EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 6.1.2016
COM(2015) 685 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die Auswirkungen des überarbeiteten Rechnungslegungsstandards IAS 19 auf die Volatilität der Eigenmittel von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen
1.Einführung
Nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 (im Folgenden „CRR“) ziehen Kreditinstitute und Wertpapierfirmen in ihrer Bilanz ausgewiesene Vermögenswerte aus Pensionsfonds mit Leistungszusage („defined benefit pension fund“, im Folgenden „DBPF“) von den Posten ihres harten Kernkapitals (Common Equity Tier 1, im Folgenden „CET 1“) ab.
Die Überarbeitung des International Accounting Standards 19 „Leistungen an Arbeitnehmer“ (im Folgenden „IAS 19“) führte zu Änderungen in der Bewertung von DBPF. Gemäß Artikel 519 der CRR erstellt die Kommission einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat, in dem sie auf die Frage eingeht, ob der überarbeitete Rechnungslegungsstandard IAS 19 in Verbindung mit dem Abzug von Nettovermögenswerten aus Pensionsfonds gemäß Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe e zu einer übermäßigen Volatilität der Eigenmittel eines Instituts führen würde.
Die Kommission wurde ersucht, dabei den Bericht zu berücksichtigen, den die EBA gemäß dem im selben Artikel erteilten Mandat zu diesem Thema erstellt. Dem Bericht der Kommission wird gegebenenfalls ein Gesetzgebungsvorschlag zur Einführung eines Verfahrens zur Anpassung der DBPF-Nettovermögenswerte und -verbindlichkeiten bei der Berechnung der Eigenmittel beigefügt.
Die EBA hat ihren Bericht „On the impact on the volatility of own funds of the revised IAS 19 and the deduction of defined pension assets from own funds under Article 519 of the Capital Requirements Regulation (CRR)“ (im Folgenden der „EBA-Bericht“) am 24. Juni 2014 vorgelegt.
Mit dem vorliegenden Bericht erfüllt die Kommission ihre rechtliche Verpflichtung zur Bewertung der Auswirkungen der sehr spezifischen Änderungen hinsichtlich der Berechnung des harten Kernkapitals von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen infolge der Verabschiedung der CRR und der Annahme eines neuen IAS 19.
2.Wichtigste Aspekte
2.1.Derzeitige Behandlung im Rahmen der CRR
Gemäß Artikel 36 der CRR müssen die Banken DBPF-Vermögenswerte vom CET1 abziehen. Grund hierfür ist, dass die Verlustabsorptionsfähigkeit dieser Vermögenswerte aus aufsichtsrechtlicher Sicht zweifelhaft ist. Im Falle des Konkurses oder der Abwicklung einer Bank würden diese Vermögenswerte nicht zur Verfügung stehen, um Verluste aufzufangen.
Artikel 41 der CRR enthält eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel im Hinblick auf den Abzug von DBPF-Vermögenswerten, die das Institut — vorbehaltlich der Erlaubnis der Aufsichtsbehörde — uneingeschränkt nutzen darf.
2.2.Änderungen aufgrund der Überarbeitung von IAS 19
Die Überarbeitung des IAS 19 führte zu Änderungen in der Bewertung von DBPF. Die EBA hat in diesem Zusammenhang lediglich zwei Aspekte ausgemacht, die möglicherweise Auswirkungen auf die Berechnung der Eigenmittel haben können:
1.Unmittelbare Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste: Während nach der früheren Fassung des IAS 19 Veränderungen der versicherungsmathematischen Annahmen, die innerhalb eines bestimmten Korridors blieben (so genannter „Korridoransatz“), nicht unmittelbar berücksichtigt werden mussten und auf mehrere Zeiträume aufgeteilt werden konnten, sind sie gemäß dem überarbeiteten IAS 19 unmittelbar zu erfassen.
2.Unmittelbare Erfassung aller Kosten für Vordienstzeiten: Die Kosten für Vordienstzeiten geben aus einer Änderung oder Kürzung des Plans resultierende Veränderungen des Barwerts der leistungsorientierten Verpflichtungen für in früheren Perioden geleistete Dienste von Arbeitnehmern wieder. Nach dem früheren IAS 19 wurden Vordienstkosten für erdiente Ansprüche unmittelbar in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst, während Kosten für noch nicht erdiente Ansprüche linear über die durchschnittliche Erdienungszeitraums erfasst wurden.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der CEBS als Vorgänger der EBA in einer Erklärung zur früheren Fassung des IAS 19 Bedenken hinsichtlich des „Korridoransatzes“ geäußert und dessen Abschaffung vorbehaltlich einschlägiger Übergangsbestimmungen vorgeschlagen hatte. Im IAS 19 wurde das Korridorkonzept für versicherungsmathematische Gewinne und Verluste abgeschafft, und die CRR enthält Übergangsbestimmungen zur Abfederung der Auswirkungen auf die Eigenmittel.
2.3.Übergangsmaßnahmen der CRR
Die CRR enthält folgende Übergangsmaßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen der Änderungen von IAS 19 und des Abzugs vom DBPF-Vermögenswerten:
1.Allgemeine schrittweise Einführung im Hinblick auf den Abzug von DBPF-Nettovermögenswerten von 2014 bis 2017 auf der Grundlage von Artikel 469 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 478 der CRR.
2.Spezielle schrittweise Einführung im Hinblick auf die Auswirkungen der Änderungen von IAS 19 von 2014 bis 2018 nach Artikel 473 der CRR.
3.Auslaufen der auf nationaler Ebene angewandten Filter von 2014 bis 2018 nach Artikel 481 der CRR.
3.Bewertung einer möglichen Zunahme der Volatilität aufgrund der Überarbeitung des IAS 19
Aus dem Bericht der EBA kann folgende Analyse der Auswirkungen der Überarbeitung des IAS 19 in Verbindung mit dem Abzug der DBPF-Vermögenswerte gemäß Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe e der CRR abgeleitet werden:
3.1.Abhängigkeit der Auswirkungen von ausgleichenden Gewinnen bzw. Verlusten
Wenn Institute in ihrer Bilanz ausgewiesene DBPF-Nettovermögenswerte melden, denen entsprechende Gewinne oder Verluste gegenüberstehen, kommt es zu keiner Volatilität der Eigenmittel. Nur wenn ein Institut DBPF-Nettovermögenswerte meldet, denen keine entsprechenden Gewinne oder Verluste gegenüberstehen, kann der Abzug der DBPF-Nettovermögenswerte zu einer Volatilität der Eigenmittel führen.
3.2.Auswirkungen der erstmaligen Anwendung des überarbeiteten IAS 19
Der Abzug der DBPF-Nettovermögenswerte von den Eigenmitteln infolge der erstmaligen Anwendung wird sich aufgrund der sowohl nach dem bisherigen als auch dem überarbeiteten IAS 19 geringen DBPF-Nettovermögenswerte auf die meisten Institute nur in beschränktem Maße auswirken. Zudem wird der negative Effekt auf CET 1 aufgrund der im Vergleich zur Eigenkapitalausstattung geringen Höhe nicht erfasster versicherungsmathematischer Verluste weiter eingeschränkt. Nur bei einer kleinen Minderheit der Institute, die über erhebliche DBPF-Vermögenswerte verfügen, könnten wesentliche Auswirkungen eintreten, wobei sich eine Verringerung der Eigenmittel insbesondere aus erheblichen, nicht erfassten versicherungsmathematischen Verlusten ergeben könnte.
3.3.Allgemeine Bewertung der begrenzten Zunahme der Volatilität infolge des überarbeiteten IAS 19
Aus dem EBA-Bericht kann geschlossen werden, dass die Veränderungen im Bereich der Rechnungslegung und der Aufsicht nur in begrenztem Umfang zu mehr Volatilität bei den Eigenmitteln führen. Bei einigen Instituten und in einigen Ländern könnten die Auswirkungen auf die Volatilität der Eigenmittel je nach Umfang und Wertentwicklung der Posten im Verhältnis zur Eigenkapitalausstattung des Instituts stärker ausfallen.
Zudem kann jede Änderung der zu verwendenden versicherungsmathematischen Annahmen als Fortschritt bei der Angleichung des DBPF-Buchwerts an das „tatsächliche“ Risiko des Instituts und die Rentabilität des Geschäfts gesehen werden.
Schließlich kann jede Auswirkung auf die Eigenmittel infolge der erstmaligen Anwendung des überarbeiteten IAS 19 durch die Übergangsbestimmungen nach Artikel 473 bzw. Artikel 481 der CRR abgemildert werden. Die allgemeine Anwendung dieser Anforderungen an den Abzug von DBPF-Vermögenswerten kann vorbehaltlich der Bestimmungen von Artikel 469 Absatz 1 Buchstabe a der CRR in Verbindung mit Artikel 478 der CRR schrittweise erfolgen.
4.Schlussfolgerung
Die Kommission kommt unter Berücksichtigung des EBA-Berichts zu der Bewertung, dass die potenzielle zusätzliche Volatilität der Eigenmittel infolge der Überarbeitung von IAS 19 begrenzt und aufgrund der in diesem Bericht vorgebrachten Argumente gerechtfertigt ist. Darüber hinaus werden jegliche Auswirkungen infolge der erstmaligen Anwendung durch geeignete Übergangsbestimmungen abgemildert. Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass IAS 19 in Verbindung mit dem Abzug von DBPF-Vermögenswerten gemäß Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe e der CRR und der Veränderungen der Nettoverbindlichkeiten von Pensionskassen nicht zu einer übermäßigen Volatilität der Eigenmittel von Instituten führen wird. Folglich betrachtet die Kommission die aktuelle Regelung durch die CRR als angemessen und wird mit diesem Bericht deshalb keinen Legislativvorschlag vorlegen.