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Document 52002AE0862

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum "Grünbuch über die Revision der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates" (KOM(2001) 745 endg.)

OJ C 241, 7.10.2002, p. 130–139 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52002AE0862

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum "Grünbuch über die Revision der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates" (KOM(2001) 745 endg.)

Amtsblatt Nr. C 241 vom 07/10/2002 S. 0130 - 0139


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum "Grünbuch über die Revision der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates"

(KOM(2001) 745 endg.)

(2002/C 241/25)

Die Europäische Kommission beschloss am 13. Dezember 2001 gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags, den Wirtschafts- und Sozialausschuss zu dem vorgenannten Grünbuch um Stellungnahme zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten betraute Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 26. Juni 2002 an. Berichterstatter war Herr Lagerholm.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 392. Plenartagung am 17. und 18. Juli 2002 (Sitzung vom 17. Juli) mit 32 gegen 8 Stimmen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Seit Erlass der Fusionskontrollverordnung ist die Zahl der Mitgliedstaaten in der Europäischen Union von zwölf auf fünfzehn gestiegen; gleichzeitig schreitet die Marktintegration voran. Die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Kommission für Zusammenschlüsse von Unternehmen, die die Umsatzschwellen erreichen, erstreckt sich auf den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Die Schaffung der Währungsunion im Jahre 1999 war erneut Anlass zu grenzüberschreitenden Umstrukturierungen der europäischen Unternehmen.

1.2. Inzwischen besteht die Aussicht, dass die Europäische Union ab 2004 wesentlich mehr Mitgliedstaaten zählen wird, während die Währungsunion mit der Einführung des Euro ihrer Vollendung entgegensieht. Gleichzeitig beschleunigt sich die Entwicklung international oder gar weltweit tätiger Unternehmen und Märkte.

1.3. Parallel hierzu wird die Vorfusionskontrolle weltweit in einer ständig steigenden Zahl von Ländern praktiziert, woraus sich steigende Kosten für Mehrfachanmeldungen ergeben.

1.3.1. Die Fusionskontrolle beruht auf dem Grundsatz, dass Zusammenschlüsse unter dem Gesichtspunkt der Marktbeherrschung gewürdigt werden. Der andere Fusionskontrolltest, der von mehreren bedeutenden Wettbewerbsbehörden angewandt und gegenwärtig in einigen Mitgliedstaaten in Erwägung gezogen wird, stützt sich auf das Kriterium der beträchtlichen Verminderung des Wettbewerbs.

1.3.2. Das Grünbuch eröffnet die Debatte über die Vorteile des "Marktbeherrschungstests" in Übereinstimmung mit der Fusionskontrollverordnung und über die Vorteile des von den zuständigen Behörden in manchen anderen Ländern verwendeten Tests, anhand dessen eine "wesentliche Verminderung des Wettbewerbs" nachgewiesen wird. Wert und Wirksamkeit des Marktbeherrschungstests werden anerkannt; im Übrigen wird dieser Test unabhängig von jedweder tatsächlichen Rechtsangleichung bereits in großem Maßstab weltweit angewandt.

1.3.3. Diese Revision der Fusionskontrolle ergänzt die vorangegangene Revision der Verordnung 17 (über die Anwendung der Bestimmungen von Artikel 81 und 82 des EG Vertrages zur Verhinderung wettbewerbswidriger Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen). Es besteht jedoch ein fundamentaler Unterschied zwischen den beiden Systemen insofern, als die Kommission die alleinige Kompetenz für Zusammenschlüsse mit gemeinschaftsweiter Dimension besitzt, während die Kompetenz im Bereich der Antitrust-Regeln zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten geteilt ist; in der Tat schlägt die Kommission vor, diese parallele Kompetenz zu verstärken. Ungeachtet dieses Unterschiedes wird die Revision der Verordnung 17 besonders berücksichtigt, was es ermöglicht, dass beide Revisionen Teil einer umfassenden Modernisierung des europäischen rechtlichen Rahmens im Bereich Wettbewerb werden(1).

2. Allgemeine Bemerkungen

2.1. Seit Inkrafttreten der Fusionskontrollverordnung sind bei der Kommission rund 2000 Zusammenschlussvorhaben angemeldet worden (vgl. Grünbuch (GB), Ziffer 8). Von diesen wurden 18 gestoppt und ca. 150 weiteren wurde nur unter Auflagen stattgegeben. In einigen Fällen wurde die Anmeldung zurückgezogen, nachdem für die Parteien feststand, dass sich die Kommission dem Erwerbsvorgang widersetzen würde. Interventionen sind also statistisch gesehen selten. Die Zahlen beweisen aber auch, dass ein aufwendiges Verwaltungsverfahren angewandt wird, um die sehr wenigen Fälle aufzugreifen, die für den Wettbewerb ernste Probleme aufwerfen. Außerdem werden vergleichbare Einrichtungen in der gesamten EU auf einzelstaatlicher Ebene betrieben, die vielleicht zehnmal so viele Anmeldungen auslösen. Ferner nimmt die Anzahl der außerhalb der Gemeinschaft bestehenden Regelungen zu. Diese Fakten unterstreichen die Notwendigkeit, die Formalitäten zu vereinfachen, die Klarheit zu verbessern und die verschiedenen Systeme zu harmonisieren, wie der Wirtschafts- und Sozialausschuss bereits festgestellt hat(2) (vgl. auch Ziffer 3.12 unten).

2.2. Die Auswirkungen der Fusionskontrolle sind nicht bloß und nicht einmal in erster Linie nach der Anzahl der formal erledigten Fälle zu beurteilen. Von Bedeutung ist offensichtlich, welche strukturellen Veränderungen zunächst vorgeschlagen werden, und die Fälle, in denen sich die Behörden zu einem Eingreifen entschließen, haben große Signalwirkung für die gesamte Volkswirtschaft.

2.3. Vor diesem Hintergrund begrüßt es der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss, dass die Kommission eine Debatte darüber eröffnet, wie das Gesamtsystem der europäischen Fusionskontrolle verbessert werden kann, und diesbezüglich konstruktive Vorschläge unterbreitet. Das Ziel muss ein beschleunigtes und einfacheres europäisches Fusionskontrollverfahren sein.

2.4. Eine Beurteilung anhand der Fusionskontrollvorschriften ist jedoch zwangsläufig komplex und wird noch durch den ständig rascheren Wandel der wirtschaftlichen Bedingungen erschwert, die u. a. durch die Globalisierung verursacht werden. Dadurch wächst der Zwang, die Wirtschafts- und Produktionsstrukturen weiterzuentwickeln, um eine zunehmende Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtwirtschaft der Gemeinschaft auf den Weltmärkten zu gewährleisten, worauf der Ausschuss bereits früher hingewiesen hat(3).

2.5. Die Fusionskontrolle sollte daher im Kontext der Weltwirtschaft gesehen werden, um den ständig wachsenden internationalen Wettbewerbsdruck auf die europäischen Unternehmen zu berücksichtigen. Der Ausschuss möchte betonen, dass sich die Beurteilung des Erwerbsvorgangs auf eine gründliche und globale Marktanalyse stützen muss und sich somit nicht darauf beschränken sollte, nur die europäischen Verhältnisse zu berücksichtigen. Der Ausschuss hat mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Marktabgrenzung nicht zu eng gefasst sein darf und dass die Kommission auch die ständige Veränderung und Erweiterung der Märkte stärker berücksichtigen muss(4).

2.6. Unter diesen Umständen müssen die Auswirkungen auf den Wettbewerb im Mittelpunkt einer Betrachtung der Fusionskontrolle stehen. Das Ziel der Wettbewerbspolitik ist es letztlich, die Interessen der Verbraucher zu wahren. Überlegungen, die in andere Politikfelder hineinreichen, dürfen keine kontraproduktiven Maßnahmen auslösen. Der Ausschuss ist sich der mit Strukturveränderungen verbundenen vielschichtigen wirtschaftlichen und sozialen Probleme selbstverständlich bewusst. Sie können nicht alle im Rahmen der Fusionskontrolle behandelt werden, sondern nur im Zusammenspiel der allgemeinen Wettbewerbspolitik mit z. B. der Regionalpolitik, den Bemühungen um Forschung und Bildung, der Arbeitsmarktpolitik, Verbraucherpolitik usw.

2.7. Es muss berücksichtigt werden, dass eine Umstrukturierung die notwendige Voraussetzung für eine langfristige Gewährleistung einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft ist und somit u. a. eine hohe Arbeitslosigkeit verhindert. Wie aus Artikel 127 des EG-Vertrags hervorgeht, soll das Ziel eines hohen Beschäftigungsniveaus bei der Festlegung und Durchführung der Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen beachtet werden. Die Arbeitnehmer haben also ein legitimes Interesse daran, im Zusammenhang mit einer Fusion gehört zu werden (Ziffer 3.3.7 unten). Der Ausschuss möchte jedoch darauf hinweisen, dass diese Konsultation, genauso wie die Befragung sonstiger Betroffener, innerhalb der festgesetzten Fristen und unter strenger Beachtung der erforderlichen Geheimhaltung geschehen muss. Als überwölbendes Prinzip sollte unter allen Umständen gelten, dass staatliche Eingriffe in den Umstrukturierungsprozess auf die Fälle beschränkt sein sollten, in denen mit einem hohen Maß an Gewissheit davon ausgegangen werden kann, dass das Zusammenschlussvorhaben gravierende, dauerhafte Wettbewerbsbeeinträchtigungen zur Folge haben wird. Der Ausschuss wird auf diese Probleme bei der Behandlung der materiellrechtlichen Fragen des Grünbuches ausführlicher zurückkommen (Ziffer 3.2 unten).

3. Besondere Bemerkungen

3.1. Fragen der Zuständigkeit

A. Gemeinschaftsweite Bedeutung; Ausweitung der Zuständigkeit der Kommission

3.1.1. Der Ausschuss nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, mit welcher Sorgfalt die Kommission die Anhörung der interessierten Kreise vorgenommen hat und die Funktionsweise der geltenden Schwellenwerte unter Berücksichtigung des Problems der Mehrfachanmeldungen überprüft hat. Dies verdient umso mehr Anerkennung, als diese Verfahren möglicherweise für KMU besondere Schwierigkeiten aufwerfen.

3.1.2. In diesem Zusammenhang möchte der Ausschuss erneut seine nachdrückliche Unterstützung des Grundsatzes einer einzigen Anlaufstelle betonen und seine Ansicht bekräftigen, dass Zusammenschlüsse mit signifikanten Auswirkungen über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinaus als Fälle von gemeinschaftsweiter Bedeutung betrachtet werden sollten(5).

3.1.3. Aus den in Anhang 1 zum Grünbuch enthaltenen Informationen und der Analyse der Kommission geht hervor, dass die mit Artikel 1 Absatz 3 in der Fassung von 1997 verbundene Zielsetzung nicht erreicht wurde. Mehrfachanmeldungen verursachen weithin wachsende Probleme zum Schaden der Unternehmen und der Wettbewerbsbehörden. Es sollte ganz klar ohne ungebührliche Verzögerungen angemessene Abhilfe geschaffen werden.

3.1.4. Der Ausschuss stimmt mit der Schlussfolgerung der Kommission überein, dass Änderungen an den gegenwärtigen Kriterien von Artikel 1 Absatz 3 oder Änderungen von Artikel 22 wahrscheinlich nicht geeignet sind, die notwendige Verbesserung herbeizuführen (GB, Ziffern 51-53).

3.1.5. Der Ausschuss unterstützt daher den Vorschlag, dass in Fällen, die in drei oder mehr Ländern angemeldet werden müssen, die automatische Zuständigkeit der Gemeinschaft gegeben ist (GB, Ziffer 57). Das Ergebnis davon wäre in der Praxis eine bessere Übereinstimmung mit dem Konzept der gemeinschaftsweiten Bedeutung (3.1.2). Der Ausschuss ist jedoch der Ansicht, dass der Vorschlag nicht weit genug geht, um das Problem effektiv anzugehen. Die Regel sollte stattdessen auf einer Anmeldung in zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufbauen. Da eine einzelstaatliche Anmeldung jedoch nicht immer vorgeschrieben ist, sollte das Kriterium dahingehend abgewandelt werden, dass der Zusammenschluss einer Überprüfung (die unter die einzelstaatliche Zuständigkeit fällt) in zwei oder mehr Mitgliedstaaten unterliegt.

3.1.6. Aus den im Grünbuch angegebenen Gründen (Fußnote 10) müsste die Zuständigkeit von den zuständigen einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden bestätigt werden. Da der Zeitfaktor eine wesentliche Rolle spielt, unterstützt der Ausschuss den Vorschlag, ein Nichtwiderspruchsverfahren mit einer sehr kurzen Frist einzuführen. Das Ergebnis dieses Verfahrens sollte endgültig und bindend sein. Daher sollte eine einzelstaatliche Wettbewerbsbehörde, die ihre Zuständigkeit abgelehnt hat, diesen Fall in einem späteren Stadium nicht wiederaufgreifen dürfen.

3.1.7. Eine radikalere Lösung wäre die Beseitigung der Schwellenwerte in der Fusionskontrollverordnung. Ein derartiger Schritt würde jedoch eine Koordinierung der Schwellenwerte auf mitgliedstaatlicher Ebene erfordern, damit die Zuständigkeit der Gemeinschaft nicht völlig von der einzelstaatlichen Gesetzgebung abhängt und um eine Usurpation des Konzepts der gemeinschaftsweiten Bedeutung zu vermeiden.

3.1.8. Mit der Vollendung des Binnenmarktes und insbesondere im Hinblick auf die Erweiterung müssen die verschiedenen unterschiedlichen Konzepte harmonisiert werden und ein integriertes System bilden. Harmonisierte Umsatzschwellenwerte könnten beispielsweise dadurch ermittelt werden, dass sie zum BIP der Mitgliedstaaten in Beziehung gesetzt werden.

3.1.9. Wie die Kommission zu Recht feststellt, ist eine weitere Angleichung der Schlüsselelemente erforderlich (GB, Ziffer 68). Nach Ansicht des Ausschusses macht es in einem wirtschaftlich integrierten Europa wenig Sinn, in Fällen von gemeinschaftsweiter Bedeutung unterschiedliche Vorschriften anzuwenden. Daher sollten die einzelstaatlichen Fusionskontrollvorschriften mit der Fusionskontrollverordnung in Einklang gebracht werden oder die Verordnung sollte von den einzelstaatlichen Wettbewerbsbehörden direkt angewandt werden, wenn die Schwellenwerte in drei (zwei) oder mehr Mitgliedstaaten nicht erreicht werden (vgl. die "Modernisierungsreform"). Mit der Vollendung des Binnenmarktes sollte es auch weniger notwendig sein, sich mit relativ kleinen Zusammenschlüssen zu befassen, und die einzelstaatlichen Schwellenwerte sollten entsprechend angepasst werden. Der Ausschuss fordert die Kommission dringend auf, Arbeiten zu einer materiellrechtlichen wie auch verfahrensrechtlichen Harmonisierung in Angriff zu nehmen.

B. Verweisung an die Mitgliedstaaten

3.1.10. Der Ausschuss meldet generell Vorbehalte gegen Verweisungen an, da sie eine Ausnahmeregelung vom angemessenen Gleichgewicht zwischen Gemeinschaftszuständigkeit und Subsidiaritätsprinzip darstellen(6). Dieses Argument hat zugegebenermaßen weniger Gewicht in Fällen ohne nennenswerte grenzüberschreitende Auswirkungen. Nach Ansicht des Ausschusses sind derartige Verweisungen dennoch nicht akzeptabel, wenn sie zu Rechtsunsicherheit oder mehr als vernachlässigbaren Verzögerungen führen.

3.1.11. Die Kriterien von Artikel 9 sollten daher vereinfacht und die Frist entsprechend verkürzt werden. Der Ausschuss stimmt daher mit der allgemeinen Linie der Kommissionsvorschläge überein (GB, Ziffer 81). Der Ausschuss ist jedoch nicht davon überzeugt, dass das Erfordernis einer marktbeherrschenden Stellung aufgegeben werden sollte. Der antragstellende Mitgliedstaat sollte zumindest vernünftigerweise nachweisen, dass der Zusammenschluss wahrscheinlich eine marktbeherrschende Stellung innerhalb seines Gebiets zur Folge hat. Gelingt dieser Nachweis nicht, erscheint die Verweisung eines Zusammenschlusses, der ja unter die Fusionskontrollverordnung fällt, als nicht begründet. Die Antragsfrist sollte um eine Woche verkürzt werden.

3.1.12. Laut Aussage des Grünbuchs (Ziffer 82) sollten die anmeldenden Parteien durch die Verweisung nicht schlechter gestellt werden. Der Ausschuss stimmt in vollem Umfang zu und daher auch dem Vorschlag, nicht nur die Fristregelung, sondern auch das Verfahren der Fusionskontrollverordnung als solche anzuwenden. Dies sollte die Verpflichtung seitens der nationalen Wettbewerbsbehörden einschließen, die auf dem Formblatt CO vorgenommene Anmeldung zu akzeptieren, ohne von den Parteien eine nochmalige Anmeldung nach den nationalen Vorschriften zu verlangen. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass in diesen Fällen das materielle Gemeinschaftsrecht angewendet werden müsste. Dies zeigt auch allgemein, dass eine bessere internationale Koordination und Harmonisierung der Verfahren für die Fusionskontrolle angestrebt werden muss.

3.1.13. Der Grundsatz einer Nichtschlechterstellung der Parteien und das generelle Interesse, ein Zusammenschlussvorhaben in transparenter, umfassender Weise zu behandeln (u. a. einzige Anlaufstelle), stellen jedoch das Verfahren der Teilverweisung in Frage. Nach Ansicht des Ausschusses leidet dieses Verfahren unter denselben wenn nicht noch schlimmeren Schwächen und Mängeln wie die Mehrfachanmeldung. Der Ausschuss vertritt daher die Auffassung, dass Teilverweisungen nicht gestattet sein sollten, weder in geographischer Hinsicht noch unter bestimmten Aspekten des Zusammenschlusses. Dies bedeutet, dass ein Fall von der Kommission einzig an eine einzelstaatliche Behörde verwiesen werden kann und die Zuständigkeit dann allein bei dem betreffenden Mitgliedstaat liegt.

3.1.14. Die Kommission argumentiert, sie sollte die Möglichkeit erhalten, in Anwendung derselben Kriterien wie die antragstellenden Mitgliedstaaten Fälle aus eigener Initiative zu verweisen (GB, Ziffer 81 b). Nach Ansicht des Ausschusses hat dieses Argument einiges für sich, der Ausschuss zweifelt jedoch, ob es in der Praxis einen großen Unterschied macht; es ist schwer vorstellbar, dass die Kommission einem Mitgliedstaat einen Fall "aufzwingen" würde, mit dem dieser sich nicht befassen will.

C. Gemeinsame Verweisungen an die Kommission

3.1.15. Die Schwachstellen von Artikel 22 Absatz 3 werden im Grünbuch deutlich zur Sprache gebracht. Die Bestimmung ist eindeutig obsolet geworden und Versuche, sie besser anwendbar zu machen, sind gescheitert. Falls die Kommission aufgrund des vorgeschlagenen Drei-Länder-Erfordernisses eine automatische Zuständigkeit erhalten würde, würden gemeinsame Verweisungen in der Praxis lediglich von zwei Mitgliedstaaten vorgenommen. Ihr Potential zur Lösung der durch Mehrfachanmeldungen verursachten Probleme dürfte dann noch geringer sein als gegenwärtig. Falls die Bestimmung überhaupt beibehalten werden soll, sollte die Verweisung nach Ansicht des Ausschusses von der Zustimmung der Parteien abhängig gemacht werden. Wie jedoch bereits erwähnt (Ziffer 3.1.5 oben), ist die Kommission der Ansicht, dass eine automatische Zuständigkeit dann gegeben sein wird, wenn zwei oder mehr Mitgliedstaaten betroffen sind. In diesem Fall wäre Artikel 22 Absatz 3 vollkommen überfluessig.

D. Der Begriff des "Zusammenschlusses"

3.1.16. Minderheitsbeteiligungen sollten nach Ansicht des Ausschusses nicht unter die Fusionskontrollverordnung fallen, solange sie nicht die Grundlage für eine Kontrolle über das betreffende Unternehmen sind. Ausübung der Kontrolle ist das relevante, angemessene Kriterium, das den Geltungsbereich der Verordnung in dieser Hinsicht bestimmt. Eine diesbezügliche Ungewissheit würde zu Rechtsunsicherheit führen und die Anzahl der Anmeldungen unnötigerweise erhöhen. Im Grünbuch werden keine Fakten ausgebreitet, die auf signifikante Probleme im Zusammenhang mit Minderheitsbeteiligungen hinwiesen - ob diese mit einer personellen Verflechtung auf der Leitungsebene gekoppelt sind oder nicht -, die nicht effizient gemäß Artikel 81-82 EGV behandelt werden könnten.

3.1.17. Wie der Fall Alitalia-KLM beweist, kann eine strategische Allianz in den Geltungsbereich der Fusionskontrollverordnung fallen (GB, Ziffer 114). Dies ist jedoch eher die Ausnahme als die Regel, da derartige Allianzen ihrem Wesen nach gewöhnlich nicht strukturiert sind. Gegenwärtig sieht der Ausschuss keinen Anlass, den Geltungsbereich der Fusionskontrollverordnung in dieser Hinsicht auszuweiten. Der Ausschuss stimmt somit mit der Schlussfolgerung des Grünbuches überein (Ziffer 113).

3.1.18. 1998 wurden die sog. kooperativen Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmen in die Fusionskontrollverordnung einbezogen. Die Erfahrung zeigt, dass dies eine angemessene Maßnahme war. Der Ausschuss stimmt mit der Kommission darin überein, dass kein Grund für eine Überprüfung dieser Änderung vorliegt.

3.1.19. Der Ausschuss ist jedoch nicht voll damit einverstanden, dass in Bezug auf Teilfunktions-Gemeinschaftsunternehmen nichts geschehen sollte (GB, Ziffer 123). Offenkundig sollten nicht alle diese Unternehmen in die Fusionskontrollverordnung einbezogen werden. Wie die Kommission ausführt, sollten sie generell nicht stärker einer Ex-ante-Kontrolle unterliegen als beispielsweise F+E-Gemeinschaftsunternehmen. Einige sind jedoch mit einem dauerhaften Strukturwandel und großen Investitionen verbunden und könnten von daher eine Anmeldung rechtfertigen. Dies gilt hauptsächlich für jene Teilfunktionsgemeinschaftsunternehmen, bei denen ein Produktivanlagevermögen vorhanden ist. Um keine unnötige Anmeldung auszulösen und angesichts der Tatsache, dass derartige Gemeinschaftsunternehmen in der strukturell-kooperativen Grauzone rangieren, könnte die Anmeldung fakultativ sein; wird davon kein Gebrauch gemacht, fände Artikel 81 EGV Anwendung.

3.1.20. Hinsichtlich verbundener Erwerbsvorgänge stimmt der Ausschuss im Prinzip mit der Kommission überein. So sollten formal getrennte Erwerbsvorgänge, die in einem wirtschaftlichen Gesamtzusammenhang stehen und zeitlich eng miteinander verknüpft sind, als ein und derselbe Zusammenschluss behandelt werden. Der Ausschuss warnt jedoch vor einer Änderung der geltenden Vorschriften, ohne dass eine weitere sorgfältige Analyse der Auswirkungen vorgenommen wird. Damit sind offenkundig sehr technische Fragen verbunden, und es ist nicht immer leicht, die praktischen Auswirkungen vorauszusehen. Auch Erwerbsvorgänge, die tatsächlich getrennt sind, laufen Gefahr, ungerechtfertigterweise als ein Vorgang aufgefasst zu werden.

3.1.21. Die Kommission schlägt beispielsweise die Einbeziehung "schleichender Übernahmen" vor, aber nach Ansicht des Ausschusses ist schwer vorstellbar, wie dies in der Praxis funktionieren sollte. Auch ist nicht klar, warum man sich mit Erwerbungen befassen sollte, die ohne Erreichen der Kontrolle vorgenommen wurden, wenn bei einigen davon jede strukturelle Absicht fehlt. Wie bei "feindlichen Übernahmen" ist der Ausschuss der Ansicht, dass die Vorschriften so neutral wie möglich sein und nicht zum Vorteil einer Partei gereichen sollten.

3.1.22. Laut Grünbuch (Ziffer 144) will die Kommission bestimmte Wagniskapitaltransaktionen von einer Prüfung bei einer Ausweitung von Artikel 3 Absatz 5 ausnehmen. Der Ausschuss unterstützt die Idee als einen Schritt, die Anzahl unnötiger Anmeldungen auf ein Minimum zu reduzieren. Eine tiefergehende Beurteilung würde mehr technische Details der beabsichtigten Änderung erfordern.

3.1.23. Die Kommission verweist auf gewisse Diskrepanzen zwischen Artikel 3 Absatz 3 und Artikel 5 Absatz 4, die durch die Definition der Begriffe "Kontrolle" und "Unernehmensgruppe" verursacht werden. Der Ausschuss hält diese Unstimmigkeiten im Prinzip für unbefriedigend, sodass Abhilfe geschaffen werden sollte, auch wenn sie in der Praxis nur selten Probleme aufwerfen. Grundlage sollte eindeutig das Konzept der "Kontrolle" sein. Artikel 5 Absatz 4 könnte dahingehend umformuliert werden, dass es einfach heißt, ein Unternehmen gilt als Teil einer Unternehmensgruppe, wenn es von dieser kontrolliert wird (im Sinne von Artikel 3 Absatz 3).

3.2. Materiellrechtliche Fragen

A-B. Die materiellrechtliche Prüfung; Effizienzvorteile

3.2.1. Zunächst möchte der Ausschuss der Kommission für die Eröffnung der Debatte über diese wichtige Frage danken, die nicht nur den Aspekt der Regulierung aufweist, sondern auch mit verschiedenen wichtigen Aspekten der Anwendung verknüpft ist.

3.2.2. Angesichts der fortschreitenden Globalisierung der Wirtschaft und der zunehmenden überregionalen Umstrukturierung möchte der Ausschuss auch die Notwendigkeit für eine weitere internationale Harmonisierung betonen.

3.2.3. In diesem Zusammenhang hält es der Ausschuss für wesentlich, einige der Kernmerkmale des Wandels hervorzuheben, der gegenwärtig die gesamte Wirtschaft erfasst.

3.2.4. Die Globalisierung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes. Sie verursacht einen grundlegenden, dauerhaften Wandel. Für viele Sektoren, die für das Wachstum, die Beschäftigung und den Wohlstand in Europa von strategischer Bedeutung sind, bedeutet dies, dass sie ihre Anpassungsfähigkeiten erheblich steigern müssen. Umstrukturierung macht den Wesenskern dieses Geschehens aus. Man sollte sich vor Augen halten, dass die europäische Industrie im Vergleich zu der anderer wichtiger Regionen - insbesondere den USA - noch zu diversifiziert strukturiert ist. Bei den Wachstumsraten hinkt Europa immer noch den USA hinterher.

3.2.5. Der Wettbewerbsdruck nimmt auf globaler Basis stetig zu. Daher haben nationale Grenzen und Märkte immer geringere Bedeutung. Die Produkt- und Technologieentwicklung beschleunigt sich, und die Kundenpräferenzen wechseln rascher. Dies und eine größere Wahlfreiheit verstärken die Größenvorteile, die u. a. mit F+E und Marketing verbunden sind. Die Umstrukturierung der Unternehmen, sowohl intern als auch extern, geht immer rascher vonstatten. Branchen und Unternehmen verschmelzen und fügen sich zu neuen Mustern.

3.2.6. Die allgemeine Marktliberalisierung und der Abbau der Zugangsschranken habe einen spürbaren potentiellen Wettbewerbsdruck erzeugt; die "global players" haben die Kapazitäten und die Fähigkeit, auf allen Märkten präsent zu sein. Produkte können beinahe überall hergestellt werden, und die moderne Informationstechnologie ermöglicht die Erbringung von Dienstleistungen über weite Entfernungen. Daher sind die Unternehmen einem Wettbewerb aus der ganzen Welt ausgesetzt. Auch europäische Unternehmen sehen sich oft sehr mächtigen Wettbewerbern gegenüber.

3.2.7. Es ist daher von ausschlaggebender Bedeutung, dass das Wirtschaftsklima in Europa für die Wettbewerbsfähigkeit günstig ist. Die Wirtschaftspolitik muss daher den Transformationsdruck aufrechterhalten, aber auch die Umwandlung von Unternehmen in wirklich effektive Einheiten erleichtern. Falls dieser Prozess nicht ablaufen kann, lässt sich das vom Europäischen Rat auf seinem Lissabonner Gipfeltreffen gesetzte Ziel nicht erreichen, nämlich die Europäische Union "zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen - einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen".

3.2.8. Vor diesem Hintergrund liegt es für den Ausschuss auf der Hand, dass ein längerfristiger und dynamischerer Ansatz bei der Beurteilung eines Zusammenschlussvorhabens erforderlich ist. Die Entwicklung unterstreicht und bestätigt vom Ausschuss bereits getroffene Feststellungen(7). Dieser Ansatz ist von Bedeutung für die Abgrenzung des relevanten Marktes und mehr noch für die Durchführung des Marktbeherrschungstests. Das Kernproblem ist, die Fusionskontrolle mit den wirtschaftlichen Realitäten in Einklang zu bringen und den Wettbewerbsschutz nicht zu lockern. Dem Ausschuss ist natürlich bewusst, dass die Beurteilung von Zusammenschlüssen keine exakte Wissenschaft ist und dass die Bändigung der Marktdynamik ein ziemlich komplexes Problem darstellt. Dies macht es aber noch wichtiger, das Problem in Angriff zu nehmen. Darum kommt man nicht herum und der Ausschuss hält es für voll machbar. Der Ausschuss möchte insbesondere darauf hinweisen, dass dies unbedingt erforderlich ist, damit eine Fusionsüberprüfung nicht kontraproduktiv wirkt und wichtigen Konkurrenten, wie z. B. den USA, einen unbegründeten, strukturellen Wettbewerbsvorteil verschafft. Der Ausschuss fordert die Kommission auf, unverzüglich mit der Arbeit zu beginnen.

3.2.9. Dies führt zu der Frage, ob der sog. SLC-Test ("Substantial lessening of competition" - wesentliche Wettbewerbsverminderung) besser geeignet ist, eine dynamische Perspektive zu vermitteln. Davon abgesehen hat internationale Konvergenz offensichtlich etwas für sich.

3.2.10. Der Ausschuss stimmt mit der Kommission in der Feststellung überein, dass zwischen dem Marktbeherrschungstest und dem SLC-Test zahlreiche Gemeinsamkeiten bestehen (GB, Ziffer 162). Unterschiede haben nach Ansicht des Ausschusses größtenteils mit der Anwendung und Auslegung zu tun und nicht mit der Konzeption. Der zweite Baustein des Marktbeherrschungstests nimmt insbesondere Bezug auf die wirtschaftlich ausgerichtete Analyse und Beurteilung. Er bürgt für ein hohes Maß an Flexibilität und Ermessensspielraum(8), Merkmale, die häufig dem SLC-Test zugeschrieben werden.

3.2.11. Die Anwendung der Fusionskontrollverordnung stützt sich auf ein breites Spektrum von Beurteilungskriterien, die im Großen und Ganzen auch bei der Anwendung des SLC-Tests verwendet werden. Das Problem bei der Fusionskontrollverordnung ist, dass sie kein umfassendes, theoretisch wohlfundiertes analytisches Modell bereitstellt, in das sich die aufgelisteten Faktoren und Tests einordnen lassen. Es lässt sich argumentieren, dass sie daher gegenwärtig weniger geeignet ist, die dynamischen Prozesse usw., wie oben beschrieben, zu erfassen. Dies dürfte aber mehr oder weniger vollständig eine Frage der Entwicklung der Methodik für die Anwendung sein.

3.2.12. Ein deutlich wahrnehmbarer, wichtiger Unterschied ist in Bezug auf die fusionsspezifischen Effizienzvorteile festzustellen. Auf jeden Fall scheint es nicht eindeutig zu sein, welchen Spielraum das EU-Recht gegenwärtig hierfür vorsieht. Die Erzielung derartiger Effekte gehört häufig zu den legitimen Motiven eines Zusammenschlussvorhabens. Wenn dadurch die Interessen der Verbraucher und das Ziel einer gesamtwirtschaftlichen Effizienzsteigerung gefördert werden, sieht der Ausschuss keine Gründe, warum sie nicht berücksichtigt werden sollten. Die ausdrückliche Einbeziehung der Effizienzvorteile in die Fusionskontrollverordnung scheint daher sachlich gerechtfertigt und könnte außerdem das Interesse an einer Harmonisierung steigern.

3.2.13. Abschließend vertritt der Ausschuss die Auffassung, dass sich die wünschenswerte Annäherung an einen globalen Standard durch internationale Zusammenarbeit und die dezidierte Entwicklung eines zweiten Bausteins von Artikel 2 Absatz 3 erreichen lässt. Der Ausschuss hält daher einen Übergang zum SLC-Test nicht für erforderlich. Dieser könnte vielmehr sogar zu einer unnötigen Rechtsunsicherheit führen. Durch eine Beibehaltung des Marktbeherrschungstests lässt sich auch eine nachteilige Diskrepanz zwischen dem EU-Recht und den einzelstaatlichen Fusionsregeln vermeiden. Der Ausschuss möchte auch auf die Vorteile einer Übereinstimmung der Begriffe der Verordnung mit den sonstigen Wettbewerbsregeln hinweisen (Artikel 82). Ferner sollte beachtet werden, dass bereits jetzt die Möglichkeit zum Eingriff gegeben ist, wenn Unternehmen gemeinsam eine marktbeherrschende Stellung innehaben. Die Schlussfolgerung lautet mithin, dass der SLC-Test nicht in die Fusionskontrollverordnung aufgenommen werden sollte. Der Ausschuss hält es ferner für sehr wichtig, verstärkte Anstrengungen um eine pragmatische Koordinierung der amerikanischen und gemeinschaftlichen Verfahren zu unternehmen, da es für die Parteien eine starke Belastung darstellt, Fälle parallel zu betreiben.

C. Vereinfachtes Verfahren

3.2.14. Der Ausschuss beglückwünscht die Kommission zum Erfolg des vereinfachten Verfahrens (GB, Ziffer 174) und fordert die Kommission nachdrücklich auf, es beispielsweise in Richtung auf ein kürzeres Formblatt CO weiterzuentwickeln. Ferner vertritt der Ausschuss die Auffassung, dass Verweisungen in Fällen nach dem vereinfachten Verfahren nicht möglich sein sollten. Artikel 9 Absatz 2 sollte entsprechend abgeändert werden.

3.2.15. Der Ausschuss unterstützt die Vorstellung uneingeschränkt, dass "harmlose" Fusionsfälle gar nicht erst bearbeitet zu werden bräuchten (GB, Ziffer 177). Der Ausschuss hegt indes einige Zweifel hinsichtlich des vorgeschlagenen Verfahrens einer Gruppenfreistellung, die möglicherweise mehr Komplizierungen heraufbeschwören könnte als sie löst.

3.2.16. Das Konzept einer De-minimis-Schwelle hat ebenfalls einige Vorteile. Es ist jedoch nicht klar, wie es in der Praxis funktionieren würde und welche rechtlichen Auswirkungen es hätte. Der Ausschuss findet den Vorschlag der Kommission in Bezug auf die "kleinen Märkte" (GB, Ziffer 178) interessant, er muss jedoch noch weiter ausgearbeitet werden. Der Ausschuss betont, dass die Einführung einer aktuellen Schwelle nicht zur Anwendung nationaler Regelungen mit einhergehenden Mehrfachanmeldungen etc. führen darf.

3.3. Verfahrensrechtliche Fragen

A. Das die Anmeldepflicht begründende Ereignis

3.3.1. Wie im Grünbuch erläutert (Ziffer 182) möchten die Parteien die Anmeldung so frühzeitig wie möglich vornehmen, um den betreffenden Zusammenschluss durchführen zu dürfen. Daher brauchte an der derzeitigen einwöchigen Frist nicht festgehalten zu werden. Nach Auffassung des Ausschusses sollte die Frist daher aufgehoben werden und es den Parteien überlassen bleiben, über den Zeitpunkt der Anmeldung zu befinden. Man sollte sich vor Augen halten, dass die Anmeldung frühestens dann vorgenommen werden kann, wenn die Parteien die gemäß dem Formblatt CO erforderlichen Informationen liefern können.

B. Aufschub des Vollzugs

3.3.2. Der Ausschuss vertritt generell die Ansicht, dass ähnliche Fälle in der gleichen Weise behandelt werden sollten und hat daher keine Einwände gegen die vorgeschlagene Ausweitung von Artikel 7 Absatz 3. Der Ausschuss möchte jedoch ebenfalls wiederholen, das bei typischen Konfliktfällen zwischen den Parteien die Vorschriften so neutral wie möglich sein sollten (vgl. oben Ziffer 3.1.21). Etwaige Änderungen sollten mit Blick auf eine derartige Neutralität vorgenommen werden.

C. Berechnung der Fristen

3.3.3. Der Ausschuss erkennt klar die Vereinfachung, die sich mit der durchgängigen Verwendung von Arbeitstagen anstelle von Kalendertagen erzielen ließe. Die Umstellung darf in der Praxis jedoch nicht zu einer Fristverlängerung führen.

D. Effiziente Verwaltung

3.3.4. Für die Parteien ist es offenkundig integraler Bestandteil des Konzepts einer einzigen Anlaufstelle, über eine einzige Anmeldestelle zu verfügen. Der Ausschuss hält es daher nicht für eine gute Idee, sie für Kopien an die Mitgliedstaaten verantwortlich zu machen. Stattdessen kann die Kommission ein elektronisches Informationsaustauschsystem einrichten, wie in der Modernisierungsreform vorgesehen, vorausgesetzt natürlich, dass die Geheimhaltung zuverlässig gesichert ist. Aus praktischen Gründen muss die elektronische Anmeldung fakultativ bleiben.

E. Vollständigkeit der Anmeldung

3.3.5. Der Ausschuss nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, dass seit Veröffentlichung der Verhaltensleitlinien im Jahr 1999 die Zahl der Unvollständigkeitserklärungen abgenommen hat (GB, Ziffer 199). Dennoch hält der Ausschuss grundsätzlich daran fest, dass eine Frist festgelegt werden sollte. Alternativ könnte eine Vorschrift eingeführt werden, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist die Unvollständigkeitserklärung die Zustimmung des Anhörungsbeamten erfordern würde.

F. Verpflichtungszusagen im Rahmen der Fusionskontrolle

3.3.6. Die Probleme mit dem derzeitigen Verfahren werden im Grünbuch ausführlich beschrieben und erläutert (beispielsweise Ziffer 207). Kurz zusammengefasst geraten die Parteien manchmal ungebührlich unter Zeitdruck zwischen einer verspäteten Mitteilung der Beschwerdepunkte und der letzten Frist. Der Ausschuss unterstützt daher die Einführung einer Bestimmung zur Fristaussetzung, wonach für eine begrenzte Zeit "die Uhr angehalten" würde, vorausgesetzt dass es vollständig den Parteien obliegt, diese Bestimmung anzuwenden.

3.3.7. Eine derartige Bestimmung hätte ihren größten Wert natürlich in der zweiten Untersuchungsphase. Sie sollte jedoch auch in der ersten Untersuchungsphase anwendbar sein. Wenn innerhalb eines kurzen Zeitrahmens operiert würde, ist es für den Ausschuss nicht ersichtlich, warum es der Kommission überlassen bleiben sollte, ob sie dem Antrag in der ersten Untersuchungsphase stattgibt (GB, Ziffer 219). Generell ist in der zweiten Untersuchungsphase mehr Zeit erforderlich, und der Ausschuss könnte sogar eine Verlängerungsmöglichkeit von bis zu 30 Tagen akzeptieren, vorausgesetzt, dass dieser Zeitrahmen nicht vollständig in Anspruch genommen werden muss. Diese Vorschrift sollte also flexibel in dem Sinne gehandhabt werden, dass die Parteien die erforderliche Anzahl von Tagen in Anspruch nehmen könnten, ohne den vollen Zeitraum auszulösen. Der Kommission und den Mitgliedstaaten würde die gleiche Anzahl von Tagen zugestanden.

3.3.8. Nach Ansicht des Ausschusses ließen sich die Probleme auch leichter lösen, wenn die Kommission die Parteien aktiver beraten würde, welche Maßnahmen zur Klärung des Zusammenschlussvorhabens erforderlich sind.

3.3.9. Eine weitere Abänderung des Verfahrens, die in Betracht gezogen werden könnte, wäre die Festlegung einer Frist für die Erklärung von Einwänden.

G. Artikel 8 Absatz 4 - Rückgängigmachung vollzogener Zusammenschlüsse

3.3.10. Nach Ansicht des Ausschusses hat dieses Problem keine praktische Bedeutung; der Ausschuss ist mit der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen durch die Kommission einverstanden.

H-I. Durchführungsvorschriften; Anmeldegebühren

3.3.11. Da sich die Fusionskontrollverordnung nicht auf eine unerlaubte Handlung bezieht, hält der Ausschuss die Analogie zur Verordnung Nr. 17 für falsch und irrelevant. Auch erkennt der Ausschuss keine stichhaltigen Gründe für die angegebenen Rechtsmittel und Sanktionen.

3.3.12. Der Ausschuss lehnt die Einführung von Anmeldegebühren entschieden ab. Die Dienstleistungen der Kommission, insbesondere Rechtsdurchsetzungsmaßnahmen, sollten aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert werden.

J. Verfahrensrechte und Kontrollmechanismen

3.3.13. Das Verbot eines Zusammenschlusses ist eine einschneidende Maßnahme. Daher sollten in der Praxis die Gerichte stärker einbezogen werden. Zwar wurden in einigen Fällen Rechtsmittel eingelegt, doch halten die Parteien dies noch häufig nicht für eine realistische Option. Das verbesserte Verfahren des Gerichts erster Instanz ist natürlich lobenswert, doch hält es der Ausschuss für verfrüht, sich zu dessen Auswirkungen zu äußern.

3.3.14. In vielen Staaten muss eine Untersagungsentscheidung u. a. von einem Gericht getroffen werden. Nach der geltenden Gemeinschaftsregelung hat die Kommission jedoch eine duale Funktion als Ermittlungsbehörde und Spruchkörper. Nach Ansicht des Ausschusses sollte dieses System unter dem Aspekt der Rechtssicherheit überdacht werden. Seines Erachtens sprechen grundsätzliche, schwerwiegende Gründe dagegen, dass dasselbe Organ, das über eine Sache mit im Regelfall weitreichenden wirtschaftlichen Auswirkungen entscheidet, auch die Ermittlungsfunktion ausübt. Der Ausschuss ist sich selbstverständlich auch bewusst, dass das bestehende System nicht ohne sorgfältige Überlegungen von Grund auf geändert werden kann und eine solche Reform mehr Zeit erfordert, als im Rahmen der gegenwärtigen Revision zur Verfügung steht. Im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung dieses Problems möchte der Ausschuss die Kommission auffordern, eine tiefergehende Debatte darüber einzuleiten, welches System langfristig am zufriedenstellendsten und zweckmäßigsten ist.

3.3.15. Der Ausschuss erkennt auch Raum für "interne" Verbesserungen. Die Rolle des Anhörungsbeauftragten sollte gestärkt werden. Er sollte die Möglichkeit haben, das gesamte Verfahren zu überwachen. Der Anhörungsbeauftragte sollte unabhängig von der GD Wettbewerb sein und sowohl auf eigene Initiative als auch auf eine Klage der Fusionsparteien hin tätig werden können. Die Mittel sollten aufgestockt werden, damit sie im Verhältnis zu seinem Auftrag stehen.

3.3.16. Die Kommission betont in ihrem Grünbuch (Ziffer 242-244) die Wichtigkeit dessen, dass auch die von einer beantragten Fusion betroffenen Verbraucherverbände sowie die betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit bekommen, sich zu äußern, und bittet um Vorschläge, wie dies am besten geschehen könnte. Der Ausschuss teilt die Auffassung, dass es bei vielen Unternehmenszusammenschlüssen wichtig ist, allen betroffenen Parteien - insbesondere den Arbeitnehmern und Verbrauchern, jedoch in vielen Fällen auch den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften - die Möglichkeit zu geben, sich zum Verfahren zu äußern. Dafür muss ein System gefunden werden, das sich mit den Bemühungen um ein schnelleres und vereinfachtes Fusionskontrollverfahren vereinbaren lässt. Was die Arbeitnehmer anbetrifft, so werden die betreffenden Unternehmen in vielen Fällen durch die neue Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer gezwungen sein, ihre Mitarbeiter über die Folgen der beabsichtigten Fusion zu unterrichten und sie dazu zu hören. Die in diesem Verfahren gewonnenen Informationen können es der Kommission erleichtern, sich über die Ansichten der Arbeitnehmer Kenntnis zu verschaffen. Es müsste vorgesehen werden, dass die Konsultation immer - und zwar vor der endgültigen Genehmigung der Fusion - erfolgt.

3.3.17. Es ist selbstverständlich, dass die Kommission den Arbeitnehmern der direkt betroffenen Unternehmen stets die Möglichkeit einräumen muss, sich zu äußern; der Ausschuss hält es jedoch darüber hinaus für erforderlich, dass versucht wird, auch die Ansicht der Vertretungsorgane der Arbeitnehmer der betroffenen Branchen auf europäischer Ebene einzuholen. Letztere dürften häufig über die besten Voraussetzungen verfügen, um die langfristigen und globaleren Auswirkungen auf die Beschäftigung einer geplanten Fusion zu bewerten.

3.3.18. Insgesamt ist es jedoch wichtig, dass die Fusionskontrollverordnung ihrem Zweck nach dafür genutzt wird, den Wettbewerb zu fördern, um die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu steigern. Dies bedeutet, dass die Verordnung so angewendet werden können sollte, dass die langfristigen positiven Auswirkungen auf Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung als Grund für die Genehmigung eines Unternehmenszusammenschlusses genommen werden können, selbst wenn der Zusammenschluss kurzfristig negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zeitigen sollte.

Brüssel, den 17. Juli 2002.

Der Präsident

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Göke Frerichs

(1) Der Ausschuss stellt einige Übersetzungsprobleme im Grünbuch, zumindest unter Ziffer 13 (Einleitung), fest.

(2) Stellungnahme des WSA vom 10. Juli 1996, ABl. C 295 vom 7.10.1996, Berichterstatter: Herr Bagliano.

(3) Der Ausschuss stellt einige Übersetzungsprobleme im Grünbuch, zumindest unter Ziffer 13 (Einleitung), fest.

(4) Siehe u. a. Stellungnahme des WSA vom 6. Juli 1994, ABl. C 388 vom 31.12.1994, Berichterstatter: Herr Petersen.

(5) Stellungnahme des WSA vom 25. Oktober 1995, ABl. C 18 vom 22.1.1996, Berichterstatter: Herr Petersen; Stellungnahme des WSA vom 10. Juli 1996, ABl. C 295 vom 7.10.1996, Berichterstatter: Herr Bagliano.

(6) Stellungnahme des WSA vom 10. Juli 1996 (Ziffer 7.7.1), ABl. C 295 vom 7.10.1996.

(7) Stellungnahme des WSA vom 10. Juli 1996, ABl. C 295 vom 7.10.1996.

(8) Vgl. beispielsweise das Urteil zu Kali und Salz vom 14.5.1975, Sammlung der Rechtsprechung 1975, S. 499.

ANHANG

zur Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgender (vom Berichterstatter leicht abgeänderter) Änderungsantrag, auf den über ein Viertel der abgegebenen Stimmen entfiel, wurde im Verlauf der Beratungen abgelehnt:

Ziffer 3.3.16

Diese Ziffer sollte mit dem Satz enden: "... Dafür muss ein System gefunden werden, das sich mit den Bemühungen um ein schnelleres und vereinfachtes Fusionskontrollverfahren vereinbaren lässt."

Ziffer 3.3.17

Neuformulierung unter Berücksichtigung des am Ende der Ziffer 3.3.16 gestrichenen Textes: "Was die Arbeitnehmer und ihre Vertreter anbetrifft, so sind deren Rechte auf Unterrichtung und Anhörung über die möglichen Folgen beabsichtigter Fusionen bereits umfassend durch die Richtlinie über Europäische Betriebsräte und die Richtlinie zur Information und Konsultation der Arbeitnehmer geregelt. Damit haben die Arbeitnehmer der direkt betroffenen Unternehmen und, sofern sie es wünschen, auch die Vertreter der Arbeitnehmer der betroffenen Branchen auf europäischer Ebene stets die Möglichkeit, sich zu äußern. Die in diesem Verfahren gewonnenen Informationen können es der Kommission erleichtern, die Auswirkungen auf die Beschäftigung einer geplanten Fusion zu bewerten."

Begründung

Erstens ist es sinnvoll, die Konsultation der Arbeitnehmer in einem einzigen Absatz zu behandeln. Zweitens sollte deutlicher auf die bestehende Rechtslage auf europäischer Ebene Bezug genommen werden.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 18, Nein-Stimmen: 21, Stimmenthaltungen: 2.

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