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Document 52017DC0193

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Ex-post-Evaluierung der Veranstaltung „Kulturhauptstädte Europas 2015“ (Mons und Pilsen)

COM/2017/0193 final

Brüssel, den 27.4.2017

COM(2017) 193 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Ex-post-Evaluierung der Veranstaltung „Kulturhauptstädte Europas 2015“
(Mons und Pilsen)

{SWD(2017) 135 final}
{SWD(2017) 137 final}


BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Ex-post-Evaluierung der Veranstaltung „Kulturhauptstädte Europas 2015“ (Mons und Pilsen)

1.Einleitung

Dieser Bericht wird gemäß Artikel 12 des Beschlusses Nr. 1622/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 über die Einrichtung einer Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ für die Jahre 2007 bis 2019 1 vorgelegt, wonach die Kommission alljährlich eine externe und unabhängige Evaluierung der Ergebnisse der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ des Vorjahres veranlasst und den anderen EU-Organen über die Evaluierung Bericht erstattet.

Dieser Bericht soll über die Ergebnisse der externen Evaluierung der Veranstaltung „Kulturhauptstädte Europas 2015“ und die Maßnahmen, die die Kommission als Follow-up zu diesen Ergebnissen veranlassen wird, informieren. Die Methodik und die Ergebnisse der Evaluierung werden in der Arbeitsunterlage über die Evaluierung der Veranstaltung „Kulturhauptstädte Europas 2015“ vorgestellt, die auf dem Abschlussbericht des externen Bewerters 2 basiert.

2.Hintergrund der Aktion

2.1.EU-Aktion zur Förderung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“

Die ursprüngliche Idee einer „Kulturstadt Europas“ wurde 1985 auf Regierungsebene initiiert. 3 Mit dem Beschluss Nr. 1419/1999/EG 4 wurde eine Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ für die Jahre 2005 bis 2019 eingerichtet. Darin werden die Mitgliedstaaten in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt, in der sie berechtigt sind, die Veranstaltung durchzuführen. Der Beschluss Nr. 1419/1999/EG wurde durch den Beschluss Nr. 1622/2006/EG ersetzt. Dabei wurde der Grundsatz der zeitlichen Reihenfolge der Mitgliedstaaten beibehalten, jedoch erfolgte eine Präzisierung der Ziele der Aktion und eine Einführung neuer Auswahl- und Überwachungsmodalitäten.

Dem Beschluss Nr. 1622/2006/EG zufolge dient die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ allgemein dazu, den Reichtum und die Vielfalt der europäischen Kulturen sowie ihre Gemeinsamkeiten herauszustellen und dadurch einen Beitrag zum gegenseitigen Verstehen der europäischen Bürgerinnen und Bürger zu leisten sowie den Beitrag der Kultur zu der langfristigen Entwicklung der Städte zu fördern. Konkret soll sie die Zusammenarbeit zwischen Kulturakteuren, Künstlerinnen und Künstlern sowie Städten in Europa fördern, die in der Stadt und ihrer Umgebung lebenden Menschen zur Teilnahme anregen, das Interesse von Bürgerinnen und Bürgern aus dem Ausland wecken sowie ein nachhaltiger und unmittelbarer Bestandteil der längerfristigen Strategie für die kulturelle und soziale Entwicklung der Stadt sein. 5

Beschluss Nr. 1622/2006/EG, aufgehoben durch den Beschluss Nr. 445/2014/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Einrichtung einer Aktion der Europäischen Union für die „Kulturhauptstädte Europas“ im Zeitraum 2020 bis 2033, gilt weiterhin für die „Kulturhauptstädte Europas“, die für den Zeitraum von 2013 bis 2019 ernannt wurden oder derzeit ernannt werden. 6

2.2.Auswahl und Überwachung der Europäischen Kulturhauptstädte 2015

Gemäß Beschluss Nr. 1622/2006/EG waren Belgien und die Tschechische Republik berechtigt, die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas 2015“ auszurichten.

Die zuständigen Behörden der beiden Mitgliedstaaten organisierten parallel verlaufende Auswahlverfahren. Die Auswahl erfolgte in zwei Phasen: die Vorauswahl (bei der eine erste Auswahl unter den sich bewerbenden Städten getroffen wird) und die Endauswahl (bei der eine Bewerberstadt ausgewählt wird). Eine Jury aus 13 Mitgliedern, von denen sechs von den betreffenden Mitgliedstaaten und die restlichen sieben von europäischen Organen benannt werden, prüfte die Bewerbungen der Städte anhand der in dem Beschluss festgelegten Ziele und Kriterien.

In Belgien gab es lediglich eine Bewerberstadt. In der Tschechischen Republik bewarben sich drei Städte, von denen zwei in die engere Wahl kamen. 7 Die Jury empfahl im Jahr 2010, den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ an Mons in Belgien und Pilsen in der Tschechischen Republik zu vergeben.

Der Ministerrat der Europäischen Union ernannte die Städte Mons und Pilsen im November 2010 bzw. im Mai 2011 offiziell zu den Kulturhauptstädten Europas 2015.

Nach ihrer Ernennung mussten sich die beiden Städte den Überwachungsmodalitäten unterziehen: Die Fortschritte bei den Vorbereitungen beider Städte wurden von einer Jury überwacht und beratend begleitet, die aus den sieben von den Organen der Union benannten unabhängigen Experten bestand, die auch die Einhaltung des Programms und der Verpflichtungen überwachte, auf deren Basis die Städte ausgewählt worden waren. Die Vertreter von Mons und Pilsen nahmen an zwei formalen Überwachungssitzungen teil, die von der Kommission im Herbst 2012 und im Frühjahr 2014 einberufen wurden. Zum Abschluss des Überwachungsverfahrens empfahl die Jury der Kommission, sowohl Mons als auch Pilsen den mit 1,5 Mio. EUR dotierten Melina-Mercouri-Preis zu verleihen.

2.3.Themen und Schwerpunkt der Europäischen Kulturhauptstädte 2015

Das übergeordnete Thema von Mons 2015 lautete „Wo Technologie auf Kultur trifft“ und das Ziel bestand darin, die Stadt auf der europäischen Landkarte als ein Symbol der wirtschaftlichen Umstrukturierung zu platzieren, die auf einer erfolgreichen Allianz zwischen Kultur, Fremdenverkehr und neuen Technologien basiert. Ihr Kulturprogramm gliederte sich in vier Jahreszeiten: „die Faszination“ (um Licht und Wärme in die Wintermonate zu bringen); „die große Enthüllung“ (um die Ankunft des Frühlings und die Veränderungen hervorzuheben, die in Mons mit neuen Infrastrukturentwicklungen und Möglichkeiten dank neuer Technologie stattfinden); „der strahlende Sommer“ (um Besuche oder Aufenthalte in Mons während der Ferienzeit anzuregen); und „die Renaissance“ (um die Wiedergeburt von Mons nach dem Niedergang von Schlüsselindustrien hervorzuheben, wobei ein Schwerpunkt sowohl auf die historischen Persönlichkeiten des „Goldenen Zeitalters“ der Stadt als auch auf künftige Entwicklungen gelegt wurde).

Das Motto von Pilsen 2015 lautete „Öffne dich!“ und drückte das Bestreben der Stadt aus, ihr Jahr als Kulturhauptstadt Europas zu nutzen, um sich Europa und anderen externen Einflüssen gegenüber zu öffnen. Die kulturellen Veranstaltungen und Erlebnisse im Verlauf des Jahres 2015 wurden in Pilsen im Rahmen von vier übergeordneten Programmlinien bereitgestellt: „Kunst und Technologie“ (um den Zusammenhang zwischen dem industriellen Hintergrund, den Handwerkskünsten, den Qualitäten und der Wirtschaft der Stadt Pilsen zu feiern und zu stärken); „Beziehungen und Gefühle“ (um den öffentlichen Raum der Stadt zu öffnen und die Öffentlichkeit an einer Diskussion über ihre persönliche und nationale Identität zu beteiligen); „Transit und Minderheiten“ (um die Vielfalt der Stadt und ihrer Bevölkerung hervorzuheben); und „Geschichten und Quellen“ (um den Fremdenverkehr auf der Grundlage einiger Persönlichkeiten der Stadt Pilsen zu fördern und sich an vergangene Ereignisse und Erlebnisse zurückzuerinnern).

3.Die externe Evaluierung

3.1.Rahmenbedingungen der Evaluierung

Bei der Evaluierung werden alle Phasen der Durchführung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas 2015“ geprüft, und zwar von den ersten Schritten bis hin zur Nachhaltigkeit und Langzeitwirkung der Aktion; zudem werden die Auswirkungen der Titelverleihung auf die beiden Städte untersucht. Es werden insbesondere die Relevanz, der Wirkungsgrad, der Erfolg und die Nachhaltigkeit der Aktion bewertet. Darüber hinaus werden der Mehrwert für die EU sowie die Kohärenz und Komplementarität der Aktion mit anderen EU-Initiativen geprüft. Abschließend werden einzelne sowie allgemeine Schlüsse aus beiden Veranstaltungen 2015 gezogen und die Implikationen für künftige „Kulturhauptstädte Europas“ erwogen.

3.2.Methodik und Beschränkungen des gewählten Ansatzes

Die Konzeption der Evaluierung und der Methodik ist darauf ausgerichtet, die im Beschluss verankerte Standardanforderung zu erfüllen und ein besseres Verständnis der Leistung und Ergebnisse der Aktion zu ermöglichen. Die Evaluierung bietet vor allem die Gelegenheit, auf das Vorjahr zurückzublicken, um aus den Erfahrungen der beiden ausrichtenden Städte Lehren zu ziehen und Empfehlungen für die Zukunft abzugeben.

Die Methodik für die Evaluierung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas 2015“ folgte weitgehend dem Ansatz, der bereits in vorhergehenden Untersuchungen der Aktion Anwendung fand. 8  

Wie schon bei den Evaluierungen der vorhergehenden Veranstaltungen „Kulturhauptstadt Europas“ im Zeitraum 2007 bis 2014 beruht die Interventionslogik des Bewerters auf der in dem Beschluss vorhandenen Zielhierarchie.

Damit die Ergebnisse mit früheren Evaluierungen vergleichbar sind, folgt die Methodik bei der Sammlung von Daten und bei der Analyse einem einheitlichen Ansatz. Die beiden Städte wurden getrennt voneinander evaluiert. Dies geschah anhand von Primärdaten, die entweder vor Ort erhoben oder von der jeweiligen Kulturhauptstadt bereitgestellt wurden, und der Analyse von Sekundärdaten.

Zu den Primärdatenquellen gehörten Befragungen, die bei zwei Besuchen in jeder Stadt bzw. telefonisch sowie in Mons mit Hilfe einer Online-Erhebung durchgeführt wurden (für Pilsen stützte sich der Auftragnehmer auf die Befragung, die von der Durchführungsstelle selbst vorgenommen wurde). Mit den Befragungen sollten unterschiedliche Sichtweisen zur jeweiligen Kulturhauptstadt ermittelt werden, beispielsweise Meinungen von Leitungsteams, von Entscheidungsträgern auf lokaler und nationaler Ebene, von wichtigen Kulturakteuren und verschiedenen an der Durchführung der Veranstaltung beteiligten Partnern sowie einer Reihe von Organisationen, die Kulturhauptstadtprojekte entweder leiteten oder daran teilnahmen.

Als Sekundärdatenquellen dienten u. a. Angaben in den ursprünglichen Bewerbungen, von den Kulturhauptstädten erstellte oder in Auftrag gegebene Untersuchungen und Berichte, Veranstaltungsprogramme, Werbematerial und Websites, statistische Daten zu Kultur und Fremdenverkehr sowie quantitative Angaben der Städte zu Finanzen, Aktivitäten, Leistungen und Ergebnissen.

Wie bei allen vorhergehenden Ex-post-Evaluierungen ist die Kommission der Auffassung, dass diese Methodik eine hinreichend solide Berichtsgrundlage liefert, um fundierte Schlüsse hinsichtlich des Erfolgs der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ ziehen zu können.

Allerdings fehlen konkrete Nachweise über die Vorteile und Auswirkungen der Veranstaltung auf beide Städte, was zum Teil mit den Zeit- und Budgetbeschränkungen der Evaluierung zusammenhängt. Eine Studie, die ein Vorherbild („Basislinie“) und ein Nachherbild zeichnet, wäre ideal für die Bewertung aller Vorteile und Auswirkungen der Aktion „Kulturhauptstadt Europas“. Beschränkungen hinsichtlich des Budgets 9 und der Zeit 10 lassen jedoch lediglich eine Ex-post-Evaluierung zu und es wurde daher bislang nur ein Nachherbild analysiert.

Infolgedessen begründen sich die Schlussfolgerungen in dem Bericht stärker auf die Ansichten und Meinungen verschiedener Akteure als auf die (begrenzten) quantitativen Daten.

Andererseits stammen die meisten qualitativen Belege – in Form von Ergebnissen der Online-Erhebung und der Befragungen – von Personen, die unmittelbar am Programm beteiligt waren und in irgendeiner Weise davon profitiert haben.

Außerdem sind einige der gesteckten Ziele sehr breit gefasst und nur schwer messbar, und es ist noch zu früh, um mit dieser Evaluierung längerfristige Auswirkungen bewerten zu können. Ein Großteil der Daten ist daher auf Leistungen und Ergebnisse oder sich abzeichnende übergeordnete Vorteile und weniger auf konkrete Auswirkungen vor Ort konzentriert, die erst mit der Zeit zutage treten werden. Um diese Auswirkungen besser zu erfassen, wären longitudinale Evaluierungen beider Städte sinnvoll, vor allem mit dem Ziel, die Wirksamkeit der öffentlichen Ausgaben in der Kulturhauptstadt unter kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestätigen, wobei ein breiteres Spektrum an Bewertungsdaten herangezogen werden sollte, um die Schlussfolgerungen zu untermauern.

Die Kommission ist sich der genannten – und von ihr akzeptierten – Beschränkungen vollkommen bewusst. Sie hat bereits in ihrer Arbeitsunterlage zum Vorschlag für einen Beschluss zur Einrichtung einer Aktion der Europäischen Union für die „Kulturhauptstädte Europas“ im Zeitraum 2020 bis 2033 11 auf sie hingewiesen. Um die Situation zu bereinigen, wurde in dem Vorschlag der Kommission – der letztlich die Grundlage für den später erlassenen Beschluss 12 bildete – vorgesehen, dass die Städte selbst die Federführung bei der Evaluierung übernehmen, da sie besser in der Lage sind, Primärdaten über die Ausstrahlungswirkung des Titels zu erheben.

In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass die Städte Mons und Pilsen Untersuchungen durchgeführt haben 13 , um die Auswirkungen der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ auf kulturelle Einrichtungen und die Bewohnerinnen und Bewohner sowie in Bezug auf die internationale Dimension und die Wirtschaft besser einschätzen zu können.

Die Kommission hält die Daten und sonstigen Unterlagen, auf die sich die Evaluierung stützt, dennoch weiterhin für ausreichend, um die Gesamtbewertung und die Schlussfolgerungen der Bewerter zu teilen, da sie ihrer Einschätzung nach im Großen und Ganzen ein getreues und vollständiges Bild der beiden Veranstaltungen „Kulturhauptstadt Europas 2015“ zeichnen, auch wenn robuste Daten und andere unabhängige Nachweise fehlen, die eindeutige Schlüsse über ihre Wirksamkeit und Auswirkungen zulassen würden.

4.Hauptergebnisse des Evaluierungsberichts

4.1.Relevanz der Aktion „Kulturhauptstadt Europas“ und der beiden Europäischen Kulturhauptstädte 2015

Den Ergebnissen der Evaluierung zufolge sahen beide Titelträger das Kulturhauptstadtjahr vorwiegend als kulturelle Veranstaltung zur Stärkung und Internationalisierung ihres kulturellen Angebots und zur Förderung der kulturellen Vielfalt und der gemeinsamen kulturellen Besonderheiten Europas an. Das Kulturhauptstadtjahr umfasste ein Kulturprogramm, das im Vergleich zum gewohnten Kulturangebot in den beiden Städten umfangreicher, innovativer und stärker europäisch orientiert war. Aus der Evaluierung wurde gefolgert, dass die Aktion mit Blick auf Artikel 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einen wichtigen Beitrag zur „Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten“ leistet.

Die Evaluierung zeigt, dass Mons und Pilsen ihren Status als Kulturhauptstadt auch zur Förderung anderer Aspekte ihrer Stadtentwicklungsstrategie genutzt haben. Infolgedessen hatten viele der 2015 durchgeführten Aktivitäten große Relevanz für die übergeordnete politische Agenda beider Städte sowie für zahlreiche Prioritäten und Ziele auf EU-Ebene, die Politikfelder außerhalb des Kulturbereichs betreffen, etwa städtische und regionale Entwicklung, Beschäftigung, Wirtschaft, Fremdenverkehr und allgemeine Strategien zur Förderung des sozialen Zusammenhalts.

4.2.Wirkungsgrad

Insgesamt wurde die Aktion „Kulturhauptstadt Europas“ wirkungsvoll auf EU-Ebene umgesetzt. Das Auswahlverfahren ermöglichte die Auswahl von Städten mit der Kapazität, den Ressourcen und der Vision, die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ wirksam umzusetzen. Beide Städte zogen zudem Nutzen aus den Überwachungsmodalitäten auf EU-Ebene und aus der informellen Unterstützung, die von der Überwachungsjury und der Europäischen Kommission bereitgestellt wurden. Gleichzeitig kann festgestellt werden, dass die äußerst bescheidene Finanzierung, die direkt von der EU (in Form des Melina-Mercouri-Preises) bereitgestellt wurde, eine beträchtliche Hebelwirkung erzielt hat, indem sie die beiden Städte – aber auch ihre entsprechenden regionalen und nationalen Behörden – dazu angeregt hat, beachtliche Summen in ihre Kulturhauptstadtprogramme (rund 72,8 Mio. EUR im Falle von Mons und 18,2 Mio. EUR im Falle von Pilsen) sowie in damit verbundene Infrastrukturentwicklungen (143,5 Mio. EUR für Mons und 48,6 Mio. EUR für Pilsen) zu investieren.

Auf der Stadtebene legten die beiden Städte Mons und Pilsen überzeugende Verfahren für die Durchführung der Aktion fest und absolvierten erfolgreich ihr Kulturhauptstadtjahr; beide setzten nationale und EU-Fonds ein, um Kulturprogramme von hoher artistischer Qualität und von erheblich größerem Umfang im Vergleich zum „gewohnten“ Kulturangebot der Städte umzusetzen.

4.3.Erfolge

Die Aktion „Kulturhauptstadt Europas 2015“ hat sich, was die Ziele der Veranstaltung auf EU-Ebene als auch die Ziele der mit dem Titel ausgezeichneten Städte anbelangt, als erfolgreich erwiesen. Sie erreichte eine Wirkung, die sich durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten allein nicht entfaltet hätte. Ohne die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ wäre es beiden Titelträgern des Jahres 2015 freigestellt gewesen, ihre eigenen Ressourcen in die Umsetzung kultureller Programme und die Entwicklung ihrer kulturellen Infrastruktur zu investieren. Durch ihre Ernennung zur „Kulturhauptstadt Europas“ konnten sie jedoch zusätzliche Ressourcen gewinnen, einschließlich von privaten Sponsoren (mehr als 2 Mio. EUR im Falle von Mons und 1,175 Mio. EUR, d. h. 6,4 % des Gesamtbudgets, im Falle von Pilsen). Die Aktion sorgte auch für eine umfangreichere Medienberichterstattung: In Mons wurden 450 internationale Journalisten akkreditiert und es waren 3 717 Artikel in der internationalen Presse oder Berichte im internationalen Radio und Fernsehen zu hören. In Pilsen waren insgesamt 325 ausländische Journalisten zu Besuch und viele weitere lokale und nationale Journalisten besuchten (und berichteten über) verschiedene Kulturhauptstadtaktivitäten, was in 3 500 Nachrichtenbeiträgen resultierte, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ standen und im Verlauf des Jahres 2015 von lokalen, nationalen und internationalen Pressestellen veröffentlicht wurden. Der Kulturhauptstadttitel erhöhte auch den lokalen Stolz für die Stadt und führte zu einem Anstieg von nationalen und internationalen Touristenbesuchen: Das Fremdenverkehrsamt in Mons verzeichnete 2015 eine Verfünffachung der Touristenbesuche. In Pilsen wurden insgesamt 1,4 Mio. Besucher registriert, was einen Anstieg in Höhe von 28 % gegenüber den beiden Vorjahren darstellte.

Der Kulturhauptstadttitel half den beiden Städten dabei, „neue“ und „bessere“ kulturelle Inhalte als zuvor zu präsentieren, wie etwa neue Arten der Nutzung von öffentlichen Räumen durch Open-Air-Veranstaltungen, Festivals und Urban-Art-Installationen, und erhöhte die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger an Kulturveranstaltungen, wobei Mons auf wirksamere Weise als Pilsen bestimmte Zielgruppen in der Stadt erreichte, insbesondere Jugendliche, Senioren und Benachteiligte. Abschließend ist festzustellen, dass der Kulturhauptstadttitel in beiden Städten die Chance, lokale Kulturorganisationen zu stärken, maximiert, sie zu einer stärkeren Zusammenarbeit als zuvor angeregt und zum Kapazitätenaufbau beigetragen hat.

Diese Leistungen wären ohne die Ernennung zur „Kulturhauptstadt Europas“ wahrscheinlich nicht in dem gleichen Umfang zustande gekommen; so gesehen hat die Aktion „Kulturhauptstadt Europas“ einen eindeutigen europäischen Mehrwert erzielt.

4.4.Nachhaltigkeit

Der Zeitpunkt dieser Evaluierung macht es schwierig, Rückschlüsse über die Nachhaltigkeit zu ziehen.

Beide Europäischen Kulturhauptstädte des Jahres 2015 haben, was die Nachhaltigkeit und das Erbe anbelangt, jedoch ernsthafte Überlegungen und Planungen angestellt. Sie legten beide Wert darauf sicherzustellen, dass die Vorteile und Wirkung des Kulturhauptstadttitels über das eigentliche Jahr hinausgehen. Bei den Untersuchungen wurde auch ein gewisses Potenzial festgestellt, was die Nachhaltigkeit der Aktivitäten und Impulse betrifft, insbesondere in Mons, wo konkrete Pläne für eine Veranstaltung in diesem Zusammenhang bestehen (Mons Biennale 2018).

Wie bei anderen Evaluierungen der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ in den letzten Jahren beschrieben Akteure in Mons und Pilsen die Langzeitwirkungen des Jahres allgemeiner im Sinne von stärkeren Kompetenzen, stärkeren Beziehungen und eines höheren Stellenwerts der Kultur in der Stadt. In beiden Städten besteht eine weitere Langzeitwirkung darin, wie die Programme eine neue Art von Publikum für das Erleben und den Genuss von Kultur gewonnen haben.

Dessen ungeachtet sind jedoch weitere Untersuchungen erforderlich, um den Nachhaltigkeitsgrad in der Praxis zu ermitteln.

5.Die wichtigsten Empfehlungen der externen Evaluierung sowie Schlussfolgerungen und Maßnahmen der Kommission

Die Kommission schließt aus diesem Bericht, dass die Aktion „Kulturhauptstadt Europas“ auf EU-Ebene weiterhin enorme Bedeutung hat und bei den ausrichtenden Städten hohe Wertschätzung genießt und dass sie umfangreiche Kulturprogramme mit positiven Ergebnissen und Auswirkungen hervorbringt, auch wenn diese bislang nicht umfassend bewertet werden können. Um ein besseres Bild davon zu gewinnen, wären – wie in Abschnitt 3.2 angeführt – von den Städten selbst durchgeführte longitudinale Evaluierungen erforderlich.

Ferner gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die von beiden Europäischen Kulturhauptstädten 2015 umgesetzten Programme innovativ waren und den Zielen der Aktion „Kulturhauptstadt Europas“ gerecht wurden: Sie hatten eine europäische Dimension, bezogen viele Bewohnerinnen und Bewohner sowie Interessenträger mit ein, brachten durch konkrete Strategien neuen Publikumsschichten Kultur nahe (insbesondere in Mons, in einem geringeren Ausmaß in Pilsen) und haben eine geplante Langzeitwirkung, ein Erbe, hinterlassen, sowohl physisch (neue Kulturorte) als auch immateriell (in Form einer Biennale in Mons und in Form erhöhter Kapazitäten und Kulturangebote in beiden Städten).

Im Rahmen der Evaluierung werden sowohl für die Städte als auch für die Kommission Empfehlungen ausgesprochen.

Die Empfehlungen für die Städte umfassen die Notwendigkeit einer nationalen Zustimmung und Mitwirkung, die Notwendigkeit, die Fortsetzung der Bevölkerungs- und Kulturstrukturen sicherzustellen, die Notwendigkeit, sorgfältig über neue Kulturgebäude nachzudenken, die Notwendigkeit, das Attraktionspotenzial für ausländische Besucher realistisch zu betrachten, und die Notwendigkeit, Schlüsselveranstaltungen so frühzeitig wie möglich zu bestätigen und anzukündigen. Zudem legt der Bewerter kleinen Städten nahe, sich von der Ausschreibung für die Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ nicht abschrecken zu lassen, nur weil sie über ein relativ kleines Budget verfügen. Diese Empfehlungen sind von Nutzen für neue Bewerber, wenn sie eine Bewerbung vorbereiten, und für ernannte Städte, wenn sie ihre Programme erstellen und umsetzen. In Anlehnung an einen Vorschlag, der vom Bewerter in seinem vorhergehenden Bericht unterbreitet wurde, hat die Kommission diese neuen Empfehlungen bereits der Übersicht von Empfehlungen hinzugefügt, die sie erstellt und auf ihrer Website 14 als weitere Hinweise für Bewerberstädte veröffentlicht hat. Die Kommission stützt sich und verweist ausdrücklich auf diese Empfehlungen, wenn sie an Informationssitzungen über die Veranstaltung „Kulturhauptstädte Europas“ teilnimmt.

Der Kommission wird im Bericht empfohlen, die Aktion gemäß dem Beschluss Nr. 1622/2006/EG und Beschluss Nr. 445/2014/EU fortzusetzen. Daneben wird der Kommission nahegelegt, Folgendes ins Auge zu fassen:

Überarbeitung der Evaluierungsleitlinien für die Städte sowie der Bewerbungsformular- und Fortschrittsberichtanforderungen, um sicherzustellen, dass die Städte Grundlagendaten zur Situation zum Zeitpunkt der Bewerbung und während der Vorbereitung bereitstellen, die zur Beurteilung der Auswirkungen der Aktion nach Ablauf des Jahres beitragen können.

Aufforderung der Städte, eine Absichtserklärung zu unterzeichnen, um den Zeitraum von der Ernennung bis zum Abschluss des Kulturhauptstadtjahres abzudecken. Diese Absichtserklärung sollte die Beziehungen zwischen der Stadt, der Kommission und der Überwachungsjury regeln und die Bestimmungen der Beschlüsse über die Aktion ergänzen.

Durchführung von Öffentlichkeitsarbeit in größeren Umfang im Zusammenhang mit der Verleihung des Melina-Mercouri-Preises, einschließlich einer symbolischen Verleihungszeremonie.

Durchführung von Untersuchungen hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“.

Die Kommission begrüßt diese Empfehlungen und ist der Ansicht, dass sie realisierbar sind und für die aktuelle Umsetzung der Aktion wertvoll sein werden.

Die Kommission wird ihre Evaluierungsleitlinien sowie ihre Fortschrittsberichtanforderungen in diesem Jahr überarbeiten, um Städte zur Erhebung von Grundlagendaten aufzufordern. Es obliegt jedoch den Städten selbst, in dieser Hinsicht aktiv zu werden und eine angemessene Erhebung nützlicher Daten sicherzustellen. Das Bewerbungsformular beinhaltet bereits eine Frage bezüglich der Grundlagenstudien bzw. -umfragen, die Bewerberstädte zu nutzen beabsichtigen, um die Wirkung des Kulturhauptstadttitels zu evaluieren.

Die Kommission wird einen Absichtserklärungsentwurf erstellen, der von künftigen Europäischen Kulturhauptstädten, die das Überwachungsverfahren durchlaufen, unterzeichnet werden soll. Dies wird zum ersten Mal für die Europäische Kulturhauptstadt 2020 und die Europäische Kulturhauptstadt 2021 der Fall sein, deren Überwachung im Jahr 2017 beginnt. Die Überwachungsphase der Europäischen Kulturhauptstädte 2018 und 2019 ist bereits zu weit fortgeschritten, als dass die Absichtserklärung noch erheblich wäre.

Die Kommission wird die Möglichkeit einer Zeremonie für die Verleihung des Melina-Mercouri-Preises in Brüssel oder in den ausgezeichneten Städten prüfen. Nach Möglichkeit wird dies bereits für die Europäischen Kulturhauptstädte 2018, d. h. Leeuwarden (Niederlande) und Valletta (Malta), erfolgen.

Was die Untersuchung der langfristigen Auswirkungen der Veranstaltung „Kulturhauptstädte Europas“ anbelangt, weist die Kommission abschließend auf die äußerst nützliche und umfassende Studie des Europäischen Parlament vom Dezember 2013 zum Thema „Kulturhauptstädte Europas: Erfolgsstrategien und langfristige Auswirkungen“ hin. Sie hält es daher nicht für angemessen, zu diesem Zeitpunkt einen neuen Bericht über denselben Untersuchungsgegenstand zu erstellen, schließt die Auslotung von Möglichkeiten, dies zu einem späteren Zeitpunkt zu tun, jedoch nicht aus.

(1)

   ABl. L 304 vom 3.11.2006, S. 1.

(2)

     Der vollständige Bericht kann abgerufen werden unter: https://ec.europa.eu/programmes/creative-europe/sites/creative-europe/files/ecoc-2015-evaluation_en.pdf

(3)

   Entschließung der im Rat vereinigten für Kulturfragen zuständigen Minister vom 13. Juni 1985 für die alljährliche Benennung einer „Kulturstadt Europas“ (85/C 153/02); http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:1985:153:0002:0003:DE:PDF

(4)

   Beschluss Nr. 1419/1999/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, vom 25. Mai 1999, über die Einrichtung einer Gemeinschaftsaktion zur Förderung der Veranstaltung „Kulturhauptstadt Europas“ für die Jahre 2005 bis 2019 (ABl. L 166 vom 1.7.1999, S. 1). Dieser Beschluss wurde durch den Beschluss Nr. 649/2005/EG des Europäischen Parlaments und des Rates geändert (ABl. L 117 vom 4.5.2005, S. 20).

(5)

     Nähere Informationen unter: https://ec.europa.eu/programmes/creative-europe/actions/capitals-culture_de

(6)

     ABl. L 132 vom 3.5. 2014, S. 1.

(7)

   Alle von der Jury vorgelegten Berichte über die Vorauswahl, die Endauswahl und die Überwachung sind auf folgender Seite abrufbar https://ec.europa.eu/programmes/creative-europe/actions/capitals-culture_de

(8)

     Siehe die Evaluierungsberichte unter:

http://ec.europa.eu/dgs/education_culture/more_info/evaluations/index_en.htm?page=1&mxi=12

(9)

     Das für die Evaluierungsarbeiten zugeteilte Budget steht im Verhältnis zum Umfang der EU-Finanzierung, die der Europäischen Kulturhauptstadt (im Form des mit 1,5 Mio. EUR dotierten Melina-Mercouri-Preises) direkt bereitgestellt wird.

(10)

     Der Beschluss Nr. 1622/2006/EG sieht vor, dass die Kommission die Evaluierung unmittelbar nach dem Kulturhauptstadtjahr durchführt.

(11)

     Siehe SWD(2012) 226 final, Ziffer 2.4.4.

(12)

      Beschluss Nr. 445/2014/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, siehe Fußnote Nr. 6.

(13)

     Einige der Ergebnisse dieser Untersuchungen befanden sich noch in der Entwurfsfassung, als die europäische Evaluierung der Aktion „Kulturhauptstadt Europas“ fertiggestellt wurde. In die europäische Evaluierung wurden so viele dieser Sekundärdaten wie möglich einbezogen, es konnten jedoch keine Endergebnisse herangezogen werden.

(14)

     https://ec.europa.eu/programmes/creative-europe/sites/creative-europe/files/library/ecoc-compendium-recommendations_en.pdf

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