EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 13.11.2018
COM(2018) 851 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über Rumäniens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens
{SWD(2018) 551 final}
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Document 52018DC0851
REPORT FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT AND THE COUNCIL On Progress in Romania under the Cooperation and Verification Mechanism
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über Rumäniens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über Rumäniens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens
COM/2018/851 final
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 13.11.2018
COM(2018) 851 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über Rumäniens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens
{SWD(2018) 551 final}
1. EINLEITUNG
Im Januar 2017 hat die Kommission eine umfassende Bewertung der Fortschritte Rumäniens in den zehn Jahren seit Einführung des Kooperations- und Kontrollverfahrens (Cooperation and Verification Mechanism – CVM) im Jahr 2007 vorgenommen. 1 Auf der Grundlage dieses mehrjährigen Rückblicks und angesichts der erheblichen Fortschritte, die in den zehn Jahren bis Januar 2017 erzielt worden waren, gab die Kommission zwölf wesentliche Empfehlungen ab, deren Umsetzung – im Einklang mit dem von Präsident Juncker gesetzten Ziel – eine Beendigung des CVM innerhalb der Amtszeit der jetzigen Kommission ermöglichen würde. Die Umsetzung der Empfehlungen vom Januar 2017 wurde daher als für die Beendigung des CVM ausreichend betrachtet – vorausgesetzt, es würden keine Entwicklungen eintreten, die eine klare Umkehr der Fortschritte bewirken. Betont wurde auch, dass das Tempo des Prozesses davon abhängen würde, wie schnell Rumänien in der Lage sein wird, die Empfehlungen in unumkehrbarer Weise zu erfüllen. Die Empfehlungen konzentrierten sich insbesondere auf die von den rumänischen Behörden erwartete Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht sowie auf die Entwicklung interner Sicherungsmaßnahmen, mit denen die Unumkehrbarkeit der Ergebnisse sichergestellt werden sollte – um zu demonstieren, dass laufende Projekte auch ohne das CVM fortgesetzt würden. Wie der Rat betonte, wird das CVM beendet, sobald Rumänien alle vier Vorgaben zufriedenstellend erfüllt hat. 2
Im Bericht vom November 2017 3 stellte die Kommission fest, dass bei einer Reihe der im Bericht vom Januar 2017 enthaltenen Empfehlungen Fortschritte erzielt wurden; dies gilt „insbesondere für Empfehlung 8, die zufriedenstellend umgesetzt wurde, und, vorbehaltlich der Anwendung in der Praxis, für die Empfehlungen 2, 7 und 12. Obwohl Rumänien bei der Erfüllung einiger Empfehlungen gut vorankam, ließ die Reformdynamik im Laufe des Jahres 2017 insgesamt nach, sodass die verbleibenden Empfehlungen langsamer umgesetzt wurden und die Gefahr bestand, dass Vorgaben, die im Bericht vom Januar 2017 bereits als erfüllt erachtet wurden, wieder geprüft werden müssten. Die Infragestellung der Unabhängigkeit der Justiz gibt weiterhin Anlass zu ernsten Bedenken.“ Der Rat bekräftigte dies in seinen Schlussfolgerungen und forderte Rumänien auf, „sich nunmehr darauf zu konzentrieren, diese Fortschritte zu konsolidieren, Rückschritte zu vermeiden und die Bedenken vollständig auszuräumen und alle Empfehlungen, die die Kommission in ihrem Bericht abgegeben hat, zu befolgen“. 4
Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über die Situation seit November 2017. Seit dem Bericht vom Januar 2017 hat Rumänien eine Reihe von Schritten unternommen, aufgrund derer die Kommission die Grundlage für ihre Gesamtbewertung erneut prüfen musste, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Venedig-Kommission kürzlich zwei Stellungnahmen zu Gesetzesänderungen in Rumänien herausgegeben hat. Daher werden im vorliegenden Bericht nicht nur die bei der Umsetzung der Empfehlungen erzielten Fortschritte bewertet, sondern es wird auch dargelegt, inwiefern Entwicklungen eingetreten sind, die die Fortschritte zu Aspekten, die die Kommission im Januar 2017 als positiv bewertet hatte, umgekehrt haben. Dies ist bei den Fortschritten bei der Umsetzung von Vorgabe 1 (Unabhängigkeit der Justiz und Justizreform) und Vorgabe 3 (Bekämpfung der Korruption auf höchster Ebene) der Fall. Da die im Bericht vom Januar 2017 enthaltenen zwölf Empfehlungen deshalb nicht mehr ausreichen, um das CVM zu beenden, enthält der vorliegende Bericht zusätzliche Empfehlungen.
Ebenso wie die Berichte der Vorjahre ist auch der vorliegende Bericht das Ergebnis einer sorgfältigen Analyse, bei der sich die Kommission auf die enge Zusammenarbeit mit rumänischen Institutionen sowie auf Informationen vonseiten der Zivilgesellschaft und sonstiger Beteiligter, auch anderer Mitgliedstaaten, gestützt hat.
2. ALLGEMEINE LAGE
Im Bericht vom Januar 2017 wurde festgestellt, dass es gesellschaftliche, rechtliche und politische Aspekte gab, die zwar nicht unter das CVM und seine Empfehlungen fallen, aber „von direkter Bedeutung für die Fähigkeit [sind], Reformfortschritte zu erzielen“ und „Rumänien den Nachweis [erschweren], dass die Reformen dauerhaft verankert sind“. Als Beispiele wurden eine Rechtsetzungspraxis, bei der die Grundsätze einer besseren Rechtsetzung verstärkt eingehalten werden müssen, die Konfrontation zwischen staatlichen Akteuren und ein schwieriges mediales Umfeld angeführt.
Diese allgemeineren Aspekte fallen zwar nicht unmittelbar unter das CVM, aber sie wirken sich eindeutig auf die Fortschritte bei der Justizreform und bei der Korruptionsbekämpfung aus. Bei keinem dieser Aspekte wurden seit dem Bericht vom Januar 2017 Verbesserungen erzielt. Wichtige Änderungen der Rechtsvorschriften wurden unter Rückgriff auf Dringlichkeitsverfahren in aller Eile und unter minimaler Konsultation vorgenommen. Richter und Staatsanwälte waren weiterhin persönlichen Angriffen in den Medien ausgesetzt, wobei die Rechtsbehelfsverfahren sich als nicht ausreichend erwiesen. Verschiedene Staatsgewalten sind miteinander in Konflikt geraten und waren an mehreren Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beteiligt. Ferner geriet die Zivilgesellschaft, deren wichtige Rolle bei Reformprozessen im Bericht hervorgehoben wird, selbst verstärkt unter Druck. Es kam zu einer Reihe von Demonstrationen, bei denen die Reaktion der Behörden zu weiteren Kontroversen führte. Gleichzeitig spielen freie und pluralistische Medien eine wichtige Rolle dabei, Personen mit Macht und Einfluss zur Verantwortung zu ziehen – beispielsweise indem potenzielle Korruptionsdelikte ans Licht gebracht werden. Es sollte klargestellt werden, dass die Mitgliedstaaten im Zuge des Inkrafttretens der Datenschutz-Grundverordnung den Schutz der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Bezug auf die Medien gewährleisten müssen.
Zu diesen allgemeineren Aspekten zählten auch öffentlich diskutierte Behauptungen, dass Kooperationsvereinbarungen zwischen den Justizorganen, insbesondere der Staatsanwaltschaft, und den rumänischen Nachrichtendiensten vor allem in Korruptionsfällen zu einem systemischen Missbrauch führten. Diese als vertraulich eingestuften Vereinbarungen wurden als Grund für plötzliche Änderungen der Rechtsvorschriften angeführt und lösten heftige Kritik an Richtern und Staatsanwälten aus. Die Arbeit der Nachrichtendienste ist weder Angelegenheit der EU noch fällt sie unter die CVM-Vorgaben. Es obliegt den Gerichten festzustellen, ob bestimmte Missbrauchsvorwürfe begründet sind oder nicht, und es müsste eine offene und unparteiische Untersuchung durchgeführt werden, um festzustellen, ob Systemmängel wie eine rechtswidrige Beweiserhebung oder eine rechtswidrige Einflussnahme auf Richter und Staatsanwälte vorgelegen haben, und ob die bestehenden rechtlichen Sicherungsmaßnahmen gestärkt werden müssen. Es ist zweifellos wichtig, Rahmenbedingungen zu gewährleisten, unter denen die Nachrichtendienste einer angemessenen Aufsicht unterliegen, unter denen Straftaten unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte wirksam untersucht und geahndet werden können und unter denen die Öffentlichkeit auf die Unabhängigkeit der Justiz vertrauen kann. Die Erfahrung anderer Mitgliedstaaten könnte bei der Entwicklung einer verbesserten Regelung für die von der Staatsanwaltschaft genutzten Überwachungsmaßnahmen und für die Zusammenarbeit zwischen den Nachrichtendiensten und der Staatsanwaltschaft, die bei der Verfolgung schwererer Kriminalität wie Terrorismus und Cyberkriminalität eine wesentliche Rolle spielt, von Nutzen sein.
3. BEWERTUNG DER FORTSCHRITTE BEI DER UMSETZUNG DER EMPFEHLUNGEN AUS DEM BERICHT VOM JANUAR 2017
3.1 Vorgabe 1: Unabhängigkeit der Justiz und Justizreform
Bevor auf die einzelnen Empfehlungen eingegangen wird, werden in diesem Abschnitt Entwicklungen in zwei Bereichen behandelt, aufgrund derer die Kommission die Grundlage für die Bewertung im Januar 2017 erneut prüfen musste.
Justizgesetze und rechtliche Garantien für die Unabhängigkeit der Justiz
Die drei Justizgesetze aus dem Jahr 2004 regeln den Status von Richtern und Staatsanwälten sowie die Struktur und Arbeitsweise der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und des Obersten Richterrats. Die Justizgesetze bildeten eine wesentliche Grundlage für die im Januar 2017 erfolgte positive Beurteilung der Fortschritte Rumäniens im Rahmen des CVM. Im Bericht vom November 2017 war bereits betont worden, dass die Regierung und das Parlament ein offenes, transparentes und konstruktives Gesetzgebungsverfahren sicherstellen müssen, bei dem die Unabhängigkeit der Justiz und die Stellungnahme der Justizbehörden gebührend berücksichtigt werden. 5 In dem Bericht wurde ferner bekräftigt, dass es wichtig ist, sich auf die Stellungnahme der Venedig-Kommission zu stützen, um die Nachhaltigkeit des Reformprozesses zu gewährleisten und die CVM-Vorgaben zu erfüllen.
Die geänderten Justizgesetze sind jetzt in Kraft. 6 Sie enthalten eine Reihe von Maßnahmen, die die rechtlichen Garantien für die Unabhängigkeit der Justiz schwächen und geeignet sind, die tatsächliche Unabhängigkeit von Richtern und Staatsanwälten und damit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz zu untergraben. Dies stand im Zentrum der negativen Reaktionen aus Justiz und Zivilgesellschaft. Problematisch sind insbesondere die folgenden Bestimmungen: die Einrichtung einer besonderen staatsanwaltschaftlichen Abteilung für die Untersuchung von durch Richter und Staatsanwälte begangene Straftaten, neue Bestimmungen über die materielle Haftung von Richtern und Staatsanwälten für ihre Entscheidungen, eine neue Vorruhestandsregelung 7 , Beschränkungen der Meinungsfreiheit von Richtern und Staatsanwälten 8 und die Ausweitung der Gründe für die Abberufung von Mitgliedern des Obersten Richterrats 9 , 10 .
Keine dieser Änderungen entspricht den CVM-Empfehlungen. Die einzige Empfehlung, die eine Änderung der Rechtsvorschriften im Rahmen der Justizgesetze verlangte, bezog sich auf das Verfahren zur Ernennung der obersten Staatsanwälte. 11 Sie wurde nicht umgesetzt, und die Auswirkungen der Gesetzesänderungen bewirken insgesamt gesehen eher eine Schwächung der Kontrollmechanismen, mit denen die operative Unabhängigkeit der Staatsanwälte gewährleistet werden soll, wodurch die Rolle des Justizministers weiter gestärkt wird. 12 Die Gesetzesänderungen werfen auch Fragen im Hinblick auf die Fähigkeit der Staatsanwaltschaft auf, die Bekämpfung von Korruption auf höchster Ebene mit demselben Maß an Unabhängigkeit fortzusetzen.
Die Gefahr, dass diese Elemente – einzeln, aber auch in ihrer Gesamtwirkung – dazu führen könnten, dass Richter und Staatsanwälte unter Druck geraten, und letztlich die Unabhängigkeit sowie die Effizienz und Qualität der Justiz untergraben könnten, wurde auch von einer Reihe externer Beobachter hervorgehoben: insbesondere von der Venedig-Kommission des Europarats 13 ‚ von der Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) 14 sowie von anderen Mitgliedstaaten und internationalen Partnern 15 .
In den genannten Einschätzungen wird ferner betont, dass Prüfungen der Verfassungsmäßigkeit zwar wichtig, aber nicht der einzige relevante Aspekt sind: Sie ersetzen nicht die notwendige Debatte über politischen Entscheidungen, die wichtigen Änderungen zugrunde liegen.
Wenngleich die Venedig-Kommission im Juli eine vorläufige Stellungnahme abgab, wurden die Gesetze unverändert verkündet. Darüber hinaus hat die Regierung mehrere Dringlichkeitsanordnungen erlassen, die einige der festgestellten Probleme verschärft haben, z. B. durch Konsolidierung der Autorität des Justizministers über die Staatsanwälte, insbesondere mittels Einleitung von Disziplinarverfahren. 16 Die Entscheidung der Regierung, die Bestimmungen zur Einrichtung der besonderen Abteilung für die Untersuchung der von Richtern und Staatsanwälten begangenen Straftaten in dieser Weise zu ändern und neue Verfahren für die Einrichtung dieser Abteilung durch den Obersten Richterrat vorzuschreiben, hat weitere Fragen hinsichtlich der Unabhängigkeit der Abteilung aufgeworfen. 17 Sie ließ auch Bedenken hinsichtlich der Neigung der Regierung aufkommen, die Empfehlungen der Venedig-Kommission nur selektiv anzugehen. In diesem Sinne wurde eine Gelegenheit verpasst.
Entlassung des leitenden DNA-Staatsanwalts und politischer Druck auf die Justizorgane
Parallel zu den Gesetzesänderungen haben bestimmte Entscheidungen die Auswirkungen der Machtkonzentration in den Händen des Justizministers aufgezeigt. Zuerst war dies der Fall bei der auf Ersuchen des Justizministers erfolgten Entlassung des Leitenden Staatsanwalts der Nationalen Direktion für Korruptionsbekämpfung (DNA). Zunächst hatte der rumänische Präsident die Entlassung im Einklang mit einer ablehnenden Stellungnahme des Obersten Richterrats abgelehnt. Eine im Mai ergangene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über das Entlassungsverfahren hat den Trend zu einer Ausweitung der Macht des Ministers jedoch gestärkt: 18 Im Anschluss an das Urteil war der Präsident gehalten, das Dekret zur Umsetzung der Entlassung im Juli zu unterzeichnen. Weiter verdeutlicht wurde die Konzentration der Macht in den Händen des Justizministers durch die Entscheidung des Ministers, die Ernennung eines neuen leitenden Staatsanwalts der DNA vorzuschlagen, obwohl der Oberste Richterrat in einer ablehnenden Stellungnahme festgestellt hatte, dass der Bewerber zahlreiche zentrale Kriterien nicht erfüllte. Diese Entwicklungen wirken sich auch auf die Unumkehrbarkeit der Korruptionsbekämpfung aus. 19
Darüber hinaus folgten auf das Verfahren betreffend den leitenden Staatsanwalt der DNA weitere Schritte gegen wichtige Justizorgane. So leitete der Justizminister am 24. Oktober nach demselben Muster wie beim Verfahren zur Entlassung des leitenden DNA-Staatsanwalts ein Verfahren zur Entlassung des Generalstaatsanwalts ein. Zu einem früheren Zeitpunkt im Oktober hatte die Abgeordnetenkammer den Generalstaatsanwalt im Zusammenhang mit der Kooperationsvereinbarung mit den Nachrichtendiensten bereits beim Verfassungsgerichtshof verklagt. Ferner beschloss die Regierung, den Obersten Gerichts- und Kassationshof vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen. 20 Diese koordinierte Vorgehensweise gegen diese wichtigen Justizorgane wirkt sich eindeutig auf die Unabhängigkeit der Justiz aus.
Es bestehen auch Bedenken hinsichtlich der Arbeit der Justizinspektion. In den aufeinander folgenden CVM-Berichten bis Januar 2017 waren die bei der Unabhängigkeit und Professionalität der Justizinspektion erzielten Fortschritte positiv bewertet worden. Allerdings kamen im November 2017 Bedenken auf, und die Beziehungen zum Obersten Richterrat wurden schwieriger. 21 Der Bericht vom November 2017 ging im Zusammenhang mit der erforderlichen weiteren Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Justizorganen speziell auf die Justizinspektion ein.
Die Justizinspektion ist nun erheblicher Kritik ausgesetzt. Gegen die Leiter der wichtigsten Justizorgane wurde eine Reihe von Disziplinarverfahren eingeleitet. 22 Zahlreiche der betroffenen Richter und Staatsanwälte galten auch als Kritiker laufender Gesetzgebungsverfahren. Dazu sei angemerkt, dass sowohl der Beirat Europäischer Richter als auch die Venedig-Kommission betont haben, dass es Richtern freistehen sollte, sich in einschlägigen öffentlichen Debatten zu äußern. 23 , 24 Die Justizinspektion führte darüber hinaus bei der Generalstaatsanwaltschaft und bei der Nationalen Direktion für Korruptionsbekämpfung eine Reihe von Kontrollen durch. Die Tatsache, dass in mindestens zwei Fällen vor dem Ende der Kontrolle Informationen an die Presse gelangten, wurde besonders kontrovers diskutiert. 25
Ferner hat der Oberste Richterrat kein Auswahlverfahren für die Ernennung einer neuen Leitung der Justizinspektion durchgeführt, obwohl das Mandat des Leitungsteams Ende August 2018 auslief. Die Entscheidung der Regierung, das Problem durch eine Dringlichkeitsanordnung zur Ernennung des derzeitigen Interimteams zu lösen, statt dies dem Obersten Richterrat zu überlassen, hat nicht dazu beigetragen, die Bedenken zu zerstreuen. 26
Der Oberste Richterrat war nicht in der Lage, bei der Verteidigung der Unabhängigkeit der unter Druck geratenen Justizorgane als wirksame Kontrollinstanz zu fungieren, was im Bericht vom Januar 2017 als wichtige verfassungsmäßige Rolle herausgestellt wurde. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten im Obersten Richterrat, die bei seinen Treffen mit den Kommissionsdienststellen zutage traten, ist es für den Obersten Richterrat zunehmend schwieriger geworden, als Sprachrohr des Justizsystems – vor allem wenn er zu Rechtsvorschriften konsultiert wird – und als Verwalter des Justizsystems zu fungieren. Selbst wenn der Oberste Richterrat eine einstimmige Stellungnahme abgab, fand diese in wichtigen Fällen keine Beachtung. 27 Obwohl im Jahr 2018 Justizorgane sowie einzelne Richter und Staatsanwälte ausgesprochen starker öffentlicher Kritik durch Vertreter der Regierung und des Parlaments ausgesetzt waren, zeigte sich der Oberste Richterrat wenig geneigt, von Amts wegen Entscheidungen zu treffen, um auf Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz zu reagieren. Dies birgt die Gefahr, dass Richter und Staatsanwälte davon abgehalten werden, ihre normale Rolle im Rahmen der Staatsorganisation zu spielen und ihren Standpunkt zu für das Justizsystem relevanten Fragen zu äußern. 28
Unabhängigkeit der Justiz
Empfehlung 1: Einrichtung eines robusten, unabhängigen und auf klaren und transparenten Kriterien beruhenden Systems für die Ernennung der obersten Staatsanwälte mit Unterstützung der Venedig-Kommission.
Empfehlung 2: Sicherstellung, dass der Verhaltenskodex für Parlamentarier, der derzeit im Parlament erarbeitet wird, klare Bestimmungen über die gegenseitige Achtung zwischen den Institutionen enthält und gewährleistet, dass die Parlamentsmitglieder und der parlamentarische Prozess die richterliche Unabhängigkeit respektieren. Auch für Minister könnte ein vergleichbarer Verhaltenskodex verabschiedet werden.
Ernennungen
Im Januar 2017 bekräftigte die Kommission ihre Empfehlung, ein System für die transparente und leistungsbasierte Ernennung der obersten Staatsanwälte einzurichten, das hinreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen eine Politisierung umfasst. In mehreren aufeinanderfolgenden CVM-Berichten wurde auf die Schwächen der Kontrollmechanismen des Verfahrens hingewiesen; herausgestellt wurden dabei der Umfang des Ermessens des Justizministers bei der Auswahl der Bewerber, die begrenzte Rolle des Obersten Richterrates und die Frage, inwieweit dieses Ernennungs- und Entlassungsverfahren auch auf niedrigeren Managementebenen innerhalb der Staatsanwaltschaft angewendet würde.
Im Bericht vom November 2017 wurden mangelnde Fortschritte festgestellt und es wurde betont, dass die laufenden Änderungen der Justizgesetze Gelegenheit boten, dem Rechnung zu tragen. In dem Bericht wurde ferner auf die Notwendigkeit hingewiesen, den Rat der Venedig-Kommission einzuholen. Die rumänischen Behörden sind dieser Empfehlung nicht gefolgt, die Venedig-Kommission wurde aber von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats angerufen. 29 Die Venedig-Kommission betont in ihrer Stellungnahme speziell, dass Änderungen erforderlich seien, um ein neutrales und objektives Ernennungs- und Entlassungsverfahren zu gewährleisten, bei dem ein Gleichgewicht zwischen den Rollen verschiedener Organe besteht. 30 Die Änderungen der Justizgesetze haben die Rolle des Obersten Richterrates und die Rolle des rumänischen Präsidenten bei der Ernennung der obersten Staatsanwälte jedoch geschwächt und die Rolle des Justizministers gestärkt. Die weitere Konzentration der Macht in den Händen des Justizministers weicht von dieser Empfehlung ab.
Verhaltenskodizes
Seit dem letzten CVM-Bericht hat sich die in den Medien sowie von Vertretern der Regierung und des Parlaments geübte Kritik am Justizsystem und an Richtern und Staatsanwälten fortgesetzt. Im Laufe des Jahres 2018 wurde regelmäßig Kritik an der Justiz insgesamt geäußert, insbesondere an den Organen, die mit der Bekämpfung von Korruption auf höchster Ebene befasst sind, sowie an einzelnen Richtern und Staatsanwälten. Dies gefährdet eindeutig das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz 31 und bestätigt, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, die von Verhaltensweisen abhalten, mit denen die Unabhängigkeit der Justiz und die Autorität gerichtlicher Entscheidungen offen infrage gestellt werden. Der Oberste Richterrat und einzelne Richter und Staatsanwälte haben versucht, Abhilfe zu schaffen, indem sie ihren eigenen Fall vor Gericht gebracht haben. Die CVM-Empfehlung zu einem Verhaltenskodex für Parlamentarier zielte auf eine institutionelle Anerkennung des Problems und ein Verfahren ab, Maßnahmen zur Lösung des Problems zu ergreifen.
Im Bericht vom November 2017 wurde die Annahme eines Verhaltenskodex durch das Parlament und die Regierung bestätigt. Es bestand die Hoffnung, dass sich dieser als praktisches Instrument zur Lösung des Problems erweisen würde. Jedoch zeigt sich, dass der Kodex diese Funktion bislang nicht erfüllt, da klare Bestimmungen zur Achtung der Unabhängigkeit der Justiz fehlen. Der Kommission wurden keine Fälle zur Kenntnis gebracht, in denen im Parlament infolge einer Erklärung, durch die die Unabhängigkeit der Justiz beeinträchtigt wurde, Verfahren eingeleitet worden wären.
Justizreform
Empfehlung 3: Abschluss der gegenwärtigen Phase der Reform der rumänischen Strafgesetzbücher, wobei das Parlament seine Pläne weiter voranbringen sollte, die von der Regierung im Jahr 2016 nach Rücksprache mit den Justizbehörden vorgelegten Änderungen zu verabschieden. Der Justizminister, der Oberste Richterrat und der Oberste Gerichts- und Kassationshof sollten einen Aktionsplan aufstellen, der gewährleistet, dass die neue Frist für die Umsetzung der restlichen Bestimmungen der Zivilprozessordnung eingehalten wird.
Empfehlung 4: Zur weiteren Verbesserung der Transparenz und Vorhersehbarkeit des Gesetzgebungsverfahrens und zur Stärkung der internen Sicherungsmaßnahmen im Interesse der Unumkehrbarkeit der Reformen sollten Regierung und Parlament bei der Entscheidungsfindung und Gesetzgebung im Zusammenhang mit dem Strafgesetzbuch und der Strafprozessordnung, den Korruptionsbekämpfungsgesetzen, den Integritätsgesetzen (Gesetze über Unvereinbarkeiten, Interessenkonflikte und unrechtmäßig erworbenes Vermögen), den Justizgesetzen (bezüglich der Organisation des Justizsystems) sowie dem Zivilgesetzbuch und der Zivilprozessordnung für uneingeschränkte Transparenz sorgen und den Ergebnissen der Konsultationen mit den einschlägigen Behörden und Interessenträgern in vollem Umfang Rechnung tragen. Sie sollten sich dabei an der 2016 von der Regierung eingeführten Regelung für eine transparente Entscheidungsfindung orientieren.
Zivilprozessordnung
Empfehlung 3 betrifft den Abschluss der Reform der Zivilprozessordnung; die einschlägigen Entwicklungen zeugen von mangelnder Stabilität bei der Ausarbeitung dieses wichtigen Rechtsakts. Im Dezember 2016 wurde der Januar 2019 als neue Frist für das Inkrafttreten der verbleibenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung festgelegt. Im CVM-Bericht vom November 2017 wurde festgestellt, dass Schritte eingeleitet wurden, um die notwendige Infrastruktur für das neue System bereitzustellen. Das Parlament nahm im Juni jedoch wesentliche Änderungen an der Zivilprozessordnung an, darunter die Abschaffung der Ratskammerphase im Zivilprozess. Einige dieser Änderungen wurden vom Obersten Gerichts- und Kassationshof vor dem Verfassungsgerichtshof erfolgreich angefochten. Deshalb muss das Gesetz im Parlament überarbeitet werden; dabei sollte der Arbeitsbelastung des Obersten Gerichts- und Kassationshofs besonders Rechnung getragen werden.
Strafgesetzbuch und Strafprozessordnung
Im CVM-Bericht vom November 2017 wurde festgestellt, dass die Empfehlung zum Abschluss der gegenwärtigen Phase der Reform des rumänischen Strafgesetzbuches und der rumänischen Strafprozessordnung noch nicht umgesetzt wurde. Die Empfehlung basierte auf der Tatsache, dass die Änderungen in einem schrittweisen Prozess auf der Grundlage von Konsultationen ausgearbeitet worden waren, der dem Umstand Rechnung trug, dass Anpassungen an jüngste Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs und die Umsetzung von EU-Richtlinien vorgenommen werden mussten. 32 Im November 2017 nahm die Regierung einen entsprechenden Gesetzesentwurf an. Die Gespräche, die im April 2018 in einem parlamentarischen Ausschuss aufgenommen wurden, beruhten jedoch auf völlig neuen Entwürfen und einer sehr hohen Anzahl von Änderungen. Dies schlug sich in den endgültigen Entwürfen nieder, die das Parlament im Juni und Juli verabschiedete.
Mit den Änderungen wurden das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung von 2014 grundlegend überarbeitet, u. a. was die Verfahrensaspekte bei strafrechtlichen Ermittlungen und Gerichtsverfahren und das Gleichgewicht zwischen dem öffentlichen Interesse bei der Ahndung von Straftaten, den Rechten der Opfer und den Rechten von Verdächtigen betrifft. Ferner schränken die Änderungen den Straftatbestand der Korruption ein; eine entsprechende Bestätigung, wenn die Gesetze nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zurück an das Parlament gehen, würde eine Neubewertung der bisher im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens erzielten Fortschritte erforderlich machen. 33
Die Änderungen sind nicht in Kraft getreten, da sie vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten wurden. Im Oktober entschied der Verfassungsgerichtshof, dass eine Vielzahl der Änderungen verfassungswidrig ist. 34 Neben Fragen der Verfassungsmäßigkeit haben die Änderungen zahlreiche rechtliche und politische Bedenken hervorgerufen, auf die Strafverfolgungsbehörden und die Zivilgesellschaft in Rumänien sowie zahlreiche Partner außerhalb Rumäniens aufmerksam machten. 35
Am 20. Oktober nahm die Venedig-Kommission eine Stellungnahme zu den Änderungen am Strafgesetzbuch und an der Strafprozessordnung an. 36 Die Schlussfolgerungen der Stellungnahme der Venedig-Kommission sind sehr kritisch und weisen auf rechtstaatliche Bedenken, dass Straftaten ungestraft bleiben, sowie auf die mangelnde Qualität der Rechtsvorschriften, Mängel bei deren Ausarbeitung und Widersprüche zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und zu internationalen Verpflichtungen des Landes, insbesondere im Hinblick auf die Korruptionsbekämpfung, hin. Die Venedig-Kommission empfiehlt daher, dass die rumänischen Behörden die Änderungen am Strafgesetzbuch und an der Strafprozessordnung im Wege eines umfassenden und wirksamen Konsultationsprozesses neu bewerten, um einen soliden und kohärenten Legislativvorschlag vorzulegen, der eine breite Unterstützung in der rumänischen Gesellschaft genießt und den geltenden Standards in vollem Umfang Rechnung trägt.
Transparenz und Berechenbarkeit des Gesetzgebungsverfahrens für die Rechtsvorschriften zur Justizreform und Korruptionsbekämpfung
Im Bericht vom November 2017 wurde auf das Potenzial des parlamentarischen Sonderausschusses für Systematisierung, Vereinheitlichung und Gewährleistung der Gesetzgebungsstabilität in der Justiz hingewiesen, ein berechenbares Verfahren für Änderungen festzulegen, bei dem gewährleistet ist, dass Debatten geführt werden und öffentliche Konsultationen stattfinden.
Der Ausschuss hat sich mit den Reformen der Justizgesetze und des Strafgesetzbuches sowie der Strafprozessordnung befasst. Einige Aspekte des im Ausschuss ausgearbeiteten Gesetzgebungsverfahrens könnten als Fortschritt gegenüber der Vergangenheit betrachtet werden: Die Debatten werden übertragen, die Entwürfe sind in der Regel abrufbar, und die Justizorgane werden zu den Debatten eingeladen und können dazu Stellung nehmen. Durch die Anwendung von Dringlichkeitsverfahren wurden die Wirksamkeit und Glaubwürdigkeit dieser Öffnungsmaßnahmen jedoch stark eingeschränkt. Es ist nach wie vor schwierig, die objektiven Gründe für Dringlichkeitsverfahren nachzuvollziehen und zu verstehen, warum die Dringlichkeit angesichts der an den Entwürfen geäußerten grundlegenden Bedenken nicht zu einem späteren Zeitpunkt neu bewertet wurde. Geäußert wurden diese Bedenken von rumänischen Einrichtungen wie dem Obersten Gerichts- und Kassationshof sowie von externen Partnern wie der Europäischen Kommission und anderen Mitgliedstaaten. Besonders auffallend war die mangelnde Debatte, denn nach den beschleunigten Verfahren im Ausschuss gab es in den beiden Kammern des Parlaments wenige oder überhaupt keine Debatten über diese zentralen öffentlichen Belange. Auch nach Abschluss des Verfahrens zu den Justizgesetzen nahm die Regierung im Oktober mittels Dringlichkeitsanordnung weitere Änderungen vor, wobei hier noch weniger Gelegenheit zur Konsultation eingeräumt wurde. Die Umsetzung dieses Verfahrens würde für die Justizbehörden eine enorme Herausforderung bedeuten und eine echte Gefahr für die Justiz darstellen – eine Überlegung, die im Verfahren anscheinend keine Rolle gespielt hat.
Parlamentsmitglieder haben argumentiert, dass der Gesetzgebungsprozess transparent sei und der Meinung von Richtern und Staatsanwälten Rechnung trage. Zwar stimmt es, dass die Gesetze Änderungen enthalten, die von Richtern und Staatsanwälten selbst vorgeschlagen wurden. Auf die meisten der umstrittensten Bestimmungen trifft dies allerdings nicht zu: Sie wurden mit geringer oder ohne Aufklärung darüber, warum die Standpunkte des Justizwesens zurückgewiesen wurden, in Gesetze gegossen. Die Tragweite der vom Verfassungsgerichtshof aufgeworfenen Fragen – allein zu verfassungsrechtlichen Bedenken – zeigt erneut die mangelhafte Ausarbeitung der Änderungen und die Folgen des Umstands, dass nicht auf die Sachkenntnis der wichtigsten Justizorgane zurückgegriffen wurde. Wie auch die Venedig-Kommission und die GRECO hervorgehoben haben, wäre bei der Erwägung solch grundlegender rechtlicher Änderungen zu erwarten, dass das Parlament auf der Grundlage umfassender Konsultationen eine echte Debatte über die gesellschaftlichen Anforderungen und die Auswirkungen der Änderungen führt. Schließlich handelt es sich um öffentliche Belange, und die vom Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Verfassungsmäßigkeit geprüften Fragen können nicht als die einzig relevanten Fragen betrachtet werden. Sowohl die Tatsache, dass die Venedig-Kommission in ihrer Stellungnahme zu den Justizgesetzen grundlegende noch verbleibende Probleme in den Gesetzen festgestellt hat, als auch die Bedenken, dass die Änderungen am Strafgesetzbuch und an der Strafprozessordnung möglicherweise nicht mit den rechtlichen Verpflichtungen Rumäniens auf EU- und auf internationaler Ebene vereinbar sind, zeigen die mit beschleunigten Verfahren verbundenen Gefahren. Diese Vorgehensweise kann daher nicht als mit der Empfehlung vereinbar angesehen werden.
Empfehlung 5: Die Regierung sollte einen angemessenen Aktionsplan vorlegen, um die Frage der Umsetzung von Gerichtsentscheidungen und die Anwendung der Rechtsprechung der Gerichte durch die öffentliche Verwaltung anzugehen. Der Plan sollte u. a. einen Mechanismus für die Erstellung genauer Statistiken vorsehen, um künftig ein besseres Monitoring zu ermöglichen. Die Regierung sollte außerdem ein System des internen Monitorings – unter Beteiligung des Obersten Richterrates und des Rechnungshofs – einrichten, um die wirksame Umsetzung des Aktionsplans zu gewährleisten.
Empfehlung 6: Die Spitzen der Justizverwaltung – der Justizminister, der Oberste Richterrat, der Oberste Gerichts- und Kassationshof und der Generalstaatsanwalt – sollten die Umsetzung des Aktionsplans gewährleisten und gemeinsam öffentlich und regelmäßig darüber berichten. Dabei sollten sie u. a. auf Themen wie den Mangel an Gerichtsbediensteten, die übermäßige Arbeitsbelastung und Verzögerungen bei der Begründung von Gerichtsentscheidungen eingehen.
Achtung von Gerichtsentscheidungen
Entsprechend der Vorgabe 1 sind die Achtung und Umsetzung von Gerichtsentscheidungen integraler Bestandteil der Effizienz des Justizsystems. 37 Nach einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2016 schlug Rumänien dem Ministerkomitee des Europarates einen Aktionsplan vor, um die strukturellen Probleme der Nichtvollstreckung von Gerichtsurteilen gegenüber dem Staat anzugehen. 38 Dieser Aktionsplan und die vom Ministerkomitee des Europarates geforderten zusätzlichen Maßnahmen sind von unmittelbarer Bedeutung für die Umsetzung dieser Empfehlung.
Es werden derzeit Schritte unternommen, um Fortschritte im Hinblick auf den Aktionsplan zu erzielen. Im September wurde der Regierung eine Liste der zu ergreifenden Maßnahmen vorgelegt. Zu den Vorschlägen gehören Änderungen am Rechtsrahmen, um eine fristgerechte Ausführung und einen Mechanismus zur Überwachung und Vermeidung der verspäteten Vollstreckung von Urteilen, bei denen der Staat Schuldner ist, zu gewährleisten. Das Justizministerium und der Oberste Richterrat kommen ebenfalls bei dem Projekt eines IT-Registers der Gerichtsentscheidungen voran, bei denen der Staat Schuldner oder Gläubiger ist. 39
Strukturreformen in der Justiz
Im Bericht vom November 2017 wurde festgestellt, dass der 2016 verabschiedete umfassende Aktionsplan 40 , der die für die Entwicklung des Justizsystems bis 2020 zu ergreifenden Strukturreformschritte enthält, in Bearbeitung ist und ein Instrument sein sollte, das den Nutzern des Justizsystems große Vorteile bringt und das Vertrauen der Öffentlichkeit stärkt. Dieser Aktionsplan wurde unter Anleitung des Rates für strategisches Management im Laufe des Jahres 2018 entwickelt und angepasst und erhält finanzielle Unterstützung aus den EU-Strukturfonds. 41 Darin angesprochen wurden auch Themen wie die Einrichtung eines ständigen Mechanismus für den Dialog zwischen den Vertretern der drei Staatsgewalten und die Aktualisierung des IT-Systems in Bezug auf den Datenschutz.
Der Rat für strategisches Management hat sich jedoch nicht zu einem Forum entwickelt, das für das Justizsystem wichtige strategische Fragen behandeln könnte. So scheint er zum Beispiel bei den Debatten über die Änderungen an den Justizgesetzen und an der Zivil- und Strafprozessordnung sowie am Strafgesetzbuch, die sich maßgeblich auf die Funktionsweise und die Organisation des Justizsystems auswirken werden, keine Rolle gespielt zu haben. Wie bereits erwähnt, wurde die Umsetzung der Justizgesetze eher durch einseitige Dringlichkeitsanordnungen als durch einvernehmliche Entscheidungen der Spitzen der Justizverwaltung vorangebracht. 42
Empfehlung 7: Der neue Oberste Richterrat sollte ein gemeinsames Programm für seine Amtszeit vorbereiten, das u. a. Maßnahmen zur Förderung von Transparenz und Rechenschaftspflicht umfasst. Dazu sollte auch eine Strategie für die Öffentlichkeitsarbeit gehören, die neben regelmäßigen offenen Sitzungen mit Versammlungen von Richtern und Staatsanwälten auf allen Ebenen sowie mit der Zivilgesellschaft und Berufsverbänden auch eine jährliche Berichterstattung mit anschließender Erörterung in den Generalversammlungen der Richter und Staatsanwaltschaften vorsieht.
Transparenz und Rechenschaftspflicht des Obersten Richterrates
Im Bericht vom November 2017 wurde festgestellt, dass der Oberste Richterrat seine Prioritäten für sein Mandat (2017-2022) festgelegt und damit eine erste Grundlage zur Förderung der Rechenschaftspflicht des Organs geschaffen hat. In dem Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass der Rat trotz der schwierigen Umstände in der Lage war, schwierige Entscheidungen zu treffen, beispielsweise die Ablehnung von Vorschlägen zur Abänderung der Justizgesetze. Schlussfolgernd wird im Bericht festgehalten, dass der Rat „weiterhin seine Anstrengungen zur kohärenten und wirksamen Verteidigung des Ansehens der Justiz konsolidieren und einen Beitrag zu einem konstruktiven und transparenten Dialog mit Regierung und Parlament leisten [sollte]“.
Seither ist es für den Obersten Richterrat immer schwieriger geworden, den in seinen Prioritäten dargelegten Ansatz beizubehalten. So wurde eine Reihe von Stellungnahmen von der Regierung abgelehnt. 43 Der Rat war geteilter Meinung darüber, wie auf die Empfehlungen der Venedig-Kommission und der GRECO zu den Justizgesetzen zu reagieren sei, selbst in stärker verwaltungstechnischen Bereichen wie der Analyse der Auswirkungen der Änderungen, die beispielsweise den vorzeitigen Ruhestand oder den verzögerten Einstieg in den Beruf betreffen.
Was die Änderungen an Strafgesetzbuch und Strafprozessordnung betrifft, so wurde der Oberste Richterrat um eine Stellungnahme gebeten. 44 Er konsultierte alle Gerichte und Staatsanwaltschaften und übermittelte dem parlamentarischen Ausschuss einen zusammenfassenden Standpunkt. Mitglieder des Obersten Richterrates nahmen an den Debatten im Parlament teil, schlugen Änderungen vor und brachten Anmerkungen an. Nach der Annahme der Gesetze durch das Parlament gab der Oberste Richterrat jedoch keine Stellungnahme zu den Änderungen ab und analysierte auch nicht die Auswirkungen der Änderungen auf das Justizsystem.
Im Bericht vom Januar 2017 wurde insbesondere auf die Bedeutung der öffentlichen Berichterstattung durch den Obersten Richterrat über Maßnahmen hingewiesen, die dieser zur Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz und zum Schutz des Ansehens, der Unabhängigkeit und der Unparteilichkeit der Richter und Staatsanwälte ergriffen hat. Der Rat konnte jedoch in diesem Bereich trotz der Gesamtsituation in Bezug auf die öffentliche Kritik an Richtern und Staatsanwälten und an den Justizorganen keine entschlossene Haltung einnehmen.
Im Januar 2017 konnte die Kommission „wesentliche Fortschritte“ bei der Vorgabe 1 vermerken. Heute ist es so, dass zwar Fortschritte bei der Empfehlung 5 (Vollstreckung von Urteilen) erzielt wurden, andere von Rumänien ergriffene Maßnahmen jedoch die erzielten Fortschritte rückgängig gemacht oder infrage gestellt haben. Die Empfehlungen 1, 3 und 4 wurden nicht befolgt. Bei den Empfehlungen 2, 6 und 7 gab es keine Fortschritte in Richtung bedeutsamer Ergebnisse. Allgemeiner ausgedrückt stellen Gesetzesänderungen, die die Garantien für die Unabhängigkeit der Justiz untergraben und mehr Macht beim Justizminister bündeln, sowie eine Reihe von Maßnahmen, die Druck auf die wichtigsten Justizorgane ausüben, gegenüber der Bewertung vom Januar 2017 einen Rückschritt der rumänischen Behörden dar. Auch die laufenden Änderungen am Strafgesetzbuch und an der Strafprozessordnung bergen ein ernsthaftes Risiko des Rückschritts. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die Vorgabe 1 nicht als erfüllt angesehen werden kann, und dass zur Erreichung dieses Ziels zusätzliche Empfehlungen erforderlich sind. Diese sind in der Schlussfolgerung dieses Berichts dargelegt.
3.2. Vorgabe 2: Integritätsrahmen und Nationale Integritätsbehörde
Empfehlung 8: Inbetriebnahme des Systems PREVENT. Die Nationale Integritätsbehörde und die Nationale Agentur für das öffentliche Auftragswesen sollten über die Ergebnisse der Ex-ante-Überprüfung der öffentlichen Vergabeverfahren und die Folgemaßnahmen dazu, einschließlich Ex-post-Kontrollen, sowie über dabei festgestellte Interessenkonflikte oder Korruptionsfälle berichten und öffentliche Debatten organisieren, damit die Regierung, die Kommunalbehörden, die Justiz und die Zivilgesellschaft dazu Stellung nehmen können.
Empfehlung 9: Das Parlament sollte seine Entscheidungsfindung in Bezug auf die Folgemaßnahmen zu rechtskräftigen und unwiderruflichen an Parlamentsmitglieder gerichteten Entscheidungen über Unvereinbarkeiten, Interessenkonflikte und ungerechtfertigte Bereicherungen transparent gestalten.
Das System PREVENT
Das System PREVENT soll Interessenkonflikte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge verhindern. Zu diesem Zweck wurde ein Mechanismus der Ex-ante-Überprüfung eingerichtet und den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit geboten, etwaige Probleme vor der Vergabe des Auftrags auszuräumen. Das System ist inzwischen voll funktionsfähig, und die Nationale Integritätsbehörde (ANI) berichtet von positiven Ergebnissen. 45 Neben der Herausgabe von Warnungen hat PREVENT auch das Bewusstsein der öffentlichen Auftraggeber geschärft. Insgesamt scheint es, dass der präventive Ansatz an Boden gewinnt; ein Beweis dafür ist die Bereitschaft der großen Mehrheit der öffentlichen Auftraggeber, potenzielle Interessenkonflikte vor der Unterzeichnung der Verträge auszuräumen. Eine Gesetzesänderung, die die Möglichkeit einführt, einen öffentlichen Auftraggeber wegen des Versäumnisses, auf Warnungen des Systems PREVENT zu reagieren, mit einer Geldstrafe zu belegen, wurde eingeführt, doch ihr Zusatznutzen ist unklar. 46
Allgemein lässt sich feststellen, dass die Erfolgsbilanz der Integritätsbehörde bei der Untersuchung von Unvereinbarkeiten und administrativen Interessenkonflikten konstant geblieben ist. 47 Die Stabilität des Rechtsrahmens für die Integrität ist jedoch nach wie vor ein Problem. Trotz einer ablehnenden Stellungnahme der ANI wurden im Juli zwei Gesetzesvorschläge vom Parlament angenommen. Der erste sieht eine Verjährungsfrist von drei Jahren für Urkunden vor, die den Tatbestand des Interessenkonflikts oder der Unvereinbarkeit feststellen. 48 Mit dem zweiten Vorschlag soll die Sanktionsregelung in Bezug auf Interessenkonflikte für kommunale Mandatsträger geändert werden. 49 Beide Vorschläge wurden vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten. 50 Weitere Vorschläge sind beim Parlament anhängig.
Eine weitere Herausforderung betrifft die Finanzmittel der ANI. Nach einem deutlich reduzierten Haushalt im Jahr 2017 stellen weitere Mittelkürzungen die ANI vor die Gefahr, bei der Zahlung von Gehältern und Auftragnehmern in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. 51 Es ist ganz entscheidend, dass die Integritätsbehörde über die notwendigen Mittel verfügt, um ihre Aufgaben weiter im Einklang mit der Vorgabe 2 erfüllen zu können.
Folgemaßnahmen zu Gerichtsentscheidungen, die Parlamentsmitglieder betreffen
In früheren CVM-Berichten ist auf Verzögerungen und offensichtliche Ungereimtheiten in der Sanktionspraxis gegenüber Parlamentsmitgliedern hingewiesen worden, bei denen in einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zu einem Bericht der Behörde die Unvereinbarkeit von Ämtern oder Interessenkonflikte festgestellt worden waren. Die Kommission hatte daher eine transparentere Entscheidungsfindung empfohlen und in ihrem Bericht vom November 2017 einige konkrete Vorschläge hierzu unterbreitet. Seit Oktober 2016 ergingen fünf rechtskräftige und unwiderrufliche Gerichtsentscheidungen gegen Parlamentsmitglieder. In zwei dieser Fälle ebenso wie in zwei weiteren Fällen in Zusammenhang mit den Wahlen vom Dezember 2016 52 hat das Parlament der ANI schriftlich mitgeteilt, dass keine Disziplinarmaßnahmen erfolgen würden. 53 Zu den übrigen Fällen liegt bislang keine Reaktion des Parlaments vor. Während solche Schreiben ein Schritt hin zu mehr Transparenz sind, birgt die Argumentation des Parlaments das Risiko, die abschreckende Wirkung von Sanktionen zu verwässern. Die Argumentation lautete, dass keine Maßnahmen ergriffen wurden, weil die fragliche Integritätsverletzung sich in einer früheren Amtszeit oder in einer früher bekleideten Position ereignet habe. Eine derartige Auslegung wurde bisher von den Gerichten oder anderen staatlichen Einrichtungen nicht angewandt. Dies deutet darauf hin, dass Klärungsbedarf bei den Vorschriften zu Unvereinbarkeiten und Interessenkonflikten besteht, damit die CVM-Vorgabe zur Sicherung „verbindlicher Beschlüsse als Grundlage für abschreckende Sanktionen“ erfüllt wird.
Aus Sicht der Kommission sind die im November 2017 bei Vorgabe 2 erzielten beträchtlichen Fortschritte ins Stocken geraten. Empfehlung 8 wurde nachgekommen, sofern sich PREVENT als wirksames vorbeugendes Instrument etabliert. Damit es bei Empfehlung 9 Fortschritte geben kann, müssen die gegenwärtigen Unklarheiten bezüglich der Vorschriften beseitigt werden.
3.3 Vorgabe 3: Bekämpfung der Korruption auf höchster Ebene
Zukunftsfähigkeit der Nationalen Direktion für Korruptionsbekämpfung und Unumkehrbarkeit der Korruptionsbekämpfung
In dem Bericht vom Januar 2017 wurden die beträchtlichen Fortschritte bei der Bekämpfung von Korruption auf höchster Ebene anerkannt. In dem Dokument wurde zudem betont, dass ein abgeschwächter oder eingeschränkter Straftatbestand der Korruption oder die Beschneidung der Unabhängigkeit oder der Befugnisse der Nationalen Direktion für Korruptionsbekämpfung Rückschritte wären. Die Entwicklungen seit dem CVM-Bericht vom November 2017 machten es für die Kommission erforderlich, ihre Bewertung zu überprüfen. Druck auf die führenden Einrichtungen zur Korruptionsbekämpfung hat wachsende Besorgnis ausgelöst, ob diese auch künftig erfolgreich ihre Arbeit tun können und der Kampf gegen die Korruption damit weiterhin unumkehrbar ist.
Insbesondere die Nationale Direktion für Korruptionsbekämpfung (DNA) geriet in einer Weise unter Druck, die ihre Unabhängigkeit gefährden könnte. Die heftige öffentliche und über die Medien verbreitete Kritik durch ranghohe Politiker und die Tatsache, dass sowohl bei der Entlassung des leitenden Staatsanwalts der DNA als auch bei der vorgeschlagenen Ernennung eines neuen leitenden Staatsanwalts der Direktion die negative Stellungnahme des Obersten Richterrates ignoriert wurden, weckten massive Zweifel an dem Verfahren (siehe oben). Der Justizminister setzte zudem die Prozedur zur Ernennung neuer Abteilungsleiter und stellvertretender Abteilungsleiter nach demselben Verfahren in Gang. Die geänderten Justizgesetze schaffen zudem potenzielle Probleme bezüglich Mitarbeitern, die möglicherweise die DNA verlassen müssen. Im Oktober erließ die Regierung eine neue Dringlichkeitsanordnung, um die Dienstalter-Anforderungen für DNA-Staatsanwälte zu ändern, was weitere negative Folgen für die Funktionsfähigkeit der DNA haben könnte.
Auch der Oberste Gerichts- und Kassationshof ist unter Druck geraten, hier insbesondere die Richter der Strafkammer. Wie bereits erwähnt hat die Regierung den Obersten Gerichts- und Kassationshof vor den Verfassungsgerichtshof gebracht. Dies kommt zu dem Druck aus dem Justizsystem heraus hinzu, und es kam zu einer Kontroverse, als der Oberste Richterrat das Mandat des Präsidenten der Strafkammer des Obersten Gerichts- und Kassationshofes – mit zahlreichen Korruptionsfällen auf höchster Ebene befasst – nicht erneuerte und die Justizinspektion mit Anrufungen bezüglich des Präsidenten des Obersten Gerichts- und Kassationshofes befasst wurde (siehe oben).
Auch die offensichtlich nachlassende Zusammenarbeit mit der DNA, die sich in einer angeblich zurückhaltenderen Meldung potenzieller Betrugs- und Korruptionsfälle durch zahlreiche öffentliche Institutionen wie Ministerien, Rechnungshof und anderen Kontrollinstanzen zeigt, könnte auf die von der Regierung eingeleiteten Schritte zurückzuführen sein. 54
Die Einführung einer neuen Abteilung für die Untersuchung von durch Richter und Staatsanwälte begangene Straftaten in den geänderten Justizgesetzen löst mit Blick auf die Korruptionsbekämpfung besondere Besorgnis aus, weil eine neue Struktur in puncto Unabhängigkeit anfälliger sein könnte, als dies bislang bei der DNA der Fall war, da diese neue Struktur als zusätzliches Instrument dienen könnte, um Richter und Staatsanwälte einzuschüchtern und unter Druck zu setzen. Zudem wird es einer allgemein ausgerichteten Abteilung, die sich mit jeder Art von durch Richter und Staatsanwälte verübten Straftaten befasst, an Fachwissen zur Untersuchung spezifischer Korruptionsfälle mangeln; dies würde noch dadurch verschärft werden, wenn Ermittlungen zu sämtlichen Personen, die in einem mit einem Richter oder Staatsanwalt zusammenhängenden Fall in Verbindung stehen, ebenfalls der Zuständigkeit der DNA enthoben würden. Was den rechtlichen Rahmen betrifft, so könnten auch die vor dem Sommer vom Parlament verabschiedeten Änderungen des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung der Korruptionsbekämpfung zuwiderlaufen (siehe oben). In der deutlichen Kritik an den Änderungen wurde vor allem auf die Auswirkungen im Bereich Korruption verwiesen. Nicht nur werden die Ermittlung, Strafverfolgung und Verurteilung von Straftaten ernstlich behindert, zudem wurde auch der Straftatbestand verschiedener Korruptionsdelikte abgemildert. Dies war auch ein wichtiger Aspekt in der Stellungnahme der Venedig-Kommission zum Strafgesetzbuch und zur Strafprozessordnung, 55 der Fragen zur Vereinbarkeit mit den von Rumänien ratifizierten internationalen Übereinkommen aufwerfen könnte. Die Venedig-Kommission unterstreicht, dass „individuell gesehen, aber insbesondere in ihrer geballten Wirkung viele der Änderungen die Effektivität der rumänischen Strafjustiz bei der Bekämpfung verschiedener Arten von Kriminalität einschließlich korruptionsbezogener Straftaten, Gewaltverbrechen und der organisierten Kriminalität ernstlich beeinträchtigen werden.“ Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Frage der Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen in der Regierung oder im Parlament beraten worden wäre. Einige dieser Änderungen wurden als nicht verfassungskonform beurteilt. 56
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Empfehlung 10: Annahme objektiver Kriterien für die Begründung von Entscheidungen zur Aufhebung der Immunität von Abgeordneten als Gewähr dafür, dass diese Immunität nicht in Anspruch genommen wird, um der Ermittlung und Strafverfolgung bei Korruptionsdelikten zu entgehen. Die Regierung könnte auch eine Gesetzesänderung in Betracht ziehen, um die Immunität von Ministern auf deren Amtszeit zu beschränken. Sie könnte dabei von der Venedig-Kommission und der GRECO unterstützt werden. 57 Das Parlament sollte ein System zur regelmäßigen Berichterstattung über Entscheidungen seiner Kammern zu Anträgen auf Aufhebung der Immunität einrichten und könnte eine öffentliche Debatte organisieren, damit der Oberste Richterrat und die Zivilgesellschaft dazu Stellung nehmen können. |
Empfehlung 10 betrifft die Rechenschaftspflicht des Parlaments für seine Entscheidungen über die Anträge der Staatsanwaltschaft auf Genehmigung von Präventivmaßnahmen (z. B. Durchsuchungen oder Festnahmen) und auf Genehmigung von Ermittlungen gegen ein Parlamentsmitglied, das ebenfalls Minister ist oder war. Dies ist eine verfassungsmäßige Befugnis, die in vielen parlamentarischen Systemen besteht, wo Immunität Parlamentsmitglieder bei der Ausübung ihres Wahlmandats schützen soll. Die Empfehlung bezieht sich nicht auf die Tatsache, dass es diese Befugnis gibt, sondern auf die Art und Weise, in der sie ausgeübt wird. In früheren CVM-Berichten wurde die Bedeutung transparenter Kriterien betont, damit das Parlament zeigen kann, dass es diese Befugnis auf objektive Weise ausübt. Damit könnte auch aufgezeigt werden, dass die Ablehnung von Anträgen der Staatsanwaltschaft mit dem Schutz von Parlamentsmitgliedern bei der Ausübung ihres Wahlmandats zusammenhängt und nicht mit der Einschränkung oder Verhinderung von Ermittlungen oder Strafverfolgung bei Korruptionsdelikten.
In dem Bericht vom November 2017 wird begrüßt, dass die Notwendigkeit von mehr Transparenz bei den Folgemaßnahmen zu Anträgen der Staatsanwaltschaft berücksichtigt wird. Gleichzeitig wird darin betont, dass zur Umsetzung von Empfehlung 10 mehr getan werden muss und dass entsprechend der früheren Empfehlung die Unterstützung der Venedig-Kommission und der GRECO eingeholt werden sollte. Der Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses hat Offenheit signalisiert, sich auf die bestehenden Kriterien der Venedig-Kommission zu beziehen, allerdings ist dies bislang noch nicht geschehen 58 und wurde weder in den Regeln der Kammer noch des Senats formalisiert.
Im laufenden Jahr gab es keine Folgemaßnahmen zum Ersuchen der Regierung, eine Gesetzesänderung zu erwägen, um klarzustellen, dass Immunität für Minister ausschließlich für Handlungen während ihrer Amtszeit gilt. Im Jahresverlauf bis August 2018 billigte der Präsident des Landes zwei Anträge auf die Einleitung von Strafverfahren gegen ehemalige Minister, die nicht Mitglieder des Parlaments sind.
Die Empfehlung nahm auch auf die Berichterstattung über Entscheidungen sowie öffentliche Debatten Bezug. Ein erster Schritt in diese Richtung ist, dass Ausschuss- und Plenardebatten im Parlament inzwischen live ausgestrahlt werden und später zudem im Internet angeschaut werden können.
Auf der Grundlage einer Analyse der Vorgabe 3 kann die Kommission ihre Schlussfolgerung vom November 2017 bestätigten, wonach zur Umsetzung von Empfehlung 10 größere Anstrengungen erforderlich sind. Darüber hinaus hat Rumänien die Grundlage für die positive Bewertung, die im Januar 2017 mit Blick auf Vorgabe 3 erzielt wurde, infrage gestellt. Deshalb kann Empfehlung 10 nicht länger als ausreichend erachtet werden, um die Vorgabe zu erfüllen, weshalb die Schlussfolgerung dieses Berichts zusätzliche Empfehlungen enthält.
3.4 Vorgabe 4: Bekämpfung der Korruption auf allen Ebenen
Empfehlung 11: Weitere Umsetzung aller Aspekte der nationalen Korruptionsbekämpfungsstrategie unter Einhaltung der im August 2016 von der Regierung festgelegten Fristen. Der Justizminister sollte ein System zur Berichterstattung über die Umsetzung der nationalen Korruptionsbekämpfungsstrategie (einschließlich Statistiken über Integritätsverletzungen in der öffentlichen Verwaltung, Angaben zu Disziplinarverfahren und Sanktionen sowie Informationen über strukturelle Maßnahmen in korruptionsanfälligen Bereichen) einrichten.
Empfehlung 12: Gewährleistung der vollen Funktions- und Leistungsfähigkeit der Nationalen Agentur für die Verwaltung sichergestellter Vermögenswerte gewährleisten, damit diese einen ersten Jahresbericht mit zuverlässigen statistischen Informationen über die Einziehung von Vermögen aus Straftaten vorlegen kann. Die Agentur sollte ein System zur regelmäßigen Berichterstattung über den Ausbau ihrer Verwaltungskapazitäten und über den Stand der Einziehung und Verwaltung von Erträgen aus Straftaten einrichten.
Nationale Antikorruptionsstrategie
Im vergangenen Jahr wurden fortwährende Fortschritte bei der Umsetzung der nationalen Antikorruptionsstrategie verzeichnet. Im März 2018 veröffentlichte das technische Sekretariat des Justizministeriums seinen ersten Überwachungsbericht. 59 Das technische Sekretariat hat weiterhin thematische Bewertungen staatlicher Einrichtungen organisiert. Diese zielen darauf ab zu überprüfen, wie diese Einrichtungen Korruptionsrisiken in Schlüsselbereichen sowie die bestehenden Maßnahmen definieren, um Vorfälle zu verhindern. Peer-Review-Bewertungen werden mit EU-Mitteln gefördert. Die Umsetzung der Strategie scheint in einigen wichtigen anfälligen Bereichen Fortschritte gemacht zu haben, vor allem im Bildungsbereich, im Innenministerium und auf lokaler Ebene, weniger offensichtlich waren die Fortschritte im Gesundheitswesen.
Eines der Ziele der Strategie ist eine erfolgreichere Korruptionsbekämpfung durch die Anwendung strafrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Sanktionen. Die Nationale Integritätsbehörde und die Nationale Direktion für Korruptionsbekämpfung haben im vergangenen Jahr ihre Arbeit fortgesetzt; unterdessen war die Generalstaatsanwaltschaft mit der Strafverfolgung von Korruptionsdelikten befasst, die nicht in die Zuständigkeit der DNA fallen. 60 Wie weiter oben ausgeführt, sind diese sehr wichtigen Einrichtungen jedoch in ihrer Leistungsfähigkeit gefährdet; mehrere laufende Gesetzgebungsinitiativen lösen Besorgnis wegen ihrer potenziellen Auswirkungen auf die Umsetzung der Strategie aus und geben widersprüchliche Signale, was die politische Unterstützung für eine fortgesetzte Korruptionsprävention und -sanktionierung angeht. Dazu gehören die Änderungen des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung sowie des Integritätsrahmens mit dem Risiko nachteiliger Folgen auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung.
Nationale Agentur für die Verwaltung sichergestellter Vermögenswerte
Die Nationale Agentur für die Verwaltung sichergestellter Vermögenswerte (ANABI) ist jetzt vollständig einsatzfähig, sie hat ihre Tätigkeit weiter ausgebaut und macht dazu in jährlichen Berichten klare Ausführungen. Zudem hat die Agentur bei der Entwicklung eines integrierten nationalen Systems Fortschritte gemacht, das dazu dient, die von den Behörden bei jedem Schritt der Sicherstellung von Vermögenswerten eingeleiteten Maßnahmen zu überwachen. Dennoch hat die ANABI noch Entwicklungspotenzial. Ein wichtiger Aspekt wäre der Ausbau ihrer Aktivitäten in Zusammenhang mit der sozialen und öffentlichen Wiederverwendung sichergestellter Vermögenswerte, da per Gesetz die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Projekte in Bereichen wie der juristischen Ausbildung, der Kriminalitätsprävention, Opferhilfe und anderer Projekte im öffentlichen Interesse möglich ist. Wegen mangelnder Verwaltungskapazitäten konnte die Agentur bislang noch keine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen in diesem Bereich einleiten. Im Oktober 2018 verfügte die Agentur über lediglich 20 von ursprünglich 35 vorgesehenen Mitarbeitern, weshalb sich die ANABI nur ganz strikt auf ihre Kernaufgaben konzentrieren kann 61 .
Auf der Grundlage einer Analyse von Vorgabe 4 kann die Kommission ihre Schlussfolgerung vom November 2017 bekräftigen, wonach mehr Anstrengungen nötig sind, um die Fortschritte zur Erfüllung der Vorgabe zu erzielen. Die politischen Entwicklungen behindern die Korruptionsprävention, was Fortschritte weniger glaubwürdig macht (Empfehlung 11). Bei Empfehlung 12 kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Empfehlung erfüllt ist, dass es jedoch wichtig ist, ausreichend viel Personal für die ANABI sicherzustellen.
4. SCHLUSSFOLGERUNG
Im Verlauf der vergangenen zwölf Monate seit November 2017 hat Rumänien einige Schritte unternommen, um die Empfehlungen aus dem Bericht vom Januar 2017 umzusetzen. Die Kommission erachtet im Einklang mit der Bewertung in diesem Bericht die Empfehlungen 8 und 12 als umgesetzt; bei den Empfehlungen 5 und 9 wurden weitere Fortschritte erzielt.
Die Bewertung vom Januar 2017 war jedoch stets an die Bedingung geknüpft, dass negative Entwicklungen ausbleiben, die die Fortschritte der vergangenen zehn Jahre infrage stellen könnten. Das Inkrafttreten der überarbeiteten Justizgesetze, der Druck auf die unabhängige Justiz im Allgemeinen und insbesondere auf die Nationale Direktion für Korruptionsbekämpfung sowie andere Schritte, die der Korruptionsbekämpfung zuwiderlaufen, haben die Unumkehrbarkeit der Fortschritte rückgängig gemacht oder infrage gestellt, besonders, was die Vorgaben 1 und 3 betrifft.
In der Folge sind die zwölf Empfehlungen des Berichts vom Januar 2017 nicht mehr ausreichend, um das CVM gemäß der Zielvorgabe von Präsident Juncker abzuschließen, weshalb im vorliegenden Bericht zusätzliche Empfehlungen dargelegt sind. Dies nimmt die zentralen Einrichtungen in Rumänien in die Pflicht, sich entschlossen für die Unabhängigkeit der Justiz und die Korruptionsbekämpfung als unverzichtbare Eckpfeiler zu engagieren und bei einem drohenden Rückschritt die Funktionsfähigkeit der nationaler Schutzmaßnahmen und Kontrollmechanismen wiederherzustellen.
Um Abhilfe zu schaffen, werden folgende Maßnahmen empfohlen:
Justizgesetze
·Die Umsetzung der Justizgesetze und nachfolgender Dringlichkeitsanordnungen wird unverzüglich ausgesetzt.
·Die Justizgesetze werden unter umfassender Berücksichtigung der Empfehlungen im Zuge des CVM und von der Venedig-Kommission und der GRECO herausgegeben überarbeitet.
Ernennungen/Entlassungen im Justizwesen
·Alle laufenden Verfahren zur Ernennung und Entlassung von führenden Staatsanwälten werden unverzüglich ausgesetzt.
·Das Verfahren zur Ernennung eines leitenden Staatsanwalts der DNA mit nachgewiesener Erfahrung bei der Verfolgung von Korruptionsdelikten und einem klaren Mandat für die DNA zur Fortsetzung professioneller, unabhängiger und unparteiischer Ermittlungen im Bereich Korruption wird erneut auf den Weg gebracht.
·Der Oberste Richterrat ernennt unverzüglich ein Interimsteam zur Leitung der Justizinspektion und binnen drei Monaten mittels Auswahlverfahren ein neues Leitungsteam für die Inspektion.
·Negative Stellungnahmen des Obersten Richterrats zu Ernennungen und Entlassungen von Staatsanwälten in Leitungspositionen werden respektiert, bis ein neuer rechtlicher Rahmen in Einklang mit Empfehlung 1 vom Januar 2017 gilt.
Strafgesetzbücher
·Das Inkrafttreten der Änderungen am Strafgesetzbuch und an der Strafprozessordnung wird auf Eis gelegt.
·Das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung werden unter umfassender Berücksichtigung der Vereinbarkeit mit dem EU-Recht und internationalen Antikorruptionsinstrumenten sowie den CVM-Empfehlungen und der Stellungnahme der Venedig-Kommission erneut überarbeitet.
Die Kommission wird die Entwicklungen weiter genau verfolgen und die Lage vor Ende ihrer Amtszeit bewerten. Die unverzügliche Umsetzung der zusätzlichen Maßnahmen ist entscheidend, um den Reformprozess wieder in Gang zu bringen und den Weg zum Abschluss des Kooperations- und Kontrollverfahrens gemäß dem Bericht vom Januar 2017 weiter zu beschreiten.
COM(2017) 44 – https://ec.europa.eu/info/files/progress-report-romania-2017-com-2017-44_de . Im Zuge der Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Oktober 2006 (13339/06) wurde das CVM mit einem Kommissionsbeschluss vom 13. Dezember 2006 eingeführt (C(2006) 6569).
Schlussfolgerungen des Rates zum Kooperations- und Kontrollmechanismus vom 12. Dezember 2017 – https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/20171212-st15587_en.pdf . Die vier für Rumänien geltenden Vorgaben werden auf Seite 1 des beigefügten Technischen Berichts näher erläutert.
COM(2017) 751 – https://ec.europa.eu/info/files/progress-report-romania-2017-com-2017-751_en .
Schlussfolgerungen des Rates zum Kooperations- und Kontrollmechanismus vom 12. Dezember 2017 – https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/20171212-st15587_en.pdf .
Der Beirat Europäischer Richter des Europarats (CCJE) empfahl in früheren Stellungnahmen, dass „die Richterschaft bei der Vorbereitung sämtlicher Gesetzgebung, die ihre Stellung und die Arbeitsweise des Justizsystems betrifft, konsultiert und aktiv einbezogen werden“ sollte. „Die Stellung der Judikative und ihr Verhältnis zu den anderen Staatsgewalten in einer modernen Demokratie“, Stellungnahme Nr. 18 (2015).
Das am 20. Juli in Kraft getretene Gesetz Nr. 207/2018 zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes Nr. 304/2004 über die Organisation des Justizwesens, das am 11. Oktober in Kraft getretene Gesetz Nr. 234/2018 zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes Nr. 317/2004 über den Obersten Richterrat und das am 15. Oktober in Kraft getretene Gesetz Nr. 242/2018 zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes Nr. 303/2004 über den Status von Richtern und Staatsanwälten.
Mit der Dringlichkeitsanordnung Nr. 92/2018 vom 15. Oktober 2018 wird das Inkrafttreten der Vorruhestandsregelung um ein Jahr aufgeschoben, jedoch nicht, wie in der Stellungnahme der Venedig-Kommission empfohlen, aufgehoben.
Diese Bestimmung ist auch zu sehen in Verbindung mit in den Änderungen der Strafprozessordnung eingeführten Beschränkungen der Freiheit, Informationen über Strafverfahren zu empfangen und weiterzugeben.
Mit der Dringlichkeitsanordnung 92/2018 werden weitere Änderungen am Widerrufsverfahren vorgenommen.
Diese Bestimmungen werden im beigefügten Technischen Bericht ausführlicher beschrieben.
Siehe Empfehlung 1 unten.
Speziell in Bezug auf Rumänien hat die Venedig-Kommission betont, dass die Unabhängigkeit der Staatsanwälte gestärkt werden muss (Stellungnahme Nr. 924/2018).
Stellungnahme der Venedig-Kommission Nr. 924/2018 vom 20. Oktober 2018.
Greco-AdHocRep(2018)2 vom 23. März 2018.
Gemeinsame Erklärung im Namen Belgiens, Dänemarks, Deutschlands, Finnlands, Frankreichs, Kanadas, Luxemburgs, der Niederlande, Norwegens, Schwedens, der Schweiz und der Vereinigten Staaten vom 29. Juni 2018. Abrufbar auf der Website der Botschaft eines der Unterzeichner: https://www.swedenabroad.se/en/embassies/romania-bucharest/current/news/joint-statement2/.
Dringlichkeitsanordnung Nr. 92/2018.
Dringlichkeitsanordnung Nr. 90/2018.
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Nr. 358 vom 30. Mai 2018. Die Venedig-Kommission verwies auch auf Unstimmigkeiten in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, der in früheren Entscheidungen keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Rolle des Präsidenten beim Verfahren zur Ernennung der obersten Staatsanwälte angemeldet und sogar erklärt hatte, dass die Rolle des Präsidenten in diesem Verfahren nicht rein formaler Natur sein könne.
Siehe auch Vorgabe 3 unten.
Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs erging am 7. November 2018.
Ein Beispiel dafür war die positive Reaktion der Justizinspektionsverwaltung, als der Justizminister im August 2017 vorgeschlagen hatte, die Justizinspektion unter seine Aufsicht zu stellen. Die Justizinspektion focht den Beschluss 13044/2.08.2018 des Obersten Richterrates an, einen Bericht der Justizinspektion abzulehnen, wonach der Generalstaatsanwalt gegen den Verhaltenskodex verstoßen hatte.
Gegen den Generalstaatsanwalt, den Präsidenten des Obersten Gerichts- und Kassationshofs, den ehemaligen leitenden Staatsanwalt der Nationalen Direktion für Korruptionsbekämpfung, den stellvertretenden leitenden Staatsanwalt der Nationalen Direktion für Korruptionsbekämpfung sowie einen Abteilungsleiter und einen stellvertretenden Abteilungsleiter in der DNA wurden Disziplinarverfahren eingeleitet.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat betont, dass jeder Eingriff in das Recht eines Richters in leitender Position auf freie Meinungsäußerung eine genaue Prüfung erfordert und dass Fragen, die das Funktionieren des Justizsystems betreffen, auf der Grundlage des Rechts auf freie Meinungsäußerung ein hohes Maß an Schutz genießen. Der Gerichtshof hob auch die „abschreckende Wirkung“ hervor, die die Furcht vor einer Sanktion auf die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung hat, insbesondere auf andere Richter, die an der öffentlichen Debatte über Fragen im Zusammenhang mit dem Rechts- und Justizwesen teilnehmen möchten. EGMR-Urteil vom 23. Juni 2016 in der Rechtssache Baka gegen Ungarn, Nr. 20261/12, Rn. 162-167.
In ihrer Stellungnahme zu den Justizgesetzen äußerte die Venedig-Kommission auch Bedenken hinsichtlich der Einschränkungen der Meinungsfreiheit von Richtern und Staatsanwälten im geänderten Gesetz Nr. 303/2014. Stellungnahme der Venedig-Kommission Nr. 924/2018, S. 23.
Siehe Technischer Bericht – SWD(2018) 551 – Empfehlung Nr. 7, S. 19.
Siehe Technischer Bericht – Empfehlung 7.
Einige Beispiele: ablehnende Stellungnahmen zu den Änderungen der Justizgesetze im September und November 2017, ablehnende Stellungnahme zur Entlassung des leitenden Staatsanwalts der Nationalen Direktion für Korruptionsbekämpfung im März 2018, ablehnende Stellungnahme zum Bewerber bei der Ernennung des leitenden Staatsanwalts der Nationalen Direktion für Korruptionsbekämpfung im Oktober 2018.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat betont, dass jeder Eingriff in das Recht eines hochrangigen Richters auf freie Meinungsäußerung eine genaue Prüfung erfordert und dass Fragen, die das Funktionieren des Justizsystems betreffen, unter dem Recht auf freie Meinungsäußerung ein hohes Maß an Schutz genießen. EGMR, Urteil vom 23. Juni 2016 in der Rechtssache Baka gegen Ungarn.
Im April 2018 ersuchte die Parlamentarische Versammlung des Europarats die Venedig-Kommission um eine Stellungnahme zu den Änderungen der drei Justizgesetze.
Stellungnahme der Venedig-Kommission Nr. 924/2018 vom 20. Oktober 2018. Die Venedig-Kommission stellte fest, dass die zur Gewährleistung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen den Rollen verschiedener Organe erforderlichen Änderungen unter Umständen eine Verfassungsänderung erfordern.
Siehe Empfehlung des Europarates CM/Rec (2010)12 über die Unabhängigkeit, Effizienz und Verantwortlichkeit der Richter, § 18: “If commenting on the judges' decisions, the executive and legislative powers should avoid criticism that would undermine the independence of or public confidence in the judiciary.” (Exekutive und Legislative sollten bei der Kommentierung richterlicher Entscheidungen Kritik vermeiden, die die Unabhängigkeit der Justiz bzw. das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz untergraben könnte.)
Z. B. die EU-Richtlinien zur Unschuldsvermutung und zur Sicherstellung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten.
Siehe auch Vorgabe 3 unten.
Entscheidung vom 12. Oktober 2018 über die Strafprozessordnung und vom 25. Oktober 2018 über das Strafgesetzbuch. Die Begründungen der Entscheidungen wurden noch nicht veröffentlicht.
Am 4. Oktober wandte sich die Europäische Kommission schriftlich an die rumänische Regierung und bat um Stellungnahmen zu einer Reihe von Fragen im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit mit dem EU-Recht. Am 5. November erhielt sie eine entsprechende Antwort mit Verweis auf die ausstehenden Folgemaßnahmen zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs.
Stellungnahme der Venedig-Kommission Nr. 930/2018.
Leitfaden zu Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention – Recht auf ein faires Verfahren (ziviler Flügel), http://www.echr.coe.int/Documents/Guide_Art_6_ENG.pdf (auf Englisch).
https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=09000016806dda63
Siehe Empfehlung 5 des Technischen Berichts.
Der Aktionsplan zur Umsetzung der Strategie für die Entwicklung des Justizwesens (2015-2020) wurde mit Regierungsbeschluss Nr. 282/2016 angenommen.
Der Oberste Richterrat, die Nationale Akademie für Richter und Staatsanwälte, die Staatliche Schule für Gerichtsbedienstete und die Justizinspektion haben im Rahmen des Einzelziels 2.3 des operationellen Programms für Verwaltungskapazität erfolgreich Projekte beantragt. Die Staatsanwaltschaft führt derzeit auch mehrere Projekte durch, die im Rahmen desselben strategischen Ziels finanziert werden.
Dringlichkeitsanordnung Nr. 90/2018 vom 10. Oktober 2018 über Maßnahmen zur Operationalisierung der Abteilung für die Untersuchung von durch Richter und Staatsanwälte begangene Straftaten; Dringlichkeitsanordnung Nr. 92/2018 vom 16. Oktober 2018 zur Änderung des Gesetzes über das Richterstatut; Dringlichkeitsanordnung Nr. 77/2018 vom 5. September 2018 zur Ernennung eines Interimsverwaltungsteams in der Justizinspektion.
Siehe Fußnote 27.
Die Mitglieder des Obersten Richterrats setzten die CVM-Mission davon in Kenntnis, dass ein „Standpunkt“ nicht dasselbe sei wie eine Stellungnahme und keine Entscheidung seitens des Plenums des Obersten Richterrats erfordere.
Seit der Inbetriebnahme im Juni 2017 bis zum 1. September 2018 untersuchte PREVENT 16 210 öffentliche Vergabeverfahren mit einem Gesamtwert von rund 15,470 Mrd. EUR. Acht Prozent der analysierten Verfahren betrafen EU-Mittel. Die ANI gab 57 Integritätswarnungen heraus, von denen einige Aufträge mit sehr hohem Wert betrafen. Insgesamt beläuft sich der Wert der Vergabeverfahren, für die eine Integritätswarnung herausgegeben wurde, auf 112 Mio. EUR. In 48 Fällen beseitigten die öffentlichen Auftraggeber den potenziellen Interessenkonflikt. In 9 Fällen wurde der potenzielle Interessenkonflikt nicht angegangen. In zwei dieser Fälle hat die ANI eine Untersuchung wegen Verdacht auf Interessenkonflikte eingeleitet.
Dringlichkeitsanordnung Nr. 98/2017 vom 14. Dezember 2017. Siehe auch Empfehlung 8 des Technischen Berichts, S. 22.
Siehe auch Vorgabe 2 des Technischen Berichts, S. 21.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes Nr. 176/2010 über die Integrität in der öffentlichen Verwaltung.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes Nr. 393/2004 über das Statut kommunaler Mandatsträger.
Der Verfassungsgerichtshof hat über das eine Gesetz am 16. Oktober 2018 und über das andere Gesetz am 6. November 2018 entschieden. Bei letzterem gab er mittels einer Pressemitteilung bekannt, dass der erste Legislativvorschlag verfassungswidrig ist.
Von etwa 33 Mio. Lei im Jahr 2016 auf 22,5 Mio. Lei im Jahr 2017. Im Jahr 2018 wurde der Haushalt weiter auf 18 Mio. Lei gekürzt (die ANI hatte eine Erhöhung von 1,5 Mio. Lei beantragt, die aber nicht gewährt wurde).
Auf die insgesamt drei Fälle wurde im Bericht COM(2017) 751 vom November 2017, S. 9, Bezug genommen.
Bezug nehmend auf Entscheidungen des Ständigen Büros der Abgeordnetenkammer vom Februar 2018. Siehe Empfehlung 9 des Technischen Berichts.
Siehe Vorgabe 3 des Technischen Berichts.
Stellungnahme der Venedig-Kommission Nr. 930/2018.
Entscheidung des Verfassungsgerichts zum Sondergesetz zur Korruption 78/2000 vom 25. September 2018 und zum Strafgesetzbuch vom 25. Oktober 2018.
Die Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) wurde 1999 vom Europarat eingerichtet und hat die Aufgabe, die Einhaltung der Korruptionsbekämpfungsstandards des Europarates zu überwachen.
Im Zeitraum von September 2017 bis August 2018 wurde ein Antrag auf Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen gegen einen früheren Minister gestellt, der inzwischen Parlamentsmitglied ist. Die Abgeordnetenkammer lehnte den Antrag ab. Es wurde nicht auf Kriterien Bezug genommen.
Fortschrittsbericht 2017 zur Umsetzung der nationalen Antikorruptionsstrategie 2016-2020 https://sna.just.ro/Rapoarte+de+monitorizare .
Detaillierte Ergebnisse der einzelnen Einrichtungen finden sich im Technischen Bericht.
In jüngster Zeit wurden einige Einstellungsverfahren genehmigt.