfehlungen im Rahmen der Vorgabe fünf erzielt hatte, anerkannt, gleichzeitig aber auch festgestellt, dass sich konkrete Ergebnisse langfristig nur bei kontinuierlichen Folgemaßnahmen der bulgarischen Behörden einstellen würden. Im vergangenen Jahr hat Bulgarien die Fortschritte bestätigt und seine Anstrengungen in diesen Bereichen fortgesetzt.

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge besteht ein hohes Risiko für Interessenkonflikte und Korruption. Bulgarien hat mit Unterstützung der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Weltbank) eine umfassende Überprüfung seines Systems der öffentlichen Auftragsvergabe vorgenommen, die zu Beginn des Frühjahrs 2019 abgeschlossen wurde und in eine Reihe von Empfehlungen mündete, die u. a. Korruption, Interessenkonflikte und Betrug verhindern sollen. Die Behörden berichten, dass erste Folgemaßnahmen zu diesen Empfehlungen bereits laufen und die gesamte Überprüfung in eine künftige umfassende Strategie für die Vergabe öffentlicher Aufträge einfließen wird. Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist durch das EU-Recht geregelt, und die angelaufenen Arbeiten müssen – in bestimmten Bereichen erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme zusätzlichen Fachwissens – fortgesetzt werden 45 . 

Bulgarien setzt weiter sektorspezifische Aktionspläne zur Verhinderung von Korruption in der staatlichen Verwaltung um. Anfang 2019 wurde im Rahmen eines jährlichen Zyklus eine neue Runde sektorspezifischer Pläne verabschiedet; für die Begleitung ist ein nationaler Rat für Korruptionsbekämpfung zuständig, in dem die nationale Koordinatorin für Korruptionsbekämpfung, die ein hochrangiges Mitglied der Regierung ist, den Vorsitz führt 46 . Diese Arbeiten erfordern stete Aufmerksamkeit in allen Ministerien und Regierungsstellen. Der Rat für die Nachbegleitung könnte einiges dafür tun, die öffentliche Wahrnehmung dieser Bemühungen zu verbessern, und Unterstützung leisten. Zusammen mit dem Nationalen Rat für Korruptionsbekämpfung wird er daran arbeiten, die aktuelle Strategie zur Korruptionsbekämpfung aus dem Jahr 2015 unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen und Herausforderungen zu aktualisieren. Bei der Bewertung der derzeitigen Strategie und der Festlegung neuer Prioritäten für die Zukunft müssen auch die Interessenträger und die Zivilgesellschaft umfassend einbezogen werden 47 .

Bei der Analyse der Vorgabe fünf wurden die Fortschritte, die im Bericht vom November 2018 hinsichtlich der Empfehlungen 13, 14 und 15 festgestellt wurden, bestätigt. Diese Empfehlungen können nun als zufriedenstellend erfüllt betrachtet werden. Viele der Themen erfordern ständige Aufmerksamkeit; die Analyse der Herausforderungen und die Schaffung eines kohärenten Verfahrens für den laufenden Umgang damit haben eine gute Grundlage für die künftige Arbeit geschaffen. Fragen wie die Vergabe öffentlicher Aufträge sind auch Gegenstand des normalen Verfahrens zur Durchsetzung des EU-Rechts. Sie müssen ebenfalls vom Rat für die Nachbegleitung geprüft werden, und die Ergebnisse dieser Prüfungen werden in den künftigen Dialog mit der Kommission im Rahmen des umfassenden Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus einfließen.

4.    SCHLUSSFOLGERUNG

In der Entscheidung über die Einrichtung des CVM hatte die Kommission anerkannt, dass Bulgarien erhebliche Anstrengungen unternommen hatte, um die Vorbereitungen auf die Mitgliedschaft zum Abschluss zu bringen, gleichzeitig aber auch auf einige noch unerledigte Fragen hingewiesen, bei denen es weiterer Fortschritte bedurfte, um sicherzustellen, dass Justiz und Vollzugsbehörden in der Lage sind, die Maßnahmen zur Verwirklichung des Binnenmarkts und des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts umzusetzen und anzuwenden 48 . Dazu gehören auch die Rechenschaftspflicht und Effizienz dieser Stellen.

Damit wurde der CVM-Prozess in Gang gesetzt, der im Januar 2017 in die siebzehn zentralen Empfehlungen der Kommission mündete. Wie in den Berichten vom November 2017 und November 2018 konstatiert, arbeitet Bulgarien konsequent an der Umsetzung dieser Empfehlungen. Diese Arbeiten wurden im vergangenen Jahr fortgeführt, und Bulgarien hat weitere Fortschritte erzielt, unter anderem in Bezug auf die Empfehlungen im Rahmen der Vorgaben drei, vier und fünf, die nach der letztjährigen Bewertung noch offen waren.

Das in den vorausgegangenen Jahren geschaffene rechtliche und institutionelle Gefüge konnte im vergangenen Jahr weiter konsolidiert werden. Um langfristig konkrete Ergebnisse zu erzielen, sind Entschlossenheit und entsprechende Folgemaßnahmen erforderlich. Die Schritte, die Bulgarien zur systematischen Überwachung dieses Prozesses unternommen hat, sind in diesem Zusammenhang von grundlegender Bedeutung.

Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die bulgarische Regierung neben der Verpflichtung zu Reformen im Bereich der Korruptionsbekämpfung auch die Zusage gemacht hat, Verfahren im Hinblick auf die Rechenschaftspflicht eines Generalstaatsanwalts einzuführen und im Einklang mit den Empfehlungen der Venedig-Kommission die Unabhängigkeit der Justiz zu schützen. Die bulgarische Regierung hat um eine Stellungnahme ersucht und sich dazu verpflichtet, die Empfehlungen der Venedig-Kommission unter Einhaltung der Vorgaben der bulgarischen Verfassung zu erfüllen.

Die Kommission nimmt ferner die Zusage der bulgarischen Behörden zur Kenntnis, Rechtsvorschriften zur Aufhebung der Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes zu erlassen, die eine automatische Suspendierung von Richtern im Falle strafrechtlicher Ermittlungen und die Meldung der Mitgliedschaft in Berufsverbänden verlangen. Die bulgarische Regierung hat der Nationalversammlung bereits einen entsprechenden Legislativvorschlag vorgelegt.

Schließlich nimmt die Kommission die Zusage der bulgarischen Regierung zur Kenntnis, die Zusammenarbeit mit den Gremien des Europarates fortzusetzen, um fortbestehende Mängel im bulgarischen Rechtsrahmen für Korruptionsbekämpfung und wirksame strafrechtliche Ermittlungen zu beheben.

Die Fortschritte, die Bulgarien im Rahmen des CVM erzielt hat, sind nach Auffassung der Kommission ausreichend, um die Verpflichtungen, die Bulgarien zum Zeitpunkt des EU-Beitritts eingegangen ist, zu erfüllen. Bulgarien wird sich weiterhin konsequent darum bemühen müssen, die in diesem Bericht genannten Verpflichtungen in konkrete Rechtsvorschriften umzusetzen, und muss für eine kontinuierliche Umsetzung sorgen. Der Rat für die Nachbegleitung muss die kontinuierliche Umsetzung der von Bulgarien eingeleiteten Strukturreformen überwachen, und die Ergebnisse dieser Überwachung werden in den künftigen Dialog mit der Kommission im Rahmen des umfassenden Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus einfließen. Vor einer endgültigen Entscheidung wird die Kommission auch den Bemerkungen des Rates und des Europäischen Parlaments gebührend Rechnung tragen 49 .

(1)

     Entscheidung 2006/929/EG der Kommission vom 13. Dezember 2006 zur Einrichtung eines Verfahrens für die Zusammenarbeit und die Überprüfung der Fortschritte Bulgariens bei der Erfüllung bestimmter Vorgaben in den Bereichen Justizreform und Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens (K(2006) 6570); siehe auch Schlussfolgerungen des Ministerrates vom 17. Oktober 2006 (Ratsdokument 13339/06).

(2)

     Bericht über Bulgariens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens, COM(2017) 43.

(3)

     Bericht über Bulgariens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens, COM(2017) 750.

(4)

     Schlussfolgerungen des Rates zum Kooperations- und Überprüfungsmechanismus vom 12. Dezember 2017 (15587/17).

(5)

     Bericht über Bulgariens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens, COM(2018) 850 final.

(6)

     Schlussfolgerungen des Rates zum Kooperations- und Überprüfungsmechanismus vom 11. Dezember 2018 (15187/18).

(7)

     Die Enthüllungen führten zum Rücktritt mehrerer hochrangiger Beamter und Politiker, einschließlich der ehemaligen Justizministerin, des Leiters der Antikorruptionsbehörde und des Fraktionschefs der wichtigsten Regierungspartei.

(8)

     Siehe Abschnitt 3.1.

(9)

     Laut Reporter ohne Grenzen haben die Drohungen gegen Reporter inzwischen ein Ausmaß erreicht, dass Journalismus in Bulgarien als gefährliche Tätigkeit betrachtet werden kann. In ihrem Index der Pressefreiheit 2019 landet Bulgarien unter 180 Ländern auf dem 111. Rang und festigt nach einer deutlichen Verschlechterung im Jahr 2013 seine Position als EU-Schlusslicht: https://rsf.org/en/bulgaria . So lieferte im September 2019 die überraschende Entlassung eines Nachrichtenkommentators Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit des nationalen Rundfunks gegenüber Druck von außen und führte zu Straßenprotesten und zur Forderung nach einer parlamentarischen Untersuchung. Am 27. September beschloss die Nationalversammlung die Einsetzung einer Ad-hoc-Untersuchungskommission, die diese Angelegenheit genauer prüfen soll.

(10)

     Solche Fragen werden in den Anwendungsbereich des künftigen Mechanismus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit fallen.

(11)

     Im September 2019 führte in einem Fall mit starkem Medieninteresse ein vom Berufungsgericht Sofia gefälltes Urteil zur Strafaussetzung mit Bewährung zu Kommentaren und Maßnahmen gegen die vorsitzenden Richter. Dies provozierte Kritik der bulgarischen Richtervereinigung, die das Ausbleiben einer wirksamen Reaktion der richterlichen Mitglieder des Obersten Justizrats monierte.

(12)

      https://ec.europa.eu/info/policies/justice-and-fundamental-rights/upholding-rule-law/eu-justice-scoreboard_en  

(13)

      https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/economic-and-fiscal-policy-coordination/eu-economic-governance-monitoring-prevention-correction/european-semester_de

(14)

     Die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit in der Union - Ein Konzept für das weitere Vorgehen, COM(2019) 343 final. Dadurch wird der EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips von 2014 ergänzt.

(15)

     Politische Leitlinien für die künftige Europäische Kommission 2019-2024 — „Eine Union, die mehr erreichen will:: Meine Agenda für Europa“ S. 17, siehe https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/political-guidelines-next-commission_de.pdf .

(16)

     Siehe unten, Vorgaben drei und fünf.

(17)

     Die Beteiligung von Instituten außerhalb der Exekutive erfolgt auf freiwilliger Basis.

(18)

     Die neue Struktur wurde am 18. September von der Regierung gebilligt, siehe Ministerrat‚ Dekret Nr. 240 vom 24. September 2019 über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus zur Überwachung der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, der Justizreform und der Rechtsstaatlichkeit und die Einsetzung eines Rats für Koordinierung und Zusammenarbeit.

(19)

     Die Justizministerin wird als stellvertretende Vorsitzende fungieren, und das Justizministerium wird die Sekretariatsgeschäfte wahrnehmen. Dem Dekret zufolge wird das Sekretariat auch für die nötige Koordinierung sorgen, wenn Informationen an die Europäischen Kommission zu übermitteln sind.

(20)

     Seine Mitglieder nehmen an den Sitzungen des Rates für die Nachbegleitung als Beobachter teil und können Stellungnahmen abgeben und Vorschläge unterbreiten.

(21)

     Im Dekret ist explizit ausgeführt, dass der Rat in seiner Arbeit die Prinzipien der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Justiz uneingeschränkt achtet.

(22)

     2017 wurde nach dem neuen transparenteren Verfahren ein neuer Justizrat gewählt, und die Justizaufsicht begann, ihre neuen Kompetenzen im Bereich der Integritätskontrolle wahrzunehmen.

(23)

     Konkret betraf dies Vorgabe drei bezüglich der Fortführung der Justizreform und Vorgabe vier bezüglich der Bekämpfung von Korruption auf hoher Ebene, wo weitere legislative Maßnahmen nötig sind, um den zentralen Fragen, die der Europarat aufgeworfen hat, und der unabhängigen Sachverständigenanalyse der bulgarischen Staatsanwaltschaft Folge zu leisten.

(24)

     Der Präsident kann einen Kandidaten einmal ablehnen, ihn aber nicht weiter blockieren, wenn er vom Obersten Justizrat ein zweites Mal vorgeschlagen wird.

(25)

     Nach bulgarischem Recht können Kandidaten auf Initiative von Mitgliedern der Kammer der Staatsanwälte des Obersten Justizrats oder des Justizministers vorgeschlagen werden. Die Justizministerin hatte bereits mitgeteilt, dass sie nicht die Absicht habe, einen Kandidaten vorzuschlagen.

(26)

     Dabei kam es auch zu Straßenprotesten, zu denen Organisationen der Zivilgesellschaft aufgerufen hatten.

(27)

     Abschnitte 3.2 und 3.3.

(28)

     Dabei wurden Bedenken geäußert, dass die automatische Suspendierung von Richtern bei bloßer Einleitung einer strafrechtlichen Ermittlung die Unabhängigkeit der Justiz gefährden könnte. Das Gericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass der Oberste Justizrat in der Lage sein muss, die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Suspendierung jeweils im Einzelfall zu beurteilen.

(29)

     Eine weitere wichtige Änderung, die im Jahr 2017 verabschiedet wurde, verpflichtete Richter, Staatsanwälte und Ermittlungsrichter dazu, dem Obersten Justizrat ihre Mitgliedschaft in Berufsverbänden zu melden, was Bedenken hinsichtlich der Vereinigungsfreiheit von Richtern in Bulgarien aufwarf. Die am 20. September vorgelegten Änderungsentwürfe sehen auch die Aufhebung dieser Vorschrift vor.

(30)

     Siehe oben, Abschnitt 2.

(31)

     Die Analyse wurde vom Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen der Kommission begleitet und erfolgte unter Beteiligung hochrangiger Staatsanwälte aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien. Die Empfehlungen der Studie dienten als Grundlage für die Erstellung eines entsprechenden Fahrplans durch die bulgarischen Behörden im Jahr 2017.

(32)

     Voruntersuchungen gehen der förmlichen vorgerichtlichen Phase voraus und dienen dem Ziel festzustellen, ob ausreichende Indizien für die Einleitung einer förmlichen strafrechtlichen Ermittlung vorliegen.

(33)

     Der Europarat überwacht weiterhin die Folgemaßnahmen Bulgariens zu diesen Fragen, von denen viele Gegenstand der oben genannten unabhängigen Analyse der Staatsanwaltschaft waren. Im März 2019 forderte der Europarat die Behörden auf, bis zum 1. Oktober 2019 Informationen zu konkreten Vorschlägen für Maßnahmen in den drei oben genannten Bereichen vorzulegen, die sämtlich eine wesentliche Rolle für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit spielen. Er forderte die Behörden dazu auf, eng mit seinem Sekretariat zusammenzuarbeiten und das Fachwissen des Europarates zu nutzen, und beauftragte darüber hinaus sein Sekretariat, einen Entwurf für eine Interimsentschließung auszuarbeiten, die im Dezember 2019 geprüft würde, falls keine greifbaren Fortschritte erzielt werden. https://search.coe.int/cm/Pages/result_details.aspx?ObjectID=09000016809372d5  

(34)

     Die Änderungsentwürfe wurden auf einer Sitzung einer Arbeitsgruppe des Justizministeriums vorgestellt, die ausnahmsweise live im Internet übertragen wurde; die Texte wurden anschließend veröffentlicht.

(35)

     Bei dem vorgeschlagenen Verfahren müsste der Oberste Justizrat die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen gegen leitende Richter genehmigen – ähnlich wie beim Verfahren zur Einleitung eines Strafverfahrens gegen ein Mitglied des Parlaments, das durch die Nationalversammlung genehmigt werden muss. Diese Entscheidung würde im Plenum des Rates auf Antrag von drei Mitgliedern der zuständigen Kammer (im Fall des Generalstaatsanwalts Kammer der Staatsanwälte) oder des Justizministers getroffen. Die Entscheidung hätte eine automatische Suspendierung vom Amt zur Folge; die Ermittlungen würden je nach Art der mutmaßlichen Straftat von Staatsanwälten der spezialisierten Staatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität oder von der Staatsanwaltschaft Sofia geführt.

(36)

     Die Bedenken in Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz konzentrierten sich insbesondere auf die Frage der Verhältnismäßigkeit der geplanten Suspendierung vom Amt, die automatisch auf die Entscheidung zur Einleitung einer strafrechtlichen Ermittlung folgen würde. Darüber hinaus wurde die Auffassung vertreten, dass für Präsidenten des Gerichtshofs kein besonderes Verfahren erforderlich sei, da die Staatsanwaltschaft bereits innerhalb des aktuellen Rechtsrahmens in der Lage sei, eine unabhängige Untersuchung durchzuführen.

(37)

     Dieser Aspekt wurde u. a. in der Stellungnahme der Venedig-Kommission vom Oktober 2017 zum bulgarischen Gerichtsverfassungsgesetz (Stellungnahme Nr. 855/2016, S. 10) genannt.

(38)

     Die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) ist ein beratendes Gremium des Europarats, das seine Mitglieder zu Verfassungsfragen sowie europäischen Standards in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit berät.

(39)

     Im Juni 2019 fand ein Gespräch am runden Tisch mit Vertretern der Behörden und der Justizbehörden sowie Sachverständigen des Europarats statt.

(40)

     Laut Bericht für 2018 wurde wurden Privatvermögen und Interessenserklärungen von mehr als 9000 Personen geprüft. Mehr als 700 Erklärungen waren Gegenstand von Korrekturen oder besonderen Folgemaßnahmen.

(41)

     Korruption ist in Bulgarien nach wie vor ein echtes Problem, wie aus verschiedenen Umfragen und Studien unabhängiger Beobachter hervorgeht.

(42)

     Dies erfordert neben der Einhaltung des Gesetzes auch eine sorgfältige Kommunikation durch diese Institutionen, um der breiten Öffentlichkeit ein Bild von Neutralität und Professionalität zu vermitteln.

(43)

     Die vom Europarat eingerichtete Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) ist ein beratendes Gremium, das die Umsetzung der Antikorruptionspolitik durch die Mitglieder des Europarats überwacht. Sie analysiert derzeit im Rahmen ihrer vierten Evaluierungsrunde verschiedene Aspekte der Korruptionsbekämpfung in Bulgarien und wird in Kürze Maßnahmen der fünften Evaluierungsrunde einleiten. Bulgarien kann auch das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen der Kommission in Anspruch nehmen.

(44)

     Zum Rat für die Nachbegleitung siehe Abschnitt 2.

(45)

     Gegebenenfalls auch mit Unterstützung für eine ordnungsgemäße Umsetzung des EU-Vergaberechts.

(46)

     Die stellvertretende Ministerpräsidentin, zuständig für die Justizreform und Ministerin für auswärtige Angelegenheiten, ist gleichzeitig nationale Koordinatorin für die Korruptionsbekämpfung.

(47)

     Sowohl der nationale Rat für Korruptionsbekämpfung als auch der neue Rat für die Nachbegleitung weisen Elemente einer Beteiligung der Zivilgesellschaft auf und könnten als Kanal für eine umfassendere Zusammenarbeit mit ihr fungieren.

(48)

     Entscheidung der Kommission vom 13. Dezember 2006, (K(2006) 6570)

(49)

     Der Abschluss des CVM für Bulgarien wird in Form einer Entscheidung der Kommission zur Aufhebung der Entscheidung 2006/929/EG der Kommission vom 13. Dezember 2006 zur Einrichtung eines Verfahrens für die Zusammenarbeit und die Überprüfung der Fortschritte Bulgariens bei der Erfüllung bestimmter Vorgaben in den Bereichen Justizreform und Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens (K(2006) 6570) erfolgen.

Top