EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Verbraucherinformation, Widerrufsrecht und andere Verbraucherrechte

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher

Richtlinie (EU) 2019/2161 zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG und der Richtlinien 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der EU

WAS IST DER ZWECK DER RICHTLINIEN?

Richtlinie 2011/83/EU bemüht sich darum:

  • den Verbraucherschutz durch die Harmonisierung verschiedener wesentlicher Aspekte nationaler Rechtsvorschriften zu Verträgen zwischen Verbrauchern und Händlern anzuheben;
  • den Handel zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), insbesondere für Verbraucher, die Online-Käufe tätigen, zu fördern.

Mit der Richtlinie wurde die Fernabsatzrichtlinie (97/7/EG) und die Haustürgeschäfterichtlinie (85/577/EWG) ersetzt.

Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der EU wird die Richtlinie 2011/83/EU geändert. Die Änderungen erhöhen den Schutz der Verbraucher in der EU in einigen Gebieten wie dem Einkauf über Online-Marktplätze*, die Transparenz der Preispersonalisierung* und das Ranking der Online-Angebote und die Verbraucherrechte bei der Nutzung „kostenloser“ Online-Dienste.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Geltungsbereich

  • Mit einigen Ausnahmen, wie zum Beispiel dem Gesundheitswesen, Sozialdienstleistungen oder Finanzdienstleistungen (z. B. Verbraucherkredit und Versicherung), bezieht sich die Richtlinie 2011/83/EU, in der Fassung der Richtlinie (EU) 2019/2161, auf eine breite Palette an Verträgen, die zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern abgeschlossen werden, nämlich Kaufverträge*, Dienstleistungsverträge*, Verträge über digitale Online-Inhalte und Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom und Fernwärme. Sie gilt für Verträge, die in Geschäften und für Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen (zum Beispiel im Haus) oder aus der Ferne (z. B. im Internet) abgeschlossen werden.
  • Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 zur Änderung wird der Geltungsbereich der Richtlinie 2011/83/EU auf Verträge ausgeweitet, in deren Rahmen der Unternehmer für den Verbraucher digitale Dienstleistungen* oder digitale Inhalte* erbringt oder deren Erbringung zusagt, und der Verbraucher personenbezogene Daten*. Sie legt außerdem zusätzliche Informationspflichten für Anbieter von Online-Marktplätzen hinsichtlich der Verträge fest, die Verbraucher mit unterschiedlichen Händlern auf dem Online-Marktplatz abschließen.

Informationsanforderungen

  • Der Unternehmer muss dem Kunden vor Vertragsabschluss in klarer und verständlicher Sprache Auskunft geben über:
    • seine Identität und Kontaktdaten;
    • die wesentlichen Eigenschaften des Produkts sowie
    • die geltenden Bedingungen, darunter Zahlungsbedingungen, Lieferzeit, Erfüllung und Laufzeit des Vertrags sowie Kündigungsbedingungen.
  • In Geschäften muss über die Punkte Auskunft erteilt werden, die nicht bereits ersichtlich sind.
  • Für Fernabsatzverträge (z. B. online, telefonisch oder im Versandhandel abgeschlossene Verträge) sowie für Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wurden (z. B. wenn der Unternehmer dem Kunden einen Besuch zu Hause abstattet), gelten umfassendere Informationsanforderungen, insbesondere in Bezug auf das Widerrufsrecht.
  • Die Richtlinie (EU) 2019/2161 zur Änderung fügt der Richtlinie spezifische Informationsanforderungen für Verträge, die über Online-Marktplätze abgeschlossen werden, hinzu. Online-Marktplätze müssen:
    • Verbraucher informieren, ob ein Drittanbieter ein Unternehmer ist oder nicht (z. B. ein weiterer Verbraucher);
    • den Verbraucher darauf hinweisen, dass EU-Vorschriften zum Verbraucherschutz nicht für Verträge mit Nichtunternehmern gelten; und
    • erklären, wer für die Erfüllung des Vertrags verantwortlich ist: der Drittanbieter oder der Online-Marktplatz selbst.
  • Zudem verlangt die Richtlinie (EU) 2019/2161 zur Änderung von den Unternehmern, dass sie die Verbraucher darüber informieren, wenn der Preis auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert ist.

Widerrufsrecht

  • Verbraucher können Verträge im Fernabsatz und Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden innerhalb von 14 Tagen nach Lieferung der Waren* oder Abschluss des Dienstleistungsvertrags, auf den sich bestimmte Ausnahmen beziehen, ohne Erklärung oder Kosten widerrufen. Ein vom Verkäufer bereitgestelltes Standardwiderrufsformular genügt. Werden die Verbraucher nicht über ihre Rechte aufgeklärt, verlängert sich die Widerrufsfrist um 12 Monate.
  • Ausnahmen gelten unter mehreren Umständen, zum Beispiel für verderbliche Waren, versiegelte Waren, die vom Kunden geöffnet wurden und die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zurückgegeben werden können, sowie Hotelreservierungen oder Autovermietungen, die an ein bestimmtes Datum geknüpft sind. Ausnahmen gelten zudem unter bestimmten Umständen für Verträge über die Lieferung digitaler Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn die Ausführung mit begonnen hat.
  • Wenn Verbraucher einen Vertrag widerrufen, haben sie von der Verwendung des digitalen Inhalts bzw. der digitalen Dienstleistungen sowie von deren Bereitstellung an Dritte abzusehen.

Keine ungerechtfertigten Kosten oder Zusatzgebühren

  • Unternehmern ist es untersagt, von Verbrauchern Entgelte für die Verwendung eines Zahlungsmittels zu verlangen, die über die dem Unternehmer für die Nutzung des betreffenden Zahlungsmittels entstehenden Kosten hinausgehen. In vielen Fällen sind solche Entgelte komplett verboten im Einklang mit der Richtlinie über Zahlungsdienste (Richtlinie (EU) 2015/2366 – siehe Zusammenfassung).
  • Bei telefonischen Anfragen oder Beschwerden beim Unternehmer ist der Verbraucher nicht verpflichtet, mehr als den Grundtarif zu zahlen.
  • Der Unternehmer muss vom Verbraucher eine ausdrückliche Zustimmung einholen, wenn kostenpflichtige Zusatzleistungen angeboten werden. Bereits mit einem Haken versehene Felder dürfen auf dem Bestellformular für solche Zahlungen nicht verwendet werden.

Sanktionen

  • Die Richtlinie  2011/83/EU verlangt von den Mitgliedstaaten die Einführung wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen für Verstöße gegen die innerstaatlichen Vorschriften, mit denen die Richtlinie umgesetzt wird.
  • Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 zur Änderung wird eine Liste der Kriterien eingeführt, die bei der Verhängung von Sanktionen angewandt werden. Sie verlangt außerdem von den Mitgliedstaaten, Möglichkeiten zur Auferlegung von Geldstrafen in Höhe von mindestens 4 % des Jahresumsatzes des Unternehmers, oder 2 Millionen EUR, wenn keine Informationen über den Umsatz des Unternehmers vorliegen, einzurichten. Solche Geldstrafen müssen möglich sein, wenn die Behörden der Mitgliedstaaten im Rahmen der Verordnung zum Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (Verordnung (EU) 2017/2394 – siehe Zusammenfassung) gemeinsam an großen grenzüberschreitenden Verstößen arbeiten, die Verbraucher in mehreren Mitgliedstaaten betreffen.

WANN TRETEN DIE RICHTLINIEN IN KRAFT?

Richtlinie 2011/83/EU gilt für Verträge, die nach dem 13. Juni 2014 geschlossen wurden.

Die Richtlinie (EU) 2019/2161 zur Änderung musste bis 28. November 2021 von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden und ist seit 28. Mai 2022 in Kraft.

HINTERGRUND

Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Online-Marktplatz. Ein Dienst, der es Verbrauchern durch die Verwendung von Software, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, die vom oder im Namen des Gewerbetreibenden betrieben wird, ermöglicht, Fernabsatzverträge mit anderen Gewerbetreibenden oder Verbrauchern, abzuschließen.
Preispersonalisierung. Hierbei setzen Händler unterschiedliche Preise für einzelne Verbrauchergruppen fest, basierend auf einer automatisierten Analyse der Vorlieben und Zahlungsbereitschaft dieser Kunden.
Kaufvertrag. Jeder Vertrag, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder die Übertragung des Eigentums an dieser Ware zusagt, einschließlich von Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben.
Dienstleistungsvertrag. Jeder Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und durch den der Händler dem Kunden eine Dienstleistung anbietet oder anbieten wird, einschließlich digitaler Dienste.
Digitale Dienstleistung. Das ist:
  • eine Dienstleistung, die dem Verbraucher die Erstellung, Verarbeitung und Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu Daten in digitaler Form ermöglicht, oder
  • eine Dienstleistung, die die gemeinsame Nutzung der von dem Verbraucher oder von anderen Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder jedwede sonstige Interaktion mit diesen Daten, ermöglicht.
Digitale Inhalte Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden.
Personenbezogene Daten: Alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare Person beziehen.
Waren. Zu ihnen gehören:
  • bewegliche körperliche Gegenstände – Wasser, Gas und Strom gelten als Waren, wenn sie in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden;
  • und bewegliche körperliche Gegenstände, die in einer Weise digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen nicht erfüllen könnten (Waren mit digitalen Elementen).

HAUPTDOKUMENTE

Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64-88).

Nachfolgende Änderungen der Richtlinie 2011/83/EU wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinien 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union (ABl. L 328 vom 18.12.2019, S. 7-28).

VERBUNDENE DOKUMENTE

Bekanntmachung der Kommission — Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2011/83/EWG des Rates über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. C 525 vom 29.12.2021, S. 1-85).

Richtlinie (EU) 2019/771 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs, zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/2394 und der Richtlinie 2009/22/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG (ABl. L 136 vom 22.5.2019, S. 28-50).

Siehe konsolidierte Fassung.

Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (ABl. L 136 vom 22.5.2019, S. 1-27).

Siehe konsolidierte Fassung.

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss – Neugestaltung der Rahmenbedingungen für die Verbraucher (COM(2018) 183 finalvom 11.4.2018).

Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 345 vom 27.12.2017, S. 1-26).

Siehe konsolidierte Fassung.

Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (Neufassung) (ABl. L 26 vom 2.2.2016, S. 19-59).

Siehe konsolidierte Fassung.

Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (ABl. L 326 vom 11.12.2015, S. 1-33).

Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66-92).

Siehe konsolidierte Fassung.

Letzte Aktualisierung: 03.02.2022

Top