EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32006L0122

Richtlinie 2006/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur dreißigsten Änderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Perfluoroctansulfonate) (Text von Bedeutung für den EWR)

OJ L 372, 27.12.2006, p. 32–34 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)
Special edition in Bulgarian: Chapter 13 Volume 058 P. 37 - 39
Special edition in Romanian: Chapter 13 Volume 058 P. 37 - 39

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 31/05/2009

ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2006/122/oj

27.12.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 372/32


RICHTLINIE 2006/122/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Dezember 2006

zur dreißigsten Änderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Perfluoroctansulfonate)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Auf der Grundlage der bis Juli 2002 verfügbaren Informationen ist eine Gefahrenbeurteilung der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) durchgeführt worden. In dieser Beurteilung wird der Schluss gezogen, dass Perfluoroctansulfonate (im Folgenden als „PFOS“ bezeichnet) persistent, bioakkumulierbar und für Säugetiere toxisch sind und deshalb Anlass zur Sorge geben.

(2)

Die Gesundheits- und Umweltrisiken von PFOS sind im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe (3) bewertet worden. Die Risikobewertung hat gezeigt, dass es notwendig ist, die von PFOS ausgehenden Gesundheits- und Umweltrisiken zu verringern.

(3)

Der Wissenschaftliche Ausschuss „Gesundheits- und Umweltrisiken“ (im Folgenden als „SCHER“ bezeichnet) ist um Stellungnahme gebeten worden. SCHER gelangte zu der Feststellung, dass PFOS den Kriterien für die Einstufung als sehr umweltpersistent, hochgradig bioakkumulierbar und toxisch genügen. Zudem besitzen PFOS das Potenzial zum weiträumigen Transport in der Umwelt und das Potenzial für schädliche Auswirkungen, sodass sie den Kriterien für die Einstufung als persistente organische Schadstoffe (POP) im Sinne des Stockholmer Übereinkommens (4) genügen. SCHER hielt eine weitere wissenschaftliche Risikobewertung von PFOS für angezeigt, war jedoch zudem der Meinung, dass Risikobegrenzungsmaßnahmen erforderlich sein könnten, um zu verhindern, dass frühere Nutzungen wieder aufgenommen werden. Nach Ansicht des SCHER scheinen die derzeitigen kritischen Verwendungszwecke in der Luft- und Raumfahrt, der Halbleiterindustrie und der fotografischen Industrie keine ernsthafte Gefahr für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit darzustellen, wenn die Emissionen in die Umwelt und die Exposition am Arbeitsplatz auf ein Mindestmaß reduziert werden. Betreffend die Verwendung in Feuerlöschschäumen teilt SCHER die Ansicht, dass die Gesundheits- und Umweltrisiken von Ersatzstoffen bewertet werden sollten, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann. SCHER ist auch der Ansicht, dass die Verwendung von PFOS in der Galvanotechnik eingeschränkt werden sollte, wenn keine anderen Maßnahmen zur Verfügung stehen, mit denen die Emissionen bei der Metallgalvanisierung auf ein erheblich niedrigeres Niveau reduziert werden können.

(4)

Zum Schutz der Gesundheit und der Umwelt erscheint es daher notwendig, das Inverkehrbringen und die Verwendung von PFOS zu beschränken. Mit dieser Richtlinie sollen die meisten Expositionsrisiken abgedeckt werden. Andere, weniger bedeutende Verwendungen von PFOS scheinen keine Gefahr darzustellen und sind deshalb derzeit ausgenommen. Besondere Aufmerksamkeit sollte jedoch Galvanisierungsprozessen gelten, bei denen PFOS verwendet werden; daher müssen die Emissionen aus diesen Prozessen durch Einsatz der besten verfügbaren Technologien (im Folgenden als „BVT“ bezeichnet) und unter vollständiger Berücksichtigung aller einschlägigen Informationen des BVT-Referenzdokuments „Oberflächenbehandlung von Metallen und Kunststoffen“, das zur Anwendung im Rahmen der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (5) (IVU-Richtlinie) ausgearbeitet wurde, auf ein Mindestmaß reduziert werden. Zudem sollten die Mitgliedstaaten Inventare dieser Anwendungen erstellen, um Informationen über die tatsächlich verwendeten und freigesetzten Mengen zu erhalten.

(5)

Zum Schutz der Umwelt sollten PFOS enthaltende Halbfertigerzeugnisse und Erzeugnisse ebenfalls beschränkt werden. Diese Beschränkung sollte für alle Erzeugnisse gelten, denen PFOS absichtlich beigefügt werden, wobei zu berücksichtigen ist, dass PFOS möglicherweise nur in bestimmten Bestandteilen oder in Beschichtungen bestimmter Erzeugnisse, beispielsweise Textilien, verwendet worden sind. Diese Richtlinie sollte nur für neue Erzeugnisse gelten und keine Erzeugnisse erfassen, die bereits im Gebrauch sind oder auf dem Gebrauchtmarkt gehandelt werden. Vorhandene Bestände von PFOS enthaltenden Feuerlöschschäumen sollten jedoch ermittelt werden, und ihre Verwendung sollte nur noch während eines begrenzten Zeitraums gestattet werden, damit weitere Emissionen, die durch Verwendung dieser Erzeugnisse entstehen können, vermieden werden.

(6)

Um zu gewährleisten, dass die Verwendung von PFOS schrittweise eingestellt wird, sollte die Kommission alle im Rahmen dieser Richtlinie geltenden Ausnahmeregelungen überprüfen, wenn neue Informationen über Anwendungen und entwickelte, weniger bedenkliche Alternativen dies rechtfertigen. Die betreffende Ausnahmeregelung könnte nur für wesentliche Verwendungszwecke und unter der Voraussetzung weitergelten, dass weniger bedenkliche Stoffe oder Technologien, die technisch und wirtschaftlich vertretbar sind, nicht bestehen und dass BVT eingesetzt werden, um die PFOS-Emissionen auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

(7)

Es wird vermutet, dass Perfluoroctansäure (PFOA) und ihre Salze ein ähnliches Risikoprofil wie PFOS aufweisen; die laufenden Risikobewertungstätigkeiten und die Verfügbarkeit weniger bedenklicher Alternativen müssen daher fortdauernd überprüft werden; auch ist festzulegen, welche Art von Risikobegrenzungsmaßnahmen, gegebenenfalls einschließlich einer Beschränkung des Inverkehrbringens und der Verwendung, innerhalb der Europäischen Union getroffen werden sollten.

(8)

Die Richtlinie 76/769/EWG (6) sollte entsprechend geändert werden.

(9)

Ziel dieser Richtlinie ist die Einführung harmonisierter Bestimmungen für PFOS, um gemäß Artikel 95 des Vertrags das Funktionieren des Binnenmarktes unter Sicherstellung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus zu gewährleisten.

(10)

Diese Richtlinie berührt nicht die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften mit Mindestanforderungen an den Arbeitnehmerschutz, wie die Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (7) oder darauf basierende Einzelrichtlinien, insbesondere die Richtlinie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit (Sechste Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates (kodifizierte Fassung)) (8) und die Richtlinie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (vierzehnte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (9)

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG wird nach Maßgabe des Anhangs der vorliegenden Richtlinie geändert.

Artikel 2

1.   Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens bis zum 27. Dezember 2007 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie übermitteln unverzüglich den Wortlaut dieser Bestimmungen sowie eine Entsprechungstabelle zwischen diesen Bestimmungen und dieser Richtlinie.

Sie wenden diese Vorschriften ab dem 27. Juni 2008 an.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

2.   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 12. Dezember 2006.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

J. BORRELL FONTELLES

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. PEKKARINEN


(1)  ABl. C 195 vom 18.8.2006, S. 10.

(2)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2006 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 11. Dezember 2006.

(3)  ABl. L 84 vom 5.4.1993, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(4)  Beschluss 2006/507/EG des Rates vom 14. Oktober 2004 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Stockholmer Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe (ABl. L 209 vom 31.7.2006, S. 1).

(5)  ABl. L 257 vom 10.10.1996, S. 26. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 33 vom 4.2.2006, S. 1).

(6)  ABl. L 262 vom 27.9.1976, S. 201. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2005/90/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 33 vom 4.2.2006, S. 28).

(7)  ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003.

(8)  ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 50. Berichtigung im ABl. L 229 vom 29.6.2004, S. 23.

(9)  ABl. L 131 vom 5.5.1998, S. 11. Geändert durch die Beitrittsakte von 2003.


ANHANG

In Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG wird die folgende Nummer angefügt:

„52.

Perfluoroctansulfonate

(PFOS)

C8F17SO2X

(X = OH, Metallsalze (O-M+), Halogenide, Amide und andere Derivate einschließlich Polymere)

1.

Darf nicht als Stoff oder Bestandteil von Zubereitungen in einer Konzentration von 0,005 Massen- % oder mehr in Verkehr gebracht oder verwendet werden.

2.

Darf nicht in Halbfertigerzeugnissen oder Erzeugnissen oder Bestandteilen davon in Verkehr gebracht werden, wenn die PFOS-Massenkonzentration 0,1 % oder mehr beträgt, berechnet im Verhältnis zur Masse der strukturell oder mikrostrukturell verschiedenartigen Bestandteile, die PFOS enthalten, oder bei Textilien oder anderen beschichteten Werkstoffen mit einem PFOS-Anteil von 1 μg/m2 oder mehr des beschichteten Materials.

3.

Abweichend hiervon gelten die Nummern 1 und 2 nicht für folgende Produkte und die für deren Erzeugung erforderlichen Stoffe und Zubereitungen:

a)

Fotoresistlacke und Antireflexbeschichtungen für fotolithografische Prozesse,

b)

fotografische Beschichtungen von Filmen, Papieren und Druckplatten,

c)

Antischleiermittel für nicht-dekoratives Hartverchromen (Chrom VI) und Netzmittel für überwachte Galvanotechniksysteme, bei denen die Menge der PFOS-Emissionen in die Umwelt durch vollständigen Einsatz der einschlägigen besten verfügbaren Technologien, die im Rahmen der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (1) entwickelt worden sind, auf ein Mindestmaß reduziert wird,

d)

Hydraulikflüssigkeiten für die Luft- und Raumfahrt.

4.

Abweichend von Nummer 1 dürfen Feuerlöschschäume, die vor dem 27. Dezember 2006 in Verkehr gebracht wurden, bis zum 27. Juni 2011 verwendet werden.

5.

Die Nummern 1 und 2 finden unbeschadet der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über Detergenzien (2) Anwendung.

6.

Spätestens am 27. Dezember 2008 übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission ein von ihnen erstelltes Inventar über

a)

Prozesse, für die die Ausnahmeregelung nach Nummer 3 Buchstabe c gilt, sowie Angaben zu den PFOS-Mengen, die dabei verwendet und freigesetzt werden,

b)

die vorhandenen Bestände von PFOS enthaltenden Feuerlöschschäumen.

7.

Sobald neue Informationen über Einzelheiten für den Einsatz und über weniger bedenkliche alternative Stoffe oder Technologien für den Einsatz vorliegen, überprüft die Kommission sämtliche Ausnahmeregelungen der Nummer 3 Buchstaben a bis d, sodass

a)

die Verwendung von PFOS schrittweise eingestellt wird, sobald der Einsatz weniger bedenklicher Alternativen technisch und wirtschaftlich vertretbar ist,

b)

eine Ausnahmeregelung für wesentliche Verwendungszwecke nur dann verlängert werden kann, wenn keine weniger bedenklichen Alternativen bestehen und wenn darüber Bericht erstattet worden ist, welche Schritte unternommen wurden, um weniger bedenkliche Alternativen zu finden,

c)

PFOS-Emissionen in die Umwelt durch Einsatz der besten verfügbaren Technologien auf ein Mindestmaß reduziert worden sind.

8.

Die Kommission überprüft fortdauernd die laufenden Risikobewertungstätigkeiten und die Verfügbarkeit weniger bedenklicher Alternativen oder Technologien im Zusammenhang mit der Verwendung von Perfluoroctansäure (PFOA) und verwandten Stoffen und schlägt alle erforderlichen Maßnahmen zur Begrenzung der festgestellten Risiken einschließlich einer Beschränkung des Inverkehrbringens und der Verwendung vor, insbesondere wenn weniger bedenkliche alternative Stoffe oder Technologien, die technisch und wirtschaftlich vertretbar sind, zur Verfügung stehen.“


(1)  ABl. L 257 vom 10.10.1996, S. 26. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 33 vom 4.2.2006, S. 1).

(2)  ABl. L 104 vom 8.4.2004, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 907/2006 der Kommission (ABl. L 168 vom 21.6.2006, S. 5).


Top