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Document 52016PC0519

Empfehlung für einen DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES zur Verhängung einer Geldbuße gegen Portugal wegen des Versäumnisses, wirksame Maßnahmen zur Beendigung des übermäßigen Defizits zu treffen

COM/2016/0519 final

Brüssel, den 27.7.2016

COM(2016) 519 final

Empfehlung für einen

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

zur Verhängung einer Geldbuße gegen Portugal wegen des Versäumnisses, wirksame Maßnahmen zur Beendigung des übermäßigen Defizits zu treffen


Empfehlung für einen

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DES RATES

zur Verhängung einer Geldbuße gegen Portugal wegen des Versäumnisses, wirksame Maßnahmen zur Beendigung des übermäßigen Defizits zu treffen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet, insbesondere auf Artikel 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Am 12. Juli 2016 stellte der Rat in einem Beschluss 1 fest, dass Portugal entgegen seiner am 21. Juni 2013 gemäß Artikel 126 Absatz 7 AEUV abgegebenen Empfehlung keine wirksamen Maßnahmen zur Korrektur seines übermäßigen Defizits getroffen habe.

(2)Als Folgemaßnahme zum Beschluss des Rates nach Artikel 126 Absatz 8 AEUV, wonach Portugal keine wirksamen Maßnahmen zur Korrektur seines übermäßigen Defizits getroffen hat, sollte die Kommission dem Rat die Verhängung einer Geldbuße empfehlen.

(3)Diese gegen Portugal zu verhängende Geldbuße sollte im Prinzip 0,2 % des Vorjahres-BIP betragen, kann jedoch aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände oder auf begründeten Antrag des betreffenden Mitgliedstaats hin verringert oder aufgehoben werden.

(4)Im Jahr 2015 betrug das portugiesische BIP 179,37 Mrd. EUR; 0,2 % davon entsprächen 358 738 200 EUR.

(5)Nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 sind „außergewöhnliche wirtschaftliche Umstände“ Umstände, unter denen der Referenzwert für das öffentliche Defizit von Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich AEUV gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 als ausnahmsweise überschritten angesehen wird. Gemäß der letztgenannten Verordnung gilt der Referenzwert als ausnahmsweise überschritten, wenn dies (i) auf ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und die Lage der öffentlichen Finanzen erheblich beeinträchtigt, oder (ii) auf einen schwerwiegenden Wirtschaftsabschwung zurückzuführen ist, d. h. wenn sich die Überschreitung des Referenzwerts aus einer negativen jährlichen Wachstumsrate des BIP-Volumens oder einem Produktionsrückstand über einen längeren Zeitraum mit einem am Potenzial gemessen äußerst geringen jährlichen Wachstum des BIP-Volumens ergibt.

(6)Eine Bewertung Portugals anhand der oben genannten Kriterien führt zu folgendem Schluss:

Obwohl Portugals jährliches BIP-Wachstum in den Jahren 2011 und 2012 schneller nachgelassen hat als erwartet, erholt sich die Wirtschaft seit dem Frühjahr 2013 allmählich. Auch die Arbeitslosigkeit wuchs bis 2013 in erheblichem Maße, kehrte aber 2014, als sich die portugiesische Wirtschaft schließlich zu erholen begann, auf einen Abwärtspfad zurück. Seit 2014 entwickelt sich das BIP erheblich schneller als das Potenzialwachstum, und dieser Trend dürfte 2016 anhalten. In der Frühjahrsprognose 2016 der Kommission wird erwartet, dass das BIP 2016 weiter um 1,5 % wachsen und 2017 eine Wachstumsrate von 1,7 % erreichen wird. Demzufolge war in dem von der Ratsempfehlung vom 21. Juni 2013 erfassten Zeitraum (2013-2015) kein schwerwiegender Wirtschaftsabschwung zu verzeichnen.

Ebensowenig hat es im Zeitraum 2013-2015 außergewöhnliche Ereignisse gegeben, die sich der Kontrolle der Regierung entzogen und die Lage der öffentlichen Finanzen erheblich beeinträchtigt hätten.

(7)Demzufolge liegen keine außergewöhnlichen wirtschaftlichen Umstände vor, die eine Verringerung der Geldbuße rechtfertigen könnten.

(8)Am 18. Juli 2016 legte Portugal einen mit Gründen versehenen Antrag vor, in dem die Kommission ersucht wurde, dem Rat zu empfehlen, die Geldbuße auf null festzusetzen. Zur Begründung seines Antrags führte Portugal Folgendes an:

(9)Portugal erinnert an die erheblichen Konsolidierungsanstrengungen und Strukturreformen, die es im Rahmen des jüngsten makroökonomischen Anpassungsprogramms unternommen hat. Es bekräftigt ferner seine Entschlossenheit, das übermäßige Defizit im Jahr 2016 zu korrigieren und dafür erforderlichenfalls Maßnahmen zur Behebung etwaiger Abweichungen beim Haushaltsvollzug zu treffen, sowie im Jahr 2017 eine Haushaltsanpassung vorzunehmen, die mit der länderspezifischen Empfehlung, die der Rat im Hinblick auf haushaltspolitische Maßnahmen am 12. Juli 2016 angenommen hat, im Einklang steht. Portugal ist der Auffassung, dass die Auferlegung von Sanktionen die Haushaltsziele beeinträchtigen könnte, die in Bezug auf die Korrektur des übermäßigen Defizits in diesem Jahr erreicht werden sollen. Es führt außerdem seine wirtschaftspolitischen Zusagen an, insbesondere die Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsystems und die im nationalen Reformprogramm vorgesehenen Maßnahmen. Schließlich vertritt Portugal die Auffassung, dass eine Sanktion im aktuellen europäischen und internationalen Umfeld insbesondere angesichts der hohen Unsicherheiten, die mit dem Ergebnis des Referendums über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union verbunden sind, unangebracht wäre.

(10)Die oben dargelegten Argumente werden wie folgt bewertet:

(11)Obgleich Portugal entgegen der Ratsempfehlung vom 21. Juni 2013 keine wirksamen Maßnahmen zur Beendigung seines übermäßigen Defizits getroffen hat, war die zwischen 2010 und 2014 geleistete Haushaltsanpassung doch beträchtlich. Der Abbau des Gesamtdefizits ohne Anrechnung einmaliger Maßnahmen um über 5 % des BIP wurde von einer über 6 %-igen Verbesserung des strukturellen Saldos gestützt. Die Haushaltsanpassung ging mit umfassenden Strukturreformmaßnahmen im Rahmen des Anpassungsprogramms einher, und das Programm wurde im Juni 2014 erfolgreich abgeschlossen, sodass die Grundlagen für eine solidere wirtschaftliche Erholung gelegt sind. Allerdings schwand diese Dynamik nach Abschluss des Wirtschaftsprogramms, wie im Ratsbeschluss vom 12. Juli 2016 erwähnt. So steht Portugal noch immer vor großen Herausforderungen: Die nach wie vor hohe private und öffentliche Verschuldung belastet die Wirtschaft und die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit steht der wirtschaftlichen Anpassung im Wege.

(12)Dass sich die portugiesischen Behörden verpflichtet haben, das übermäßige Defizit 2016 zu korrigieren und 2017 die haushaltspolitische länderspezifische Empfehlung zu befolgen, zeigt sehr deutlich, dass die Regierung den Stabilitäts- und Wachstumspakt einzuhalten gedenkt. Die Regierung bekräftigt ihre am 11. Februar 2 in der Euro-Gruppe gegebene Zusage, etwaige Abweichungen beim Haushaltsvollzug im Jahr 2016 erforderlichenfalls mittels finanzpolitischer Maßnahmen zu korrigieren. Sie verpflichtet sich insbesondere dazu, wie im Stabilitätsprogramm vorgesehen bestimmte Mittel im Betrag von 0,2 % des BIP einzufrieren. Die Glaubwürdigkeit der Zusage, dass diese Mittel solange nicht verwendet werden, wie ein Einfrieren erforderlich ist, wird durch zusätzliche Informationen zur möglichen Verwendung dieser Mittel untermauert, die im Anhang des mit Gründen versehenen Antrags enthalten sind. Dort wird einerseits präzisiert, dass es sich um Mittel handelt, die für öffentliche Einrichtungen vorgemerkt sind, deren Mittelausstattung im Vergleich zum Jahr 2015 bereits aufgestockt worden war und die daher möglicherweise keine weiteren Mittel beantragen werden. Andererseits könnten diese Mittel einer öffentlichen Einrichtung nur zugänglich gemacht werden, wenn sie eine Ausgabenermächtigung mit ausdrücklicher Genehmigung des Finanzministers vorlegt. Schließlich könnten diese Mittel erst abgerufen werden, wenn die bereits im Haushaltsplan veranschlagten Mittel sowie die ebenfalls einer Genehmigungspflicht unterliegenden Reservemittel in Anspruch genommen worden sind.

(13)In Bezug auf die dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits und insbesondere in Bezug auf den Haushaltsplan für 2017 verweist Portugal in seinem mit Gründen versehenen Antrag in erster Linie auf die nächste, im Oktober vorzulegende Übersicht über die Haushaltsplanung und verpflichtet sich, die haushaltspolitische länderspezifische Empfehlung, wonach eine strukturelle Anpassung von mindestens 0,6 % des BIP erreicht werden soll, einzuhalten. Gegenüber der im Stabilitätsprogramm für 2017 vorgesehenen strukturellen Anpassung von nur 0,35 % des BIP ist dies eine Verbesserung, wobei die konkreten Korrekturmaßnahmen noch festzulegen sind.

(14)In Bezug auf die möglicherweise nachteilige Auswirkung von Sanktionen auf die Korrektur des übermäßigen Defizits im Jahr 2016 ist festzuhalten, dass die Geldbuße durch Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 auf 0,2 % des BIP und somit auf einen Betrag begrenzt wird, der ausreichend gering ist, um als mit der Korrektur des übermäßigen Defizits vereinbar angesehen werden zu können. Eine etwaige Geldbuße würde sich außerdem keinesfalls auf die Veränderung des strukturellen Saldos auswirken.

(15)Die Zusage, die Strukturreformen in wichtigen Bereichen der Wirtschaft und die Maßnahmen zur Stabilisierung des Bankensystems fortzuführen, ist zu begrüßen, da diese auch Teil der einschlägigen an Portugal gerichteten länderspezifischen Empfehlungen sind. Weitere für 2016 und danach geplante Strukturreformen, wie die Maßnahmen zur Verbesserung des Unternehmensumfelds oder zur Behebung der Unterkapitalisierung von Unternehmen, weichen nicht wesentlich von den bereits im nationalen Reformprogramm 2016 vorgesehenen Maßnahmen ab. Diese Reformen sind zwar grundsätzlich sinnvoll, unterliegen aber Umsetzungsrisiken. Im Anhang des Antrags wird schließlich ausdrücklich auf die Notwendigkeit eingegangen, ein Programm zum Abbau notleidender Kredite festzulegen.

(16)Im Hinblick auf die Angemessenheit des Beschlusses im aktuellen europäischen und internationalen Umfeld ist sich der Rat der erhöhten Unsicherheiten, die in der gegenwärtigen Situation insbesondere mit dem Ergebnis des Referendums über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union verbunden sind, sehr wohl bewusst.

(17)Im Hinblick auf den von Portugal vorgelegten mit Gründen versehenen Antrag und unter Berücksichtigung der vorstehenden Punkte, insbesondere der im Rahmen des makroökonomischen Anpassungsprogramms geleisteten Haushaltsanpassung und der begleitenden umfassenden Strukturreformmaßnahmen sowie der Zusagen, (i) etwaige Abweichungen beim Haushaltsvollzug im Jahr 2016 erforderlichenfalls mittels finanzpolitischer Maßnahmen zu korrigieren, (ii) gegenüber der im Stabilitätsprogramm vom April 2016 für 2017 vorgesehenen strukturellen Anpassung von 0,35 % des BIP in diesem Jahr eine zusätzliche strukturelle Anpassung von 0,25 % des BIP vorzunehmen und iii) zur Bewältigung bestehender Herausforderungen in wichtigen Bereichen Strukturreformen und unter anderem Maßnahmen zur Stabilisierung des Bankensystems durchzuführen, ist zu schließen, dass die von Portugal angeführten Gründe eine Aufhebung der Geldbuße in Höhe von 0,2 % des BIP rechtfertigen.

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Von der Geldbuße von 0,2 % des BIP, die wegen des Versäumnisses, der Ratsempfehlung vom 21. Juni 2013 entsprechend wirksame Maßnahmen zu treffen, gegen Portugal zu verhängen wäre, wird abgesehen.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Portugiesische Republik gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1)

    Siehe Beschluss 427/1 des Rates.

(2)

   Siehe Erklärung der Euro-Gruppe 47/16

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