EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 17.6.2025
COM(2025) 820 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
Omnibus-Paket für die Verteidigungsbereitschaft
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Document 52025DC0820
COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT AND THE COUNCIL Defence Readiness Omnibus
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Omnibus-Paket für die Verteidigungsbereitschaft
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Omnibus-Paket für die Verteidigungsbereitschaft
COM/2025/820 final
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 17.6.2025
COM(2025) 820 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
Omnibus-Paket für die Verteidigungsbereitschaft
Omnibus-Paket für die Verteidigungsbereitschaft
Europa steht einer akuten und wachsenden Bedrohung gegenüber. Unsere einzige Möglichkeit zur Sicherung des Friedens in Europa besteht in der Abschreckung derjenigen, die uns Schaden zufügen wollen – und in unserer Bereitschaft dazu. In Europa wird erneut ein bewaffneter Konflikt hoher Intensität ausgetragen und die nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Kalten Krieg geschaffene internationale Ordnung wurde in Frage gestellt. Im Gemeinsamen Weißbuch zur europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030 1 (im Folgenden „Weißbuch“) heißt es: „In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts und danach wird eine neue internationale Ordnung entstehen. Wenn wir diese Ordnung – sowohl in unserer Region als auch darüber hinaus – nicht gestalten, werden wir das Ergebnis dieser Zeit des Wettbewerbs zwischen Staaten passiv hinnehmen müssen, mit allen negativen Folgen, die sich daraus ergeben könnten, einschließlich der realen Aussicht auf einen großflächigen Krieg.“
In der heutigen Welt mit ihren schnellen Veränderungen ist auch unsere Sicherheitslandschaft eine andere. Wir stehen vor größeren Bedrohungen von nun globaler Art, von mächtigen Netzwerken der organisierten Kriminalität und Terrorismus bis hin zu hybriden Bedrohungen in Form von Desinformation, dem Säen von Angst und Sabotage an unserer kritischen Infrastruktur, oftmals durch feindselige ausländische staatliche Akteure. Sie stellen eine unmittelbare Bedrohung unserer Lebensweise und unserer Fähigkeit dar, unsere Zukunft durch demokratische Prozesse selbst zu bestimmen. Auch wenn sich die Union nicht im Krieg befindet, bedeuten der Konflikt hoher Intensität an ihrer Grenze und die aggressive Haltung Russlands doch, dass Europa mit einer Situation konfrontiert ist, die nicht friedlich ist, und unsere Sicherheit und unser Ziel einer Zukunft, die frei von Zwang und Aggression ist, keine Selbstverständlichkeit sind. Wir haben gesehen, wie Russland Gasausfuhren als Waffe eingesetzt hat, was zu einer unsicheren Versorgungslage und hohen Preisspitzen geführt hat, und wie es gezielt die Energieinfrastruktur in der Ukraine angegriffen hat. Unsere Sicherheit hängt sowohl von der zivilen als auch von der militärischen Krisenvorsorge ab 2 .
Den Bedrohungsanalysen mehrerer Nachrichtendienste von EU-Mitgliedstaaten zufolge hat die Kapazität Russlands zur Herstellung von militärischer Ausrüstung enorm zugenommen, zudem verfügt es über die militärischen Fähigkeiten, um in den nächsten drei bis fünf Jahren die Geschlossenheit der westlichen Länder und die Wirksamkeit des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie des Artikels 222 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die Probe zu stellen. Dies erfordert einen Wechsel hin zu einer Mentalität der Verteidigungsbereitschaft und die unverzügliche Steigerung der Anstrengungen, um bis 2030 die Verteidigungsbereitschaft und Abschreckungsfähigkeit wieder herzustellen. In diesem Kontext sollte unter Verteidigungsbereitschaft die Fähigkeit der Mitgliedstaaten und der Verteidigungsindustrie der Union verstanden werden, verteidigungsbezogene Krisen zu antizipieren, ihnen vorzubeugen und auf sie zu reagieren. Die Verteidigungsbereitschaft hängt von der Verfügbarkeit der erforderlichen Kapazitäten der Verteidigungsindustrie, die Ressourcen, Fähigkeiten und die Infrastruktur zu erwerben und aufrechtzuerhalten, die für eine wirksame und flexible Reaktion auf Krisen notwendig sind, ab, sowie auch von den damit verbundenen Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der Vorbeugung von potenziellen Bedrohungen mittels Abschreckung durch glaubwürdige Vorsorge.
Als Ausgangspunkt für den Wiederaufbau der europäischen Verteidigung sind massive Investitionen über einen längeren Zeitraum im Geiste der Solidarität und Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten sowie im Rahmen strategischer Bündnisse innerhalb der NATO und mit gleich gesinnten Drittländern erforderlich. Unabdingbar ist es, die Arbeit in allen Schwerpunktbereichen zu beschleunigen, damit die Verteidigungsbereitschaft Europas schnellstens erhöht und sichergestellt werden kann, dass Europa bis spätestens 2030 über ein starkes und ausreichendes europäisches Verteidigungsdispositiv verfügt.
Für den Aufbau eines wirklich unabhängigen Europas ist eine neue Form der „Pax Europaea“ für das 21. Jahrhundert, gestaltet und geregelt von Europa selbst, unabdingbar. Aus diesem Grund ergreift die Union eine beispiellose Maßnahme, um es den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, bis zu 800 Mrd. EUR für ihre zusätzlichen Verteidigungsausgaben zu mobilisieren und so im Rahmen des Plans „ReArm Europe/Bereitschaft 2030“ in den nächsten vier Jahren den Frieden zu verteidigen. Über die Hälfte der Mitgliedstaaten hat die Aktivierung der nationalen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts beantragt und diese Flexibilität für erhebliche Steigerungen ihrer Verteidigungsausgaben genutzt. Im Anschluss an die Aufforderung des Europäischen Rates 3 an die Europäische Kommission, die Arbeit in allen Schwerpunktbereichen zu beschleunigen, um die Verteidigungsbereitschaft Europas binnen der nächsten fünf Jahre entscheidend zu erhöhen, werden die Mitgliedstaaten mit diesem Omnibus-Paket für die Verteidigungsbereitschaft in ihren Bemühungen zur Stärkung der industriellen Basis der Verteidigung und der allgemeinen Verteidigungsbereitschaft und Flexibilität der EU bis 2030 dadurch unterstützt, dass die notwendigen Voraussetzungen für vorgezogene Investitionen in Verteidigungsfähigkeiten geschaffen werden, wodurch der Industrie die notwendige Planbarkeit geboten und Bürokratie abgebaut wird.
Beim Bemessen der erforderlichen Anstrengungen sollten die chronisch und deutlich unzureichenden Investitionen der letzten Jahrzehnte in die Verteidigung sowie die kumulierten entsprechenden Investitionsdefizite der Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. Am Beispiel der schweren Artilleriemunition werden die Probleme deutlich, zu denen jahrzehntelange Investitionsdefizite führen. In der Folge stünden die Mitgliedstaaten im Falle eines Konflikts hoher Intensität vor kritischen Engpässen. Ohnehin begrenzte Bestände wurden zudem im Zuge der militärischen Unterstützung für die Ukraine weiter beansprucht. Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden angesichts der geringen Nachfrage die Produktionskapazitäten der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung stark heruntergefahren; dies schränkt nun die Mitgliedstaaten erheblich bei der raschen Auffüllung ihrer Bestände und dem Wiederaufbau eines glaubwürdigen und zuverlässigen Verteidigungsdispositivs ein.
Ein wirklich funktionierender EU-weiter Markt für Verteidigungsgüter, mit dem Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in den Mittelpunkt der Erneuerung Europas gestellt werden, ermöglicht es den Mitgliedstaaten am wirksamsten, ihre Arsenale wiederaufzufüllen und ihre Bereitschaft im Falle eines Konfliktes zu erhöhen. Dies liegt an den drei wesentlichen Vorteilen eines solchen Markts. Erstens ermöglicht er es den Mitgliedstaaten, Größenvorteile zu nutzen und so von einem breiten und stabileren Verteidigungsmarkt zu profitieren. Zweitens sinkt die Abhängigkeit der Mitgliedstaaten von Lieferanten aus Drittländern dank eines erleichterten Zugangs zu allen Lieferanten in der EU, was in der heutigen geopolitischen Landschaft von großem Vorteil ist und die strategische Unabhängigkeit der Union langfristig gewährleistet. Drittens steigt die Wettbewerbsfähigkeit der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung, indem sichergestellt wird, dass die Verteidigungsausgaben das Wachstum und die Entwicklung der gesamten Industrie in ganz Europa fördern.
Das derzeitige Regelungsumfeld der Union wurde in Friedenszeiten angenommen und ist nicht vollständig darauf ausgelegt, die erforderlichen Fähigkeiten und die Verteidigungsbereitschaft zu entwickeln, die zur glaubwürdigen Abschreckung vor bewaffneten Aggressionen und für die wirksame und rasche Tätigung der oben genannten erforderlichen umfangreichen Investitionen notwendig sind. Einige nicht verteidigungsspezifische EU-Rechtsvorschriften sind nicht dazu angetan, im Rahmen der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung jene langfristigen Investitionen in Verteidigungsfähigkeiten zu vereinfachen, die zur Abschreckung vor Bedrohungen und für die Sicherheit der Union und ihrer Bürgerinnen und Bürger erforderlich sind. Die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung ist ein höchst spezifischer Sektor, dessen vorrangiges Ziel nicht rein wirtschaftlicher Natur ist. Bei ihr steht der Bedarf der Streitkräfte der Mitgliedstaaten im Mittelpunkt, wobei die technische Leistung zeitnah sowie zu wettbewerbsfähigen Kosten auf dem Niveau und in dem Umfang erbracht wird, wie es erforderlich ist. Der Rechtsrahmen der Union sollte dem Ziel der Verteidigungsbereitschaft entsprechen und die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, zu investieren, zu bauen, Forschung zu betreiben, hochwertige Produkte zu bieten und Dienstleistungen zu erbringen, Projekte zu genehmigen, von einem beschleunigten und flexiblen Beschaffungswesen zu profitieren und dabei die hohen Forschungs-, Umwelt- und Sozialstandards beizubehalten, dank derer die Europäische Union in diesen Bereichen führend ist. In allen Sektoren gilt es, Verfahren deutlich zu vereinfachen und Entlastungen beim Regelungs- und Verwaltungsaufwand zu schaffen, um die Produktion in der europäischen Verteidigungsindustrie schnell zu steigern und rasch jene Produktionskapazitäten zu erreichen, die für die Vorbereitung auf einen Konflikt hoher Intensität und somit zur Abschreckung davor erforderlich sind.
Darüber hinaus sind diese umfangreichen Anstrengungen die Gelegenheit, die Streitkräfte der Mitgliedstaaten zu modernisieren und die Investitionen in die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung zu erhöhen. Es gilt, der hohen Geschwindigkeit bei der Entwicklung der Militärtechnologie Rechnung zu tragen, sowie auch dem Risiko einer raschen Veralterung, wie die anhaltende Aggression hoher Intensität Russlands in der Ukraine und die Verbreitung disruptiver Technologien in den Lieferketten im Verteidigungsbereich vor Augen führen. Für zukunftssichere Investitionen in die Verteidigung und um das Innovationspotenzial der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung zu mobilisieren, kommt der Förderung von Innovationszyklen eine wichtige Rolle zu; insbesondere sind dabei die Verfahren für gemeinschaftliche Forschung und Entwicklung im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds 4 zu vereinfachen und zu beschleunigen. Überdies ist die Unterstützung von Start-ups und Scale-Ups für die Förderung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in der EU entscheidend, insbesondere durch die Öffnung des Accelerators des Europäischen Innovationsrates (EIC), von STEP und des Scale-up-Europa-Fonds für Technologien mit doppeltem Verwendungszweck und für Verteidigungstechnologien.
Bei der Stärkung der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung muss der doppelte Verwendungszweck von Schlüsseltechnologien und -materialien besser berücksichtigt werden. Der digitale Bereich, fortgeschrittene Elektronik, Konnektivität oder auch Chemikalien sind alle wichtige Bestandteile der Agenda der Union für Wettbewerbsfähigkeit sowie für ihre Resilienz im Verteidigungsbereich. In der Strategie für eine Union der Krisenvorsorge wird betont, dass die EU bei allen Infrastrukturinvestitionen und bei der Fähigkeitenplanung die Aspekte des doppelten Verwendungszwecks berücksichtigen muss, darunter militärische Mobilität, Massenevakuierungen, sichere Kommunikation und Konnektivität, maritime Sicherheit, Cyberfähigkeiten sowie Weltraumressourcen und Weltraumdienste. Zur Förderung solcher Synergien zwischen Innovationen im zivilen und im Verteidigungsbereich und um die Entwicklung kritischer Wertschöpfungs- und Lieferketten sicherzustellen, werden die im Rahmen dieser Initiative angenommenen Vereinfachungsmaßnahmen gegebenenfalls auf Technologien und Materialien mit doppeltem Verwendungszweck angewandt.
In dieser Mitteilung macht die Kommission umfangreiche Vorschläge zur Vereinfachung verteidigungsspezifischer Rechtsvorschriften und Programme sowie nicht verteidigungsspezifischer Rechtsvorschriften; diese Vorschläge fußen auf Erfahrungen und Beiträgen aus breit angelegten öffentlichen Konsultationen und zielen darauf ab, regulatorische Hindernisse abzubauen sowie die Verteidigungsbereitschaft der EU und den Aufbau der Industrie zu fördern. Mit dieser Mitteilung werden auch klarere Auslegungen jener Ausnahmen formuliert, welche die EU-Rechtsvorschriften ermöglichen und von denen die Mitgliedstaaten eventuell nicht in vollem Umfang Gebrauch gemacht haben.
1.Rechtsvorschriften zur Verteidigung und Programme für die Verteidigungsindustrie der EU
Beschaffung von Verteidigungsgütern
Die Richtlinie über die Vergabe von sensiblen Aufträgen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit 5 zielt darauf ab, die Bedingungen für einen funktionierenden EU-weiten Markt für Verteidigungsgüter zu gewährleisten. Oft jedoch erachten Interessenträger die Verfahren im Rahmen der Richtlinie für zu komplex und aufwendig, da sie den Einsatz unverhältnismäßiger Ressourcen von den Mitgliedstaaten erfordern. Die Vereinfachung der Bestimmungen der Richtlinie ist daher notwendig, wobei gleichzeitig die Verwirklichung ihrer Ziele zu gewährleisten ist, insbesondere durch gestraffte und effizientere Verfahren für die Beschaffung von Verteidigungsgütern. Die Mitgliedstaaten können sich so auf die kritischsten Aufträge konzentrieren, Ressourcen wirksamer zuweisen und den Verwaltungsaufwand für die Industrie verringern.
Auch wenn für 2026 eine komplette Überarbeitung der Richtlinie geplant ist, sollten die Vergabevorschriften jetzt schon vereinfacht werden, um der Dringlichkeit und Priorität Rechnung zu tragen, die für Europa beim Wiederaufbau seiner Verteidigung bestehen, um mehr Flexibilität für gemeinsame Beschaffungen durch mehrere Mitgliedstaaten zu schaffen und um die verstärkte Beschaffung innovativer Lösungen zu fördern, die erforderlich sind, damit bis 2030 die Verteidigungsbereitschaft erreicht wird. Vorhandene Beschaffungsaufträge und die langfristig vorhersehbare Nachfrage sind die wichtigsten Faktoren für die Industrie, um ihre Produktionskapazitäten auszubauen und die Ziele der Verteidigungsbereitschaft zu erreichen. Zu diesem Zweck schlägt die Kommission vor, die Schwellenwerte für die Anwendbarkeit der Richtlinie auf 900 000 EUR für Liefer- und Dienstleistungsaufträge anzuheben. Eine beträchtliche Zahl weniger umfangreicher Aufträge mit nur geringfügigen Auswirkungen auf den Binnenmarkt wird so vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, wodurch die Mitgliedstaaten und die Antragsteller dank gesenktem administrativen und wirtschaftlichen Aufwand von wirtschaftlicher Effizienz profitieren.
Geringe und zudem fragmentierte Ausgaben der Mitgliedstaaten für Innovation im Verteidigungsbereich wirken sich nachteilig auf neue disruptive Technologien aus, die für künftige Verteidigungsfähigkeiten von entscheidender Bedeutung sind. Die Erleichterung der Beschaffung innovativer Lösungen wird zur Transformation der Verteidigung durch disruptive Innovationen beitragen, da neue Technologien die Art der Kriegsführung in mehreren Bereichen grundlegend verändern (z. B. künstliche Intelligenz, Cloud- und Quanteninformatik, fortgeschrittene und sichere Konnektivität, autonome Systeme). Die neue Möglichkeit, innovative Produkte und Dienstleistungen als Ergebnisse paralleler und wettbewerbsorientierter Forschungsprojekte im Auftrag der Mitgliedstaaten direkt zu beschaffen, eignet sich für die innovativste Pionierarbeit im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten, bei denen sich die erwarteten Ergebnisse zu Beginn der Auftragsvergabe für Forschung und Entwicklung nicht festlegen lassen. In Verbindung mit den Voraussetzungen für schnellere innovative Auftragsvergabe und Kooperationsprojekte, unter anderem durch die Einführung des vereinfachten Verfahrens der Innovationspartnerschaft und der Klärung hinsichtlich der Beschaffung von Ergebnissen jener Projekte, die im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds finanziert werden, wird so der nahtlose Übergang von der Forschung zur Beschaffung gefördert, sodass die Mitgliedstaaten zügig von im Rahmen dieser Projekte entwickelten innovativen Lösungen profitieren können.
Die Geschwindigkeit, mit der die Mitgliedstaaten derzeit ihre Arsenale auffüllen müssen, stellt eine Herausforderung dar und bedeutet, dass auch auf bereits verfügbare Verteidigungsgüter zurückgegriffen werden muss. Damit die Mitgliedstaaten die gleiche und unverzüglich verfügbare Ausrüstung rasch beschaffen können, sollte das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung vorübergehend auf die gemeinsame Beschaffung und Wartung ausgeweitet werden. Die Mitgliedstaaten wären so in der Lage, Ressourcen zu bündeln und Größenvorteile beim raschen Erwerb von Ausrüstung und Fähigkeiten zu nutzen. Dies ergänzt die bereits in der Richtlinie vorgesehene Flexibilität für dringliche Lagen aufgrund einer Krise, was zu erwartende Schadensereignisse 6 einschließt, darunter Konflikte hoher Intensität an den EU-Grenzen und ernstzunehmende Bedrohungen für die Sicherheit der Union und ihrer Mitgliedstaaten.
Zusätzliche Flexibilität in Rahmenvereinbarungen mit einer verlängerten Laufzeit von bis zu zehn Jahren und die Öffnung für andere Mitgliedstaaten, wie in der Verordnung über das Programm für die Europäische Verteidigungsindustrie (EDIP) 7 vorgeschlagen, wird den Mitgliedstaaten dabei helfen, ihre Fähigkeitsziele schneller, kostengünstiger und mit verbesserter Interoperabilität zu erreichen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre nationalen Vergabevorschriften dringend zu überarbeiten, um zusätzliche Belastungen („Überregulierung“) für die Teilnehmer an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge abzubauen. Mit der Abschaffung der statistischen Berichtspflichten für die Mitgliedstaaten wird der Verwaltungsaufwand sinken, während die Anwendung der Energieeffizienzrichtlinie 8 auf den Verteidigungssektor bei der Bewertung der Richtlinie im Jahr 2026 geklärt wird.
Intra-EU-Verbringungen von Verteidigungsgütern
Rasche Verbringungen von Verteidigungsgütern innerhalb der Union sind unabdingbar, um die industriellen und technologischen Kapazitäten in der gesamten Union vollumfänglich zu mobilisieren, Synergien, Größenvorteile und Innovationen zu erzielen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Bei der öffentlichen Konsultation wiesen Interessenträger auf die mangelnde Harmonisierung der Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten und die unzureichende Nutzung von Allgemeingenehmigungen (als dem wichtigsten in der Richtlinie vorgesehenen Instrument zur Vereinfachung 9 ) hin und riefen dazu auf, Komplexität und Verzögerungen im Zusammenhang mit der Kontrolle von Intra-EU-Verbringungen abzubauen. Sie hoben zudem Engpässe hervor, die dadurch entstehen, dass bei der Durchführung von Projekten im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds Verbringungen nicht rechtzeitig genehmigt werden, und durch den großen Aufwand, mit mehreren nationalen Endverbleibsbescheinigungen oder mit anderen Arten von Einschränkungen von Intra-EU-Verbringungen zu arbeiten.
In Anbetracht der in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten wird die Kommission eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um die Verbringung von Verteidigungsgütern an die Streitkräfte der Mitgliedstaaten, Verbringungen in Lieferketten und im Rahmen von EU-finanzierten Projekten sowie die Handhabung von Endverbleibsbescheinigungen zu vereinfachen. Mit den vorgeschlagenen Änderungen werden die Verzögerungen bei der Projektdurchführung sowie der Verwaltungsaufwand für die Teilnehmer an Projekten im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds erheblich verringert. Die Mitgliedstaaten werden in die Lage versetzt, weitere Kategorien von Verbringungen von der Verpflichtung zur vorherigen Genehmigung auszunehmen, zudem wird ihnen empfohlen, von Allgemeingenehmigungen stärker Gebrauch zu machen sowie deren Anwendungsbereich auszuweiten und zu harmonisieren. Wenn auch zertifizierte Unternehmen Allgemeingenehmigungen für ihre Verbringungen in Anspruch nehmen können, werden Anreize im Hinblick auf die Programme der Unternehmen für die Zertifizierung und zur Einhaltung ordnungsgemäßen Verhaltens in Bezug auf Intra-EU-Verbringungen geschaffen, wobei ihr Verwaltungsaufwand erheblich verringert wird. Im Sinne unkomplizierterer grenzüberschreitender Transaktionen im Rahmen von Lieferketten und einer schnelleren Produktionssteigerung im Einklang mit der Richtlinie über die Verbringung von Verteidigungsgütern innerhalb der EU 10 ruft die Kommission die Mitgliedstaaten auf, von Beschränkungen für die Intra-EU-Verbringung von Bestandteilen, die in einem anderen Mitgliedstaat in ein Endprodukt integriert werden und sich nicht getrennt wiederausführen lassen, abzusehen, zumindest im Wege der Anwendung des De-minimis-Grundsatzes, wie es bereits einige Mitgliedstaaten handhaben. Schließlich schlägt die Kommission vor, die Berichtspflichten für immaterielle Technologietransfers zu vereinfachen.
Europäischer Verteidigungsfonds
Der Europäische Verteidigungsfonds ist das einzige EU-Instrument zur Unterstützung der gemeinsamen Forschung und Entwicklung im Verteidigungsbereich. Die Zwischenevaluierung des Fonds durch die Kommission und umfassende Konsultationen mit Interessenträgern bestätigten dessen Wirksamkeit und Relevanz insgesamt, wobei jedoch die Notwendigkeit betont wird, Verfahren noch stärker zu vereinfachen und den Verwaltungsaufwand zu verringern. Die Kommission schlägt daher eine größere Flexibilität bei der Durchführung des Europäischen Verteidigungsfonds vor.
Sie regt an, die Vergabekriterien für die Bewertung von Vorschlägen klarer und einfacher zu gestalten, und führt die Möglichkeit ein, anhand der Ziele der Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen nur die relevantesten Vergabekriterien auszuwählen, um das Bewertungsverfahren schneller, flexibler und weniger aufwendig zu gestalten. Die Möglichkeit, den Europäischen Verteidigungsfonds im Rahmen von jährlichen und mehrjährigen Arbeitsprogrammen durchzuführen, präzisere Vorschriften für die Direktvergabe sowie umfassendere Möglichkeiten der indirekten Mittelverwaltung werden für mehr Flexibilität und Vorhersehbarkeit bei der Planung und Durchführung von Projekten im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds mit dynamischem Verwaltungsprozess und verringertem Verwaltungsaufwand sorgen. Zusätzlich zu einem vierten Investitionsbereich für Verteidigungstechnologien im Rahmen der „Plattform für strategische Technologien für Europa“ 11 schlägt die Kommission Vereinfachungen bei der vorkommerziellen Auftragsvergabe und den Zugangsrechten der kofinanzierenden Mitgliedstaaten zu den Ergebnissen von Entwicklungsprojekten vor, damit die daraus hervorgehenden Projekte im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds so schnell wie möglich in Betrieb gehen und dadurch Innovationen und disruptiven Technologien für die Verteidigung weiter Vorschub leisten.
Schließlich wird die Kommission zusätzliche Maßnahmen für eine schnellere Bewertung der Vorschläge sowie eine zügigere Unterzeichnung von Finanzhilfevereinbarungen und die Auszahlung von Zahlungen ergreifen, z. B. die Unterauftragsvergabe in größerem Umfang (über 30 %), eine von 18 auf mindestens 36 Monate verlängerte Gültigkeit der Bewertung der Eigentums- und/oder Kontrollverhältnisse für Begünstigte und die Einführung einer Standardklausel über die Nichtweitergabe. Als Reaktion auf die Forderungen der Interessenträger nach einem einfachen und sicheren System für den Austausch vertraulicher und sensibler Informationen wird das SUE-System (Secret de l’Union Européenne) schrittweise in der Kommission, den Mitgliedstaaten und der Industrie eingeführt; Anfang 2026 sollen alle Mitgliedstaaten damit ausgerüstet werden, sobald die erforderlichen Verfahren zur Akkreditierung und Annahme seitens der Mitgliedstaaten abgeschlossen sind, gleichzeitig wird die Einrichtung einer Cloud für Verschlusssachen geprüft, die bei der Durchführung von als Verschlusssache eingestuften Verteidigungsprojekten zum Austausch von Informationen bis einschließlich zum Geheimhaltungsgrad RESTREINT UE/EU RESTRICTED dienen soll. Die mit diesem Omnibus-Paket eingeführten Vereinfachungen können rückwirkend auf bereits bestehende Projekte im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds angewandt werden.
Im Einklang mit dem Weißbuch, in dem eine stärkere Beteiligung der Ukraine an Maßnahmen im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds und eine engere Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine gefordert wird, sollte für Testtätigkeiten in der Ukraine eine Finanzierung aus dem Fonds in Frage kommen. Für die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung würde es dadurch möglich, die laufenden Kriegshandlungen in der Ukraine unter dem Aspekt von Tests (Kapazitäten für Schnelltests, 24-Stunden-Tests und Tests auf dem Schlachtfeld) zu nutzen, sodass Erkenntnisse aus der aktuellen modernen Kriegsführung in die Entwicklung von Verteidigungstechnologien und -gütern einfließen können.
2.Nicht verteidigungsspezifische Rechtsvorschriften und Programme der EU
Behebung von Engpässen und vollumfängliche Nutzung von Möglichkeiten zur Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft
Genehmigungsverfahren für Investitionen in die Verteidigungsindustrie und Maßnahmen für die Verteidigungsbereitschaft sind oft zu langwierig und aufwendig. Zu deren Beschleunigung ist es unerlässlich, dass die Verfahren für Umweltverträglichkeitsprüfungen und die Einhaltung der Umweltvorschriften (z. B. Städte- und Raumplanung, Umweltverträglichkeitsprüfungen, Lärm-, Habitat- und Vogelschutz, Wasser- und Abfallbewirtschaftung) dem Erreichen der Verteidigungsbereitschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt zuträglich sind. Diese in Friedenszeiten eingeführten Prozesse müssen nun auf beschleunigte Zulassungs- oder Genehmigungsverfahren ausgerichtet sein, die der dringenden Erfordernis der Verteidigungsbereitschaft entsprechen und in diesem Sinne die umfangreiche und schnelle Aufstockung der Investitionen in die Verteidigungsindustrie und der Maßnahmen zur Verteidigungsbereitschaft erleichtern, die eine höhere Flexibilität erfordern und die angesichts neuer Sicherheitsbedürfnisse unabdingbar sind.
Auch wenn die Zulassungen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, beinhaltet das Unionsrecht einige damit verbundene Vorschriften, darunter Umweltprüfungen. Es ist von entscheidender Bedeutung, das gesamten Genehmigungsverfahren für Investitionen in die Verteidigungsindustrie und Maßnahmen für die Verteidigungsbereitschaft zu straffen, zu vereinfachen und zu beschleunigen und gleichzeitig die Standards für den Umweltschutz und den Schutz der Menschen in der gesamten Union in kürzerer Zeit zu gewährleisten. Dies kann durch die Einrichtung beschleunigter nationaler Genehmigungsverfahren je nach Prioritäten mit einer zentralen Anlaufstelle für die Industrie erreicht werden, mit dem Ziel, den Verwaltungsaufwand zu verringern und das Genehmigungsverfahren für Maßnahmen zur Verteidigungsbereitschaft zu beschleunigen. Auf Ersuchen der Mitgliedstaaten ist die Kommission bereit, beim Aufbau des beschleunigten Genehmigungssystems Beratung und Hilfe beim Kapazitätsaufbau anzubieten.
Die Gewährleistung hoher Standards für den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit im Wege der Anwendung des Umweltrechts der Union bei gleichzeitigem Erreichen des Ziels der Verteidigungsbereitschaft bis 2030 ist von grundlegender Bedeutung. Die meisten Umweltrechtsvorschriften der Union sehen zwar Ausnahmen im öffentlichen Interesse vor, doch führen gegensätzliche Auslegungen und Umsetzungen in den Mitgliedstaaten zu Komplexität und Unsicherheit hinsichtlich der geltenden Vorschriften für Verteidigungsinvestitionen. Die Kommission stellt hiermit klar, dass die Mitgliedstaaten von bestehenden Ausnahmeregelungen Gebrauch machen können, die in verschiedenen Rechtsvorschriften der Union 12 im Hinblick auf „überwiegendes öffentliches Interesse“, die „öffentliche Sicherheit“ oder eine „Krise“ vorgesehen sind, um die Verteidigungsbereitschaft in ihren Anwendungsbereich einzubeziehen, einschließlich Investitionen in die Verteidigung seitens der Industrie und des Staates sowie Maßnahmen zur Verteidigungsbereitschaft. Werden Ausgleichs- oder Minderungsmaßnahmen angewandt, so sollten diese das Erreichen der Ziele der Rechtsvorschriften gewährleisten und verhältnismäßig in Bezug auf Aspekte der Verteidigungsbereitschaft sein, damit das Ziel der Verteidigungsbereitschaft bis 2030 rechtzeitig erreicht werden kann. In der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung 13 ist eine Ausnahme für der Verteidigung dienende Projekte erhalten, die ebenfalls auf Projekte und Maßnahmen zur Verteidigungsbereitschaft angewendet werden kann. Darüber hinaus enthalten die Richtlinien über Elektro- und Elektronik-Altgeräte 14 und die Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe 15 eine Ausnahme für militärische Zwecke, die das Ziel der Verteidigungsbereitschaft einschließt.
Der Besitzstand der Union auf dem Gebiet der Chemikalien war entscheidend dabei, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt aufrechtzuerhalten, den freien Verkehr von Stoffen im Binnenmarkt zu erleichtern und gleichzeitig dem sozioökonomischen Nutzen Rechnung zu tragen. Die Aufrechterhaltung der Sicherheit am Arbeitsplatz auf hohem Niveau und guter Arbeitsbedingungen spielt zudem eine wichtige Rolle für die Attraktivität des Verteidigungssektors als möglichem Arbeitsplatz, wobei gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Ziele der Verteidigungsbereitschaft wirksam erreicht werden können.
Derzeit sieht der Besitzstand der Union auf dem Gebiet der Chemikalien nicht ausdrücklich vor, dass in den Verfahren zum Verbot oder zur Beschränkung chemischer Stoffe gemäß der Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) 16 die Auswirkungen auf die Verteidigungsindustrie frühzeitig berücksichtigt werden. Die Kommission stellt fest, dass die Möglichkeit einer Ausnahme im Interesse der Verteidigung bereits in der REACH-Verordnung vorgesehen ist, diese jedoch in einigen Mitgliedstaaten restriktiv angewandt wurde. Überdies wird diese Ausnahme auf Ad-hoc-Basis angewandt, was nicht mit dem Ziel der Verteidigungsbereitschaft bis 2030 und den Anforderungen, unverzüglich die Herstellung von Verteidigungsgütern bis 2030 zu steigern, in Einklang steht. Die Kommission schlägt daher vor, die Bedingungen für die Inanspruchnahme der nationalen Ausnahme gemäß der REACH-Verordnung weiter zu fassen, und empfiehlt den Mitgliedstaaten, das Potenzial der Ausnahmeregelung für Verteidigungsbedürfnisse, einschließlich Maßnahmen zur Verteidigungsbereitschaft, voll auszuschöpfen. Mit der bevorstehenden Vereinfachung der REACH-Verordnung zielt die Kommission darauf ab, das Ziel der Verteidigungsbereitschaft ausdrücklich aufzunehmen und sicherzustellen, dass Erwägungen der Verteidigung, einschließlich indirekter Auswirkungen auf die Lieferketten im Verteidigungsbereich, umfassend bewertet werden. Somit könnte das Ziel der Verteidigungsbereitschaft, einschließlich indirekter Auswirkungen auf die Lieferketten im Verteidigungsbereich, frühzeitig und vollumfänglich bewertet werden. Um die Kohärenz des Besitzstands der Union im Bereich der Chemikalien zu gewährleisten, wird eine ähnliche Ausnahme in der Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung 17 und in der Verordnung über Biozidprodukte vorgeschlagen 18 . In Bezug auf die Verordnung über persistente organische Schadstoffe 19 , mit der das Stockholmer Übereinkommen umgesetzt wird, schlägt die Kommission vor, Belange der Verteidigungsbereitschaft in den Phasen der Vorbereitung vor dem Festlegen von Verboten oder Einschränkungen auf internationaler Ebene im Rahmen des Übereinkommens anzugehen, da in dieser Phase etwaige Ausnahmen in Betracht gezogen werden können. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten Ausnahmen von den Berichterstattungspflichten nutzen, um vertrauliche Informationen im Hinblick auf ihre Sicherheitsinteressen oder jene der Union zu schützen.
Bei der Stärkung der Produktionskapazitäten in der Verteidigungsindustrie der Union mit dem Ziel, die derzeit fehlenden kritischen Fähigkeiten zu erwerben, müssen die Verteidigungsindustrie und die Streitkräfte Verteidigungsgüter, Bestandteile und Rohstoffe auf schnelle, flexible und kosteneffiziente Weise von außerhalb der Union einführen. In diesem Sinne fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, in vollem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Einfuhrabgaben für bestimmte Waffen und militärische Ausrüstungsgüter auszusetzen, die von den für die militärische Verteidigung zuständigen Stellen oder in deren Auftrag aus Drittländern eingeführt werden 20 . Zusätzlich zur größtmöglichen Förderung und zum Ausbau der inländischen Kapazitäten insbesondere bei Rohstoffen könnte der Verzicht auf Abgaben auf einige gemäß der Regelung für autonome Zollaussetzungen und Zollkontingente aus Nicht-EU-Ländern 21 eingeführte Industrieprodukte, Rohstoffe, Halbfertigwaren oder Bestandteile ebenso dazu genutzt werden, die Wettbewerbsfähigkeit des Verteidigungssektors zu steigern und so die Verteidigungsbereitschaft der Union zu stärken.
Das Potenzial einiger Technologien, darunter der künstlichen Intelligenz, für die Überlegenheit im Verteidigungsbereich ist ein wichtiger Hebel, der auf europäischer Ebene dringend gestärkt werden muss. Mit der Verordnung der EU über künstliche Intelligenz 22 wird die Entwicklung von Systemen der künstlichen Intelligenz gefördert, wobei ein risikobasierter Ansatz verfolgt wird und den Risiken angemessene Vorschriften eingeführt werden. Nicht geregelt wird darin die Forschung vor der Markteinführung in allen Bereichen einschließlich der Verteidigung sowie die Entwicklung und Nutzung künstlicher Intelligenz für ausschließlich militärische Zwecke, Verteidigungszwecke oder Zwecke der nationalen Sicherheit. Die Kommission erinnert an die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Reallabore für die flexible und rasche Entwicklung von Systemen künstlicher Intelligenz mit hohem Risiko einzurichten, die für militärische und verteidigungspolitische Zwecke relevant sind, um eine rechtlich sichere Entwicklung und Erprobung zu ermöglichen.
Erleichterung öffentlicher und privater Investitionen im Verteidigungssektor
Unbeschadet des Artikels 346 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gelten die Wettbewerbsvorschriften für den Bereich der Verteidigung und tragen zu einem besseren Funktionieren des Binnenmarkts bei. Dabei sollten sie dem dringenden Ausbau des Sektors, seinem Beitrag zum Ziel „Verteidigungsbereitschaft bis 2030“ und der Fähigkeit der Mitgliedstaaten, wirksam auf die Herausforderungen des sich verschlechternden geopolitischen Umfelds zu reagieren, nicht im Wege stehen. Die Kommission berücksichtigt bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts (Fusionen, Kartellrecht und Kontrolle staatlicher Beihilfen) die Besonderheiten der Verteidigungsindustrie und des europäischen Marktes für Verteidigungsgüter sowie dessen Beitrag zum Ziel der Verteidigungsbereitschaft in gebührendem Maße.
Die Fusionskontrollregelung der Europäischen Union zielt auf dauerhaft gut funktionierende Märkte, darunter im Verteidigungssektor, ab. Die Verteidigungsbereitschaft der europäischen Industrie hängt in kritischem Maße von wettbewerbsorientierten Märkten ab, die modernste Technologien und Innovationen hervorbringen können, sowie von bedarfsgerechten und flexiblen Produktionskapazitäten, wobei sichergestellt wird, dass durch Zusammenschlüsse keine Marktmacht solchen Ausmaßes entsteht, dass sie wahrscheinlich zu höheren Kosten für die Haushalte der Mitgliedstaaten führt. Bei der laufenden Überprüfung der Fusionskontrollleitlinien wird die Kommission das veränderte Sicherheits- und Verteidigungsumfeld entsprechend berücksichtigen und Interessenträger um Beiträge zu einem wirksamen Umgang damit bitten. Insbesondere wird die Kommission den Gesamtnutzen einer verbesserten Verteidigung und Sicherheit in der Union sowie die daraus resultierenden Effizienzgewinne bewerten.
Hinsichtlich des Kartellrechts ist die Kommission bereit, die europäische Industrie mit Orientierungshilfen in Bezug auf Kooperationsprojekte zwischen Unternehmen im Verteidigungssektor zu unterstützen, besonders dann, wenn eine solche Zusammenarbeit zur Steigerung der Produktion erforderlich ist oder wenn einzelne Unternehmen nicht in der Lage wären, ein Produkt allein zu entwickeln oder herzustellen. Ein weiterer Fall kann die gemeinsame Beschaffung von Rohstoffen durch Unternehmen der Verteidigungsindustrie sein. Bei der Bewertung solcher Vereinbarungen wird die Kommission die damit erzielten Effizienzgewinne berücksichtigen, darunter die positiven Auswirkungen einer solchen Zusammenarbeit in Bezug auf die Verteidigungsbereitschaft, die Resilienz der Lieferketten im Verteidigungsbereich und den Binnenmarkt.
Umfangreiche öffentliche und private Investitionen sind für den Ausbau der Industrie im Sinne des EU-Ziels der Verteidigungsbereitschaft bis 2030 unverzichtbar. Im Zuge dieser Bemühungen stehen den Mitgliedstaaten jene Möglichkeiten zur Förderung der verteidigungsindustriellen Kapazitäten und der militärischen Mobilität 23 offen, die sich durch die Halbzeitüberprüfung der Kohäsionsfinanzierung ergeben. Zudem können sie Mittel aus ihren Aufbau- und Resilienzplänen nutzen, um Kapitalzuführungen an nationale Förderbanken und -institute vorzunehmen, sowie auch für Beiträge zu EU-Programmen für Satellitenkommunikation und zum Programm für die europäische Verteidigungsindustrie (EDIP), wie in der Mitteilung „NextGenerationEU – der Weg bis 2026“ dargelegt wird 24 . Beiträge zum EDIP bedingen den sehr zügigen Abschluss der laufenden Gesetzgebungstriloge sowie die Aufnahme einer Ermächtigungsbestimmung. Mit diesen zusätzlichen Möglichkeiten, EU-Mittel für die Verteidigung zu verwenden, wächst das Volumen der verfügbaren Mittel und gewinnen Argumente dafür an Gewicht, unnötige Hindernisse und Verwaltungsaufwand abzubauen, die einem wirksamen Einsatz von Verteidigungsinvestitionen entgegenstehen.
In diesem Zusammenhang stellen, erstens, staatliche Maßnahmen zur Förderung von Investitionen in allgemeine Infrastrukturen, wie die Verbreiterung von Eisenbahntunneln oder die Verstärkung von Straßen oder Eisenbahnbrücken zur Schaffung von Mobilitätskorridoren, keine staatlichen Beihilfen dar, da es sich dabei um hoheitliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ausübung staatlicher Vorrechte handelt. Gleiches gilt für die Aufgaben der Streitkräfte der Mitgliedstaaten, die in der Regel auch unter hoheitliche Tätigkeiten fallen. Die Mitgliedstaaten müssen diese Maßnahmen nicht der Kommission mitteilen.
Zweitens besteht in der derzeitigen Lage ein zwingendes Interesse der Union und der Mitgliedstaaten, die Herstellung von Verteidigungsgütern zu steigern, zudem wurde das Unvermögen der Marktteilnehmer festgestellt, auf diesen Bedarf rechtzeitig zu reagieren, was an einer Reihe objektiver Faktoren liegt (z. B. fragmentierten Beschaffungsmärkten, Unsicherheit der Nachfrageentwicklung, Zugang zu Finanzmitteln). Im spezifischen Fall von Beihilfemaßnahmen zur Unterstützung von Investitionen in Kapazitäten zur Herstellung von Verteidigungsgütern und für Verteidigungsdienstleistungen können sie in der Regel als Unterstützung wesentlicher Sicherheitsinteressen angesehen werden, die die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt nicht beeinträchtigen, und fallen daher in den Anwendungsbereich von Artikel 346 AEUV. Wird Artikel 346 AEUV auf Beihilfemaßnahmen angewandt, so sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, derlei Maßnahmen der Kommission mitzuteilen. Gemäß Artikel 346 AEUV und der einschlägigen Rechtsprechung werden die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit nationaler Maßnahmen zur Wahrung wesentlicher Sicherheitsinteressen bei jeder dieser Maßnahmen einzeln und in Anbetracht ihres Kontexts und ihrer Auswirkungen geprüft. Daher lässt eine solche Feststellung in Bezug auf staatliche Beihilfen die Bewertung der Anwendbarkeit von Artikel 346 AEUV auf nationale Maßnahmen, die sich auf andere Vorschriften der Union auswirken, z. B. im Bereich der Beschaffung von Verteidigungsgütern, unberührt. Durch Vorschriften zur Förderung eines europaweiten Marktes für Verteidigungsgüter werden die wirtschaftlichen Bedingungen für Investitionen in die Herstellung von Verteidigungsgütern verbessert, somit erhöht sich die Sicherheit der Union und ihrer einzelnen Mitgliedstaaten. In anderen Bereichen als dem der staatlichen Beihilfen werden daher weiterhin alle Anträge eingehend auf eine Ausnahme nach Artikel 346 AEUV geprüft.
Drittens wird eine staatliche Förderung in Form von Beihilfe, die nicht unter Artikel 346 AEUV fällt, möglicherweise durch Vereinbarkeitsmöglichkeiten gedeckt, die im Rahmen von bestehenden Leitlinien für staatliche Beihilfen, Rahmenregelungen oder der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung 25 bestehen. Solche Beihilfen in Form von Einzelbeihilfen oder Beihilferegelungen können auch direkt im Einklang mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV genehmigt werden. Gemäß dieser Bestimmung kann die Kommission staatliche Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige, einschließlich wesentlicher Vorleistungen für die Herstellung von Verteidigungsgütern und für Verteidigungsdienstleistungen, als mit den Vorschriften über staatliche Beihilfen vereinbar erachten, sofern sie die Handelsbedingungen nicht in einem Ausmaß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Bei der allgemeinen Abwägung der positiven und negativen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel wird die Kommission den Beitrag der jeweiligen Maßnahme zum Ziel der Verteidigungsbereitschaft bis 2030 sowie die Besonderheiten des Verteidigungsmarkts, auf dem die Nachfrage von den Mitgliedstaaten ausgeht, die den Erwerb von Verteidigungsgütern und -technologien sowie deren Ausfuhr kontrollieren, berücksichtigen. Bei der allgemeinen Abwägung positiv zu bewertende Aspekte können beispielsweise die Tatsache sein, dass die Beihilfe im Rahmen von EU-Programmen 26 gewährt wird, der Beitrag, den die Investition in Bezug auf die Anforderungen der Union hinsichtlich der Resilienz darstellt, die Notwendigkeit für Mitgliedstaaten, ihre wesentlichen Sicherheitsinteressen zu schützen, die durch das Projekt unterstützte grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die positiven Auswirkungen auf die Interoperabilität und die Sicherheit der Versorgung mit Verteidigungsgütern oder deren Vorleistungen in der gesamten Union 27 , die Verringerung der Abhängigkeit von Drittländern oder der Beitrag des Projekts zur Schließung kritischer Lücken bei Verteidigungsfähigkeiten, einschließlich der im Weißbuch und SAFE 28 genannten Lücken, aber nicht auf sie beschränkt.
Die Kommission wird der Bearbeitung von Beihilfen, die auf die Verteidigungsbereitschaft abzielen – ob als Einzelbeihilfen oder als Beihilferegelungen gemeldet – Vorrang einräumen. Bei ihrer Prüfung wird sie sicherstellen, dass eine solche Unterstützung, sofern es sich um eine anmeldepflichtige staatliche Beihilfe handelt, notwendig und verhältnismäßig ist und nicht zu Überkompensation führt. Besondere Aufmerksamkeit wird die Kommission Problemen oder Ersuchen um Klarstellung widmen, die bei den Vorbereitungen der Mitgliedstaaten zur Umsetzung von SAFE und entsprechend dem in diesem Instrument 29 festgelegten Zeitplan auftreten, aber auch der Bewertung, ob der Ausbau der Herstellung von Verteidigungsgütern bzw. der Verteidigungsindustrie im Sinne der Verteidigungsbereitschaft bis 2030 zu bestimmten Einschränkungen in mit der Verteidigung zusammenhängenden Sektoren führt, die sich, neben anderen Faktoren, aus dem eingeschränkten Zugang zu Finanzmitteln ergeben. Erforderlichenfalls wird die Kommission in angebrachter Form und zur rechten Zeit Orientierungshilfe für die Bewertung der öffentlichen Unterstützung für den Verteidigungssektor bereitstellen 30 . Im Sinne einer Vorstellung davon, ob und in welchem Umfang eine solche Orientierungshilfe erforderlich ist, wird die Kommission proaktiv im Rahmen eines kontinuierlichen und strukturierten Dialogs mit den Mitgliedstaaten (einschließlich aller zuständigen Behörden, z. B. jener für staatliche Beihilfen, Industrie und Verteidigung) und anderen Interessenträgern Beiträge einholen.
Die Förderung öffentlicher Investitionen in die Verteidigung ist unerlässlich und dringlich, wird aber nicht ausreichen. In der Mitteilung über die Spar- und Investitionsunion 31 wird im Einklang mit dem „Weißbuch zur europäischen Verteidigung – Bereitschaft 2030“ die Bedeutung der Mobilisierung privater Finanzmittel für die Verteidigungsindustrie betont, weiter wird darauf hingewiesen, dass entschlossene und unverzügliche Maßnahmen zur erheblichen Erhöhung der Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung erforderlich sind. Damit sie ihre Lösungskonzepte in industriellem Maßstab umsetzen und die industrielle Expansion, die die Union benötigt, vorantreiben können, müssen europäische Unternehmen, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen sowie Mid-Caps 32 , besseren und flexibleren Zugang zu Kapital haben, wobei dies auch Garantieinstrumente zur Verringerung von Investitionsrisiken einschließt.
Im Rahmen des Fonds „InvestEU“ 33 unterliegen als „strategische Investitionen“ eingestufte Finanzierungen oder Investitionen, einschließlich solcher im Verteidigungsbereich, bestimmten Förderbeschränkungen, die die wirksame Nutzung des Fonds „InvestEU“ zur Unterstützung von Investitionen in die technologische und industrielle Basis der europäischen Verteidigung beeinträchtigen können. Die Kommission schlägt vor, die Förderkriterien für den Verteidigungssektor an die Besonderheiten der Finanzierungsinstrumente anzupassen, die im Rahmen des Fonds „InvestEU“ vorgesehen sind (Fremdkapital, Schuldengarantien und Eigenkapitalfinanzierung), und dabei die erforderlichen Schutzmaßnahmen beizubehalten. So wird der Zugang zu Finanzmitteln breiter und einfacher gestaltet, was eine bessere Unterstützung der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung ermöglicht.
Auch wenn der Unionsrahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen 34 Investitionen in verteidigungsbezogene Tätigkeiten nicht entgegensteht, wären sowohl für den Finanz- als auch für den Verteidigungssektor zusätzliche Klarstellungen in Bezug auf dessen Anwendung in Form von Leitlinien hilfreich. Im Sinne der Rechtssicherheit für Investoren stellt die Kommission klar, dass nur Waffen, die nach den internationalen Waffenübereinkommen, denen die Mehrheit der Mitgliedstaaten angehört, verboten sind, im Zusammenhang mit Paris-abgestimmten Referenzwerten und Referenzwerten für den klimabedingten Wandel für einen Ausschluss in Betracht gezogen werden sollten. Darüber hinaus erläutert die Kommission, dass die Bedürfnisse und Besonderheiten der Verteidigungsindustrie bei den Verpflichtungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in vollem Umfang berücksichtigt werden, indem sie insbesondere deutlich macht, dass die Verteidigungsindustrie mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als andere Sektoren von Bestimmungen Gebrauch macht, um vertrauliche Informationen (z. B. über vorhandene Mengen an Rohstoffen oder bestimmte nachhaltigkeitsbezogene Finanzinformationen) zurückzuhalten. Falls dies gerechtfertigt ist, wird die Kommission 2025 im Anschluss an die laufenden Überarbeitungen der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen 35 im Zuge der anstehenden Überprüfung der europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung 36 zusätzliche Anpassungen vornehmen. Schließlich wird die Kommission erforderlichenfalls bei der Überprüfung der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor 37 Klarstellungen dazu vorlegen, in welchem Verhältnis Verteidigungsinvestitionen und der EU-Nachhaltigkeitsrahmen im Hinblick auf das Ziel der Verteidigungsbereitschaft stehen.
Entwicklung von Kompetenzen und Gewährleistung von an die Verteidigungsbereitschaft angepassten Beschäftigungsrahmen
Das Schließen von Lücken bei Fähigkeiten und der Ausbau der Herstellung von Verteidigungsgütern hängen davon ab, ob spezialisierte Kompetenzen und innovative Talente in der Verteidigungsindustrie vorhanden sind, wobei dies Lieferkettenakteure wie kleine und mittlere Unternehmen bis hin zu Hauptvertragspartnern einschließt. Auch wenn der europäische Verteidigungssektor über qualifiziertes und spezialisiertes Personal verfügt, wird es für einen groß angelegten Ausbau der Verteidigungsindustrie erforderlich sein, dass die Industrie mehr Talente gewinnt, ausbildet, beschäftigt, weiterbildet, umschult und hält, angefangen bei Technikern bis hin zu Ingenieuren und spezialisierten Fachleuten. Eine Grundvoraussetzung ist dabei ein höherer Anteil von Absolventen in MINT-Fächern. Die Union der Kompetenzen 38 , samt dem ihr zugrunde liegenden Strategieplan für die Bildung in MINT-Fächern, wird zur Weiterbildung und Umschulung der Arbeitskräfte im Sinne der Unterstützung der Verteidigungsindustrie beitragen, unter anderem durch die Stärkung des Pakts für Kompetenzen 39 , die Überprüfung und Durchführung gezielt ausgerichteter Kompetenzakademien sowie auch im Wege der Unterstützung von Zentren für berufliche Exzellenz. Die Kommission wird im Einklang mit der europäischen Industriestrategie für den Verteidigungsbereich 40 zusätzliche Zentren für berufliche Exzellenz in Bezug auf die Verteidigungsindustrie sowie die Mobilität der Arbeitskräfte und die verteidigungsbezogene Bildung fördern, und zwar insbesondere durch Möglichkeiten im Rahmen der Programme für die europäische Verteidigungsindustrie und Erasmus+.
Die Gewährleistung hoher Standards in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit und Arbeitnehmerrechte für militärische Einsatzkräfte und Arbeitskräfte in der Verteidigungsindustrie ist für das vollständige Erreichen des Ziels der Verteidigungsbereitschaft Europas sowie dafür, qualifiziertes Personal zu finden und zu halten, entscheidend. Militärisches Personal und Beschäftigte in der Industrie nehmen essentielle Rollen war, wenn der Krieg an unseren Grenzen wütet, aber auch, wenn es gilt, einen dauerhaften europäischen Frieden zu schaffen. Die Arbeitszeitrichtlinie 41 ist ein Eckpfeiler des gemeinschaftlichen Besitzstandes der Union im Beschäftigungs- und Sozialbereich, wodurch die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer durch Mindeststandards für Arbeits- und Ruhezeiten geschützt werden. Flexibilität bei der Verteidigung und der Ausbau der Industrie bis 2030 erfordern in der vorherrschenden geopolitischen Landschaft eine Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie unter besonderer Berücksichtigung des Ziels der Verteidigungsbereitschaft. In Bezug auf die industrielle Produktion und die Erbringung damit verbundener Dienstleistungen im Verteidigungssektor stellt die Kommission klar, dass die in der Richtlinie 42 vorgesehenen Abweichungen in Fällen eines übermäßigen Arbeitsanfalls, auch im Hinblick auf die Verteidigungsbereitschaft, in Anspruch genommen werden können, und fordert die Mitgliedstaaten auf, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit in Bezug auf ihre Anwendung zu gewährleisten. In Bezug auf die Streitkräfte hat der Gerichtshof die Möglichkeit bestätigt, die Richtlinie in Bezug auf bestimmte spezifische Tätigkeiten, einschließlich des aktiven Einsatzes, nicht anzuwenden. Die Kommission wird unter Wahrung der bestehenden Flexibilität mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern die Anwendung der Richtlinie auf militärisches Personal erörtern, einschließlich der Zweckmäßigkeit, die Richtlinie zu ändern, um die bestehenden Ausnahmen zu erweitern.
Schlussfolgerung
In Europa werden erneut bewaffnete Konflikte ausgetragen, außerdem nehmen geostrategische und hybride Bedrohungen um uns herum zu. In diesem Jahrzehnt wird eine neue internationale Ordnung entstehen. Wenn wir deren Folgen für Europa und die Welt nicht lediglich hinnehmen wollen, ist es an uns, diese neue Ordnung zu gestalten. Nun ist die Zeit gekommen, die Verteidigungsbereitschaft Europas zu erhöhen, die über Jahrzehnte durch unzureichende Investitionen in Verteidigungsfähigkeiten, erhebliche Lücken bei den Fähigkeiten und unnötigen Verwaltungsaufwand, den die Mitgliedstaaten dringend beheben müssen, geschwächt wurde.
Die erhebliche Erhöhung der europäischen Verteidigungsausgaben, angekündigt mit dem Plan „ReArm Europe/Bereitschaft 2030“ und ergänzt um ein spezielles Finanzinstrument zur Unterstützung der Verteidigungsinvestitionen der Mitgliedstaaten, erfordert eine Überarbeitung der bestehenden EU-Rechtsvorschriften, um an Flexibilität zu gewinnen und mehr Investitionen im Verteidigungsbereich anzuziehen. Einfacher, schneller und dynamischer. Dieses Omnibus-Paket für die Verteidigungsbereitschaft basiert auf den Ergebnissen breit angelegter öffentlicher Konsultationen sowie auf den strategischen Dialogen und Umsetzungsdialogen mit der Industrie und den Mitgliedstaaten; mit ihm wird ein Wechsel hin zu einer Mentalität der Verteidigungsbereitschaft und Flexibilität im Rechtsrahmen der Union vorgeschlagen: Beseitigung regulatorischer Hürden, Vereinfachung und Harmonisierung von dem Verteidigungssektor eigenen Vorschriften und Verfahren sowie bei den Vorschriften der Union, die sich auf die Verteidigungsindustrie auswirken und nicht verteidigungsspezifisch sind. Damit werden die Herausforderungen angegangen, vor denen die Verteidigungsindustrie steht und die es der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung erschweren, mit größtmöglicher Flexibilität auf den aktuellen erhöhten Bedarf der Union zu reagieren, insbesondere angesichts der gestiegenen Spannungen weltweit und des Angriffskriegs in der Ukraine.
Die Geschichte vergibt weder Zaudern noch Zögern. Unsere Aufgabe ist die Unabhängigkeit Europas. Dieses europäische Omnibus-Paket für die Verteidigungsbereitschaft ist ein wichtiger Schritt beim Aufbau eines unabhängigen Europas im Dienst der „Pax Europaea“ und zur Stärkung der Fähigkeit Europas zum Schutz von Frieden und Sicherheit, damit unsere Zukunft frei von Zwang und Aggression ist und die nächsten Generationen den europäischen Traum, für den unsere Gründer so hart gekämpft haben, in Frieden und Wohlstand leben können, indem sie Krieg und die damit verbundenen massiven Todesopfer und Umweltschäden abwenden.