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Document 52002AE0871

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Überprüfung der Binnenmarktstrategie im Jahr 2002 — Zeit, die Versprechen einzulösen" (KOM(2002) 171 endg.)

OJ C 241, 7.10.2002, p. 180–190 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52002AE0871

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Überprüfung der Binnenmarktstrategie im Jahr 2002 — Zeit, die Versprechen einzulösen" (KOM(2002) 171 endg.)

Amtsblatt Nr. C 241 vom 07/10/2002 S. 0180 - 0190


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: 'Überprüfung der Binnenmarktstrategie im Jahr 2002 - Zeit, die Versprechen einzulösen'"

(KOM(2002) 171 endg.)

(2002/C 241/34)

Der Rat beschloss am 11. April 2002 gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags, den Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu der vorgenannten Mitteilung zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 26. Juni 2002 an. Berichterstatter war Herr Walker.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 392. Plenartagung am 17. und 18. Juli 2002 (Sitzung vom 18. Juli) mit 32 gegen 6 Stimmen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Der Ausschuss hat bereits Stellungnahmen zu der Mitteilung der Kommission vom 24. November 1999 zu ihrer Strategie für den Binnenmarkt(1), sowie zur ersten(2) und zweiten(3) jährlichen Überprüfung dieser Strategie verabschiedet. In dieser Stellungnahme wird auf die dritte jährliche Überprüfung Bezug genommen.

1.2. Im Rahmen der dritten jährlichen Überprüfung der Binnenmarktstrategie hat die Kommission die verschiedenen Bereiche der Binnenmarktpolitik in einem einzigen Dokument zusammengeführt, das den Entscheidungsträgern somit einen Fahrplan für die nächsten 18 Monate liefert. Das Papier stützt sich auf eine eingehende, hauptsächlich auf den Cardiff-Bericht(4) zurückzuführende Analyse der Bereiche, in denen die Funktionsweise des Binnenmarkts noch verbessert werden muss. Es werden eine Reihe von Zielvorhaben aufgeführt, mit denen die Schwachstellen behoben werden sollen.

1.3. Diese Mitteilung erfasst auch die seit der letztjährigen Überprüfung erzielten Fortschritte. Das Gesamtbild ist durchwachsen. Die Erfolgsrate für den Abschluss von Zielvorhaben liegt gerade bei knapp über 50 % und entspricht ungefähr dem Ergebnis des letzten Jahres. Zwar wurden einige beachtenswerte Ergebnisse erzielt, insgesamt jedoch verlief der Fortschritt nicht schnell genug.

1.4. Der zusätzliche Impuls durch den Europäischen Rat von Barcelona bietet nun die Gelegenheit, schnellere Fortschritte zu erzielen. Kontinuität und konkrete Ergebnisse sind ein zentrales Anliegen der Kommission, die sich in dieser Mitteilung auf dieselben Kernziele konzentriert wie bei der letztjährigen Überprüfung:

- Wirtschaftsreformen forcieren, die in Lissabon vereinbart und in Barcelona bekräftigt wurden,

- die Bemühungen intensivieren, damit die Chancen genutzt werden können, die sich bald aus einem erweiterten Binnenmarkt ergeben,

- dafür sorgen, dass der Binnenmarkt den Bürgern, besonders in ihrer Eigenschaft als Verbraucher, und den Unternehmen, besonders den KMU, greifbare Vorteile bringt, und

- weiter auf den Kernvorhaben beharren, d. h. auf Fragen wie angemessene Harmonisierung, gegenseitige Anerkennung, Umsetzung, Einhaltung und Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht, Problemlösung und Normung - allesamt Voraussetzungen dafür, dass der Binnenmarkt nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis funktioniert.

1.5. Der Ausschuss will in dieser Stellungnahme nicht zum wiederholten Male auf Punkte eingehen, die er bereits in Bezug auf die früheren Mitteilungen zur Überprüfung der Binnenmarktstrategie ins Treffen geführt hat; er will vielmehr seine Kompetenz für Fragen zur zukünftigen Ausrichtung des Binnenmarktes und zur Behebung der bestehenden Schwachstellen unterstreichen.

2. Überprüfung der Binnenmarktstrategie der Kommission

2.1. Seit Ablauf der Frist für die Verwirklichung des Binnenmarktes am 1. Januar 1993 sind zehn Jahre vergangen. In diesen zehn Jahren hat Europa einen weiten Weg zurückgelegt, ist jedoch noch lange nicht am Ziel angelangt. Der Euro und die Erweiterung werden eine neue Dynamik entfachen, und auch der Gipfel von Lissabon hat der Vollendung des Binnenmarkts einen zusätzlichen Antrieb verliehen.

2.2. Strukturreformen sind von grundlegender Bedeutung und der Schlüssel zum langfristigen Erhalt des europäischen Sozialmodells. Doch warum sind diese Reformen so wichtig? Weil die Fähigkeit, nachhaltiges Wachstum zu erzielen und bessere Arbeitsplätze zu schaffen, von der Stärke der europäischen Wirtschaft abhängt. Weil die Stärke und die Flexibilität der Volkswirtschaften nach Einführung des Euro noch entscheidender sind, um gegen externe Schocks gewappnet zu sein. Weil nur eine starke Wirtschaft sicherstellen kann, dass das einzigartige europäische Sozialmodell weiterbestehen, seine Vielfalt genutzt und ein hoher Lebensstandard erhalten werden kann.

2.2.1. Der Versuchung, den Wandel hinauszuzögern, muss widerstanden werden. Reformen sind jedoch in der Praxis nicht immer leicht zu verwirklichen, und auf kurze Sicht können sie unbequem sein. Oft rufen sie Widerstand bei denen hervor, die spezifische, auf ihren Sektor beschränkte Interessen verfolgen. Im derzeitigen Wirtschaftsklima mag der eine oder andere versucht sein, die Umsetzung der Reformen zu bremsen und den Wandel aufzuhalten. Es gibt durchaus Beispiele dafür. Eine Verschiebung der Reformen wäre allerdings ein Fehler. Dadurch wäre die Union in einer schlechten Ausgangsposition und könnte nicht von der globalen wirtschaftlichen Erholung profitieren, die sich gerade ansatzweise abzeichnet. Verzögerungen würden den Unternehmen die Möglichkeit nehmen, innovativer und stärker zu werden, und die Aussicht auf neue Unternehmensgründungen verringern.

2.2.2. Erfolg braucht politischen Willen: Den Versprechen müssen Taten folgen. Europa hat in der Vergangenheit gezeigt, dass es seine Kräfte bündeln und gemeinsam handeln kann - sofern der politische Wille dazu vorhanden ist. Nun bietet sich die Möglichkeit, auf diesem Erfolg aufzubauen. Die Fähigkeit Europas, dies auch wirklich zu tun, wird weitgehend davon abhängen, ob genügend politischer Wille vorhanden ist, um die in Barcelona eingegangenen Verpflichtungen in konkrete Maßnahmen umzusetzen.

2.3. Die Kommission unterstreicht in Bezug auf die Überprüfung der Fortschritte des letzten Jahres, dass der Gesamtfortschritt immer noch zu langsam verläuft. Hierfür sind Kommission, Parlament und Rat gemeinsam verantwortlich. So hat die Kommission einige ihrer Zielvorgaben nicht erreicht (beispielsweise den Aktionsplan für bessere Rechtsvorschriften und die Dienstleistungsstrategie), in den meisten Fällen kam es jedoch zu Verzögerungen im Parlament und im Rat, z. B. beim Gemeinschaftspatent, beim Legislativpaket für das öffentliche Beschaffungswesen und bei der Übernahmerichtlinie.

2.4. Anhang 2 enthält eine Liste der erreichten und verfehlten Ziele.

2.5. Der zusätzliche Impuls durch Barcelona bietet die Möglichkeit zur beschleunigten Umsetzung der Zielvorhaben. Diese Möglichkeit muss nun auch genutzt werden. Die wiederholten Zusagen des Europäischen Rates wurden auf den Tagungen der Fachminister häufig nicht in konkrete Taten umgesetzt. Diese "Umsetzungslücke" muss jetzt geschlossen werden, sonst wird die Glaubwürdigkeit der Strategie von Lissabon in Frage gestellt.

2.5.1. Der Mehrwert der Binnenmarktstrategie liegt darin, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Viele vorgeschlagene Maßnahmen werden sich gegenseitig verstärken, da sie zum gleichen Zeitpunkt eine Reihe von Veränderungen auslösen. Wird nur ein Teil dieser Maßnahmen durchgeführt, verringert sich der Multiplikatoreffekt ganz erheblich.

3. Die nächsten 18 Monate: Der Aktionsplan der Kommission

3.1. Angesichts der langsamen Fortschritte sind nachhaltige Anstrengungen erforderlich, wenn doch noch alle Zielvorhaben abgeschlossen werden sollen. In diesem Stadium bedarf es weder einer Welle neuer Ideen noch einer Richtungsänderung, denn die laufenden Arbeiten sind erst zur Hälfte erledigt. Die drei Prioritäten für den Binnenmarkt lauten Wirtschaftsreform, Vorbereitung auf die Erweiterung und besseres Funktionieren in der Praxis.

3.2. Nur 7 Mitgliedstaaten haben bislang das in Stockholm gesteckte Umsetzungsziel erreicht. Bis zur Frühjahrstagung des Europäischen Rates im Jahr 2003 sollen alle Mitgliedstaaten eine Umsetzungsquote von mindestens 98,5 % aufweisen - und von 100 % für alle Richtlinien, deren Umsetzungsfrist um zwei Jahre überschritten ist.

3.2.1. Mit der Umsetzung der Gemeinschaftsvorschriften in nationales Recht ist es aber noch nicht getan. Sie müssen in der Praxis auch korrekt angewendet werden. In der Realität sehen sich Bürger und Unternehmen, die ihre Rechte im Binnenmarkt in Anspruch nehmen wollen, zu häufig praktischen Problemen gegenüber; beispielsweise werden ihre Berufsqualifikationen nicht ohne Weiteres anerkannt oder ihre Waren ohne ersichtlichen Grund aus den Regalen verbannt. Die Kommission kann in solchen Fällen zwar förmliche Vertragsverletzungsverfahren einleiten, es kann jedoch Jahre dauern, bis die Auseinandersetzungen beigelegt sind - in den meisten Fällen zwei Jahre, aber auch wesentlich länger, wenn der Fall vor Gericht geht(5). Förmliche rechtliche Schritte sollten vermieden werden, wenn Probleme auch auf pragmatische Weise gelöst werden können. Deshalb sind die Entwicklung des Problemlösungsnetzes SOLVIT(6) und die neuerliche Arbeitsaufnahme des Bürger-Wegweiserdienstes so wichtig. Gemäß den Zielvorgaben der Kommission sollen die Mitgliedstaaten die Zahl ihrer Vertragsverletzungen, die auf mangelhafte Anwendung des Gemeinschaftsrechts zurückgehen, bis spätestens Juni 2003 um mindestens 10 % verringern.

3.3. Die Zielvorhaben für die nächsten 18 Monate wurden im Hinblick auf ihren Beitrag zum Gesamtziel ausgewählt. Ihre Anzahl wurde drastisch reduziert, und zwar von fast 80 im letzten Jahr auf etwa 30 in diesem Jahr, um den wesentlichen Fragen ungeteilte politische Aufmerksamkeit zu sichern. Diese Zielvorhaben wurden nach den vier Themen der ursprünglichen Mitteilung über die Binnenmarktstrategie(7) eingeordnet, nämlich:

- Modernisierung der Märkte;

- bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen;

- mehr Lebensqualität für die Bürger;

- Vorbereitung auf die Erweiterung.

3.3.1. Die Modernisierung der Märkte ist eines der vorrangigen Ziele. Wichtige Sektoren der europäischen Wirtschaft sind noch immer nicht wettbewerbsfähig genug. Schlüsselsektoren des Binnenmarktes sind weiterhin aufgesplittert und zu stark vom Wettbewerb abgeschirmt. Der Europäische Rat von Barcelona richtete daher besonderes Augenmerk auf die Integration der netzgebundenen Wirtschaftszweige und des Finanzsektors. Diese beiden Sektoren bilden das Rückgrat eines reibungslos funktionierenden Binnenmarktes. Des Weiteren muss der Aktionsplan für Finanzdienstleistungen zügiger umgesetzt werden. Darüber hinaus sind mutige Schritte nötig, um die Dienstleistungsmärkte stärker zu integrieren. Das Einsparpotenzial durch eine offenere und stärker wettbewerbsorientierte Auftragsvergabe ist enorm. Die gegenseitige Anerkennung von Diplomen, Typgenehmigungen und Finanzdienstleistungen muss endlich in die Tat umgesetzt werden, verringerten Probleme in diesem Bereich doch allein im Jahr 2000 das Handelsvolumen in der EU um bis zu 150 Mrd. EUR. Aber es gibt keine Patentlösungen. Das Normungsdefizit muss ebenfalls abgebaut werden. So wurde zwar die Normungsarbeit beschleunigt, doch können bis zu einer Einigung über eine Europäische Norm bis zu acht Jahre vergehen.

3.3.2. Ein weiteres vorrangiges Ziel ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen. Maßnahmen zur Integration der Märkte durch die Beseitigung von Handelshemmnissen werden ihre volle Wirkung nur entfalten, wenn kreative, dynamische Unternehmen in einem Umfeld operieren, das unternehmerische Initiative und Innovation fördert. Weitere Fortschritte müssen hierfür an mehreren Fronten erzielt werden. Es sollte weniger und bessere staatliche Beihilfen geben. So forderte der Europäische Rat von Barcelona die Mitgliedstaaten auf, die staatlichen Beihilfen weiter zu reduzieren und sie auf bereichsübergreifendere Ziele auszurichten. Zusätzlich müssen auch Steuerschranken und Verzerrungen beseitigt werden, um die steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen in der gesamten Europäischen Union zu verbessern. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird durch die Rechtsvorschriften gebremst, wobei die Auswirkungen auf die mittelständische Wirtschaft besonders nachteilig sind. Trotz aller Bekenntnisse zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften stellen die meisten Unternehmen noch keine nennenswerten Auswirkungen auf ihr Tagesgeschäft fest. Die Kommission legte dem Europäischen Rat von Sevilla einen Aktionsplan für bessere Rechtsvorschriften vor, doch reicht das allein nicht aus. Dieser Aktionsplan muss in der Praxis auch funktionieren. Und auch die Mitgliedstaaten müssen ihre Aufgabe in vollem Umfang übernehmen. So können die Mitgliedstaaten Unternehmensgründungen fördern, indem sie die Gründung eines neuen Unternehmens einfacher und kostengünstiger gestalten. Wenn Europa es ernst mit der Bedeutung von Forschung und Entwicklung meint, dann darf der Vorschlag über das Gemeinschaftspatent nicht weiter blockiert werden. Ohne starken und erschwinglichen Patentschutz wird Europa noch weiter hinter den Vereinigten Staaten zurückfallen.

3.3.3. Der Binnenmarkt sollte den Bedürfnissen der europäischen Bürger gerecht werden. Ein gesundes Maß an Wettbewerb nützt dem Verbraucher und gefährdet seine Sicherheit keineswegs. Verbraucherschutzvorschriften sollten daher den Wettbewerb und den freien Warenverkehr fördern. Die Preisunterschiede sind zwar im letzten Jahrzehnt geringer geworden, doch hat sich der Konvergenzprozess verlangsamt. Dem Cardiff-Bericht und dem Grünbuch über den Verbraucherschutz(8) zufolge erklärt sich dies teilweise aus ordnungspolitischen Unterschieden. Wenn die Binnenmarktpolitik den Bedürfnissen der Bürger gerecht werden will, müssen auch Fragen der nachhaltigen Entwicklung und des Umweltschutzes(9) sowie Aspekte der Sozialpolitik noch stärker einfließen; außerdem muss der Aktionsplan der Kommission für Qualifikation und Mobilität umgesetzt werden, der bis zum Jahr 2005 ein günstigeres Umfeld für offenere und leichter zugängliche Arbeitsmärkte in Europa schaffen soll(10).

3.3.4. Der Binnenmarkt ist einer der augenscheinlichsten Schlüsselbereiche, in denen sofort deutlich wird, ob neue Mitgliedstaaten sowohl in der Theorie als auch in der Praxis in vollem Umfang für die EU gerüstet sind. Die Beitrittsländer müssen ihre Verwaltungsinfrastruktur weiter verbessern, insbesondere in Kernbereichen wie der gewerbliche Rechtschutz und das geistige Eigentum, die gegenseitige Anerkennung im Allgemeinen (und die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen im Besonderen), das öffentliche Beschaffungswesen und die Bekämpfung der Geldwäsche. Die EU unterstützt diese Bemühungen. Darüber hinaus ist es aber auch wichtig, die neuen Mitgliedstaaten möglichst bald in das Problemlösungsnetz SOLVIT einzubinden.

3.4. Die wichtigsten Zielvorgaben der Kommission sind in Anhang 3 aufgelistet. Der Ausschuss begrüßt diese Vorgaben und ruft den Rat, das Europäischen Parlament und die Mitgliedstaaten auf, ihre Rolle bei der Erreichung dieser Ziele wahrzunehmen.

3.5. Die Ergebnisse des politischen Gestaltungsprozesses lassen sich nur schwer messen. Einige aufschlussreiche Ergebnisse können einfach nicht quantifiziert werden. Andere würden so viel Aufwand erfordern, dass es sich nicht lohnt, sie zu quantifizieren. Alles in allem lässt sich aber sagen, dass wenige Kontrollen immer noch besser sind als überhaupt keine Kontrollen. Es ist wichtiger, die Ergebnisse zu messen als den "Input". Nicht so sehr die Zahl der abgeschlossenen individuellen Zielvorhaben zählt, sondern vielmehr ihre Ergebnisse und Auswirkungen. Maßnahmen sollten durch Indikatoren flankiert werden, weshalb die Kommission bei der nächsten Überprüfung der Binnenmarktstrategie versuchen wird, die Indikatoren genau anzugeben, mit denen die erzielten Fortschritte gemessen werden sollen.

4. Allgemeine Bemerkungen zur Überprüfung der Binnenmarktstrategie der Kommission

4.1. Auf dem Gipfeltreffen des Europäischen Rates in Lissabon im Jahr 2000 beschlossen die Staats- und Regierungschefs, Europa im nächsten Jahrzehnt zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt auszubauen - zu einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzeugen. In den ersten beiden Jahren dieses neuen Jahrzehnts ist Europa in Bezug auf zahlreiche Indikatoren für die Messung der Wirtschaftsdynamik und der Wettbewerbsfähigkeit weiter hinter die Vereinigten Staaten zurückgefallen.

4.2. Einer der Hauptgründe hierfür ist der zu langsame Fortschritt bei der vollständigen Verwirklichung des Binnenmarktes. Wie die Vereinigten Staaten ist auch Europa selbst sein eigener größter Handelspartner; so beträgt der Handel zwischen den Mitgliedstaaten 63 %(11) des Gesamthandels der Gemeinschaft. Wie die Kommission in ihrer Mitteilung unterstreicht, führt das Fehlen einer Modernisierung der europäischen Märkte zur Einschränkung des Handelswachstums - so gehen allein 150 Mrd. EUR pro Jahr aufgrund von Schwierigkeiten bei der gegenseitigen Anerkennung verloren. Der Binnenmarkt ist noch so weit von der vollständigen Verwirklichung entfernt, dass es für europäische Unternehmen oft einfacher ist, mit Kunden aus Drittstaaten als mit solchen aus der EU Geschäfte zu machen. Um das Ziel von Lissabon auch wirklich erreichen zu können, muss die EU den Handel zwischen den Mitgliedstaaten vereinfachen. Der Ausschuss stimmt daher mit der Kommission überein, dass die Modernisierung der europäischen Märkte zu den vorrangigen Maßnahmen zählen muss.

4.3. Bei der Analyse des Kommissionsdokuments erscheinen viele Punkte altbekannt. Die Mitteilungen zu diesem Thema enthalten großteils die gleichen Forderungen, die gleichen Ziele, die gleichen Ermahnungen und die gleiche enttäuschende Feststellung: Es konnte erneut kein Fortschritt erzielt werden. Die Kommission hat sich mit bewundernswerter Beharrlichkeit wieder und wieder für die Umsetzung der gleichen Maßnahmen und die Festsetzung der gleichen Ziele eingesetzt, doch konnten die gewünschten Ergebnisse nicht erreicht werden. Der Ausschuss merkt an, dass die Kommission die Verfehlung von Zielvorhaben einräumt, einschließlich der Verabschiedung des Aktionsplanes für die Vereinfachung der Rechtsvorschriften, auf den der Ausschuss bereits in einer früheren Stellungnahme hingewiesen hatte(12). Dennoch pflichtet der Ausschuss der Kommission bei, dass der Großteil dieser Verzögerungen auf die Untätigkeit der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und des Rates zurückzuführen ist.

4.4. Der Ausschuss unterstützt die Kommission in ihrer Forderung nach einer Strukturreform. Trotz der auf dem Gipfel von Lissabon eingegangenen und auf dem Gipfel von Barcelona erneut bestätigten Verpflichtungen geht die Liberalisierung der Energiemärkte nur schleppend voran; einige Mitgliedstaaten scheinen nicht bereit zu sein, ihren Worten auch konkrete Taten folgen zu lassen. Allem Anschein nach besteht weiterhin ein großer Widerstand gegen die Reform, insbesondere auf Ebene der Mitgliedstaaten; um diesem Widerstand beizukommen, müssen neue Gewohnheiten durchgesetzt, neue Arbeitsmethoden gefunden und eine neue administrative und politische Kultur geschaffen werden, wie die Kommission hervorhob(13). Dies ist nur mit gemeinsamen Anstrengungen aller Institutionen möglich, wobei die Kommission richtungweisend vorangehen soll.

4.4.1. In ihrem 18-monatigen Aktionsplan des letzten Jahres hatte die Kommission die Zahl der Zielvorhaben von damals 130 auf 78 verringert. Nun hat sie eine weitere Verringerung von 78 auf 30 Zielvorhaben vorgenommen. In den beiden letzten Jahren lag die Quote für den erfolgreichen Abschluss dieser Zielvorhaben mehr oder weniger konstant bei 50 %. Die Feststellung der Kommission, dass diese weitere Verringerung zu einer wirksameren Ausrichtung der politischen Energie auf diese geringere Zahl an Zielvorhaben führen werde, ist im Kern wohl wahr, doch scheint sie gleichzeitig keine höhere Erfolgsrate mit sich gebracht zu haben. Die Kommission erwartet offensichtlich genau diese Wirkung. Erfahrungsgemäß darf die Theorie von Ursache und Wirkung allerdings nicht quantum valeat akzeptiert werden. Die Steigerung der Erfolgsquote ist weniger eine Frage der politischen Energie denn des politischen Willens.

4.4.1.1. Dieser politische Wille gründet sich in Demokratien naturgemäß auf dem Willen der Mehrheit der Bürger. Nur wenn die überwiegende Mehrheit der Bürger Europas ihren Nutzen aus dem Binnenmarkt erkennt, wird die Vollendung des Binnenmarktes tatsächlich in die Realität umgesetzt werden können.

4.4.2. Wie die Kommission betont, kann das Binnenmarktumfeld erst dann seine volle Wirkung entfalten, wenn die Mitgliedstaaten die vereinbarten Richtlinien in innerstaatliches Recht umgesetzt haben. Der Ausschuss anerkennt die von der Kommission herausgestellte Bedeutung einer korrekten und fristgerechten Umsetzung der Gemeinschaftsrichtlinien in innerstaatliches Recht. Derzeit führt die Übernahme und die Umsetzung der Richtlinien in den Mitgliedstaaten zu zusätzlichen Schwierigkeiten und Verzögerungen. Um für den Handel innerhalb der Gemeinschaft abträgliche Wettbewerbsverzerrungen und die Schaffung unterschiedlicher Rechtsrahmen zu vermeiden, müssen die diversen in den Mitgliedstaaten geltenden Rechtsinstrumente so weit wie möglich aufeinander abgestimmt werden. Diese Harmonisierung kann jedoch nicht erreicht werden, wenn zahlreiche Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts derart große Verzögerungen aufweisen und wenn die Umsetzung dann auch noch durch unterschiedliche Auslegungen der einzelnen Mitgliedstaaten sowie durch allgemein verbreitete Abweichungen und Ausnahmeregelungen verzerrt wird. Die Mitgliedstaaten dürfen nicht weiterhin die Möglichkeit haben, die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sine die hinauszuzögern.

4.4.3. Ein typisches Beispiel für Verzögerungen bei der Umsetzung von Richtlinien ist die Richtlinie über Garantien für Verbrauchsgüter(14), die bislang nur in vier Mitgliedstaaten umgesetzt wurde. Die Kommission hat das Ziel vorgegeben, eine Umsetzungsrate von 98,5 % zu erreichen - und von 100 % für Richtlinien, deren Umsetzungsfrist mehr als zwei Jahre überschritten ist. Doch diese Vorgaben scheinen a priori nicht realisierbar.

4.4.4. Die Verzögerungen bei der Umsetzung sind jedoch nicht das einzige Problem. Zur vollständigen Übernahme der Gemeinschaftsvorschriften in einzelstaatliches Recht müssen zahlreiche Einzelbedingungen erfuellt werden, um das erforderliche Maß an Harmonisierung zur Verwirklichung des Binnenmarkes zu schaffen. Dazu zählen in erster Linie:

- die einheitliche und fristgerechte Umsetzung der Rechtsvorschriften;

- der Aufbau der erforderlichen Verwaltungskapazitäten für ihre wirksame Durchführung;

- sowie der politische Wille zur Gewährleistung ihrer Anwendung in der Praxis.

4.5. Der Ausschuss unterstützt das Argument der Kommission, dass die von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen sich gegenseitig verstärken und einen Multiplikatoreffekt mit sich bringen, diese Impulse jedoch durch eine nur teilweise erfolgende Durchführung stark vermindert werden.

4.6. Der Ausschuss pflichtet der Kommission bei, dass es in diesem Stadium keiner neuen Ideen oder einer Richtungsänderung bedarf. Es wäre politisch unklug, das gewählte Verfahren zu diesem Zeitpunkt ändern zu wollen. Bei der Erreichung der Zielvorgaben der Kommission besteht jedoch dringender Handlungsbedarf. Und die Zeit drängt. Der Ausschuss stimmt diesen Zielvorgaben und den von der Kommission festgelegten Prioritäten im Allgemeinen zu.

5. Bemerkungen zu den Zielvorhaben der Kommission

5.1. Modernisierung der Märkte

5.1.1. Der Ausschuss unterstützt die dringliche Aufforderung der Kommission an die Mitgliedstaaten, auf der Grundlage der auf dem Ratsgipfel von Barcelona eingegangenen Verpflichtungen allen gewerblichen Strom- und Gaskunden ab dem Jahr 2004 die freie Wahl des Anbieters zu ermöglichen. Die Verwirklichung dieser Zielvorgabe wäre ein entscheidender Schritt in Richtung der Liberalisierung des gesamten Dienstleistungssektors, doch wäre es weiterhin den Mitgliedstaaten vorbehalten, die freie Wahl der Individualkunden in diesem Sektor einzuschränken. Auch blieben einige grundlegende Dienstleistungsbereiche unberührt. Es ist dies daher wohl keine besonders ehrgeizige Zielvorgabe, sondern vielmehr ein Beispiel dessen, was im Bereich des politisch Machbaren liegt.

5.1.2. Die Kommission anerkennt, dass Finanzdienstleistungen das Öl im Wirtschaftsgetriebe Europas sind. Die von einem hochrangigen Gremium erstellte Halbzeitbilanz des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen(15) ergab, dass das Bruttoinlandsprodukt der EU durch die Integration des Finanzsektors jährlich um beachtliche 43 Mrd. EUR steigen würde. Die Verbraucher würden zu den großen Gewinnern zählen. Der Europäische Rat von Barcelona bekräftigte die Rolle des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen als Fahrplan zur Erreichung dieses Ziels. Der Rat und das Europäische Parlament wurden dringend aufgefordert, in diesem Jahr die acht Legislativmaßnahmen zu verabschieden, die derzeit erörtert werden. Der Ausschuss schließt sich dieser Aufforderung an.

5.1.3. Nach Schätzungen der Kommission könnte das BIP der Gemeinschaft durch einen stärkeren Wettbewerb im Dienstleistungssektor um bis zu 350 Mrd. EUR anwachsen(16). Der Dienstleistungssektor ist in den späten 90er Jahren der Bereich mit dem stärksten Beschäftigungswachstum in der Gemeinschaft gewesen und weist auch für die Zukunft das größte Potenzial zur Schaffung neuer Arbeitsplätze auf. Die Divergenz bei der Beschäftigungsrate im Dienstleistungssektor zwischen der EU und den Vereinigten Staaten beträgt 14 % oder 36 Millionen Arbeitsplätze(17). Der Ausschuss stimmt der Forderung der Kommission zu, dass zur wirksamen Entfaltung dieses Potenzials die verbleibenden Hemmnisse für den freien Dienstleistungsverkehr im Binnenmarkt, für die Annahme durch die Kunden und für die Niederlassungsfreiheit beseitigt werden müssen.

5.1.3.1. Nach Auffassung des Ausschusses wäre es durchaus sinnvoll, zu untersuchen, welche Kosten dem europäischen Steuerzahler entstehen, wenn die Verbraucher keine zuverlässigen, allgemein zugänglichen Dienstleistungen mit einer großen Auswahl an Anbietern vorfinden. Für diese Anbieter müssen ein entsprechender Rechtsrahmen und/oder entsprechende Verhaltenskodizes erarbeitet werden. Darüber hinaus müssen diese Regeln zur Verbesserung der Funktionsweise des Binnenmarkts, zur Vorbeugung von Wettbewerbsverzerrungen und zur Gewährleistung von kontinuierlichen und dauerhaft hochwertigen Dienstleistungen im gesamten Gemeinschaftsgebiet harmonisiert werden. Eine Bewertung der finanziellen Auswirkungen der heutigen Situation auf den Dienstleistungssektor in Bezug auf die Arbeitslosenquote wäre ebenfalls hilfreich. Im Hinblick auf die Erweiterung sind diese beiden Punkte von besonderem Interesse.

5.1.4. Das öffentliche Beschaffungswesen ist ein weiterer Bereich, in dem dringend Fortschritte erzielt werden müssen. Der Prozentsatz der öffentlich ausgeschriebenen Aufträge hat sich zwar erhöht, liegt jedoch noch immer bei lediglich 15 %. Der Prozentsatz der grenzüberschreitenden Beschaffungs- und Dienstleistungsaufträge ist ebenfalls gestiegen, bleibt allerdings deutlich unter 2 %. Bei privaten Ausschreibungen werden hingegen etwa 20 % erreicht. Mit einer offeneren Auftragsvergabe könnte der europäische Steuerzahler nach Berechnungen der Kommission mehr als 50 Mrd. EUR sparen. Die Schlussfolgerung, dass es sich hierbei einfach um eine weitere Protektionismusmaßnahme seitens der Mitgliedstaaten handelt, liegt nahe. Dieses Vorgehen steht weder im Einklang mit dem europäischen Einigungsgedanken noch trägt es zur Verwirklichung des Ziels von Lissabon bei. Der Ausschuss befürwortet die Aussage der Kommission, dass Fortschritte bei der Annahme des vorgeschlagenen Legislativpakets von grundlegender Bedeutung sind und jeglicher Versuch, diese Rechtsvorschriften aufzuweichen, beispielsweise durch die Änderung der Schwellenwerte, zu verurteilen ist.

5.1.5. Der Ausschuss teilt die Meinung der Kommission, dass eine breitere Akzeptanz des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung unbedingt erforderlich ist. Die Kommission führt an, dass dieser in vielen Sektoren recht gut funktioniere und dadurch unnötige Gesetzgebungsmaßnahmen verhindere. O si sic omnes!

5.1.6. Der Ausschuss bedauert, dass es bis zu einer Einigung über eine Europäische Norm acht Jahre dauern kann, und erachtet es daher als grundlegende Aufgabe, umgehend eine Möglichkeit zur Harmonisierung dieses Verfahrens zu finden. Es kann sich hierbei doch nicht um ein unlösbares Problem handeln. Des Weiteren teilt der Ausschuss die Ansicht der Kommission, dass die Lage in einigen Schlüsselsektoren, z. B. bei Bauprodukten sowie Maschinen und Anlagen, nach wie vor Anlass zu Besorgnis gibt. Wie die Kommission richtigerweise einräumt, kann in diesen Sektoren noch nicht von einem echten Binnenmarkt gesprochen werden.

5.2. Bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen

5.2.1. Der Ausschuss unterstützt die Kommission in ihrer Forderung, dass die Union kreative und dynamische Unternehmen fördern müsse. Das entsprechende Umfeld muss geschaffen werden, damit die Unternehmen ihrer Kreativität ohne bürokratische Hürden und Zwänge freien Lauf lassen können. Die Rechtsvorschriften in diesem Bereich sollen die Arbeit der Unternehmen erleichtern - nicht erschweren. Der Ausschuss erachtet diesen Punkt als Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum.

5.2.2. Die Vielzahl der Rechtsvorschriften stellt für Unternehmen die wohl größte Benachteiligung dar und muss nach Aussagen der Kommission unbedingt verringert werden. Der Ausschuss hat vor Kurzem zwei Stellungnahmen zur Vereinfachung und Verbesserung der Rechtsvorschriften verabschiedet(18). In diesen Stellungnahmen rückte er die Notwendigkeit qualitativ verbesserter Vorschriften in den Blickwinkel, wobei darunter auch eine Verringerung der Rechtsvorschriften in Anzahl und Umfang zu verstehen ist. Für den Ausschuss ist dies jedoch nicht gleichbedeutend mit Deregulierung. Die völlig unsystematische Entwicklung der europäischen Rechtsvorschriften hat zu einander überschneidenden und verwirrenden Rechtstexten geführt. Eine umfassende Überarbeitung zur Erstellung von präzisen und kohärenten Dokumenten anstelle des bestehenden wieder und wieder geänderten Stückwerks ist daher unerlässlich. Der Ausschuss verwies auch darauf, dass eine weitreichendere Harmonisierung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für ihre Vereinfachung unbedingt notwendig sei, und forderte daher den häufigeren Einsatz von Verordnungen anstelle von Richtlinien, wodurch die Mitgliedstaaten vor vollendete Tatsachen gestellt würden und ihnen keine Möglichkeit für eine stark unterschiedliche Umsetzung der Rechtsakte bliebe.

5.2.2.1. In der zweiten der oben genannten Stellungnahmen verwies der Ausschuss auf die Tatsache, dass die europäischen Unternehmen aufgrund schlecht durchdachter gemeinschaftlicher Rechtvorschriften jährlich mehr als 330 Mrd. EUR verlieren und dass unter Einbeziehung der Kosten für die öffentliche Verwaltung und die wirtschaftliche Ineffizienz sich die Gesamtkosten für die EU-Bürger auf 10 % des BIP belaufen. Der Ausschuss schlug in seiner Stellungnahme einen Aktionsplan für die Verbesserung der Rechtsvorschriften vor und rief alle Akteure auf, ihre Verantwortung bei der Umsetzung dieses Plans wahrzunehmen. Der Ausschuss wiederholt auf diesem Wege seine Aufforderung. Detaillierte Informationen zu dem vorgeschlagenen Aktionsplan sind in Anhang 4 enthalten.

5.2.3. Der Ausschuss hat die Vorlage des Aktionsplans der Kommission für bessere Rechtsvorschriften anlässlich des Europäischen Ratstreffens in Sevilla mit Interesse zur Kenntnis genommen und arbeitet derzeit eine Stellungnahme zu diesem Dokument aus. Der Ausschuss vertraut darauf, dass der Rat, das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten umgehend entscheidende Maßnahmen treffen werden, um die Vorschläge der Kommission umzusetzen. Denn wie die Kommission in ihrer Mitteilung festhält, wollen wir zwar, dass unsere Unternehmen wettbewerbsfähig sind, binden ihnen aber die Hände. Der Ausschuss fordert die Kommission auf, in dieser Frage, die weitgehend in ihren Zuständigkeitsbereich fällt, die Richtung vorzugeben; auch wenn die Vollendung des Projekts letztendlich in den Händen der übrigen Akteure liegt, so übt die Kommission doch einen starken Einfluss aus, der weit über die ihr formal zustehenden Befugnisse hinausgeht. Die Beibehaltung des Status Quo ist keine annehmbare Lösung.

5.2.3.1. Der Ausschuss nimmt das Vorhaben der Kommission zur Kenntnis, ein auf Dauer angelegtes Europäisches Unternehmenstestpanel in den Mitgliedstaaten einzurichten, das rund 4000 Unternehmen umfassen soll. Dieses Panel soll zur Bewertung der möglichen Auswirkungen von grundlegenden Gesetzgebungsvorschlägen auf Unternehmen aller Größen beitragen und ein schnell verfügbares repräsentatives Feedback bieten. Der Ausschuss begrüßt diese Initiative und hofft, dass ihr mehr Erfolg beschieden ist als früheren in diesem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen.

5.2.4. Der Ausschuss hat immer wieder auf die Aufsplitterung des Binnenmarktes durch die unterschiedlichen Besteuerungssysteme in den Mitgliedstaaten hingewiesen. Diese Aufsplitterung tritt am deutlichsten im Bereich der Mehrwertsteuer zu Tage, in dem ein in sich geschraubter und schwerfälliger Text komplexe und umfangreiche Zwänge enthält, die sich von einem Mitgliedstaat zum nächsten grundlegend unterscheiden. Dies führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des grenzübergreifenden Handels, insbesondere für kleine Unternehmen. Aufgrund der Vielfalt der Vorschriften und ihrer unterschiedlichen Anwendung ist der Binnenmarkt in 15 Regionen mit ebenso vielen unterschiedlichen Besteuerungssystemen aufgesplittert. So lange die Mehrwertsteuer von 15 verschiedenen einzelstaatlichen Steuerbehörden mit unterschiedlichen Rechtsvorschriften und -traditionen, Auslegungen, Verfahren, Systemen, Sprachen, Gepflogenheiten, Praktiken und Arbeitsmethoden erhoben wird, bleibt die Vorstellung, dass grenzüberschreitende Transaktionen wie innerstaatliche Transaktionen gehandhabt werden, nichts als eine Scheinvorstellung. Und dabei stellt dieser Punkt wohl das eindeutigste Merkmal eines vollendeten Binnenmarkts dar. Doch aus heutiger Sicht bleibt diese Vorstellung wohl nur ein Luftschloss. Die geltenden Mehrwertsteuerregelungen stehen im Widerspruch zu den Grundsätzen des Binnenmarktes; in einer früheren Stellungnahme(19) betonte der Ausschuss, dass das Konzept der Handhabung der innergemeinschaftlichen Transaktionen als "Einfuhren" und "Ausfuhren" einen Anachronismus darstelle und den Zielen des Binnenmarktes zuwiderlaufe. Ähnliche Überlegungen treffen auch auf viele andere Steuerbereiche zu. Der Ausschuss arbeitet derzeit eine Stellungnahme zu diesem Thema aus.

5.2.5. Der Ausschuss stimmt mit der Kommission überein, dass zur Förderung unternehmerischer Initiative die Unternehmensgründung erleichtert und kostengünstiger gestaltet werden müsse. Er unterstützt das Vorhaben der Kommission, bis Ende des Jahres besondere quantitative Ziele für sonstige Aspekte der unternehmerischen Initiative zu erstellen.

5.2.6. Der Ausschuss schließt sich erneut der Forderung der Kommission an, die zu Wettbewerbsverzerrungen führenden staatlichen Beihilfen weiter zu reduzieren. Diese Forderung darf nicht länger auf taube Ohren stoßen.

5.3. Mehr Lebensqualität für die Bürger

5.3.1. Der Ausschuss teilt die Bewertung der Kommission, dass die Vorteile einer größeren Auswahlmöglichkeit, besserer Dienstleistungen und niedrigerer Preisen aufgrund des Wettbewerbs zwischen den Anbietern im Allgemeinen nicht zu Lasten der Sicherheit oder des Wohlergehens der Verbraucher gingen. Der Ausschuss stellt fest, dass die Kommission in ihrer Strategie für die Verbraucherpolitik 2002-2006 ihre Pläne für diesen Bereich weitreichender darlegen wird und regt an, den Ausschuss mit diesem Dokument nach seiner Veröffentlichung zu befassen.

5.3.2. Mit Ausnahme der netzgebundenen Wirtschaftszweige, für die bislang keine Gemeinschaftsvorschriften verabschiedet wurden, legen allein die Mitgliedstaaten die Vorschriften zur Erfuellung der Verpflichtungen des öffentlichen Sektors fest, und die Kommission beschränkt sich darauf, die Einhaltung der Wettbewerbs- und Binnenmarktvorschriften in diesem Bereich zu überwachen. Dies steht in Widerspruch zu den Bereichen, in denen Gemeinschaftsvorschriften gelten. Nach Ansicht des Ausschusses können diese unterschiedlichen Ausgangslagen nicht als gleich gut angesehen werden. Der Ausschuss begrüßt daher die Ankündigung der Kommission für konkrete Maßnahmen(20) zur Gewährleistung einer umfassenderen Rechtssicherheit und Klarheit bei der Umsetzung dieser Vorschriften.

5.3.3. Der Ausschuss geht mit der Kommission in ihrer Feststellung konform, dass die geltenden informellen Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zwischen den für die Umsetzung der Verbraucherschutzvorschriften verantwortlichen Behörden unzureichend sind und gestärkt werden müssen. Darüber hinaus muss eine vollständige Freizügigkeit gewährleistet werden, um zu vermeiden, dass Unternehmen von der Möglichkeit absehen, ihre Waren oder Dienstleistungen in der gesamten Union zu vertreiben, nur weil es ihnen zu aufwändig erscheint, sich auf das jeweilige ordnungspolitische Umfeld der 14 Mitgliedstaaten einzustellen. Wenn dies geschieht, hat letztlich der Verbraucher das Nachsehen, wie die Kommission betont. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsvorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten wird der Handel im Binnenmarkt erschwert. Diese Situation wird sich noch verschärfen, wenn im Zuge der Erweiterung einfach nur ein weiteres ordnungspolitisches Umfeld pro Beitrittsland zu den bereits bestehenden hinzugefügt wird.

5.3.4. Der Ausschuss bestärkt die Kommission in ihrer Absicht, der Entwicklung alternativer, grenzübergreifender Mechanismen zur Streitbeilegung hohe Priorität einzuräumen(21), handelt es sich hierbei doch um ein grundlegendes Element zur Sicherstellung der wirksamen Umsetzung des Binnenmarktes.

5.3.5. In seiner Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission vom 24. November 1999 zur Binnenmarktstrategie für die kommenden fünf Jahre(22) beurteilte der Ausschuss das Ziel "Die Lebensqualität der Bürger verbessern" folgendermaßen: "Der Binnenmarkt selbst kann dieses Ziel nicht erfuellen, denn selbst wenn entsprechende Möglichkeiten bestehen, können die Bürger für sich entscheiden, diese nicht zu nutzen". In dieser Stellungnahme wurde auch die Frage aufgeworfen, ob ein derartiges Ziel überhaupt ein messbares Ergebnis bringen könne. Der Ausschuss hält fest, dass dieses Ziel nun umformuliert wurde: "Mehr Lebensqualität für die Bürger". Dies ist zwar eine Verbesserung im Bezug auf die nur auf den schönen Schein abzielende Formulierung des Originaltextes, doch bleiben Zweifel daran bestehen, dass objektiv festgestellt werden kann, ob dieses geänderte Ziel erreicht wurde oder nicht. Es fehlt an einer gemeinsamen Begriffsbestimmung für die "Bedürfnisse der Bürger"; diese sind oftmals widersprüchlich und die Antwort auf die Frage, ob sie erfuellt wurden oder nicht, fällt meist subjektiv aus.

5.3.5.1. Der Ausschuss hält dieses Ziel für richtig, weist aber darauf hin, dass die Bürger keine homogene Gruppe mit identischen Bedürfnissen sind. Kosten und Nutzen der Vollendung des Binnenmarktes verteilen sich unterschiedlich auf einzelne Gruppen von Bürgern (Unternehmer, Arbeitnehmer, Konsumenten) sowie nach Regionen, Branchen und auch im zeitlichen Ablauf. Zusätzlich kann der einzelne Bürger auch mehrere unterschiedliche Rollen gleichzeitig verkörpern. Es wäre daher zweckmäßig, die Ergebnisse anhand der Auswirkungen auf die einzelnen Gruppen von Bürgern zu überprüfen. Differenzierte Aussagen für einzelne Gruppen sind sicherlich möglich, messbare Ergebnisse für die Bürger Europas insgesamt gestalten sich aber äußerst schwierig.

5.4. Vorbereitung auf die Erweiterung

5.4.1. In seiner Stellungnahme zur Binnenmarktstrategie der Kommission(23) traf der Ausschuss folgende Feststellung: "In der Hauptsache zielt die Kritik des Ausschusses darauf, dass seiner Ansicht nach das Thema Erweiterung nicht ausreichend behandelt wird. Sicherstellen zu wollen, dass der Binnenmarkt zu einer erfolgreichen Erweiterung beiträgt, ist zwar ein begrüßenswertes Ziel, reicht jedoch nicht aus". Wenn es damit doch nur getan wäre ... Der Ausschuss führte ferner an, dass es von grundlegender Bedeutung sei, zu gewährleisten, dass die Beitrittsländer in der Lage sind, die Binnenmarktvorschriften vor dem Beitrittszeitpunkt zu übernehmen. Dies ist heute, zwei Jahre nach Verabschiedung dieser Stellungnahme, immer noch eine der Hauptsorgen. Die Kommission hat erklärt, dass die verwaltungstechnischen Möglichkeiten der Beitrittsländer auch im Hinblick auf Einhaltung und Durchsetzung der Rechtsvorschriften weiterhin recht begrenzt seien. Nach der Erweiterung wird der Binnenmarkt einen erweiterten Markt umfassen, doch wird er immer noch ein Binnenmarkt sein? Anders gefragt: Wird der Binnenmarkt noch dem, wenn auch in mancher Hinsicht eingeschränkten Binnenmarkt, in dem wir heute leben, entsprechen?

5.4.1.1. Der Ausschuss befürchtet, dass die Erweiterung zu noch größeren Unterschieden im Binnenmarkt führen könnte, wenn - infolge der Fristen für die Umsetzung der Gemeinschaftsvorschriften, der Überhandnahme nationaler Auslegungen dieser Rechtsvorschriften und die Durchsetzung einzelstaatlicher Gesetze, Gepflogenheiten, Traditionen und herkömmlicher Geschäftspraktiken in den neuen Mitgliedstaaten - immer mehr unterschiedlichere Rechtsvorschriften angewandt werden. Die Erweiterung darf die Funktionsweise des Binnenmarktes keinesfalls beeinträchtigen. In Kenntnis der Sachlage ist es daher unbedingt erforderlich, dass die bestehenden Binnenmarktvorschriften mutatis mutandis auch für die neuen Mitgliedstaaten gelten.

5.4.1.2. Der Ausschuss ist sich aber bewusst, dass in manchen Bereichen der Übergang zu den Binnenmarktvorschriften eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Dies gilt insbesondere für die Beitrittsländer, die jahrelang von totalitären Regimen unterjocht waren. In diesen Fällen ist die Gewährung von Übergangsfristen eine hilfreiche Alternative, sowohl für die gegenwärtigen wie für die zukünftigen Mitgliedstaaten. Übergangsfristen haben jedoch einschränkende Auswirkungen auf die vier Grundfreiheiten im Binnenmarkt. Allerdings sind sie für einen sozial und wirtschaftlich akzeptablen Erweiterungsprozess unerlässlich, doch sollten sie auf die notwendige Mindestdauer beschränkt sein.

5.4.1.3. Nach Ansicht des Ausschusses steht die Vereinfachung der Rechtsvorschriften in engem Zusammenhang mit der Erweiterung. In seiner Stellungnahme zur Erweiterung der EU (Berichterstatter: Herr Vever)(24) verweist der Ausschuss darauf, dass die Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes durch die Beitrittsländer durch die starke Komplexität der Gemeinschaftsvorschriften erschwert werde. "Während es die Europäische Union ermöglichen sollte, die Vorschriften in Europa zu vereinfachen, erlässt sie weiterhin Vorschriften, die für die Anwender zu kompliziert, auf zu viele verschiedene Texte verteilt, womöglich gar widersprüchlich sind, um ein wirklich kohärentes Ganzes zu ergeben, und zu sehr den bestehenden einzelstaatlichen Vorschriften nachempfunden sind, als dass sie diese wirklich harmonisieren könnten." Der Ausschuss bekräftigt diese Aussage und unterstreicht erneut den Zeitdruck bei der Lösung dieser Frage, die so bald wie möglich in Angriff genommen werden muss.

5.4.2. Der Ausschuss befürwortet den Einsatz der Kommission für die ehestmögliche Einbindung der neuen Mitgliedstaaten in das Problemlösungsnetz SOLVIT. Darüber hinaus sollten die Beitrittsländer auch zur Teilnahme an der PRISM-Datenbank (Progress Report on Initiatives in the Single Market)(25) ermutigt werden, die auf eine Initiative der Binnenmarktbeobachtungsstelle des Ausschusses zurückgeht. Einige Beitrittsländer nehmen auch bereits daran teil.

5.4.2.1. Der Ausschuss betont, dass die Möglichkeiten des Internet zur Förderung des Binnenmarkts verstärkt genutzt werden sollten. So könnte beispielsweise durch die Einrichtung einer Internetseite als eine Art Vademecum, auf der die Unternehmen Informationen zu den Rechtsvorschriften und Besteuerungssystemen in anderen Mitgliedstaaten abrufen können, der Handel innerhalb der Gemeinschaft insbesondere für kleine Unternehmen erleichtert werden. Darüber hinaus müssten die Möglichkeiten für A2B-, A2C-, B2A und C2A-Anwendungen in der Europäischen Union ausgebaut werden. Dieser Prozess steckt jedoch großteils noch in der Anfangsphase.

5.4.3. Der Ausschuss begrüßt die Einführung eines Systems gegenseitiger Überprüfungen, das Besuche von Sachverständigen aus entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten und der Kommission in den Beitrittsländern umfasst. Die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen Beamten der zuständigen Behörden sind das Schlüsselelement für die Ausweitung des Binnenmarkts auf die Beitrittsländer, wie auch die Kommission hervorhebt.

5.5. Erfolgskontrolle

5.5.1. Der Ausschuss teilt die Ansicht der Kommission, dass wenige Kontrollen besser als überhaupt keine Kontrollen sind und dass es wichtig ist, quantitative Kontrollen durch qualitative Einschätzungen zu ergänzen, doch dürfe dieses Verfahren nicht zu subjektiv werden. Es wird schwierig sein, den Bürger davon zu überzeugen, dass tatsächlich Fortschritte erzielt wurden, wenn diese nicht quantifizierbar ist. Diese Quantifizierung muss auf empirischen Grundlagen vorgenommen werden. Der Ausschuss ist ebenfalls der Meinung, dass die tatsächlichen Auswirkungen eines Zielvorhabens auf die Wirtschaft die wichtigsten Erfolgskriterien sind. Der Tatsache, dass die meisten Unternehmen noch keine nennenswerten Auswirkungen auf ihr Tagesgeschäft feststellen, muss abgeholfen werden.

5.5.2. Der Ausschuss begrüßt die Bemühungen der Kommission, bei der nächsten Überprüfung der Binnenmarktstrategie die Indikatoren genau anzugeben, mit denen die Erfolge gemessen werden sollten. Zur Stärkung ihrer Glaubwürdigkeit muss ihre Stichhaltigkeit untermauert werden. Des Weiteren begrüßt er den Binnenmarktanzeiger, mit dem regelmäßig die Preise für einen Standardwarenkorb in allen Mitgliedstaaten verglichen werden sollen.

6. Schlussfolgerungen

6.1. Die Schlussfolgerung aus der Überprüfung der Binnenmarktstrategie 2002 der Kommission lautet: Der bislang erzielte Fortschritt ist enttäuschend, es muss noch viel getan werden.

6.2. Zeit ist ein kostbares Gut, das Europa in diesem Bereich nicht zur Verfügung steht. Der in dieser Überprüfung erfasste Zeitraum von 18 Monaten endet knapp vor der Erweiterung und zur Halbzeit der in Lissabon festgelegten Frist. Angesichts der bevorstehenden Erweiterung ist die Vollendung des Binnenmarktes von noch größerer Dringlichkeit. Wenn die Erweiterung ein Erfolg werden soll, dann muss die Funktionsweise des Binnenmarktes verbessert werden, um eine Plattform für ein beschleunigtes Wirtschaftswachstum zu schaffen, das die Erweiterung verspricht. Darüber hinaus müssen die Rechtsvorschriften in den Beitrittsländern auf den Stand die gültigen Binnenmarktvorschriften gebracht werden, um neue Verzerrungen und ineffiziente Arbeitsweisen zu vermeiden.

6.3. Das Unvermögen Europas, messbare Fortschritte zur Verwirklichung eines allgemein anerkannten gemeinsamen Vorhabens zu erzielen, ist nicht die Schuld der Kommission, die hauptsächlich als Impulsgeber für die Reform agiert hat, sondern der übrigen europäischen Organe und der Mitgliedstaaten. Ohne echte politische Unterstützung seitens aller Beteiligten und insbesondere der Mitgliedstaaten wird die Vollendung des Binnenmarkts wohl für immer eine Wunschvorstellung bleiben und die Umsetzung der strategischen Ziele der Union in noch weitere Ferne rücken.

6.4. Eine derartige politische Unterstützung kann sich nur auf eine breite politische Akzeptanz der Europäischen Union durch die Bevölkerung gründen. Diese kann jedoch nur dadurch erreicht werden, dass die Vorteile des Binnenmarktes den Bürgern besser vermittelt werden. In einer europaweit abgestimmten Kampagne müssen die europäischen Bürger von den greifbaren Vorteilen der Vollendung des Binnenmarktes für ihren Alltag überzeugt und von ihren Ängsten vor möglichen negativen Auswirkungen befreit werden.

6.5. Die Verwirklichung des Ziels von Lissabon hängt vom uneingeschränkten Engagement aller Akteure ab. Der Ausschuss fordert die Kommission auf, die Ausarbeitung eines längerfristigen Zeitplans für den Binnenmarkt in Erwägung zu ziehen, um einen umfassenden Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten zu können. Darüber hinaus ist der Ausschuss der Ansicht, dass der Binnenmarktanzeiger weitere Faktoren erfassen sollte, die derzeit nicht berücksichtigt werden, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf denjenigen Faktoren liegen sollte, die immer noch ein Hemmnis für die Vollendung des Binnenmarktes darstellen

6.6. Die Kommission trifft mit ihrer Feststellung, dass die Binnenmarktstrategie nur dann ein durchschlagender Erfolg wird, wenn es eine gemeinsame Tagesordnung für Kommission, Rat, Europäisches Parlament und Mitgliedstaaten gibt, ins Schwarze. Auch die Feststellung, dass Europas kollektive Führung halten müsse, was sie verspricht, ist richtig. Doch bleibt abzuwarten, ob der politische Wille hierfür auch wirklich besteht.

Brüssel, den 18. Juli 2002.

Der Präsident

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Göke Frerichs

(1) ABl. C 140 vom 18.5.2000.

(2) ABl. C 14 vom 16.1.2001.

(3) ABl. C 221 vom 7.8.2001.

(4) KOM(2001) 736 endg. vom 7. Dezember 2001.

(5) Binnenmarktanzeiger Nr. 9 vom 9.11.2001.

(6) KOM(2001) 702 endg. vom 27. November 2001.

(7) KOM(1999) 624 endg. vom 24. November 1999.

(8) KOM(2001) 531 vom 2. Oktober 2001.

(9) Strategie des Rates zur Einbeziehung von Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung in die Binnenmarktpolitik (8970/01).

(10) KOM(2002) 72 vom 13. Februar 2002.

(11) Europäische Kommission, Februar 2002.

(12) ABl. C 125 vom 27.5.2002.

(13) KOM(2001) 726 endg. vom 5. Dezember 2001.

(14) Richtlinie (EG) Nr. 1999/44 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.5.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl. L 171 vom 7.7.1999.

(15) Sie wurde am 22.2.2002 in Brüssel erstellt.

(16) KOM(2000) 78 vom 1. März 2000.

(17) KOM(2000) 78 vom 1. März 2000.

(18) ABl. C 48 vom 21.2.2002 und ABl. C 125 vom 27.5.2002.

(19) ABl. C 193 vom 10.7.2001.

(20) Bericht der Kommission an den Europäischen Rat von Laeken, KOM(2001) 598 vom 17. Oktober 2001.

(21) KOM(2002) 196 endg. vom 19. April 2002.

(22) ABl. C 140 vom 18.5.2000.

(23) ABl. C 140 vom 18.5.2000.

(24) ABl. C 193 vom 10.7.2001.

(25) www.esc.eu.int/omu_smo/prism.

ANHANG

zur Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgende Änderungsanträge, auf die mindestens ein Viertel der abgegebenen Stimmen entfielen, wurden im Verlauf der Beratungen abgelehnt:

Ziffer 4.4

Nach dem ersten Satz wie folgt ändern: "Der Ausschuss unterstützt die Kommission bei ihrer Forderung nach einer Strukturreform. >S>Trotz der auf dem Gipfel von Lissabon eingegangenen und auf dem Gipfel von Barcelona erneut bestätigten Verpflichtungen geht die Liberalisierung der Energiemärkte nur schleppend voran; einige Mitgliedstaaten scheinen nicht bereit zu sein, ihren Worten auch konkrete Taten folgen zu lassen. Allem Anschein nach besteht weiterhin ein großer Widerstand gegen die Reform, insbesondere auf Ebene der Mitgliedstaaten; um diesem Widerstand beizukommen,>/S> Auf den Gipfeltreffen von Lissabon und Barcelona wurden Verpflichtungen für die Liberalisierung der Energiemärkte eingegangen. Einige Mitgliedstaaten haben sich auf dem Gipfel von Barcelona konkret zur Öffnung ihrer Märkte unter Berücksichtigung der speziellen Charakteristika der Leistungen der Daseinsvorsorge verpflichtet (angekündigter Zeitraum: 2004). Zur erfolgreichen Umsetzung der beschlossenen Reformen müssen ..."

Begründung

Es bringt uns in der politischen Debatte und auch in der Weiterentwicklung der Märkte für Leistungen der Daseinsvorsorge nicht weiter, wenn wir einzelne Mitgliedsstaaten an den Pranger stellen. Umso mehr, als die Debatte um die speziellen Charakteristika der Leistungen der Daseinsvorsorge, ihre Bedeutung für die Entwicklung der Wirtschaft und die Lebensbedingungen der Bevölkerung und die daraus resultierenden Anforderungen an die Rahmenbedingungen der Märkte, in denen diese Leistungen erbracht werden, noch lange nicht abgeschlossen ist. Darüber hinaus weisen die ersten Erfahrungen aus verschiedenen Ländern darauf hin, dass eine allzu hastige und zu einseitige Orientierung an den Kräften des freien Wettbewerbs vielfach unerwünschte Ergebnisse bringt.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 8, Nein-Stimmen: 19, Stimmenthaltungen: 1.

Ziffer 5.1.1

Zweiten Satz wie folgt ändern und dritten Satz streichen: "Die Verwirklichung dieser Zielvorgabe wäre ein entscheidender Schritt in Richtung der Liberalisierung des gesamten Dienstleistungssektors, >S>doch wäre es weiterhin den Mitgliedstaaten vorbehalten, die freie Wahl der Individualkunden in diesem Sektor einzuschränken.>/S> wobei auch die speziellen Charakteristika der Leistungen der Daseinsvorsorge berücksichtigt würden. >S>Auch blieben einige grundlegende Dienstleistungsbereiche unberührt. Es ist dies daher wohl keine besonders ehrgeizige Zielvorgabe, sondern vielmehr ein Beispiel dessen, was im Bereich des politisch Machbaren liegt.">/S>

Begründung

Siehe Ziffer 4.4.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 10, Nein-Stimmen: 26, Stimmenthaltungen: 0.

Ziffer 6.4

Dritten Satz durch folgenden Text ersetzen: "Gleichzeitig wird es aber unumgänglich sein, die Sorgen und die Kritikpunkte im Zusammenhang mit einem weitgehend uneingeschränkten Wettbewerb, insbesondere im Bereich der Leistungen der Daseinsvorsorge, ernst zu nehmen. Die Unzufriedenheit der Bürger darf nicht als 'unberechtigte Emotion' abgetan werden, denn sie erwächst oft aus konkreten Nachteilen, die tatsächlich mit einer Liberalisierung der Wirtschaft in Zusammenhang gebracht werden können. In diesem Sinn kann die Vollendung des Binnenmarktes nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn neben der Schaffung des Binnenmarktes selbst die Entwicklung der EU zur Sozialunion als gleichrangiges Ziel erkannt und mit ebenso viel Energie vorangetrieben wird."

Begründung

Selbsterklärend; siehe darüber hinaus die Erfahrungen in verschiedenen Ländern mit der Liberalisierung im Bereich der Leistungen der Daseinsvorsorge.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 16, Nein-Stimmen: 21, Stimmenthaltungen: 0.

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