EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 21.2.2023
COM(2023) 99 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
Zwei Jahre Aufbau- und Resilienzfazilität:
Ein einzigartiges Instrument im Zentrum des ökologischen und digitalen Wandels in Europa
Zwei Jahre Aufbau- und Resilienzfazilität:
Ein einzigartiges Instrument im Zentrum des ökologischen und digitalen Wandels in Europa
Anlässlich des zweiten Jahrestags des Inkrafttretens der Verordnung zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) sollte erörtert werden, was mit diesem beispiellosen Instrument bereits erreicht wurde und wo die Herausforderungen liegen. Die ARF wurde während der COVID-19-Pandemie geschaffen, um die Erholung der Mitgliedstaaten zu beschleunigen und sie bei der Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit zu unterstützen. Sie bildet das Herzstück des mit 800 Mrd. EUR ausgestatteten europäischen Aufbauplans NextGenerationEU und wirkt als schlagkräftiges Instrument zur Unterstützung eines zügigen und ehrgeizigen ökologischen und digitalen Wandels in Europa. Ihre Umsetzung erfolgt allerdings in einem sich ständig wandelnden Kontext, der durch den grundlosen Einmarsch Russlands in die Ukraine, hohe Inflation und eine Energiekrise geprägt ist.
Europas Bemühungen, diese neuen Herausforderungen in dem sich wandelnden geopolitischen Umfeld zu bewältigen, werden nach wie vor in erster Linie von der ARF getragen. Um sicherzustellen, dass die ARF weiterhin erfolgreich umgesetzt werden kann, sollten wir nun die in den letzten beiden Jahren gesammelten Erfahrungen auswerten.
In dieser Mitteilung wird der Umsetzungsstand der Fazilität beleuchtet, dargelegt, welche weiteren Schritte für ihre erfolgreiche Umsetzung in den kommenden Jahren zu treffen sind, und erläutert, welche Methode zur Anwendung kommt, wenn eine Zahlung ausgesetzt werden muss.
1.Zwei Jahre Aufbau- und Resilienzfazilität: ein innovatives, erfolgreiches Krisenreaktionsinstrument
1.1 Die einzigartige Gestaltung der Aufbau- und Resilienzfazilität
Die ARF ist das Herzstück des mit 800 Mrd. EUR ausgestatteten europäischen Aufbauplans NextGenerationEU und damit ein Hauptbestandteil der Reaktion Europas auf die COVID-19-Krise. Die Fazilität wurde eingerichtet, um zunächst die unmittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie abzufedern und dann längerfristig die Erholung der EU zu unterstützen, indem die europäischen Volkswirtschaften und Gesellschaften so umgestaltet werden, dass sie nachhaltiger, widerstandsfähiger und besser für künftige Herausforderungen gerüstet sind. Eine gemeinsame wirtschaftliche Reaktion der EU war zudem geboten, um den Binnenmarkt zu schützen und um zu vermeiden, dass sich die wirtschaftlichen Unterschiede in der Union vertiefen.
Die Fazilität ist ein innovatives, leistungsbasiertes Instrument, bei dem Zahlungen direkt an die Mitgliedstaaten geleistet werden, sobald vorab vereinbarte, in den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen festgelegte Reformen und Investitionen durchgeführt wurden. Die Auszahlung der Mittel erfolgt also nur, soweit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Fortschritte bei der Durchführung der Reformen und Investitionen verzeichnen, zu denen sie sich verpflichtet haben. Der ARF liegt eine „Leistungslogik“ zugrunde, bei der Zahlungen von der Erzielung konkreter Ergebnisse abhängig gemacht werden, sodass die Pläne der Mitgliedstaaten zügig und effizient umgesetzt werden müssen. Die Auszahlungen hängen also von der Durchführung der im Voraus vereinbarten Investitionen und Reformen ab und nicht von den letztlich angefallenen Kosten.
Aus der ARF erhalten die Mitgliedstaaten Unterstützung bei der Umsetzung gemeinsam festgelegter politischer Prioritäten, wie beim ökologischen und digitalen Wandel und bei der europäischen Säule sozialer Rechte. Mit der Fazilität werden langfristige Reformen und Investitionen unterstützt, die unmittelbar zum ökologischen und digitalen Wandel, einschließlich des Übergangs zu einer klimaneutralen Industrie, beitragen. Rund 40 % der Gesamtmittel im Rahmen der Aufbau- und Resilienzpläne fließen in Maßnahmen, die die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % senken sollen, und mehr als 25 % in Maßnahmen zur Digitalisierung der europäischen Gesellschaft und Wirtschaft. Ein weiterer Beitrag der ARF zum ökologischen Wandel besteht darin, dass sämtliche Maßnahmen der Pläne dem Grundsatz der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen entsprechen müssen. Dies ist ein wesentliches Element, um die Vereinbarkeit der Fazilität mit den Umweltzielen der EU zu gewährleisten. Für die Gesamtheit der von der Kommission positiv bewerteten und daraufhin vom Rat bewilligten Aufbau- und Resilienzpläne entfallen rund 203 Mrd. EUR auf Ausgaben im Bereich Klima und 131 Mrd. EUR auf Ausgaben im Digitalbereich (etwa 41 % bzw. 26 % der Mittelzuweisungen der Pläne). Zudem werden aus der Fazilität Maßnahmen unterstützt, die zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte und der Union der Gleichheit sowie zur Verwirklichung der Kernziele für 2030 in den Bereichen Beschäftigung, Kompetenzen und Armutsbekämpfung beitragen: Fast 30 % der Mittel der Pläne, d. h. rund 138 Mrd. EUR, sind für Sozialausgaben vorgesehen.
Die Mitgliedstaaten verfügen über Flexibilität bei der Gestaltung und Umsetzung der Maßnahmen entsprechend ihren nationalen Gegebenheiten, wodurch ihre Eigenverantwortung für die Pläne gestärkt wird. Die Etappenziele und Zielwerte können auf die spezifischen Investitionen und Reformen, zu deren Umsetzung sich die Mitgliedstaaten verpflichten, abgestimmt werden. So ist gewährleistet, dass sich die Mitgliedstaaten für deren erfolgreiche Umsetzung einsetzen. Jede Investition und Reform umfasst in der Regel eine Reihe aufeinander aufbauender Etappenziele und Zielwerte, auf deren Grundlage Zahlungsanträge gestellt werden können. Auf diese Weise lassen sich die Fortschritte bei ihrer Umsetzung verfolgen. Im Gegensatz zu den meisten anderen EU-Programmen sind bei der ARF keine Kofinanzierungsanforderungen vorgesehen, sodass die nationalen Haushalte in Zeiten wirtschaftlichen Drucks entlastet werden.
Einer der größten Vorteile der ARF besteht darin, dass die Investitionen mit Reformen einhergehen. Die ARF bietet den Mitgliedstaaten Unterstützung bei der Umsetzung der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen, die der Rat im Rahmen des Europäischen Semesters angenommen hat. So bündelt die ARF den politischen Willen mit den finanziellen Anreizen, die die Mitgliedstaaten benötigen, um noch ausstehende Reformen umzusetzen und neu hinzukommende Reformen in Angriff zu nehmen. Die Durchführung dieser Reformen ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken und die soziale und wirtschaftliche Aufwärtskonvergenz voranzubringen. Reformen sind in der Regel so konzipiert, dass sie die richtigen Rahmenbedingungen für sowohl öffentliche als auch private Investitionen schaffen, Engpässe bei der Inanspruchnahme beseitigen, Ungleichgewichte und Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt angehen und das allgemeine Unternehmensumfeld verbessern. Die Reformen verursachen in der Regel keine hohen Kosten zulasten der Staatshaushalte, müssen aber von den Mitgliedstaaten durchgeführt werden. Durch die Verankerung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne im Zyklus des Europäischen Semesters wird sichergestellt, dass sie relevant bleiben, da Änderungen der Pläne anhand der jüngsten länderspezifischen Empfehlungen bewertet werden.
Die Reformen und Investitionen mit ARF-Unterstützung vervollständigen andere Programme und Instrumente der Union. Die aus der ARF geförderten Investitionen stellen eine Ergänzung zur Umsetzung der kohäsionspolitischen Fonds dar. Ferner erleichtern die im Rahmen der ARF durchgeführten Reformen Investitionen in kohäsionspolitische Programme. Die ARF-Investitionen und -Reformen bieten den Mitgliedstaaten zudem eine kohärente Unterstützung für die Verwirklichung der Ziele anderer Instrumente wie der nationalen Energie- und Klimapläne und der territorialen Pläne für einen gerechten Übergang.
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Die beispiellose Agenda der bereits auf den Weg gebrachten ARF-Reformen und -Investitionen
Die ARF hat in einer Vielzahl von Politikbereichen wichtige Reformen ermöglicht. Bei mehr als einem Drittel aller in den 27 Aufbau- und Resilienzplänen vorgesehenen Maßnahmen handelt es sich um Reformen (rund 2187 Reformen gegenüber 3780 Investitionen). Diese Reformen machen die Mitgliedstaaten nicht nur langfristig widerstandsfähiger, sondern verbessern auch die Bedingungen für eine erfolgreiche Durchführung der entsprechenden Investitionen im Rahmen der ARF und der Kohäsionsfonds, beispielsweise durch die Modernisierung der Regelungsrahmen wichtiger Sektoren (Digitalisierung, erneuerbare Energien, Verkehr), die Verbesserung der Genehmigungsverfahren und der Verfahren für die Vergabe öffentlicher Aufträge sowie die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der Korruptionsbekämpfung.
Zu den bereits verabschiedeten Leitreformen gehören:
-Reformen zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung (Slowakei) und zur Gewährleistung der Cybersicherheit (Rumänien)
-Reformen der Zivil- und Strafjustiz mit dem Ziel, ihre Effizienz zu erhöhen, indem die Verfahrensdauer verkürzt und die Organisation der Gerichte verbessert wird (Italien, Spanien)
-Arbeitsmarktreformen und Modernisierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik (Spanien)
-Reformen zur Verbesserung der Beschäftigung und des Sozialschutzes (Kroatien)
-Reformen zur Förderung wissenschaftlicher Exzellenz und zur Verbesserung der Leistung von Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen (Slowakei) sowie zur Verbesserung der Berechenbarkeit und Stabilität der staatlichen Fördermittel für die Forschung (Portugal)
-Reformen zur Korruptionsbekämpfung und zum Schutz von Hinweisgebern (Zypern)
-Reformen zur Förderung von Investitionen in erneuerbare Offshore-Energie durch Vereinfachung der Genehmigungsverfahren oder auch zur Schaffung der Bedingungen für die Nutzung von erneuerbarem Wasserstoff (Griechenland, Portugal, Spanien)
-Reformen für den Ausbau erneuerbarer Energien und zur Förderung der Verkehrswende (Kroatien, Rumänien)
-Reformen zur Verbesserung der Qualität des Gesetzgebungsverfahrens (Bulgarien)
-Reform zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum (Lettland)
Zu den größten Investitionen, bei denen wichtige Schritte schon abgeschlossen sind, gehören:
-Investitionen zur Förderung der Dekarbonisierung und Energieeffizienz der Industrie (Kroatien 91 Mio. EUR, Frankreich 1,4 Mrd. EUR)
-Anschaffung von 600 000 neuen Laptops, die Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern leihweise zur Verfügung gestellt werden, und Auswahl von digitalen Innovationszentren, die Unternehmen bei der Digitalisierung Hilfe leisten sollen (Portugal 600 Mio. EUR)
-Mittel zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im Tourismussektor, darunter 4000 KMU (Italien, 1,9 Mrd. EUR)
-Investitionen zur Unterstützung Bedürftiger (Italien, 1 Mrd. EUR)
-Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung mit dem Ziel, einfache, inklusive und sichere öffentliche Digitaldienste für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen bereitzustellen (Portugal, 170 Mio. EUR)
-Ausbau der Breitbandinfrastruktur (Lettland, 4 Mio. EUR)
-Investitionsplan für Hightech-Ausrüstung im nationalen Gesundheitssystem (Spanien, 796 Mio. EUR)
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1.2. Erholung von der Pandemie und Entwicklung der künftigen Widerstandsfähigkeit der EU
Dank ihrer einzigartigen Gestaltung bietet die ARF den Mitgliedstaaten rasch erhebliche finanzielle Unterstützung zur Stärkung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Resilienz. Die Umsetzung der ARF ist mittlerweile in vollem Gange: Alle nationalen Pläne sind aufgestellt, 16 Zahlungsanträge wurden bereits vollständig bearbeitet, 3 weitere wurden bereits positiv bewertet und für 8 ist die Bewertung noch nicht abgeschlossen. Bislang hat die Kommission im Rahmen der Fazilität insgesamt über 144 Mrd. EUR ausgezahlt, davon 96 Mrd. EUR an Zuschüssen und 48 Mrd. EUR an Darlehen. In diesen Zahlen sind auch die Vorfinanzierungen enthalten, die 2021 an die Mitgliedstaaten ausgezahlt wurden (56,5 Mrd. EUR). Die Vorfinanzierungen haben die Mitgliedstaaten schnell und direkt finanziell entlastet, was nach dem beispiellosen wirtschaftlichen und sozialen Schock der COVID-19-Pandemie zur Stabilisierung beigetragen hat, sodass der Wirtschaftsmotor wieder in Gang kommen konnte. Die zusätzlichen Vorfinanzierungen, die die gesetzgebenden Organe im Rahmen von REPowerEU vereinbart haben, dienen demselben Zweck.
Die ARF hat bereits spürbare Auswirkungen auf den Umfang der Investitionen und auf die Qualität der Investitionen und Reformen. Die EU-Wirtschaft schloss im Sommer 2021 wieder zu ihrem Produktionsniveau von vor der Pandemie auf, was durch die beispiellose koordinierte Reaktion auf die COVID-19-Pandemie, insbesondere auch im Rahmen von NextGenerationEU, unterstützt wurde. Den Prognosen nach ist das BIP der EU 2022 um 3,5 % gewachsen und die Arbeitslosenquote bis Dezember auf ein Allzeittief von 6,1 % gesunken, wenngleich der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zusätzliche Schockwellen ausgelöst hat. Die ARF-Auszahlungen und die Umsetzung dürften 2023 ihren Höhepunkt erreichen und der öffentlichen und privaten Investitionstätigkeit sowie den Reformen Rückenwind geben. Im Verhältnis zum BIP werden sich die öffentlichen Investitionen den Projektionen zufolge von 3,0 % im Jahr 2019 auf 3,4 % des BIP im Jahr 2023 erhöhen. Dieser Anstieg von 2019 bis 2023 wird zur Hälfte durch EU- und ARF-Mittel unterstützt. Zugleich kommen die Strukturreformen zur Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Europäischen Semesters in den Mitgliedstaaten in ungekanntem Maße voran.
Das Transformationsvermögen der Investitionen und Reformen im Rahmen der ARF dürfte die Wirtschaftstätigkeit der EU unterstützen und ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen. Nach Schätzungen der Kommission könnten sie sich mittelfristig dahin gehend auswirken, dass die aus NextGenerationEU finanzierten Investitionen das BIP der EU im Jahr 2024 um rund 1,5 % steigern und die Schaffung von Arbeitsplätzen beflügeln. Die Umsetzung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne bringt positive Spillover-Effekte für den Binnenmarkt mit sich: Den Simulationen der Kommission zufolge profitieren alle Mitgliedstaaten dank der steigenden Nachfrage in der integrierten EU-Wirtschaft von erheblichen grenzüberschreitenden Ausstrahlungseffekten. Die Wachstumseffekte gemeinsamer Maßnahmen sind größer als die Summe der Auswirkungen einzelner Maßnahmen im Rahmen der nationalen Pläne der Mitgliedstaaten.
Die ARF-Finanzierung hat dazu beigetragen, dass die EU zu einem der größten Emittenten von Euro-Anleihen geworden ist. Beflügelt durch den ARF-Finanzierungsbedarf, erreichten die Bruttoemissionen der EU an langfristigen Instrumenten im Jahr 2022 119 Mrd. EUR. Die jüngsten Veränderungen der Anleihemarktbedingungen haben nichts am starken Marktzugang der EU geändert; dank des ausgezeichneten Ratings der EU und des einheitlichen Finanzierungskonzepts der Kommission kann die Kommission die Mittel zu günstigen Konditionen aufnehmen und die Kosten der damit verbundenen Schulden möglichst gering halten.
Die EU ist dabei, zum größten Emittent grüner Anleihen der Welt zu werden. Zwischen Oktober 2021 und Dezember 2022 gab die Kommission grüne Anleihen in Höhe von 36,5 Mrd. EUR aus, um im Rahmen der ARF förderfähige Umweltausgaben zu unterstützen; dies zeigt, in welchem Maße sich die EU für den ökologischen Wandel und die Förderung eines nachhaltigen Finanzwesens einsetzt. Um den Investoren gegenüber für größtmögliche Transparenz zu sorgen, hat die Kommission im Dezember 2022 ihr Dashboard für grüne Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU sowie ihren ersten Erlösverwendungsbericht veröffentlicht.
2.Schnellere Umsetzung der ARF: ein COVID-19-Kriseninstrument als Wegbereiter der Klimaneutralität
2.1. Die ARF als agiles Kriseninstrument: REPowerEU für eine klimaneutrale Union
Am zweiten Jahrestag der ARF jährt sich auch der Beginn der grundlosen militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine. Als die Erholung von den tiefgreifenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in den Mitgliedstaaten schon eingesetzt hatte, gerieten die Lieferketten und die globalen Energie- und Nahrungsmittelmärkte durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erneut unter Druck, was die Inflation in die Höhe getrieben und Belastungen für die Haushalte und Unternehmen mit sich gebracht hat.
Mit dem im Mai 2022 als Reaktion der EU auf die globale Energiekrise vorgelegten REPowerEU-Plan wurde anerkannt, dass die ARF zum Ziel sicherer, bezahlbarer und grüner Energie beitragen kann. Im Rahmen von REPowerEU wird die ARF die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, zusätzliche Reformen und Investitionen vorzuschlagen, um die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen aus Russland rasch zu beenden, die Energiewende schneller voranzutreiben, Arbeitskräfte mit neuen Kompetenzen auszustatten und gegen Energiearmut vorzugehen. Diese neuen oder erweiterten Maßnahmen, die in eigene REPowerEU-Kapitel aufgenommen werden sollen, kommen zu der schon jetzt ambitionierten grünen Agenda der bestehenden Aufbau- und Resilienzpläne noch hinzu, die heute bereits die Förderung ökologischer Prioritäten wie der Kreislaufwirtschaft beinhalten.
Im EU-Industrieplan zum Grünen Deal wird klargestellt, dass sowohl die ARF als auch REPowerEU bei den Plänen der Union, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im Bereich klimaneutraler Technologien zu verbessern und den raschen Übergang zur Klimaneutralität zu unterstützen, eine zentrale Rolle spielen. Die durch die Umsetzung der ARF ausgelösten Reformen, insbesondere auch für schnellere Genehmigungsverfahren, werden für die Klimawende nötige Investitionen ermöglichen, insbesondere auch aus der Privatwirtschaft. Außerdem werden den Mitgliedstaaten ARF-Mittel zur Verfügung stehen, um weitere Maßnahmen zu finanzieren, die den Ausbau und die industrielle Fertigung CO2-neutraler Technologien in Europa fördern, das Bildungs- und Kompetenzangebot mit Blick auf den ökologischen und digitalen Wandel für alle Menschen erweitern, europäische Industrieprojekte im Bereich der Klimaneutralität und die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze unterstützen, FuI-Anreize für neue CO2- neutrale bahnbrechende Technologien schaffen und die Industrie angesichts hoher Energiepreise, insbesondere auch durch Steuererleichterungen, entlasten. Da auch große Summen an privatem Kapital erforderlich sein werden, ist die Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion, mit der tiefe und integrierte Kapitalmärkte in der EU sichergestellt werden, eine unerlässliche Ergänzung zur ARF.
Um den Wettbewerbsvorsprung Europas auszubauen, wurde die finanzielle Schlagkraft der ARF mit REPowerEU erhöht. Um REPowerEU-Ziele zu fördern, werden den Mitgliedstaaten aus dem EU-Emissionshandelssystem finanzierte zusätzliche ARF-Zuschussmittel (20 Mrd. EUR) zur Verfügung stehen. Die Mitgliedstaaten können einen Teil oder die Gesamtheit der Mittel aus der Reserve für die Anpassung an den Brexit (bis zu 5,4 Mrd. EUR) sowie bis zu 5 % der kohäsionspolitischen Mittel (bis zu 17,9 Mrd. EUR) als Zuschüsse für diese Ziele bereitstellen. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten die verbleibenden ARF-Darlehen (225 Mrd. EUR) mit beträchtlicher Vorfinanzierung für die Investitionen und Reformen nutzen, die die Mitgliedstaaten nun bis zum 30. April 2023 in ihren REPowerEU-Kapiteln vorschlagen sollen.
2.2. Der Weg zur erfolgreichen Umsetzung
Da nun die zweite Laufzeithälfte der Fazilität beginnt, wird es immer wichtiger, dass die in den Plänen der Mitgliedstaaten festgelegten Zeitpläne eingehalten werden. Die Mitgliedstaaten sollten alles daransetzen, die Möglichkeiten, die die ARF bietet, in vollem Umfang zu nutzen, indem sie die Investitionen und Reformen innerhalb der Fristen durchführen, die in den Durchführungsbeschlüssen des Rates zur Billigung der Bewertungen der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne festgelegt sind. Dass diese Fristen eingehalten werden, ist überaus wichtig, um eine effiziente Planung der Finanzierungsgeschäfte an den Kapitalmärkten und zeitnahe Auszahlungen sicherzustellen.
Die globale Instabilität, die Unterbrechungen der Lieferketten, die Energiekrise und die Inflation bringen Belastungen für die nationalen Behörden mit sich und erschweren die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne zuweilen. Zugleich ist es deswegen aber nur umso wichtiger, dass die Pläne erfolgreich und fristgerecht umgesetzt werden. Die Kommission steht zu ihrem Versprechen, alle Mitgliedstaaten uneingeschränkt dabei zu unterstützen, die Pläne schneller umzusetzen. Die Stärkung der Verwaltungskapazitäten der Mitgliedstaaten war von Anfang an ein wichtiges Anliegen der nationalen Pläne. Angesichts neuer Herausforderungen, die von der Politik neue Antworten verlangen, müssen diese Kapazitäten noch weiter ausgebaut werden, insbesondere auch über das Instrument für technische Unterstützung.
Die Überarbeitung der Pläne und die Aufnahme von REPowerEU-Kapiteln im Frühjahr 2023 bieten auch Gelegenheit, den Erfahrungen aus den ersten Jahren der ARF-Umsetzung Rechnung zu tragen. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, die Umsetzung und Überwachung der Pläne zu optimieren und diese mithilfe der zusätzlich verfügbaren Mittel zugleich noch ambitionierter zu gestalten.
Die Kommission wird auch ihre Rolle beim Schutz der finanziellen Interessen der Union weiterhin wahrnehmen. Hierzu stellt die Kommission sicher, dass die nationalen Kontrollsysteme robust sind, und setzt im Einklang mit ihren Pflichten und Zuständigkeiten im Rahmen der ARF-Verordnung ihre ambitionierte Prüfstrategie um. Mitgliedstaaten, die überarbeitete Pläne vorlegen, müssen genau begründen, inwiefern die eingerichteten Kontrollstrukturen weiterhin als angemessen gelten können und wie sie gegebenenfalls verstärkt werden sollen, um angemessene Ressourcen und Strukturen sicherzustellen.
2.3. Mehr Transparenz und Einbeziehung der Interessenträger
Die schnellere Umsetzung geht Hand in Hand mit einem hohen Maß an Transparenz bei der Funktionsweise der Fazilität. Als wichtiges Transparenzinstrument dient bei der ARF seit jeher das Aufbau- und Resilienzscoreboard. An diesem Scoreboard lassen sich die Beiträge der Fazilität zu den sechs Politiksäulen, einschließlich granularer Daten zu gemeinsamen Indikatoren und thematischen Analysen, sowie Angaben zu den Auszahlungen in Echtzeit ablesen. Die ARF-Website enthält Einzelheiten zu allen 27 nationalen Plänen sowie die ausführlichen Bewertungen der zufriedenstellenden Erfüllung der Etappenziele und Zielwerte für die Reformen und Investitionen, die für den jeweiligen Zahlungsantrag relevant sind. Um die Öffentlichkeit besser über die aus der ARF finanzierten einzelnen Projekte zu informieren, arbeitet die Kommission zurzeit außerdem an einer interaktiven Karte als visuelle Schnittstelle, über die eine Auswahl an ARF-Maßnahmen an verschiedenen Standorten in den Mitgliedstaaten in Augenschein genommen werden kann.
Einen weiteren Transparenzgewinn für den ARF-Rahmen wird die REPowerEU-Verordnung bringen, über die das Europäische Parlament und der Rat im Dezember 2022 eine politische Einigung erzielt haben und die die Mitgliedstaaten verpflichtet, Angaben zu den 100 Endempfängern zu veröffentlichen, die die größten Beträge an ARF-Mitteln erhalten. Auch wenn die Mitgliedstaaten die Empfänger der ARF-Mittel sind, werden die Angaben zu den größten Endempfängern in den einzelnen Mitgliedstaaten doch einen aktuellen Überblick darüber vermitteln, welche Organisationen und Personen durch die im nationalen Aufbau- und Resilienzplan enthaltenen Maßnahmen am meisten Unterstützung erhalten. Dies wird die Transparenz und Rechenschaftspflicht bei der Fazilität verbessern.
Das Europäische Parlament spielt bei der Umsetzung der ARF eine maßgebliche Rolle. Seit Anfang 2021 hat die Kommission aktiv an einer Reihe von „Dialogen über Aufbau und Resilienz“ und an einer Vielzahl von Arbeitsgruppensitzungen und Plenardebatten im Europäischen Parlament teilgenommen. Dabei gab die Kommission jedes Mal ausführliche Präsentationen und Antworten auf die Fragen der Mitglieder. Die Kommission hat die von den Mitgliedern angesprochenen Punkte aufmerksam zur Kenntnis genommen und sie bei ihren laufenden Arbeiten so weitgehend wie möglich berücksichtigt. Diese enge Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und der Kommission hat erheblich dazu beigetragen, dass die ARF in den ersten beiden Jahren erfolgreich umgesetzt werden konnte.
Die Konsultationsanforderungen wurden für die Ausarbeitung der REPowerEU-Kapitel ebenfalls verschärft und werden auch bei der Umsetzung der Pläne einen zentralen Stellenwert behalten. Bei der Ausarbeitung ihrer REPowerEU-Kapitel müssen die Mitgliedstaaten die einschlägigen Interessenträger konsultieren. Wenn die Mitgliedstaaten eine Überarbeitung ihrer Pläne beantragen, müssen sie der Kommission eine Zusammenfassung des Konsultationsprozesses vorlegen, die auch Angaben zu den konsultierten Interessenträgern und eine Beschreibung enthält, wie deren Beiträge in die Gestaltung der REPowerEU-Maßnahmen eingeflossen sind. Zu guter Letzt sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die einschlägigen Interessenträger und insbesondere die Gebietskörperschaften und Sozialpartner auch im weiteren Verlauf rechtzeitig und auf sinnvolle Weise in die ARF-Umsetzung eingebunden bleiben. Insbesondere wird die Kommission weiterhin gemeinsam mit den Mitgliedstaaten jährliche Veranstaltungen organisieren. Diese sind für die Kommunikation sehr wichtig, da dabei Institutionen, Interessenträger (insbesondere Sozialpartner und Zivilgesellschaft) und Empfänger von ARF-Mitteln zusammenkommen, um die Fortschritte und den Stand der Umsetzung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne in allen Mitgliedstaaten zu erörtern. Die Mitgliedstaaten sollten sich auch weiter darum bemühen, die breite Öffentlichkeit über die konkreten Ergebnisse der ARF-Unterstützung vor Ort zu informieren. Insgesamt wird die gemeinsame Übernahme der Verantwortung das Vertrauen in die Fazilität weiter stärken, was für eine erfolgreiche Umsetzung unerlässlich ist.
3.Ein reaktionsschnelles Instrumentarium für die nächste Umsetzungsphase
Die Erfahrungen aus den ersten beiden Jahren der ARF-Umsetzung zeigen, dass der weitere Erfolg der Fazilität davon abhängen wird, ob die Mitgliedstaaten alle in ihren Aufbau- und Resilienzplänen enthaltenen Etappenziele und Zielwerte innerhalb der Laufzeit der Fazilität erreichen können. Insofern ist es unerlässlich, dass die Mitgliedstaaten ihre Ressourcen und Anstrengungen weiterhin darauf konzentrieren, eine rasche Umsetzung der Maßnahmen sicherzustellen, wobei die Kommission den Mitgliedstaaten bei Bedarf praktische Unterstützung leisten kann.
Auch wenn Schnelligkeit bei der Umsetzung der ARF von entscheidender Bedeutung bleibt, ist die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die gemeinsam vereinbarten Etappenziele und Zielwerte zu erreichen, doch ebenso wichtig. Die Umsetzung der ARF verlangt Flexibilität bei den Mitteln und Wegen, wie die Etappenziele und Zielwerte erreicht werden können, muss aber konsequent darauf abstellen, die zentralen politischen Zielsetzungen der mit den Mitgliedstaaten vereinbarten Maßnahmen zu verwirklichen. Um dies zu gewährleisten, stellt die Kommission drei Umsetzungsinstrumente vor, die für mehr Berechenbarkeit und Transparenz sorgen werden. Diese Instrumente spiegeln die in über einem Jahr erworbenen Erfahrungen mit der Bewertung von Zahlungsanträgen wider.
3.1. Rahmen für die Bewertung der Etappenziele und Zielwerte gemäß der ARF-Verordnung
Die in den nationalen Plänen festgelegten Etappenziele und Zielwerte spielen bei der ARF eine zentrale Rolle, denn sie stehen für die Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten eingegangen sind, um ARF-Hilfen in Anspruch nehmen zu können. Die Bewertung dieser Verpflichtungen erfolgt nach klaren Bedingungen und erfordert eine detaillierte Analyse, um festzustellen, ob die Mitgliedstaaten ihre Zusagen zufriedenstellend eingehalten haben. Zuständig für diese Bewertung ist die Kommission, die die Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses berücksichtigt und unter der Kontrolle der Mitgliedstaaten im Ausschuss für die Aufbau- und Resilienzfazilität tätig ist. Wie es um die Erfüllung der Etappenziele und Zielwerte sowie die damit verbundenen Zahlungen steht, kann auch Gegenstand des „Dialogs über Aufbau und Resilienz“ zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission sein.
Um die Transparenz und Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten zu fördern, hat die Kommission alle vorläufigen Bewertungen der von den Mitgliedstaaten eingereichten Zahlungsanträge veröffentlicht. Heute geht die Kommission noch einen Schritt weiter und veröffentlicht ihren Rahmen für die Bewertung der zufriedenstellenden Erfüllung der Etappenziele und Zielwerte (siehe Anhang I). Die Kommission ist überzeugt, dass es durch die Veröffentlichung dieses Rahmens für die nationalen Behörden, die Interessenträger und die breite Öffentlichkeit verständlicher wird, wie die Umsetzung der aus der ARF unterstützten Maßnahmen vor jeder Auszahlung bewertet wird.
Der Rahmen wird auch im anstehenden Zeitraum als Richtschnur für die Umsetzung der ARF dienen. Die Durchführungsbeschlüsse des Rates zur Billigung der Aufbau- und Resilienzpläne bilden die Grundlage für die Bewertung der zufriedenstellenden Erfüllung der Etappenziele und Zielwerte. Anhand der Beschreibung der Etappenziele und Zielwerte im jeweiligen Kontext und mit der jeweiligen Zielsetzung legt die Kommission fest, welche Anforderungen die Mitgliedstaaten erfüllen müssen. Auf Basis der von den Mitgliedstaaten vorgelegten Begründungen ermittelt sie dann, ob ein bestimmtes Etappenziel oder ein bestimmter Zielwert zufriedenstellend erfüllt ist. In einigen wenigen Fällen können nach dem De-minimis-Grundsatz minimale Abweichungen bei Beträgen, Formvorschriften, Fristen oder Inhalten zugelassen werden.
3.2. Überarbeitung der Pläne
2023 werden die meisten Mitgliedstaaten ihre Pläne überarbeiten, um REPowerEU-Kapitel darin aufzunehmen und sich so zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen. Die Überarbeitung der Pläne ist auch eine Gelegenheit, über die Lehren aus der Umsetzungsphase nachzudenken und sie bei der Gestaltung sowohl neuer als auch überarbeiteter Maßnahmen zu berücksichtigen und den Ehrgeiz der Pläne dadurch noch zu erhöhen. In den Leitlinien der Kommission zur Überarbeitung der Aufbau- und Resilienzpläne im Kontext von REPowerEU vom 1. Februar 2023 wird erläutert, wie die verschiedenen Elemente der Verordnung anzuwenden sind, um die überarbeiteten Pläne optimal zu gestalten und Maßnahmen darin aufzunehmen, die zu den Zielen der ARF am meisten beitragen können. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, potenzielle Engpässe bei der Umsetzung bestehender Maßnahmen zu ermitteln und zu beheben.
Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten auch nachdrücklich auf, in ihre REPowerEU-Kapitel einfache und wirksame Maßnahmen aufzunehmen, die klimaneutrale Industrien fördern und ihre Wettbewerbsfähigkeit beim Übergang zur Klimaneutralität erhöhen. Dazu gehören könnten insbesondere zentrale Anlaufstellen für die Genehmigung von Projekten im Bereich Klimaneutralität oder auch Steuererleichterungen für Unternehmen, die in die Fertigung sauberer Technologien investieren. Aus der Fazilität können auch Investitionen finanziert werden, um Arbeitskräfte mit den erforderlichen Kompetenzen für diese Industriewende auszustatten. Darüber hinaus können mit REPowerEU Investitionen in emissionsfreie Mobilität finanziert werden, um zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors beizutragen.
Unterdessen sollten die Mitgliedstaaten den Ehrgeiz des jeweiligen Aufbau- und Resilienzplans halten und Maßnahmen nicht allzu sehr hinausschieben. Wenn die Kommission die Änderungsvorschläge für einen Plan bewertet, wird sie gezielt darauf achten, dass der Ehrgeiz bestehender Reformen und Investitionen, die für die Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen besonders wichtig sind, nicht geschmälert wird und die vorrangigen Maßnahmen für einen fairen ökologischen und digitalen Wandel erhalten bleiben. Darüber hinaus wird die Kommission die Ausweitung von Maßnahmen fördern, die bereits in Vorbereitung sind, um das Risiko zu verringern, dass sich die Umsetzung der Pläne verzögert. Gleichzeitig wird sie dafür sorgen, dass die Auszahlungen auch weiterhin mit einer wirksamen und effizienten Finanzierungsplanung vereinbar sind.
3.3 Methode für die Aussetzung von Zahlungen
Die ARF-Verordnung trägt dem Umstand Rechnung, dass ungünstige und unerwartete Entwicklungen eintreten können, und ermöglicht deswegen die teilweise oder vollständige Aussetzung von Zahlungen bei Umsetzungsdefiziten. In den Mitgliedstaaten kann sich die Umsetzung von Maßnahmen verzögern, sodass manche Etappenziele und Zielwerte möglicherweise nicht fristgerecht erfüllt werden. Dies sollte die Ausnahme bleiben und schnellstmöglich behoben werden. Begründete Zahlungen für schon erreichte Etappenziele und Zielwerte sollten aber auch in diesem Fall geleistet werden. Die ARF-Verordnung enthält daher Regelungen für den Fall, dass Umsetzungsprobleme bei einem oder mehreren Etappenzielen oder Zielwerten nicht rechtzeitig behoben werden können, bevor der betreffende Zahlungsantrag gestellt wird. Insbesondere sieht die Verordnung vor, dass die Kommission Zahlungen teilweise oder vollständig aussetzen kann, wodurch auch sichergestellt wird, dass der in der Haushaltsordnung verankerte Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung eingehalten wird. Nicht infrage kommt eine Teilaussetzung, wenn Etappenziele oder Zielwerte für das Kontrollsystem eines Mitgliedstaats verfehlt werden, die unverzichtbar sind, um die finanziellen Interessen der Union zu schützen. In diesem Fall kommt es stets zur Aussetzung der aktuellen und aller künftigen Tranchen, und zwar so lange, bis die die einschlägigen Etappenziele und Zielwerte erfüllt sind.
Das Verfahren für die Aussetzung von Zahlungen begünstigt die fortlaufende Umsetzung des Plans und räumt den Mitgliedstaaten eine gewisse Zeit ein, um die Aufhebung der Aussetzung zu erwirken, indem sie nachbessern und die betreffenden Etappenziele oder Zielwerte innerhalb von sechs Monaten erfüllen. Die Teilaussetzung einer Zahlung lässt den Mitgliedstaaten mehr Zeit, einzelne Durchführungsprobleme zu lösen und dabei zugleich eine Teilzahlung für die zufriedenstellend erreichten Etappenziele und Zielwerte zu erhalten. Mit dem Aussetzungsbeschluss beginnt eine sechsmonatige Frist, in der der Mitgliedstaat Gelegenheit hat, das betreffende Etappenziel oder Ziel noch zu erreichen. Wenn dies gelingt, hebt die Kommission die Aussetzung mit einer positiven Bewertung auf und zahlt den ausgesetzten Betrag nach einer befürwortenden Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses aus. Fällt die Bewertung nach Ablauf der Sechsmonatsfrist negativ aus, bleibt der betreffende Betrag dauerhaft ausgesetzt und wird von der Mittelzuweisung des Plans abgezogen.
Wenn ein Etappenziel oder Zielwert nicht zufriedenstellend erreicht wurde, legt die Kommission unter uneingeschränkter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit fest, welcher Betrag auszusetzen ist. Die Kommission stützt sich auf die (in Anhang II näher beschriebene) Methode, um ihre Beschlüsse über Zahlungsaussetzungen zu untermauern und zu begründen. Die Methode bietet einen klaren und stimmigen Ansatz für die Ermittlung der entsprechenden Beträge, lässt aber gleichzeitig einen gewissen Ermessensspielraum.
Die Methode zur Aussetzung von Zahlungen trägt dem leistungsbasierten Charakter der ARF sowie der einzigartigen Kombination von Reformen und Investitionen Rechnung. Zahlungen aus der ARF sind nicht an die geschätzten oder tatsächlichen Kosten der betreffenden Maßnahmen geknüpft, sondern spiegeln vielmehr die relative Bedeutung wider, die jeder Maßnahmengruppe und den jeweiligen Etappenzielen und Zielwerten vor dem Hintergrund der Herausforderungen, denen der Mitgliedstaat gegenübersteht, beigemessen wird. Infolgedessen müssen bei der Bestimmung, welcher Betrag auszusetzen ist, wenn ein Etappenziel oder Zielwert verfehlt wurde, dieselben Grundsätze angewandt werden.
Bei der Berechnung des auszusetzenden Betrags wird berücksichtigt, dass nicht alle Maßnahmen gleichermaßen zur Verwirklichung der Ziele eines Aufbau- und Resilienzplans beitragen. So kann z. B. einer Einzelinvestition mit relativ geringem Umfang nicht derselbe Wert beigemessen werden wie einer Großinvestition oder dem Inkrafttreten einer größeren Reform. Darüber hinaus wird berücksichtigt, welche relative Bedeutung die einzelnen Etappenziele und Zielwerte für die Durchführung einer Maßnahme haben. So haben ein abschließendes Etappenziel oder ein abschließender Zielwert mehr Gewicht als ein Zwischenetappenziel, auf das weitere Etappenziele oder Zielwerte im Zusammenhang mit derselben Investition folgen. Aus diesem Grund wird im Rahmen der (in Anhang II näher erläuterten) Methode eine Differenzierung zwischen Investitionen und Reformen vorgenommen, und es werden Koeffizienten und Anpassungen nach oben oder unten auf den auszusetzenden Betrag angewandt, um der Bedeutung des jeweiligen Etappenziels oder Zielwerts Rechnung zu tragen.
Falls die Kommission zu einer negativen Bewertung kommt, die einen Aussetzungsbeschluss zur Folge hat, gewährleistet ein kontradiktorisches Verfahren, dass die Mitgliedstaaten Stellung nehmen können. Bei einer negativen Bewertung der Kommission hinsichtlich der zufriedenstellenden Erfüllung eines Etappenziels oder Zielwerts wird der Mitgliedstaat aufgefordert, Stellung zu nehmen. Der Mitgliedstaat kann außerdem Stellung nehmen, wenn die Kommission zu dem Schluss kommen sollte, dass der Mitgliedstaat innerhalb von sechs Monaten nach dem Aussetzungsbeschluss nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um eine zufriedenstellende Erfüllung des Etappenziels oder Zielwerts zu gewährleisten. Schließlich werden die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, im Rahmen des Komitologieverfahrens im Zusammenhang mit dem Auszahlungsbeschluss den Betrag, der ausgesetzt werden soll, zu erörtern und darüber abzustimmen.
Mit dem in der vorliegenden Mitteilung dargelegten Durchführungsrahmen wird darauf abgezielt, bestmögliche Bedingungen für eine rasche Inanspruchnahme der Mittel aus der ARF zu schaffen und gleichzeitig zu gewährleisten, dass weiterhin hochwertige Investitionen und Reformen umgesetzt werden. Es sollten gewährleistet werden, dass die Mitgliedstaaten sich weiterhin uneingeschränkt für die fristgerechte Erreichung der Etappenziele und Zielwerte ihrer Pläne einsetzen. Die Kommission wird die Entwicklung weiter aufmerksam beobachten und dafür sorgen, dass mit den Plänen nach wie vor länderspezifische Empfehlungen angegangen und die ökologischen und digitalen Zielvorgaben erreicht werden.
Schlussfolgerungen
Die ARF war als Antwort auf die COVID-19-Pandemie überlebenswichtig. Sie stellt eine erhebliche finanzielle und politische Anstrengung dar, mit der die Erholung der EU unterstützt werden soll. Die Fazilität hat der EU-Wirtschaft einen kräftigen Schub verliehen, den ökologischen und den digitalen Wandel beschleunigt und die Resilienz der EU gegenüber künftigen Herausforderungen gestärkt. Sie bietet einen einzigartigen Ansatz, bei dem Investitionen mit Reformen kombiniert werden und den Mitgliedstaaten Flexibilität bei der Umsetzung von Maßnahmen eingeräumt wird, die ihren nationalen Gegebenheiten am besten gerecht werden. Wenngleich seit ihrer Einführung erst zwei Jahre vergangen sind, hat die ARF bereits erhebliche finanzielle Unterstützung geleistet und die wirtschaftliche Erholung der EU in Gang gebracht.
Angesichts neuer Herausforderungen muss die ARF agil bleiben, um weiterhin eine gerechte und inklusive Erholung der Mitgliedstaaten und der Regionen der EU von der COVID-19-Krise wirksam zu unterstützen und gleichzeitig die EU durch ehrgeizige Investitionen und Reformen auf dem Weg zu einer nachhaltigeren und resilienteren Zukunft voranzubringen. Dank ihrer einzigartigen Gestaltung und ihrer vorausschauenden Prioritäten können mit der ARF neu aufkommende dringende Herausforderungen angepackt werden, die sich mit Blick auf die Energieversorgungssicherheit der EU, die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und die Transformation der Industrie zu einer klimaneutralen Wirtschaft stellen, während zugleich zur wirtschaftlichen und sozialen Aufwärtskonvergenz beigetragen wird.
In Anbetracht der wertvollen Erfahrungen der letzten zwei Jahre ist die Kommission bereit, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, weiterhin eine erfolgreiche Umsetzung der ARF sicherzustellen. Auch die Anwendung der Methoden zur Bewertung, ob die Etappenziele und Zielwerte zufriedenstellend erfüllt wurden und ob Zahlungen ausgesetzt werden müssen, wird hierzu beitragen und weiterhin für eine wirtschaftliche Haushaltsführung der Fazilität sorgen.
Die Halbzeitbewertung der ARF im nächsten Jahr wird eine weitere Gelegenheit bieten, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen und die bei der Umsetzung der ARF erzielten Fortschritte und daraus gezogene Lehren zu bewerten.
ANHANG I – Rahmen für die Bewertung der Etappenziele und Zielwerte gemäß der ARF-Verordnung
Die Freigabe von Mitteln im Rahmen der Fazilität hängt davon ab, ob die in den Durchführungsbeschlüssen des Rates festgelegten einschlägigen Etappenziele und Zielwerte von den Mitgliedstaaten zufriedenstellend erfüllt wurden. Eine entsprechende Bewertung wird im Einklang mit Artikel 24 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/241 (im Folgenden „ARF-Verordnung“) vorgenommen. Die Kommission hat zwei Monate Zeit, um vorläufig zu beurteilen, ob die einschlägigen Etappenziele und Zielwerte in zufriedenstellender Weise erfüllt worden sind. Anschließend legt sie ihre Feststellungen den Mitgliedstaaten im Wirtschafts- und Finanzausschuss zur Stellungnahme vor. Wie es um die Erfüllung der Etappenziele und Zielwerte sowie die damit verbundenen Zahlungen steht, kann auch Gegenstand des „Dialogs über Aufbau und Resilienz“ zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission sein.
Die im Folgenden skizzierte Methode bildet den Rahmen, auf den sich die Kommission bei der Bewertung stützt, sodass Transparenz und die Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten gewährleistet sind. Sie baut auf den Erfahrungen auf, die die Kommission bisher bei der Bewertung der Etappenziele und Zielwerte im Rahmen der ARF-Verordnung gesammelt hat.
1.Festlegung der Anforderungen für ein spezifisches Etappenziel oder einen spezifischen Zielwert
·Bei der Ermittlung der Anforderungen für ein spezifisches Etappenziel/einen spezifischen Zielwert sollte sämtlichen Elementen des Etappenziels/Zielwerts und der Beschreibung der Maßnahme Rechnung getragen werden. Auch die weiteren Spezifikationen der Maßnahme in den operativen Vereinbarungen sollten berücksichtigt werden, andere Elemente in den operativen Vereinbarungen (wie Überprüfungsmechanismen und Überwachungsschritte) hingegen nicht.
·Elemente, die nicht als verbindlich gelten, sollten nicht als Anforderungen betrachtet werden.
·Mit Blick auf die Beschreibung der Maßnahme sollten
oElemente, die direkt oder indirekt mit diesem spezifischen Etappenziel/Zielwert verbunden sind, als Anforderungen für dieses Etappenziel/diesen Zielwert betrachtet werden;
oElemente, die nicht direkt oder indirekt mit diesem Etappenziel/Zielwert verbunden sind, nicht als Anforderungen betrachtet werden;
oElemente, die mit keinem Etappenziel/Zielwert im Rahmen dieser Maßnahme direkt oder indirekt verbunden sind, ggf. ausdrücklich als solche im Kontext der vorläufigen Bewertung des abschließenden Etappenziels/Zielwerts aufgeführt werden.
·Bei der Auslegung der Anforderungen für ein spezifisches Etappenziel oder einen spezifischen Zielwert sind der einschlägige Wortlaut im jeweiligen Kontext sowie ihr Zweck zu berücksichtigen. Kontext und Zweck lassen sich aus der Überprüfung verschiedener Quellen ableiten, wie z. B. der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, der Erwägungsgründe des Durchführungsbeschlusses des Rates zur Billigung der Bewertung des Aufbau- und Resilienzplans, der Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen zu den Vorschlägen der Kommission für solche Durchführungsbeschlüsse des Rates, der Vermerke zu dem Dossier während der Bewertung, der Aufzeichnungen über den Austausch mit den nationalen Behörden oder der länderspezifischen Empfehlungen des Rates im Zusammenhang mit dieser Maßnahme.
2.Feststellung, ob das spezifische Etappenziel oder der spezifische Zielwert in zufriedenstellender Weise erreicht worden ist, unter Zugrundelegung der von einem Mitgliedstaat ordnungsgemäß vorgelegten Begründung
·Im Einklang mit der Anwendung des De-minimis-Grundsatzes werden geringfügige Abweichungen von den festgelegten Anforderungen für das Etappenziel/den Zielwert in folgenden Fällen akzeptiert:
oBeträge: wenn es eine minimale Abweichung von den für dieses Etappenziel/diesen Zielwert festgelegten Beträgen gibt. Eine solche minimale Abweichung ist definiert als eine Abweichung von etwa 5 % oder weniger.
oFormale Anforderungen: wenn es eine minimale Abweichung von einer formalen Anforderung für das Etappenziel/den Zielwert im Zusammenhang mit den internen Verfahren von Mitgliedstaaten gibt, die die Fortschritte bei der Umsetzung der Reform oder der Investition, mit der das Etappenziel/der Zielwert verbunden ist, nicht beeinträchtigt.
oZeitlicher Rahmen: begrenzte und verhältnismäßige Verzögerungen zwischen der Veröffentlichung von Regulierungsmaßnahmen und ihrem tatsächlichen Inkrafttreten, sofern sicher ist, dass sie angewandt werden und der Beginn der Rechtswirkung gewahrt bleibt. Eine solche begrenzte und verhältnismäßige Verzögerung sollte unter Berücksichtigung der Umsetzungsschritte bewertet werden, die von den zuständigen Behörden oder den von der Reform betroffenen Parteien unternommen werden sollten, um eine angemessene Anwendung der neuen Regulierungsmaßnahmen innerhalb des Zeitplans der Fazilität zu ermöglichen.
oInhaltliche Anforderungen: wenn es eine minimale Abweichung von einer inhaltlichen Anforderung für das Etappenziel/den Zielwert gibt, die die Art der Maßnahme nicht ändert und die Fortschritte bei der Erreichung des politischen Ziels der Reform oder der Investition, mit der das Etappenziel/der Zielwert verbunden ist, nicht beeinträchtigt.
Die Kommission wird ihre Erkenntnisse über die zufriedenstellende Erfüllung von Etappenzielen und Zielwerten weiterhin transparent darlegen, indem sie auf ihrer Website die vorläufigen Bewertungen aller Zahlungsanträge veröffentlicht, die sie von den Mitgliedstaaten erhält.
ANHANG II – Methode der Kommission zur Bestimmung von Zahlungsaussetzungen gemäß der ARF-Verordnung
I.Grundsätze der Methode
a)Einheitswert in jedem Aufbau- und Resilienzplan
Grundlage für die Berechnung des auszusetzenden Betrags ist der „Einheitswert“ eines Etappenziels oder Zielwerts. Um einen klaren Zusammenhang zwischen dem Wert, den die Union der Durchführung eines Aufbau- und Resilienzplans beimisst, und dem ausgesetzten Betrag herzustellen, wird der Einheitswert jedes Etappenziels und Zielwerts als Quotient aus dem Gesamtwert des betreffenden Aufbau- und Resilienzplans und der Anzahl seiner Etappenziele und Zielwerte berechnet (Gesamtzuweisung des Aufbau- und Resilienzplans/Anzahl der Etappenziele und Zielwerte). Z. B.: Maximaler finanzieller Beitrag des Aufbau- und Resilienzplans von 40 Mrd. EUR/175 Etappenziele und Zielwerte = Einheitswert von 229 Mio. EUR für jedes Etappenziel und jeden Zielwert. Für Mitgliedstaaten, die auch ein Darlehen beantragt haben, werden zwei unterschiedliche Einheitswerte berechnet – einer für die Etappenziele und Zielwerte, die im Rahmen der Komponente der nicht rückzahlbaren Unterstützung ihres Aufbau- und Resilienzplans vorgesehen sind, und einer für die in der Darlehenskomponente vorgesehenen Etappenziele und Zielwerte.
b)Koeffizienten und Anpassungen nach oben oder unten
Um den Unterschieden zwischen den Maßnahmen in den Aufbau- und Resilienzplänen und zwischen den Etappenzielen und Zielwerten gebührend Rechnung zu tragen, berechnet die Kommission „korrigierte Einheitswerte“. Zu diesem Zweck wendet die Kommission Koeffizienten auf den Einheitswert an. Diese Koeffizienten bemessen sich danach, wie wichtig die einzelnen verfehlten Etappenziele oder Zielwerte sind und wie groß die betreffende Umsetzungslücke ausfällt.
Sobald die korrigierten Einheitswerte ermittelt sind, werden in den nachstehend beschriebenen spezifischen Fällen Anpassungen nach oben oder unten vorgenommen.
Der endgültige Betrag, der für jedes nicht erreichte Etappenziel oder jeden nicht erreichten Zielwert ausgesetzt wird, entspricht dem korrigierten Einheitswert, vorbehaltlich etwaiger Anpassungen nach oben oder unten („Aussetzungswert“).
Investitionen
Auf den Einheitswert angewandte Koeffizienten
1)Auf Etappenziele und Zielwerte für große Investitionen (die mehr als 10 % der nicht rückzahlbaren Unterstützung oder des Darlehens ausmachen) mit einer begrenzten Anzahl von Etappenzielen und Zielwerten (5 oder weniger) wird ein Koeffizient von 2 angewandt.
2)Ein Koeffizient von 0,5 wird angewandt auf:
·Etappenziele und Zielwerte für die kleinsten Investitionen (auf die höchstens 0,1 % der nicht rückzahlbaren Unterstützung oder des Darlehens entfallen);
·Zwischenetappenziele (d. h. keine Zielwerte) einer Investition, für die weitere Etappenziele und/oder Zielwerte folgen.
3)Auf alle anderen Etappenziele und Zielwerte wird ein Koeffizient von 1 angewandt.
Anpassung des korrigierten Einheitswerts
1)In folgenden Fällen werden proportionale Verringerungen auf die korrigierten Einheitswerte angewandt:
·Wurde ein Zielwert für eine Investition nicht in zufriedenstellender Weise erreicht, so werden die Fortschritte bewertet, die auf dem Weg zur Erfüllung des Zielwerts verwirklicht worden sind. Der auszusetzende Betrag wird proportional zur Entfernung vom Zielwert festgelegt. Ein solcher Ansatz ist insbesondere für Zielwerte relevant, bei denen diesbezüglich eine quantitative Bewertung möglich ist.
·Bei Etappenzielen für Investitionen wird, soweit möglich, anteilig bewertet, inwieweit das Ziel erreicht wurde.
2)Auf die korrigierten Einheitswerte werden Anpassungen nach oben angewandt, wenn die Investition von wesentlicher Bedeutung für ein Rating ist, auf das sich die positive Bewertung des Aufbau- und Resilienzplans stützt.
Reformen
Auf den Einheitswert angewandte Koeffizienten
1)Auf Etappenziele und Zielwerte im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten einer Reform oder dem letzten Schritt zur Umsetzung einer nichtlegislativen Reform wird ein Koeffizient von 5 angewandt.
2)Auf alle anderen Etappenziele und Zielwerte wird ein Koeffizient von 0,5 angewandt, z. B. auf Zwischenschritte vor der Erreichung eines Etappenziels im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten einer bestimmten Reform (z. B. die Veröffentlichung eines Berichts) oder auf Ex-post-Verfahrensschritte (z. B. die Bewertung einer Reform).
Anpassung des korrigierten Einheitswerts
1)Auf die korrigierten Einheitswerte findet eine Anpassung nach oben Anwendung, wenn
·die Umsetzung der Reform von der Kommission als von besonderer Bedeutung für das Rating in Bezug auf die Bewältigung aller oder eines wesentlichen Teils der den einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen an den Mitgliedstaat zugrunde liegenden Herausforderungen betrachtet wird, einschließlich ihrer finanzpolitischen Aspekte und gegebenenfalls der Empfehlungen nach Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011, oder der Herausforderungen, die in anderen von der Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters offiziell angenommenen einschlägigen Dokumenten genannt wurden.
2)In folgenden Fällen werden auf die korrigierten Einheitswerte Anpassungen nach unten angewandt:
·Die Reform ist von geringerer Bedeutung für das Rating, auf das sich die positive Bewertung des Aufbau- und Resilienzplans stützt.
·Bei Etappenzielen für Reformen, die ein oder mehrere politische Ziele oder Dimensionen abdecken, wird eine proportionale Anpassung vorgenommen, wenn das politische Ziel des Etappenziels teilweise erreicht wird oder wenn einige der Ziele/Dimensionen des Etappenziels erreicht wurden und andere nicht. Bei der Prüfung, ob eine solche Anpassung nach unten vorgenommen wird, werden die wesentlichen Fortschritte bei der Verwirklichung des übergeordneten Ziels der Reform bewertet.
Maßnahmen im Zusammenhang mit Prüfungen und Kontrollen
Um die wirksame Verwendung der Mittel aus der ARF zu gewährleisten und die finanziellen Interessen der Union zu schützen, führt die Nichterfüllung von Etappenzielen oder Zielwerten im Zusammenhang mit dem Prüf- und Kontrollsystem eines Mitgliedstaats, die für die Einhaltung von Artikel 22 der ARF-Verordnung erforderlich waren, zur Aussetzung der vollen Tranche und aller künftigen Tranchen.
II.Abschließende Bemerkungen
Die Aussetzung darf nicht über den vollen Betrag der Tranche hinausgehen, es sei denn, es wurden Etappenziele und Zielwerte im Zusammenhang mit dem Kontrollsystem eines Mitgliedstaats verfehlt. Die Kommission kann die Methode überprüfen und ändern, wenn sie mehr Erfahrungen mit der Anwendung gesammelt hat.
Im Einklang mit der ARF-Verordnung sind Maßnahmen, bei denen der Grundsatz der „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ nicht eingehalten wird, im Rahmen der Fazilität nicht förderfähig. Darüber hinaus können Etappenziele und Zielwerte von Maßnahmen, die gegen die Anforderungen des Grundsatzes der „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ verstoßen, nicht als zufriedenstellend erfüllt angesehen werden, sodass diese Methode Anwendung findet, um den auszusetzenden Betrag zu bestimmen.