EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 23.5.2022
COM(2022) 211 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Ein Notfallplan für den Verkehr
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Document 52022DC0211
COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT, THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS A contingency plan for transport
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Ein Notfallplan für den Verkehr
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Ein Notfallplan für den Verkehr
COM/2022/211 final
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 23.5.2022
COM(2022) 211 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Ein Notfallplan für den Verkehr
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Ein Notfallplan für den Verkehr
Einleitung
In den vergangenen zwei Jahren war der Verkehrssektor der EU stark von zwei großen Krisen betroffen, nämlich der COVID-19-Pandemie und der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine. Die COVID-19-Pandemie hat die Gesellschaft einschließlich des Verkehrssektors schwer getroffen. 1 Um den Ausbruch einzudämmen, wurde eine Reihe von Maßnahmen zur Beschränkung des grenzüberschreitenden und des Inlandsverkehrs ergriffen, z. B. physische Distanzierung, Anordnungen, zu Hause zu bleiben, Schließungen öffentlicher Verkehrsmittel, Kontaktnachverfolgung und Quarantäne sowie Grenzschließungen. Die mangelnde Koordinierung der nationalen Maßnahmen wirkte sich zusätzlich auf den Verkehrssektor aus, da sie den grenzüberschreitenden Verkehr behinderte 2 , was die Auswirkungen des anfänglichen Schocks auf die Menschen und die Wirtschaft oft verstärkt hat 3 .
Die vollen Auswirkungen der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine werden sich erst noch zeigen. Seit Beginn der Invasion haben die Behörden der Mitgliedstaaten und die Verkehrsunternehmen der EU – insbesondere in den an die Ukraine angrenzenden Ländern – humanitäre Hilfe in einem noch nie dagewesenen Umfang geleistet. Der Krieg und die Sanktionen haben auch viele Herausforderungen für den Verkehr in der EU mit sich gebracht: Lkw-Fahrer, die in einer Konfliktzone festsitzen, Sperrung des russischen Luftraums, Zerstörung der ukrainischen Verkehrsinfrastruktur, Unterbrechung der Lieferketten und Aufwärtsdruck auf die Ölpreise.
Diese beiden Ereignisse sind nicht die ersten größeren Störungen des EU-Verkehrssystems. Der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull am 14. März 2010 und der Einbruch des Rastatter Tunnels am 12. August 2017 hatten sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr ebenfalls systemische Auswirkungen auf den Verkehrssektor.
In dem in dieser Mitteilung vorgestellten Notfallplan für den Verkehr wird ein Instrumentarium zur Bewältigung jeglicher Art von Verkehrskrisen vorgeschlagen. 4 Er entspricht der Aufforderung des Rates an die Kommission, einen europäischen Notfallplan für den Güterverkehr im Falle von Pandemien und anderen schweren Krisen zu erstellen. 5 Darüber hinaus sieht die Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität vor, dass die Kommission einen Notfallplan für Krisensituationen ausarbeitet, um die Betriebskontinuität zu gewährleisten und Reaktionsmaßnahmen im Verkehrssektor zu koordinieren. 6 Der Plan stützt sich auf die während der COVID-19-Pandemie gewonnenen Erkenntnisse und ergriffenen Initiativen, wie die Mitteilung über die Umsetzung sogenannter „Green Lanes“ 7 , die Leitlinien zum Schutz der Gesundheit, zur Rückkehr und zur Regelung der Reise von Seeleuten, Fahrgästen und anderen Personen an Bord von Schiffen 8 und die COVID-19-„Omnibus“-Rechtsvorschriften zur Einführung vorübergehender Maßnahmen für den Verkehr 9 . Der Plan ist eines der Ziele im Rahmen der „Leitinitiative 8 – Stärkung des Binnenmarkts“ (Maßnahme 58) der Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität. Er ergänzt Maßnahme 56 zur Bewertung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Konnektivität und Wettbewerb des Verkehrs im Binnenmarkt. Sein Schwerpunkt liegt auf dem Verkehrssektor – die Kommission wird sich mit den umfassenderen Fragen des freien Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehrs im EU-Binnenmarkt und der Verfügbarkeit von Produkten und Dienstleistungen im Rahmen des kommenden Notfallinstruments für den Binnenmarkt befassen. 10
Viele der in diesem Plan vorgeschlagenen Instrumente und Grundsätze haben sich bereits als nützlich erwiesen, um die durch die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine verursachten Probleme zu lösen. Im Folgenden werden einige der vorläufigen Schlussfolgerungen dargelegt, doch ist eine kontinuierliche Neubewertung der sich stellenden Herausforderungen erforderlich. Somit konzentriert sich der nächste Abschnitt im Wesentlichen auf die Reaktion der EU auf die COVID-19-Pandemie. Danach folgt ein zukunftsorientierter Abschnitt über die Krisenvorsorge, in dem Grundsätze für die Bewältigung von Notfällen im Verkehrssektor aufgezeigt werden und ein Instrumentarium von Maßnahmen vorgeschlagen wird.
Unterstützung des Verkehrssektors in Krisensituationen
Die EU hat rasch gehandelt, um die durch COVID-19 verursachten Probleme anzugehen und die Verkehrskonnektivität wiederherzustellen. Die Reaktion konzentrierte sich auf die Sicherstellung eines ununterbrochenen Warenstroms und die Erbringung von Verkehrsdienstleistungen ohne Verzögerungen. Die COVID-19-Pandemie hat jedoch auch gezeigt, dass die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der EU und den Mitgliedstaaten in wichtigen Bereichen wie Gesundheit und Grenzkontrollen eine schnelle und koordinierte politische Reaktion erschweren kann.
2.1 Koordinierung, Überwachung und Bereitstellung von Informationen
Das Netz der nationalen Kontaktstellen für den Verkehr hat die Koordinierung im Verkehrssektor verbessert. Es wurde im Rahmen der Mitteilung über die Umsetzung sogenannter „Green Lanes“ eingerichtet, um spezifische Verkehrsfragen anzugehen, und wurde von der Kommission koordiniert. Das Netz hat sich entscheidend auf die Bewältigung der Krise ausgewirkt und ergänzt die Integrierte EU-Regelung für die politische Reaktion auf Krisen (IPCR), dessen Anwendung zu Beginn der Krise im Januar 2020 ausgelöst wurde.
Die Bereitstellung von Informationen in Echtzeit war jedoch eine Herausforderung. Aufgrund der sich ständig ändernden Pandemiesituation, Anforderungen und Vorschriften waren aktuelle Informationen unerlässlich. Die Website „Re-open EU“ und die mobile App haben EU-weit Informationen für Menschen und Unternehmen bereitgestellt. 11 Ein wichtiger Informationskanal war das Portal „Your Europe“ der Kommission mit 9,9 Millionen Besuchen im Juli 2021. 12 Diese Instrumente haben eine wichtige Rolle bei der Wiederherstellung von sicherem Reisen und Tourismus gespielt. Gleichzeitig waren die Informationen über bestimmte Vorschriften aufgrund der häufigen Änderungen der Vorschriften und des unzulänglichen Informationsflusses zwischen den nationalen Behörden und der Kommission manchmal veraltet. 13 Die Website hat den Fahrgästen geholfen, enthält jedoch keine Vorschriften für Beschäftigte im Verkehrssektor.
Russische Aggression gegen die Ukraine: Koordinierung, Überwachung und Austausch von Informationen
Das Netz der nationalen Kontaktstellen für den Verkehr wurde in den ersten Tagen nach der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine wieder zusammengeführt. Es war ein Forum für die Mitgliedstaaten, die Kommission, andere EU-Einrichtungen und manchmal sogar Vertreter der Ukraine. Das Netz hat Maßnahmen erörtert und koordiniert, um neue Verkehrswege und Lieferketten zu schaffen und bestehende in die und aus der Ukraine zu erhalten.
2.2 Entblockierung des Güterverkehrs
Das System „Green Lanes“ hat den Verkehr in der EU im Fluss gehalten und den Beschäftigten im Verkehrssektor einen reibungslosen Grenzübertritt ermöglicht. 14 Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten auf, interne Grenzübergänge des TEN-V-Netzes als „Green Lane“-Grenzübergänge auszuweisen, an denen bestimmte Vorschriften gelten. Das Passieren dieser „Green Lanes“ sollte an den Binnengrenzen weniger als 15 Minuten in Anspruch nehmen, und diese Übergänge sollten für alle Lastkraftwagen, die Güter jeglicher Art befördern, offen sein.
Wie von den Interessenträgern weithin anerkannt, wirkten sich die „Green Lanes“ unmittelbar auf die Gewährleistung ununterbrochener Verkehrsdienste und die Begrenzung von Unterbrechungen in den Lieferketten aus. 15 Dies hat die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Beschränkungen auf Verkehrsunternehmen verringert und die wirtschaftliche Erholung der EU unterstützt. Die „Lanes“ (Fahrspuren) haben auch die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten im Verkehrssektor durch Vorschriften zu sanitären Einrichtungen und Ruhepausen gewährleistet. Die Maßnahme war ein Erfolg: Die von der EU-Agentur für das Weltraumprogramm entwickelte tägliche Überwachung hat gezeigt, dass die durchschnittlichen Wartezeiten an den Grenzübergangsstellen innerhalb des Schengen-Raums unter dem Schwellenwert von 15 Minuten blieben. 16
Tabelle 1: Durchschnittliche Grenzübertrittszeit in Minuten (alle EU-Grenzübergangsstellen) und ihr linearer Trend zwischen Juni 2020 und Mai 2022 – auf wöchentlicher Basis.
Darüber hinaus hat die EU konkrete Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass die Rechtsvorschriften so geändert oder ausgelegt werden konnten, dass die Verkehrskonnektivität während der Krise aufrechterhalten wurde. Einige Verkehrsunternehmen waren nicht in der Lage, die erforderlichen Verfahren zur Einhaltung der EU-Vorschriften für die Erneuerung oder Verlängerung von Bescheinigungen (z. B. Sicherheitsbescheinigungen), Lizenzen (z. B. Führerscheine) oder Genehmigungen abzuschließen. Aufgrund von Lockdown-Maßnahmen konnten die Mitgliedstaaten nicht sicherstellen, dass die nach den EU-Transportvorschriften vorgeschriebenen Übungen, Schulungen oder Inspektionen innerhalb der geltenden Fristen durchgeführt werden. Mit der Verabschiedung der Verordnung (EU) 2020/698 17 (Omnibus I) und der Verordnung (EU) 2021/267 18 (Omnibus II) verlängerte die EU die in den einschlägigen EU-Verkehrsgesetzen festgelegten Zeiträume für Schulungen, Inspektionen und die Ausstellung von Bescheinigungen und Genehmigungen. Diese Maßnahmen, bei denen die Verkehrssicherheit sorgfältig berücksichtigt wurde, wurden von den Interessenträgern weitgehend begrüßt und haben sichergestellt, dass betroffene Verkehrsunternehmen und Einzelpersonen ihre Tätigkeit fortsetzen können. 19
2.3 Koordinierung der Reisemaßnahmen für Fahrgäste und Beschäftigte im Verkehrssektor
Seit Beginn der Pandemie hat sich die Kommission für ein koordiniertes Vorgehen in Bezug auf Beschränkungen der Freizügigkeit in der EU eingesetzt, die durch die Pandemie notwendig geworden sind. Um eine Unterbrechung des Verkehrs zu vermeiden, wurde in der Empfehlung (EU) 2020/1475 des Rates und ihren nachfolgenden Überarbeitungen bestätigt, dass Beschäftigte im Verkehrssektor grundsätzlich keiner Test- oder Quarantänepflicht unterliegen; wenn ein Test erforderlich ist, kann ein Antigen-Schnelltest verwendet werden. 20 Ihre Nachfolgerin, die Empfehlung (EU) 2022/107 des Rates, sieht vor, dass Beschäftigte im Verkehrssektor nicht im Besitz eines digitalen COVID-Zertifikats der EU sein müssen. 21
Als Reaktion auf die Krise in der Ukraine bestätigte die Kommission in ihrer Mitteilung über operative Leitlinien für das Außengrenzenmanagement zur Erleichterung des Grenzübertritts an den Grenzen zwischen der EU und der Ukraine, dass die Beschäftigten im Verkehrssektor für die Lieferketten von entscheidender Bedeutung sind. 22 Die Kommission schlug ferner vor, die Grenzübertrittsverfahren für in der Ukraine tätige Beschäftigte im Verkehrssektor zu vereinfachen.
Digitales COVID-Zertifikat der EU und digitales Reiseformular der EU
Das sichere und interoperable digitale COVID-Zertifikat der EU und andere Gesundheitsprotokolle, die von der Kommission und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten in Zusammenarbeit mit den zuständigen Verkehrsbehörden entwickelt wurden, haben entscheidend dazu beigetragen, dass – soweit möglich – wieder sicheres Reisen in der EU stattfinden kann. 23 Das digitale COVID-Zertifikat der EU und die Bemühungen zur Einrichtung einer koordinierten Vorgehensweise im Reiseverkehr auf EU-Ebene wurden durch Reise- und Tourismusvereinigungen weithin als wichtige Instrumente begrüßt, die den Bürgerinnen und Bürgern das Reisen ermöglichen, da sie für die notwendige Vorhersagbarkeit sorgen. Um sicherzustellen, dass den Bürgerinnen und Bürgern diese wirksame und datenschutzfreundliche Art des Nachweises des COVID-19-Status nicht vorenthalten wird, hat die Kommission vorgeschlagen, die Rechtsgrundlage des digitalen COVID-Zertifikats der EU bis zum 30. Juni 2023 zu verlängern, falls bestimmte Beschränkungen der Freizügigkeit aufgrund der öffentlichen Gesundheit nach dem 30. Juni 2022 noch bestehen.
Mehrere Mitgliedstaaten haben jedoch Reiseformulare und andere Erklärungen (z. B. Gesundheitserklärungen, Erklärungen über die Einreise in ein Hoheitsgebiet) in unkoordinierter Weise eingeführt. Diese gibt es in verschiedenen Formaten und einige nur auf Papier. So kam es zu unnötigen Unannehmlichkeiten und Verwirrung für die Reisenden, die durch eine angemessene Koordinierung hätten vermieden werden können.
Während der COVID-19-Pandemie ermöglichten die gemeinsamen Anstrengungen der EU und der Mitgliedstaaten 650 000 Bürgerinnen und Bürgern der EU, sicher nach Hause zurückzukehren. Über 100 000 Menschen, darunter 90 060 EU-Bürgerinnen und Bürger, wurden im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union rückgeführt. Die COVID-19-Pandemie hat auch die Beschäftigten im Verkehrssektor erheblich getroffen. Diese Arbeitnehmer stehen an vorderster Front in der Krise und hatten unter den Einschränkungen zu leiden, denen sie bei ihrer Reise innerhalb der EU ausgesetzt waren, z. B. längeren Wartezeiten an den Grenzen und begrenzten Unterbringungs- und Ruhemöglichkeiten. Besonders betroffen waren Seeleute, die aufgrund von Beschränkungen und eingeschränkter Verkehrskonnektivität mehrere Monate lang nicht nach Hause zurückkehren konnten. Die Kommission hat den Mitgliedstaaten Leitlinien für Reisen innerhalb der EU an die Hand gegeben und betont, dass für sichere Transit-Korridore gesorgt werden muss. 24 Zudem hat die Kommission Seeleute unterstützt, indem sie bestimmte Regelungen für Gesundheit, Rückkehr und Reisen empfohlen hat. 25 Sie hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, ein Netz von sicheren Häfen zu schaffen, in denen die Besatzungen ohne Einschränkungen wechseln könnten. Darüber hinaus hat die Kommission die Visabestimmungen gelockert und Ausnahmen von der Quarantänepflicht eingeführt, darunter auch für Seeleute aus Drittländern.
COVID-19 und Passagierrechte
Die Kommission hat frühzeitig Orientierungshilfen für die Anwendung der EU-Rechtsvorschriften über Passagierrechte im Zusammenhang mit COVID-19 bereitgestellt. 26 Sie gab eine Empfehlung zu Gutscheinen heraus, die Passagieren und Reisenden als Alternative zu Erstattungen für annullierte Reise- und Beförderungsdienstleistungen angeboten werden. Sie zeigte auch auf, wie die Mitgliedstaaten die finanzielle Liquidität der Verkehrsunternehmen unterstützen könnten. 27 Die Kommission alarmierte das Netzwerk für die Durchsetzung der Zusammenarbeit im Verbraucherschutz im Dezember 2020 über die Stornierungs- und Erstattungspraktiken mehrerer Fluggesellschaften. Dies führte zu Gesprächen zwischen der Kommission, den nationalen Verbraucherschutzbehörden und 16 großen Fluggesellschaften. Daraufhin verpflichteten sich diese Fluggesellschaften, die Fluggäste besser zu informieren und ihnen die Kosten für annullierte Flüge zeitnah zu erstatten. 28
Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten auf, die Plattform „EU Pilot“ zu nutzen, um Informationen über die Anwendung, Überwachung und Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften über Passagierrechte während der COVID-19-Krise bereitzustellen. Besonderes Augenmerk liegt auf den Verkehrsunternehmen und darauf, ob sie den Passagieren die Wahl zwischen Erstattung oder Gutscheinen lassen. Die Kommission leitete Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten ein, die Vorschriften eingeführt hatten, die gegen die EU-Rechtsvorschriften über Passagierrechte verstoßen. Dies führte zur Aufhebung dieser widersprüchlichen nationalen Vorschriften.
2.4 Aufrechterhaltung der Verkehrskonnektivität
Die EU hat mit ihren Gesetzesänderungen auch für regulatorische Entlastungen der Verkehrsunternehmen gesorgt. Wenn ein Luftfahrtunternehmen seinen finanziellen Verpflichtungen während eines Zeitraums von 12 Monaten nicht mehr nachkommen kann, haben die Genehmigungsbehörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeit, seine Genehmigung nicht auszusetzen oder zu widerrufen. Mit den Rechtsvorschriften wurden Maßnahmen zur Unterstützung von Flughäfen und Bodenabfertigungsunternehmen eingeführt, insbesondere durch die Möglichkeit für Flughäfen, im Notfall Bodenabfertigungsaufträge zu vergeben, wenn ein Unternehmen seine Tätigkeit aufgrund der COVID-19-Krise einstellt. 29
Änderungen der Zeitnischenverordnung 30
Die EU verabschiedete rasch geänderte Rechtsvorschriften, die es den Luftfahrtunternehmen ermöglichen, ihre Zeitnischen in der nächsten entsprechenden Flugplanperiode zu behalten, selbst wenn sie nicht die normalerweise geforderten 80 % der Zeitnischen nutzen können. Diese geänderten Rechtsvorschriften zielen darauf ab, die Fluggesellschaften finanziell zu entlasten und zu vermeiden, dass sie Flüge durchführen müssen, nur um ihre Zeitnischen nicht zu verlieren. Sie stellen auch sicher, dass die Flughafenkapazität zum Vorteil der Verbraucher und der Konnektivität wettbewerbsorientiert genutzt wird.
Die Gesetzeserleichterungen im maritimen Sektor haben es dem Leitungsorgan eines Hafens oder der zuständigen Behörde ermöglicht, die Zahlung von Seehafeninfrastrukturgebühren zu erlassen, zu verringern oder aufzuschieben. 31 Im Eisenbahnsektor wurden zeitlich befristete Regelungen zugunsten der Eisenbahnunternehmen eingeführt, die es den Infrastrukturbetreibern beispielsweise erlauben, die Zugangsgebühren unterhalb der Betriebskosten festzusetzen. 32 Die Umsetzung und Durchführung einiger EU-Vorschriften wurde verschoben, um die Belastung der Mitgliedstaaten zu verringern, damit sie sich auf die Bekämpfung der Ausbreitung des Virus konzentrieren können. 33
EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen haben es den Mitgliedstaaten ermöglicht, vorübergehende Soforthilfen zu gewähren, um einen plötzlichen Liquiditätsverlust auszugleichen oder unmittelbar mit COVID-19 zusammenhängende Schäden zu kompensieren. Am 19. März 2020 verabschiedete die Kommission einen Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft in der COVID-19-Krise 34 . Er legt die Voraussetzungen für staatliche Beihilfen fest, um jede schwerwiegende Störung der Wirtschaft eines Mitgliedstaats abzufedern. Er gilt für fast alle Sektoren und Unternehmen, einschließlich der Verkehrsunternehmen, die er als einer der am stärksten betroffenen Sektoren anerkennt. Ziel ist es, die Liquiditätsengpässe der Unternehmen zu verringern, indem beispielsweise direkte Zuschüsse, Steuervorteile, staatliche Bürgschaften für Darlehen, vergünstigte öffentliche Darlehen und Rekapitalisierungen gewährt werden.
Die Kommission hat auch klargestellt, wie die wichtigsten EU-Vorschriften in den Bereichen Verkehr, staatliche Beihilfen und öffentliches Auftragswesen in einer Krise auszulegen sind, indem sie Leitlinien für die Mitgliedstaaten verabschiedet hat. Dies hat es den Mitgliedstaaten ermöglicht, bestehende Verträge über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen für den Land- 35 , Luft- 36 und Seeverkehr 37 an die durch die COVID-19-Krise entstandenen Bedürfnisse anzupassen. Die Kommission hat außerdem Leitlinien für das Verfahren zur dringenden Vergabe neuer Verträge über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen herausgegeben, damit die grundlegende Konnektivität des Verkehrs aufrechterhalten werden kann, wenn die gewerblichen Dienste aufgrund der Krise dazu nicht in der Lage sind. Diese gesetzgeberischen Maßnahmen sind zeitlich befristet und auf die Dauer der COVID-19-Krise beschränkt. Ihre rasche Annahme zeigt, dass die Kommission, das Parlament und der Rat in der Lage sind, wirksam auf solche Krisen zu reagieren.
Insbesondere wenn die Gefahr eines plötzlichen Verlusts der Konnektivität besteht, können die Mitgliedstaaten neue gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen. Die Kommission hat Leitlinien für Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen während der COVID-19-Pandemie vorgelegt und eine Reihe bilateraler Gespräche mit den Mitgliedstaaten geführt. 38
2.5 Bereitstellung gezielter Finanzmittel für wichtige Beförderungen
Als Teil der 2,7 Mrd. EUR, die im Rahmen des Soforthilfeinstruments (ESI) bereitgestellt wurden, um die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der COVID-19-Krise zu unterstützen, ermöglichte die Flexibilität des ESI die rasche Bereitstellung von 220 Mio. EUR für verkehrsbezogene Maßnahmen. Dies wurde dann als das „Mobilitätspaket“ des ESI strukturiert, das den Mitgliedstaaten, als es am 19. Juni 2020 auf den Weg gebracht wurde, bedarfsorientierte Unterstützung für den Frachttransport im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise sowie für den Transport von Patienten und medizinischen Teams bereitstellte. Insgesamt wurden mehr als 2000 Einsätze auf dem Luft-, Land- oder Seeweg für den Transport von medizinischem Material und Teams sowie für die Verlegung von Patienten unterstützt. Die Frachtbeförderungen wurden insgesamt mit mehr als 164 Mio. Euro finanziert. Darüber hinaus wurden den Mitgliedstaaten bisher über 9 Mio. EUR für die Beförderung medizinischer Teams und die Verlegung von Patienten gewährt, womit die Beförderung von mehr als 450 Mitarbeitern des Gesundheitswesens und etwa 350 Patienten unterstützt wurde. 21 Mitgliedstaaten haben das ESI-Mobilitätspaket in Anspruch genommen.
Reaktion der EU auf die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine
Am 24. Februar 2022 startete Russland eine groß angelegte militärische Operation gegen die Ukraine. In den ersten Wochen des Konflikts sind mehr als 3,9 Millionen Menschen aus der Ukraine in die EU geflohen. Die EU gewährte der Ukraine eine Makrofinanzhilfe in Höhe von 1,2 Mrd. EUR. Davon sind im März 600 Mio. EUR in Form von Darlehen zu Vorzugsbedingungen ausgezahlt wurden, während die Auszahlung der zweiten Tranche von 600 Mio. EUR noch aussteht. Darüber hinaus wurde am 7. April eine Soforthilfe in Höhe von 120 Mio. EUR in Form von Zuschüssen an den ukrainischen Haushalt überwiesen, um das Land bei grundlegenden staatlichen Ausgaben zu unterstützen. Die EU widmet gerade die laufenden Projekte (im Wert von 100–200 Mio. EUR) um, um Soforthilfe zu leisten und den dringendsten Bedarf der Bevölkerung und der Behörden zu decken. Darüber hinaus hat die Kommission ein neues Soforthilfepaket in Höhe von 330 Mio. EUR angenommen. Die EU hat mehrere Maßnahmen ergriffen, um gegen Russland Sanktionen zu verhängen und die Ukraine zu unterstützen. Zu den verkehrsbezogenen Maßnahmen gehören:
(-) Die EU hat in einem Informationsblatt zu Konfliktzonen (Conflict Zone Information Bulletin) der EU-Agentur für Flugsicherheit von kommerziellen Flügen über dem gesamten Luftraum der Ukraine, von Belarus und Teilen Russlands abgeraten. Diese Empfehlung wurde schnell auf den moldauischen Luftraum ausgedehnt.
(-) Die EU hat ihren Luftraum für russische Fluggesellschaften und Unternehmen geschlossen. 39
(-) Am 9. März erließ die EU ein Verbot für:
i) Verkauf, Lieferung, Leasing, Weitergabe und Ausfuhr – direkt oder indirekt – aller luftfahrttechnischen Güter und Technologien (Luftfahrzeuge, Raumfahrzeuge und deren Teile);
ii) direktes oder indirektes Anbieten von Versicherungen und Rückversicherungen für diese luftfahrttechnischen Güter und Technologien;
iii) Anbieten von Reparatur- und Wartungsdienstleistungen für diese luftfahrttechnischen Erzeugnisse.
(-) Die EU hat die russische Eisenbahn auf die Liste der Einrichtungen gesetzt, gegen die finanzielle Sanktionen verhängt werden. Personen, die mit der russischen Eisenbahn und ihren Tochtergesellschaften in Verbindung stehen, wurden in die Liste der Personen aufgenommen, die von den restriktiven Maßnahmen der EU betroffen sind.
(-) Die EU hat Sanktionen gegen marine Navigations- und Funkausrüstungen eingeführt, die Folgendes verbieten:
i) Verkauf, Lieferung, Weitergabe oder Ausfuhr dieser Erzeugnisse an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Stellen in Russland zur Verwendung in Russland oder zur Verbringung an Bord eines unter russischer Flagge fahrenden Schiffes;
ii) Bereitstellung von technischer Hilfe, Vermittlungsdiensten oder anderen Dienstleistungen sowie von Finanzmitteln und finanzieller Unterstützung im Zusammenhang mit diesen Produkten.
(-) Am 8. April erließ die EU weitere Sanktionen, die es unter russischer Flagge fahrenden Schiffen (einschließlich Jachten) verbieten, einen EU-Hafen anzulaufen, und die es in Russland und Belarus niedergelassenen Kraftverkehrsunternehmen untersagen, Güter auf der Straße in das Gebiet der Europäischen Union zu befördern.
(-) Auf Ersuchen der Ukraine löste die EU die Anwendung des Katastrophenschutzverfahrens der Union (UCPM) aus und leistete Unterstützung im Zusammenhang mit den Folgen der militärischen Aggression Russlands. Tausende Tonnen Hilfsgüter aus allen EU-Mitgliedstaaten wurden über Logistikzentren des Katastrophenschutzverfahrens der Union in Polen, Rumänien und der Slowakei in die Ukraine verbracht. Auch Nachbarländer haben um Unterstützung im Rahmen des UCPM im Zusammenhang mit dem Zustrom von Migranten ersucht. Neben der Ukraine werden auch die Republik Moldau, Polen, die Slowakei und die Tschechische Republik – die alle wichtige Zielländer für Flüchtlinge, die vor dem Konflikt fliehen, sind – durch das UCPM in unterschiedlicher Form unterstützt. Das UCPM wurde auch herangezogen, um die Rückführung von EU-Bürgern zu erleichtern, wenn dies möglich war. In Polen, der Slowakei und Rumänien wurden unter der Zuständigkeit lokaler Behörden Logistikzentren für Hilfsgüter eingerichtet, die vollständig über das UCPM finanziert wurden.
(-) Auslösung der Anwendung der Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes für Ukrainer und Nicht-Ukrainer, wenn sie nicht sicher in die Ukraine zurückkehren können. 40
(-) Operative Leitlinien für das Außengrenzenmanagement zur Erleichterung des Grenzübertritts an den Grenzen zwischen der Ukraine und der EU. Diese Leitlinien gelten auch für Beschäftigte im Verkehrssektor. 41
(-) Unterstützung für gestrandete Lkw-Fahrer aus der EU bei der Rückkehr aus der Ukraine, Russland und Belarus, indem die Verfahren für sie vereinfacht werden.
(-) Die Gesamtheit der Tätigkeiten der Verkehrs- und Logistikpartnerschaft der Nördlichen Dimension mit Russland und Belarus sind ausgesetzt worden.
(-) Einige Mitgliedstaaten haben den Ukrainern eine kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angeboten. Darüber hinaus haben viele EU-Verkehrsunternehmen Maßnahmen wie kostenlose Flug-, Bus- oder Bahntickets eingeführt, um die Ukraine und ihre Bevölkerung zu unterstützen oder um humanitäre Hilfe zu leisten.
(-) Die an die Ukraine angrenzenden Mitgliedstaaten haben Aufnahmeeinrichtungen/Verkehrsknotenpunkte eingerichtet.
(-) Die Kommission hat das Netz der nationalen Kontaktstellen für den Verkehr aktiviert.
(-) Die Europäische Kommission hat einen Entwurf für einen Plan (REPowerEU) vorgeschlagen, mit dem Europa angesichts der Invasion Russlands in die Ukraine lange vor 2030 von fossilen Brennstoffen aus Russland, beginnend mit Gas, unabhängig gemacht werden soll. 42
(-) Im Rahmen der Unterstützung der EU für die Ukraine angesichts der militärischen Aggression Russlands hat die Kommission am 12. Mai „Solidaritätskorridore“ 43 eingerichtet, die eine Reihe von Maßnahmen umfassen, mit denen die Ukraine bei der Ausfuhr ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse unterstützt werden soll. Nach dem Einfall Russlands in die Ukraine und der Blockade der ukrainischen Häfen müssen für ukrainisches Getreide und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse alternative Routen zu ihren jeweiligen Bestimmungsorten gefunden werden. Mit der Mitteilung legt die Kommission einen Aktionsplan zur Schaffung von „Solidaritätskorridoren“ vor, um sicherzustellen, dass die Ukraine ihr Getreide ausführen, aber auch benötigte Waren, von humanitärer Hilfe bis hin zu Futtermitteln und Düngemitteln, einführen kann. Damit wird ein Beitrag zur Stützung der ukrainischen Wirtschaft und zur weltweiten Ernährungssicherheit geleistet. Die Kommission hat zusammen mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern eine Reihe vorrangiger Maßnahmen festgelegt, darunter
• Bereitstellung zusätzlicher Güterwagen, Frachtschiffe und Lastkraftwagen;
• Gewährleistung ausreichender Kapazität der Verkehrsnetze und Umschlagterminals für die ukrainische Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse;
• Gewährleistung größtmöglicher Flexibilität und angemessener Personalausstattung für Zollvorgänge und andere Kontrollen;
• Ermittlung von Lagermöglichkeiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus der Ukraine im Hoheitsgebiet der EU;
• mittelfristige Verbesserung der Konnektivität zwischen der EU und der Ukraine, indem die infrastrukturelle Kapazität der neuen Ausfuhrkorridore ausgebaut und im Rahmen des Wiederaufbaus der Ukraine neue infrastrukturelle Verbindungen geschaffen werden.
(-) Am 12. Mai billigte die Kommission eine Vereinbarung auf hoher Ebene mit der Ukraine 44 über neue indikative Karten für das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) für die Ukraine im Rahmen der Politik der Kommission zur Ausweitung des TEN-V auf Nachbarländer.
Krisenvorsorge
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat gezeigt, wie wichtig es ist, vorbereitet zu sein. Dank der vorhandenen Kapazitäten war die EU in der Lage, rasch wirksame Hilfe für die Ukraine und die aus dem Land fliehenden Flüchtlinge bereitzustellen. Wir können die vollen Auswirkungen des Krieges noch nicht abschätzen und wissen auch nicht, was die nächste Krise sein wird, die den Verkehr betreffen könnte. Ein wirksamer Reaktionsmechanismus sollte nicht nur auf einen Verkehrsträger ausgerichtet sein, da systemische Störungen bei einem Verkehrsträger das gesamte Netz beeinträchtigen können.
In der Strategischen Vorausschau 2021 der EU 45 werden Faktoren hervorgehoben, die sich auf den Verkehr in der EU auswirken könnten, darunter Klimawandel und andere ökologische Herausforderungen, Bedrohungen der Sicherheit und Terrorismus, digitale Hyperkonnektivität und technologischer Wandel. In der Vergangenheit waren mehrere terroristische Anschläge oder Anschlagsversuche auf den EU-Verkehrssektor ausgerichtet, da dieser aufgrund der großen Zahl von Menschen, die ihn täglich nutzen, ein wirkungsvolles Ziel darstellt. 46 Während der COVID-19-Pandemie wurden Telekommunikationseinrichtungen, einschließlich der 3G/4G/5G-Infrastruktur (z. B. Repeater, Repeater-Brücken und Mobilfunkmasten) und andere Netzkomponenten (z. B. Relais und Kabel) ins Visier genommen. Im Juli 2021 forderten die Überschwemmungen in Belgien und Deutschland zahlreiche Todesopfer und führten zu schweren und lang anhaltenden Verkehrsbehinderungen.
Die Cybersicherheit bedarf besonderer Aufmerksamkeit. In der Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität wird die Notwendigkeit anerkannt, der Cybersicherheit im Verkehrswesen hohe Priorität einzuräumen, um Cyberbedrohungen zu bekämpfen. Nach Angaben der Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA) 47 haben es Cyberkriminelle verstärkt auf kritische Infrastrukturen in den Bereichen Gesundheit, Verkehr 48 und Energie abgesehen. Die russische Aggression gegen die Ukraine hat die Besorgnis über die Cyberbedrohung, auch gegen EU-Ziele, erhöht.
3.1 Grundsätze für Notfälle im Verkehrssektor
Zur Vorbereitung auf Großereignisse und zur Reaktion darauf sollten zusätzlich zu anderen einschlägigen EU-Grundsätzen stets die nachstehend beschriebenen Grundsätze für den Notfall beachtet werden.
I.Verhältnismäßigkeit: Einführung von Maßnahmen zur Beschränkung des Güter- oder Personenverkehrs nur als letztes Mittel. Alle Maßnahmen müssen hinreichend begründet, evidenzbasiert und verhältnismäßig sein, einer regelmäßigen Überwachung und Überprüfung unterliegen, schnell mitgeteilt werden, zeitlich begrenzt sein und so schnell wie möglich aufgehoben werden. 49
II.Nichtdiskriminierung: Die Maßnahmen dürfen nicht zu einer unzulässigen Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Warenursprungs oder zu einer Diskriminierung zwischen verschiedenen Verkehrsträgern oder beförderten Waren führen. Sie sollten eine nichtdiskriminierende Behandlung von Beschäftigten im Verkehrssektor (einschließlich Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger) sicherstellen und nach Möglichkeit auf Reise- oder Verkehrsbeschränkungen oder sonstigen Verwaltungsaufwand verzichten, da sie eine wesentliche Rolle in Lieferketten spielen, in denen Frachtfahrzeuge eingesetzt werden. Gleiches gilt für die Nichtdiskriminierung von Passagieren.
III.Koordinierung: Alle Maßnahmen sollten über das Netz der nationalen Kontaktstellen für den Verkehr mit den Verkehrsbehörden koordiniert werden. Es sollten Kommunikationskanäle zwischen dem Netz, der EU und internationalen horizontalen Krisenbewältigungsforen eingerichtet werden. Die Koordinierung muss von Anfang an zwischen den zuständigen Behörden erfolgen, insbesondere wenn das TEN-V-Netz und mehr als ein Mitgliedstaat betroffen sind.
IV.Transparenz, Kommunikation und Dialog: Alle Maßnahmen sollten den betroffenen Interessenträgern vor ihrem Inkrafttreten klar mitgeteilt, mit ihnen besprochen und erforderlichenfalls angepasst werden. 50 Es sollte ein kontinuierlicher Dialog mit Interessenträgern einschließlich internationaler Partner sichergestellt werden.
V.Kohärenz mit der EU-Politik: Nationale und lokale Maßnahmen, die das Funktionieren des einheitlichen europäischen Verkehrsraums beeinträchtigen, müssen vermieden werden. Sobald es Notfallmaßnahmen für den Verkehr auf EU-Ebene gibt, sollten die zuständigen Behörden die nationalen Maßnahmen unverzüglich aufheben.
VI.Integrität des Verkehrssystems: Maßnahmen zur Lösung von Problemen bei einem Verkehrsträger sollten alle Verkehrsträger berücksichtigen und in vollem Umfang nutzen.
VII.Betreuung von Passagieren mit besonderen Bedürfnissen: Besonderes Augenmerk sollte auf die Bedürfnisse von Passagieren und Passagiergruppen in prekären Situationen (z. B. Menschen mit eingeschränkter Mobilität und/oder Menschen mit Behinderungen), gestrandeten Passagieren, Reisenden mit wesentlichen Tätigkeiten und Grenzgängern gelegt werden.
VIII.Betreuung von Beschäftigten im Verkehrssektor: Die Beschäftigten im Verkehrssektor sollten sichere und angemessene Arbeitsbedingungen vorfinden. 51
3.2 Instrumentarium für Notfälle im Verkehrssektor
Die Kommission schlägt ein Instrumentarium mit [zehn] Maßnahmen vor, um die Krisenbereitschaft des Verkehrssektors und seine Reaktionsfähigkeit zu verbessern. Das Instrumentarium sollte im Einklang mit den oben aufgeführten Grundsätzen eingesetzt werden. Die Maßnahmen reichen von längerfristigen vorbereitenden Aktionen bis hin zu Instrumenten, die für Sofortmaßnahmen eingesetzt werden können. Das gemeinsame Ziel besteht darin, besser auf eine rasche Reaktion auf Unfälle oder Ereignisse vorbereitet zu sein, die das Verkehrssystem der EU ernsthaft beeinträchtigen könnten. Diese Störung könnte durch Naturkatastrophen, Pandemien, Terroranschläge, Cyberangriffe, Ransomware, militärische Konflikte, Infrastrukturstörungen (Brücken- oder Tunneleinstürze) oder Stromausfälle verursacht sein.
1)Die EU-Rechtsvorschriften für den Verkehr für Krisensituationen fit machen
Einige Verkehrsvorschriften enthalten bereits Notfallklauseln. Beispiele hierfür sind Artikel 21 der Verordnung über Luftverkehrsdienste 52 , Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge im Landverkehr 53 , Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung über Hafendienste 54 und Artikel 10 der Verordnung über den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs 55 . In einigen geltenden Rechtsvorschriften wird bereits die Verpflichtung zur Vorlage von Notfallplänen erwähnt. Im Rahmen des vierten Eisenbahnpakets 56 müssen Eisenbahnunternehmen Notfallpläne zum Schutz und zur Unterstützung der Fahrgäste bei größeren Verkehrsstörungen erstellen. 57
Gegebenenfalls müssen die EU-Verkehrsvorschriften geändert werden, um Bestimmungen zur besseren Bewältigung einer größeren Krise einzuführen. Diese Bestimmungen sollten jedoch nicht zu unzulässigen Ausnahmen von der Anwendung der EU-Rechtsvorschriften führen. Daher sollte die Einführung solcher Klauseln bei der Änderung oder Verabschiedung einer spezifischen Verordnung oder Richtlinie sorgfältig geprüft werden. In Folgenabschätzungen sollte bewertet werden, ob Notfallklauseln notwendig sind und wie sie gestaltet werden sollten.
Diesem Konzept folgend hat die Kommission in den jüngsten Überarbeitungen der Rechtsvorschriften zum TEN-V und den intelligenten Verkehrssystemen einige Bestimmungen vorgeschlagen. 58 Die Stärkung der grenzüberschreitenden TEN-V-Abschnitte, die Zunahme der Multimodalität durch Terminals und die Umstellung auf nachhaltige Verkehrsträger sind Beispiele für längerfristige Maßnahmen, die für eine bessere Vorsorge erforderlich sind. Die Kommission will prüfen, ob es zweckmäßig ist, vorübergehend mehr Flexibilität bei der Anwendung der Straßenverkehrsvorschriften in Bezug auf Fahrbeschränkungen und Lenkzeiten zuzulassen und gleichzeitig die Sicherheit des Verkehrsbetriebs jederzeit zu gewährleisten.
Diese ständigen Bestimmungen könnten die vorübergehenden Maßnahmen widerspiegeln, die als Reaktion auf die COVID-19-Krise eingeführt wurden, z. B. im Rahmen von Omnibus I und II oder im Rahmen der Änderungen der Verordnung über Luftverkehrsdienste und der Zeitnischenverordnung 59 (siehe Abschnitt 2.4). Ebenso sollten die aus der COVID-19-Pandemie gewonnenen Erkenntnisse die längst überfälligen Diskussionen über die Überarbeitung der Verordnung (EG) 261/2004 über Fluggastrechte in Gang setzen, um sie für künftige Krisen fit zu machen. Die Einführung von Notfallplänen wird auch Teil der laufenden Bewertung der EU-Rechtsvorschriften für Fluggastrechte sein.
2)Gewährleistung einer angemessenen Unterstützung des Verkehrssektors
Die Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Verkehrssektors geht Hand in Hand mit der Verbesserung der Konnektivität und Nachhaltigkeit des Verkehrssystems der EU. Die Kommission wird die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität weiterhin aufmerksam verfolgen und unterstützen. Diese wird dazu beitragen, den Verkehrssektor bei allen Verkehrsträgern widerstandsfähiger zu machen, Die Mitgliedstaaten planen, erhebliche Teile der Aufbau- und Resilienzfazilität für den Verkehrssektor zu verwenden, der damit zu den wichtigsten Wirtschaftssektoren gehört, die von den Investitionen im Rahmen von NextGenerationEU profitieren. In den 24 vom Rat gebilligten nationalen Aufbau- und Resilienzplänen wird ein erheblicher Betrag für die Verbesserung der Nachhaltigkeit des europäischen Mobilitätssystems bereitgestellt. Insgesamt werden die Mitgliedstaaten 70,7 Mrd. EUR für Investitionen und Reformen im Zusammenhang mit dem ökologischen Wandel im Verkehr ausgeben, was etwa 15,7 % der Mittel entspricht. Zusätzliche Investitionen und Reformen im Verkehrssektor betreffen andere Prioritäten wie den digitalen Wandel und den sozialen und territorialen Zusammenhalt. In jedem nationalen Plan ist ein Teil seiner Mittel für diesen Bereich vorgesehen. Angesichts der derzeitigen geopolitischen Lage, die von der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine gekennzeichnet ist, ist die Verringerung der Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen noch dringlicher. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, veröffentlichte die Kommission am 18. Mai 2022 den Plan REPowerEU 60 , in dem gemeinsame europäische Maßnahmen in diesem Bereich vorgestellt werden. Die Aufbau- und Resilienzfazilität wird eine zentrale Rolle dabei spielen, die verfügbaren Ressourcen auf europäischer und nationaler Ebene zu mobilisieren und zur Erreichung der Ziele des REPowerEU-Plans zum Einsatz zu bringen. Darüber hinaus sind Finanzierungsinstrumente wie die Fazilität „Connecting Europe“ einschließlich ihres digitalen Teils CEF Digital, der Kohäsionsfonds, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung und InvestEU von entscheidender Bedeutung, um die Resilienz des Binnenmarkts durch Investitionen in Konnektivität, Digitalisierung und digitale Vernetzungsinfrastrukturen und Multimodalität des Verkehrssystems der EU zu verbessern und seine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.
Um auf eine künftige Krise rasch reagieren zu können, sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten je nach Art der Krise gegebenenfalls weitere Mittel mobilisieren. Die Reaktion könnte auch in Form einer finanziellen Entlastung erfolgen, indem Zahlungsverpflichtungen vorübergehend ausgesetzt werden. Die Kommission könnte zudem legislative Maßnahmen zur finanziellen Entlastung des Verkehrssektors in Erwägung ziehen. Diese Maßnahmen könnten es dem Leitungsorgan eines Hafens oder der zuständigen Behörde ermöglichen, die Zahlung von Seehafeninfrastrukturgebühren zu erlassen, zu verringern oder aufzuschieben, oder es Betreibern der Eisenbahninfrastruktur erlauben, Zugangsentgelte unterhalb der Betriebskosten festzusetzen (siehe Abschnitt 2.4). Da jede Krise unterschiedlich ist und möglicherweise unterschiedliche Maßnahmen erfordert, wird die Notwendigkeit vorübergehender staatlicher Beihilfen von Fall zu Fall geprüft, anstatt einen dauerhaften und unflexiblen Rahmen für die Zukunft zu schaffen.
3)Gewährleistung des freien Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehrs
Die Anwendung des Systems „Green Lanes“, das während der COVID-19-Pandemie erfolgreich eingeführt wurde, kann erneut ausgelöst werden, wenn dies zur Bewältigung neuer Krisen, die den Verkehr in der EU betreffen, erforderlich ist. Um sicherzustellen, dass Kontrollen an den Binnengrenzen ein letztes Mittel bleiben, hat die Kommission in ihrem Vorschlag für den Schengener Grenzkodex die Liste, die ein Mitgliedstaat bei der Entscheidung über die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen prüfen muss, präzisiert und erweitert. 61 Mit den neuen Vorschriften werden auch gemeinsame Instrumente für ein effizienteres Außengrenzenmanagement im Falle einer Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit eingeführt, die auf den aus der COVID-19-Pandemie gewonnenen Erkenntnissen aufbauen. Die Kommission plant, im Jahr 2022 ein Notfallinstrument für den Binnenmarkt vorzuschlagen. Es wird einen Rahmen für die Durchführung von Krisenreaktionsmaßnahmen bieten, die für den Verkehrssektor wichtig sind, insbesondere für den freien Waren-, Dienstleistungs- und Personenverkehr, die Verfügbarkeit von Produkten und Dienstleistungen sowie für Transparenz und Koordinierung.
Die Kommission hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Notfallgrundsätze angewandt und Kontrollen, Überprüfungen und andere Formalitäten auf ein Minimum reduziert werden, um Verzögerungen an den „Green Lane“-Grenzübergängen zu verringern und die 15-Minuten-Frist einzuhalten. Die Mitgliedstaaten können auch in Erwägung ziehen, alle Zugangsbeschränkungen zum Straßenverkehr in ihrem Hoheitsgebiet (Wochenend- und Nachtfahrverbote, Verbote für bestimmte Verkehrsbranchen zur Lärmminderung usw.) aufzuheben, um den Straßengüterverkehr und die notwendige Freizügigkeit der Beschäftigten im Verkehrssektor zu erleichtern. Sie sollten auch sicherstellen, dass die elektronische Einreichung/Anzeige von Dokumenten als ausreichend angesehen und gefördert wird. Die Mitgliedstaaten sollten darüber hinaus weiterhin die Bescheinigung für grenzüberschreitend Beschäftigte im internationalen Verkehrswesen anerkennen, wie in Anhang 3 der Mitteilung über die Umsetzung sogenannter „Green Lanes“ vorgeschlagen. 62 Diese Bescheinigung wurde bereits in den EU-Leitfaden für Grenzschutzbeamte aufgenommen. 63
Für den Fall einer ähnlichen Krise wie bei COVID-19 sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten auf den gewonnenen Erkenntnissen aufbauen und eine gemeinsame Vorlage für EU-Formulare für digitale Passagierdaten und eine Plattform für den Austausch von Passagierdaten zur grenzüberschreitenden Kontaktnachverfolgung entwickeln. 64 Die Anwendung der auf EU-Ebene entwickelten Instrumente sollten bei Bedarf rasch und einfach erneut ausgelöst werden.
Einrichtung von Notfallspuren für humanitäre Konvois und Lastwagen
Um humanitären Konvois beim schnellen und sicheren Überschreiten der Grenzen zwischen der EU und der Ukraine zu helfen, werden die Mitgliedstaaten in der Mitteilung über operative Leitlinien für das Außengrenzenmanagement angewiesen, Sonderspuren an ihren Grenzübergangsstellen als Notrufspuren auszuweisen. Die Einrichtung ähnlicher Fahrspuren für Lastkraftwagen wird ebenfalls empfohlen, um eine kontinuierliche Versorgung mit Waren und Dienstleistungen und die sichere Rückkehr der Beschäftigten im Verkehrssektor aus der Ukraine zu gewährleisten. 65
4)Management von Flüchtlingsströmen und Rückführung von gestrandeten Passagieren und Beschäftigten im Verkehrssektor
In Drittländern sollten die EU-Delegationen und die Mitgliedstaaten mit Botschaften oder Konsulaten die konsularische Krisenvorsorge weiter ausbauen, insbesondere durch lokale Notfallpläne. Gemeinsame konsularische Krisenreaktionsteams der EU, an denen auch nicht vertretene Mitgliedstaaten teilnehmen können, sollten in Betracht gezogen und eingerichtet werden. Der EAD hat seine konsularische Reaktions- und Bereitschaftsfähigkeit durch die Einrichtung eines konsularischen Krisenteams gestärkt, das bereit ist, in Aktion zu treten und mit dem Netz der EU-Delegationen die von den Mitgliedstaaten organisierten (vom UCPM unterstützten oder nicht unterstützten) Rückführungsbemühungen zu koordinieren.
Das Katastrophenschutzverfahren der Union und die rescEU-Reserve werden nach Bedarf mobilisiert. Passagiere oder Beschäftigte können innerhalb oder außerhalb des EU-Gebietes festsitzen. Um sich auf künftige Krisen vorzubereiten und darauf zu reagieren, wird der EAD weiterhin zur Zusammenarbeit und Koordinierung im Krisenfall beitragen und dazu eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten. In künftigen Krisensituationen wird das Katastrophenschutzverfahren der Union die Rückführung von EU-Bürgern unterstützen, die außerhalb der EU gestrandet sind. Die Anwendung des Mechanismus muss von der/den Regierung(en) der betroffenen Bürger rasch ausgelöst werden. Ein Mitgliedstaat, der die Hilfe für alle betroffenen EU-Bürgerinnen und Bürger koordiniert, kann auch ein Ersuchen an das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen der Kommission richten.
Die Evakuierung kann von den Mitgliedstaaten und/oder den am Verfahren beteiligten Staaten auf freiwilliger Basis durchgeführt werden, und die Kommission kann bis zu 75 % der Beförderungskosten kofinanzieren. 66 Die überarbeiteten Rechtsvorschriften für das Verfahren sehen die Möglichkeit vor, Mehrzweckflugzeuge für die rescEU-Reserve zur medizinischen Evakuierung zu entwickeln. 67 In Zukunft könnte die Kommission diese Flugzeuge als letztes Mittel einsetzen, um auf Ersuchen der Mitgliedstaaten um Unterstützung bei konsularischen Evakuierungen zu reagieren. Im Falle einer gesundheitsbezogenen Krise kann die medizinische Evakuierung von Passagieren und Beschäftigten im Verkehrssektor der EU als Teil der medizinischen Evakuierungsmaßnahmen und über das Frühwarn- und Reaktionssystem der EU in Abstimmung mit der Kommission eingeleitet werden.
Die Kommission und der EAD werden die Einrichtung sicherer Transit-Korridore koordinieren und überwachen. Im Einklang mit der Mitteilung vom März 2020 über die Umsetzung sogenannter „Green Lanes“ sollten die Mitgliedstaaten Transit-Korridore für private Fahrer und ihre Fahrgäste (unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit) sowie für alle rückzuführenden EU-Bürgerinnen und Bürger einrichten. 68 Die Mitgliedstaaten sollten auch sicherstellen, dass mindestens ein Flughafen für Rückführungs- und internationale Hilfsflüge eingesetzt wird. Solche Korridore sollten Teil der nationalen Notfallpläne sein.
Die Mitgliedstaaten sollten die Menschen reisen lassen und ihnen bei der Rückkehr helfen. EU-Bürgerinnen und Bürger, die aus Krisengebieten zurückbefördert wurden und noch nicht in ihrem EU-Wohnsitzland angekommen sind, sollten nicht in großer Zahl zusammen reisen, da dies zu einer Überlastung der Infrastruktur/Logistikzentren führen kann. Die Mitgliedstaaten, deren Bürgerinnen und Bürger sich in einem anderen EU-Land auf der Durchreise befinden, sollten versuchen, diesem anderen Land bei der Rückführung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu helfen.
Die Mitgliedstaaten sollten Drittstaatsangehörigen, die aus Konfliktgebieten oder anderen Notstandsgebieten kommen, helfen und sie bei der Weiterreise unterstützen. Dies kann die Einrichtung von Aufnahmeeinrichtungen und sicheren Transit-Korridoren, den vorübergehenden Verzicht auf bestimmte Anforderungen (z. B. Transitgenehmigungen) und die Durchführung von Grenzkontrollen an einem sicheren Ort abseits der Grenze umfassen, um die Bildung langer Warteschlangen zu vermeiden. Im Einklang mit der Mitteilung über operative Leitlinien für das Außengrenzenmanagement sollten die Mitgliedstaaten auf die ständigen Einsatzkräfte von Frontex und Europol zurückgreifen, die zur Lenkung und Verbesserung der Verkehrsströme an den Grenzen eingesetzt werden können (Überprüfung von Reisedokumenten, COVID-19-Bescheinigungen usw.). 69 Die operativen Leitlinien gelten in allen Mitgliedstaaten und nicht nur in denjenigen, die an Konfliktgebiete angrenzen. Dies erleichtert das Überschreiten der EU-Binnengrenzen, vermeidet Staus und hilft Menschen, die aus Konfliktgebieten fliehen, bei der Weiterreise. Dazu gehören auch Grenzübertritte zwischen Nicht-Schengen- und Schengen-Ländern.
Menschen mit Behinderungen befinden sich in Krisenzeiten eventuell in einer besonders prekären Lage. Passagiere mit Behinderungen können in Notsituationen beim Zugang zur Beförderung auf Hindernisse stoßen. Daher müssen die Mitgliedstaaten sowohl gezielte Maßnahmen als auch die durchgängige Berücksichtigung von Behinderungen in jeder der oben genannten Maßnahmen sicherstellen. Es ist notwendig, ihre besonderen Bedürfnisse zu berücksichtigen, um Zugänglichkeit, angemessene Unterbringung und ihre Sicherheit während der Krisenbewältigung im Einklang mit dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten. 70
Gewährleistung eines reibungsloseren Besatzungswechsels und der Rückführung von Seeleuten
Die Unterstützung von Seeleuten erfordert einen spezifischen Mechanismus. Die Kommission schlägt vor, sie auf drei Merkmale zu stützen.
• Ein Forum der maritimen Interessenträger: Das von der Kommission eingerichtete Forum wird den Besatzungswechsel und die Probleme bei Reisen von Seeleuten in Notfällen regelmäßig und eng koordinieren. Es wird schnell aktiviert werden und alle Beteiligten einschließlich der nationalen Krisenzentren und der Sozialpartner einbeziehen, um sicherzustellen, dass sie alle aufkommenden Probleme rechtzeitig und angemessen erörtern und angehen können. Er wird potenzielle Probleme aufdecken, das Arbeitssystem in der Schifffahrt belastbarer machen und die Stabilität der Lieferkette in der EU stärken.
• Engere Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern: Aufbauend auf den während der COVID-19-Pandemie geknüpften Kontakten werden die Kommission und der EAD mit den EU-Delegationen in den Ländern zusammenarbeiten, die Arbeitskräfte stellen. Sie werden auf den aus Reisen von Seeleuten während der COVID-19-Krise gewonnenen Erkenntnissen aufbauen und Wege ermitteln, um reibungslosere Besatzungswechsel und Rückführungen in diese Länder zu gewährleisten. Dies wird – insbesondere in Notfällen – eine schnelle Heimkehr von Seeleuten, die von Bord gehen müssen, erleichtern.
• Verbesserte Daten: Ein erhebliches Problem ist der Mangel an Daten darüber, wo Seeleute arbeiten und reisen. Diese Daten sind unerlässlich, um das Ausmaß von Besatzungswechseln und Reiseproblemen von Seeleuten zu beurteilen und sie anschließend zu bewerten und zu lösen. Die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) wird sich daher bemühen, diese Informationen zu sammeln und zu analysieren. Diese Datenbank kann dann in Initiativen der Kommission und der Mitgliedstaaten zur Vorbereitung von Notfallmaßnahmen für künftige Krisen einfließen.
5)Gewährleistung eines Mindestmaßes an Verkehrskonnektivität und Fahrgastschutz
Wenn die Verkehrsdienste unter Druck stehen, ist es wichtig, einen angemessenen kollektiven öffentlichen Verkehr in und zwischen Städten und Regionen aufrechtzuerhalten. Dies könnte für Grenzgebiete, in denen die Erbringung wesentlicher Dienstleistungen von Grenzgängern abhängen kann, eine besondere Herausforderung darstellen. Die Mitgliedstaaten sollten daher die dringende Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für öffentliche Verkehrsdienste oder die Änderung bestehender Verträge für den Reisebedarf der Bürgerinnen und Bürger in Erwägung ziehen. Die EU-Vorschriften für den öffentlichen Verkehr im Schienen-, Straßen- und Seeverkehr sehen unter bestimmten Bedingungen bereits ein Dringlichkeitsverfahren vor. Im Rahmen der Überarbeitung der Verordnung über Luftverkehrsdienste wird die Kommission Möglichkeiten prüfen, wie die dringende Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge durch die Mitgliedstaaten erleichtert werden kann, um die grundlegende Konnektivität im Krisenfall sicherzustellen.
Die Kommission fordert auch die regionalen und lokalen Behörden auf, ihre Bereitschaft zu verbessern. Im Anschluss an die Leitlinien zur Planung einer widerstandsfähigeren und robusteren urbanen Mobilität wies die Kommission auf die Notwendigkeit hin, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten, und auf die Bedeutung der urbanen Mobilität für die allgemeine Widerstandsfähigkeit städtischer Gebiete. 71 Dies würde sich in Folgemaßnahmen niederschlagen, z. B. in einer Empfehlung der Kommission zu Plänen für eine nachhaltige urbane Mobilität, die für 2022 geplant ist, und in gezielten Diskussionen mit Experten aus den Mitgliedstaaten und Städten über zusätzliche Maßnahmen, die die urbane Mobilität widerstandsfähiger machen.
Eine weitere Möglichkeit, bei Krisen ein Mindestmaß an Konnektivität zu gewährleisten, besteht darin, die Widerstandsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur und der Betreiber gegenüber Schocks zu stärken. Gemäß dem Vorschlag der Kommission für eine neue TEN-V-Verordnung müssten die Mitgliedstaaten die Sicherheit und Widerstandsfähigkeit des TEN-V-Netzes gegenüber dem Klimawandel, Umweltkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen sowie anderen außergewöhnlichen Ereignissen, die das Verkehrssystem der EU beeinträchtigen, verbessern.
Die Kommission prüft derzeit Gesetzesinitiativen zum Schutz der Fahrgäste vor dem Risiko einer Liquiditätskrise oder der Insolvenz von Verkehrsunternehmen – eine Situation, die häufig mit einer Krise verbunden ist. Darüber hinaus wird die Kommission die Rechte der Fahrgäste klären und schützen, wenn sie in einer Krise unter Druck geraten, und erläutern, wie sie vor Risiken geschützt werden können, die von den derzeitigen EU-Vorschriften über Passagierrechte nicht abgedeckt werden.
6)Austausch von Verkehrsinformationen
Der Informationsaustausch zwischen den Hauptakteuren ist von entscheidender Bedeutung. Die Kommission, die Behörden der Mitgliedstaaten (einschließlich derjenigen auf subnationaler Ebene), die EU-Agenturen, andere EU-Organe (einschließlich des Parlaments und des Rates), die Verkehrsunternehmen, die Fahrgäste, die Beschäftigten im Verkehrssektor, die Unternehmen sowie die Verkehrsorganisationen und verbände sollten aktuelle Informationen austauschen und Zugang zu ihnen haben, damit sie als Partner an der Lösung von Problemen mitwirken können. Regelmäßige Diskussionen und Zusammenarbeit auf internationaler Ebene (z. B. Internationale Zivilluftfahrt-Organisation, Internationale Seeschifffahrts-Organisation und Weltgesundheitsorganisation) sind ebenfalls wichtig für eine wirksame Krisenbewältigung. Um für alle möglichen Krisen gerüstet zu sein (z. B. von Internet-Ausfällen bis zum Verlust der Satellitenkommunikation), müssen im Rahmen der Krisenszenario-Arbeit Protokolle über den am besten geeigneten Kommunikations-/Verbreitungskanal und damit zusammenhängende Fragen erstellt werden. Für den Fall, dass wichtige Kommunikationssysteme angegriffen werden, sollten Alternativ- und Sicherungssysteme mit den Behörden der Mitgliedstaaten eingerichtet werden, um eine effiziente Kommunikation zwischen den Beteiligten zu gewährleisten. Es werden alternative Wege der Kommunikation und Informationssammlung in Betracht gezogen, um bei einem Ausfall der üblichen Kommunikationskanäle Zugang zu Echtzeitinformationen zu erhalten.
Die App „Galileo Green Lane“
Die EU-Agentur für das Weltraumprogramm hat die App „Galileo Green Lane“ für Mobilgeräte entwickelt. Sie bietet einen Echtzeitüberblick über die EU-Grenzen und überwacht sie, um Wartezeiten anzugeben. Sie hat Lkw-Fahrer und Verkehrsunternehmen bei der Reiseplanung und der Bewältigung der durch Reisebeschränkungen verursachten Schwierigkeiten unterstützt. Außerdem hat sie den nationalen Behörden geholfen, die Durchfuhr von Waren effizienter zu handhaben. Die Kommission und die EU-Agentur für das Weltraumprogramm haben Mittel für die Optimierung der App „Galileo Green Lanes“ bereitgestellt. Die Entwicklung dieser optimierten App ist im Gange, und sie sollte die in der aktualisierten Mitteilung über die Umsetzung sogenannter „Green Lanes“ genannten Funktionen und geografischen Bereiche umfassen.
7)Stärkung der verkehrspolitischen Koordinierung
Das Netz der nationalen Kontaktstellen für den Verkehr wird auch weiterhin die zentrale Anlaufstelle für Diskussionen über Verkehrskrisen sein. Dadurch werden parallele Entscheidungsfindungen vermieden, und es wird möglich sein, schnell zu reagieren und die Besonderheiten des Verkehrs in einem Forum zu behandeln, das über technische Kenntnisse des Sektors verfügt. Nach den positiven Erfahrungen mit dem Netz und im Einklang mit den Ansichten der Beteiligten über die Notwendigkeit einer besseren Koordinierung der nationalen Maßnahmen und einer Verkürzung der Reaktionszeit schlägt die Kommission vor, die Rolle des Netzes zu stärken, indem es zu einem ständigeren Netz mit einem breiteren Aufgabenspektrum ausgebaut wird, das jederzeit schnell reagieren kann. Das Netz sollte weiterhin flexibel und informell arbeiten, um rasch auf eine Krise zu reagieren, die dauerhafte und schwerwiegende Störungen des Verkehrssystems der EU verursacht. Es sollte als Forum für die Erörterung und Umsetzung von Notfallmaßnahmen und deren Außerkraftsetzung dienen. Die Kommission wird den Vorsitz des Netzes führen, dem Vertreter der Verkehrsministerien und Agenturen der Mitgliedstaaten sowie der Verkehrsbehörden der EU angehören werden. Andere Parteien, z. B. andere EU-Agenturen und Organe, Vertreter anderer Ministerien der Mitgliedstaaten und Interessenvertreter des Verkehrssektors, könnten von Fall zu Fall zur Teilnahme an den Gesprächen eingeladen werden.
Die Kommission wird den Informationsfluss zwischen dem Netz, der IPCR, anderen Ratsgruppen und europäischen sowie internationalen Foren sicherstellen. Das Netz wird auch über die Ergebnisse der von EU-Agenturen und internationalen Partnern organisierten Krisenbereitschaftsübungen berichten. Es kann zudem spezielle Schulungen vorschlagen und koordinieren, um Protokolle zu testen und die Krisenbereitschaft zu verbessern. Das Netz wird gegebenenfalls an Bereitschaftsübungen teilnehmen. Die Kommission wird auch weiterhin die Wartezeiten an den „Green Lane“-Grenzübergangsstellen regelmäßig überwachen und dem Netz darüber Bericht erstatten. Dies wird es ermöglichen, rasch auf neu auftretende Probleme zu reagieren.
8)Stärkung der Cybersicherheit
Die Kommission wird die Zusammenarbeit im Bereich der Cybersicherheit mit der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA), der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA), der Eisenbahnagentur der Europäischen Union (ERA), der Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und der ENISA intensivieren. Nach den geltenden EU-Rechtsvorschriften für den Luft- und Seeverkehr sind Behörden und Beteiligte verpflichtet, Risikobewertungen durchzuführen, um kritische Daten und Systeme zu ermitteln und geeignete Maßnahmen zur Behandlung etwaiger Restrisiken zu ergreifen. Diese Maßnahmen sollten weiterentwickelt werden, um die Sensibilisierung für Cybersicherheit, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Cyberangriffen, die Ausbildung und den Informationsaustausch zu verbessern. Im Einklang mit Aktion 3 sollten bei künftigen Überarbeitungen des EU-Verkehrsrechts Risiken von Cyberangriffen berücksichtigt und erforderlichenfalls angegangen werden.
Die Kommission schlug einen umfassenden Rechtsrahmen zum Schutz kritischer Infrastrukturen vor, der auch die Widerstandsfähigkeit des Verkehrssektors abdeckt. Der Vorschlag für eine Überarbeitung der Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen sieht vor, dass kritische Einrichtungen, die von den Mitgliedstaaten als Erbringer wesentlicher Dienstleistungen im Binnenmarkt ermittelt wurden, Risikobewertungen vornehmen und resilienzsteigernde Maßnahmen ergreifen müssen, um gegen alle relevanten vom Menschen verursachten und natürlichen Nicht-Cyberrisiken besser gewappnet zu sein. 72 Nach der Verabschiedung des endgültigen Textes wird sich die Kommission für dessen rechtzeitige Umsetzung einsetzen und die Mitgliedstaaten und kritischen Einrichtungen unterstützen, u. a. durch einen Risikoüberblick auf Unionsebene, den Austausch bewährter Praktiken, Übungen und die Förderung der Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. In ihrem parallel ausgearbeiteten Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Sicherheit von Netz- und Informationssystemen schlägt die Kommission vor, die Resilienz und die Vorsorge zu stärken, indem sie Organisationen, einschließlich derjenigen im Verkehrssektor, verpflichtet, Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs und zum Krisenmanagement einzuführen. 73
Die Kommission und die EU-Agenturen werden weiterhin die Entwicklung von Cybersicherheitsprotokollen unterstützen, um die Aufrechterhaltung des Betriebs bei einem Vorfall zu gewährleisten. Die ENISA hat Leitlinien für das Management von Cybersicherheitsrisiken im Eisenbahnsektor 74 und in Häfen 75 herausgegeben. Die EASA arbeitet an Rechtsvorschriften zur Gewährleistung der Sicherheit in der Zivilluftfahrt. Die EMSA arbeitet mit den Mitgliedstaaten und der Schifffahrt zusammen, um potenzielle Lücken in der Cybersicherheit zu ermitteln und Maßnahmen zu deren Beseitigung zu ergreifen. Diese Arbeiten werden als Grundlage für die weitere Arbeit mit der Kommission dienen, z. B. für Maßnahmen zur Cybersicherheit von Schiffen.
Die Kommission wird auch mit internationalen Partnern zusammenarbeiten. 2021 verabschiedete die OECD einen Leitfaden zur Erleichterung des internationalen Reiseverkehrs, der sich am digitalen COVID-Zertifikat der EU und anderen EU-Leitlinien orientiert. 76 Die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) hat Normen für präventive Cybersicherheitsmaßnahmen angenommen, die 2019 in EU-Luftsicherheitsrecht umgesetzt wurden. 77 Darüber hinaus wurden in der ICAO-Resolution A40-12/1 die Länder und die Industrie aufgefordert, u. a. Bedrohungen und Risiken der Cybersicherheit für die Zivilluftfahrt und kritische Systeme sowie deren Folgen zu ermitteln. Die Kommission und die Mitgliedstaaten beteiligen sich auch aktiv an mehreren laufenden Tätigkeiten der ICAO im Bereich der Cybersicherheit, einschließlich der Umsetzung des ICAO-Aktionsplans für Cybersicherheit. 78 Die Kommission wird weiterhin eng mit EUROCONTROL zusammenarbeiten, um ein harmonisiertes Konzept für die Cybersicherheit und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Cyberbedrohungen zu fördern, indem sie das Bewusstsein dafür schärft und mit den Beteiligten an der Entwicklung von Abwehrmaßnahmen gegen Cyberbedrohungen arbeitet. Ebenso wird die Kommission die internationale Cybersicherheit im Seeverkehr im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) weiterhin unterstützen. Insbesondere empfiehlt die IMO den Schifffahrtsunternehmen, Cyberrisiken in ihren Sicherheitsmanagementsystemen angemessen zu berücksichtigen, und die Branchenverbände haben darauf aufbauende Leitlinien ausgearbeitet.
9)Verkehrsnotfallübungen
Die Kommission schlägt vor, gemeinsam mit relevanten Agenturen oder anderen Akteuren auf bestehenden Verfahren aufbauende Notfallübungen durchzuführen, um die Krisenbereitschaft im Einklang mit dem vorliegenden Plan zu bewerten.
Diese Übungen sollten in das allgemeine Krisenmanagementsystem der Kommission integriert und möglichst weitgehend Teil bestehender EU-Übungen sein, damit maximale Beiträge und Ergebnisse erreicht werden können. Ein Beispiel ist die parallele und koordinierte Übung 2022, die eine Verkehrskomponente enthalten wird. Den Übungen könnten Szenarien zugrunde liegen, die sich auf das EU-Verkehrssystem auswirken würden, etwa eine Pandemie, eine Naturkatastrophe, ein Terroranschlag, ein Fall von Energieknappheit, ein groß angelegter Cyberangriff (einschließlich Ransomware) oder ein schwerwiegender Ausfall der Telekommunikation. Je nach Kontext sollten Anstrengungen unternommen werden, um so weit wie möglich relevante Akteure, die einen wichtigen Beitrag zu den Übungen leisten können, einzubeziehen, etwa die ENISA, die EMSA, die EASA, den EUROCONTROL-Netzmanager und die ERA. Das vom EUROCONTROL-Netzmanager verwaltete Krisenkoordinierungsgremium für die Europäische Luftfahrt kann bei der Bewältigung von Herausforderungen im Luftfahrtsektor wie Gesundheits-, Grenz- und Reisebeschränkungen von entscheidender Bedeutung sein.
Die aus diesen Notfallübungen gezogenen Lehren dürften der Verkehrsbranche und den Behörden helfen, wenn sie gegebenenfalls eigene Pläne zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs ausarbeiten. Sie sollten in Betracht ziehen, Sicherungssysteme und redundante Lösungen (z. B. alternative Routen, diversifizierte Lieferungen, alternative Brennstoffe, Sicherungsdatenbanken, ununterbrochene Konnektivität und andere technische Systeme und Infrastrukturen) einzurichten, um auf verschiedene Krisen reagieren zu können. Die Mitgliedstaaten sollten außerdem die Widerstandsfähigkeit und Verfügbarkeit der Verkehrsinfrastruktur in ihrem Hoheitsgebiet (einschließlich Häfen und Flughäfen) weiter verbessern und die Verfügbarkeit von Hilfsdiensten (z. B. Zugang zu Tankstellen, angemessene sanitäre Einrichtungen, Verpflegungs- und Unterkunftsdienstleistungen) sicherstellen. Die Ergebnisse der Notfallübungen sollten auch für Schulungen (in Zusammenarbeit mit den Interessengruppen im Verkehrsbereich und den Mitgliedstaaten) und zur Sensibilisierung genutzt werden. Das Netz der nationalen Kontaktstellen für den Verkehr wird die bei den Übungen gewonnenen Erkenntnisse erörtern und gegebenenfalls spezielle Bereitschaftsschulungen vorschlagen.
10)Zusammenarbeit mit internationalen Partnern
Jede Krise, die das Verkehrssystem der EU betrifft, könnte eine globale Dimension haben. Die Rückmeldungen aus einer öffentlichen Konsultation zeigen, dass die internationalen Koordinierungsmechanismen gestärkt werden müssen, da die COVID-19-Pandemie Schwächen bei der Harmonisierung der weltweiten Reaktion offenbart hat. 79 Daher sollte die Verstärkung der Krisenvorsorge regelmäßig mit den wichtigsten internationalen Partnern der EU erörtert werden, insbesondere im Einklang mit Global Gateway mit denjenigen, die über engere Konnektivitätsbeziehungen und spezifische Krisenerfahrungen verfügen. Die COVID-19-Pandemie und der Einmarsch Russlands in der Ukraine haben deutlich gemacht, wie wichtig die Erweiterung des TEN-V-Netzes und die Zusammenarbeit mit dem westlichen Balkan – im Rahmen der Verkehrsgemeinschaft – sind; letztere, damit die „Green Lanes“ über die EU hinaus wirksam funktionieren. Ebenso haben die jüngsten Krisen gezeigt, wie bedeutsam es ist, Zentralasien sowie den abgelegenen Gebieten und den überseeischen Gebieten angesichts ihrer besonderen Verkehrsbedürfnisse besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Kommission und der EAD werden sich weiterhin in allen einschlägigen internationalen Foren und Organisationen wie der ICAO und der IMO für die Krisenvorsorge einsetzen. Auch die geplante Änderung des Schengener Grenzkodexes zur Straffung des Verfahrens für den Erlass nicht wesentlicher Reisebeschränkungen unterstreicht die Notwendigkeit einer guten Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Hybride Bedrohungen stehen bereits im Mittelpunkt der Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO auf der Grundlage der Gemeinsamen Erklärungen von Warschau und Brüssel von 2016 und 2018. 80
Schlussfolgerungen
Russlands Aggression gegen die Ukraine wirkt sich zutiefst auf das Verkehrssystem der EU aus. Steigende Öl- und Gaspreise, unterbrochene Lieferketten, die Schließung des Luftraums und der Märkte sowie ein möglicher Mangel an Beschäftigten im Verkehrssektor kommen zu den bestehenden Herausforderungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hinzu. Jedoch zeigt der Konflikt, dass die EU viel aus der COVID-19-Krise gelernt hat, da sie sehr schnell auf den Krieg reagiert hat. Der Konflikt hat auch deutlich gemacht, dass die Abhängigkeit der EU von importierten fossilen Brennstoffen verringert werden muss.
Die Risikolandschaft verändert sich, und es bedarf eines umfassenden Instrumentariums, wie es in dieser Mitteilung dargelegt wird. Der Grad der Bereitschaft kann und sollte erhöht werden. Obwohl es uns Präventions- und Vorsorgeinitiativen ermöglichen, uns an den Klimawandel anzupassen und die sich entwickelnden Risiken zu mindern, müssen sie doch ständig angepasst und überprüft werden. Es ist notwendig, die Frühwarnsysteme für handlungsrelevante Informationen weiter zu verbessern und zu verstärken, um eine fundierte Entscheidungsfindung zu ermöglichen, und die weitere Umsetzung von Frühinformationen/Bewusstsein in frühzeitige Maßnahmen zu gewährleisten. Es gibt keine Patentlösung, um eine unvorhersehbare Krise in der Zukunft zu bewältigen. Die beste Lösung besteht darin, das Wissen über Schwachstellen und Risiken zu verbessern und sie zu mindern. Dadurch wird die Fähigkeit der EU geschaffen und erhalten, schnell, koordiniert und kooperativ mit einer Kombination aus europäischen, nationalen und lokalen Maßnahmen zu reagieren.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten die Notfallgrundsätze anwenden und das Notfallinstrumentarium der Kommission in vollem Umfang nutzen, indem sie die verschiedenen Instrumente auf die spezifischen Probleme abstimmen, die es zu lösen gilt. Die Kommission wird diesen Prozess aktiv steuern, um in Zusammenarbeit mit den EU-Agenturen die Bereitschaft zur Reaktion auf eine Krise aufzubauen, indem sie das Netz der nationalen Kontaktstellen für den Verkehr koordiniert und regelmäßige Gespräche mit internationalen Partnern und Beteiligten führt.
Die Kommission wird die Mitgliedstaaten bei der Verbesserung ihrer Krisenvorsorge unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten die Zusammenarbeit und die Gespräche mit den Beteiligten intensivieren, um ihre Bereitschaft und Reaktion auf eine Krise im Verkehrssektor auf der Grundlage der Erfahrungen mit der COVID-19- und der Ukraine-Krise sowie verschiedener Notfallübungen zu verbessern. Die Kommission wird diesen Prozess auch dadurch unterstützen, dass sie regelmäßig Krisensimulationsübungen mit den EU-Agenturen organisiert und die daraus gewonnenen Erkenntnisse weitergibt.
Die Kommission appelliert an das Parlament und den Rat, sich uneingeschränkt an der legislativen Arbeit zur Modernisierung und Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Verkehrssektors der EU zu beteiligen. Der Abschluss der Arbeiten an den anhängigen Vorschlägen zu TEN-V, intelligenten Verkehrssystemen, einem einheitlichen europäischen Luftraum, „RefuelEU Aviation“, „FuelEU Maritime“ und der Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe ist von entscheidender Bedeutung für die Schaffung einer langfristigen Widerstandsfähigkeit im EU-Verkehr. Die regionalen und lokalen Behörden der EU sollten auch mit der Kommission zusammenarbeiten, um die urbane Mobilität im Einklang mit dem neuen Rahmen für urbane Mobilität zu verbessern.