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Document 52025DC0529

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Die EU trifft Vorsorge für die nächste Gesundheitskrise: eine Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen

COM/2025/529 final

Brüssel, den 9.7.2025

COM(2025) 529 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Die EU trifft Vorsorge für die nächste Gesundheitskrise: eine Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen


EINLEITUNG

Impfstoffe, Therapeutika, Diagnostika und andere Medizinprodukte sowie persönliche Schutzausrüstungen (PSA) sind geostrategische Produkte, die essenziell wichtig sind, um Menschen, Gesellschaften und Volkswirtschaften gesund und sicher zu halten. Medizinische Gegenmaßnahmen dieser Art werden heute dringender denn je benötigt, in einer Zeit zunehmender Gesundheitsgefahren, die sowohl natürlichen Ursprungs als auch vom Menschen gemacht sind.

Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass medizinische Gegenmaßnahmen einer der Grundpfeiler der Vorsorge und Reaktion der EU auf Gesundheitsgefahren sind. Diese zügig zu entwickeln und bereitzustellen, war von entscheidender Bedeutung, um Millionen von Menschenleben zu retten und die Einsatzkräfte an vorderster Front weltweit zu unterstützen. Gleichzeitig trugen ihre Entwicklung, großmaßstäbliche Produktion und rasche Einführung dazu bei, die verheerenden Folgen für unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften abzumildern. Es wurde aber auch deutlich, dass wir auf die nächste Gesundheitskrise besser vorbereitet sein müssen.

Gemeinsame und koordinierte, konzertierte Maßnahmen auf EU-Ebene und eine verstärkte globale Zusammenarbeit sind unerlässlich, um die Verfügbarkeit von medizinischen Gegenmaßnahmen und den Zugang zu ihnen sicherzustellen. Die Europäische Union hat daraus gelernt und ihren Rahmen für die Gesundheitssicherheit durch strengere Rechtsvorschriften auf dem Gebiet schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren in Form einer neuen Verordnung 1 gestärkt und die Europäische Kommission hat die EU-Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) als Wächterin in Bezug auf die Vorsorge und Reaktion im Bereich medizinischer Gegenmaßnahmen eingerichtet; diese arbeitet eng mit anderen Kommissionsdienststellen, dem gestärkten Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zusammen. In diesem robusten Rahmen für die Gesundheitssicherheit, der durch den Präventions-, Vorsorge- und Reaktionsplan der Union für Gesundheitskrisen noch weiter gestärkt werden wird, 2 arbeiten die EU-Organe und die Mitgliedstaaten eng zusammen, um Gesundheitsgefahren zu begegnen, die nationale Grenzen überschreiten.

Zwar ist die EU heute besser vorbereitet als vor fünf Jahren, doch sind Europa und die Welt nach wie vor einem breiten Spektrum zunehmender Gesundheitsbedrohungen ausgesetzt, für die häufig wenige oder gar keine medizinische Gegenmaßnahmen zur Verfügung stehen. Die dynamischen Herausforderungen, die sich aus neuen Bedrohungen und strukturellen Hemmnissen ergeben, wie z. B. fragmentierte und unzureichende Investitionen in Innovation, Regulierungsaufwand, begrenzte wirtschaftliche Tragfähigkeit, Schwachstellen in der Lieferkette sowie fehlende Produktionskapazitäten und unzureichende internationale Zusammenarbeit, führen zu erheblichen Lücken bei der Verfügbarkeit medizinischer Gegenmaßnahmen für die Überwindung der Gefahren, denen wir ausgesetzt sind.

Ein innovativer und wettbewerbsfähiger Sektor für medizinische Gegenmaßnahmen ist entscheidend für unsere Vorsorge gegen Gesundheitsgefahren. Innovationen zu fördern und vielversprechende modernste Technologien und medizinische Gegenmaßnahmen zu entwickeln, stellt nicht nur sicher, dass Produkte verfügbar sind, wenn die nächste Krise eintritt, sondern diese Durchbrüche werden auch weiter reichende Vorteile für die öffentliche Gesundheit, die Gesellschaft und die Wirtschaft mit sich bringen, die über die Vorsorge für gesundheitliche Notlagen hinausgehen. Die raschen Fortschritte, die während der COVID-19-Pandemie bei mRNA-Plattformen zu beobachten waren, und ihre anschließende Weiternutzung für Krebsbehandlungen zeigen beispielhaft dieses Potenzial. Die Stärkung des Sektors der medizinischen Gegenmaßnahmen wird die Innovation und Wettbewerbsfähigkeit eines strategischen Sektors der EU-Wirtschaft weiter verbessern und hochwertige Arbeitsplätze schaffen.

Vorsorge und Reaktion retten Menschenleben, wenn sich Krankheiten mit Epidemie- oder Pandemiepotenzial innerhalb von Tagen oder Stunden ausbreiten. Deshalb sind medizinische Gegenmaßnahmen, die rasch, ausreichend und gerecht zur Verfügung stehen, um Menschen vor gesundheitlichen Notlagen zu schützen, eine Voraussetzung dafür, dass wir auf die nächste Krise gut vorbereitet sind. Erforderlich hierfür sind schnell skalierbare Fertigungskapazitäten, robuste Vertriebssysteme und belastbare Arbeitskräfte, um denen, die ihrer bedürfen, medizinische Gegenmaßnahmen bereitzustellen und diese einzusetzen, wobei den besonderen Bedürfnissen von Frauen und diversen Gruppen Rechnung zu tragen ist 3 . Im Einklang mit dem gefahren- und ressortübergreifenden sowie gesamtgesellschaftlichen Ansatz der Strategie für eine Union der Krisenvorsorge ist auch ein Umdenken erforderlich, wobei der Tatsache ins Auge zu sehen ist, dass Vorsorge nicht kostenlos ist: Die heute aufgewandten Kosten sind allerdings langfristige Investitionen in spätere Krisenresilienz.

In der Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen kommt dieses Umdenken zum Tragen, um Menschen proaktiv auf Gesundheitsgefahren vorzubereiten und sie davor zu schützen, verbunden mit der Einsicht, dass medizinische Gegenmaßnahmen strategisch einsetzbare Mittel sind, um die EU stärker und gesünder zu machen und sie besser vorzubereiten. Mit dieser Strategie will die EU ihre Vorsorge für die nächste Gesundheitskrise – woher sie auch kommen mag, von Pandemien bis hin zu menschengemachten Biosicherheitsbedrohungen oder Konflikten – verbessern, indem sie den Zugang zu medizinischen Gegenmaßnahmen und deren Verfügbarkeit jederzeit sicherstellt. Dies wird durch die folgenden Zielsetzungen erreicht:

1.Stimulierung und Förderung von Innovationen im Bereich der medizinischen Gegenmaßnahmen sowie Entwicklung, Produktion und Verfügbarkeit dieser Maßnahmen mittels des Konzepts „Eine Gesundheit“ und des Ansatzes einer vollständigen Wertschöpfungskette, damit ein allumfassender, vollständiger und ganzheitlicher Ansatz gewährleistet ist – von der Gefahr und ihrer Identifizierung, Priorisierung und Bewertung über die Forschungs- und Entwicklungspipeline bis hin zur Herstellung und Bereitstellung.

2.Förderung einer gemeinsamen Prioritätensetzung, engen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und Kooperation mit globalen Partnern.

3.Ausbau öffentlicher und privater Partnerschaften und Verbesserung der sektorübergreifenden Zusammenarbeit, einschließlich der zivil-militärischen Zusammenarbeit.

Eine solche Strategie wird nicht nur helfen, Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit zu begegnen, sondern auch unsere Vorsorge für Krisen anderer Art verbessern, die medizinische Gegenmaßnahmen erfordern, und gleichzeitig dazu beitragen, die technologische Führungsrolle der EU und ihre Wettbewerbsfähigkeit im Gesundheitswesen zu stärken. Diese Strategie ist an der Schnittstelle zwischen dem Niinistö- 4  und dem Draghi 5 -Bericht angesiedelt und in den übergeordneten Rahmen eingebettet, der durch die Europäische Strategie der Union zur Krisenvorsorge 6  und den Kompass für eine wettbewerbsfähige EU 7  bereitgestellt wird.

Zur Strategie gehören zwei flankierende Anhänge, wobei der eine Anhang eine Liste prioritärer Gesundheitsgefahren, die medizinische Gegenmaßnahmen erfordern, und der andere einen EU-Strategieplan für die Bevorratung mit medizinischen Gegenmaßnahmen enthält. Dieser ist das erste sektorspezifische Ergebnis der EU-Bevorratungsstrategie 8 .

I.PRIORITÄRE GESUNDHEITSGEFAHREN, DIE MEDIZINISCHE GEGENMAẞNAHMEN ERFORDERN

Klimawandel, Globalisierung, Konflikte und humanitäre Krisen erhöhen die Komplexität, Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit von gesundheitlichen Notlagen, was Europa und die Welt anfälliger für sich rasch verändernde Gesundheitsgefahren macht, die medizinische Gegenmaßnahmen erfordern. Damit auf EU-Ebene Agilität und robuste Maßnahmen gewährleistet sind, und ergänzend zu den Maßnahmen der Mitgliedstaaten, hat die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten 9 derzeit vier Kategorien schwerwiegender und ernster Gesundheitsgefahren priorisiert, die das größte Risiko darstellen und koordinierte EU-Maßnahmen im Bereich der medizinischen Gegenmaßnahmen erfordern (siehe Anhang 1).

Die Kommission wird diese Priorisierung und die entsprechenden medizinischen Gegenmaßnahmen gemeinsam mit den Mitgliedstaaten stetig überprüfen und aktualisieren. Wie bei jeder Bedrohungsanalyse ist dies ein dynamischer Prozess, der kontinuierlich anhand multidisziplinärer wissenschaftlicher Erkenntnisse und Wissensquellen überprüft wird.

Atemwegsviren oder durch Kontakt übertragene Viren mit Pandemiepotenzial

Ausbrüche von Infektionskrankheiten mit potenziell weitverbreiteter, anhaltender Übertragung häufen sich, sie werden komplexer und verlaufen schwerwiegender. Zu den Ursachen zählen unter anderem die Folgen des Klimawandels, die sich zusehends beschleunigen, die Umweltzerstörung sowie der Verlust an biologischer Vielfalt, die Globalisierung, geopolitische Instabilität und Konflikte.

In jüngster Zeit war die Welt Zeuge der global spürbaren Auswirkungen von Coronaviridae-Viren wie COVID-19 und wiederholten Filoviridae-Ausbrüchen wie Ebola und ist nun damit konfrontiert, dass sich die Vogelgrippe unter Vögeln und Säugetieren rasch ausbreitet, wobei diese gelegentlich auch auf den Menschen überspringt. Zu diesen Bedrohungen gehört auch das sogenannte „Pathogen X“, womit noch unbekannte Krankheitserreger bezeichnet werden, die in Zukunft für die hypothetische „Krankheit X“ verantwortlich sein könnten. Angesichts dieser Gesundheitsgefahren ist ein starkes und integriertes, als „Eine Gesundheit“ bezeichnetes Konzept erforderlich, das die Gesundheit von sowohl Menschen als auch Tieren und Pflanzen sowie gezielte medizinische Gegenmaßnahmen umfasst.

Vektorübertragene Viren oder Viren aus tierischen Reservoirs mit Epidemiepotenzial

Der Klimawandel, steigende Temperaturen und sich verändernde Niederschlagsmuster tragen dazu bei, dass vektorübertragene Krankheiten 10 in Regionen auftreten und sich ausbreiten, die bisher als Gebiete mit geringem Risiko galten, darunter auch die EU 11 . Dass sich Stechmücken und Zecken in der gesamten EU ansiedeln und verbreiten, begünstigt die Übertragung tropischer Krankheiten wie Dengue, West-Nil-Virus und Chikungunya. Diese Veränderungen in der Umwelt fördern zudem die Ausbreitung von Nagetieren, die ein Reservoir für Viren wie Hanta- oder Lassa-Viren bilden. Diese zunehmenden Bedrohungen in der EU erfordern eine Vorsorge für und Investitionen in spezifische medizinische Gegenmaßnahmen, einschließlich Maßnahmen zur Vektorbekämpfung zum Schutz der Öffentlichkeit.

Gleichzeitig haben Häufigkeit und Schwere extremer Wetterereignisse – wie z. B. Hitzewellen, Dürren, Waldbrände und Überschwemmungen – zugenommen 12 , die sowohl direkte als auch indirekte Gesundheitsrisiken mit sich bringen. Ereignisse dieser Art können auch den Betrieb von Gesundheitseinrichtungen und die öffentliche Gesundheitsversorgung beeinträchtigen, was die Gefahr birgt, dass die Produktion, der Transport oder die Verteilung essenziell wichtiger Produkte, einschließlich medizinischer Gegenmaßnahmen, ins Stocken geraten. Aus diesem Grund sollten medizinische Gegenmaßnahmen in vollem Umfang im künftigen Europäischen Plan zur Anpassung an den Klimawandel berücksichtigt werden.

Antimikrobielle Resistenzen

Antimikrobielle Resistenzen (AMR) verbreiten sich weltweit und sind eine der drängendsten globalen Gesundheitsgefahren, verstärkt durch den Missbrauch und zu häufigen Einsatz von Antibiotika, die Umweltverschmutzung, den Klimawandel und Konflikte. Zwar wurde viel für die Verbesserung der Präventivmaßnahmen getan; es wurden Anreize für den Zugang zu und die Verfügbarkeit von Diagnostika und antimikrobiellen Mitteln geschaffen und die Entwicklung neuer Produkte gefördert – einschließlich eines neuen regulatorischen Anreizes, der im Rahmen der Reform des EU-Arzneimittelrechts vorgeschlagen wurde, und der Bestimmungen zur Förderung der umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel – aber die Antibiotikaresistenzen nehmen weiter zu. Diese Eskalation bedroht viele der in der modernen Medizin erreichten Errungenschaften und untergräbt die Wirksamkeit bestehender Behandlungen, einschließlich des Einsatzes von Arzneimitteln, die als „letztes Mittel“ gedacht sind, wodurch routinemäßige medizinische Eingriffe und zuvor leicht zu behandelnde Infektionen nun riskanter werden 13 . Die Verfügbarkeit einer sensitiven und spezifischen patientennahen Diagnostik in der Notfallversorgung ist entscheidend für den gezielten Einsatz antimikrobieller Mittel mit engem Wirkspektrum in der Erstlinientherapie. Bei den meisten Gesundheitsgefahren wirken sich Antibiotikaresistenzen besonders gravierend auf schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen – Kinder, ältere Menschen, Schwangere und Menschen mit chronischen Krankheiten – aus.

Bedrohungen im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten und chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen (CBRN)

Das zunehmend volatile geopolitische und sicherheitspolitische Umfeld erhöht das Risiko von Sicherheitsbedrohungen, die medizinische Gegenmaßnahmen erfordern könnten. Dazu gehören CBRN-Vorfälle, Risiken durch staatliche und nichtstaatliche Akteure, die biologische oder KI-gestützte Fähigkeiten nutzen, um neuartige Moleküle und Biowaffen zu entwickeln, sowie Großschadensereignisse und bewaffnete Konflikte. In diesen Fällen kann es sein, dass vielfältige medizinische Gegenmaßnahmen wie Antibiotika oder Antidote, Dekontaminationsmaterial und andere Schutzprodukte in großen Mengen benötigt werden.

In Deutschland, Norwegen und dem Vereinigten Königreich gab es mehrere Vorfälle im Zusammenhang mit Biotoxinen, und derartige Risiken haben sich durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verschärft, insbesondere, da das Kernkraftwerk Saporischschja Anlass zu schwerer Sorge im Bereich der nuklearen Sicherheit geworden ist, sowie durch die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten. Angesichts dieser Situation müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen verstärken und die zivil-militärische Zusammenarbeit ausbauen, um sich auf Worst-Case-Szenarien vorzubereiten und sicherzustellen, dass geeignete medizinische Gegenmaßnahmen zur Verfügung stehen und rasch eingesetzt werden können.

Beispiele für Vorsorgemaßnahmen der EU für CBRN-Vorfälle

Im Juni 2018 verhinderte die deutsche Polizei einen Rizinangriff in Köln. Damals stand kein Antidot gegen das Toxin Rizin zur Verfügung, sodass es für mögliche Opfer keine wirksame Behandlung gegeben hätte. Über HERA Invest und COUNTERACT unterstützte die Kommission die Entwicklung eines potenziellen Antidots, das nun über rescEU gelagert wird, um EU-weit Schutz vor dieser Bedrohung zu bieten.

In Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris genehmigte die Kommission die einsatznahe Bereitstellung von Kits für medizinische Notfalleinsätze zusammen mit PSA und tragbaren Detektoren aus rescEU-Beständen. Solche Vorräte können zur vorübergehenden Ergänzung der ständigen nationalen Kapazitäten zur Bewältigung der außergewöhnlichen Herausforderungen im Zuge solcher Ereignisse dienen.

II.EIN ROBUSTES INFORMATIONSSYSTEM FÜR MEDIZINISCHE GEGENMAẞNAHMEN – INNOVATION UND REAKTION

Angesichts sich rasch entwickelnder Gesundheitsgefahren zählt Schnelligkeit; Zeit kann Menschenleben kosten. Für eine rasche Reaktion sind robuste Überwachungs- und Frühwarnsysteme in Verbindung mit umfassenden Gefahrenabschätzungs- und Informationssystemen für medizinische Gegenmaßnahmen entscheidend. Nur so können Gesundheitsgefahren erkannt und die richtigen medizinischen Gegenmaßnahmen identifiziert, rasch entwickelt und eingesetzt werden.

2.1 Vorausschau und Antizipation: Verbesserte kollektive Informationsgewinnung über Gesundheitsgefahren zum Zwecke medizinischer Gegenmaßnahmen

Ein robustes Prognose- und Antizipationssystem, das Bedrohungen, die medizinische Gegenmaßnahmen erfordern, im Rahmen eines gefahrenübergreifenden Ansatzes in den Blick nimmt, wird sicherstellen, dass die EU rasch medizinische Gegenmaßnahmen entwickeln und einsetzen kann, um auf gesundheitliche Notlagen zu reagieren.

Um das bestehende System auszubauen, wird die Kommission fortfahren, ihr fortschrittliches IT-System für Informationen und Maßnahmen im Gesundheitsbereich (Advanced Technology for Health INtelligence and Action) – ATHINA – zu entwickeln und für den Betrieb vorzubereiten. Die ersten Module wurden 2025 in Betrieb genommen und ergänzen andere Systeme zur Informationsgewinnung, z. B. das vom ECDC betriebene System für den Austausch von Informationen über Epidemien. ATHINA wird bestehende Daten zur öffentlichen Gesundheit und zu den Lieferketten zusammenführen, die über Systeme erhoben und analysiert werden, wie sie zum Beispiel von der EMA, dem ECDC, der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission oder dem Informationszentrum der WHO zu Pandemien und Epidemien 14 betrieben werden. Durch die Nutzung von Vorausschau und strategischer Früherkennung („Horizon Scanning“), von künftigen KI-Funktionen sowie von Erhebungs- und Modellierungsoptionen werden hier Erkenntnisse über medizinische Gegenmaßnahmen generiert, wodurch sich die Analysekapazitäten und Reaktionsoptionen der Kommission in Bezug auf bestimmte Gesundheitsgefahren verbessern werden 15 . Das System wird in Synergie mit der künftigen Europäischen Plattform für Krisenmanagement (ECMP) betrieben.

Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten bis 2026 bedrohungsspezifische Fahrpläne für die Vorsorge für medizinische Gegenmaßnahmen ausarbeiten. Aufbauend auf vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen werden diese umreißen, was in Bezug auf medizinische Gegenmaßnahmen am dringendsten getan werden muss, um die Vorsorge der EU für verschiedene Szenarien gesundheitlicher Notlagen zu verbessern.

Darüber hinaus wird die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten 2026 eine EU-Liste medizinischer Gegenmaßnahmen für vorrangige Bedrohungen erstellen und veröffentlichen. Die Liste wird als Grundlage für die Liste der krisenrelevanten medizinischen Gegenmaßnahmen dienen, die die Kommission nach Aktivierung des Notfallrahmens gemäß der Notfallrahmenverordnung 16 zu erstellen hat. Außerdem werden medizinische Gegenmaßnahmen ermittelt, die für verschiedene Maßnahmen wie Innovationsförderung, gemeinsame Beschaffung oder Bevorratung priorisiert werden können 17 .

2.2 Verbesserte Erkennung und Ermittlung von Gesundheitsgefahren, die medizinische Gegenmaßnahmen erfordern

Eine starke Überwachung und rasche Ermittlung von Gesundheitsgefahren und entsprechende Warnungen sind entscheidend dafür, die frühzeitige Entwicklung und den raschen Einsatz geeigneter medizinischer Gegenmaßnahmen zu gewährleisten und die Auswirkungen von Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit auf die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Dies erwarten die Bürgerinnen und Bürger, und es ist, insbesondere für die Schwächsten und die Einsatzkräfte an vorderster Front. von entscheidender Bedeutung.

Gestützt auf das Fachwissen und das Mandat des ECDC und im Einklang mit den Zielen, die in der Strategie der Union zur Krisenvorsorge festgelegt sind, wird die EU ihre Kapazitäten zur Erkennung und Bewertung von Bedrohungen im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ und eines alle Gefahren und die gesamte Gesellschaft umfassenden Ansatzes weiter ausbauen. Darin werden klassische Gesundheitsgefahren wie Krankheitsausbrüche, die Folgen von CBRN-Vorfällen 18 , bewaffnete Konflikte und Großschadensereignisse in der EU oder ihrer Nachbarschaft erfasst sein.

Die Kommission wird mit Unterstützung des ECDC die Mitgliedstaaten auch weiterhin beim Aufbau ihrer Abwasser- und Umweltüberwachungskapazitäten im Einklang mit der Neufassung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser 19 unterstützen.

Dies wird es der Kommission ermöglichen, in enger Zusammenarbeit mit dem ECDC ein Sentinel-System für Abwasser auf EU-Ebene in Betrieb zu nehmen, mit dem an strategischen Standorten wie Flughäfen Daten über die Zirkulation von Krankheitserregern erhoben werden. Im Jahr 2026 wird die Kommission mit Partnern auch ein globales Sentinel-System für Abwasser im Rahmen des Globalen Konsortiums für Abwasser- und Umweltüberwachung (GLOWACON) ins Leben rufen, um an internationalen Flughäfen und strategischen Standorten weltweit potenzielle Ausbrüche zu erkennen und zu verfolgen. Diese freiwilligen Sentinelsysteme werden die Abwasserüberwachung zur Früherkennung und Verfolgung von Ausbrüchen nutzen. Das wird den rechtzeitigen Einsatz medizinischer Gegenmaßnahmen ermöglichen.

Gemäß der Verordnung (EU) 2022/2371 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren ist die Kommission verpflichtet, ein Netz von EU-Referenzlaboratorien (EURL) für die öffentliche Gesundheit 20 einzurichten. Die entsprechenden Arbeiten sind bereits weit fortgeschritten: Neun Referenzlaboratorien der EU wurden schon benannt und spielen eine entscheidende Rolle bei der Stärkung der EU-Gesundheitssicherheitsarchitektur, einschließlich, soweit erforderlich, bei der Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen. Weiterhin hat die Kommission das DURABLE-Projekt eingerichtet, das sich aus 19 Partnern aus Hochschulen und Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens zusammensetzt, die die Kommission mit hochwertiger biologischer Informationsbeschaffung und -auswertung und kritischer Forschung zu den verschiedenen Kategorien medizinischer Gegenmaßnahmen (z. B. Impfstoffe, Therapeutika, Diagnostika, PSA und Biozide) unterstützen 21 . Die Kommission erwägt, dessen geografische Reichweite auszuweiten, um die Fähigkeit der EU zur Ermittlung, Charakterisierung und Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen sowie zur Charakterisierung von Krankheitserregern, die von Interesse sind, weiter zu verbessern, Synergien und Komplementarität zu gewährleisten und Doppelarbeit mit Blick auf die Arbeit der EURL zu vermeiden. Insgesamt wird die Kommission die Mitgliedstaaten weiterhin dabei unterstützen, ihre modernsten Laborkapazitäten zu stärken, und dabei auf innovative Instrumente wie Metagenomik, Bioinformatik und KI setzen, um Bedrohungen beschleunigt zu erkennen und die biologische Charakterisierung und Informationsgewinnung sowie eine diagnostische Weiterentwicklung zu ermöglichen.

Wichtigste Maßnahmen:

Die Kommission wird

·in Zusammenarbeit mit dem ECDC ein Sentinel-System für Abwässer auf EU-Ebene und ein globales Sentinel-System für Abwässer in Betrieb nehmen und ausbauen [2026],

·erwägen, die geografische Reichweite des DURABLE-Netzwerks auf Partner in anderen Regionen der Welt auszuweiten [2027].

Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten

·Fahrpläne für die Vorsorge durch medizinische Gegenmaßnahmen für spezifische Szenarien gesundheitlicher Notlagen ausarbeiten [2026],

·eine EU-Liste medizinischer Gegenmaßnahmen für prioritäre Bedrohungen erstellen [2026].

III.STÄRKUNG DER PIPELINE FÜR MEDIZINISCHE GEGENMAẞNAHMEN – VON DER INNOVATION BIS ZUR HERSTELLUNG

Die EU ist eine Drehscheibe für Innovation, Entwicklung und Produktion medizinischer Gegenmaßnahmen. Während der COVID-19-Pandemie kam fast die Hälfte der weltweiten Patentanmeldungen für Impfstoffe aus der EU, und die starke Produktionsbasis der EU wurde rasch ausgebaut, wodurch die Union zur „Apotheke der Welt“ wurde 22 .

Gestützt auf ihre starke Forschungsbasis, eine robuste pharmazeutische Industrie und talentierte Fachkräfte im Gesundheitswesen muss die EU ihre Führungsrolle bei der Entwicklung und Herstellung medizinischer Gegenmaßnahmen weiter ausbauen, eng mit globalen Partnern zusammenarbeiten und die Maßnahmen im Rahmen der Reform des allgemeinen Arzneimittelrechts, der Strategie für europäische Biowissenschaften 23 , der Start-up- und Scale-up-Strategie 24 , des vorgeschlagenen Rechtsakts zu kritischen Arzneimitteln 25 und des geplanten europäischen Rechtsakts zur Innovation und des europäischen Biotech-Rechtsakts ergänzen.

3.1 Förderung der Innovation im Bereich der medizinischen Gegenmaßnahmen

Derzeit sind die EU-Finanzierungsinstrumente zur Förderung der Erforschung und Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen auf Programme wie Horizont Europa, EU4Health, den Europäischen Verteidigungsfonds und die kohäsionspolitischen Fonds verteilt, was effiziente und kohärente Fortschritte bei den Forschungs- und Entwicklungsbemühungen behindert.

Damit die EU-Finanzierung eine maximale Wirkung entfaltet, das Potenzial des EU-Haushalts bestmöglich genutzt wird und sich die Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen beschleunigt, wird die Kommission bis 2025 einen Accelerator für medizinische Gegenmaßnahmen entwickeln, und zwar in Form eines integrierten und vereinfachten Rahmens, der die Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen beschleunigt und Innovatoren über den gesamten Entwicklungszyklus von der Forschung bis zum Markteintritt unterstützt. Als zentrale Anlaufstelle wird er durch katalytisch wirkende Maßnahmen und die Förderung von Innovationsfaktoren einen fairen, transparenten und wettbewerbsorientierten Prozess gewährleisten. Der Accelerator wird auf die gesamte Bandbreite der Finanzinstrumente zurückgreifen, die in den EU-Programmen 26 zur Verfügung stehen, und zwar im Einklang mit den jeweiligen Programmplanungs- und Verwaltungsmodalitäten, um Synergien zu gewährleisten und Doppelarbeit zu vermeiden. Zu diesen Finanzierungsinstrumenten werden unter anderem Finanzhilfen, die Auftragsvergabe für Innovationen, Abnahmegarantien, Darlehen und Beteiligungs- und Risikokapital gehören.

Der Accelerator wird sich auf die am dringendsten benötigten medizinischen Gegenmaßnahmen (d. h. Impfstoffe, Therapeutika, Diagnostika, PSA und Technologien) in den vier Bedrohungskategorien konzentrieren. Entsprechend dem Aufruf der Kommission, die Entwicklung von experimentellen Grippeimpfstoffen der nächsten Generation 27 zu beschleunigen, wird eine Unterstützung für neue Impfstoffe oder Virostatika gegen vektorübertragene Krankheiten, für neue antimikrobielle Mittel, gegen die noch keine Resistenzen entstanden sind, für Impfstoffe gegen das Ebola- und/oder das Marburg-Virus oder für neue patientennahe Diagnostika für Atemwegsviren im Zuge künftiger Maßnahmen geprüft.

Die Kommission und die Europäische Investitionsbank (EIB) haben erfolgreich ein einzigartiges beteiligungsähnliches Finanzierungsinstrument für Risikokapitaldarlehen eingeführt, das Innovationen im Bereich medizinischer Gegenmaßnahmen in ganz Europa fördert, wobei der Schwerpunkt auf der Unterstützung von in der EU ansässigen KMU liegt. Um Spitzeninnovationen weiter zu fördern, die Investitionslücke in diesem kritischen Sektor zu schließen und dauerhaft ein äußerst attraktives Umfeld für Pharmaunternehmen und Start-up-Unternehmen in der EU zu bieten, wird die Kommission zusammen mit der EIB die Unterstützung für vielversprechende europäische Start-up-Unternehmen und KMU, die medizinische Gegenmaßnahmen und damit zusammenhängende Technologien entwickeln, ausweiten: Bis 2027 wird das Volumen von HERA Invest auf 200 Mio. EUR verdoppelt.

Darüber hinaus beabsichtigt die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, die Mechanismen für den Informationsaustausch zwischen der EU und den Finanzierungsprogrammen und Prioritäten der Mitgliedstaaten im Bereich der medizinischen Gegenmaßnahmen zu stärken. Dies wird eine engere Abstimmung fördern und gewährleisten, dass sich die Maßnahmen ergänzen.

Antibiotikaresistenzen – Förderung der Innovation und des Zugangs zu antimikrobiellen Mitteln

Gestützt auf die erfolgreiche Entwicklung einer neuen Antibiotikaklasse gegen resistente Gonorrhoe und eines neuen Impfstoffs gegen multiresistente Tuberkulose plant die Kommission, Innovationen in den Bereichen Antibiotika, alternative Behandlungen, Diagnostika und auf Antibiotikaresistenzen gerichtete Impfstoffe weiter voranzubringen, indem sie

-zielgerichtete Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen einleitet, um Innovationen bei der Bekämpfung hochgradig gefährlicher bakterieller und pilzlicher Erreger zu beschleunigen,

-75 Mio. EUR in die Horizont-Europa-Partnerschaft zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ investiert, um die EU-Maßnahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen zu verstärken

-Anreize für die Entwicklung prioritärer antimikrobieller Mittel durch die Einführung eines innovativen Anreizsystems nach dem Pull-Prinzip, des sogenannten „übertragbaren Gutscheins für den Unterlagenschutz“ (Transferable Exclusivity Voucher, TEV), schafft, der im Vorschlag der Kommission für das neue Arzneimittelrecht enthalten ist,

-den Zugang zu Antibiotikaresistenz-Produkten durch die Entwicklung innovativer Wirtschaftsmodelle verbessert, einschließlich Einnahmengarantien oder anderer Formen von finanziellen Anreizen nach dem Pull-Prinzip und gemeinsamer Beschaffung,

-die Bemühungen der WHO zur Überwachung und Bewertung der weltweiten FuE-Pipeline für antimikrobielle Resistenzen unterstützt.

Darüber hinaus wird die Kommission als Reaktion auf die politische Erklärung der VN-Generalversammlung zu antimikrobiellen Resistenzen die Einrichtung eines unabhängigen Sachverständigengremiums zur Evidenzbeschaffung für Maßnahmen zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen unterstützen, das hochwirksame Maßnahmen zur Forschung und Entwicklung im Bereich antimikrobieller Resistenzen fördern soll 28 .

3.2 Innovationsfaktoren für die raschere Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen zur Bewältigung prioritärer Bedrohungen

Um auf Gesundheitsgefahren vorbereitet zu sein, muss die EU die Entwicklung eines diversifizierten Portfolios medizinischer Gegenmaßnahmen unterstützen und dabei den Aufbau von Krisenreaktionsplattformen und technologischen Schlüsselfaktoren wie Digital- und KI-Technologien nutzen.

Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, die Position der EU als führendes Zentrum für Forschung, Entwicklung und Innovation im Bereich medizinischer Gegenmaßnahmen zu festigen.

Krisenreaktionsplattformen und -partnerschaften

Da Gesundheitsgefahren unvorhersehbar auftreten und sich rasch ausbreiten können, sind Krisenreaktionsplattformen für ein rechtzeitiges Eingreifen inzwischen unverzichtbar, wobei der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Technologien liegt, die sich schnell neu ausrichten lassen, damit im Notfall ein zügiger Zugang zu wirksamen medizinischen Gegenmaßnahmen gewährleistet ist.

Aufbauend auf Projekten wie dem Europäischen Hub für Impfstoffe (siehe Kasten unten), den ersten daraus gewonnenen Erfahrungen, der Horizont Europa-Partnerschaft für Pandemievorsorge, dem in der Strategie für europäische Biowissenschaften angekündigten Investitionsplan für klinische Forschung und mit Unterstützung von Sachverständigengruppen wie dem Koordinierungsmechanismus für klinische Prüfungen wird die Kommission

·bis 2026 ein Pilotprojekt für einen Europäischen Hub für Diagnostika ins Leben rufen, um in Diagnostika und Technologien der nächsten Generation zu investieren und diese zu entwickeln; sie sollenschnell skalierbar, leicht anpassbar und patientennah eingesetzt werden können, um verschiedene Krankheitserreger zu bekämpfen und die Arbeit von DURABLE durch Schnelldiagnostika zu ergänzen,

·bis 2027 einen Europäischen Hub für Therapeutika einrichten, um die Entwicklung von monoklonalen Antikörpern und Virostatika mit Breitbandwirkung zu fördern, die rasch gegen ein breites Spektrum von Krankheitserregern wie Coronaviren, Ebola, Marburg, Mpox, Dengue sowie noch unbekannte Bedrohungen wie „Pathogen X“ eingesetzt werden können,

·Über das Forschungsinfrastruktur-Netzwerk ISIDORe wird die Kommission eine verstärkte Unterstützung europäischer Forscher und Projekte mit erleichtertem oder freiem Zugang zu Infrastrukturdiensten wie Biobanken oder medizinischen Kohorten prüfen.

Plattform für die rasche Entwicklung von Impfstoffen – Europäischer Hub für Impfstoffe

Der 2025 ins Leben gerufene Europäische Hub für Impfstoffe ist ein Konsortium führender europäischer Akteure, das über einen Zeitraum von vier Jahren mit 102 Mio. EUR dotiert ist und die Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen gegen Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit fördern soll. Der Europäische Hub für Impfstoffe wird

-die Entwicklung erster Prüfimpfstoffe gegen jegliche Bedrohung innerhalb von vier Monaten nach deren Auftreten einleiten und beschleunigen,

-eine prototypische Impfstrategie unter Nutzung modernster Plattformtechnologien vorschlagen,

-vorklinische Tests in Phase I/II und nach dem Modell für kontrollierte Infektionen beim Menschen (CHIM) gegen ausgewählte Krankheitserreger fördern,

-öffentlich-private Partnerschaften für die Impfstoffherstellung stärken,

-einen einfachen Zugang zu Impfstoffproduktionsanlagen, Einrichtungen für klinische Prüfungen, Analyselabors und Technologietransfers sowie eine erweiterte Produktion mittels Industriepartnerschaften fördern.

Die Kommission wird auch weiterhin mit internationalen Partnern zusammenarbeiten und so die Synergien und die Abstimmung zwischen EU- und globalen Initiativen für die Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen verbessern. Insbesondere wird die Kommission

·die Unterstützung der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) für die Entwicklung von Impfstoffen im Hinblick auf gemeinsam vereinbarte Prioritäten fortsetzen,

·partnerschaftlich mit der Initiative für Medikamente gegen vernachlässigte Krankheiten (DNDi) zur Unterstützung klinischer Prüfungen vielversprechender Virostatika gegen Dengue zusammenarbeiten,

·weitere Investitionen in die Entwicklung neuer Antibiotika tätigen, die gegen resistente Bakterien wirksam sind, indem sie den Combating Antibiotic-Resistant Bacteria Biopharmaceutical Accelerator (CARB-X) und die Globale Partnerschaft für Antibiotikaforschung und -entwicklung (GARDP) im Bereich innovativer Antibiotika und Diagnostika unterstützt,

·sich an der Einrichtung einer globalen Therapeutics Development Coalition im Rahmen des International Pandemic Preparedness Secretariat (IPPS) beteiligen, mit der die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Therapeutika gegen Krankheiten mit Pandemiepotenzial verbessert werden soll.

Technologische Voraussetzungen für die Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen

Digitale Technologien sind wirkmächtige Mittel für die Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen. In KI-gestützten Instrumenten liegt ein erhebliches Potenzial, diesen Prozess zu beschleunigen, indem sie die Gewinnung und Analyse von Informationen über Bedrohungen erleichtern, die Richtung für die Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen vorgeben, die Identifizierung vielversprechender Verbindungen für Impfstoffe oder Therapeutika unterstützen oder die Echtzeitanalyse von Daten zu in mehreren Ländern laufenden klinischen Prüfungen beschleunigen. Dies kann die Entwicklungspipeline und die Entdeckung neuer medizinischer Gegenmaßnahmen erheblich beschleunigen. Insbesondere wird die Kommission spezifische KI-Tools und Tools für maschinelles Lernen fördern, um

·die Erkennung und Überwachung von Gesundheitsgefahren zur Gewinnung von Erkenntnissen über medizinische Gegenmaßnahmen zu beschleunigen,

·die Entdeckung von Arzneimitteln zu beschleunigen, um rasch potenzielle Arzneimittelkandidaten zu finden, einschließlich der Kandidaten, die für eine Neupositionierung am vielversprechendsten sind,

·klinische Prüfungen und den Einsatz von KI zur Unterstützung der Konzeption klinischer Prüfungen und der Datenanalyse zu optimieren, um die Zeit bis zur Genehmigung zu verkürzen.

Diese Maßnahmen würden in die künftige Strategie für künstliche Intelligenz in der Wissenschaft einfließen, die die Kommission im Laufe des Jahres 2025 vorlegen will.

3.3 Aufbau solider Produktionskapazitäten für medizinische Gegenmaßnahmen und zur Verringerung von Lieferkettenabhängigkeiten

Um die Bürgerinnen und Bürger wirksam vor gesundheitlichen Notlagen zu schützen, muss die EU die Produktionsbereitschaft aufrechterhalten. Investitionen in resiliente, skalierbare Herstellungskapazitäten, die im Krisenfall rasch medizinische Gegenmaßnahmen in großem Maßstab produzieren können, sind von entscheidender Bedeutung. Dazu gehören die Unterstützung intelligenter, modularer und flexibler Herstellungsanlagen sowie die Förderung von Produktionstechnologien und die Gewährleistung der Sicherheit von Produktionsstandorten, einschließlich der Cybersicherheit.

Die Kommission wird RAMP UP – die Rapid Agile Manufacturing Partnership for Union Protection – einrichten, ein freiwilliges Netzwerk von in der EU ansässigen Arzneimittelherstellern, Innovatoren und Lieferanten. Diese Partnerschaft wird zu einer schnellen Reaktionsfähigkeit der Industrie führen, um die Bürgerinnen und Bürger in Krisenzeiten zu schützen. Durch die Erhebung wesentlicher Informationen über die Produktionskapazitäten für medizinische Gegenmaßnahmen in Vorsorgezeiten wird es der Kommission dank RAMP UP möglich, Risiken in der Lieferkette zu ermitteln und in Notfällen rasch zu reagieren. Diese Partnerschaft wird eine flexible Vorplanung auf EU-Ebene und die rasche Ausweitung der Produktion bei gesundheitlichen Notlagen erleichtern und gleichzeitig dazu beitragen, Abhängigkeiten zu verringern und Lieferketten zu diversifizieren. Sie wird im Einklang mit den Regeln und Grundsätzen des EU-Wettbewerbsrechts arbeiten.

Parallel zu den im Vorschlag für einen Rechtsakt zu kritischen Arzneimitteln festgelegten Maßnahmen wird die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, der EMA und anderen einschlägigen Interessenträgern ermitteln, ob es Schwachstellen in den Lieferketten für medizinische Gegenmaßnahmen gibt, die nicht in der Unionsliste kritischer Arzneimittel aufgeführt sind, z. B. persönliche Schutzausrüstung, Diagnostika oder medizinische Gegenmaßnahmen gegen CBRN-Bedrohungen. Diese Bewertung wird in die Priorisierung von Eindämmungsmaßnahmen einfließen und die Versorgungssicherheit verbessern.

Um die Produktionskapazitäten weiter zu erhöhen, wird die Kommission auch auf das EU-FAB-Modell zurückgreifen, das eine ständig verfügbare Produktionskapazität von 325 Millionen Impfstoffdosen vorhält, die rasch aktiviert werden kann, um im Notfall die erforderliche Menge ausgewählter Impfstoffe für die EU herstellen zu können. Die Kommission wird prüfen, ob der Anwendungsbereich des EU FAB auf ein breiteres Spektrum von Produkten ausgedehnt werden und auch die Vorbereitungsphase umfassen könnte, um sowohl den zivilen als auch den militärischen Bedarf zu decken und innovative Herstellungsmodelle zu fördern, die unsere Reaktion auf künftige gesundheitliche Notlagen stärken könnten.

Die Kommission wird auch die Einleitung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) unterstützen, um FuE-Vorhaben ausgeprägt innovativer Art, die sich mit Gesundheitsgefahren befassen, wie das Projekt Med4Cure, finanziell zu unterstützen, die die Vorsorge und Reaktion auf gesundheitliche Notlagen zum Nutzen der Union, ihrer Bürgerinnen und Bürger und ihrer Wettbewerbsfähigkeit verbessern können.

Die COVID-19-Pandemie hat die Risiken deutlich werden lassen, die Ausfuhrbeschränkungen für die Verfügbarkeit medizinischer Gegenmaßnahmen in der EU darstellen können. Mit der Überarbeitung des EU-Arzneimittelrechts und des Gesetzes über kritische Arzneimittel wird ein Rechtsrahmen geschaffen, der dazu beitragen wird, die Verfügbarkeit von Arzneimitteln zu verbessern, von denen einige medizinische Gegenmaßnahmen sind. Die Überarbeitung der EU-Arzneimittelvorschriften beinhaltet auch einen neuen Weg zur Genehmigung medizinischer Gegenmaßnahmen, wie z. B. befristete Notfallzulassungen. Um eine sichere Versorgung in Krisenzeiten zu gewährleisten, wird sich die EU weiter auf die Verordnung über Binnenmarkt-Notfälle und die Resilienz des Binnenmarkts (IMERA) 29 und die Verordnung zur Gewährleistung der Bereitstellung von krisenrelevanten medizinischen Gegenmaßnahmen im Falle einer gesundheitlichen Notlage auf Unionsebene 30 stützen. Die Kommission wird weiterhin mit den Mitgliedstaaten und Drittländern zusammenarbeiten, um das Risiko von Engpässen bei krisenrelevanten medizinischen Gegenmaßnahmen zu mindern, indem sie sich in internationale Partnerschaften einbringt und diese entwickelt, und indem sie den grenzüberschreitenden Handel mit notwendigen Gütern im Krisenfall erleichtert. Sie wird auch weiterhin die Kapazitäten der EU für das Krisenmanagement im Zollbereich ausbauen, um minderwertige und gefälschte medizinische Produkte und Ausrüstungen aufzuspüren und ihre Verbringung auf den EU-Markt zu verhindern, den Zustrom kritischer Arzneimittel und Produkte in Krisenzeiten zu erleichtern und, falls dies für notwendig erachtet wird, deren Ausfuhr aus der EU zu untersagen.

Wichtigste Maßnahmen:

Die Kommission beabsichtigt:

·einen Accelerator für medizinische Gegenmaßnahmen [2025] einzurichten,

·einen Europäischen Hub für Diagnostika zur Förderung von Investitionen in und Entwicklung von Diagnostika der nächsten Generation aufzubauen [2026],

·den Europäischen Hub für Therapeutika ins Leben zu rufen, um die Entdeckung und Herstellung von antiviralen Breitband-Medikamenten und monoklonalen Antikörpern zu beschleunigen [2027],

·zu prüfen, ob der Anwendungsbereich des EU FAB ausgeweitet werden kann, um die in der EU ansässigen Produktionskapazitäten für medizinische Gegenmaßnahmen in Bereitschafts- und Krisenzeiten aufzustocken [2026],

·RAMP UP einzurichten, um die rasche Herstellung medizinischer Gegenmaßnahmen in Notfällen sicherzustellen [2026].

Die Kommission und die Europäische Investitionsbank beabsichtigen:

·das Volumen von HERA Invest zu verdoppeln [2027].

IV.SICHERSTELLUNG DES ZUGANGS ZU SOWIE DER VERFÜGBARKEIT UND DES SCHNELLEN EINSATZES VON MEDIZINISCHEN GEGENMAẞNAHMEN 

Die Kommission wird weiterhin mit den Mitgliedstaaten und einschlägigen Partnern zusammenarbeiten, um einen raschen und gleichberechtigten Zugang zu medizinischen Gegenmaßnahmen zu gewährleisten. Sie wird die Vergabe öffentlicher Aufträge und gemeinsame Beschaffungen nutzen, um strategische Vorräte auf EU-Ebene auszubauen und aufrechtzuerhalten und für eine rasche Bereitstellung und Nutzung zu sorgen. Für die medizinischen Gegenmaßnahmen, die auf der Unionsliste kritischer Arzneimittel stehen, könnten die im Gesetz über kritische Arzneimittel vorgeschlagenen Maßnahmen ergriffen werden.

4.1 Beschaffung

Die gemeinsame Beschaffung krisenrelevanter medizinischer Gegenmaßnahmen hat sich in den letzten Jahren als äußerst wertvoll erwiesen und ermöglichte 38 Ländern, einschließlich Bewerberländern und potenziellen Bewerberländern, einen gleichberechtigten und raschen Zugang zu lebenswichtigen Gütern zum Nutzen von mehr als 525 Millionen Europäerinnen und Europäern. Dazu gehören beispielsweise COVID-19-Impfstoffe und -Therapeutika, vorpandemische und pandemische Impfstoffe gegen (Vogel-)Grippe und Mpox-Impfstoffe.

2026 wird die Kommission eine Überarbeitung der Vereinbarung über die gemeinsame Beschaffung für medizinische Gegenmaßnahmen von 2014 prüfen und ggf. vorschlagen, um sie auf die überarbeitete Haushaltsordnung abzustimmen und sie besser an den heutigen Bedarf an einer Beschaffung medizinischer Gegenmaßnahmen anzupassen. Sie wird auch mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um kosteneffiziente und innovative Finanz- und Beschaffungsmodelle zu prüfen, um die Produktentwicklung und -verfügbarkeit zu fördern, das Risiko für Unternehmen zu verringern und den Zugang in der EU zu verbessern. Dazu gehören Kapazitätsreservierungsverträge auf der Grundlage von Präzedenzfällen wie denen für Influenzapandemie-Impfstoffe.

Die Kommission wird Anfang 2026 in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten auch Leitlinien für die Beschaffung medizinischer Gegenmaßnahmen in Krisensituationen ausarbeiten.

Auf der globalen Ebene wird die Kommission Workshops organisieren, um Erfahrungen und bewährte Verfahren im Bereich der gemeinsamen Beschaffung medizinischer Gegenmaßnahmen auszutauschen und auf Ersuchen regionaler und internationaler Organisationen zu reagieren. Auf diesem Wege wird sich prüfen lassen, wo eine Zusammenarbeit für beide Seiten vorteilhaft sein kann, sei es in der Nachbarschaft der EU oder darüber hinaus.

4.2 Bevorratung medizinischer Gegenmaßnahmen

Strategische Vorräte ermöglichen es der EU, rasch auf Notlagen großen Ausmaßes zu reagieren und die Abhängigkeit von externen Lieferanten zu verringern, indem die erforderlichen medizinischen Gegenmaßnahmen zur Verfügung stehen, oder die Verfügbarkeit bei Unterbrechungen der Lieferkette sicherzustellen. Aufbauend auf den jüngsten Erfahrungen mit Lagerbeständen auf EU-Ebene wird die Kommission Lösungen sondieren, wie die Mitgliedstaaten weiter dabei unterstützt werden können, strategische Reserven an medizinischen Gegenmaßnahmen über 2026 hinaus aufrechtzuerhalten.

Angesichts der Besonderheiten der Bevorratung medizinischer Gegenmaßnahmen legt die Kommission parallel zu dieser Strategie einen EU-Strategieplan für die Bevorratung medizinischer Gegenmaßnahmen (Anhang 2) vor, der die umfassendere EU-Bevorratungsstrategie ergänzt und darauf abzielt, die effiziente und wirksame Bevorratung einschlägiger medizinischer Gegenmaßnahmen gegen Gesundheitsgefahren sicherzustellen.

Der Plan wird Maßnahmen über den gesamten Lebenszyklus der Verwaltung von Vorräten medizinischer Gegenmaßnahmen vorsehen und dabei darauf aufbauen, was in diesem Bereich sowohl von den Mitgliedstaaten als auch von der Kommission bei der Entwicklung von rescEU bereits durchgeführt wurde. Dabei wird berücksichtigt werden, dass unbeabsichtigte Markteffekte oder Überschneidungen mit (inter-)nationalen Lagerbeständen zu vermeiden sind. Dies umfasst detaillierte Verfahren zur Ermittlung wesentlicher medizinischer Gegenmaßnahmen, zur Bestimmung der erforderlichen Mengen und des potenziellen Wiederauffüllungsbedarfs, gefolgt von wirksamen Beschaffungsstrategien, die auch die gemeinsame Beschaffung auf EU-Ebene als kosteneffizientes Instrument zur Stärkung der nationalen Lagerbestände beinhalten. Der Plan enthält auch Elemente zur Stärkung der effizienten Bewirtschaftung dieser Vorräte, um die Bereitschaft und den rechtzeitigen Zugang in Notfällen zu gewährleisten, sowie eine Einsatzstrategie.

Zusammenfassung der wichtigsten Maßnahmen, die im Strategieplan für die Bevorratung medizinischer Gegenmaßnahmen vorgesehen sind:

Die Kommission wird ein Kompendium medizinischer Gegenmaßnahmen erstellen, die für die Bevorratung auf EU-Ebene geeignet sind. Die einsatznahe Bereitstellung und der rasche Einsatz entsprechend den Bedrohungsszenarien sowie die Verfügbarkeit spezifischer medizinischer Gegenmaßnahmen auf nationaler Ebene werden in Betracht gezogen.

In Absprache mit der EMA und anderen einschlägigen Interessenträgern wird die Kommission eine Liste von medizinischen Gegenmaßnahmen erstellen, die für eine Vorabbeschaffung infrage kommen, und sie wird eine Pilotstudie über die Bevorratung unfertiger Produkte durchführen.

In Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten wird die Kommission auch die Zusammensetzung der EU-Kits mit medizinischen Gegenmaßnahmen überprüfen, die im Wege einer gemeinsamen Beschaffung oder durch direkte Beschaffung erworben werden könnten.

Um die Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz der Lagerbestände zu optimieren, wird die Kommission ein Pilotprojekt zur Verlängerung der Haltbarkeit bestimmter medizinischer Gegenmaßnahmen einleiten. Darüber hinaus wird die Kommission, sofern sinnvoll, eine aktivere Rolle bei der Koordinierung der Beschaffung medizinischer Gegenmaßnahmen auf EU-Ebene übernehmen, damit diese effizienter und wirksamer verläuft. Die Kommission wird in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten und der EMA und auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen auch die wirksame Bevorratung nicht zugelassener medizinischer Gegenmaßnahmen erleichtern.

4.3 Einsatz von medizinischen Gegenmaßnahmen

Es ist unerlässlich, dafür zu sorgen, dass medizinische Gegenmaßnahmen rasch die Menschen erreichen, die sie am dringendsten benötigen, um Leben zu schützen und wirksam auf Gesundheitskrisen zu reagieren.

Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen wird den Einsatz medizinischer Gegenmaßnahmen in enger Zusammenarbeit mit dem HERA-Board und/oder dem Gesundheitskrisenstab koordinieren, wenn die Notfallrahmenverordnung im Falle einer gesundheitlichen Notlage auf Unionsebene aktiviert wird 31 .

Das Katastrophenschutzverfahren der Union und reliefEU werden flankierende logistische Unterstützung für den Einsatz medizinischer Gegenmaßnahmen in der Europäischen Union und gegebenenfalls in Drittländern bieten.

2026 wird die Kommission eine rasche Reaktion auf gesundheitliche Notlagen erleichtern, indem sie die lokale Erkennung von Bedrohungen durch leicht zu aktivierende, einsatzbereite Laboratorien für biologische und chemische Gefahren in Notsituationen, auch für militärische Zwecke, unterstützt, sodass betroffene Gemeinschaften die benötigte diagnostische Unterstützung erhalten können, wenn und wo diese am dringendsten benötigt wird.

Im Einklang mit der Strategie der Union zur Krisenvorsorge 32 und aufbauend auf den bestehenden Kooperationsmechanismen wird die Kommission die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Einrichtungen verstärken, insbesondere in Bezug auf medizinische Gegenmaßnahmen, die sowohl für die Zivilbevölkerung als auch für das Militär erforderlich sind, um sich bessere Vorsorge für gesundheitliche Notlagen zu treffen und darauf zu reagieren. Die Kommission erwägt weiterhin, den Einsatz medizinischer Gegenmaßnahmen mit den Streitkräften zu diskutieren, indem neue Technologien wie Drohnen und militärische Logistik genutzt werden, um einen raschen Einsatz und einen sicheren Transport zu ermöglichen.

Um die Bereitstellung auf der letzten Meile zu erleichtern, wird die Kommission die Entwicklung von Verteilungsinfrastrukturen wie Kühlketten-Infrastrukturen und Technologien mit geringeren logistischen Beschränkungen fördern, die die Einführung und den Einsatz in besonders gefährdeten Situationen erleichtern.

Auf globaler Ebene wird die Kommission 2026 standardisierte Verfahren für Vereinbarungen über den Austausch medizinischer Gegenmaßnahmen mit globalen Partnern entwickeln, um die Lieferung an die betroffenen Länder im Krisenfall zu beschleunigen, und dabei auf den Erkenntnissen aufbauen, die aus der jüngsten erfolgreichen Reaktion auf den Mpox-Ausbruch in Afrika mithilfe eines Konzepts von Team Europa gewonnen wurden. In dieser Hinsicht wird die verstärkte Zusammenarbeit mit Gavi, der Impfallianz und UNICEF fortgesetzt.

Wichtigste Maßnahmen 

Die Kommission wird

·eine Überarbeitung der Vereinbarung über die gemeinsame Beschaffung prüfen und ggf. vorschlagen, um sie besser an die heutigen Bedürfnisse anzupassen [2026],

·Unterstützung für einsatzbereite Krisenreaktionslabors bereitstellen [2026].

Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten

·ein standardisiertes Verfahren für Vereinbarungen über den die gemeinsame Nutzung medizinischer Gegenmaßnahmen mit globalen Partnern in Drittländern erarbeiten [2026],

·Leitlinien für die Auftragsvergabe in Krisensituationen erarbeiten [2026].

V.GLOBALE ZUSAMMENARBEIT UND KOORDINIERUNG BEI MEDIZINISCHEN GEGENMAẞNAHMEN

Die weltweite Verfügbarkeit medizinischer Gegenmaßnahmen war ein kritisches Problem bei allen größeren Ausbrüchen von Infektionskrankheiten in jüngster Zeit; globale Solidarität ist essenziell wichtig. Gesundheitsbedrohungen enden nicht an den EU-Grenzen und erfordern eine enge Zusammenarbeit und diplomatische Kontakte in allen Sektoren sowohl auf EU- als auch auf globaler Ebene. Die EU wird weiterhin mit globalen Partnern zusammenarbeiten, um Herausforderungen im Zusammenhang mit der Erkennung von Bedrohungen, der Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen und der Stärkung der Lieferketten zu bewältigen, indem sie mehr in Innovation und Versorgungssicherheit investiert.

5.1 EU-weite und globale Koordinierung

Auf EU-Ebene entwickelt die Kommission derzeit einen Präventions-, Vorsorge- und Reaktionsplan der Union, der Bestimmungen über gemeinsame Regelungen für Governance, Kapazitäten und Ressourcen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Prävention, Vorsorge und Reaktion auf schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren enthält.

Die Kommissionsdienststellen und der Europäische Auswärtige Dienst werden die Koordinierung mit den Mitgliedstaaten, Agenturen der EU und globalen Partnern vertiefen, um neu auftretende Gesundheitsgefahren für die EU und die Welt rasch zu erkennen und einen zügigen und gleichberechtigten Zugang zu medizinischen Gegenmaßnahmen zu erleichtern. Darin spiegelt sich auch wider, was die Überprüfung der HERA 33 ergab, dass nämlich Tätigkeiten im Bereich der medizinischen Gegenmaßnahmen zum Aufbau eines robusten Rahmens für die globale Gesundheitssicherheit beitragen.

Wirksame weltweite Warnsysteme für neue Bedrohungen, die medizinische Gegenmaßnahmen erfordern, sind von entscheidender Bedeutung, um unverzüglich geeignete medizinische Gegenmaßnahmen zu entwickeln und in Umlauf zu bringen, wobei die medizinische Forschung und die pharmazeutischen Produktions- und Lieferketten naturgemäß globaler Art sind. Dies macht deutlich, dass koordinierte Anstrengungen auf der globalen Ebene erforderlich sind, um die Erforschung und Entwicklung neuer medizinischer Gegenmaßnahmen zu beschleunigen und die sichere Versorgung damit zu verbessern. Eine globale Koordinierung ist entscheidend wichtig, um jeden neuen Ausbruch bereits vor Ort zu beenden, bevor er Grenzen überschreitet oder sich zu einer Pandemie auswächst.

Aus diesem Grund beabsichtigt die EU, den Schwerpunkt verstärkt auf die globale Gesundheitssicherheit zu legen, die Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Afrikanischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (Africa CDC) zu intensivieren und die Rolle globaler Gesundheitsforschungspartnerschaften im Bereich Infektionskrankheiten zu stärken, wie der Partnerschaft „Global Health European and Developing Countries Clinical Trials Partnership“ (EDCTP3) 34 , die darauf abzielt, die Gesundheitsforschung und -entwicklung sowie die Gesundheitsergebnisse in Afrika südlich der Sahara voranzubringen. Darüber hinaus wird die Kommission weiterhin mit anderen Koordinierungsprojekten für FuE-Förderer wie der globalen Forschungszusammenarbeit zur Vorsorge gegen Infektionskrankheiten (GloPID-R) zusammenarbeiten 35 .

Die Kommission und die WHO arbeiten bei der Prävention, Vorsorge und Reaktion betreffend schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren durch technische Zusammenarbeit und Unterstützung, finanzielle Beiträge sowie gemeinsame Initiativen umfassend zusammen. Um diese Zusammenarbeit weiter zu intensivieren, insbesondere im Hinblick auf gemeinsame Prioritäten und Tätigkeiten, beabsichtigen beide Parteien, bis 2026 einen Rahmen für eine verstärkte Zusammenarbeit gemäß Artikel 30 der Verordnung (EU) 2022/2371 zu schaffen.

Die EU wird ferner bestehende oder neue Partnerschaften für medizinische Gegenmaßnahmen mit regionalen Organisationen oder Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) bzw. der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), im indopazifischen Raum, in Lateinamerika (d. h. der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation) und ausgewählten Ländern wie Kanada und dem Vereinigten Königreich in Fragen der globalen Gesundheitssicherheit (weiter-)entwickeln.

Aufbauend auf Initiativen im Rahmen der Global-Gateway-Strategie wie der Team-Europa-Initiative für die Herstellung von und den Zugang zu Impfstoffen, Arzneimitteln und Gesundheitstechnologien (MAV+) in Afrika und der biregionalen EU-LAK-Initiative zur lokalen Herstellung von Impfstoffen und Gesundheitstechnologien wird die Kommission die Entwicklung regionaler Produktionskapazitäten für Impfstoffe, Arzneimittel und Gesundheitstechnologien, einschließlich medizinischer Gegenmaßnahmen, in Partnerregionen weiter unterstützen. In diesem Zusammenhang wird sich die EU auch an der Globalen Koalition der G20 für regionale und lokale Produktion 36 beteiligen. Die Kommission wird auch prüfen, wie die Produktionskapazitäten für medizinische Gegenmaßnahmen und die Sicherheit der Lieferketten in unserer Nachbarschaft erhöht werden können, wobei sie die demnächst abgeschlossene Studie über die Produktionskapazität der Partner im westlichen Balkan 37 und der Ukraine für medizinische Gegenmaßnahmen berücksichtigen und weltweit weiter mit Partnern wie Indien und China zusammenarbeiten wird, um Engpässe in der Lieferkette anzugehen.

5.2 Zivil-militärische Zusammenarbeit

Pandemien, die Frage der Verfügbarkeit chemischer oder biologischer Stoffe und antibiotikaresistente Infektionen stellen nicht nur eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit, sondern auch für die Sicherheit dar und betreffen sowohl die Öffentlichkeit als auch das Militär. Es werden für zivile Zwecke in Krankenhäusern und für militärische Zwecke an den Frontlinien häufig dieselben medizinischen Gegenmaßnahmen benötigt. Darüber hinaus wurden einige medizinische Gegenmaßnahmen für einen doppelten Verwendungszweck entwickelt, d. h. zur Bekämpfung von Krankheiten, die sowohl aus Sicht der zivilen Gesundheit als auch unter dem Gesichtspunkt der militärischen Vorsorge gegen biologische Waffen von Interesse sind, und somit dem Bedarf der zivilen öffentlichen Gesundheit dienen, indem Ausbrüche bekämpft werden, und gleichzeitig die militärische Vorsorgemaßnahmen unterstützen, wie die derzeitigen Impfstoffe der neuen Generation gegen Pocken und Mpox beispielhaft zeigen. Aus diesem Grund kommt der Stärkung der zivil-militärischen Zusammenarbeit bei medizinischen Gegenmaßnahmen entscheidende Bedeutung zu, um unsere gesellschaftliche und militärische Bereitschaft für Notfälle zu stärken und die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten sowie die Produktions- und Einsatzkapazitäten zu fördern.

Medizinische Gegenmaßnahmen gehören zu den Sektoren mit dem größten Mehrwert für die zivil-militärische Zusammenarbeit. Durch die Nutzung von Forschung, (gemeinsamer) Beschaffung oder Bevorratung, Logistik und Bereitstellung im Notfall hat die zivil-militärische Zusammenarbeit das Potenzial, die Vorsorge für und Reaktion auf grenzüberschreitende Bedrohungen erheblich zu verbessern. Die Kommission beabsichtigt, einen offenen Dialog mit den Verteidigungsministerien der Mitgliedstaaten aufzunehmen, um praktische Möglichkeiten zur Verbesserung der Interoperabilität und der Reaktionskapazitäten im Bereich der medizinischen Gegenmaßnahmen auszuloten.

Aufbauend auf der Zielsetzung des Weißbuchs zur Zukunft der europäischen Verteidigung 2030 38  hat die Kommission bereits 2025 eine Arbeitsgruppe des Gesundheitssicherheitsausschusses 39 zur zivil-militärischen Zusammenarbeit bei der Vorsorge im Bereich der Gesundheitssicherheit eingerichtet, um die Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der Gesundheitssicherheit zu unterstützen, die auch als Plattform für die Erörterung medizinischer Gegenmaßnahmen und allgemeinerer Fragen der Zusammenarbeit im Bereich der Gesundheitssicherheit fungiert. Die SSZ-Projekte COUNTERACT und RESILIENCE, die aus dem Europäischen Verteidigungsfonds finanziert werden, sind Beispiele für erfolgreiche Initiativen, die die zivil-militärische Zusammenarbeit bei der Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen gefördert haben.

Um die Abwehrbereitschaft gegenüber CBRN-Bedrohungen und Bedrohungen im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten zu verbessern, die medizinische Gegenmaßnahmen erfordern, wird die Kommission 2026 eine Medifence-Initiative entwickeln, mit der die Verfügbarkeit und der Zugang zu medizinischen Gegenmaßnahmen, die für diese Bedrohungen relevant sind, von der Erkennung bis zur ersten Reaktion sichergestellt werden sollen. Diese Initiative wird auf laufenden Maßnahmen im Rahmen von EU4Health und des Europäischen Verteidigungsfonds, der Europäischen Verteidigungsagentur und der Initiativen der Mitgliedstaaten aufbauen und dazu beitragen, zivil-militärische FuE-Synergien weiter zu stärken. Die Initiative wird mehrere Maßnahmen umfassen, darunter:

·Erstellung einer Auswahlliste wesentlicher medizinischer Gegenmaßnahmen für bewaffnete Aggressionen und hybride Kriegsführung; außerdem soll dazu beigetragen werden, die Schwachstellenbeurteilungen vorrangig zu behandeln,

·Unterstützung der Entwicklung von Instrumenten wie Biosensoren, molekularen, metagenomischen und Spektroskopieinstrumenten, um die rasche Erkennung, Identifizierung und Diagnose sowohl bekannter als auch neuartiger CBRN-Stoffe zu verbessern,

·Unterstützung der Entwicklung pharmazeutischer Entdeckungsplattformen zur Entwicklung von Antitoxinen, insbesondere für neuartige biologische und chemische Agenzien und für solche, für die es derzeit keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten gibt,

·Beschaffung medizinischer Gegenmaßnahmen mit zivil-militärischem Potenzial, auch durch gemeinsame Beschaffung und Bevorratung durch die EU auf einzelstaatlicher oder EU-Ebene, unter anderem in Form von Kits, um einen schnelleren Zugang zu gewährleisten,

·Unterstützung des Zugangs zu modernsten Wundpflegeprodukten, pandemiesicherer persönlicher Schutzausrüstung wie leistungsstarken, wiederverwendbaren Atemschutzgeräten und Anzügen sowie Medizinprodukten. Dies wird eine wirksamere Reaktion auf CBRN-Ereignisse und Großschadensereignisse ermöglichen.

Über diese Initiative werden Vorsorge- und Reaktionsfähigkeiten für CBRN-Bedrohungen und bewaffnete Konflikte sowohl für ziviles als auch für militärisches Personal aufgebaut. Sie wird andere Initiativen ergänzen, die im Rahmen eines neuen CBRN-Aktionsplans für die CBRN-Vorsorge und -Reaktion noch zu entwickeln sind, und Synergien mit möglichen einschlägigen Projekten nutzen, die im Rahmen des künftigen Europäischen Programms für die Verteidigungsindustrie (EDIP) entwickelt werden sollen.

Darüber hinaus werden die Kommission, der EAD und der Militärstab der Mitgliedstaaten im Rahmen des strukturierten Dialogs zwischen der EU und der NATO über Resilienz die Komplementarität der zivil-militärischen Zusammenarbeit der EU in Gesundheitskrisen, auch mit der NATO, fördern. Die Zusammenarbeit wird auch in Bezug auf Übungen, wie z. B. das Konzept für parallele und koordinierte Übungen (Parallel and Coordinated Exercises – PACE) der EU und der NATO verstärkt, bei denen es um Ausbruchsszenarien und Großschadensereignisse geht. Die Kommission wird auch weiterhin mit der NATO Joint Health Group und dem Committee of Chiefs of Military Medical Services zusammenarbeiten, um gegebenenfalls die operative Zusammenarbeit zu verstärken, wobei der Schwerpunkt unter anderem auf der Vorsorge für Großschadensereignisse und der medizinischen Logistik liegen wird.

5.3 Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor

Die Zusammenarbeit zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor ist essenziell wichtig, um die Entwicklung, Verfügbarkeit und den Zugang zu medizinischen Gegenmaßnahmen sowohl bei der Vorsorge als auch in Krisenzeiten zu verbessern. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um alle Ressourcen, Fachkenntnisse und Innovationen aller relevanten Sektoren, die am Lebenszyklus der Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen beteiligt sind, optimal zu nutzen.

Die Kommission stützt sich heute auf ein einzigartiges Netzwerk öffentlicher und privater Interessenträger, die an der Entwicklung und Bereitstellung medizinischer Gegenmaßnahmen beteiligt sind. Die Einbeziehung der Mitgliedstaaten und der Interessenträger erfolgt regelmäßig über verschiedene Foren wie das HERA-Board, das Gemeinsame Forum für industrielle Zusammenarbeit, das Zivilgesellschaftliche Forum, das Netzwerk „Eine Gesundheit“ der EU zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen 40 oder Veranstaltungen wie die HERA-Industrietage.

Im Einklang mit der Strategie der Union zur Krisenvorsorge wird die Kommission die Zusammenarbeit des öffentlichen Privatsektors in bestehenden Foren verstärken, um Lösungen zu entwickeln, die die Verfügbarkeit und Sicherheit der Versorgung mit medizinischen Gegenmaßnahmen unter uneingeschränkter Einhaltung des EU-Wettbewerbsrechts verbessern. Wie in der Strategie der Union zur Krisenvorsorge angekündigt, werden die Kommission und die Interessenträger auch öffentlich-private Notfallprotokolle entwickeln, um die rasche Entwicklung und Verfügbarkeit medizinischer Gegenmaßnahmen in Notfällen sicherzustellen. Darüber hinaus wird die Kommission Instrumente wie ATHINA für einen sicheren und standardisierten Datenaustausch zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor nutzen, um die Transparenz zu erhöhen und die Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen zu beschleunigen.

VI.SENSIBILISIERUNG DER BEVÖLKERUNG, EINBEZIEHUNG DER BÜRGERINNEN UND BÜRGER UND KOMPETENZEN IM ZUSAMMENHANG MIT MEDIZINISCHEN GEGENMAẞNAHMEN

6.1 Qualifizierte Arbeitskräfte

Europa muss der Ort sein, an dem die medizinischen Gegenmaßnahmen von heute und morgen erdacht, entwickelt und hergestellt werden. Um dies zu erreichen, muss die EU ihren Pool talentierter und vielfältiger Gesundheits- und Pflegefachkräfte – von Forschern und Herstellern bis hin zu Ärzten und Pflegekräften – weiter ausbauen. Sie müssen mit den richtigen Kompetenzen und Fachkenntnissen ausgestattet werden, um sowohl dem aktuellen als auch dem künftigen Bedarf im Bereich der öffentlichen Gesundheit gerecht zu werden und unsere Vorsorge- und Reaktionskapazitäten für medizinische Gegenmaßnahmen zu stärken.

Im Rahmen der Union der Kompetenzen 41 wird die Kommission weiterhin in die Stärkung unserer heimischen Talente und Fachkräfte sowie in die Gewinnung der weltweit führenden Forscher und Innovatoren investieren. Um eine weltweit führende, zukunftssichere Entwicklung, Produktion und Bereitstellung medizinischer Gegenmaßnahmen zu unterstützen, muss die EU in hochwertige Arbeitsplätze in diesem Bereich investieren, einschließlich Maßnahmen zur Verbesserung der Standards für die berufliche Weiterbildung, zur Beratung der Arbeitskräfte und zur Erleichterung des Zugangs zu Lernmöglichkeiten. Ebenso wichtig ist es, eine Gemeinschaft von Forschern und Praktikern für medizinische Gegenmaßnahmen aufzubauen, die Gesundheitsmaßnahmen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Gruppen und Gemeinschaften abstimmen können.

6.2 Resiliente Reaktionsteams im Gesundheitswesen

Ein wirksamer Einsatz medizinischer Gegenmaßnahmen erfordert auch starke und resiliente Arbeitskräfte im Gesundheitswesen, damit Ausbrüche rasch erkannt werden und Gegenmaßnahmen zügig zur Anwendung kommen. Aufbauend auf Initiativen wie den medizinischen Notfallteams des ECDC im Rahmen von rescEU, die die Reaktion auf gesundheitliche Notlagen in den betroffenen Ländern unterstützen, stärkt die Kommission den Aufbau von Kapazitäten für die Krisenvorsorge im Gesundheitsbereich durch Schulung und den Austausch bewährter Verfahren, einschließlich Bevorratung und gemeinsamer Beschaffung.

6.3 Gesundheitsbezogene Vorsorge, Sensibilisierung und Einbindung der Bürgerinnen und Bürger

Die Vorsorge gegen Gesundheitsgefahren ist eine gemeinsame Aufgabe und benötigt einen evidenzbasierten Ansatz, der in der Wissenschaft verankert ist und wissenschaftlich gestützt wird. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger auf Notlagen zu verstehen und verhaltensbedingte Hemmnisse zu beseitigen, die eine effiziente Reaktion behindern können. Eine wirksame und inklusive Risiko- und Notfallkommunikation und -aufklärung ist besonders wichtig dafür, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und der Gemeinschaften zu stärken, indem Sensibilisierung und Einbindung sowie der Zugang zu hochwertigen, evidenzbasierten Informationen verbessert werden. Indem die Zugänglichkeit von Notrufen und Informationseinsätze im Notfall gewährleistet sind, wird sichergestellt, dass Menschen mit Behinderungen in Notsituationen Hilfe anfordern und erhalten können.

Um das Vertrauen in medizinische Gegenmaßnahmen wie Impfstoffe wiederherzustellen, wird die EU Blaupausen mit Empfehlungen für deren Einsatz in kritischen Situationen entwickeln und Fehl- und Desinformation konsequent bekämpfen, indem sie mit Online-Plattformen zusammenarbeitet, Programme zur digitalen Gesundheitskompetenz verbessert und Mechanismen zur Faktenprüfung einführt. In einer schweren gesundheitlichen Notlage kostet die vorsätzliche Verbreitung von Fehlinformationen und Desinformation – einschließlich der koordinierten Manipulation und Verfälschung wissenschaftlicher Fakten für politische oder andere Zwecke – Menschenleben und muss entschlossen verhindert oder bekämpft werden. Um hier helfend einzugreifen, stützt sich die Kommission auf evidenzbasierte Erkenntnisse über wirksame Risikokommunikation und die Faktoren, die die Widerstandsfähigkeit der Öffentlichkeit gegenüber falschen oder irreführenden Informationen in Notfällen stärken können 42 .

Die Kommission wird weiterhin mit der WHO im Bereich Immunisierung und Vorsorge zusammenarbeiten. Die EU wird die Entwicklung alters- und geschlechtersensibler medizinischer Gegenmaßnahmen fördern, um wirksam auf unterschiedliche Bedürfnisse reagieren und schutzbedürftige Gruppen besser vor Gesundheitsgefahren schützen zu können. Insbesondere wird die Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem ECDC und dem zivilgesellschaftlichen Forum der HERA die systemischen Hürden erfassen, die Frauen und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen am Zugang zu Impfstoffen, Therapeutika und Diagnostika hindern. Um der Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland entgegenzuwirken, sollten das entsprechende Instrumentarium der EU, das Gesetz über digitale Dienste und andere einschlägige Instrumente und Rechtsvorschriften in vollem Umfang genutzt werden.

Wichtigste Maßnahmen:

Die Kommission wird

·neue globale Partnerschaften im Bereich der medizinischen Gegenmaßnahmen, insbesondere mit den EWR- und EFTA-Ländern, Kanada und globalen und regionalen Akteuren wie WHO und PAHO aufbauen [2025 und 2026],

·eine Medifence-Initiative zur Stärkung der Abwehrbereitschaft gegenüber CBRN- und Sicherheitsbedrohungen und zum Ausbau der zivil-militärischen Zusammenarbeit ins Leben rufen. In diesem Rahmen wird sie eine Auswahlliste wesentlicher medizinischer Gegenmaßnahmen bei bewaffneten Aggressionen erstellen und die Beschaffung und Bevorratung möglicher Kits mit medizinischen Gegenmaßnahmen erleichtern [2025],

·Initiativen zur Verbesserung der digitalen Gesundheitskompetenz umsetzen, Aktivitäten zur Faktenprüfung durchführen und mit Online-Plattformen zusammenarbeiten, um Desinformation zu bekämpfen und Transparenz sowie wissenschaftlich fundierte Informationen zu fördern, um die Bürgerinnen und Bürger vor Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit zu schützen.

ZUSAMMENFASSUNG

Die EU-Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen zielt darauf ab, die kollektive Resilienz, Vorsorge und Reaktion zu stärken, um Europa und die Welt – unabhängig von der Ursache oder dem Ursprung der Gesundheitskrise – vor Gesundheitsgefahren zu schützen.

In einem Sicherheitsumfeld, das sich rasch wandelt, ist es für die EU und ihre Mitgliedstaaten entscheidend, die Vorsorge, Resilienz und Reaktionsfähigkeit im Gesundheitsbereich im Hinblick auf medizinische Gegenmaßnahmen durch einen von der Forschung bis hin zum Einsatz reichenden, umfassenden, durchgängigen und am Konzept „Eine Gesundheit“ orientierten Ansatz zu stärken. Wenn medizinische Gegenmaßnahmen ihrer Natur gemäß als strategische Produkte behandelt werden sollen, erfordert dies erhebliche Investitionen sowohl des öffentlichen als auch des privaten Sektors. Diese Investitionen kommen der Vorsorge und der gesellschaftlichen Resilienz sowie dem Aufbau eines sichereren und gesünderen Europas zugute.

(1)

  Verordnung (EU) 2022/2371 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren .

(2)

Gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) 2022/2371 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren erstellt die Kommission einen Präventions-, Vorsorge- und Reaktionsplan der Union zur Förderung einer wirksamen und koordinierten Reaktion auf grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren auf Unionsebene.

(3)

Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, jüngeren und älteren Menschen sowie ethnischen Minderheiten gelegt werden. Der Rahmen für die Union der Gleichheit fördert den gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsfürsorge für alle.

(4)

  Safer Together – Strengthening Europe’s Civilian and Military Preparedness and Readiness .

(5)

  The future of European competitiveness - A competitiveness strategy for Europe .

(6)

  Europäische Strategie für eine Union der Krisenvorsorge .

(7)

z  Ein Kompass für eine wettbewerbsfähige EU .

(8)

EU-Bevorratungsstrategie, COM(2025) 528.

(9)

Konsultationen mit den Mitgliedstaaten wurden über das HERA-Board durchgeführt.

(10)

Vektorübertragene Krankheiten machen mehr als 17 % aller Infektionskrankheiten aus und verursachen jährlich mehr als 700 000 Todesfälle, von denen die meisten bei Kindern unter fünf Jahren zu verzeichnen sind. (WHO, 2024).

(11)

In der ersten europäischen Klimarisikobewertung , die im März 2024 veröffentlicht wurde, wird besonders auf durch Mücken und Zecken übertragene Krankheiten hingewiesen, die in jüngster Zeit in der EU (vermehrt) aufgetreten sind, darunter das West-Nil-Virus, Chikungunya, Dengue, die Lyme-Krankheit, Zeckenenzephalitis und Krim-Kongo Hämorrhagisches Fieber.

(12)

Im Global Risks Report 2025 (Bericht über weltweite Risiken 2025). wurden extreme Wetterereignisse über einen Zeithorizont von zehn Jahren als die höchsten Risiken eingestuft.

(13)

Antibiotikaresistenzen sind derzeit für mehr als 35 000 Todesfälle pro Jahr in der EU / im EWR verantwortlich, und Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge könnte die Zahl der jährlichen Todesfälle aufgrund von Antibiotikaresistenzen bis 2050 weltweit auf 10 Millionen und in der EU / im EWR auf 390 000 ansteigen.

(14)

  https://pandemichub.who.int/ .

(15)

ATHINA wird in gesundheitlichen Notlagen schnellere, datengesteuerte Entscheidungen ermöglichen. Es ist so konzipiert, dass es verschiedene Datenquellen – aus der Kommission, quelloffenen Plattformen und kommerziellen Diensten – integriert, um die Unterstützung für die strategische Priorisierung der Früherkennung im Zusammenhang mit medizinischen Gegenmaßnahmen und die Koordinierung der Reaktion zu verbessern. In Zukunft werden auch KI-gestützte Modellierungs- und Simulationsinstrumente genutzt, um die Vorsorge im Bereich medizinischer Gegenmaßnahmen für eine Reihe aufkommender Bedrohungsszenarien zu unterstützen.

(16)

  Verordnung (EU) 2022/2372 des Rates vom 24. Oktober 2022  über einen Rahmen zur Gewährleistung der Bereitstellung von krisenrelevanten medizinischen Gegenmaßnahmen im Falle einer gesundheitlichen Notlage auf Unionsebene.

(17)

Die EU-Liste der medizinischen Gegenmaßnahmen für prioritäre Bedrohungen wird sowohl bereits auf dem Markt als auch noch in Entwicklung befindliche medizinische Gegenmaßnahmen (einschließlich, aber nicht beschränkt auf Arzneimittel) gegen spezifische Bedrohungen umfassen, die das Potenzial haben, eine gesundheitliche Notlage auszulösen. Die Liste ergänzt die Unionsliste der kritischen Arzneimittel, in der Humanarzneimittel aufgeführt sind, deren kontinuierliche Bereitstellung in der EU als Priorität gilt.

(18)

Für radiologische und nukleare Notfälle betreibt die EU das System der Europäischen Gemeinschaft für den beschleunigten Informationsaustausch bei einer radiologischen Notstandssituation (ECURIE).

(19)

Gemäß Artikel 17 der Richtlinie (EU) 2024/3019 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (Neufassung) müssen die Mitgliedstaaten nationale Systeme für die Überwachung der für die öffentliche Gesundheit relevanten Parameter in ihrem kommunalen Abwasser, einschließlich antimikrobieller Resistenzen, einrichten. Im Falle einer gesundheitlichen Notlage ist eine Überwachung des/der relevanten Gesundheitsparameter(s) erforderlich.

(20)

Die EU-Referenzlaboratorien für öffentliche Gesundheit sind benannte Konsortien von Laboratorien gemäß Artikel 15 der Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren ( Verordnung (EU) 2022/2371 ), die nationale Referenzlaboratorien in den Bereichen Referenzdiagnostik (einschließlich Testprotokolle), Referenzmaterialien, Überwachung, Meldung von Ausbrüchen und Reaktion darauf, wissenschaftliche Beratung, Forschung, Qualitätssicherung, Schulung und Vereinheitlichung der Berichterstattung unterstützen. Derzeit sind 9 Referenzlaboratorien der EU für öffentliche Gesundheit benannt: https://health.ec.europa.eu/health-security-and-infectious-diseases/surveillance-and-early-warning/eu-reference-laboratories-public-health_en?prefLang=de .

(21)

So entstanden im Rahmen von DURABLE beispielsweise wichtige neue wissenschaftliche Erkenntnisse in Bezug auf die Schutzwirkung von Grippeimpfstoffen und die Übertragung von H5 (Vogelgrippe) auf Tiere, was die Kommission bei der Vorbereitung auf mögliche Ausbrüche unterstützt und über die Wirksamkeit bestehender medizinischer Gegenmaßnahmen und die Notwendigkeit weiterer FuE-Tätigkeiten Aufschluss gibt.

(22)

2022 wurden 40 % der weltweiten COVID-19-Impfstoffe aus der EU ausgeführt.

(23)

  Den Standort Europa wählen für Biowissenschaften – Eine Strategie, um Europa bis 2030 zum weltweit attraktivsten Standort für Biowissenschaften zu machen

(24)

  Die EU-Start-up- und Scale-up-Strategie .

(25)

  Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Stärkung der Verfügbarkeit von und der Sicherheit der Versorgung mit kritischen Arzneimitteln sowie der Verfügbarkeit und der Zugänglichkeit von Arzneimitteln von gemeinsamem Interesse und zur Änderung der Verordnung (EU) 2024/795 .

(26)

Während der Laufzeit des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 kann der Accelerator für medizinische Gegenmaßnahmen durch EU-Programme wie Horizont Europa und das EU4Health-Programm unterstützt werden.

(27)

  Die Kommission hat 225 Mio. EUR für den Abschluss von Rahmenverträgen zugesagt, um die Entwicklung von Grippeimpfstoffen der nächsten Generation zu beschleunigen.  

(28)

Die Kommission wird den Mitgliedstaaten weiterhin im Rahmen der „Gemeinsamen Aktion JAMRAI 2“ Hilfestellung bei der Umsetzung ihrer nationalen Aktionspläne und bei der Verwirklichung der Ziele für 2030 leisten. https://eu-jamrai.eu/

(29)

  Verordnung (EU) 2024/2747 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2024 zur Schaffung eines Rahmens von Maßnahmen für einen Binnenmarkt-Notfall und die Resilienz des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2679/98 des Rates (Verordnung über Binnenmarkt-Notfälle und die Resilienz des Binnenmarkts .

(30)

  Verordnung (EU) 2022/2372 des Rates vom 24. Oktober 2022 über einen Rahmen zur Gewährleistung der Bereitstellung von krisenrelevanten medizinischen Gegenmaßnahmen im Falle einer gesundheitlichen Notlage auf Unionsebene .

(31)

Eine gesundheitlichen Notlage auf Unionsebene kann von der Kommission in Situationen, in denen eine schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahr die Gesundheit der Bevölkerung auf Unionsebene gefährdet, gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) 2022/2371 formell festgestellt werden.

(32)

  Europäische Strategie für eine Union der Krisenvorsorge .

(33)

  Überprüfung der Durchführung der Tätigkeiten der Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) .

(34)

  https://www.global-health-edctp3.europa.eu/index_en .

(35)

  https://www.glopid-r.org/ .

(36)

Unterzeichnet am 20. Mai 2025 am Rande der Weltgesundheitsversammlung in Genf.

(37)

  Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo*[*Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status und steht im Einklang mit der Resolution 1244/1999 des VN-Sicherheitsrates und dem Gutachten des IGH zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovos], Montenegro, Nordmazedonien und Serbien.

(38)

  ReArm Europe Plan/Readiness 2030 .

(39)

Artikel 4 der Verordnung (EU) 2022/2371 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren.

(40)

  https://health.ec.europa.eu/antimicrobial-resistance/eu-action-antimicrobial-resistance_en#eu-amr-one-health-network .

(41)

  Die Union der Kompetenzen .

(42)

Gemeinsame Forschungsstelle - Kompetenzzentrum für Verhaltensforschung.

Top

Brüssel, den 9.7.2025

COM(2025) 529 final

ANHÄNGE

der

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen

Die EU trifft Vorsorge für die nächste Gesundheitskrise: eine Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen


ANHANG 1: Priorisierung von Gesundheitsgefahren 2025Bewertung medizinischer Gegenmaßnahmen

Ziel der von der Kommission 2025 durchgeführten Bewertung der Priorisierung von Gesundheitsgefahren im Hinblick auf medizinische Gegenmaßnahmen ist es, schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren zu ermitteln, die gezielte Maßnahmen auf EU-Ebene erfordern, um den Zugang zu und die Verfügbarkeit von medizinischen Gegenmaßnahmen zu unterstützen, einschließlich Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Bevorratung und Verteilung.

Der Prozess der Priorisierung von Bedrohungen wird nach Konsolidierung und unter Berücksichtigung der Rückmeldungen der Interessenträger eine zentrale Rolle bei der Priorisierung der künftigen Maßnahmen der EU hinsichtlich medizinischer Gegenmaßnahmen spielen. Die Bewertung der Priorisierung von Gesundheitsgefahren im Jahr 2025 bietet einen Überblick über die wichtigsten Gesundheitsgefahren und die damit verbundenen medizinischen Gegenmaßnahmen unter Heranziehung des aktuellen Kenntnisstands und aktuellen Expertenwissens. Gestützt auf frühere Bewertungen, die in enger Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der EU-Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA-Board), dem HERA-Beirat, den Dienststellen der Kommission und den Agenturen der EU entwickelt wurden, bietet diese Bewertung eine Grundlage dafür, ein Verständnis für Gefahren für die öffentliche Gesundheit aufzubauen und den Bedarf an medizinischen Gegenmaßnahmen zu ermitteln.

Die Priorisierung von Gesundheitsgefahren ist ein dynamischer, beratender und iterativer Prozess, der sich ständig weiterentwickelt. Die vorliegende Bewertung dient als Grundlage für die Kontaktaufnahme und die Zusammenarbeit mit wichtigen Interessenträgern, einschließlich der Mitgliedstaaten, anderer EU-Organe und der mit professionellen und wissenschaftlichen medizinischen Gegenmaßnahmen befassten Gemeinschaft. Sie wird eine koordinierte und wirksame Reaktion auf neu auftretende Bedrohungen erleichtern. Aufbauend auf diesen Beiträgen plant die Kommission, die Bewertung Ende 2025 als Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zu veröffentlichen und sie bis spätestens 2027 zu aktualisieren.

Die Bewertung der Priorisierung von Gesundheitsgefahren im Jahr 2025 ist an vier großen Gefahrenkategorien ausgerichtet, denen mithilfe medizinischer Gegenmaßnahmen begegnet werden kann:

·Atemwegs- oder Kontaktviren mit Pandemiepotenzial  hoch übertragbare Viren, die bereits großflächige Ausbrüche verursacht haben oder bei denen die Wahrscheinlichkeit hierfür besteht und die z. B. durch den Verlust an biologischer Vielfalt beeinflusst werden;

·Vektor- oder Tierreservoir-Viren mit EpidemiepotenzialViren, deren Ausbreitung durch den Klimawandel und andere Umweltfaktoren beschleunigt wird und die aufgrund ihrer wachsenden Bedeutung für die EU, die sich am schnellsten erwärmende Weltregion, als spezifische Bedrohungskategorie eingestuft werden;

·Antimikrobielle Resistenzen (AMR) ein zunehmendes weltweites Problem, das die Wirksamkeit bestehender Behandlungen gefährdet und die Belastung durch Infektionskrankheiten erhöht;

·Bedrohungen im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten und chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen (CBRN).

Auf der Grundlage europäischer und globaler Aktivitäten, einschließlich der Arbeit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und anderer globaler Gesundheitseinrichtungen werden in der Bewertung zwölf Virenfamilien mit Pandemie- und Epidemie-Potenzial priorisiert. Außerdem werden darin die jüngsten Entwicklungen bei den Trends der antimikrobiellen Resistenzen untersucht, neu auftretende CBRN-Bedrohungen analysiert und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ausbreitung von Infektionskrankheiten untersucht.

1.Epidemie- und pandemieverdächtige Virusfamilien

In das Priorisierungsverfahren der HERA flossen bestehende wissenschaftliche und epidemiologische Bewertungen ein, wobei auch globale und EU-Rahmen, unter anderem von der WHO und dem ECDC, berücksichtigt wurden. Anhand der verwendeten Methodik werden das Pandemiepotenzial, die Wahrscheinlichkeit einer EU-weiten gesundheitlichen Notlage, die Verfügbarkeit medizinischer Gegenmaßnahmen und die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ausbreitung und Schwere viraler Bedrohungen bewertet.

In der Bewertung werden zwei Gruppen epidemie- und pandemieverdächtiger Virusfamilien genannt, denen mithilfe medizinischer Gegenmaßnahmen begegnet werden kann:

-Gruppe 1: Virusfamilien von höchster Priorität, die das unmittelbarste und schwerwiegendste Risiko für die EU und die globale Gesundheitssicherheit darstellen;

-Gruppe 2: Virusfamilien von hoher Priorität, die eine ernste, aber etwas geringere unmittelbare Bedrohung darstellen.

1.1.Atemwegs- oder Kontaktviren mit Pandemiepotenzial 1

1.1.1.Gruppe 1: Virusfamilien von höchster Priorität

Coronaviridae, einschließlich SARS-CoV, MERS-CoV und SARS-CoV-2, geben aufgrund ihrer luftgetragenen Übertragung, ihrer Fähigkeit, schwere Krankheitsverläufe hervorzurufen, ihrer Fähigkeit zur Übertragung von Mensch zu Mensch, ihrer relativ hohen Mutationsrate und ihres Potenzials für Immunevasion, einschließlich einer geringeren Wirksamkeit von Impfstoffen und einiger Therapeutika gegen neu auftretende Varianten, nach wie vor Anlass zur Sorge. Es gibt keine zugelassenen Impfstoffe oder Behandlungen für SARS-CoV-1 oder MERS-CoV, und die allgemeine Verfügbarkeit medizinischer Gegenmaßnahmen ist nach wie vor unterschiedlich.

Orthomyxoviridae, einschließlich Influenza-A-Subtypen wie H1, H2, H3, H5, H6, H7 und H10, umfassen sowohl saisonale als auch potenziell pandemische Influenzaviren. Diese Viren geben Anlass zur Sorge, weil sie häufig mutieren (Antigendrift), rasch reassortieren (Antigenshift) und in der Vergangenheit globale Pandemien verursacht haben. Zwar sind Impfstoffe gegen saisonale Grippe und bestimmte Stämme zoonotischer Influenza verfügbar, ihre Wirksamkeit ist jedoch aufgrund von Antigenvariation begrenzt und bietet möglicherweise keinen Schutz vor neuartigen Pandemiestämmen.

Filoviridae, einschließlich der Ebola- und Marburg-Viren, geben Anlass zur Sorge, da sie mit schwerem Hämorrhagischem Fieber, hohen Mortalitätsraten und einem Potenzial für großflächige Ausbrüche, insbesondere in Subsahara-Afrika, verbunden sind. Sporadische importierte Fälle geben nach wie vor Anlass zur Sorge, und während Impfstoffe und Therapeutika auf Basis monoklonaler Antikörper gegen das Zaire-Ebolavirus zugelassen sind – keine für das Sudan-Ebolavirus oder Marburg-Virus –, bestehen nach wie vor Herausforderungen hinsichtlich eines gleichberechtigten Zugangs, der Skalierbarkeit der Produktion und des raschen Einsatzes, insbesondere in Ausbruchssituationen.

Poxviridae, einschließlich Affenpocken (die Mpox verursachen) und des Variola-Virus (das Pocken verursacht), geben im Zusammenhang mit Bioterrorismus und unbeabsichtigter Freisetzung, aber auch angesichts des möglichen Auftretens neuer, virulenterer Mpox-Stämme nach wie vor Anlass zur Sorge. Bestehende Impfstoffe bieten eine teilweise Kreuzimmunität, und die begrenzte Verfügbarkeit wirksamer therapeutischer Optionen stellt nach wie vor eine erhebliche Herausforderung dar.

1.1.2.Gruppe 2: Virusfamilien von hoher Priorität

Paramyxoviridae, einschließlich des Nipah-Virus, geben aufgrund der hohen Sterberate und des zoonotischen Potenzials Anlass zur Sorge. Obwohl sie in der EU derzeit keine Bedrohung darstellen, verändern der Klimawandel und die Störung der Lebensräume die Fledermausmigration und die Muster im Lebensraum, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit eines zoonotischen Übersprungs erhöht. Derzeit sind keine zugelassenen Impfstoffe oder spezifischen Behandlungen verfügbar.

Picornaviridae, einschließlich Poliovirus und Enteroviren D68 und A71, geben aufgrund des Risikos von Ausbrüchen von Wildtypen oder von Impfstoffen ausgehenden Polio-Ausbrüchen nach wie vor Anlass zur Sorge. Zwar sind wirksame Polio-Impfstoffe verfügbar, es gibt jedoch keine zugelassenen Behandlungen für Nicht-Polio-Enteroviren.

1.2.Vektor- oder Tierreservoir-Viren mit Epidemiepotenzial

Virusfamilien in dieser Kategorie geben für Europa zunehmend Anlass zur Sorge, da Klima- und Umweltveränderungen sehr dynamische Triebkräfte für ihre Ausbreitung sind. Sie werden, nach denselben Kriterien, in eine Gruppe von höchster und hoher Priorität in Bezug auf medizinische Gegenmaßnahmen unterteilt.

1.2.1.Gruppe 1: Virusfamilien von höchster Priorität

Flaviviridae, einschließlich Dengue-, West-Nile-, Zeckenenzephalitis-, Gelbfieber-, Zika- und Japanische Enzephalitis-Viren, geben aufgrund der vektorübertragenen Übertragung und des klimawandelbedingt wachsenden Spektrums an Stechmücken und Zecken zunehmend Anlass zur Sorge. Zwar gibt es Impfstoffe gegen einige Flaviviren, doch sind die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt, und die Zahl der lokal auftretenden Fälle nimmt in Teilen Europas zu.

1.2.2.Gruppe 2: Virusfamilien von hoher Priorität

Togaviridae, einschließlich Chikungunya-Virus und Venezolanisches Pferdeenzephalitis-Virus, stellen aufgrund schwerer Krankheitsverläufe und ihres Potenzials für eine rasche geografische Ausbreitung eine Gefahr dar. Während neu zugelassene Impfstoffe gegen Chikungunya große Fortschritte bei der Behandlung dieser Viren ermöglicht haben, gibt es bezüglich der meisten Viren dieser Virusfamilie, wie Venezolanisches Pferdeenzephalitis-Virus oder Östliches Pferdeenzephalomyelitis-Virus, derzeit keine medizinischen Gegenmaßnahmen.

Arenaviridae, einschließlich Lassa-, Junin- und Lujo-Mammarenaviren, sowie Hantaviridae, einschließlich Hantaan- und Sin-Nombre-Viren, sind Zoonoseerreger, die sich in Nagetierwirten halten und mit viralen Hämorrhagiefieber-Formen und einem erheblichen epidemischen Potenzial in Verbindung gebracht werden. Derzeit sind in der EU keine Impfstoffe oder spezifischen Behandlungen zugelassen.

Phenuiviridae, einschließlich Dabie-Bandavirus (SFTSV) und Rifttalfieber-Virus (RVFV), sind in der Lage, schwere Krankheiten und großflächige Ausbrüche zu verursachen, und stellen daher eine Bedrohung dar. Das Dabie-Bandavirus wird in erster Linie über Zecken übertragen, während das Rifttalfieber-Virus von Stechmücken, insbesondere den Spezies Aedes und Culex, übertragen wird. Derzeit sind in der EU hierfür keine Impfstoffe oder spezifischen antiviralen Behandlungen zugelassen.

Nairoviridae, einschließlich des Virus des hämorrhagischen Krim-Kongo-Fiebers (CCHFV), stellen zunehmend eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar und sind bereits in Teilen Süd- und Osteuropas endemisch. CCHFV wird in erster Linie von Hyalomma-Zecken übertragen, die sich aufgrund des Klimawandels ausbreiten. Derzeit gibt es in der EU hierfür keine zugelassenen Impfstoffe oder spezifischen antiviralen Behandlungen.

Abbildung 1. Überblick über prioritäre Virusfamilien, einschließlich einer teilweise semiquantitativen Kartierung der relevanten Attribute. Die Informationen stammen in erster Linie aus öffentlich zugänglichen Quellen. (Haftungsausschluss: Diese Abbildung dient ausschließlich zur allgemeinen Information und stellt keine rechtliche, medizinische oder fachliche Beratung dar.) 

2.Antimikrobielle Resistenzen

Antimikrobielle Resistenzen (AMR) sind nach wie vor eine der drängendsten globalen Gesundheitsgefahren, da durch sie die Wirksamkeit bestehender Behandlungen beeinträchtigt wird und die Belastung durch Infektionskrankheiten in Form erhöhter Morbidität, Mortalität und Gesundheitskosten steigt. Wenn nicht zügig gehandelt wird, dürften AMR bis 2050 weltweit zu einer der häufigsten Todesursachen werden, die jährlich 10 Millionen Menschen das Leben kosten könnte.

Im Jahr 2021 verursachten AMR 4,71 Millionen Todesfälle weltweit, wovon 1,14 Millionen direkt auf resistente Infektionen zurückzuführen waren. In der EU / im EWR treten jährlich über 35 000 Todesfälle aufgrund von AMR-Infektionen auf, von denen Säuglinge, ältere Menschen und immungeschwächte Menschen überproportional betroffen sind. Die COVID-19-Pandemie hat die antimikrobiellen Resistenzen verschärft, da der verstärkte Einsatz von Antibiotika in letzter Instanz zu einem Anstieg multiresistenter Bakterien- und Pilzinfektionen führte.

Die WHO hat mit Unterstützung der HERA die Priorisierung von AMR-Erregern auf globaler Ebene aktualisiert, einschließlich i) der WHO-Prioritätenliste der bakteriellen Krankheitserreger 2024 und ii) der WHO-Prioritätenliste der Pilzerreger 2022.

In der Bewertung werden wichtige bakterielle prioritäre Krankheitserreger beleuchtet, darunter das Rifampicin-resistente Mycobacterium tuberculosis. Ferner wird darauf verwiesen, dass Rifampicin-resistente, multiresistente (MDR) und extensiv resistente Tuberkulosen (XDR) nach wie vor ein kritisches Problem darstellen, insbesondere in Regionen mit hoher Belastung. Weiterhin werden gegen Cephalosporine der dritten Generation resistente Enterobacterales als oberste Priorität genannt. Darüber hinaus unterstreichen die Überwachungsdaten des ECDC die zunehmenden und besorgniserregenden Trends bei der Resistenz von Carbapenem-resistenten Enterobacterales und Vancomycin-resistenten Enterococcus faecium. Schließlich stellen die steigenden AMR-Raten bei N. gonorrhoeae in der EU , und das Auftreten von extensiv arzneimittelresistenten N. gonorrhoeae weltweit ein großes Problem für die öffentliche Gesundheit dar.

Die Analyse der Antibiotika-Pipeline zeigt vor allem, dass sich die Zahl der antibakteriellen Wirkstoffe in der klinischen Entwicklung 2023 zwar erhöht hat, aber nicht ausreicht, um schwere Infektionen zu bekämpfen und Antibiotika zu ergänzen, die aufgrund von AMR unwirksam werden. Die derzeitige Pipeline weist nach wie vor eine große Lücke bei antibakteriellen Wirkstoffen auf, die gegen Metall-β-Laktamase (MBL)-Produzenten wirksam sind, während die Prävalenz dieser Enzyme bei resistenten Erregern zunimmt. Alternativen zu Antibiotika wie die Verwendung von Bakteriophagen und monoklonalen Antikörpern könnten in naher Zukunft als alternative Behandlungsmöglichkeiten dienen.

Schließlich erfordern Pilzerreger wie Cryptococcus neoformans, Candida auris, Aspergillus fumigatus und Candida albicans besondere Aufmerksamkeit, da sie aufgrund ihrer Multiresistenz eine wachsende Bedrohung darstellen, insbesondere für immungeschwächte Patienten.

Die antibakterielle Pipeline der WHO für 2023 verweist auf eine Verlagerung hin zur Entwicklung von antibakteriellen Wirkstoffen mit engem Wirkungsspektrum, was wahrscheinlich einen verstärkten Einsatz von Schnelldiagnostik erfordert, um sicherzustellen, dass diese Produkte mit engem Wirkungsspektrum bei den richtigen Patienten eingesetzt werden.

Impfstoffe gegen virale wie auch bakterielle Infektionen können dazu beitragen, die Ausbreitung von Infektionen und Antibiotikaresistenzen einzudämmen, da die Notwendigkeit einer Behandlung mit antimikrobiellen Mitteln entfällt. Zwar werden immer neue Impfstoffe entwickelt, aber nach wie vor fehlen Impfstoffe gegen bakterielle Krankheitserreger mit hoher Priorität. 

Abgesehen von der unzureichenden Innovation hat die mangelnde Verfügbarkeit bestimmter Antibiotika in der EU das Potenzial, die AMR-Bedrohung zu verschärfen, indem sie entweder ein direktes Risiko für die Patienten darstellt oder den bestimmungsgemäßen Einsatz von Antibiotika behindert und damit die Entstehung und Verbreitung von AMR fördert.

Gegen diese vielschichtige und komplexe Bedrohung ist ein breites Arsenal an medizinischen Gegenmaßnahmen erforderlich, wobei derzeit sowohl ein Mangel an Innovation als auch an Zugang besteht. Dies erfordert einen vielschichtigen Ansatz, der „Push“- und „Pull“-Maßnahmen kombiniert, um sowohl die Entwicklung neuartiger antibakterieller Mittel als auch die Verfügbarkeit und den Zugang zu neuen und alten antibakteriellen Mitteln und anderen medizinischen Gegenmaßnahmen zu gewährleisten. Ergänzt wird dies durch die Arbeit des ECDC und andere laufende Arbeiten der Kommission zur Stärkung der Überwachung und zur Förderung des verantwortungsvollen Umgangs mit Antibiotikaresistenz.

3.Bedrohungen im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten und chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen (CBRN)

Die Bewertung der Vorsorge gegenüber chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Vorfällen (CBRN) ist eine Schlüsselkomponente der Arbeit zur Verbesserung der Gesundheitssicherheit in der EU. Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die insgesamt instabilere geopolitische Lage hat sich die Notwendigkeit, in diesem Bereich Vorsorge zu treffen, noch verstärkt.

Die Bewertung gibt einen Überblick über aktuelle CBRN-Bedrohungen und befasst sich auch mit neu auftretenden Bedrohungen und den medizinischen Gegenmaßnahmen, die sich gegen diese Bedrohungen einsetzen lassen. Die Bewertung zeigt die Verfügbarkeit medizinischer Gegenmaßnahmen für alle prioritären CBRN-Stoffe sowie Lücken und in Entwicklung befindliche medizinische Gegenmaßnahmen auf. Sie wird in enger Abstimmung mit den zivilen Behörden der Mitgliedstaaten in einem iterativen Prozess erarbeitet. Diese Bewertung enthält aufgrund ihres sensiblen Charakters als Verschlusssache eingestufte Informationen und ist nicht öffentlich zugänglich. Zu den ermittelten Bedrohungen gehören:

Biologische Agenzien, einschließlich Milzbrand, Pocken, hämorrhagisches Fieber und Pest. Diese Krankheitserreger, die für ihre hohe Sterblichkeitsrate, ihr Potenzial zu Instrumentalisierung und zu gesellschaftlichen Verwerfungen bekannt sind, stehen weiterhin im Mittelpunkt von Initiativen zur Vorsorge gegen biologische Gefahren.

Chemische Kampfstoffe, einschließlich Nervenkampfstoffe, Hautkampfstoffe und Kampfstoffe auf pharmazeutischer Basis. Sie wurden im letzten Jahrzehnt während des Bürgerkriegs in Syrien und bei gezielten Anschlägen in Europa und Asien eingesetzt.

Biotoxine, die sowohl unter das Chemiewaffenübereinkommen als auch unter das Übereinkommen über biologische Waffen fallen und an der Schnittstelle zwischen biologischen und chemischen Stoffen angesiedelt sind. Seit 2018 gab es in Europa mehrere Zwischenfälle mit Biotoxinen, unter anderem in Deutschland, Norwegen und dem Vereinigten Königreich, die den Bedarf an einer größeren Zahl medizinischer Gegenmaßnahmen zum Schutz vor und zur Behandlung von Biotoxin-Exposition und -Schäden unterstreichen.

Neu auftretende biologische und chemische Bedrohungen. Biotechnologie und computergestützte Chemie schreiten rasch voran und bringen vielversprechende Fortschritte bei der Entwicklung von Arzneimitteln, aber auch potenzielle Gefahren mit sich.

Radiologische und nukleare Bedrohungen. Diese Bedrohungen geben in der Ukraine und in der EU zunehmend Anlass zur Sorge. Besonders besorgniserregend ist die Lage in Bezug auf das Kernkraftwerk Saporischschja.

Mit der Einrichtung von rescEU, einer strategischen Reserve zur Katastrophenbewältigung, hat die Kommission erhebliche Fortschritte bei der Bevorratung von persönlicher Schutzausrüstung, Detektions- und Dekontaminationsgeräten, Impfstoffen und Therapeutika erzielt, die im Falle eines CBRN-Vorfalls benötigt werden. Derzeit werden zusätzliche Anstrengungen unternommen, um den potenziellen Bedarf an medizinischen Gegenmaßnahmen für ausgewählte Bedrohungen bei einem Zwischenfall mit den einzelnen Wirkstoffen zu quantifizieren.



ANHANG 2: EU-Strategieplan für die Bevorratung medizinischer Gegenmaßnahmen

Einleitung

Der Strategieplan der EU für die Bevorratung medizinischer Gegenmaßnahmen (im Folgenden „Strategieplan“) ist eine Säule des allumfassenden Ansatzes der EU-Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen. Es wird ein umfassender und proaktiver Rahmen geschaffen, um die Vorsorge und die schnelle Reaktion auf gesundheitliche Notlagen durch Vorräte an medizinischen Gegenmaßnahmen zu verbessern. 

Gestützt auf den Niinistö-Bericht 2 , die Strategie der Union zur Krisenvorsorge 3 und die EU-Bevorratungsstrategie 4 wird der Strategieplan dazu beitragen, den Zugang zu kritischen Ressourcen in der gesamten EU im Bereich der medizinischen Gegenmaßnahmen zu verbessern. Der Strategieplan baut auf den Erkenntnissen aus der COVID-19-Pandemie und aus den derzeitigen medizinischen und für chemische, biologische, radiologische und nukleare (CBRN) Vorfälle bestimmten Lagerbeständen im Rahmen von rescEU auf. Der Strategieplan sieht Maßnahmen zur Verbesserung des derzeitigen Rahmens vor und wird als Richtschnur für künftige Entscheidungen dienen. 

Der Aufbau von Vorräten an medizinischen Gegenmaßnahmen auf EU-Ebene bedeutet die Schaffung und Verwaltung einer strategischen Kapazität mit besonderem Schwerpunkt auf globalen oder europaweiten Notlagen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zum Schutz der EU-Bürgerinnen und -Bürger. Strategische Vorräte an medizinischen Gegenmaßnahmen wirken als Rückversicherung und ermöglichen es, im Falle einer Gesundheitskrise Zeit zu gewinnen und die wirtschaftlichen und sozialen Kosten in Grenzen zu halten. Diese Tätigkeiten zielen darauf ab, die nationalen Vorräte der Mitgliedstaaten und die globalen Bemühungen zu ergänzen, um einen kostenwirksamen Ansatz zu gewährleisten, der die Solidarität in der Europäischen Union im Falle einer Gesundheitskrise stärkt 5 .

Obwohl die EU- und die nationalen Vorräte zur Bewältigung lokaler und regionaler Risiken geschaffen wurden, sind sie gelegentlich auch eingesetzt worden, um globale Solidarität zu zeigen, um Gefahren in Drittländern einzudämmen (und eine weitere Ausbreitung über diese Länder hinaus zu verhindern). Trotz des regionalen Fokus ist die Komplementarität mit den weltweit vorhandenen Vorräten ebenso wichtig. Dieser mehrstufige Ansatz ist aber nicht nur wichtig, um die Komplementarität zu gewährleisten, sondern auch, um Marktstörungen zu vermeiden.

In den letzten Jahren hat die Europäische Kommission ihre Fähigkeit zur Antizipation, Vorsorge und Reaktion in Bezug auf Katastrophen und Krisen erheblich verbessert, insbesondere durch die Einrichtung von rescEU, einer wegweisenden strategischen Reserve für europäische Kapazitäten und Lagerbestände zur Katastrophenbewältigung, die vollständig von der EU finanziert wird. Diese Initiative bietet ein wichtiges Sicherheitsnetz, das es der EU ermöglicht, in Krisenzeiten schnell und wirksam zu reagieren. Bislang hat die Kommission 1,65 Mrd. EUR investiert und 22 Speziallager für medizinische und CBRN-Gegenmaßnahmen angelegt, die strategisch über verschiedene Mitgliedstaaten verteilt sind.

Diese Vorräte stärken die kollektive Reaktionsfähigkeit der EU und haben dazu beigetragen, kritische Lücken bei den nationalen Reaktionskapazitäten zu schließen, insbesondere in mitgliedstaatsübergreifenden Situationen oder solchen, in denen die nationalen Reaktionskapazitäten unzureichend oder ungeeignet sind oder ganz fehlen. Wie wertvoll diese Investition ist, beweist der erfolgreiche Einsatz dieser Vorräte in kritischen Situationen, unter anderem bei den Mpox-Ausbrüchen und im Kontext der geopolitischen Spannungen, die durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ausgelöst wurden. Zugleich zeigt dies das Engagement der EU für den Schutz der Gesundheit und des Wohlergehens ihrer Bürgerinnen und Bürger angesichts neuer Bedrohungen.

Die Lehren aus dieser Investition machen deutlich, dass es bei der Bevorratung medizinischer Gegenmaßnahmen um wesentlich mehr geht als die Lagerung nicht verderblicher Güter. Die Komplexität dieses Themas ergibt sich auch aus den strengen gesetzlichen Anforderungen, die für medizinische Gegenmaßnahmen gelten, und den Herausforderungen der Marktfähigkeit. Hinzu kommen die spezifischen Merkmale medizinischer Gegenmaßnahmen: ihre Hochwertigkeit, das notwendige Fachwissen, strenge Sicherheitsmaßnahmen, logistische Herausforderungen wie Lagerbedingungen und Haltbarkeitsbeschränkungen sowie Hindernisse bei der Bereitstellung, etwa besondere Zollvorschriften. Das unterscheidet die Bevorratung medizinischer Gegenmaßnahmen in vielen Fällen von der Bevorratung nicht medizinischer Gegenmaßnahmen wie Notunterkünften oder Generatoren.

Die strategische Bevorratung erfolgt sowohl im militärischen als auch im zivilen Sektor, wobei die Vorsorgestrategien aufeinander abgestimmt werden müssen. Militärisches Fachwissen ist ebenfalls erforderlich, da die Bestände von außen physisch und digital gestört oder zerstört werden können, weil sie als Güter mit doppeltem Verwendungszweck und somit als potenzielle Ziele gelten.

Das Hauptziel dieses Strategieplans besteht darin, die effiziente und wirksame Bevorratung relevanter medizinischer Gegenmaßnahmen zu gewährleisten, die gegen die in Anhang 1 der EU-Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen genannten Bedrohungen (Viren mit Pandemie- oder Epidemiepotenzial sowie chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen) eingesetzt werden können, um ihre rechtzeitige Verfügbarkeit und den Zugang dazu in Notfällen als konkretes Beispiel für europäische Solidarität im Falle von Gesundheitskrisen sicherzustellen.

Gestützt auf die Erkenntnisse aus der Umsetzung von rescEU sollen in dem Plan Maßnahmen ermittelt und umgesetzt werden, die ein umfassendes Management der Bevorratung mit medizinischen Gegenmaßnahmen gewährleisten. Er umfasst detaillierte Verfahren zur Ermittlung wesentlicher medizinischer Gegenmaßnahmen, zur Bestimmung der erforderlichen Mengen und des potenziellen Wiederauffüllungsbedarfs (Abschnitt 1), gefolgt von wirksamen Beschaffungsstrategien, die auch die gemeinsame Beschaffung auf EU-Ebene als kosteneffizientes Instrument zur Stärkung der nationalen Lagerbestände beinhalten (Abschnitt 2). Der Plan enthält auch Elemente zur Stärkung der effizienten Verwaltung (Abschnitt 3) dieser Vorräte, um die Bereitschaft und den zeitnahen Zugang in Notlagen zu gewährleisten, sowie eine Einsatzstrategie (Abschnitt 4), die gestraffte Anfrageverfahren, einen effizienten Transport und klare Verfahren für die Staaten, die Maßnahmen erhalten, umfasst.    
Der Strategieplan fließt in die Diskussion über die künftige Finanzierung ein, da im Rahmen des derzeitigen Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) keine weiteren Haushaltsmittel für die Ausweitung oder Aufrechterhaltung der bestehenden EU-Bestände vorgesehen sind. Der Aufbau eines strategischen Vorrats erfordert ein langfristiges Engagement und eine nachhaltige Finanzierung, um auf künftige Krisen vorbereitet zu sein 6 . In dieser Hinsicht kann die Berücksichtigung von Überlegungen zur Vorratshaltung in den Haushaltsprogrammen der EU gleich zu Beginn dazu beitragen, Anfälligkeiten und Risiken zu verringern und die Kosten für mögliche Abhilfemaßnahmen zu senken.

1.STRATEGISCHE BEWERTUNG DER LAGERBESTÄNDE – ERMITTLUNG DES BEDARFS AN EU-BESTÄNDEN MEDIZINISCHER GEGENMANAHMEN

Um die Verfügbarkeit und den raschen Einsatz einschlägiger medizinischer Gegenmaßnahmen bei Gesundheitskrisen sicherzustellen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass auf EU-Ebene ein koordiniertes System zur Ermittlung und Quantifizierung der zu bevorratenden medizinischen Gegenmaßnahmen eingerichtet wird.

Bislang wurden die in rescEU gelagerten Güter von den Mitgliedstaaten auf Grundlage einer von der Kommission erstellten Prioritätenliste vorgeschlagen. Um in Zukunft eine Angleichung an die von HERA erstellte Bedrohungsbewertung zu gewährleisten und eine effektive Planung zu erleichtern, beabsichtigt die Kommission, in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten auf Grundlage der nachstehend beschriebenen Methodik Güter und Mengen für die Bevorratung vorzuschlagen.

In Anhang 1 der EU-Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen sind daher die Krankheitserreger oder Agenzien aufgeführt, die das Potenzial haben, öffentliche Gesundheitsnotlagen auszulösen, und die EU-Maßnahmen im Bereich der medizinischen Gegenmaßnahmen erfordern. Neben der Wahrscheinlichkeit des Eintretens dieser Bedrohungen und ihren potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit wird bewertet, ob das derzeitige Arsenal an medizinischen Gegenmaßnahmen ausreicht, um auf diese Bedrohungen angemessen reagieren zu können, wobei der Schwerpunkt auf der Verfügbarkeit von Impfstoffen und Therapeutika liegt. 

Seit 2020 arbeitet die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten an der Ermittlung von Gütern von hoher Priorität für die rescEU-Bestände. Es wurde ein gemeinsamer und mehrstufiger strategischer Ansatz für die Bevorratung vorgestellt 7 , um angemessene Notfallreserven zu gewährleisten, die auf subnationaler, nationaler und regionaler Ebene verwaltet und durch Reserven auf EU-Ebene ergänzt werden. Workshops und Schulungen, die im Laufe der Zeit stattfanden, dienten dem Austausch über unterschiedliche Vorgehensweisen. Diese Beiträge wurden mit der internationalen Praxis bei der Schaffung strategischer Vorräte für Gesundheitskrisen verglichen.

Aufbauend auf diesen Erfahrungen und den vorhandenen Beständen wurde ein neuer Ansatz entwickelt, der zu dem im folgenden Abschnitt beschriebenen Verfahren und den dort beschriebenen Kriterien führte.    

1.1.Eine Methodik zur Ermittlung der medizinischen Gegenmaßnahmen für die EU-Bevorratung

Die Kommission wird bis 2025 eine Methodik entwickeln, um zu bewerten, welche Bedrohungen und medizinischen Gegenmaßnahmen sich für eine EU-Bevorratung als sachdienliche und kosteneffiziente Maßnahme zur Verbesserung der Vorsorge und Reaktion der EU eignen würden, wobei gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Qualitäts-, Wirksamkeits- und Sicherheitsstandards den Anforderungen des EU-Rechtsrahmens entsprechen.

Die Kommission wird eine Bewertung durchführen, deren Ergebnis ein Kompendium ausgewählter medizinischer Gegenmaßnahmen sein wird, wobei eine Reihe von vordefinierten Kriterien zur Ermittlung und Priorisierung der auf EU-Ebene zu bevorratenden Maßnahmen herangezogen wird. Die wichtigsten Kriterien könnten sein:

·Potenzielle Auswirkungen: Mit diesem Kriterium werden die wahrscheinlichen Auswirkungen der medizinischen Gegenmaßnahmen auf die Reaktion auf schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren bewertet, wenn sie rasch zugänglich gemacht werden. Bei diesem Kriterium werden die Merkmale, die vorhandenen Nachweise für das betrachtete Produkt (z. B. Sicherheit, Wirksamkeit usw.) und die Verfügbarkeit bzw. das Fehlen potenzieller alternativer Produkte berücksichtigt. Wenn ein Produkt von einer strenge Maßstäbe anlegenden Regulierungsbehörde genehmigt wurde und für eine wirksame Reaktion als wesentlich erachtet wird, sollte das bloße Fehlen einer EU-Zulassung nicht verhindern, dass eine Bevorratung in Betracht gezogen wird.

·Zeitkritische Wirksamkeit: Anhand dieses Kriteriums wird bewertet, ob die Wirksamkeit der betrachteten medizinischen Gegenmaßnahmen von ihrem raschen Einsatz abhängen wird.

·Redundanz: Anhand dieses Kriteriums wird bewertet, ob es bereits andere Instrumente oder Systeme gibt, um den Zugang zu den in Betracht gezogenen medizinischen Gegenmaßnahmen zu gewährleisten, wie z. B. nationale Vorräte oder andere EU-Instrumente zur Bevorratung wie die gemeinsame Beschaffung.

·Marktversagen/Marktbeschränkungen: Anhand dieses Kriteriums wird bewertet, ob der bestehende (kommerzielle) Markt den Zugang zu den betreffenden medizinischen Gegenmaßnahmen außerhalb von Notlagen wie auch währenddessen gewährleistet oder ob eine öffentliche Intervention erforderlich ist.

·Produktionskapazität: Anhand dieses Kriteriums werden Produkte ermittelt, bei denen Beschränkungen bezüglich der Produktionskapazität oder der Skalierbarkeit oder andere Schwachstellen in der Lieferkette bestehen, die zu inakzeptablen Verzögerungen in Krisenzeiten führen könnten.

In Fällen, in denen mehrere medizinische Gegenmaßnahmen für dieselbe grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohung oder Indikation zur Verfügung stehen, könnte der Identifizierungsprozess zusätzliche Kriterien umfassen, wie z. B.:     

·Strategische Autonomie der EU: Anhand dieses Kriteriums wird bewertet, ob die Lieferkette für die betrachteten medizinischen Gegenmaßnahmen Schwachstellen aufweist, insbesondere, ob die EU in hohem Maße von Lieferketten außerhalb der EU abhängig ist. Die strategische Autonomie der EU bei der Krisenreaktion ist angesichts der derzeitigen geopolitischen Spannungen besonders wichtig, d. h. medizinische Gegenmaßnahmen mit von der EU kontrollierten Herstellungskapazitäten und Lieferketten erhalten Vorrang, um die strategische Vorsorge zu stärken und die Abhängigkeit von Drittländern bei globalen gesundheitlichen Notlagen zu verringern. 

·Operative Erwägungen: Medizinische Gegenmaßnahmen ähnlicher Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit könnten priorisiert werden, z. B. je nach dem, wie gut sie mit den internationalen Leitlinien zu den nationalen Kapazitäten im Gesundheitswesen, den nationalen Vorsorgeplänen und der Notfalllogistik übereinstimmen. Darüber hinaus könnten Faktoren wie Lagerbedingungen – z. B. Temperaturkontrolle, besondere Handhabungsbedingungen und Haltbarkeit – berücksichtigt werden. So sollten beispielsweise bei ähnlichen medizinischen Gegenmaßnahmen mit unterschiedlicher Haltbarkeitsdauer solche mit längerer Haltbarkeit bevorzugt werden, da dadurch weniger häufig eine Bestandsrotation notwendig ist und die Verschwendung minimiert wird.

Die gleiche Methodik wird auch bei strategischen Entscheidungen über die Wiederbeschaffung angewandt. Die Vorgehensweise sollte auf die Besonderheiten der medizinischen Gegenmaßnahmen zugeschnitten sein. Während einige Therapeutika möglicherweise unverzüglich wiederbevorratet werden müssen, kann es bei anderen anders sein, wenn sich die Situation bei grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren geändert hat. Bei Gefahren mit schwerwiegenden Auswirkungen und geringer Wahrscheinlichkeit kann im Zuge der Wiederauffüllung die Produktion erhöht und die Kontinuität der Versorgung sichergestellt werden.

Von den medizinischen Gegenmaßnahmen, die für eine mögliche EU-Bevorratung infrage kommen, müssen bestimmte, insbesondere diejenigen Gegenmaßnahmen, die Antidote gegen chemische Stoffe beinhalten, so schnell wie möglich nach der Exposition verabreicht werden und in der Nähe des Einsatzorts verfügbar sein. In diesen Fällen müssen diese medizinischen Gegenmaßnahmen auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene verfügbar sein. Darüber hinaus können Kits mit medizinischer Ausrüstung in Szenarien wie Großschadensereignissen, bei denen mehrere medizinische Gegenmaßnahmen zur Wundversorgung, Verbrennungsbehandlung oder Traumaversorgung gleichzeitig erforderlich sind, einen zusätzlichen Nutzen bieten.

Im Rahmen von rescEU kann eine Vorablagerung (Pre-Positioning) von Vorräten jedoch nur in außergewöhnlichen Situationen mit erhöhtem Risiko beantragt werden, wie dies bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris oder der Rugby-Weltmeisterschaft 2023 der Fall war. Angesichts der derzeitigen geopolitischen Spannungen könnte der Bedarf an Vorablagerung bestimmter medizinischer Gegenmaßnahmen zunehmen, damit eine unverzügliche Behandlung gewährleistet ist.

In Zukunft könnte die Kommission die Beschaffung und Vorablagerung von EU-Kits für medizinische Gegenmaßnahmenin jedem Mitgliedstaat, einschließlich der überseeischen Departements, vorschlagen, um im Einklang mit der EU-Solidarität rasche Erstreaktionen auf schwerwiegende Gesundheitsgefahren sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene zu gewährleisten. Diese Kits würden eine Reihe medizinischer Gegenmaßnahmen enthalten, die in einer Weise gelagert würden, die einen raschen Einsatz ermöglicht, entweder als vollständiges Paket oder als Einzelkomponenten, um den Erfordernissen bei einer sich rasch entwickelnden Gesundheitskrise gerecht zu werden.

Die Kommission wird ab 2025 Sitzungen mit den Mitgliedstaaten abhalten, um die Relevanz, die Zusammensetzung und den Standort solcher Kits zu erörtern 8 . Es ist entscheidend wichtig, dass diese Diskussion geführt wird, da die Kits für unterschiedliche nationale Kontexte geeignet sein müssen. Darüber hinaus wird die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, die diese erhalten, prüfen, ob die Verwaltung der Kits in Bezug auf Kennzeichnung, Transport, regulatorische Erwägungen, Sicherheit und Gewährleistung der Kompatibilität mit den regionalen Gesundheitssystemen und -infrastrukturen machbar ist. 

Die Kommission wird verschiedene Möglichkeiten zur Beschaffung solcher Kits prüfen. Die Kits könnten zentral beschafft werden, und die Empfängerstaaten würden dann entscheiden, wo sie diese am besten lagern und verwalten. Um die nationale Vorsorge zu verbessern und den EU-Bestand zu ergänzen, wird darüber hinaus gemeinsam mit den Mitgliedstaaten geprüft, ob es zweckmäßig ist, eine gemeinsame Beschaffung von EU-Notfall-Kits zu organisieren, da die nationale Vorsorge in erster Linie in die nationale Zuständigkeit fällt.

1.2. Ermittlung möglicher Vorabnahmeverpflichtungen für die Bevorratung

Da sich Gefahren und Reaktionskapazitäten im Laufe der Zeit entwickeln, muss das Kompendium regelmäßig überprüft werden, unter anderem dann, wenn Pläne für Gesundheitsgefahren veröffentlicht oder überarbeitet werden. Die Kommission baut auf ihrer Arbeit an den Fahrplänen für die Vorsorge durch medizinische Gegenmaßnahmen für spezifische gesundheitliche Notfallszenarien auf 9 . In diesen operativen Plänen wird festgelegt, welche Schritte auf EU-Ebene erforderlich sind, um die Verfügbarkeit medizinischer Gegenmaßnahmen für vorrangige Gefahren sicherzustellen, und als anpassbare Krisenpläne dienen können. Die ersten Pläne werden voraussichtlich 2026 erstellt sein. Daher sollte 2026 bewertet werden, ob die (künftige) strategische Bevorratung ein geeignetes Instrument für die Pipelinekandidaten wäre, wobei Alternativen wie Kapazitätsreservierungsverträge in Betracht gezogen werden sollten.

1.3.Quantifizierung und Informationsaustausch 

Nach Erstellung des Kompendiums medizinischer Gegenmaßnahmen, die für eine potenzielle EU-Bevorratung geeignet sind, wird die Kommission spezifische Kriterien anwenden, um die optimalen Mengen für die Bevorratung zu bestimmen. Dabei wird die Kommission eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, ohne künftigen Haushaltsbeschlüssen vorzugreifen.

Die Quantifizierung der medizinischen Gegenmaßnahmen wird sich auf vorrangige Szenarien wie Pandemien, Industrie-/Laborunfälle, Transportzwischenfälle, klimabedingte Ereignisse, Lebensmittel-/Wasserkontamination, vorsätzliche Ereignisse, terroristische Bedrohungen, staatlich geförderte Ereignisse oder hybride Angriffe und Konflikte beziehen. Sie wird die bestehenden nationalen, EU- und globalen Vorsorgepläne und andere Strategien berücksichtigen, die die Mitgliedstaaten als Reaktion auf diese Szenarien umsetzen wollen.

Erforderlichenfalls werden Modellierungskapazitäten mobilisiert, um die medizinischen Gegenmaßnahmen zu quantifizieren, die bei einer Bevorratung auf EU-Ebene die Gesundheitsbelastung in einem solchen Szenario erheblich verringern könnten. Darüber hinaus wird bei der Schätzung der Mengen Folgendes berücksichtigt:     

·Art der Bedrohung (d. h. Wahrscheinlichkeit einer Ausbreitung, Schwere, Dauer),

·Schätzung der betroffenen Bevölkerung, einschließlich schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen (d. h. ältere Menschen, Kinder, Schwangere usw.),

·Einsatz medizinischer Gegenmaßnahmen (z. B. Dosierung, Dauer der Behandlung).

Um die angemessenen Mengen für eine Reserve auf EU-Ebene bestimmen zu können, ist die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Austausch von als Verschlusssache eingestuften Informationen über den nationalen Bedarf und die nationalen Fähigkeiten ein entscheidendes Element. Bei der Festlegung der Mengen ist es wichtig, beim Informationsaustausch mit den Mitgliedstaaten deren Verpflichtungen zur Bevorratung in Notfällen zu berücksichtigen.

Um diese Herausforderungen zu meistern und fundierte Entscheidungen zu treffen, organisiert die Kommission Gespräche mit den Mitgliedstaaten in einem als Verschlusssache eingestuften Format. Die IT-Instrumente zur Unterstützung dieses Austauschs werden verbessert, was auch die Vorausplanung von Lagerbeständen unterstützen wird.

Um den Informationsaustausch weiter zu stärken, muss die Kommission mehrere Herausforderungen angehen, darunter die Sensibilität der Informationen und das Fehlen umfassender Mechanismen für den Datenaustausch. Die Mitgliedstaaten sind im Hinblick auf den Austausch sensibler Daten aus Sicherheitsgründen zurückhaltend, während private Unternehmen aus Wettbewerbsgründen zögern, Bestandsverzeichnisse oder Lieferkettendaten offenzulegen. Darüber hinaus könnten die Unterschiede bei der Vorsorge zwischen den Mitgliedstaaten zu einer Fragmentierung führen, was die Einrichtung einer Bevorratung auf EU-Ebene erschwert. 

Die Verordnung zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren 10 verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Kapazitäten zu melden, die sie haben, um für gesundheitliche Notlagen gerüstet zu sein, einschließlich der Vorkehrungen, die die kontinuierliche Bereitstellung kritischer Dienste und Produkte, wie z B. Vorräte an medizinischen Produkten, gewährleisten sollen. Die Kommission könnte Optionen zur Verschärfung der Berichtspflichten prüfen.

2.BESCHAFFUNG FÜR DIE ZUKUNFT: EIN FLEXIBLER UND BELASTBARER ANSATZ FÜR DIE EINRICHTUNG DER BEVORRATUNG

Die Vorsorge und Reaktion der EU auf gesundheitliche Notlagen kann auch durch die Verfeinerung der Beschaffungsstrategien für Vorräte an medizinischen Gegenmaßnahmen verbessert werden, wobei zentralisierte Beschaffungen und die Bevorratung von unfertigen Produkten, nicht in der EU zugelassenen Arzneimitteln und Prüfpräparaten Vorrang erhalten, um Flexibilität, Resilienz und strategische Autonomie zu gewährleisten.

Haushaltsvollzugsarten wirken sich unmittelbar auf die Wirksamkeit, Effizienz und Nachhaltigkeit der Bevorratung medizinischer Gegenmaßnahmen aus und machen sie zu einer kritischen Komponente der Vorsorge- und Reaktionsstrategien. Mit Blick auf die Zukunft ist die Kommission entschlossen, die Beschaffungsstrategien für die EU-Vorräte an medizinischen Gegenmaßnahmen zu verfeinern und voranzubringen, um deren Wirkung zu maximieren. 

2.1.Stärkere Koordinierungsrolle der Kommission

Bislang hat die Kommission EU-Vorräte an medizinischen Gegenmaßnahmen in Form von Finanzhilfen geschaffen, wobei die Mitgliedstaaten Finanzhilfeempfänger werden und als Eigentümer der Vorräte für den Erwerb, die Verwaltung und den Einsatz der Vorräte verantwortlich sind. Der Vorteil dieser Form der Finanzhilfe besteht darin, dass sie eine umfassende Regelung ermöglicht, bei der alle Aspekte des Prozesses, vom Kauf bis zur Bereitstellung, im Rahmen einer einzigen Vereinbarung verwaltet werden.

Gleichzeitig besteht das Risiko, dass sich verschiedene, für den Erwerb zuständige Finanzhilfeempfänger an ein und dasselbe Unternehmen wenden, was zu einem Nachfrageschub führt, den besagtes Unternehmen ggf. nur schwer befriedigen kann, was wiederum zu Lieferverzögerungen, höheren Preisen oder Lieferausfällen führt.

Durch eine bessere Koordinierung der Pläne für die Beschaffung medizinischer Gegenmaßnahmen und einen besseren Überblick über die Nachfrage können die Lagerhalter den Einkauf medizinischer Gegenmaßnahmen optimieren, Ineffizienzen verringern und eine zuverlässigere Lieferkette gewährleisten.

2.2.Beschaffung unfertiger Produkte

Die Bevorratung unfertiger Produkte würde sicherstellen, dass die gelagerten Arzneimittel für eine langfristige Lagerung geeignet und auf den jeweiligen Notfall abgestimmt sind. Sie würde eine flexiblere Reaktion ermöglichen, da bei Bedarf mehr Endprodukte hergestellt werden können. Darüber hinaus könnte die Resilienz und strategische Autonomie der EU gestärkt werden, wenn alle Prozesse innerhalb der Lieferkette in der EU stattfinden. Damit die Produktionskapazität ausgebaut werden kann, müssen neuartige pharmazeutische Wirkstoffe, Hilfsstoffe, Verpackungen und Herstellungsanlagen vorhanden sein.

Die Prüfung verschiedener Optionen in den verschiedenen Produktionsstufen kann auch dazu beitragen, die Haltbarkeitsdauer zu verlängern, da bestimmte „Vorprodukte“ im Vergleich zum fertigen Produkt oft stabiler sind. Beispiele für verschiedene unfertige Produkte sind:    

·Bevorratung von Rohstoffen, Hilfsstoffen, pharmazeutischen Wirkstoffen (APIs) und deren Zwischenprodukten, falls der Notfall länger andauert.

·Unverpackte Bevorratung, z. B. für Impfstoffe, wobei Fläschchen im Bedarfsfall schnell abgefüllt werden.  

·Lyophilisierung, d. h. Gefriertrocknung eines Produkts, häufig geeignet für Impfstoffe. 

Die Verwaltung dieser Bestände erfordert jedoch besondere Vorkehrungen, z. B. hinsichtlich Transport, Herstellungskapazitäten, Zugang zu zusätzlichen Inhaltsstoffen usw. Es ist daher wichtig, den Verwendungszweck solcher Vorräte an Inhaltsstoffen zu ermitteln.

Derzeit ist es angesichts der Notwendigkeit einer raschen Verteilung nicht möglich, unfertige Produkte im Rahmen von rescEU zu lagern.

Es zeichnet sich ein innovativer Ansatz für die Bevorratung ab, bei dem die langfristige Lagerung von Wirkstoffen mit flexiblen, kontinuierlichen Herstellungsprozessen zur Produktion fertiger Dosisformen kombiniert wird. Dieses neue Konzept hat das Potenzial, das Bevorratungssystem der EU zu verändern und es kosteneffizienter und weniger verschwenderisch zu machen und seine Reaktionsfähigkeit bei gesundheitlichen Notlagen zu verbessern.

Durch die Lagerung von APIs unter optimalen Bedingungen ist es möglich, ihre physikalische und chemische Stabilität je nach Inhaltsstoff für bis zu 20 Jahre zu erhalten. Zusammen mit einer kompakten, modularen und flexiblen kontinuierlichen Fertigungsplattform ermöglicht dieser Ansatz die rasche Herstellung medizinischer Gegenmaßnahmen im Fall neu auftretender Gesundheitsgefahren. Dieses dezentrale Netzwerk kann in der gesamten EU aufgebaut werden und bietet eine widerstandsfähige und anpassungsfähige Herstellungskapazität, die bei Bedarf rasch ausgebaut oder verringert werden kann. Dieser Ansatz bringt zahlreiche Vorteile mit sich, z. B. Kosteneinsparungen, größere Flexibilität, bessere Nachhaltigkeit und größere Resilienz.

Diese Maßnahme könnte auf Folgendes abgestimmt werden:

·EU FAB, um der EU eine Reserve für Herstellungskapazitäten über Impfstoffe hinaus zur Verfügung zu stellen und die Infrastruktur mit einem Aktivierungssystem im Rahmen der Notfallrahmenverordnung auszustatten.

·Zivil-militärische Interaktionen, um eine Infrastruktur bereitzustellen, die in der Lage ist, auf eine Reihe von Bedrohungen zu reagieren.

2.3.Beschaffung von nicht in der EU zugelassenen Arzneimitteln und Prüfpräparaten

Die derzeitige EU-Gesetzgebung enthält keine Bestimmungen zur Bevorratung von Prüfpräparaten 11 und medizinischen Gegenmaßnahmen, für die keine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder keine Empfehlung der EMA oder eines Mitgliedstaates für den „Compassionate Use“ oder die Notfallanwendung vorliegt 12 .

Ohne diese Vorräte besteht die Gefahr, dass die entsprechenden Produkte im Falle einer Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder im Falle von Hochrisikoereignissen im Zusammenhang mit chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Bedrohungen nicht verfügbar sind.

Trotz des potenziellen strategischen Werts solcher medizinischer Gegenmaßnahmen kann die fehlende Zulassung in der EU auf Faktoren wie einen begrenzten oder unvorhersehbaren Markt, hohe Produktionskosten oder aufwendige Verpflichtungen nach dem Inverkehrbringen zurückzuführen sein.

Das verhindert auch, dass nicht zugelassene Produkte, die häufig gerade klinisch geprüft werden, bei Ausbrüchen kurzfristig eingesetzt werden, wo sie ebenso klinische Prüfungen erleichtern und letztlich die künftige Zulassung dringend benötigter medizinischer Gegenmaßnahmen, wie z. B. gegen hämorrhagisches Fieber, unterstützen könnten.

Zwar wird unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitssicherheit und aus Reputationsgründen dringend empfohlen, in der EU zugelassene Arzneimittel zu lagern (und daher ist es wichtig, den Entwicklern Anreize zu bieten, sich vor der Lagerung der Gegenmaßnahmen eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu beschaffen), doch kann es sein, dass dies bei einigen Gesundheitsgefahren eventuell nicht möglich ist.

Um diese Lücke zu schließen, hat die Kommission bei der Überarbeitung der Arzneimittelvorschriften neue Instrumente wie eine befristete Notfall-Genehmigung für das Inverkehrbringen vorgeschlagen, um die Zulassung medizinischer Gegenmaßnahmen in der EU weiter zu erleichtern, und wird die Umsetzung der Flexibilitätsregelungen, die sich aus den derzeitigen und künftigen Rechtsvorschriften ergeben, fördern.

Bei Prüfpräparaten wird die Kommission auch prüfen, wie es möglich sein könnte, Bestände an medizinischen Gegenmaßnahmen, die ein strategisches Interesse im Hinblick auf neu auftretende Bedrohungen darstellen, durch die Finanzierung ihrer Forschung und Entwicklung zu sichern.

3.STÄRKUNG DER RESILIENZ DURCH EINE NACHHALTIGE UND PROAKTIVE VERWALTUNG DER LAGERBESTÄNDE

Die Verbesserung der EU-Notfallvorsorge und -reaktion kann durch die Schaffung eines zentralisierten, nachhaltigen und kosteneffizienten Rahmens für die Verwaltung von Vorräten an medizinischen Gegenmaßnahmen weiter vorangebracht werden. Mit diesem Rahmen werden IT-Tools für die Echtzeitverfolgung eingebunden, Programme zur Verlängerung der Haltbarkeitsdauer umgesetzt und wird die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten gefördert, um operative Effizienz und proaktive Krisenbereitschaft zu gewährleisten.

Eine gute Verwaltung der Lagerbestände stärkt die Nachhaltigkeit und die Kosteneffizienz der gelagerten Güter. Es sollten gemeinsame Grundsätze und eine klare Governance für die Verwaltung von Lagerbeständen medizinischer Gegenmaßnahmen in der gesamten EU festgelegt werden, um die Kohärenz zu gewährleisten und die Effizienz und die Sicherheit der Vorräte zu erhöhen.

So müssen die Bestände an medizinischen Gegenmaßnahmen unter strengen regulatorischen Kontrollen betrieben und verwaltet werden, was ein hohes Maß an Aufsicht erfordert, um die vollständige Einhaltung des Arzneimittelrechts und der guten Verwaltungspraxis zu gewährleisten. Darüber hinaus muss auf die spezifische Verwaltung der Bestände geachtet werden, z. B. die Verwaltung der Haltbarkeitsdauer, die besonderen Lagerbedingungen, die Interoperabilität der Güter, die Kennzeichnung, die Verpackung, die Rotation und die Abfallbewirtschaftung, ohne dabei das Sicherheitsmanagement in Bezug auf die Vorräte zu vernachlässigen. Daher erfordert die Verwaltung der Bestände an medizinischen Gegenmaßnahmen eine andere Art von Expertise als im Fall nicht medizinischer Vorräte.

Die derzeitige Verwaltung der Vorräte, bei der verschiedene Finanzhilfeempfänger unabhängig voneinander agieren, führt zu unterschiedlichen Ansätzen, was sich sowohl auf die Zusammensetzung als auch auf die Verwaltung und den Einsatz der Vorräte auswirken kann. So sind die Finanzhilfeempfänger zwar in vollem Umfang für die Lagerhäuser verantwortlich, verfolgen aber unterschiedliche Ansätze bei der Verwaltung der Vorräte, an denen verschiedene Akteure beteiligt sind, wie z. B. öffentlich-private Partnerschaften, Partnerschaften mit verschiedenen nationalen Behörden und Einrichtungen, Partnerschaften mit dem Militär, dem Katastrophenschutz und anderen Akteuren.

3.1.Informationsaustausch

Für die Verwaltung der rescEU-Bestände benötigt die Kommission in jeder Phase des Prozesses einen umfassenden Überblick über alle Güter. Dies umfasst die Güter, die noch beschafft werden müssen, sowie solche, für die derzeit ein Beschaffungsverfahren läuft. Der Überblick über alle Güter sollte in einer gesicherten Datenbank gespeichert werden. Voraussetzung hierfür sind effektive IT-Tools zur Verwaltung der Lagerbestände. Sie sind unerlässlich, wenn es darum geht, die Genauigkeit und die Echtzeitverfolgung der Bestände zu gewährleisten und Verschwendung und Überbevorratung zu vermeiden. Der Zugang zu präzisen Daten und Analysen verbessert die Entscheidungsfindung, vor allem in der Zeit des Einsatzes. Insgesamt sind IT-Instrumente für die Verwaltung von Lagerbeständen von wesentlicher Bedeutung, um die operative Effizienz aufrechtzuerhalten, die Kosten zu senken und die Fähigkeit zur wirksamen Deckung der Nachfrage zu verbessern. Der Bestandsverwalter sollte die Interoperabilität mit dem Gemeinsamen Kommunikations- und Informationssystem für Notfälle 13 (CECIS 2.0) sicherstellen, das Vorräte, Haltbarkeitsdauer, frühzeitige Anzeige des Endes der Haltbarkeitsdauer und Beschaffungsplanung integriert, um einen zentralen Überblick über die Entwicklung der Vorräte zu gewährleisten. Auf diese Weise können die Lagerverwalter von einer reaktiven zu einer proaktiven Bestandsverwaltung übergehen.

Der Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zwischen den Bestandsverwaltern ist ebenfalls überaus wichtig. Die Kommission beabsichtigt, ein Netzwerk von Lagerhäusern zu fördern, um Erfahrungen, Leitlinien, den Einsatz von IT-Tools für die Verwaltung auszutauschen und Schulungen zu spezifischen bewährten Verwaltungsverfahren wie Nachhaltigkeitsinstrumenten, Einführung und Nutzung des Netzwerks durchzuführen, um gegebenenfalls Synergien und Verbesserungen zu schaffen.

3.2.Programm zur Verlängerung der Haltbarkeitsdauer

Da ein Vorrat ähnlich wie eine Versicherungspolice funktioniert – man investiert in den Vorrat, um sich zu schützen, in der Hoffnung, dass man ihn nie brauchen wird – werden einige Güter unweigerlich ablaufen und entsorgt werden müssen. Dies ist ein erwarteter Teil der Bestandsverwaltung, und die damit verbundenen Kosten müssen bei der Planung berücksichtigt werden.

Für medizinische Gegenmaßnahmen, die außerhalb eines Notfalls nicht verwendbar sind, wie Antidote und bestimmte Impfstoffe, wird die Kommission mit den Mitgliedstaaten und der Europäischen Arzneimittel-Agentur zusammenarbeiten, um ein Pilotprogramm zur Verlängerung der Haltbarkeitsdauer von medizinischen Gegenmaßnahmen durchzuführen, die sich derzeit in den Lagerbeständen von rescEU befinden und deren Haltbarkeitsdauer abläuft. Die Verlängerung der Haltbarkeitsdauer ausgewählter medizinischer Gegenmaßnahmen ist eine strategische Maßnahme, um die Nachhaltigkeit zu verbessern, Abfälle zu verringern und die Bestandsverwaltung zu optimieren und gleichzeitig sicherzustellen, dass die medizinischen Gegenmaßnahmen weiterhin den Regulierungsstandards entsprechen. Mit einem strukturierten Programm zur Verlängerung der Haltbarkeitsdauer könnten medizinische Gegenmaßnahmen auch über ihr ursprüngliches Verfallsdatum hinaus nutzbar bleiben, sofern sie einer strengen wissenschaftlichen Prüfung und regulatorischen Aufsicht unterzogen werden. Diese Initiative, die außerhalb von Krisenzeiten durchgeführt wird, stellt sicher, dass kosteneffiziente Bevorratungspraktiken eine kontinuierliche Notfallvorsorge unterstützen. Die Kommission hat bereits mit einer solchen Zusammenarbeit für die derzeitigen rescEU-Finanzhilfen begonnen.

3.3.Andere nachhaltige Ansätze für die Verwaltung von Lagerbeständen

In Anbetracht der besonderen Anforderungen an medizinische Gegenmaßnahmen, wie z. B. Haltbarkeit und Lagerungsbedingungen, ist die Nachhaltigkeit ein entscheidender Aspekt. Nähert sich das Verfallsdatum einer medizinischen Gegenmaßnahme dem Jahr, in dem sie abläuft, und kann ihre Haltbarkeit nicht verlängert werden, muss der Lagerverwalter verschiedene Ansätze zur Nachhaltigkeit in Betracht ziehen.

Der nachhaltigste Weg wäre eine Bestandsrotation, d. h. wenn das Ende der Haltbarkeit eines regelmäßig verwendeten Produkts naht, wird es über die normale Lieferkette mit Produkten mit längerer Haltbarkeit aufgefüllt. Dieses Nachhaltigkeitsinstrument ist in der derzeitigen Praxis möglich, und die Verfahren sind in den Finanzhilfen vorab festgelegt und vereinbart, um Abfälle zu vermeiden und die Frische der Bestände zu erhalten. Die Anwendung dieses Instruments hängt von rechtlichen Aspekten ab, wie z. B. der nationalen Genehmigung für das Inverkehrbringen der spezifischen Vorratsformulierung und der Art und Weise, wie die nationale Beschaffung des spezifischen Guts geregelt ist. Darüber hinaus hängt sie auch von der Größe der EU-Lagerbestände ab, die größer sein könnten als die jährliche Verwendung des Routineprodukts auf nationaler Ebene. Daher ist es entscheidend, die Nachhaltigkeit nicht nur bei der Lagerverwaltung zu berücksichtigen, sondern auch bei allen anderen Aspekten des Prozesses, einschließlich der Beschaffung.

Bei Routineprodukten mit kurzer Haltbarkeitsdauer oder bei persönlicher Schutzausrüstung, die sowohl sperrig zu lagern als auch zu entsorgen ist, besteht eine praktikable Möglichkeit darin, diese medizinischen Gegenmaßnahmen durch Verträge mit einem bestimmten Hersteller zu beschaffen und sie beim Hersteller zu lagern. Bei dieser als Vendor Managed Inventory (lieferantengesteuerter Bestand) bezeichneten Regelung handelt es sich um eine strategische Reserve einer vordefinierten Menge ausgewählter medizinischer Gegenmaßnahmen. Mit Vendor Managed Inventory lassen sich mehrere wichtige Ziele erreichen:     

·Gewährleistung des schnellen Zugangs zu spezifischen medizinischen Gegenmaßnahmen und ihrer raschen Verfügbarkeit, falls erforderlich rund um die Uhr.

·Das Produkt wird in voller Übereinstimmung mit den rechtlichen Anforderungen im Lager eines Herstellers gelagert und durch die üblichen Vertriebsverfahren des Herstellers durchgetauscht, sodass das Produkt nie veraltet ist und nicht ersetzt werden muss. 

·Keine Wiederbeschaffungs- und Vernichtungskosten. 

·Es vereinfacht die Rotation für die Routineprodukte, die als Sicherheitsnetz dienen.

Allerdings müsste der Hersteller über Räumlichkeiten in der EU verfügen, und es gibt nur wenige Hersteller, die Lagerkapazitäten zur Verfügung stellen können. In den Finanzhilfevereinbarungen besteht für den Finanzhilfeempfänger die Möglichkeit, ein Vendor Managed Inventory einzurichten, solange er Eigentümer des Produkts bleibt.

Wenn eine nationale Rotation nicht möglich ist, kann gemäß Artikel 36 des Durchführungsbeschlusses zum Katastrophenschutzverfahren der Union die Zustimmung zu einer Spende (ohne Aktivierung des Katastrophenschutzverfahrens der Union) eingeholt werden 14 . In einem solchen Fall bleiben die Logistikkosten ein zu bestimmender Faktor.

Die Gewährleistung der Sicherheit der Bestände an ihrem Standort und während des Transports ist ein weiteres wichtiges Element. Bei der Konzeption ihrer Bestände müssen die Lagerverwalter Aspekte wie Zugangskontrolle, Überwachung und Kontrolle, Bestandsverwaltung, physische Sicherheitsmaßnahmen, Cybersicherheit, Brand- und Sicherheitsprotokolle, Szenarienplanung und Notfallplanung berücksichtigen.

4.ERFOLGREICHES BEVORRATEN: GEWÄHRLEISTUNG DES ZEITNAHEN EINSATZES VON UND EINES EU-MINDESTPUFFERS FÜR MEDIZINISCHE GEGENMAẞNAHMEN

Eine wirksame Reaktion kann nur erreicht werden, wenn die rechtzeitige Bereitstellung der medizinischen Gegenmaßnahmen durch resiliente Logistikdienste und die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen sowie die Sicherung von Mindestpuffervorräten auf EU-Ebene gewährleistet wird.

4.1.Instrumente für den Einsatz

Ein zeitnaher und sicherer Einsatz ist für eine wirksame Notfallhilfe und Patientenversorgung ausschlaggebend. 

Für die Einsetzbarkeit von rescEU-Beständen medizinischer Gegenmaßnahmen muss das Katastrophenschutzverfahren der Union aktiviert werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die EU-Ressourcen effizient und nur bei Bedarf ergänzend zu den nationalen Fähigkeiten eingesetzt werden. Nach Eingang eines Hilfeersuchens prüft das Europäische Zentrum der Kommission für die Koordination von Notfallmaßnahmen (ERCC), ob die von den Mitgliedstaaten angebotenen Kapazitäten ausreichen, um eine wirksame Reaktion auf dieses Ersuchen zu gewährleisten. Wenn eine wirksame Reaktion nicht gewährleistet werden kann, entscheidet die Kommission über das ERCC über den Einsatz von rescEU-Kapazitäten 15 nach den im Durchführungsbeschluss (EU) 2025/704 der Kommission festgelegten Kriterien, wie z. B. der operativen Situation in den Mitgliedstaaten und den potenziellen Katastrophenrisiken, sowie nach zusätzlichen Kriterien im Fall kollidierender Hilfeersuchen, wie z. B. Verteilungsschlüssel auf der Grundlage verschiedener Szenarien. Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus früheren Einsätzen wird die Kommission die Eignung der aktuellen Einsatzkriterien analysieren.

Zur Unterstützung des Einsatzes medizinischer Gegenmaßnahmen ist es entscheidend, ein stabiles Verteilungssystem mit schnellen Logistikanbietern durch multimodale Verteilungsmöglichkeiten (Straße, Luft, See und Schiene), einschließlich Temperaturkontrolle, zu gewährleisten. Dies gilt auch für die überseeischen Gebiete und die Gebiete in äußerster Randlage der EU. Es gibt mehrere Optionen für den optimalen Einsatz von Vorräten wie rescEU- oder ReliefEU-Kapazitäten oder eine Vereinbarung mit dem Unternehmen, das die medizinischen Gegenmaßnahmen bereitstellt. Außerdem müssen auf nationaler Ebene Pläne für die Bereitstellung, Verteilung und Abgabe ausgearbeitet werden. Die Pläne sollten ausgearbeitet, versuchsweise ausgeführt und überprüft werden, um ihre Wirksamkeit bei schwerwiegenden grenzüberschreitenden Ausbrüchen oder Ereignissen mit schwerwiegenden Auswirkungen sicherzustellen.

Der Einsatz medizinischer Gegenmaßnahmen in Europa unterliegt einer Reihe regulatorischer Vorgaben, die die Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität gewährleisten sollen. Die Erfüllung dieser Vorgaben erfordert eine sorgfältige Planung und Koordinierung zwischen Herstellern, Regulierungsbehörden und Gesundheitsbehörden, um den zeitnahen und effizienten Einsatz medizinischer Gegenmaßnahmen unter Einhaltung der rechtlichen Anforderungen sicherzustellen. Darüber hinaus bringt die Spende von EU-Lagerbeständen an Empfängerländer zusätzliche Herausforderungen mit sich, wie die Einhaltung der Rechtsvorschriften, Zollvorschriften, Haftungsfragen, Rückverfolgbarkeit usw., die zwischen den Interessenträgern vereinbart werden müssen, um die Vorschriftenkonformität und die Wirksamkeit der Spenden sicherzustellen.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, wird die Kommission im Jahr 2025 auf bestehenden Instrumenten und Ressourcen aufbauen, z. B. auf Musterverträgen, in denen Erwägungen zum Thema Spenden ausgeführt sind. Diese Herausforderungen gelten auch für Spenden nationaler Lagerbestände, weshalb sich die Kommission bei der Spende von Mpox-Impfstoffen stark in koordinierender Funktion eingebracht hat, um die Solidarität der EU in Zeiten globaler Gesundheitsgefahren zu unterstützen. Die aus dieser wertvollen Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse werden in die Instrumente einfließen.

Die Kommission wird die Mitgliedstaaten auch weiterhin dabei unterstützen, den Einsatz medizinischer Gegenmaßnahmen in umfassende Notfallschulungen zu integrieren.

4.2.EU-Mindestpuffer

Das Katastrophenschutzverfahren der Union hat eine große Reichweite und erstreckt sich auf die 27 EU-Mitgliedstaaten und zehn Teilnehmerstaaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Island, Moldau, Montenegro, Nordmazedonien, Norwegen, Serbien, die Türkei und die Ukraine). Die rescEU-Bestände können in Krisenzeiten, auch aus Gründen der humanitären Hilfe, angefordert werden, was dazu führen kann, dass Bestände auch außerhalb dieser Länder eingesetzt werden.

Medizinische Gegenmaßnahmen sind oft sehr viel kostspieliger als nicht medizinische Güter, und die Vorlaufzeit für die Bestandsaufstockung eines medizinischen Produkts kann sehr viel länger sein als bei einem nicht medizinischen Produkt. Dies macht die Wiederauffüllung der medizinischen Gegenmaßnahmen im Rahmen von rescEU schwieriger, und das Problem wird durch die Beschränkungen der derzeitigen Finanzierungsströme für die Auffüllung noch verschärft. Medizinische Gegenmaßnahmen sind nur dann jederzeit einsatzbereit, wenn in den Lagern Vorräte für die Pandemievorsorge und -reaktion sowie für CBRN-Bedrohungen innerhalb der EU vorhanden sind. Die Möglichkeit einer Wiederauffüllung nach dem Einsatz wird bei der Vorbereitung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens geprüft werden.

Um ein Gleichgewicht zwischen der optimalen Nutzung der EU-Vorräte und dem Grad der Vorsorge der EU zu finden, sollen bei künftigen Beschaffungen Sicherheitsmargen in Form eines EU-Mindestpuffers geschaffen werden. Mit diesem Puffer soll sichergestellt werden, dass ein Teil der Lagerbestände im Notfall auf EU-Ebene verfügbar bleibt. Die optimale Nutzung der EU-Bestände in diesem Zusammenhang kann nicht isoliert von nationalen Lagerbeständen, deren Verfügbarkeit und Verwendung gesehen werden und hängt von einem verstärkten sicheren Informationsaustausch und Transparenz über die nationalen Bestände, auch in Echtzeit, ab.

(1) Während die Corona- und die Orthomyxoviridae-Familie diese Kategorie mit ihrem gut dokumentierten Pandemiepotenzial prägen, weisen die anderen Virusfamilien in dieser Kategorie in der Regel eher ein Epidemie- als ein Pandemiepotenzial auf, was sich vor allem durch Unterschiede in der Übertragungsdynamik erklärt.
(2)   Safer together: A path towards a fully prepared Union – Europäische Kommission .
(3) Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Europäische Strategie für eine Union der Krisenvorsorge (JOIN(2025) 130 final vom 26.3.2025.
(4) EU-Bevorratungsstrategie COM(2025) 528.
(5) Im Einklang mit Artikel 222 AEUV.
(6)  Zum Vergleich: Die USA haben zwischen 2014 und 2024 jährlich zwischen 534 und 995 Mio. USD in ihren strategischen nationalen Vorrat an medizinischen Gegenmaßnahmen und zusätzlich zwischen 225 und 830 Mio. USD pro Jahr in ihr Bioshield-Projekt investiert, das ihnen auch die Beschaffung von Gegenmaßnahmen ermöglicht, die noch nicht auf dem Markt sind, sich aber schon in Entwicklung befinden ( The Strategic National Stockpile: Overview and Issues for Congress | Congress.gov | Library of Congress ) .
(7)   Register der Expertengruppen der Kommission und anderer ähnlicher Einrichtungen Background paper for the HERA Board – common strategic approach to stockpiling – endgültige Fassung.
(8) Dazu gehört auch die Prüfung der Vorsorge für bewaffnete Konflikte, wie in Abschnitt 5.2 der EU-Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen hervorgehoben wird.
(9) Wie in Abschnitt 2.1 der Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen dargelegt.
(10) Verordnung (EU) 2022/2371 vom 22. Dezember 2022 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren. 
(11) Eine pharmazeutische Form eines Wirkstoffs, der in einer klinischen Prüfung getestet oder als Referenz verwendet wird.
(12) Anhang vi zu https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX%3A32020D0414.
(13) CECIS ist eine webbasierte Warn- und Benachrichtigungsanwendung, die einen Informationsaustausch in Echtzeit ermöglicht.
(14) Durchführungsbeschluss (EU) 2025/704 der Kommission vom 10. April 2025 zur Festlegung von Vorschriften für die Durchführung des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Katastrophenschutzverfahren der Union.
(15)  Im Einklang mit dem Verfahren nach Artikel 12 Absatz 6 des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU.
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