EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 14.3.2023
COM(2023) 146 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
zur Festlegung der mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement
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Document 52023DC0146
COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT AND THE COUNCIL establishing the multiannual strategic policy for European integrated border management
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT zur Festlegung der mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT zur Festlegung der mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement
COM/2023/146 final
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 14.3.2023
COM(2023) 146 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
zur Festlegung der mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement
Der Europäische Rat wies auf seiner außerordentlichen Tagung vom 9. Februar 2023 darauf hin, wie wichtig eine wirksame Kontrolle der Land- und Seeaußengrenzen der EU als Teil eines umfassenden Migrationskonzepts ist. In diesem Zusammenhang forderte er die Europäische Kommission auf, die Strategie für ein integriertes europäisches Grenzmanagement rasch fertigzustellen.
Mit dieser Mitteilung zur Festlegung der ersten mehrjährigen strategischen Politik („strategische Politik für ein integriertes europäisches Grenzmanagement“) kommt die Kommission dieser Aufforderung nach. Die Mitteilung dient als politischer Handlungsrahmen und Orientierung für die Umsetzung eines effektiven integrierten europäischen Grenzmanagements 1 für den Zeitraum 2023 bis 2027.
Die politischen Prioritäten und strategischen Leitlinien für die 15 Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements in Anhang I bauen auf dem Strategiepapier vom 24. Mai 2022 2 auf, das den ersten fünfjährigen strategischen Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement einleitete und das den Beiträgen von Interessengruppen aus dem Konsultationsverfahren Rechnung trägt. Insbesondere der interinstitutionelle Austausch führte zu wertvollen Beiträgen seitens des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) 3 und im Rahmen der Schlussfolgerungen des Rates 4 , die in diese Mitteilung und ihre Anhänge eingeflossen sind. Das Ergebnis ist daher eine gemeinsame europäische Vision für das integrierte europäische Grenzmanagement der nächsten fünf Jahre.
Auf der Grundlage der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache 5 ist die vorliegende Strategie für ein integriertes europäisches Grenzmanagement ein Steuerungsinstrument für die Arbeit der für das Grenzmanagement zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten 6 sowie der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (die „Agentur“ oder „Frontex“), die zusammen die Europäische Grenz- und Küstenwache bilden. Auf operativer Ebene bildet diese Strategie den gemeinsamen Rahmen, der die tägliche Arbeit von über 120 000 Beamtinnen und Beamten der Europäischen Grenz- und Küstenwache in den nationalen Behörden und von Frontex lenkt und somit für ein wirksames und effizientes integriertes Grenzmanagement sorgt.
Strategischer Kontext
In der strategischen Risikoanalyse 7 von Frontex wird eine Reihe von Trends aufgezeigt, die sich auf das Umfeld des integrierten europäischen Grenzmanagements auswirken. Dazu gehören sowohl Megatrends wie die sich verstärkende weltweite Ungleichheit, der Klimawandel, das demografische Wachstum und zukünftige Pandemien als auch kurzfristigere geopolitische und operative Gegebenheiten. Diese Herausforderungen dürften sich erheblich auf die Migrationssteuerung und Rückführungen auswirken sowie auf die Art und Weise, wie die Außengrenzen der EU geschützt werden müssen, wobei unterschiedliche Arten von Grenzen (Land, See und Luft) unterschiedliche Maßnahmen erfordern und die Grenzabschnitte je nach Größe, aber auch Richtung der Migrationsströme in unterschiedlicher Weise davon betroffen sein werden.
Die jüngsten geopolitischen Ereignisse haben massive Auswirkungen auf die EU-Außengrenzen und werden dies auch weiterhin haben. Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt sich das feindliche geopolitische Umfeld an Europas östlichen Grenzen. Neben ihrer traditionellen Aufgabe der Grenzkontrolle und der Grenzüberwachung spielen die Grenzschutzbeamten der Europäischen Grenz- und Küstenwache eine wesentliche Rolle bei der Erleichterung des Grenzübertritts von Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg fliehen, und schützen gleichzeitig die Integrität und die Sicherheit der EU-Außengrenzen.
Ein weiteres neues Phänomen, mit dem die EU konfrontiert ist, ist die Instrumentalisierung von Migration zu politischen Zwecken – ein neuer Trend, der herkömmliche Ansätze des Außengrenzenmanagements vor Herausforderungen stellt und auch in Zukunft neue Herausforderungen mit sich bringen kann. Neben der bewussten Instrumentalisierung durch staatliche Akteure ist die Lage an den Land- und Seeaußengrenzen ebenso durch die fortgesetzten Aktivitäten gut organisierter krimineller Netzwerke geprägt, die an Fähigkeiten und Raffinesse gewonnen haben und ein effektives Außengrenzenmanagement zusätzlich erschweren.
Die Rückkehrpolitik der EU erfordert ebenfalls kontinuierliche Maßnahmen, sowohl nach innen als auch nach außen. Ihre Wirksamkeit und Effizienz werden durch eine mangelnde Absprache zwischen den Behörden innerhalb der Europäischen Union sowie durch eine begrenzte Kooperation von Drittstaaten beeinträchtigt. Eurostat zufolge wurden von den 340 515 im Jahr 2021 ergangenen Rückkehrentscheidungen nur 21 % auch tatsächlich vollstreckt. Zudem sind nur fünf Mitgliedstaaten für 80 % der von Frontex unterstützten Rückführungen verantwortlich. Diese begrenzte Wirksamkeit untergräbt auf lange Sicht die Unterstützung und das Vertrauen der europäischen Bürgerinnen und Bürger in die Integrität des europäischen Migrations- und Grenzmanagementsystems.
Die Achtung der Menschenrechte und die Einhaltung internationaler Verpflichtungen werden von staatlichen wie nichtstaatlichen Akteuren weltweit regelmäßig in Frage gestellt. Dies erzeugt langfristig Druck auf das globale Sicherheitssystem. Vor diesem Hintergrund muss die EU ihr Engagement für ein effizientes und sicheres Außengrenzenmanagement unter uneingeschränkter Achtung des Unions- und des Völkerrechts, einschließlich der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechte, fortsetzen.
Die Europäische Union muss für Fachkräfte, Unternehmen und Touristen attraktiv bleiben, die zum dauerhaften Wachstum und Wohlstand der EU beitragen. Im Umfeld eines zunehmenden wirtschaftlichen Wettbewerbs müssen die Außengrenzen und die entsprechende IT-Infrastruktur weiter ausgebaut werden, um die Reisen von Millionen Bona-Fide-Reisenden zu erleichtern, mögliche Sicherheitsrisiken gleichzeitig aufdecken zu können und so auf lange Sicht einen Beitrag zum Wirtschaftswachstum und zur Sicherheit Europas zu leisten.
Die zunehmende Komplexität des integrierten Grenzmanagements birgt schließlich auf operationeller Ebene das Risiko für ein fragmentiertes und unkoordiniertes Konzept mit zu vielen Akteuren und Überschneidungen sowie Schlupflöchern, die von kriminellen Netzwerken ausgenutzt werden können. Um dies zu vermeiden und die Möglichkeiten zu nutzen, die sich durch die immer zahlreicheren Systeme und Akteure in diesem Bereich bieten, ist eine Abstimmung aller Akteure im Rahmen des integrierten europäischen Grenzmanagements erforderlich.
Integriertes europäisches Grenzmanagement – eine mehrjährige strategische Politik
Diese strategischen Herausforderungen bedürfen einer strategischen Antwort der EU. Das integrierte europäische Grenzmanagement ist das geeignete Instrument, um ein wirksames Management der Außengrenzen sicherzustellen und Synergien zwischen der EU-Ebene und den einzelstaatlichen Ebenen zu schaffen.
Dabei werden unterschiedliche Ziele gleichzeitig verfolgt: Erleichterung legaler Grenzübertritte und Erhöhung der Wirksamkeit der Rückkehrpolitik der Union; Sicherstellung einer effektiven Verhinderung unbefugter Grenzübertritte an den Außengrenzen; Verhinderung und Aufdeckung schwerer Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension wie Schleusung von Migranten, Terrorismus sowie Menschen-, Waffen- und Drogenhandel; eine effektive Zusammenarbeit mit Drittländern; Sicherstellung einer raschen Registrierung und Versorgung von Personen, die internationalen Schutz benötigen bzw. beantragen. Das integrierte europäische Grenzmanagement muss also unter vollständiger Wahrung der Grundrechte und der Freizügigkeit der Personen zu einem hohen Maß an innerer Sicherheit in der Union beitragen.
Grundsätze des integrierten europäischen Grenzmanagements
Diese Ziele spiegeln sich in einer Reihe von Grundsätzen wider, die sich aus der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache ergeben und die politischen Prioritäten und strategischen Leitlinien in Anhang I zu dieser Mitteilung unterstützen.
Erstens fällt die Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements in die gemeinsame Verantwortung der für Grenzmanagement und Rückkehr zuständigen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten sowie von Frontex, die gemeinsam die Europäische Grenz- und Küstenwache bilden. Die nationalen Grenzmanagementbehörden tragen nach wie vor die Hauptverantwortung für ihre jeweiligen Außengrenzabschnitte, während die Mitglieder der europäischen Grenz- und Küstenwache eine Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch innerhalb der Gemeinschaft der Europäischen Grenz- und Küstenwache haben.
Zweitens basiert das integrierte europäische Grenzmanagement auf einem Vierstufenmodell der Zugangskontrolle 8 , das Maßnahmen in Drittstaaten, Maßnahmen in Zusammenarbeit mit benachbarten Drittstaaten, Kontrollmaßnahmen an den Außengrenzen sowie Maßnahmen innerhalb des Schengen-Raums und im Bereich Rückkehr umfasst. Frontex und die Mitgliedstaaten sollten auf allen Ebenen auf der Grundlage von Risikoanalysen Maßnahmen ergreifen und anpassen.
Drittens ist eine umfassende, echtzeitnahe Lageerfassung für die richtige und rechtzeitige Reaktion der Europäischen Grenz- und Küstenwache auf neu auftretende Bedrohungen unabdingbar. Dazu ist ein umfassendes europäisches Lagebild erforderlich, das auf EU-Ebene von Frontex und auf einzelstaatlicher Ebene von den Mitgliedstaaten erstellt und fortlaufend aktualisiert wird. EUROSUR als wichtigste Grundlage für die Veranschaulichung der Lage an den EU-Außengrenzen sollte wirksam umgesetzt werden, und es sollten neue professionelle Anwendungen im Einklang mit gemeinsamen Standards für das Informationsmanagement gemeinsam von Frontex, den Mitgliedstaaten und der Kommission entwickelt werden 9 .
Viertens basiert die Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements auf der ständigen Bereitschaft zur Reaktion auf neu auftretende Bedrohungen und der Bereitstellung der erforderlichen Instrumente zur Reaktion auf solche Bedrohungen an den Außengrenzen. Für ein erfolgreiches Funktionieren der Europäischen Grenz- und Küstenwache braucht es ein bewährtes System der Koordination, Kommunikation und integrierten Planung zwischen Frontex und den nationalen Behörden, die für das integrierte Grenzmanagement zuständig sind. Der stellenübergreifende Ansatz in dieser Mitteilung umfasst daher strategische Leitlinien für eine effiziente Abstimmung zwischen Grenzmanagementbehörden und anderen zuständigen Behörden an den Außengrenzen wie Zollbehörden, damit diese den Strom an Personen und Waren an den Außengrenzen steuern können.
Und zu guter Letzt erfordert das integrierte europäische Grenzmanagement einen hohen Grad an Spezialisierung und Professionalität. Die Europäische Grenz- und Küstenwache sollte eine gemeinsame Arbeitskultur der Grenzschutzbeamten und ein hohes Maß an Professionalität mit hohen ethischen Werten und hoher Integrität aufbauen. Außerdem sollten Schulungen konzipiert werden, um die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte bei allen Grenzmanagementtätigkeiten über allgemeine Schulungsprogramme und spezielle Kurse sicherzustellen.
Von den Grundsätzen zur Praxis: die Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements
In dieser Mitteilung werden auf der Grundlage der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates, der Schlussfolgerungen des Rates und des wertvollen Beitrags des Europäischen Parlaments im Anschluss an das Strategiepapier der Kommission folgende zentralen Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements skizziert:
Grenzkontrolle
Die Kontrolle der Außengrenzen durch die Überwachung der Land- und Seegrenzen sowie Kontrollen an den Grenzübergangsstellen bilden die zentrale Komponente des integrierten europäischen Grenzmanagements. Hierfür sind strategische und organisatorische Maßnahmen erforderlich, um die Steuerung der Migration und die Krisenvorsorge zu verbessern und zur internen Sicherheit der EU beizutragen. Die Europäische Grenz- und Küstenwache, in der die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten mit Frontex zusammenarbeiten, ist das zentrale Instrument zur Erreichung dieses Ziels. Dazu bedarf es einer engen und reibungslosen Zusammenarbeit aller involvierten Akteure.
Für die Grenzüberwachung sind wirksame operative Maßnahmen der für das Grenzmanagement zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten, eine erweiterte Präsenz der ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache im Grenzvorbereich sowie stärkere Grenzschutzfähigkeiten und -infrastruktur, Überwachungsmittel, einschließlich zur Luftüberwachung, und Ausrüstung erforderlich. Die Grenzüberwachung muss sich auf kohärente und umfassende nationale und europäische Lagebilder, eine wirksame Umsetzung von EUROSUR und solide Risikoanalysen stützen. Wo Migranten instrumentalisiert werden, bedarf es an den betroffenen Grenzabschnitten einer erhöhten Aufmerksamkeit und verstärkter Anstrengungen seitens der betroffenen Mitgliedstaaten. Hierbei sind die geltenden Bestimmungen des Schengener Grenzkodexes 10 einzuhalten.
Was die Grenzkontrollen anbelangt, so sollen mit dem jüngsten Vorschlag zur Änderung des Schengener Grenzkodexes eine Definition des Begriffs der „Instrumentalisierung von Migranten“ sowie klare Vorschriften für Maßnahmen im Falle einer Instrumentalisierung eingeführt werden. Mit dem Vorschlag für eine Screening-Verordnung 11 soll ein besserer Überblick darüber, wer in das nationale Hoheitsgebiet einreist, ermöglicht werden. Ferner sollen Grenzkontrollen besser mit Rückkehr- und Asylverfahren verknüpft werden. Außerdem sollte die zügige Abfertigung von Bona-Fide-Reisenden sowohl in der Sicherheits- als auch in der Notfallplanung ein vorrangiges Anliegen sein.
Die EU-Informationssysteme für das Management der Außengrenzen (SIS, EES, Visa-Informationssystem (VIS) und Europäisches Reiseinformations- und ‑genehmigungssystem (ETIAS)) und ihre Interoperabilität werden diesbezüglich zügige und sichere Abfertigungen an den Grenzübergangsstellen sicherstellen und nicht nur mehr Informationen, sondern auch eine angemessene Gestaltung und Ausstattung von Grenzübergangsstellen, eine Harmonisierung von Grenzverfahren sowie eine größere Wirksamkeit gewährleisten.
Ein gemeinsames EU-Rückkehrsystem
Wie das Außengrenzenmanagement beruht auch die Rückkehrpolitik der EU auf der engen Zusammenarbeit zwischen der EU und den Mitgliedstaaten. Als operativer Arm eines solchen Systems verfügt Frontex über das entsprechende Mandat und die notwendigen Instrumente.
Das übergeordnete Ziel ist es, die Zahl der tatsächlichen Rückführungen zu erhöhen. Dazu müssen die Mitgliedstaaten die über die Agentur zur Verfügung stehende Unterstützung in allen Phasen des Rückkehrprozesses anfordern und nutzen. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit der Unterstützung von Rückkehraktionen durch Frontex; die Unterstützung durch Frontex bei der Digitalisierung nationaler Rückkehrfallmanagementsysteme auf der Grundlage des von Frontex entwickelten Systems; die Unterstützung bei Schulungen und die Entsendung von Frontex-Rückkehrexperten sowie die Beteiligung an den gemeinsamen Wiedereingliederungsdiensten von Frontex.
Die Mitgliedstaaten sollten diesbezüglich sicherstellen, dass in ihren nationalen Strategien für das integrierte europäische Grenzmanagement im Detail festgelegt wird, wie diese Zusammenarbeit in der Praxis umzusetzen ist. Des Weiteren sollten die Mitgliedstaaten die neuen, ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, z. B. die neue Funktion des Schengener Informationssystems, wonach bezüglich Personen, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, Ausschreibungen zu erstellen sind.
In dem Strategiepapier „Auf dem Weg zu einer operativen Strategie für eine wirksamere Rückkehr“ der Kommission vom 24. Januar 2023 12 werden im Hinblick auf das Ziel einer Erhöhung der Zahl der effektiven Rückführungen konkrete Bereiche und Maßnahmen für die Erleichterung eines nahtlosen, vernetzten Rückkehrprozesses genannt. Die operative Strategie ist vom hochrangigen Netz für Rückkehrfragen zügig auszuarbeiten. Ihre Umsetzung wird vom Rückkehrkoordinator und dem hochrangigen Netz koordiniert.
Die Empfehlung der Kommission zur gegenseitigen Anerkennung von Rückkehrentscheidungen und einer Beschleunigung des Rückkehrverfahrens 13 , die zeitgleich mit dieser Mitteilung vorgelegt wird, ist ein wichtiger Schritt hin zu einem gemeinsamen EU-Rückkehrsystem. Damit sollen eine größere Konvergenz zwischen den Mitgliedstaaten bei der Migrationssteuerung erreicht sowie Rückführungen erleichtert und beschleunigt werden.
Zusammenarbeit mit Drittstaaten
Im Rahmen des integrierten europäischen Grenzmanagements müssen die Mitgliedstaaten und die Agentur ihre Zusammenarbeit mit Drittstaaten intensivieren und die operativen Kapazitäten und Kooperationsfähigkeiten von Drittstaaten in den Bereichen der Grenzkontrolle, der Risikoanalyse sowie der Rückkehr und Rückübernahme mit aufbauen.
Hier bildet der Abschluss von Status- und Arbeitsvereinbarungen, die eine Zusammenarbeit von Frontex mit Drittstaaten im Einklang mit dem Unionsrecht ermöglichen, einen wichtigen Beitrag zu einem wirksamen integrierten europäischen Grenzmanagement. Dank Statusvereinbarungen können Frontex-Grenzschutzbeamte Hand in Hand mit den Grenzschützern aus Drittstaaten zusammenarbeiten und somit einen Beitrag zur Verhinderung irregulärer Migration und zur Bekämpfung von Schleusertum und kriminellen Aktivitäten leisten.
Die Europäische Kommission hat in weniger als 12 Monaten vier Statusvereinbarungen 14 ausgehandelt, die den operativen Einsatz von Grenzmanagementteams von Frontex in Drittstaaten ermöglichen. Sie hat vom Rat das Mandat erhalten, ähnliche Vereinbarungen mit vier weiteren Ländern auszuhandeln.
Seit der Annahme der Standardvereinbarung der Kommission für Arbeitsvereinbarungen zwischen Frontex und Grenzmanagementbehörden von Drittstaaten 15 hat die Agentur Verhandlungen zu zehn solcher Arbeitsvereinbarungen 16 eingeleitet, die alle noch dieses Jahr zum Abschluss kommen sollen.
Des Weiteren hat Frontex sein Netzwerk aus Verbindungsbeamten in Drittstaaten ausgebaut, zuletzt in der Region der östlichen Partnerschaft. Die Agentur hat außerdem die Entsendung eines für drei westafrikanische Länder zuständigen Verbindungsbeamten vorgeschlagen, was von der Kommission positiv bewertet wurde.
Im Einklang mit dem umfassenden Migrationskonzept der EU könnte sich der Ausbau konkreter Maßnahmen in Drittstaaten – wie europäische Verbindungsbeamte für Migrations- und Rückkehrfragen und operative wie finanzielle Unterstützung des Grenzmanagements, einschließlich in benachbarten Drittstaaten – insgesamt als wirksames Instrument für die Bekämpfung irregulärer Migrationsströme in Richtung EU erweisen. In dieser Hinsicht muss ein besonderes Augenmerk auf die Länder der östlichen und südlichen Nachbarschaft sowie auf Drittstaaten, aus denen und über die die Hauptmigrationsrouten in die EU verlaufen, gerichtet werden.
Stellenübergreifende Zusammenarbeit
Eine wesentliche Komponente eines wirksamen integrierten europäischen Grenzmanagements sind eine stärkere Zusammenarbeit und ein besserer Informationsaustausch zwischen allen maßgeblichen Behörden auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene, damit die Bedrohungen an den EU-Außengrenzen besser erkannt, verstanden und bekämpft werden können.
Zu den wichtigsten Behörden auf EU-Ebene gehören dabei Frontex, die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol), die Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) und die Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA).
Darüber hinaus sollte es eindeutige Kommunikationskanäle und eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Grenzmanagementbehörden und anderen zuständigen Behörden auf einzelstaatlicher Ebene in den Mitgliedstaaten, z. B. Zollbehörden, mit einer klar definierten Arbeitsteilung und funktionalen Kooperationsstrukturen geben.
Einsatz modernster Technologien einschließlich IT-Großsystemen
In der gesamten EU müssen Maßnahmen zur genauen und fortlaufenden Überwachung des Personen- und Warenverkehrs in oder durch die EU ausgebaut werden. Dazu gehören auch erkenntnisgestützte Maßnahmen (d. h. auf Grundlage von Risikobewertungen).
Des Weiteren haben die Mitgliedstaaten eine erfolgreiche Umsetzung überarbeiteter und neuer EU-Informationssysteme für Grenzen und Sicherheit (SIS, VIS, EES und ETIAS) sowie ihre Interoperabilität gemäß dem vereinbarten Zeitplan sicherzustellen. Die Inbetriebnahme der neuen und überarbeiteten EU-Informationssysteme wird das Grenzmanagement stärken und die Fähigkeit der EU zur Überwachung ihrer Außengrenzen erweitern. Die neuen Funktionen, die mit dem von eu-LISA für 2024 geplanten zentralen Speicher für Berichte und Statistiken eingeführt werden, sollten ebenfalls zur Unterstützung des Lagebewusstseins und zur Erkennung von Trends bei den Migrationsbewegungen genutzt werden.
Achtung, Schutz und Förderung der Grundrechte
Die Europäische Grenz- und Küstenwache hat bei der Erfüllung der Grenzmanagementaufgaben als übergeordnete Komponente den Schutz der Grundrechte zu garantieren. Die Maßnahmen der EU und der nationalen Akteure im Rahmen der Europäischen Grenz- und Küstenwache sollten, auch in Drittstaaten, im Einklang mit dem einschlägigen EU-Recht, einschließlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem Völkerrecht, durchgeführt werden.
Frontex und die Mitgliedstaaten sollten ein integriertes europäisches Grenzmanagement gewährleisten, das sich durch die Einhaltung des Unionsrechts und des Völkerrechts, einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, und die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte auszeichnet. Sie sollten bei all ihren Aktivitäten den Schutz der Grundrechte sicherstellen.
Grundrechtsbeobachter haben die Achtung der Grundrechte als Kernelement aller Aktivitäten der Europäischen Grenz- und Küstenwache in jeder Komponente des integrierten europäischen Grenzmanagements zu schützen und zu fördern. Daneben können nationale Mechanismen zur Überwachung der Grundrechte, wie sie von der Kommission für das Screening von Drittstaatsangehörigen vorgeschlagen wurden 17 , einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Transparenz und der Rechenschaftspflicht im Hinblick auf Vorgänge an den EU-Außengrenzen leisten.
Ein kohärenter und umfassender Qualitätssicherungsmechanismus
Die Bewertung der Umsetzung des Schengen-Besitzstandes auf einzelstaatlicher Ebene wie auf EU-Ebene trägt zur Stärkung des Managements der Außengrenzen und zur effizienten Umsetzung von Maßnahmen bei, die das Fehlen von Kontrollen innerhalb des Schengen-Raums kompensieren und unter das integrierte europäische Grenzmanagement fallen.
Der Qualitätssicherungsmechanismus setzt sich insbesondere aus dem Schengen-Evaluierungs- und -Überwachungsmechanismus und der Schwachstellenbeurteilung von Frontex zusammen. Die Qualitätssicherung bildet eine wesentliche Grundlage für den Schengen-Steuerungszyklus für ein umfassendes Lagebewusstsein auf nationaler Ebene wie auf EU-Ebene und dient als Basis für einen Dialog über das Funktionieren des Schengen-Raums.
Finanzierungsinstrumente der EU
Die Finanzierungsinstrumente der EU sind für die wirksame Umsetzung der Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement entscheidend. Dies gilt insbesondere für das Instrument für Grenzmanagement und Visa (BMVI) und den Asyl‑, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF). Die Aktivitäten im Rahmen des integrierten europäischen Grenzmanagements werden auf EU-Ebene wie auf einzelstaatlicher Ebene durch EU-Mittel unterstützt.
Bei der Inanspruchnahme von EU-Finanzierungsinstrumenten ist es entscheidend, dass die Mitgliedstaaten ihre Prioritäten im Einklang mit dem integrierten europäischen Grenzmanagement und dem Ziel, den größtmöglichen Mehrwert für die EU zu erzielen, festlegen. Die Tätigkeiten von Frontex werden durch die eigenen Haushaltsmittel der Agentur aus dem Gesamthaushalt der EU getragen.
Die Unterstützung von Drittstaaten erfolgt über das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt (NDICI-GE) und das Instrument für die Heranführungshilfe (IPA III), ergänzt durch entsprechende Maßnahmen im Rahmen des BMVI und des AMIF.
Ferner müssen bestimmte wichtige Außengrenzen durch gezielte Unionsmaßnahmen gestärkt werden, u. a. durch die Mobilisierung von EU-Mitteln zur Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Ausbau der Grenzschutzfähigkeiten und -infrastruktur, Überwachungsmittel und Ausrüstung sowie bilaterale Finanzierungen.
Über das Instrument für technische Unterstützung 18 können die Mitgliedstaaten wiederum Unterstützung bei der Umsetzung der entsprechenden Komponenten der nationalen Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement beantragen.
Nächste Schritte
Diese Mitteilung dient als politische Orientierungshilfe für die Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements durch die Europäische Grenz- und Küstenwache in den nächsten fünf Jahren. Im nächsten Schritt muss sie von der Agentur und den Mitgliedstaaten im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache wirksam in operative Ziele und Tätigkeiten umgesetzt werden.
Die Agentur muss in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Kommission eine neue technische und operative Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement ausarbeiten 19 . Die technische und operative Strategie sollte vom Verwaltungsrat von Frontex innerhalb von sechs Monaten nach Annahme dieser Mitteilung angenommen werden. Die Strategie sollte den politischen Zielvorgaben durch die EU-Organe entsprechen, diese umsetzen und konkret den Anforderungen in Anhang II dieser Mitteilung Rechnung tragen.
Zweitens ist es für die Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements erforderlich, dass die auf EU-Ebene ausgearbeitete Strategie durch die Mitgliedstaaten wirksam in nationale Strategien für das integrierte europäische Grenzmanagement umgesetzt wird. 20 Die Mitgliedstaaten sollten ihre nationalen Strategien für das integrierte europäische Grenzmanagement innerhalb von zwölf Monaten nach Annahme dieser Mitteilung an der mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement ausrichten. Um die Europäische Grenz- und Küstenwache bestmöglich zu gestalten, sollten die Mitgliedstaaten sich an die Anforderungen in Anhang II dieser Mitteilung halten.
Trotz der Notwendigkeit einer langfristigen strategischen Planung für das integrierte europäische Grenzmanagement erfordert das dynamische und sensible operative Umfeld gleichzeitig eine konstante Überwachung der Entwicklungen sowie eine flexible Anpassung an sich wandelnde Erfordernisse. Der Schengen-Zyklus ermöglicht diese Überwachung und stellt sicher, dass neu auftretende Herausforderungen bei der Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements angemessen berücksichtigt und Prioritäten im Bedarfsfall an die sich wandelnden Erfordernisse angepasst werden können, sodass der Zyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement unionsweit erfolgreich umgesetzt werden kann.
Parallel zum Schengen-Zyklus können das Europäische Parlament und der Rat Frontex jährlich im Zuge der Konsultation des Programmplanungsdokuments der Agentur strategische Leitlinien und einen Ausblick an die Hand geben. Die gemäß Artikel 112 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache vorgesehene Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten und die im Rahmen dieser Zusammenarbeit stattfindenden Sitzungen sind ein wichtiges Instrument, mit dem sichergestellt wird, dass die Kontrollfunktionen des Europäischen Parlaments gegenüber der Agentur sowie die Kontrollfunktionen der nationalen Parlamente gegenüber ihren jeweiligen nationalen Behörden bezüglich der Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagement wirksam ausgeübt werden.
Die Kommission führt vier Jahre nach der Annahme dieser Mitteilung eine Evaluierung der strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement durch. 21 Die Ergebnisse dieser Evaluierung werden bei der Vorbereitung des nächsten mehrjährigen Politikzyklus berücksichtigt. Davor bietet die derzeit laufende Bewertung der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache, die bis Ende des Jahres abgeschlossen wird 22 , eine erste Bestandsaufnahme dieses Prozesses.
Die Kommission wird auch in Zukunft sicherstellen, dass alle einschlägigen Interessenträger bei der Festlegung eines gemeinsamen europäischen Konzepts für das Außengrenzenmanagement Gehör finden. Das Management der Außengrenzen, das für einen starken Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen von zentraler Bedeutung ist, ist eine gemeinsame Verantwortung und erfordert den Einsatz und die Unterstützung von uns allen.
Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2019 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624 (ABl. L 295 vom 14.11.2019, S. 1).
Strategiepapier zur Entwicklung einer mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement gemäß Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/1896 (COM(2022) 303 final).
Schreiben des Vorsitzenden des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments vom 17. Januar 2023 (IPOL-COM-LIBE D(2023) 1361).
Schlussfolgerungen des Rates zum mehrjährigen strategischen Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement vom 14. Oktober 2022 (13585/22).
Siehe Fußnote 1.
Einschließlich der Küstenwachen, soweit diese mit Aufgaben der Grenzkontrolle betraut sind, und der für Rückkehr zuständigen nationalen Behörden (Artikel 4 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache).
https://prd.frontex.europa.eu/document/strategic-risk-analysis-2022/
Erwägungsgrund 11 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Die technischen Normen für den Informationsaustausch erleichtern die Verbindung unterschiedlicher Kommunikationsnetze und die Entwicklung von Schnittstellen zwischen den Informationsaustauschsystemen der Agentur und der Mitgliedstaaten. Auf diese Weise werden Möglichkeiten zur Übertragung von Lagebildern innerhalb der Europäischen Grenz- und Küstenwache sowie, im Falle einer operativen Zusammenarbeit, an Drittstaaten und zur Meldung der Position der eigenen Mittel der Agentur innerhalb des europäischen Lagebilds dank der Nutzung des Satellitennavigationssystems Galileo erweitert. Die Mitglieder und die Agentur werden echtzeitnahe Daten zur Verfügung haben und Migrationsströme besser prognostizieren können.
Siehe Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1).
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung des Screenings von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240 und (EU) 2019/817 (COM(2020) 612 final).
Strategiepapier „Auf dem Weg zu einer operativen Strategie für eine wirksamere Rückkehr“ vom 24. Januar 2023 (COM(2023) 45 final).
Empfehlung der Kommission zur gegenseitigen Anerkennung von Rückkehrentscheidungen und einer Beschleunigung des Rückkehrverfahrens bei der Umsetzung der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (C(2023) 1763).
Moldau, Nordmazedonien, Albanien und Montenegro.
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über eine Standardstatusvereinbarung im Sinne von Artikel 54 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2016/1624 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2016 über die Europäische Grenz- und Küstenwache (COM(2021) 747final).
Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo [diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status Kosovos und steht im Einklang mit der Resolution 1244(1999) des VN-Sicherheitsrates und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung Kosovos], Moldau, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien, Mauretanien, Niger und Senegal.
Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung des Screenings von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240 und (EU) 2019/817 (COM(2020) 612 final).
Verordnung (EU) 2021/240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Februar 2021 zur Schaffung eines Instruments für technische Unterstützung (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 1).
Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Artikel 8 Absatz 6 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Artikel 8 Absatz 7 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Artikel 121 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 14.3.2023
COM(2023) 146 final
ANHÄNGE
der
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
zur Festlegung der mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement
ANHANG I
KOMPONENTEN DES INTEGRIERTEN EUROPÄISCHEN GRENZMANAGEMENTS
Politische Prioritäten und strategische Leitlinien für die Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements
In der Verordnung (EU) 2019/1896 über die Europäische Grenz- und Küstenwache werden 15 Komponenten 1 für den Aufbau eines integrierten europäischen Grenzmanagements aufgeführt. Im Einklang mit Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung sowie unter Berücksichtigung der strategischen Risikoanalyse 2022 und der Ergebnisse der thematischen Evaluierung der nationalen Strategien für ein integriertes Grenzmanagement von 2019 und 2020 2 und nach der Konsultation des Europäischen Parlaments und des Rates hat die Kommission die folgenden politischen Prioritäten und strategischen Leitlinien zu diesen 15 Komponenten festgelegt. 3
Komponente 1: „Grenzkontrollen, einschließlich Maßnahmen, mit denen legale Grenzüberschreitungen erleichtert werden, und gegebenenfalls: Maßnahmen im Zusammenhang mit der Prävention und Aufdeckung grenzüberschreitender Kriminalität an den Außengrenzen, insbesondere Schleusung von Migranten, Menschenhandel und Terrorismus; sowie Mechanismen und Verfahren mit Blick auf die Ermittlung schutzbedürftiger Personen und unbegleiteter Minderjähriger und mit Blick auf die Ermittlung von Personen, die internationalen Schutz benötigen oder beantragen wollen, die Bereitstellung von Informationen für diese Personen sowie der Verweis dieser Personen“ 4
Politische Prioritäten
Grenzkontrollen (Grenzübertrittskontrollen an Grenzübergangsstellen und Grenzüberwachung zwischen den Grenzübergangsstellen) auf der Grundlage von Risikoanalysen stehen im Mittelpunkt des integrierten europäischen Grenzmanagements. Frontex und die Grenzmanagementbehörden der Mitgliedstaaten, die gemeinsam die Europäische Grenz- und Küstenwache bilden, sollten über die rechtlichen, institutionellen, administrativen und operativen Kapazitäten sowie die erforderlichen Ressourcen verfügen, um unter allen Umständen wirksame und effiziente Grenzkontrollen durchführen zu können. 5
Grenzkontrollen verfolgen mehrere Ziele: Grenzübertrittskontrollen an designierten Grenzübergangsstellen erleichtern legale Grenzübertritte von Personen und den grenzüberschreitenden Verkehr. Gleichzeitig verhindert die Grenzüberwachung in Grenzgebieten zwischen Grenzübergangsstellen das unbefugte Überschreiten der Außengrenzen. Die Kontrollen stärken die innere Sicherheit der EU, da sie zur Aufdeckung, Prävention und Bekämpfung verschiedener Formen der grenzüberschreitenden Kriminalität wie z. B. Terrorismus, illegaler Handel mit Feuerwaffen oder Menschenhandel beitragen und Maßnahmen in Bezug auf Personen ermöglichen, die die Grenze illegal überquert haben.
Nach der Annahme der Verordnung zur Einführung des Screenings von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen 6 sollte künftig sichergestellt sein, dass die Grenzkontrollen auch die Vorabkontrolle aller Drittstaatsangehörigen umfassen, die sich an den Außengrenzen befinden, aber die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen, oder die nach einem Such- und Rettungseinsatz ausgeschifft wurden. Alle Personen, die die Außengrenzen überschreiten, ohne die Einreisevoraussetzungen zu erfüllen, unterliegen dementsprechend Verweismechanismen (d. h. Überprüfungs- und Befragungsmaßnahmen, Identitätsfeststellung und Abnahme von Fingerabdrücken).
Die Mitgliedstaaten sollten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben entsprechend der Erfordernisse der Europäischen Grenz- und Küstenwache durch Frontex unterstützt werden. Dazu sind individuelle Vereinbarungen mit den Mitgliedstaaten zu treffen.
Gemäß Unionsrecht sind die Grenzkontrollen so durchzuführen, dass die Grundrechte aller Menschen geachtet werden, unabhängig davon, ob sie internationalen Schutz suchen. Schutzsuchende müssen – auch an den Außengrenzen und in Transitzonen der Mitgliedstaaten – effektiven Zugang zu den Verfahren für die Zuerkennung des internationalen Schutzes erhalten. Auch Personen, die nicht um Schutz nachsuchen, unterliegen dennoch dem Schutz des geltenden Unions- und Völkerrechts, einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung.
Strategische Leitlinien
1.Als Erstes müssen die Mitgliedstaaten über die rechtlichen, strukturellen, administrativen und technischen Kapazitäten zur Durchführung von Grenzübertrittskontrollen im Einklang mit dem Schengener Grenzkodex (SBC) 7 und zur Erleichterung legaler Grenzüberschreitungen von Personen und Fahrzeugen verfügen. Bei der Zahl der Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen sollten die Kapazitäten (Ressourcen und Infrastruktur), die Grenzarten (Land, See und Luft) und horizontale Herausforderungen (wie Passagierströme, grenzüberschreitende Kriminalität oder die Instrumentalisierung der Migration) berücksichtigt werden.
2.Die Mitgliedstaaten sollten sichere und ungehinderte Grenzübertritte von Fahrgästen und Fahrzeugen an den Grenzübergangsstellen gewährleisten.
3.Die Voraberhebung von Informationen für die Funktion der Grenzübertrittskontrolle (Informationen vor der Ankunft als Kernelement der Funktion der Grenzübertrittskontrolle) sollte systematisch angewandt und durch die wirksame Nutzung des Systems vorab übermittelter Fluggastdaten (Advance Passenger Information – API) weiterentwickelt werden.
4.Das Verfahren der Grenzübertrittskontrolle sollte auf effiziente Weise im Einklang mit dem Schengener Grenzkodex durchgeführt werden und durch eine umfassende Implementierung der EU-Informationssysteme für Migration, Grenzen und Sicherheit (EES, ETIAS, VIS, Eurodac, Schengener Informationssystem und ECRIS-TCN) und die Gewährleistung ihrer Interoperabilität verbessert und optimiert werden. Dies wird den Umfang und die Qualität der für die Grenzübertrittskontrolle verfügbaren Informationen erhöhen. Darüber hinaus kann der Ablauf der Grenzübertritte an den Außengrenzen mit einer möglichen künftigen Digitalisierung der Reisedokumente noch weiter verbessert werden. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die neuen und überarbeiteten Informationssysteme an ihren Grenzen zeitnah und ordnungsgemäß eingesetzt werden. Die Einsatzkräfte der ständigen Reserve sollten während ihrer Entsendung zu operativen Einsätzen Zugang zum Schengener Informationssystem haben.
5.Es sollte auf allen Ebenen für ein zuverlässiges und umfassendes Bewusstsein für die Lage an den Grenzen gesorgt werden, um zu gewährleisten, dass ein hohes Niveau an Fähigkeiten vorhanden ist, um die erforderlichen Maßnahmen auf EU-Ebene und nationaler Ebene ergreifen zu können. Auf nationaler Ebene und auf EU Ebene sollten im Einklang mit dem Rechtsrahmen und den operativen Erfordernissen umfassende, echtzeitnahe nationale und europäische Lagebilder gepflegt, weitergegeben und weiterentwickelt werden.
6.Ein kontinuierliches (24/7) Lagebewusstsein sollte die Grundlage für eine angemessene Reaktionsfähigkeit bilden, damit auf alle Grenzvorfälle, einschließlich unvorhergesehener Veränderungen an den Außengrenzen, und auf Situationen großer irreguläre Einwanderungsbewegungen wirksam reagiert werden kann. Diese Fähigkeit sollte unter allen Umständen auf EU-Ebene und nationaler Ebene sichergestellt werden. Die nationalen und EU-Kapazitäten sollten ausgebaut werden, damit die Grenzkontrollen an allen Grenzübergangsstellen und allen Abschnitten der Außengrenzen bei Bedarf rasch verstärkt werden können. Die Reaktionsfähigkeit und die Notfallplanung sollten insbesondere im Falle einer Instrumentalisierung von Migranten regelmäßig getestet und weiter an die Situation angepasst werden. Die Präsenz und der Einsatz von Frontex an den Außengrenzen sollte entsprechend fortlaufend überprüft werden.
7.Frontex sollte eine zeitnahe und zügige Übernahme des Systems über gefälschte und echte Dokumente online (FADO) vom Generalsekretariat des Rates sicherstellen. Die im Rahmen der Europäischen Grenz- und Küstenwache zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollten Frontex dabei vollumfänglich unterstützen und einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Systems sowie des Exzellenzzentrums für die Bekämpfung von Dokumentenbetrug leisten, indem sie Kenntnisse über aufgedeckte Fälschungen und gefälschte Dokumente aktiver mit dem Zentrum austauschen. Außerdem sollte Frontex sein Mandat im Bereich der Dokumentensicherheit voll ausschöpfen, seine Kapazitäten zur Unterstützung der Kommission und der Mitgliedstaaten ausbauen und Bewertungen und Konformitätsprüfungen der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Reisedokumente durchführen.
8.Integrierte, auf Risikoanalysen beruhende nationale Grenzüberwachungssysteme sollten sich durch stabile (organisatorische, administrative und technische) Kapazitäten und ständige Bereitschaft auszeichnen. Dies ist erforderlich, um unerlaubte Grenzübertritte zu verhindern und aufzudecken, Personen, die die Grenze illegal überschritten haben, aufzugreifen und sie unter Achtung ihrer Grundrechte kohärenten und umfassenden Verweisungsverfahren (d. h. Screeningverfahren) zu unterziehen, um Transportmittel wie Schiffe, die für illegale Grenzübertritte genutzt werden, abzufangen, um grenzüberschreitende Kriminalität wie Schleuserkriminalität, Menschenhandel und Terrorismus zu bekämpfen und auf hybride Bedrohungen zu reagieren.
9.Die Überwachungstätigkeiten an den einzelnen Land- und Seeaußengrenzabschnitten, einschließlich der Grenzvorbereiche, sollten den Risikoeinstufungen entsprechen, die den Grenzabschnitten mittels Nutzung integrierter Überwachungssysteme, mobiler Ausrüstung und Patrouillen (Streifen) und aufbauend auf den Ergebnissen von Risikoanalysen zugewiesen wurden. Die Risikoeinstufungen sollten in der gesamten EU einheitlich ermittelt werden.
10.Die Außengrenze sollte ständig überwacht werden (24/7). Überwachungstätigkeiten an den Grenzen und in Grenzvorbereichen sollten unter Einsatz verschiedener Instrumente, einschließlich einer skalierbaren Zuteilung von Ressourcen, durchgeführt werden, um einen Frühwarnmechanismus zu schaffen, handlungsrelevante Informationen auszutauschen und die Reaktionsfähigkeit zu verbessern.
11.Integrierte Überwachungssysteme auf nationaler Ebene sollten durch gemeinsame, interoperable europäische Überwachungskapazitäten unterstützt werden. Die Grenzüberwachung, auch im Grenzvorbereich, sollte im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und dem Schengener Grenzkodex organisiert werden. Sind auf nationaler Ebene mehrere Behörden an der Grenzüberwachung beteiligt, so sollte der betroffene Mitgliedstaat die für die allgemeine Aufsicht und die erforderlichen Befehls‑, Kooperations- und Koordinierungsmechanismen zuständige nationale Behörde benennen und sicherstellen, dass die Zuständigkeiten der verschiedenen Stellen und Agenturen durch Rechtsvorschriften oder Kooperationsabkommen geregelt werden. Im Besitz verschiedener Behörden befindliche nationale Überwachungskapazitäten sollten im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und dem aktualisierten EUROSUR-Handbuch arbeiten.
12.Daten, die unterschiedliche Behörden bei Bedarf für die Behörden anderer Mitgliedstaaten erheben, sollten auf Ebene der EU und auf nationaler Ebene über die nationalen Koordinierungszentren ausgetauscht werden.
13.Das System zur Überwachung der Seegrenzen muss in der Lage sein, alle in die Hoheitsgewässer einlaufenden Schiffe aufzuspüren, zu identifizieren und gegebenenfalls zu verfolgen und abzufangen, und einen Beitrag zur Gewährleistung des Schutzes und der Rettung von Menschenleben auf See unter allen Witterungsbedingungen sowie zur Verringerung irregulärer Einreisen in die EU leisten. Die Mitgliedstaaten sollten die von Frontex angebotenen Überwachungskapazitäten nutzen, um die nationalen Kapazitäten und das allgemeine Lagebewusstsein zu erhöhen. Eine enge stellenübergreifende Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden der Europäischen Grenz- und Küstenwache, Frontex, der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) und der Europäischen Fischereiaufsichtsagentur (EFCA) sowie eine Zusammenarbeit mit den Seenotleitstellen ist für die Sicherstellung einer verbesserten Koordinierung in diesem Bereich von zentraler Bedeutung.
14.Das System zur Überwachung der Landgrenzen muss in der Lage sein, alle unerlaubten Grenzübertritte aufzudecken und Personen, die in Hochrisikogebieten die Grenze illegal überqueren, unter allen Umständen abzufangen. Systeme zur Überwachung der Landgrenzen könnten mobile oder stationäre Fähigkeiten und Infrastrukturen sowie speziell geschultes Personal umfassen. Modernste Technologien sowie unterschiedliche technische Ausrüstung und Lösungen sind zu bevorzugen (z. B. der Einsatz von Drohnen). Die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten mittels solcher Technologien muss rechtlich abgesichert sein und im Einklang mit Unionsrecht und nationalem Recht, einschließlich zum Schutz personenbezogener Daten, erfolgen.
15.Personen, die die Außengrenze ohne Grenzübertrittskontrolle überschritten haben, sollten systematisch überprüft werden. Die Personenüberprüfungen dienen dem Zweck, Personen zu identifizieren, Sicherheits- und Gesundheitskontrollen durchzuführen und die überprüften Personen an die geeigneten Verfahren zu verweisen.
16.Die Fähigkeit zur Aufdeckung oder Verhinderung von grenzüberschreitender Kriminalität und Terrorismus an den Außengrenzen sollte auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene gestärkt werden. Die zuständigen Grenzkontrollbehörden können in Zusammenarbeit mit anderen einschlägigen Strafverfolgungsbehörden und Agenturen der EU wie Europol und Frontex dazu beitragen, grenzüberschreitende Kriminalität an den Außengrenzen aufzudecken und zu verhindern, und insbesondere zur Entdeckung ausländischer terroristischer Kämpfer oder Personen, die grenzüberschreitende Straftaten begehen, beispielsweise Schleuser und Waffenhändler, beitragen.
17.Das Handbuch von Frontex zur Aufdeckung von Feuerwaffen ist ein wichtiges Instrument zur Schulung von Grenzschutzbeamten und Zollbehörden nicht nur in der EU, sondern auch in Nachbarländern.
18.Grenzschutzbeamte sollten auch darauf vorbereitet sein, Opfer von Straftaten, insbesondere Opfer von Menschenhandel, zu identifizieren, ihnen erste Unterstützung zu leisten und sie an geeignete Dienste zu verweisen.
19.Grenzschutzbeamte sollten über ausreichende Kapazitäten, eine entsprechende Ausbildung sowie Mechanismen und Verfahren zur Identifizierung schutzbedürftiger Personen und unbegleiteter Minderjähriger sowie zur Identifizierung von Personen verfügen, die internationalen Schutz benötigen oder einen solchen Schutz beantragen wollen, damit diese Personen an die einschlägigen Verfahren und Behörden verwiesen werden können.
20.Der Schengener Grenzkodex erlaubt es im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit dem betroffenen Mitgliedstaat, als letztes Mittel vorübergehend wieder Kontrollen an seinen Binnengrenzen einzuführen. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch zunächst die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit derartiger Maßnahmen sicherstellen und dazu alternative Maßnahmen in Erwägung ziehen wie die Durchführung von Polizeikontrollen im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Ist die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen erforderlich, sollten die Mitgliedstaaten korrigierende Maßnahmen ergreifen, um die Beeinträchtigung von Reisen innerhalb des Schengen-Raums auf ein Minimum zu beschränken.
Komponente 2: „Such- und Rettungseinsätze für Menschen in Seenot, die im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 656/2014 und dem Völkerrecht eingeleitet und durchgeführt werden, und die in Situationen erfolgen, die sich unter Umständen während einer Grenzüberwachungsaktion auf See ergeben“ 8
Politische Prioritäten
Der Schutz und die Rettung von Menschenleben an den Außengrenzen ist eine der obersten Prioritäten des integrierten europäischen Grenzmanagements. Die Fähigkeit und die operative Bereitschaft zur Durchführung von Such- und Rettungseinsätzen sowie die Zusammenarbeit aller Beteiligten sollten ein wichtiger und integraler Bestandteil der Grenzüberwachungseinsätze an den Seeaußengrenzen sein, um den sich aus dem EU-Recht und dem Völkerrecht 9 ergebenden Such- und Rettungspflichten der Mitgliedstaaten nachzukommen.
Strategische Leitlinien
1.Die Zusammenarbeit zwischen den Such- und Rettungsbehörden der Mitgliedstaaten und mit anderen Behörden, die möglicherweise an Such- und Rettungseinsätzen beteiligt sind, sollte unter anderem durch die Förderung des Dialogs mit allen einschlägigen Akteuren in diesem Bereich verstärkt werden. Dies dient der Verringerung der Zahl der Todesfälle auf See, der Aufrechterhaltung der Schiffsverkehrssicherheit und der Gewährleistung eines wirksamen Migrationsmanagements gemäß den einschlägigen gesetzlichen Verpflichtungen und im Einklang mit der Empfehlung (EU) 2020/1365 der Kommission 10 .
2.Die Such- und Rettungsaktionen sollten besser aufeinander abgestimmt werden. Die Europäische Kontaktgruppe für Such- und Rettungseinsätze sollte die Mittel der Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Flaggen- und den Küstenstaaten verbessern und bewährte Verfahren für einen zügigen und umfassenden Informationsaustausch erarbeiten. 11
3.Die Behörden der EU und der Mitgliedstaaten sollten ihre Zusammenarbeit mit vorrangigen Drittstaaten und internationalen Organisationen verstärken. Dazu gehört auch der Ausbau der operativen Zusammenarbeit von Behörden in Drittstaaten mit EU-Agenturen.
4.Die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für Such- und Rettungseinsätze sollte in allen Phasen der operativen Planung und Durchführung von Überwachungseinsätzen an den Seegrenzen seitens der Agentur und der Mitgliedstaaten in vollem Umfang berücksichtigt werden. Es sollten standardisierte Regelungen und Standardeinsatzverfahren mit den Such- und Rettungsbehörden der Mitgliedstaaten (Seenotrettungsleitstelle), der nationalen Leitstelle (NCC) und der internationalen Leitstelle festgelegt und regelmäßig getestet werden. Außerdem sollten Optionen für den Aufbau ähnlicher Koordinierungsmechanismen zwischen den Mitgliedstaaten und Partnerländern geprüft werden. Zudem sollten alle Patrouillen und technischen Mittel, die an der Überwachung der Seegrenzen beteiligt sind, einschließlich gemeinsamer Aktionen oder von Frontex koordinierter Soforteinsätze zu Grenzsicherungszwecken auf See, für mögliche Such- und Rettungseinsätze angemessen ausgebildet und ausgerüstet sein sowie die Fähigkeit besitzen, erforderlichenfalls als Koordinatoren vor Ort zu fungieren. Außerdem sollten sie in Grundrechten geschult werden.
5.Die Fähigkeit zur Unterstützung von Such- und Rettungseinsätzen sollte durch die Bereitstellung der erforderlichen Schulungen für Personal, das an Überwachungseinsätzen an Seegrenzen auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene teilnimmt, weiter ausgebaut werden. Die Agentur sollte im Rahmen ihres Mandats Bedarfsanalysen durchführen und mehr operative und technische Unterstützung, einschließlich der Bereitstellung von Ausrüstung, für die Mitgliedstaaten leisten, um deren Kapazitäten zu erhöhen und so zur Rettung von Menschenleben auf See beizutragen.
6.Die Fähigkeit von EUROSUR zur Unterstützung von Such- und Rettungseinsätzen und zur Rettung von Menschenleben auf See in Situationen, die sich unter Umständen während eines Grenzüberwachungseinsatzes auf See ergeben, sollte im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und der Durchführungsverordnung (EU) 2021/581 der Kommission 12 vollständig verwirklicht und angewandt werden.
Komponente 3: „Analyse des Risikos für die innere Sicherheit und Analyse der Bedrohungen, die das Funktionieren oder die Sicherheit der Außengrenzen beeinträchtigen können“ 13
Politische Prioritäten
Das integrierte europäische Grenzmanagement sollte auf Risikoanalysen beruhen. Zuverlässige, umfassende und integrierte Risikoanalysen sollten auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene für die politische, strategische und operative Planung und Entscheidungsfindung zur Verfügung stehen und genutzt werden. Die Risikoanalyse sollte analytische Erkenntnisse und Empfehlungen für Konzepte und konkrete (rechtliche, technische und operative) Maßnahmen bereitstellen, damit aktuelle und potenzielle Risiken und Schwachstellen, die sich auf den gesamten Anwendungsbereich des integrierten europäischen Grenzmanagements auf EU-Ebene und nationaler Ebene erstrecken, rechtzeitig gemindert werden können.
Strategische Leitlinien
1.Das vom Frontex-Verwaltungsrat angenommene europäische gemeinsame integrierte Risikoanalysemodell 14 muss regelmäßig aktualisiert und von allen Mitgliedstaaten sowie auf EU-Ebene wie auf nationaler Ebene angewendet werden.
2.Um konzertierte EU-Aktionen zur Verbesserung des Außengrenzenmanagements und zur Wahrung der inneren Sicherheit zu unterstützen, sollten die Mitgliedstaaten die erforderlichen nationalen (organisatorischen, administrativen und technischen) Kapazitäten für die Durchführung einheitlicher Risikoanalysen, die Notfallplanung und Schwachstellenbeurteilungen schaffen. Die von Frontex bereitgestellten Produkte und Verfahren der Risikoanalyse sollten in den nationalen Prozess zur Erstellung von Risikoanalysen für das integrierte Grenzmanagement einbezogen werden, wobei dieser sämtliche Ebenen des Vierstufenmodells der Zugangskontrolle abdecken sollten.
3.Spezialisierte Strukturen zur Risikoanalyse, die befugt sind, einschlägige Daten von allen nationalen Behörden, die am integrierten Grenzmanagement beteiligt sind, zu erheben, zu verarbeiten und zusammenzustellen, sollten mit einer ausreichenden Zahl spezialisierter und geschulter Mitarbeiter eingerichtet und betrieben werden.
4.Risikobewertungen sollten zwar stets vor und während gemeinsamer, von Frontex koordinierter operativer Tätigkeiten durchgeführt werden, die Agentur sollte jedoch ihre Kapazitäten zur Erstellung von Ad-hoc-Risikoanalysen, die neu auftretende Bedrohungen erfassen und Prozesse des Krisenmanagements unterstützen, weiterentwickeln.
5.Die Zusammenarbeit zwischen den einschlägigen EU-Stellen und nationalen Stellen wie Zollbehörden, insbesondere zwischen Frontex, Europol, der Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA), der Agentur für Grundrechte (FRA), der EU-Asylagentur und der Kommission (gegebenenfalls einschließlich des OLAF), sollte im Bereich der Risikoanalyse weiter ausgebaut werden. Auf diese Weise soll eine umfassendere Analyse der Risiken für die Integrität der Außengrenzen und für die innere Sicherheit, einschließlich des ordnungsgemäßen Funktionierens des Schengen-Raums, gewährleistet werden. Bei der Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität in der Europäischen Union (EU SOCTA) 15 und der Ausarbeitung anderer Berichte sollten Europol und Frontex enger zusammenarbeiten, da die Risikoanalyse von Frontex einen wertvollen Beitrag zur Aufdeckung und Untersuchung grenzüberschreitender Kriminalität an den Außengrenzen leisten kann. Im EU-Aktionsplan gegen den unerlaubten Handel mit Feuerwaffen (2020-2025) wurde die Überarbeitung der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 16 angekündigt. Im Oktober 2022 nahm die Kommission einen Vorschlag für die Neufassung dieser Verordnung an, um die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr ziviler Schusswaffen besser zu regulieren. In dem Neufassungsvorschlag wird der Schwerpunkt unter anderem auf eine bessere Risikoanalyse dank Informationsaustausch zwischen den verschiedenen an der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr ziviler Schusswaffen, wesentlicher Bestandteile und Munition beteiligten Behörden gelegt. Die EU-Drogenstrategie und der EU-Drogenaktionsplan (2021-2025) verfolgen einen faktengestützten, integrierten, ausgewogenen und multidisziplinären Ansatz in Bezug auf das Drogenphänomen innerhalb der EU sowie auf internationaler Ebene und setzen auf starke Maßnahmen zur Nachfrageverringerung, einschließlich der verstärkten Aufdeckung des illegalen Großhandels mit Drogen und Drogenausgangsstoffen an den Ein- und Ausgangsstellen der EU und der Inangriffnahme der Verbindungen mit anderen Sicherheitsbedrohungen.
6.Die Agentur sollte ihre Prognosekapazitäten weiter ausbauen, indem sie möglichst umfassende Quellen notwendiger, zuverlässiger und relevanter Informationen nutzt.
7.Unter strategischen Gesichtspunkten stellt die alle zwei Jahre erfolgende strategische Risikoanalyse ein wesentliches Instrument dar, das der Agentur die Entwicklung eines langfristigen Verständnisses der Migrationsströme in die und innerhalb der EU unter den Aspekten der Migrationstendenzen, -volumen und -routen ermöglichen sollte. Sie wird auch dazu beitragen, die Herausforderungen – zu denen unter anderem gefälschte Reisedokumente gehören – an den Außengrenzen und innerhalb des Schengen-Raums sowie im Bereich der Rückkehr zu ermitteln und somit die politische Entscheidungsfindung und die Entwicklung langfristiger Fähigkeiten zu unterstützen. Weitere Schwerpunkte der ermittelten Herausforderungen sollten Phänomene mit geringer Wahrscheinlichkeit aber schweren Auswirkungen sein, beispielsweise Pandemien und die sich daraus ergebenden Gesundheitsgefahren. Die jeweils neueste verfügbare Analyse sollte sich stets in der Umsetzung des mehrjährigen strategischen Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement widerspiegeln und von der Agentur in der technischen und operativen Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement sowie von den Mitgliedstaaten in ihren nationalen Strategien berücksichtigt werden.
8.Nach jeder Veröffentlichung einer strategischen Risikoanalyse sollte die Agentur mit den Mitgliedstaaten und der Kommission diskutieren, wie die Qualität und die Funktionalität dieser zweijährigen Analyse verbessert werden können.
9.Im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und unter uneingeschränkter Achtung der Anforderungen der EU-Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten sollte ein förmlicher Mechanismus für den Austausch von Informationen und Erkenntnissen mit Drittstaaten, insbesondere mit potenziellen Herkunftsländern und relevanten Transitländern, eingerichtet werden. Zur Verbesserung der Risikoanalyse und im Hinblick auf gezieltere operative Maßnahmen sollte dieser Mechanismus von den Mitgliedstaaten und Frontex beibehalten und weiterentwickelt werden.
Komponente 4: „Informationsaustausch und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in den von der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache erfassten Bereichen sowie Informationsaustausch und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache, darunter auch mit Blick auf die von der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache koordinierte Unterstützung“ 17
Politische Prioritäten
Europäische und nationale Kapazitäten sollten in koordinierter und integrierter Weise aufgebaut, genutzt und entwickelt werden, um die wirksame und einheitliche Umsetzung sämtlicher Aspekte des integrierten europäischen Grenzmanagements unter allen Umständen und auf allen Ebenen des Vierstufenmodells der Zugangskontrolle zu gewährleisten. Die aus der Agentur und den für Grenzschutz und Rückkehr zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bestehende Europäische Grenz- und Küstenwache sollte über eine ständige und erprobte Bereitschaft verfügen, auf alle denkbaren Vorfälle an den Außengrenzen sowie alle neuen, das Funktionieren der Grenzkontrollen und der Rückkehr beeinträchtigende Phänomene zu reagieren. Eine Soforteinsatzkapazität und die erforderlichen Fähigkeiten zur wirksamen Durchführung verschiedener Arten gemeinsamer Aktionen an allen Außengrenzabschnitten sollten vorhanden sein. Der Informationsaustausch im Sinne dieser Komponente sollte zeitnah erfolgen.
Strategische Leitlinien
1.Die Mitgliedstaaten sollten für sämtliche Aufgabenbereiche und Tätigkeiten der Europäischen Grenz- und Küstenwache wirksame nationale Koordinationsmechanismen und Arbeitsverfahren einrichten, um sowohl auf nationaler Ebene als auch in der Zusammenarbeit mit Frontex Effizienz zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten sollten im Einklang mit Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache über eine nationale Kontaktstelle (rund um die Uhr erreichbar) verfügen, die für sämtliche Angelegenheiten bezüglich der Tätigkeiten der Agentur zuständig ist. Die nationale Kontaktstelle sollte alle nationalen Behörden vertreten, die an Grenzmanagement und Rückkehr beteiligt sind. Die nationale Kontaktstelle sollte getrennt vom nationalen Koordinierungszentrum bestehen, das für den Informationsaustausch innerhalb von EUROSUR zuständig ist.
2.Das Lagebewusstsein, die Reaktionsfähigkeit und die Rolle des nationalen Koordinierungszentrums sollten im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und der Durchführungsverordnung (EU) 2021/581 der Kommission weiter gestärkt und integriert werden. Jeder Mitgliedstaat muss über ein voll funktionsfähiges nationales Koordinierungszentrum gemäß Artikel 21 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache verfügen.
3.Die mit Überwachungsinstrumenten gesammelten Informationen, die von den nationalen Koordinierungszentren zusammengefasst und weiter verbreitet werden, sollten sowohl zur Stärkung der Echtzeit-Reaktionsfähigkeit (z. B. bei Abfangmaßnahmen) als auch zu Zwecken der Risikoanalyse genutzt werden.
4.Bestehende und zukünftige Instrumente für den Informationsaustausch, insbesondere EUROSUR, sollten in vollem Umfang genutzt werden. In diesem Zusammenhang sollte für eine wirksame Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den an den Tätigkeiten der Europäischen Grenz- und Küstenwache beteiligten nationalen Behörden und Frontex gesorgt werden. Eine solche Zusammenarbeit und Koordinierung sollte im Rahmen von EUROSUR insbesondere von den einzelnen nationalen Koordinierungszentren erfolgen.
5.Die Mitgliedstaaten sollten alle erforderlichen Informationen zur Lage, zu den Trends und potenziellen Bedrohungen an den Außengrenzen sowie zur Rückkehr regelmäßig mit der Agentur austauschen. Eine Doppelung dieser Informationen sollte vermieden werden. Deshalb sollte es einen Mechanismus zur Sicherstellung der Interoperabilität unterschiedlicher Informationskanäle geben, um den Informationsaustausch zu erleichtern und das Lagebewusstsein zu verbessern.
6.Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen bereitstellen und über eine ständige operative Bereitschaft zur Erfüllung ihrer rechtlichen Verpflichtung bezüglich der obligatorischen Beiträge sowie der Leistung freiwilliger Beiträge zu den von Frontex koordinierten kollektiven europäischen Fähigkeiten verfügen, insbesondere zur ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache und zum Pool für technische Ausrüstung.
7.Die Mitgliedstaaten und die Agentur sollten dafür sorgen, dass die ständige Reserve schrittweise wächst, damit sie bis 2027 ihre volle Kapazität von 10 000 Beamten erreichen kann. Wesentliche Faktoren bei der Bekämpfung der irregulären Migration und der Bedrohungen der Grenzsicherheit sind eine angemessene Personalausstattung und Einsatzkapazität, damit an den betroffenen Grenzabschnitten eine schnelle Reaktion und die Bereitstellung zusätzlicher Kapazitäten möglich sind.
8.Die Agentur sollte ein umfassendes operatives Konzept ausarbeiten. Dieses Konzept sollte mindestens ein Konzept für die Entsendung der ständigen Reserve, ihrer operativen Leistung und ihres Kapazitätsbedarfs im Hinblick auf unterschiedliche Bedrohungen und operative Umgebungen, klare Befehls- und Managementstrukturen, logistische Unterstützung und den internen Qualitätskontrollmechanismus gemäß Artikel 62 Absatz 10 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache enthalten.
9.Der Frontex-Verwaltungsrat sollte das operative Konzept für die ständige Reserve annehmen und regelmäßig überprüfen, damit eine größere Effizienz der Agentur gewährleistet werden kann. Dies wird es ermöglichen, die Durchführung der operativen und technischen Aufgaben der Agentur, insbesondere im Hinblick auf die Einleitung von Soforteinsätzen zu Grenzsicherungszwecken in besonderen Krisen (einschließlich Instrumentalisierungsfällen) besser zu steuern und sicherzustellen, dass die ständige Reserve und die Ausrüstung im Krisenfall rechtzeitig eingesetzt werden.
10.Mitgliedstaaten sollten über erprobte Aufnahmekapazitäten verfügen, damit sie erforderlichenfalls durch die Entsendung der ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache Unterstützung erhalten können.
11.Die Mitgliedstaaten und die Agentur sollten über wirksame Planungs‑, Koordinierungs- und Durchführungskapazitäten verfügen, um auf Risikoanalysen beruhende Aktionen an den Außengrenzen und/oder in Drittstaaten gemäß den in der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache festgelegten Bedingungen zu organisieren. Der erkenntnisgestützte Planungsprozess sollte zwischen der Agentur und den Mitgliedstaaten koordiniert und abgestimmt werden, damit eine wirksame Nutzung der Ressourcen gewährleistet werden kann.
12.Die Agentur sollte das Konzept der gemeinsamen Aktionen weiterentwickeln und dabei für ausreichende Flexibilität und die Fähigkeit sorgen, dem jeweiligen operativen Szenario entsprechend unterschiedliche Modelle anzuwenden.
13.Frontex sollte die Einbeziehung der Ergebnisse von Schwachstellenbeurteilungen in die Bereitschaftsbewertung, die Notfallplanung und die Bedarfsanalyse weiter verbessern. Dadurch wird sichergestellt, dass die Mitgliedstaaten nicht nur in der Lage sind, ihre Außengrenzen zu sichern, sondern dass sie auch ihren Anteil an der ständigen Reserve, einschließlich der Beiträge für Soforteinsätze und den Pool für technische Ausrüstung, erbringen können. Bei diesem Vorgang sollte die Agentur auch Synergien zwischen dem Schengen-Evaluierungsmechanismus und der Schwachstellenbeurteilung in Betracht ziehen.
14.Der Informationsaustausch zählt zu den wichtigsten Komponenten der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Frontex. Der Austausch muss auf sichere Art und Weise über das spezielle Kommunikationsnetz erfolgen, insbesondere wenn er Verschlusssachen bis zum Geheimhaltungsgrad „CONFIDENTIEL UE/EU CONFIDENTIAL“ betrifft. Die Mitgliedstaaten und Frontex müssen jederzeit die Anforderungen der EU-Datenschutzvorschriften und der Informationssicherheit im Einklang mit den von der Agentur festgelegten Sicherheitsvorschriften erfüllen.
15.Die Agentur muss für eine ständige Überwachung und ein kontinuierliches Lagebewusstsein sorgen und die betreffenden Informationen mittels EUROSUR an die nationalen Koordinierungszentren weitergeben, um insbesondere Echtzeitmeldungen über das Grenzgebiet und den entsprechenden Grenzvorbereich im Zusammenhang mit der Krisensituation bereitzustellen.
16.Die mehrjährige Strategie für die Entwicklung und den Erwerb der technischen Kapazitäten der Agentur und der zugehörige Durchführungsplan müssen als flexible Instrumente zur Schaffung langfristiger Lösungen für die Ausstattung der ständigen Reserve mit technischen Mitteln, einschließlich der Möglichkeit zur Aktivierung alternativer Optionen für besonders dringenden Bedarf (d. h. Luftüberwachung) dienen.
17.Das Konzept der Anlaufstellen sollte weiterentwickelt werden, indem der Schwerpunkt auf die Gewährleistung einer wirksamen operativen Reaktion gelegt wird, insbesondere in den Hotspots an den Außengrenzen und an den Grenzübergangsstellen; dies schließt eine Komponente des Kapazitätsaufbaus ein.
18.Die technischen Standards der Agentur für Ausrüstung und für den Informationsaustausch, einschließlich der Standards für die Verbindung von Systemen und Netzen, sollten von der gesamten Europäischen Grenz- und Küstenwachegemeinschaft einheitlich angewendet werden. Die Europäische Grenz- und Küstenwache sollte gemeinsam ein Standardisierungsverfahren erarbeiten, um die Interoperabilität und Kompatibilität der verwendeten Ausrüstung mit den einschlägigen Informations- und Kommunikationssystemen sowie mit EUROSUR zu gewährleisten.
19.Frontex und die Mitgliedstaaten sollten unterstützt von eu-LISA innerhalb ihrer jeweiligen Zuständigkeiten geeignete Methoden (Statistik, Profile, Austausch zu Vorgehensweisen) für die Verhinderung des Missbrauchs legaler Kanäle und die Überwachung für die Zeit nach der Visaliberalisierung entwickeln, einschließlich einer effizienten Nutzung der einschlägigen Instrumente in den neuen Informationssystemen (VIS, ETIAS, EES usw.).
Komponente 5: „[S]tellenübergreifende Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden im jeweiligen Mitgliedstaat, die für Grenzkontrollen oder andere Aufgaben an den Grenzen zuständig sind, sowie zwischen den für die Rückkehr zuständigen Behörden im jeweiligen Mitgliedstaat, einschließlich eines regelmäßigen Informationsaustauschs über vorhandene Systeme; falls angezeigt, umfasst dies auch die Zusammenarbeit mit den für den Schutz der Grundrechte zuständigen nationalen Stellen“ 18
Politische Prioritäten
Das integrierte europäische Grenzmanagement sollte auf Kooperation ausgerichtet sein. Die stellenübergreifende Zusammenarbeit sollte auf nationaler Ebene gut etabliert sein, um die umfassende, sektorübergreifende, vernetzte und kosteneffiziente Umsetzung des integrierten Grenzmanagements – auch unter den für den Schutz der Grundrechte zuständigen nationalen Stellen wie nationale Menschenrechtsinstitutionen, Ombudsstellen, nationale Präventivmechanismen und gegebenenfalls nationale Überwachungsmechanismen – zu gewährleisten. Die Arbeitsteilung, die Kooperationsstrukturen, die gemeinsame Nutzung von Kapazitäten, die Kommunikationskanäle und die abgestimmten Arbeitsverfahren sollten genau definiert und konsolidiert werden.
Strategische Leitlinien
1.Die stellenübergreifende Zusammenarbeit zwischen allen am Grenzmanagement maßgeblich beteiligten Behörden sollte anhand klar definierter Regeln und Verfahren erfolgen. Der Rahmen für diese Zusammenarbeit sollte die institutionellen und administrativen Besonderheiten der jeweiligen Mitgliedstaaten nicht außer Acht lassen. Er sollte durch Kooperationsvereinbarungen umgesetzt werden, in denen konkrete Formen der Zusammenarbeit sowie konkrete Maßnahmen festgelegt werden.
2.Zu den Schlüsselbereichen der Zusammenarbeit sollten der wirksame Informationsaustausch, gemeinsame Risikoanalysen, gemeinsame Aktionen und die gemeinsame Nutzung europäischer und nationaler Kapazitäten im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten, Schulungen sowie der Schutz und die Förderung von Grundrechten in allen Grenzmanagementtätigkeiten und Einsätzen gehören. Im Bereich der Seegrenzen ist die für 2024 geplante Einrichtung eines Gemeinsamen Informationsraums für den maritimen Bereich (CISE) für die Aufrechterhaltung eines maritimen Lagebewusstseins von Bedeutung. Der CISE wird einen sicheren sektor- und grenzübergreifenden Informationsaustausch zwischen verschiedenen Meeresüberwachungsbehörden der EU- und EFTA-Mitgliedstaaten wie Küstenwachen, Grenzschutzbeamten, Zoll, für die allgemeine Strafverfolgung zuständige Behörden, Fischereiaufsicht usw. ermöglichen.
3.Im Rahmen der einzelnen nationalen Strategien sollte ein zentraler Mechanismus zur Sicherstellung einer effizienten Abstimmung zwischen der nationalen Behörde, die für die allgemeine Aufsicht über das integrierte Grenzmanagement zuständig ist, und allen nationalen Behörden mit Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Grenzmanagements sowie den entsprechenden Behörden in anderen Mitgliedstaaten eingerichtet werden.
Die bilaterale regionale und multilaterale operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sollte weiterentwickelt werden, soweit diese Zusammenarbeit mit den Aufgaben der Agentur vereinbar ist. Die Unterstützung der Agentur und die gemeinsamen europäischen Fähigkeiten und Instrumente (z. B. EUROSUR) sollten in vollem Umfang genutzt werden.
4.Die Zollkontrolle ist nicht Teil des Schengen-Besitzstands, und nicht alle assoziierte Schengen-Staaten sind Mitglieder der Zollunion. Daher ist die Zollkontrolle nicht unmittelbar Teil des Konzepts des integrierten europäischen Grenzmanagements. Die mit Aufgaben der inneren Sicherheit befassten Zollbehörden und andere an den Außengrenzen tätige Behörden sind jedoch im Rahmen der stellenübergreifenden Zusammenarbeit am integrierten europäischen Grenzmanagement beteiligt. Die Zusammenarbeit zwischen Grenzschutz und Zoll als strategische Partner sollte auf allen Ebenen weiterentwickelt werden, um eine bessere Integration der Personen- und Warenkontrollen zu erreichen und einen reibungslosen, sicheren Grenzübertritt zu gewährleisten. Konkret bedeutet dies, dass es einen eindeutig festgelegten Rechtsrahmen für die Zusammenarbeit zwischen Grenzschutz- und Zollbehörden geben sollte, der eine klar definierte Arbeitsteilung, funktionale Kooperationsstrukturen und ein interoperables technisches Umfeld umfasst und eine enge, praktische Zusammenarbeit auf allen Ebenen sicherstellt.
5.Die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden im Zusammenhang mit der Unterstützung des Grenzmanagements und der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität sollte auf nationaler Ebene weiterentwickelt werden. Dies wird eine bessere Koordinierung und eine wirksame und kosteneffiziente Nutzung von Informationen, Fähigkeiten und Systemen gewährleisten. Dies ist notwendig, um grenzüberschreitende Kriminalität, Terrorismus und irreguläre Einwanderung zu verhindern und zur Rettung der Leben von Migranten beizutragen. Diese Zusammenarbeit sollte auf einer klaren Rechtsgrundlage, Kooperationsvereinbarungen und Standardeinsatzverfahren beruhen. Aufgaben der Grenzkontrolle sollten stets von der zuständigen nationalen Behörde wahrgenommen werden.
6.Darüber hinaus sollte die Zusammenarbeit durch die Europäische multidisziplinäre Plattform gegen kriminelle Bedrohungen (EMPACT) 19 erleichtert und ausgebaut werden. Dabei handelt es sich um ein dauerhaftes Instrument und einen robusten Rahmen für die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten, der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU sowie zahlreicher Partner aus verschiedenen Disziplinen zur Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität.
Komponente 6: „Zusammenarbeit zwischen den einschlägigen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union in den von der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache erfassten Bereichen, einschließlich eines regelmäßigen Informationsaustauschs“ 20
Politische Prioritäten
Das integrierte europäische Grenzmanagement sollte auf Kooperation ausgerichtet sein. Die stellenübergreifende Zusammenarbeit der Europäischen Grenz- und Küstenwache mit anderen europäischen Beteiligten sollte gut etabliert sein, um eine umfassende, sektorübergreifende, vernetzte und kosteneffiziente Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements zu gewährleisten.
Strategische Leitlinien
1.Zunächst muss die stellenübergreifende Zusammenarbeit auf EU-Ebene durch Kooperationsvereinbarungen, insbesondere durch Arbeitsvereinbarungen, die Frontex mit den in Artikel 68 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache genannten einschlägigen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union schließt, funktionsfähig gemacht werden. Die wichtigsten Bereiche der Zusammenarbeit betreffen einen effektiven Informationsaustausch, gemeinsame Risikoanalysen, gemeinsame Aktionen und die gemeinsame Nutzung europäischer Fähigkeiten innerhalb der jeweiligen Zuständigkeiten Das Konzept der Mehrzweckeinsätze auf der Grundlage von Risikoanalysen sollte auf EU-Ebene weiterentwickelt werden, dabei aber die zentralen Aufgaben und Zuständigkeiten der an solchen Einsätzen beteiligten Akteure auf EU-Ebene uneingeschränkt achten.
2.Das volle Potenzial bestehender und künftiger Instrumente für den Informationsaustausch, insbesondere EUROSUR, sollte auf EU-Ebene operativ genutzt werden. Die Erfassung von Informationen durch die Dienste von EUROSUR zur Zusammenführung von Daten sollte durch die Anwendung von Arbeitsvereinbarungen zwischen Frontex und den jeweiligen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU weiterentwickelt werden, damit den Mitgliedstaaten und Frontex Mehrwert-Informationsdienstleistungen in Bezug auf das integrierte europäische Grenzmanagement zur Verfügung gestellt werden können.
3.Die europäische Zusammenarbeit bei Aufgaben der Küstenwache sollte weiter ausgebaut werden, um sowohl auf Ebene der EU als auch auf nationaler Ebene ein besseres maritimes Lagebild zu erhalten und ein kohärentes, kosteneffizientes Vorgehen zu unterstützen. Zur Förderung einer harmonisierten Umsetzung dieser Zusammenarbeit auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene sollte der „Leitfaden“ zur europäischen Zusammenarbeit bei den Aufgaben der Küstenwache 21 breite Anwendung finden.
4.Die Interoperabilität zwischen einschlägigen EU-weiten Informationssystemen (EES, ETIAS, SIS, VIS, Eurodac und ECRIS-TCN) sollte zügig umgesetzt und bei Bedarf weiterentwickelt werden, um eine effektivere Nutzung verschiedener Instrumente zu gewährleisten. Vier neue Interoperabilitätskomponenten − das Europäische Suchportal (ESP), der gemeinsame Dienst für den Abgleich biometrischer Daten (sBMS), der gemeinsame Speicher für Identitätsdaten (CIR) und der Detektor für Mehrfachidentitäten (MID) − werden als Teil der Systemarchitektur die Ziele unterstützen. Sie werden die korrekte Identifizierung von Personen ermöglichen, zur Bekämpfung von Identitätsbetrug beitragen und die Zugriffsbedingungen für die zuständigen Behörden vereinfachen.
5.Gegebenenfalls sollte das Hotspot-Konzept einschließlich der Standardeinsatzverfahren zur Anwendung kommen. Alle einschlägigen Agenturen (Frontex, EU-Asylagentur, Europol und FRA) sollten ständig zur Unterstützung von Hotspots im Einklang mit dem angenommenen Konzept bereit sein 22 . In den Mitgliedstaaten sollte eine rechtliche und operative Bereitschaft zur Aufnahme oder Unterstützung europäischer Hotspots bestehen. Wo Teams zur Unterstützung der Migrationsverwaltung nach Artikel 40 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache eingerichtet werden können und eingerichtet werden, koordiniert die Kommission diese Teams gemäß der Verordnung.
6.Die Koordination und Kooperation zwischen Europol, Eurojust, Frontex sowie den zuständigen nationalen Behörden im Rahmen von EMPACT, der Europäischen multidisziplinären Plattform gegen kriminelle Bedrohungen 23 , sollte in sämtlichen Prozessphasen ausgebaut werden. Die Zusammenarbeit zwischen Frontex und Europol sollte auf die Erleichterung der Identifizierung von Verdächtigen in Fällen grenzüberschreitender Kriminalität unter voller Einhaltung aller für die Aufgaben der beiden Agenturen geltenden Bestimmungen und der EU-Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten abzielen.
7.Der Schwerpunkt der aktiven Beteiligung von Frontex und nationalen Grenzschutzbehörden sollte auf denjenigen strategischen Schwerpunktbereichen liegen, die unmittelbar mit den Außengrenzen und Grenzkontrollaufgaben verbunden sind. Dabei sind stets die jeweiligen Mandate und einschlägigen Verordnungen zu beachten.
8.Frontex sollte mit der Kommission (einschließlich des OLAF) zusammenarbeiten, um insbesondere bei der Entwicklung von Grenzmanagementmaßnahmen in Drittstaaten beratend tätig zu sein; wo dies relevant ist, sollte die Agentur sich gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Auswärtigen Dienst an Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Zollbereich beteiligen, wobei dies auch Risikomanagement und Betrugsbekämpfung einschließt, soweit diese Tätigkeiten einander ergänzen.
Komponente 7: „Zusammenarbeit mit Drittstaaten in von der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache erfassten Bereichen mit besonderem Schwerpunkt auf benachbarten Drittstaaten und jenen Drittstaaten, die entsprechend den Risikoanalysen als Herkunfts- oder Transitländer für illegale Einwanderung zu betrachten sind“ 24
Politische Prioritäten
Die Mitgliedstaaten und die Agentur sollten im Hinblick auf das integrierte europäische Grenzmanagement und die Migrationspolitik der EU mit Drittstaaten zusammenarbeiten. Die praktische Zusammenarbeit im Bereich des integrierten europäischen Grenzmanagements mit Drittstaaten auf nationaler und EU-Ebene sollte im Einklang mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) stehen und muss dem Unionsrecht und dem Völkerrecht, einschließlich der Grundrechte und des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, entsprechen, um irreguläre Einwanderung zu verhindern und zu bekämpfen, wirksame Rückkehraktionen zu fördern, grenzüberschreitende Kriminalität zu verhindern und legale Reisen zu erleichtern.
Die Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Förderung des integrierten europäischen Grenzmanagements dient insbesondere dem Aufbau ihrer strategischen und operativen Kapazitäten sowie ihrer Kooperationsfähigkeiten in den Bereichen der Grenzkontrolle, der Risikoanalyse und der Rückkehr und Rückübernahme, wobei die allgemeinen Beziehungen der EU zu diesen Ländern zu berücksichtigen sind. In dieser Hinsicht ist die Förderung europäischer Werte und Standards in Drittstaaten von entscheidender Bedeutung. Den Nachbarschaftsländern der EU sowie den Herkunfts- und Transitländern für irreguläre Einwanderung sollte Vorrang eingeräumt werden. Die Fähigkeit und Bereitschaft dieser Länder, irreguläre Migration zu verhindern, ein wirksames Grenzmanagement zu betreiben und Migrationsströme Richtung EU zu kontrollieren, sind von entscheidender Bedeutung für eine wirksame Bewältigung der Migrationsherausforderungen. Dies trägt zum Aufbau von auf Gegenseitigkeit beruhenden und umfassenden Partnerschaften zu den Herkunfts- und Transitländern im Bereich Migration bei.
Strategische Leitlinien
1.Die Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Bereich des integrierten europäischen Grenzmanagements sollte auf Vereinbarungen und/oder Abkommen beruhen und muss in vollem Einklang mit dem Unionsrecht, einschließlich des Schutzes personenbezogener Daten und der Achtung der Grundrechte, sowie mit dem Völkerrecht, einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, erfolgen. In diesen Vereinbarungen (einschließlich Statusvereinbarungen und Arbeitsvereinbarungen) sollten die zuständigen Behörden, Kooperationsstrukturen und der Umfang der Zusammenarbeit festgelegt und Regeln für die Zuweisung der Zuständigkeiten aufgestellt werden.
2.Die operative Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten wird gefördert, wenn diese Zusammenarbeit mit dem Mandat und der Arbeitsweise von Frontex und mit dem Erreichen ihrer Ziele sowie mit den allgemeinen Beziehungen der EU zu diesen Ländern vereinbar ist.
3.Der Informationsaustausch, insbesondere über EUROSUR, zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten sollte im Rahmen bilateraler oder multilateraler Vereinbarungen oder Abkommen erfolgen. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten der Empfehlung der Kommission zu den Musterbestimmungen für den Informationsaustausch im Rahmen von EUROSUR folgen, die gemäß Artikel 76 Absatz 2 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache 25 angenommen wurden.
4.Um die Transparenz zu verbessern, sollte Frontex im Einklang mit ihrer Strategie für die internationale Zusammenarbeit auf EU-Ebene stets einen Überblick über die bestehende operative Zusammenarbeit mit Drittstaaten auf dem Gebiet des Grenzmanagements und der Rückkehr erstellen. Diesem Überblick sollten Informationen zugrunde liegen, die insbesondere bei den Mitgliedstaaten, der Kommission und EU-Agenturen eingeholt wurden.
5.Bei der in Zusammenarbeit mit Dritten durchgeführten Erstellung spezifischer Lagebilder für EUROSUR sollten die Mitgliedstaaten und Frontex die von Frontex entwickelten technischen und operativen Standards für den Informationsaustausch einhalten und fördern.
6.Operative Tätigkeiten von Frontex in Drittstaaten sind im Einklang mit zwischen der EU und dem betreffenden Drittstaat geschlossenen Statusvereinbarungen bzw. im Einklang mit Arbeitsvereinbarungen, die zwischen Frontex und den zuständigen Behörden des Drittstaats geschlossen wurden, zu planen und durchzuführen. Sowohl Status- als auch Arbeitsvereinbarungen sollten die jeweiligen, von der Kommission angenommenen Mustervereinbarungen 26 zugrunde liegen.
7.Auch wenn die Zusammenarbeit mit Drittstaaten außerhalb des Hoheitsgebiets der Europäischen Union stattfindet, muss die Zusammenarbeit mit Drittstaaten mit dem Unionsrecht und dem Völkerrecht im Einklang stehen, wobei dies Normen und Standards einschließt, die Teil der EU-Rechtsvorschriften sind. Der Austausch personenbezogener Daten mit Drittstaaten muss den Anforderungen der EU-Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten entsprechen.
8.Die multilaterale und regionale Zusammenarbeit mit Drittstaaten sollte gestärkt werden. Die nationalen Koordinierungszentren der Mitgliedstaaten sollten als Kontaktstellen für den Informationsaustausch mit Nachbarländern und anderen relevanten Ländern genutzt werden.
9.Gemäß des neuen EU-Aktionsplans gegen die Schleusung von Migranten 27 sollte die Zusammenarbeit mit wichtigen Drittstaaten zur Verhinderung und Bekämpfung der Schleusung von Menschen verstärkt werden, unter anderem durch die Aufnahme operativer Partnerschaften zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität 28 . Diese Zusammenarbeit wird von den EU-Agenturen, insbesondere Frontex, Europol, Eurojust und die Agentur der Europäischen Union für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (CEPOL) gemäß ihrer Mandate unterstützt. Die operative Zusammenarbeit wird außerdem über die Finanzhilfe der EU gefördert.
10.Soweit Netze von Verbindungsbeamten ein erkennbares Potenzial aufweisen, Beiträge zu verschiedenen, mit dem integrierten europäischen Grenzmanagement auf nationaler und EU-Ebene zusammenhängenden Aufgabenbereichen zu leisten, sollten diese von der Agentur wirksam koordiniert und gut unterstützt werden, damit die operativen Fähigkeiten und die Effektivität maximiert werden können. Die Kooperations- und Meldekanäle und die Meldeformulare sollten auf allen Ebenen klar und eindeutig sein. Es sollten ständige, flexible Kapazitäten vorhanden sein, um bei operativem Bedarf Verbindungsbeamte mit einschlägigen Kompetenzen oder Expertenteams an verschiedene Orte zu entsenden. Frontex sollte auf der Grundlage von Informationen der Mitgliedstaaten und anderer einschlägiger EU-Einrichtungen über ein vollständiges Lagebild der verschiedenen Arten europäischer Verbindungsbeamter (Frontex-Verbindungsbeamte, europäische Verbindungsbeamte für Migration, europäische Verbindungsbeamte für Rückkehrfragen, Verbindungsbeamte anderer Agenturen) und der nationalen Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen verfügen. Die erfassten Informationen sollten die Risikoanalyse und das Lagebewusstsein auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene, einschließlich des gemeinsamen Informationsbildes des Grenzvorbereichs, bereichern. Die Frontex-Verbindungsbeamten sollten darüber hinaus im Rahmen der Gesamtkoordinierung der EU-Politik in ihrem Einsatzland sämtliche Informationen mit der EU-Delegation in diesem Land austauschen. Das Netz von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen sollte in vollem Umfang genutzt werden, um die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen in Drittstaaten zu verbessern.
11.Arbeitsbesuche in Drittstaaten zum Kapazitätsaufbau in Verbindung dem integrierten Grenzmanagement, technische Beratung, Schulungen oder Unterstützung mit technischer Ausrüstung sollten von der EU abgestimmt und überwacht werden. Frontex sollte weiterhin von der EU finanzierte Projekte und Programme zum Kapazitätsaufbau im Zusammenhang mit integriertem Grenzmanagement in EU-Kandidatenländern und anderen vorrangigen Drittstaaten durchführen, insbesondere dort, wo diese Projekte und Programme dem Zweck des Aufbaus der Kapazitäten von Drittstaaten in den Bereichen Grenzkontrolle, Risikoanalyse, Rückkehr und Rückübernahme 29 dienen, und die Kommission über diese Projekte und Programme informieren. Frontex sollte ferner eng mit Durchführungspartnern der Kommission zusammenarbeiten, um während der gesamten Durchführung von Grenzmanagementmaßnahmen in benachbarten Drittstaaten und in anderen vorrangigen Drittstaaten beratend tätig zu sein; den Durchführungspartnern wird außerdem empfohlen, sich während des gesamten Projekts von der Agentur in diesen Angelegenheiten beraten zu lassen. Von den Mitgliedstaaten geleitete Projekte sollten in enger Zusammenarbeit mit Frontex durchgeführt werden; das Fachwissen der Agentur sollte in sämtlichen Projektphasen voll ausgeschöpft werden. Die Agentur sollte auch einen umfassenden Überblick über laufende und geplante Projekte zum Kapazitätsaufbau im Bereich des integrierten Grenzmanagements und Arbeitsbesuche in Drittländern erstellen.
12.Die Zusammenarbeit und Komplementarität zwischen zivilen, durch eine Komponente des Grenzmanagements gekennzeichneten Entsendungen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und Frontex sollte mit Blick auf die Sicherstellung des Lagebewusstseins, zur Unterstützung von Risikoanalysen und zur Förderung von Standards des europäischen integrierten Grenzmanagements weiterentwickelt werden, wobei Maßnahmen zur Vermeidung einer Überschneidung der Tätigkeiten zu ergreifen sind. Ebenso sollten ein regelmäßiger Informationsaustausch und eine Koordinierung in Bezug auf die von allen beteiligten Akteuren wie der Kommission, Frontex, dem Europäischen Auswärtigen Dienst und zivilen Akteuren der GSVP vor Ort bereitgestellte Finanzierung sichergestellt werden.
Komponente 8: „[T]echnische und operative Maßnahmen im Zusammenhang mit Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums zur besseren Bekämpfung der illegalen Einwanderung und zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität“ 30
Politische Prioritäten
Die operative Kontinuität und Interoperabilität zwischen den Kontrollen an den Außengrenzen und technischen und operativen Maßnahmen innerhalb des Schengen-Raums sollte gut etabliert sein, um eine wirksame Bekämpfung unerlaubter Sekundärmigration, irregulärer Migration und grenzüberschreitender Kriminalität im Zusammenhang mit den Außengrenzen zu gewährleisten.
Es werden nationale Kapazitäten geschaffen (Einsatzbereitschaft), um Polizeikontrollen im Zusammenhang mit irregulärer Migration innerhalb des Hoheitsgebiets, auch in Binnengrenzgebieten, zu intensivieren, wobei dies durch andere, den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehende alternative Maßnahmen unterstützt und somit die Notwendigkeit der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen auf ein Minimum verringert wird.
Strategische Leitlinien
1.Zunächst sollten sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene ein umfassendes Lagebild und eine Risikoanalyse zu irregulären Einreisen und zur Sekundärmigration Drittstaatsangehöriger innerhalb der EU vorliegen, die als Grundlage für gezielte, verhältnismäßige Maßnahmen dienen. Das europäische Lagebild wird von Frontex mit uneingeschränkter Unterstützung der Mitgliedstaaten und in Zusammenarbeit mit anderen einschlägigen EU-Agenturen erstellt. EUROSUR sollte zusammen mit anderen effektiven, einheitlichen Datenerhebungssystemen als Hauptplattform für diese Funktion genutzt werden. Die verstärkte Zusammenarbeit – z. B. die Zusammenarbeit zwischen Frontex, Europol und der EUAA bei der Erstellung regelmäßiger Berichte – und die Koordinierung sollten weiterentwickelt werden, einschließlich gemeinsamer Risikoanalysen, operativer Verfahren und eines reibungslosen Informationsaustauschs zwischen dem Grenzschutz und anderen an den Außengrenzen tätigen Behörden, im Einklang mit ihren jeweiligen Mandaten und unter voller Einhaltung der Datenschutzgesetzgebung. Zu diesen Behörden zählen unter anderem die nationalen Koordinierungszentren, innerhalb des Schengen-Raums tätige Behörden und die Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll sowie alle anderen einschlägigen Zentren. Verschiedene EU-weite Informationssysteme sollten wirksam für alle zuständigen Behörden, denen der Zugang zu diesen Systemen rechtmäßig gewährt wird, eingesetzt werden.
2.Die operative Zusammenarbeit zwischen gemeinsamen Aktionen, die von Frontex koordiniert werden, und den einschlägigen Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll sollte weiterentwickelt und gefestigt werden.
3.Auf nationaler Ebene sollten ausreichende Kapazitäten vorhanden sein, um die Polizeikontrollen im Zusammenhang mit irregulärer Einwanderung im gesamten Hoheitsgebiet zu intensivieren und auf Hauptverkehrsstraßen, einschließlich Grenzgebieten, auf der Grundlage von Risikoanalysen Polizei- und Migrationskontrollen durchzuführen.
Komponente 9: „Rückkehr von Drittstaatsangehörigen, gegen die Rückkehrentscheidungen eines Mitgliedstaats ergangen sind“ 31
Politische Prioritäten
Eine wirksam durchgeführte Rückkehr von Drittstaatsangehörigen, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, sollte sicherstellen, dass alle Personen, die nicht das Recht zum Verbleib in der EU haben, die EU tatsächlich verlassen. Das integrierte europäische Grenzmanagement sollte auch sicherstellen, dass das Rückkehrverfahren auf humane, würdevolle und nachhaltige Weise, unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte der Rückkehrer und insbesondere des Grundsatzes der Nichtzurückweisung sowie im Einklang mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, dem Völkerrecht und dem EU-Recht durch entsprechend geschulte Experten durchgeführt wird.
Auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene sollten administrative, technische und operative Kapazitäten für eine wirksame und einheitliche Umsetzung von Rückkehrprozessen, einschließlich erzwungener und freiwilliger Rückkehr, umgesetzt werden, um somit einen Beitrag zu einem gemeinsamen EU-Rückkehrsystem zu leisten, wie es im Migrations- und Asylpaket 32 festgelegt ist. Stärkere Strukturen innerhalb der EU sind mit einer wirksameren Zusammenarbeit mit Drittstaaten zu kombinieren. Dazu gehört die Weiterverfolgung des in der EU-Strategie für freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung vom April 2021 33 eingeschlagenen Weges und die Umsetzung der darin genannten Maßnahmen zur Förderung der freiwilligen Rückkehr und effektiven Wiedereingliederung als integrale Bestandteile des Rückkehrsystems.
Die Mitgliedstaaten sollten die operative, technische und praktische Unterstützung, die Frontex im Bereich Rückkehr leisten kann, voll ausschöpfen. Dazu gehört insbesondere die Nutzung der Frontex-Software-Anwendung für Rückkehr für Linien- und Charterflüge, des digitalen Rückkehrfallmanagementsystems (RECAMAS), der gemeinsamen Wiedereingliederungsdienste von Frontex und der Unterstützung von Frontex in der Beratung zur Rückkehr und Wiedereingliederung.
Strategische Leitlinien
1.Die Fähigkeit und Funktion von Frontex, als operativer Arm die Mitgliedstaaten in allen Phasen des Rückkehrprozesses zu unterstützen, sollte in der Praxis weiter gestärkt und die Nutzung der Dienste von Frontex durch die Mitgliedstaaten ausgeweitet werden.
2.Die Fähigkeit der Mitgliedstaaten, die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger einseitig oder gemeinsam durchzuführen, sollte durch die Entwicklung eines integrierten und koordinierten sowie digitalen nationalen Rückkehrsystems gestärkt werden, das auf dem von der Agentur entwickelten Modell des Rückkehrfallmanagementsystems (RECAMAS) zum Informationsaustausch beruht und mit der europäischen Rückkehrpolitik vereinbar ist. Die anhaltenden Herausforderungen in Bezug auf die Integration und Interoperabilität aufgrund der in den nationalen Rückkehrsystemen zum Einsatz kommenden unterschiedlichen Technologien sollten bewältigt und Verknüpfungen zu den digitalen Instrumenten auf EU-Ebene ermöglicht werden.
3.Die Anwendung für die Steuerung der irregulären Migration (Integrated Return Management Application – IRMA) sollte weiterentwickelt werden, um die Erhebung von Daten über Rückkehraktionen und die Rückübernahme zu verbessern. Dies wird die Planung, den Austausch einschlägiger operativer Informationen, die Organisation und Durchführung von Rückkehr‑, Rückübernahme- und Wiedereingliederungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten erleichtern. Außerdem wird Frontex auf diese Weise in die Lage versetzt, bei der Unterstützung der Planung und Organisation von Rückkehraktionen, einschließlich der Unterstützung vor der Rückkehr und der Wiedereingliederung, eine proaktivere Rolle zu übernehmen.
4.Die Anwendung für die Steuerung der irregulären Migration (IRMA) von Frontex sollte weiterentwickelt werden, damit sie mit den digitalen Rückkehrsystemen der Mitgliedstaaten und anderen sachdienlichen IT-Instrumenten für die Umsetzung von Rückkehr-, Rückübernahme- und Wiedereingliederungsmaßnahmen kompatibel ist.
5.Alle Akteure (Kommission, Frontex, Mitgliedstaaten) sollten an der Verbesserung der Erhebung von Daten im Zusammenhang mit Rückkehr, Wiedereingliederung und Rückübernahme und der Entwicklung zweckmäßiger Analysen und Methoden für die Analyse und das Lagebewusstsein im Hinblick auf ein funktionierendes Rückkehrsystem arbeiten, um eine proaktive Planung von Rückkehr und Rückübernahme zu ermöglichen.
6.Die Mitgliedstaaten sollten in Strukturen für die Rückkehr- und Wiedereingliederungsberatung investieren und sicherstellen, dass in allen Phasen des Rückkehrprozesses eine Beratung zur Verfügung steht und die beratenden Personen angemessen geschult sind. Die Beratung sollte gemäß dem EU-Rahmen für Rückkehrberatung während Verfahren der freiwilligen und erzwungenen Rückkehr (einschließlich in Gewahrsam) bereitgestellt werden, um die Rückkehr zu fördern und zu organisieren. Frontex hat einen Arbeitsplan zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Rückkehr- und Wiedereingliederungsberatung ausgearbeitet, der in enger Absprache mit den Mitgliedstaaten umzusetzen ist.
7.Die Förderung und vermehrte Nutzung der freiwilligen Rückkehr und Wiedereingliederung sind fester Bestandteil eines gemeinsamen EU-Systems für die Rückkehr, im Einklang mit der EU-Strategie zur freiwilligen Rückkehr und Wiedereingliederung. 34 Die Unterstützung bei der Wiedereingliederung fördert die Kooperation der Rückkehrer ebenso wie die Zusammenarbeit mit Drittstaaten sowie deren Eigenverantwortung in Bezug auf Rückkehr, Rückübernahme und Wiedereingliederung ihrer Staatsangehörigen.
8.Frontex hat die gemeinsamen Wiedereingliederungsdienste geschaffen, die den Mitgliedstaaten gemeinsame Dienste für die Rückkehr und die Wiedereingliederung zur Verfügung stellen. Die Zahl der durch die gemeinsamen Wiedereingliederungsdienste abgedeckten Länder sollte erweitert werden, um dem Bedarf der Mitgliedstaaten nachzukommen, und die Mitgliedstaaten sollten diese Dienste voll ausschöpfen und sie für Rückkehrer sowohl in Fällen freiwilliger als auch erzwungener Rückkehr zur Verfügung stellen. Zwischen den von den gemeinsamen Wiedereingliederungsdiensten von Frontex bereitgestellten Diensten und gegebenenfalls vorhandenen einschlägigen nationalen Strukturen und Mechanismen von Drittstaaten sollten Synergien und Kontinuitäten angestrebt werden.
9.Die Mitgliedstaaten sollten in vollem Umfang sicherstellen, dass sie in der Lage sind, zu von Frontex koordinierten oder organisierten europäischen Rückkehraktionen, einschließlich der Überwachung von Rückkehraktionen, beizutragen. Die Mitgliedstaaten und Frontex sollten ihre Kapazitäten zur Überwachung aller Rückkehraktionen weiter ausbauen.
10.Die Mitgliedstaaten müssen ausreichend Kapazitäten für die Erhebung von Daten zur Fluchtgefahr und die Erstellung von Risikoanalysen zum Gewahrsam und zu Alternativen zum Gewahrsam sicherstellen, um die Sekundärmigration zu verringern, sowie technische Kapazitäten für den Gewahrsam und Alternativen zum Gewahrsam aufbauen. Die Gewahrsamsbedingungen sollten im Einklang mit dem Völkerrecht und dem Unionsrecht stehen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die gegenseitige Anerkennung der Rückkehrentscheidungen sicherzustellen, um den Rückkehrprozess zu erleichtern und zu beschleunigen. 35
11.Gestützt auf das von der Kommission am 24. Januar 2023 angenommene Strategiepapier „Auf dem Weg zu einer operativen Strategie für eine wirksamere Rückkehr“ 36 sollten alle einschlägigen Beteiligten die Unterstützung des Rückkehrkoordinators und des hochrangigen Netzes für Rückkehrfragen voll ausschöpfen, um die praktische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und Frontex zu fördern und voranzubringen.
12.Das überarbeitete Schengener Informationssystem enthält Ausschreibungen von Drittstaatsangehörigen, gegen die Rückkehrentscheidungen erlassen wurden, und stellt somit ein wichtiges neues Instrument für die Mitgliedstaaten zur Überwachung und Durchsetzung von Rückkehrentscheidungen und zur Verhinderung irregulärer Sekundärmigration innerhalb des Schengen-Raums dar und ebnet den Weg für eine Vertiefung der Kooperation, einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Rückkehrentscheidungen. Die Mitgliedstaaten sollten eine ordnungsgemäße Umsetzung dieser Maßnahme gemäß der Empfehlung der Kommission sicherstellen.
Komponente 10: „Einsatz modernster Technologien einschließlich IT-Großsystemen“ 37
Politische Prioritäten
Das integrierte europäische Grenzmanagement, insbesondere Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung, sollten durch fortschrittliche, mobile und interoperable europäische technische Systeme und Lösungskonzepte unterstützt werden, die mit IT-Großsystemen der EU kompatibel sind. Damit soll eine effizientere und zuverlässigere Grenzkontrolle gewährleistet werden. Die Europäische Grenz- und Küstenwache sollte über die Fähigkeit zur optimalen Nutzung modernster Technologien einschließlich Mechanismen zur Datensicherung verfügen.
Strategische Leitlinien
1.Die Qualität der Informationen, die für Grenzübertrittskontrollen in bestehenden Systemen verwendet werden, sollte mittels praktischer Maßnahmen zur Sicherstellung der Datengenauigkeit erhöht werden, einschließlich über eine regelmäßige Bewertung dieser Informationen und durch die Einführung modernster Technologien.
2.Wie bereits in der strategischen Leitlinie Nr. 5 zur Komponente der Zusammenarbeit auf EU-Ebene dargelegt, sollte die Interoperabilität bestehender und neuer IT-Großsysteme (EES, VIS, ETIAS, überarbeitetes Schengener Informationssystem), insbesondere die vollständige und umfassende Einführung der in jüngster Zeit erneuerten Systeme, sichergestellt werden.
3.Die Entwicklung, die Wartung und der Betrieb der zentralen Komponenten von IT-Großsystemen sind das Hauptziel der eu-LISA, der Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement großer IT-Informationssysteme im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.
4.Das Potenzial der neuen intelligenten technischen Lösungen (z. B. automatische Grenzübertrittskontrollen/ABC-Gates) und die Interoperabilität der verschiedenen grenz- und sicherheitsbezogenen Informationssysteme (z. B. FADO und elektronische Bibliotheken und Dokumentensysteme vom Frontex und Interpol) sollten ausgeschöpft werden, um unter voller Wahrung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger und von Drittstaatsangehörigen gleichermaßen die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen, Grenzübertrittskontrollen und das Überqueren der Außengrenzen zu erleichtern sowie grenzüberschreitende Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen.
5.Das volle Potenzial moderner Technologie sollte zur Erweiterung der europäischen Überwachungs- und Reaktionsfähigkeit an den europäischen Außengrenzen genutzt werden. Zur Schaffung eines umfassenden Lagebilds sollte die Nutzung europäischer Überwachungskapazitäten (z. B. Satellitendienste) weiter ausgebaut werden.
6.Die Überwachungskapazität von an den See- und Landgrenzen eingesetzten, integrierten, interoperablen und anpassungsfähigen technischen (stationären und mobilen) Überwachungssystemen sollte weiterentwickelt werden. Dies sollte technische Lösungen und Arbeitsverfahren umfassen, die in verschiedenen Einsatzzentren (nationalen Koordinierungszentren, Rettungsleitstellen und lokalen Koordinierungszentren) und mobilen Einheiten verwendet werden.
7.Die Europäische Grenz- und Küstenwache soll mit ihrem Beitrag zu einer europäischen Autonomie kritischer Technologien 38 sicherstellen, dass sie in ihrer Kapazitätenentwicklungsplanung das Ziel berücksichtigt, bei kritischen Technologien die Abhängigkeit von Drittstaaten zu verringern, indem sie unter anderem europäische Forschungsergebnisse und Innovationen zum Grenzmanagement nutzt.
8.Die Verarbeitung personenbezogener Daten mithilfe neuer Technologien muss die Anforderungen der EU-Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten erfüllen. Dies gilt auch für den Einsatz modernster Technologie zur Sicherung personenbezogener Daten. Die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit eu-LISA einen Aktionsplan und technische Lösungen erarbeiten, um die Mitgliedstaaten bei der Be- und Verarbeitung großer Datenmengen mit neuen und modernsten Technologien zu unterstützen.
Komponente 11: „Qualitätssicherungsmechanismus, insbesondere der Schengen-Evaluierungsmechanismus, die Schwachstellenbeurteilung und mögliche nationale Mechanismen, zur Gewährleistung der Anwendung der Unionsvorschriften im Bereich des Grenzmanagements“ 39
Politische Prioritäten
Es sollte ein umfassendes europäisches Qualitätssicherungssystem eingerichtet werden, um ein ständiges Bewusstsein für die Umsetzung und Qualität des integrierten europäischen Grenzmanagements auf strategischer und operativer Ebene zu gewährleisten. Die Ergebnisse der Qualitätskontrolle sollten als Grundlage für die Weiterentwicklung der europäischen und nationalen Systeme und Funktionen herangezogen werden.
Strategische Leitlinien
1.Ein aus dem Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus, der von Frontex durchgeführten Schwachstellenbeurteilung und nationalen Qualitätssicherungsmechanismen bestehender europäischer Qualitätssicherungsmechanismus sollte voll funktionsfähig gemacht werden. In diesem Rahmen sollte Frontex technische Kapazitäten zur Durchführung von Beurteilungen und Konformitätsprüfungen von Reisedokumenten, die von den Mitgliedstaaten ausgestellt wurden, aufbauen, um die Konformität der Sicherheitsmerkmale mit den auf europäischer Ebene geltenden Standards sicherzustellen.
2.Basierend auf dem regelmäßigen Informationsaustausch sollten die Synergien zwischen der Schwachstellenbeurteilung und dem Schengen-Evaluierungsmechanismus maximiert werden, um ein verbessertes Lagebewusstsein über das Funktionieren des Schengen-Raums zu erstellen. Damit sollte Doppelarbeit aufseiten der Mitgliedstaaten möglichst weitgehend vermieden und die besser koordinierte Nutzung der einschlägigen Finanzinstrumente der EU, mit denen das Management der Außengrenzen und der Rückkehr unterstützt wird, gewährleistet werden.
3.Die Ergebnisse des Qualitätssicherungsmechanismus sollten bei der Entwicklung des nationalen Grenzmanagementsystems und bei der Priorisierung des Einsatzes einschlägiger EU-Finanzierungsinstrumente (z. B. des Asyl‑, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF), der nationalen Programme im Rahmen des Instruments für Grenzmanagement und Visa des Fonds für integriertes Grenzmanagement oder gelegentlich der thematischen Fazilitäten dieses Instruments) genutzt werden, insbesondere bei der Bewertung anderer Finanzierungen der Kommission.
4.Die Mitgliedstaaten sollten einen nationalen Qualitätssicherungsmechanismus (nationale „Schengen-Evaluierung“) einrichten, der sämtliche Teile und Funktionen des integrierten nationalen Grenzmanagements erfasst und sämtliche am integrierten Grenzmanagement beteiligten Behörden einschließt.
5.Die Mitgliedstaaten müssen sich gemäß ihren Verpflichtungen nach der Verordnung über Schengen-Evaluierungen 40 und der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache aktiv an den von der Kommission koordinierten Besuchen im Rahmen der Schengen-Evaluierung beteiligen und rechtzeitig qualitativ hochwertige Daten zu den von Frontex durchgeführten Schwachstellenbeurteilungen beisteuern.
6.Die Schengen-Evaluierungen sollten im Einklang mit der Verordnung über Schengen-Evaluierungen die operative Leistung der gesamten Europäischen Grenz- und Küstenwache abdecken und damit auch die Evaluierung der operativen Tätigkeiten der Agentur in den Mitgliedstaaten umfassen.
Komponente 12: „Solidaritätsmechanismen, insbesondere Finanzierungsinstrumente der Union“ 41
Politische Prioritäten
Die wirksame Umsetzung der Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement wird mithilfe zweckbestimmter EU-Mittel insbesondere aus dem Instrument für Grenzmanagement und Visa (BMVI) und dem AMIF erreicht. Die EU-Mittel unterstützen das integrierte europäische Grenzmanagement auf nationaler und auf EU-Ebene gemäß den Rechtsbestimmungen des jeweiligen EU-Fonds. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Finanzierungsprioritäten festlegen und dabei sicherstellen, dass alle in die Zuständigkeit der EU fallenden und durch EU-Recht festgelegten Elemente des integrierten europäischen Grenzmanagements abgedeckt sind, damit ein größtmöglicher Mehrwert für die EU erzielt werden kann. Durch nationales Recht geregelte Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements sollten vorzugsweise mit nationalen Mitteln finanziert werden.
Die Tätigkeiten von Frontex werden durch die eigenen Haushaltsmittel der Agentur im Rahmen des Gesamthaushalts der EU getragen. Die Agentur kann im Einklang mit den Bestimmungen der einschlägigen Finanzierungsinstrumente (das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – Europa in der Welt und das Instrument für die Heranführungshilfe, IPA III) zur Unterstützung der Umsetzung der externen Dimension der Migrationspolitik der EU auch EU-Mittel für Projekte der technischen Unterstützung in Drittländern erhalten.
Strategische Leitlinien
1.Der Einsatz von Finanzierungsinstrumenten der EU (z. B. nationale Programme im Rahmen des Instruments für Grenzmanagement und Visa) sollte mit den nationalen Strategien, Aktionsplänen und der Kapazitätenplanung in Einklang gebracht werden. Auf der Grundlage der Prioritäten der EU sollten klare, detaillierte nationale Prioritäten (z. B. EUROSUR, Kapazitätenentwicklung) festgelegt werden, um die Komplementarität und den Mehrwert von EU-Mitteln zu maximieren.
2.Bei der Priorisierung der Verwendung von EU-Mitteln auf nationaler Ebene sollten die Ergebnisse des Schengen-Evaluierungsmechanismus und der Schwachstellenbeurteilung berücksichtigt werden.
3.Eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und Frontex sollte Synergien zwischen den Tätigkeiten von Frontex und den durch andere EU-Finanzierungsinstrumente finanzierten Maßnahmen gewährleisten und Doppelfinanzierungen vermeiden.
4.Die Mitgliedstaaten sollten bei der Anschaffung der erforderlichen Ausrüstung durch entsprechend zweckbestimmte EU-Mittel im Rahmen spezifischer Maßnahmen des Instruments für Grenzmanagement und Visa unterstützt werden, damit diese dann gemäß Artikel 64 Absatz 14 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache Frontex zur Verfügung gestellt werden können. Dadurch wird die Fähigkeit der Agentur gefestigt, Mitgliedstaaten, die Unterstützung benötigen, zu unterstützen.
Komponente 13: „Grundrechte“ 42
Politische Prioritäten
Die Achtung der Grundrechte, ihr Schutz und ihre Förderung bilden den Kern des integrierten europäischen Grenzmanagements. Die Europäische Grenz- und Küstenwache muss bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen der Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements im Einklang mit ihrem Auftrag den Schutz der Grundrechte als übergeordnete rechtliche Verpflichtung gewährleisten.
Die Maßnahmen der EU und der nationalen Akteure im Rahmen der Europäischen Grenz- und Küstenwache sollten im Einklang mit dem EU-Recht, einschließlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem einschlägigen Völkerrecht, durchgeführt werden. Letzteres umfasst das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 und das dazugehörige Protokoll von 1967 sowie das Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Auch die Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Zugang zu internationalem Schutz, insbesondere dem Grundsatz der Nichtzurückweisung, müssen uneingeschränkt eingehalten werden.
In ihrem Vorschlag für eine Verordnung über das Screening (Personenüberprüfung) von Drittstaatsangehörigen 43 schlug die Kommission vor, dass jeder Mitgliedstaat einen unabhängigen Überwachungsmechanismus einrichten sollte, um sicherzustellen, dass die Grundrechte im Zusammenhang mit dem Screening an den Außengrenzen gewahrt werden und dass jeder Vorwurf der Verletzung von Grundrechten ordnungsgemäß untersucht wird. Dieser Überwachungsmechanismus wäre ein Bestandteil der im Vorschlag der Kommission für eine neue Verordnung über das Asyl- und Migrationsmanagement 44 vorgesehenen Steuerung und Überwachung der Migrationslage.
Strategische Leitlinien
1.Die vom Frontex-Verwaltungsrat angenommene Grundrechtsstrategie 45 mit dem dazugehörige Aktionsplan 46 sollte bei allen Tätigkeiten der Europäischen Grenz- und Küstenwache auf EU-Ebene und nationaler Ebene strikt eingehalten werden. Auf nationaler Ebene kann dies durch die Aufstellung einer spezifischen Grundrechtsstrategie und eines spezifischen Aktionsplans oder durch ihre umfassende Einbeziehung in die nationale Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement erreicht werden.
2.Frontex und die Mitgliedstaaten sollten ein integriertes europäisches Grenzmanagement pflegen, das sich durch die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Unionsrecht und dem Völkerrecht, einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte und den Schutz und die Förderung des Gleichheitsgrundsatzes und des Diskriminierungsverbots sowie der Grundsätze der gegenseitigen Achtung, der Transparenz und guten Verwaltung und der gegenseitigen Zusammenarbeit auszeichnet. Da es sich bei der Achtung der Grundrechte um eine horizontale bzw. bereichsübergreifende Komponente des integrierten europäischen Grenzmanagements handelt, sollten Frontex und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in allen ihren Tätigkeiten Grundrechtsgarantien integrieren. Dies gilt auch für operative Tätigkeiten, Analysen und Risikobewertungen, Planungstätigkeiten, Rückkehrtätigkeiten, Schulungen und Fortbildungen sowie für die Zusammenarbeit mit externen Partnern. Des Weiteren sollten Frontex und die Mitgliedstaaten während des gesamten operativen Zyklus sämtlicher Grenzmanagement- und Rückkehrtätigkeiten in vollem Einklang mit den Grundrechten handeln.
3.Besondere Aufmerksamkeit sollte den Rechten und Bedürfnissen schutzbedürftiger Personen oder Gruppen und Personen in schwierigen Lagen, einschließlich Kindern und unbegleiteten Minderjährigen, gewidmet werden. Der Schwerpunkt sollte auf die Entwicklung der Fähigkeit zur rechtzeitigen Identifizierung, Unterstützung, interkulturellen Vermittlung, Verdolmetschung und gegebenenfalls angemessenen Verweisung an Rechtsbehelfs- und Schutzmechanismen gelegt werden. Bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, sollten Frontex und die Mitgliedstaaten das Kindeswohl stets vorrangig berücksichtigen. Die Mitgliedstaaten sollten in Bezug auf Grenzmanagement und Rückkehr einen nationalen Mechanismus zur Überwachung der Grundrechte entwickeln und operativ aufrechterhalten. Dieser Mechanismus sollte mit den entsprechenden Ressourcen und Kapazitäten ausgestattet werden, damit eine Beratung zur Einhaltung der Menschenrechte stattfinden, Untersuchungen zu mutmaßlichen Verstößen durchgeführt, Schulungen zu Grundrechten stattfinden, bestehende Rechtsbehelfsmechanismen (z. B. Meldung von Vorfällen oder Beschwerdeverfahren) überwacht werden können bzw. zu diesen beigetragen werden kann und damit die Konformität der Tätigkeiten mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, dem Unionsrecht und dem Völkerrecht, einschließlich der Grundrechte, insgesamt sichergestellt werden kann. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollten ermutigt werden, in allen Abteilungen Anlaufstellen für Grundrechte einzurichten, um eine effiziente, koordinierte und optimierte Beratung, Schulung und Überwachung der Grundrechte sicherzustellen.
4.Grundrechtsbeobachter sind aktiv in den Schutz und die Förderung der Achtung der Grundrechte als Kernelement aller Aktivitäten der Europäischen Grenz- und Küstenwache in jeder Komponente des integrierten europäischen Grenzmanagements einzubeziehen. Den Grundrechtsbeobachtern ist derselbe Zugang zu den Einsatzbereichen zu gewähren wie allen eingesetzten Mitarbeitern. In der gemeinsamen Anstrengung der Europäischen Grenz- und Küstenwache, die Achtung des Unionsrechts und des Völkerrechts, einschließlich der Grundrechte, zu gewährleisten, sollten alle Grundrechtsbeobachter für Beratung, Rückmeldungen und Unterstützung bereitstehen und diese proaktiv anbieten.
5.Die Grundrechte sollten auf nationaler und EU-Ebene ein wesentlicher Bestandteil der Fortbildungen für sämtliche Personen sein, die an Grenzkontroll- oder Rückkehrtätigkeiten beteiligt sind. Bei diesen Fortbildungsmaßnahmen sollte ein besonderer Schwerpunkt auf dem Schutz schutzbedürftiger Personen, einschließlich Kindern und Minderjähriger, liegen.
6.Bei den Evaluierungen im Rahmen des überarbeiteten Schengen-Überwachungs- und Evaluierungsmechanismus sollte der Überprüfung der Achtung der Grundrechte bei der Anwendung des Schengen-Besitzstands besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Komponente 14: „Aus- und Fortbildung“ 47
Politische Prioritäten
Auf nationaler und EU-Ebene ist mithilfe einer engen Zusammenarbeit zwischen Fortbildungsakademien in den Mitgliedstaaten und bei Frontex sicherzustellen, dass eine ausreichende Zahl an kompetentem, speziell geschultem Personal in allen Bereichen des integrierten europäischen Grenzmanagements zur Verfügung steht.
Die Grundlage für die Aus- und Fortbildung sollten harmonisierte, hochwertige gemeinsame Fortbildungsstandards für die ständige Reserve bilden, wobei die operativen Erfordernisse, die Aufgaben und die rechtliche Zuständigkeit zu berücksichtigen sind und ein Schwerpunkt auf dem klaren Verständnis der in den Verträgen verankerten Werte liegen sollte. Die Aus- und Fortbildung sollte höchste Standards und bewährte Verfahren bei der Umsetzung des Grenz- und Rückkehrrechts der Union fördern; dabei sollte ein besonderer Schwerpunkt auf einschlägigen Informationen zum internationalen Schutz, dem Schutz schutzbedürftiger Personen, einschließlich Kindern und unbegleiteter Minderjähriger, und der Achtung der Grundrechte liegen, und auf diesem Fundament sollte eine gemeinsame Kultur der Achtung der Grundrechte geschaffen werden.
Strategische Leitlinien
1.Die gemeinsamen Kernlehrpläne und erforderlichen Fortbildungsinstrumente für das Grenzmanagement und die Rückkehrmaßnahmen, einschließlich Fortbildungen über den Schutz von Kindern und anderen Personen, die sich in einer besonders schwierigen Situation befinden, und zu den Kenntnissen von Grenzschutzbeamten für das Erkennen gefälschter Dokumente sowie von Betrügern und Doppelgängern während Grenzübertrittskontrollen, sollten weiterentwickelt werden und auf einem gemeinsamen, allgemeinen Bezugsrahmen der für diesen Sektor entwickelten Qualifikationen beruhen (Rahmen fachspezifischer Qualifikationen für die Grenz- und Küstenwache). Diese Produkte sollten dem jährlich vom Verwaltungsrat gebilligten Kapazitätenplan der Europäischen Grenz- und Küstenwache Rechnung tragen. Darüber hinaus sollten sowohl für die ständige Reserve als auch für Beamte der zuständigen nationalen Behörden zusätzliche Schulungen und Seminare zu den Aufgaben des integrierten Grenzmanagements angeboten werden.
2.Die Entwicklung eines speziellen Fortbildungsinstruments für die Europäische Grenz- und Küstenwache sollte von Frontex und seinem Grundrechtsbeauftragten in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, der Kommission, der FRA, anderen einschlägigen EU-Agenturen und anderen Beteiligten unter Berücksichtigung einschlägiger Forschungsergebnisse und bewährter Verfahren fortgesetzt und verstärkt werden.
3.Die für die Aufgaben und Befugnisse der Mitglieder der ständigen Reserve, der Rückführungsbeobachter und der Grundrechtsbeauftragten relevanten, spezifischen Fortbildungsmaßnahmen sollten weiterentwickelt werden, um operativen Erfordernissen gerecht zu werden. Mit den betreffenden Grenzschutzbeamten und anderen Teammitgliedern sollten regelmäßig Übungen nach einem spezifischen Fortbildungsplan durchgeführt werden.
4.Auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene sollte allen Mitgliedern der ständigen Reserve, die für operative Tätigkeiten eingesetzt werden sollen, unabhängig von ihrer Kategorie ein gleiches Niveau an Fortbildungen im Zusammenhang mit Grenzschutz und Rückkehr angeboten werden. Damit soll sichergestellt werden, dass es sich bei allen Beamten der europäischen Grenz- und Küstenwache um Fachkräfte handelt, die entsprechend ihrer Spezialisierung angemessen ausgebildet sind.
5.Frontex sollte einen internen Qualitätssicherungsmechanismus einführen, der europäischen Standards und Leitlinien für die Aus- und Fortbildung entspricht, um sicherzustellen, dass Ausbildung, Fachwissen und Professionalität des an den operativen Tätigkeiten der Agentur beteiligten Statutspersonals einem hohen Niveau entsprechen. Der Stand der Umsetzung dieses Mechanismus sollte im jährlichen Evaluierungsbericht gemeldet und dem jährlichen Tätigkeitsbericht als Anhang beigefügt werden.
6.Der Erwerb von Kenntnissen oder spezifischem Fachwissen aus Erfahrungen und bewährten Verfahren im Ausland während Dienstreisen und rückkehrbezogenen Aktionen in einem anderen Mitgliedstaat sollte gefördert werden. Dies sollte insbesondere durch ein Austauschprogramm für Grenzschutzbeamte erreicht werden, die an Rückkehraktionen von Frontex teilnehmen.
7.Die Agentur sollte ein nachhaltiges und umfassendes Schulungskonzept erarbeiten, in dem die Möglichkeit der Errichtung eines Schulungszentrums innerhalb von Frontex berücksichtigt wird und eine größere Zusammenarbeit mit den nationalen Schulungseinrichtungen der Mitgliedstaaten in Erwägung gezogen und Synergien mit diesen erörtert werden. Das Ziel besteht darin, die Entwicklung, Bereitstellung und Zertifizierung der Aus- und Fortbildung von Beamten der Grenz- und Küstenwache auf der Grundlage europäischer Standards für die Qualitätssicherung zu koordinieren und zu straffen und die Einbeziehung einer gemeinsamen europäischen Kultur in die angebotenen Fortbildungen weiter zu erleichtern.
Komponente 15: „Forschung und Innovation“ 48
Politische Prioritäten
Eine wichtige Unterstützung für das integrierte Grenzmanagement bilden Forschung und Innovation (FuI) mit modernsten/m Lösungen, Technologien und Wissen.
In der europäischen FuI wurden und werden – finanziert aus dem Cluster „Zivile Sicherheit für die Gesellschaft“ des Programms „Horizont Europa“ – Fähigkeiten zur Unterstützung der zwölf thematischen Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements entwickelt, z. B. die Fähigkeit, Identitäts-, Gesundheits- und Sicherheitsprüfungen an Grenzen durchzuführen. Auf diese Weise wird das Funktionieren des Schengen-Raums sichergestellt, während gleichzeitig die Reisen von Bona-Fide-Reisenden erleichtert und die Rechte geachtet sowie mögliche Verwundbarkeiten von Personen berücksichtigt werden. 49 In FuI werden auch Fähigkeiten zur Grenzüberwachung und zum Lagebewusstsein 50 , zur Bekämpfung von Identitäts- und Dokumentenbetrug 51 , zur Unterstützung modernster Lösungen für die Europäische Grenz- und Küstenwache, die Interoperabilität und Leistung des Datenaustauschs und der Analyse auf EU-Ebene 52 , zur Verbesserung der Risikoermittlung, Reaktion auf Vorfälle und Verhütung von Kriminalität 53 sowie zur Verbesserung der zivilen Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr im Seeverkehr, einschließlich Suche und Rettung 54 , entwickelt. Eine ebenso wichtige Rolle spielt Forschung und Innovation bei der Bekämpfung organisierter krimineller Gruppen und Terroristen, die oft selbst innovativ sind und neue Technologien nutzen.
Auch aus Sicht der offenen strategischen Autonomie Europas ist FuI für das Grenzmanagement relevant. Dies betrifft unter anderem Bereiche kritischer Technologien, die im Aktionsplan der EU zu Synergien zwischen ziviler Sicherheit, Verteidigung und der Luft- und Raumfahrtindustrie dargelegt und von der EU-Beobachtungsstelle für kritische Technologien bewertet wurden.
Auf EU-Ebene und nationaler Ebene sollten zeitnahe und gut abgestimmte Investitionen in FuI für das Grenzmanagement sichergestellt werden. Dies betrifft insbesondere Horizont Europa, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, Forschungsstudien und Pilotprojekte von Frontex und nationale FuI-Programme. Mögliche Synergien zwischen FuI zum Grenzmanagement auf EU-Ebene und anderen Instrumenten auf EU-Ebene und nationaler Ebene zur Unterstützung europäischer Anbieter und Nutzer beim Einsatz innovativer Lösungen für das Grenzmanagement sollten untersucht werden. Das betrifft hauptsächlich das Instrument für Grenzmanagement und Visa (BMVI), aber auch Instrumente wie das Instrument für technische Unterstützung oder „Digitales Europa“.
Strategische Leitlinien
1.Grenzmanagementvorgänge sollten von FuI profitieren und in diese einbezogen werden, um interoperabler, kosteneffizienter und nachhaltiger zu werden. Die Grenzbehörden der Mitgliedstaaten, Frontex und eu-LISA sollten (auf nationaler Ebene, EU-Ebene und auf Branchenebene sowie von Drittstaaten und anderen Organisationen durchgeführte) FuI-Tätigkeiten in den durch das integrierte Grenzmanagement abgedeckten Bereichen, technologische Entwicklungen und absehbare Herausforderungen beobachten und verfügbare innovative Lösungen nutzen.
2.Die Zusammenarbeit zwischen EU-Agenturen und FuI-Abteilungen der Grenzbehörden der Mitgliedstaaten sollte in Schwerpunktbereichen weiter ausgebaut werden, unter anderen durch die Arbeit des europäischen Innovationszentrum für innere Sicherheit, einem Kooperationsnetzwerk von Innovationslaboren, das die Arbeit von Akteuren der inneren Sicherheit in der EU und den Mitgliedstaaten unterstützt.
3.Bei der Planung von FuI im Grenzmanagement werden die Kommission und die Mitgliedstaaten die langfristigen Komponenten des Kapazitätenplans der Europäischen Grenz- und Küstenwache berücksichtigen.
4.Frontex sollte die Mitgliedstaaten und die Kommission bei der Erarbeitung und Umsetzung der relevanten Rahmenprogramme der Europäischen Union für FuI-Aktivitäten im Bereich integriertes Grenzmanagement, d. h. das Cluster „Zivile Sicherheit für die Gesellschaft“ des Programms „Horizont Europa“, unterstützen.
5.Frontex sollte die Mitgliedstaaten bei der Ermittlung, Bewertung und Umsetzung (Validierung, Erprobung, Übertragung, Integration und/oder Einsatz) innovativer Lösungen aus dem Bereich FuI unterstützen und dazu auch Mitgliedstaaten in Innovationsnetzwerke einbinden.
6.Die Kommission wird die FuI-Ergebnisse im Bereich EU-Grenzmanagement fördern, unter anderem im Kontext der Community of European Research and Innovation for Security (CERIS – Gemeinschaft für europäische Forschung und Innovation für Sicherheit) und der jährlich stattfindenden Veranstaltung zur Sicherheitsforschung.
7.Die EU-Beobachtungsstelle für kritische Technologien sollte kritische Technologien für das integrierte europäische Grenzmanagement, ihr Anwendungspotenzial, Wertschöpfungsketten, erforderliche Testinfrastrukturen sowie bestehenden Lücken und Abhängigkeiten überwachen und analysieren und Beiträge zu Technologiefahrplänen leisten.
8.Innovative Lösungen für das Grenzmanagement, die aus FuI stammen und eingesetzt werden, müssen die Anforderungen des Unionsrechts und des Völkerrechts erfüllen, die Grundrechte von Reisenden (sowohl von EU-Bürgerinnen und -Bürgern als auch von Drittstaatsangehörigen), einschließlich Schutz personenbezogener Daten, sowie die Forschungsethik wahren und fördern und von der Gesellschaft verstanden und angenommen werden.
9.Die Möglichkeiten, die künstliche Intelligenz bietet, sollten untersucht und Lösungen und bewährte Verfahren ausgetauscht werden. Lösungen, die künstliche Intelligenz einsetzen, können als sensibel, komplex und eventuelle Risiken bergend wahrgenommen werden. In der von der EU finanzierten FuI zu Grenzmanagement sollten daher Ethik und Vertrauenswürdigkeit von KI-Instrumenten höchste Priorität genießen, und für Grenzmanagementlösungen, die künstliche Intelligenz einsetzen, sollten die notwendigen Schutzvorkehrungen gelten, darunter die im vorgeschlagenen Gesetz über künstliche Intelligenz vorgesehenen Schutzvorkehrungen, sobald die gesetzgebenden Organe eine Einigung erzielt haben.
ANHANG II
Umsetzung des mehrjährigen Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement
Die strategische Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement muss über die vom Verwaltungsrat von Frontex angenommene technische und operative Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement sowie über die von den Mitgliedstaaten aufzustellenden nationalen Strategien umgesetzt werden. 55 In Abbildung 1 werden die unterschiedlichen Phasen des mehrjährigen strategischen Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement dargestellt.
Abbildung 1: Mehrjähriger strategischer Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement
a) Die technische und operative Strategie von Frontex für das integrierte europäische Grenzmanagement
Nach Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache hat Frontex die Aufgabe, auf Beschluss des Verwaltungsrats und auf der Grundlage eines Vorschlags des Frontex-Exekutivdirektors eine technische und operative Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement zu entwickeln. Diese Strategie ist in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Kommission zu erstellen und muss im Einklang mit Artikel 3 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache stehen. Die Agentur muss dabei, wo dies gerechtfertigt ist, die spezifische Situation und insbesondere die geografische Lage der Mitgliedstaaten berücksichtigen. Die technische und operative Strategie muss auf dieser Mitteilung aufbauen, aber auch die einschlägigen Anforderungen der aktuell geltenden Schengen-Rechtsvorschriften berücksichtigen.
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Anforderungen an die technische und operative Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement |
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·Der Verwaltungsrat von Frontex und seine spezielle Arbeitsgruppe zum integrierten europäischen Grenzmanagement sollten die Entwicklung der Strategie und des Umsetzungsprozesses lenken und überwachen. ·Gemäß den Schlussfolgerungen des Rates von 2020 sollte die technische und operative Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement auf den Ergebnissen und Empfehlungen aus der im Zeitraum 2019–2020 durchgeführten thematischen Schengen-Evaluierung der nationalen Strategien für ein integriertes Grenzmanagement aufbauen. ·Die Strategie sollte auf den 15 Komponenten in Artikel 3 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache aufbauen. ·Die Strategie sollte mit der politischen Richtungsvorgabe durch die EU-Organe übereinstimmen. ·Eine einheitliche Strategie für die Europäische Grenz- und Küstenwache sollte sowohl Frontex als auch an die nationalen Grenzschutzbehörden der Mitgliedstaaten umfassen. ·Die Strategie sollte Maßnahmen nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch auf nationaler Ebene abdecken, einschließlich Maßnahmen zur Harmonisierung von Verfahren, Standardisierung technischer Mittel und operativer Interoperabilität. ·Die Strategie sollte einen Zeitraum von fünf Jahren, idealerweise unter Berücksichtigung des Programmplanungszyklus des mehrjährigen Finanzrahmens, abdecken. ·Sie sollte durch einen Aktionsplan begleitet werden, in dem die wichtigsten Maßnahmen, der Zeitrahmen, Etappenziele, erforderliche Ressourcen und Überwachungsmodalitäten umrissen werden. |
b) Nationale Strategien für ein integriertes europäisches Grenzmanagement
Die Mitgliedstaaten tragen weiterhin die Hauptverantwortung für das Management ihrer Außengrenzen in ihrem eigenen Interesse und im Interesse aller anderen Mitgliedstaaten. Für eine wirksame Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements ist es daher erforderlich, dass die auf EU-Ebene festgelegten Strategien auf die nationale Ebene übertragen werden. Aus diesen Grund schreibt Artikel 8 Absatz 6 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache vor, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Strategien für ein integriertes europäisches Grenzmanagement festlegen.
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Anforderungen an die nationalen Strategien für das integrierte europäische Grenzmanagement |
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·Jeder Mitgliedstaat sollte über eine nationale Strategie verfügen. ·Sie sollte jeweils eine nationale zentrale Leitungsstruktur für das integrierte europäische Grenzmanagement vorsehen, die für die Koordinierung sämtlicher am Grenzmanagement und an Rückkehrmaßnahmen maßgeblich beteiligten Behörden sorgt und dabei Auswirkungen anderer, an den eigenen Außengrenzen durch zuständige nationale Behörden – beispielsweise Polizei-, Zoll- und Hygienekontrollbehörden – im Rahmen ihres jeweiligen Auftrags umgesetzter politischer Maßnahmen berücksichtigt. ·Die nationale Strategie ist im Einklang mit der von den EU-Organen beschlossenen politischen Strategie sowie der technischen und operativen Strategie der Agentur und den Anforderungen des Schengen-Besitzstands zu entwickeln. ·Sie muss auf den Ergebnissen und Empfehlungen aus der im Zeitraum 2019–2020 durchgeführten thematischen Schengen-Evaluierung der nationalen Strategien aufbauen. ·Die nationale Strategie sollte auf den 15 Komponenten aus Artikel 3 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache beruhen, kann darüber hinaus jedoch auch Bereiche abdecken, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, sofern dies als angemessen erachtet wird. ·In der nationalen Strategie sollten nationale Regelungen für Koordinierungsstrukturen für das nationale Grenzmanagement und die Beteiligung des Mitgliedstaats an einschlägigen EU-Mechanismen festgelegt werden, die von Frontex und anderen relevanten EU-Akteuren koordiniert werden. ·In der nationalen Strategie sind die derzeitigen und geplanten Zuweisungen personeller und finanzieller Ressourcen und die Hauptphasen für die Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur klar festzulegen. ·In der nationalen Strategie ist ein Überprüfungs- und Überwachungsmechanismus zu schaffen. ·Die nationale Strategie sollte einen mehrjährigen Zeitraum abdecken, idealerweise unter Berücksichtigung des Programmplanungszyklus des mehrjährigen Finanzrahmens. ·Sie sollte durch einen Aktionsplan begleitet werden, in dem die wichtigsten Maßnahmen, der Zeitrahmen, Etappenziele, erforderliche Ressourcen und Überwachungsmodalitäten umrissen werden. |
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c) Bewertung des integrierten europäischen Grenzmanagementzyklus
Vier Jahre nach der Annahme dieser Mitteilung wird die Kommission die Umsetzung dieser Politik durch alle Beteiligten auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene gründlich bewerten; dies geschieht im Hinblick auf die Vorbereitung des nächsten mehrjährigen strategischen Politikzyklus. In der Bewertung wird die Wirksamkeit der Umsetzung der mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement durch die Agentur und die Mitgliedstaaten bewertet, wobei ein kohärenter, integrierter und systematischer Ansatz mit Beachtung des Mehrwerts für die EU verfolgt wird. Das Maß an Konvergenz mit den politischen Prioritäten und strategischen Leitlinien der Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements wird dabei entscheidend sein. In diese Bewertung wird die Arbeit im Rahmen des Schengen-Zyklus, einschließlich des Schengen-Statusberichts, einfließen, ergänzt durch Informationen der Mitgliedstaaten und der Agentur.
Zwölf davon sind thematische Komponenten: 1) Grenzkontrollen, einschließlich Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität, 2) Such- und Rettungseinsätze in Situationen, die während Operationen zur Überwachung der Seegrenzen auftreten können, 3) Risikoanalyse, 4) Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache (Frontex), 5) stellenübergreifende Zusammenarbeit auf nationaler Ebene, 6) Zusammenarbeit zwischen den einschlägigen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, 7) Zusammenarbeit mit Drittstaaten, 8) Maßnahmen im Schengen-Raum, 9) Rückkehr von Drittstaatsangehörigen ohne Aufenthaltsrecht, 10) Einsatz modernster Technologien, 11) ein Schengen-Qualitätssicherungsmechanismus und 12) Solidaritätsmechanismen, insbesondere EU-Finanzierungsinstrumente. Darüber hinaus werden drei übergeordnete Komponenten benannt: 13) Grundrechte, 14) Forschung und Innovation sowie 15) Aus- und Fortbildung.
Von der Kommission und den Mitgliedern durchgeführte und von Frontex und der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte unterstützte Evaluierung.
Soweit für die Umsetzung der Komponenten eine technische Unterstützung erforderlich ist, kann diese im Rahmen des Instruments für technische Unterstützung angefordert werden, das mit Verordnung (EU) 2021/240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Februar 2021 zur Schaffung eines Instruments für technische Unterstützung (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 1) geschaffen wurde.
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2019/1896.
In Artikel 15 des Schengener Grenzkodexes ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten „[zur] Gewährleistung effizienter Grenzkontrollen mit hohem und einheitlichem Standard an ihren Außengrenzen [...] geeignete Kräfte in ausreichender Zahl und angemessene Mittel in ausreichendem Umfang für die Durchführung von Grenzkontrollen an den Außengrenzen [...] zur Verfügung“ stellen.
COM(2020) 612 final.
Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex).
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Internationales Übereinkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See (SAR), 1979.
Empfehlung (EU) 2020/1365 der Kommission zur Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei Such- und Rettungsaktionen, für die im Eigentum privater Einrichtungen befindliche oder von solchen betriebene Schiffe eingesetzt werden.
EU-Aktionsplan für das zentrale Mittelmeer, Vorschlag der Kommission vom 21. November 2022.
Durchführungsverordnung (EU) 2021/581 der Kommission vom 9. April 2021 über die Lagebilder des Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR).
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Beschluss Nr. 50/2021 des Verwaltungsrats von Frontex vom 21. September 2021 zur Annahme des gemeinsamen integrierten Risikoanalysemodells.
Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität (EU SOCTA) | Europol (europa.eu)
Verordnung (EU) Nr. 258/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Umsetzung des Artikels 10 des Protokolls der Vereinten Nationen gegen die unerlaubte Herstellung von Schusswaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit, in Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (VN-Feuerwaffenprotokoll) und zur Einführung von Ausfuhrgenehmigungen für Feuerwaffen, deren Teile, Komponenten und Munition sowie von Maßnahmen betreffend deren Einfuhr und Durchfuhr (ABl. L 94 vom 30.3.2012, S. 1).
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
https://www.consilium.europa.eu/de/policies/eu-fight-against-crime/
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Empfehlung der Kommission für einen „Leitfaden“ zur europäischen Zusammenarbeit bei den Aufgaben der Küstenwache, C(2021) 5310 final.
Mitteilung der Kommission – Die Europäische Migrationsagenda (COM(2015) 240 final).
Schlussfolgerungen des Rates zur dauerhaften Fortsetzung des EU-Politikzyklus zur Bekämpfung der organisierten und schweren internationalen Kriminalität: EMPACT 2022+ (6481/21).
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
C(2022) 300 final.
COM(2021) 829 final und COM(2021) 830 final.
COM(2021) 591 final.
Bislang wurden mit Marokko, Niger und dem Westbalkan operative Partnerschaften zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität aufgenommen.
Projekte der technischen Hilfe für Drittstaaten in den Bereichen Rückkehr, Rückübernahme und Wiedereingliederung – TAP4RRR.
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe h der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe i der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
COM(20220) 609 final vom 23.9.2020.
COM(2021) 120.
Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament und den Rat – Die EU-Strategie für freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung (COM(2021) 120 final).
Empfehlung der Kommission zur gegenseitigen Anerkennung von Rückkehrentscheidungen in Umsetzung der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (C(2023) 1763 final).
Strategiepapier „Auf dem Weg zu einer operativen Strategie für eine wirksamere Rückkehr“ vom 24. Januar 2023 (COM(2023) 45 final).
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe j der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 25. und 26. Februar 2021 .
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe k der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Verordnung (EU) 2022/922 des Rates vom 9. Juni 2022 über die Einführung und Anwendung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 (ABl. L 160 vom 15.6.2022, S. 1).
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe l der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
COM(2020) 612 vom 23.9.2020.
COM(2020) 610 vom 23.9.2020.
Die Grundrechtsstrategie der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache von 2021.
Beschluss des Verwaltungsrats von Frontex Nr. 61/2021 vom 9. November 2021 zur Annahme des Grundrechte-Aktionsplans zur Umsetzung der Grundrechtsstrategie.
Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.
Einige Beispiele: ABC4EU ( https://cordis.europa.eu/project/id/312797 ), BODEGA ( https://cordis.europa.eu/project/id/653676 ), D4FLY ( https://cordis.europa.eu/project/id/833704 ), FASTPASS ( https://cordis.europa.eu/project/id/312583 ), XP-DITE ( https://cordis.europa.eu/project/id/285311 )
Einige Beispiele: ALFA ( https://cordis.europa.eu/project/id/700002 ), EWISA ( https://cordis.europa.eu/project/id/608174 ), FOLDOUT ( https://cordis.europa.eu/project/id/787021 )
Einige Beispiele: FIDELITY ( https://cordis.europa.eu/project/id/284862 ), iMARS ( https://cordis.europa.eu/project/id/607379 )
Zum Beispiel ANDROMEDA ( https://cordis.europa.eu/project/id/833881 )
Zum Beispiel TRESSPASS ( https://cordis.europa.eu/project/id/787120 )
Einige Beispiele CLOSEYE ( https://cordis.europa.eu/project/id/313184 ), COMPASS2020 ( https://cordis.europa.eu/project/id/833650 ), EFFECTOR ( https://cordis.europa.eu/project/id/883374 ), EUCISE2020 ( https://cordis.europa.eu/project/id/883374 ), MARISA ( https://cordis.europa.eu/project/id/740698 ), SAFESHORE ( https://cordis.europa.eu/project/id/700643 )
Artikel 8 Absatz 5 und 6 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.