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Document 52014DC0057
REPORT FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT AND THE COUNCIL on the implementation by the Member States of the Framework Decisions 2008/909/JHA, 2008/947/JHA and 2009/829/JHA on the mutual recognition of judicial decisions on custodial sentences or measures involving deprivation of liberty, on probation decisions and alternative sanctions and on supervision measures as an alternative to provisional detention
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Umsetzung der Rahmenbeschlüsse 2008/909/JI, 2008/947/JI und 2009/829/JI über die gegenseitige Anerkennung von Urteilen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, von Bewährungsentscheidungen und alternativen Sanktionen und von Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft durch die Mitgliedstaaten
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Umsetzung der Rahmenbeschlüsse 2008/909/JI, 2008/947/JI und 2009/829/JI über die gegenseitige Anerkennung von Urteilen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, von Bewährungsentscheidungen und alternativen Sanktionen und von Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft durch die Mitgliedstaaten
/* COM/2014/057 final */
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Umsetzung der Rahmenbeschlüsse 2008/909/JI, 2008/947/JI und 2009/829/JI über die gegenseitige Anerkennung von Urteilen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, von Bewährungsentscheidungen und alternativen Sanktionen und von Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft durch die Mitgliedstaaten /* COM/2014/057 final */
INHALTSVERZEICHNIS 1........... Einleitung...................................................................................................................... 3 2........... Hintergrund der Rahmenbeschlüsse:
ein schlüssiges Paket sich gegenseitig ergänzender Legislativinstrumente.................................................................................................... 4 3........... Aktueller Stand der Umsetzung und
Folgen der Nichtumsetzung.............................. 5 4........... Vorläufige Bewertung der
eingegangenen Umsetzungsvorschriften........................... 6 4.1........ Rolle des Betroffenen im Rahmen des
Überstellungsverfahrens................................. 7 4.2........ Grundsatz des gegenseitigen
Vertrauens: Es erfolgt grundsätzlich keine Anpassung des Strafspruchs 8 4.3........ Folgeentscheidungen: Unterschiede
bei der Strafvollstreckung.................................. 9 4.4........ Zustimmungspflicht bei
Überstellungen, sofern keine Zurückweisungsgründe vorliegen 9 4.5........ Fristen......................................................................................................................... 10 4.6........ Zusammenhang zwischen den
Rahmenbeschlüssen und dem Europäischen Haftbefehl 11 4.7........ Erklärungen zu Übergangsbestimmungen.................................................................. 11 5........... Neue rechtliche Rahmenbedingungen,
um sicherzustellen, dass die Legislativinstrumente der dritten Säule in der
Praxis angewandt werden................................................................................ 12 6........... Fazit............................................................................................................................ 12 BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE
PARLAMENT UND DEN RAT Umsetzung der
Rahmenbeschlüsse 2008/909/JI, 2008/947/JI und 2009/829/JI über die gegenseitige
Anerkennung von Urteilen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder
Maßnahme verhängt wird, von Bewährungsentscheidungen und alternativen
Sanktionen und von Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft
durch die Mitgliedstaaten 1. Einleitung In einem auf gegenseitigem Vertrauen basierenden
europäischen Justizraum hat die Union Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen,
dass Gebietsfremde, gegen die ein Strafverfahren läuft, nicht anders behandelt
werden als diejenigen, die in dem jeweiligen Staat wohnhaft sind. Dies ist
angesichts der großen Anzahl von Unionsbürgern, die in anderen Mitgliedstaaten
inhaftiert sind, von besonderer Bedeutung. 2008 und 2009 nahm die EU deshalb drei sich
ergänzende Rahmenbeschlüsse an, deren Umsetzungsfristen inzwischen abgelaufen
sind: –
Der Rahmenbeschluss 2008/909/JI[1] des Rates über die
Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in
Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt
wird (Überstellung verurteilter Personen), war bis zum
5. Dezember 2011 umzusetzen. Zum einen gestattet es dieser Beschluss
einem Mitgliedstaat, eine freiheitsentziehende Strafe zu vollstrecken, die
durch einen anderen Mitgliedstaat gegen eine Person verhängt wurde, die im
ersten Mitgliedstaat verbleibt. Zum anderen wird durch ihn ein System
eingerichtet, mit dem verurteilte Personen an den Mitgliedstaat der Staatsangehörigkeit
oder des Wohnsitzes (oder in einen anderen Mitgliedstaat, zu dem enge Bindungen
bestehen) überstellt werden können, um dort ihre freiheitsentziehende Strafe zu
verbüßen. –
Der Rahmenbeschluss 2008/947/JI des Rates[2] über die Anwendung des
Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und
Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die Überwachung von
Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen (Bewährung und alternative
Sanktionen) war bis zum 6. Dezember 2011 umzusetzen. Dieser
Beschluss findet Anwendung auf zahlreiche Alternativen zur Haft und auf
Maßnahmen zur Erleichterung einer vorzeitigen Entlassung (z. B. eine
Verpflichtung, bestimmte Orte nicht zu betreten, eine gemeinnützige Leistung zu
erbringen oder Weisungen, die den Aufenthalt, die Ausbildung oder
Berufstätigkeit betreffen, Folge zu leisten). Die Bewährungsentscheidung oder
andere alternative Sanktionen können mit Zustimmung des Betroffenen in einem
anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden. –
Der Rahmenbeschluss 2009/829/JI[3] des Rates über die
Anwendung – zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – des
Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über
Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft (Europäische
Überwachungsanordnung) war bis zum 1. Dezember 2012 umzusetzen.
Er betrifft die vorläufige Entlassung aus der Untersuchungshaft im Rahmen des
Ermittlungsverfahrens. Er macht es möglich, dass eine Überwachungsmaßnahme ohne
Freiheitsentzug (z. B. eine Verpflichtung, sich an einem bestimmten Ort
aufzuhalten oder sich zu bestimmten Zeiten bei einer bestimmten Behörde zu
melden) von dem Mitgliedstaat, in dem der Gebietsfremde verdächtigt wird, eine
Straftat begangen zu haben, an den Mitgliedstaat übertragen wird, in dem er
seinen Wohnsitz hat. Somit kann ein Verdächtiger einer Überwachungsmaßnahme in
seinem Heimatmitgliedstaat unterzogen werden, bis das Verfahren in dem anderen
Mitgliedstaat stattfindet, anstatt in Untersuchungshaft genommen zu werden. Die Auswertung der zahlreichen Antworten auf das
Grünbuch der Kommission vom Juni 2011 zur Anwendung der
EU-Strafrechtsvorschriften im Bereich des Freiheitsentzugs[4] ergab, dass die
ordnungsgemäße und fristgerechte Umsetzung der Rahmenbeschlüsse absoluten
Vorrang haben sollte. Dieser Bericht soll daher zweierlei leisten:
erstens den Stand der Umsetzung der Rahmenbeschlüsse vor dem Hintergrund der
Tatsache bewerten, dass die Kommission ab dem 1. Dezember 2014[5] befugt ist,
Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten; zweitens eine vorläufige Bewertung
der bei der Kommission bereits eingegangen nationalen Umsetzungsvorschriften
vorzunehmen. 2. Hintergrund
der Rahmenbeschlüsse: ein schlüssiges Paket sich gegenseitig ergänzender
Legislativinstrumente Jedes Jahr werden Zehntausende von Unionsbürgern
wegen mutmaßlicher Verbrechen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen
Union strafrechtlich verfolgt oder verurteilt. Sehr häufig ordnen die
Strafgerichte bei Gebietsfremden Untersuchungshaft an, weil befürchtet wird,
dass der Betroffene zum Verfahren nicht erscheinen wird. Eine beschuldigte
Person, die in dem Land wohnhaft ist, würde in einer vergleichbaren Situation
dagegen in der Regel einer weniger einschneidenden Überwachungsmaßnahme, wie
einer Meldeauflage oder einem Reiseverbot, unterworfen werden. Die Rahmenbeschlüsse müssen als ein Paket
schlüssiger und sich ergänzender Rechtsvorschriften gesehen werden, welche die
Frage des Freiheitsentzugs von Unionsbürgern in einem andern Mitgliedstaat
angehen und potenziell zu einer Verringerung der Untersuchungshaft bzw. zur
Erleichterung der sozialen Wiedereingliederung von Straftätern im
grenzüberschreitenden Kontext führen können. Zwischen den drei
Rahmenbeschlüssen bestehen in der Tat funktionale Verbindungen wie auch
zwischen den Rahmenbeschlüssen und dem Europäischen Haftbefehl[6]. Die korrekte Umsetzung der Europäischen
Überwachungsanordnung durch alle Mitgliedstaaten wird es Personen, gegen
die ein Europäischer Haftbefehl ausgestellt wurde, erlauben, bis zur
Gerichtsverhandlung im anderen Mitgliedstaat rasch in ihren Wohnsitzstaat
zurückzukehren. Dadurch wird nach Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls
und vor dem eigentlichen Verfahren eine lange Untersuchungshaft im Ausland
vermieden. Ferner wird eine korrekte Umsetzung des Rahmenbeschlusses über Bewährung
und alternative Sanktionen die Richter, die darauf vertrauen können, dass
eine Person in einem anderen Mitgliedstaat angemessen überwacht wird, dazu
ermutigen, anstelle des Freiheitsentzugs eine alternative Sanktion zu
verhängen, die im Ausland vollstreckt wird. Es gibt auch einen Zusammenhang zwischen dem
Rahmenbeschluss zur Europäischen Überwachungsanordnung und dem
Rahmenbeschluss Bewährung und alternative Sanktionen. Wurde die
beschuldigte Person während des Ermittlungsverfahrens bereits auf der Grundlage
einer Europäischen Überwachungsanordnung zurückgesandt und hat sie
gezeigt, dass sie die ihr für die Dauer des Ermittlungsverfahrens auferlegten
Auflagen einhält, wird der Richter selbstverständlich eher geneigt sein,
(anstelle des Freiheitsentzugs) alternative Sanktionen zu verhängen, die
anschließend im Ausland vollstreckt werden können. Des Weiteren stellt Artikel 25 des
Rahmenbeschlusses Überstellung von verurteilten Personen eine Verbindung
zum Europäischen Haftbefehl her. Diese Bestimmung erlaubt es in
Verbindung mit Artikel 4 Absatz 6 und
Artikel 5 Absatz 3 des Europäischen Haftbefehls einem
Mitgliedstaat, die Überstellung von Staatsbürgern oder dort wohnhaften Personen
zu verweigern, wenn er sich dazu verpflichtet, die Haftstrafe gemäß dem Rahmenbeschluss
Überstellung von verurteilten Personen zu vollstrecken. Dieses Legislativpaket kann seine volle Wirkung
nur entfalten, wenn die Rahmenbeschlüsse ordnungsgemäß in nationales Recht
umgesetzt werden. 3. Aktueller
Stand der Umsetzung und Folgen der Nichtumsetzung Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts
hatten 10, 14 bzw. 16 Mitgliedstaaten die Rahmenbeschlüsse mehr als zwei
Jahre bzw. ein Jahr nach Ablauf der Umsetzungsfrist noch nicht umgesetzt. Nur
folgende Mitgliedstaaten haben der Kommission die nationalen
Umsetzungsvorschriften gemeldet: –
Überstellung verurteilter Personen: von DK, FI, IT, LU und UK vor Ablauf der Umsetzungsfrist und
von AT, BE, CZ, FR, HR, HU, LV, MT, NL, PL, RO, SI und SK nach Ablauf
der Umsetzungsfrist. –
Bewährung und alternative Sanktionen: von DK und FI vor Ablauf der Umsetzungsfrist und von AT,
BE, BG, CZ, HR, HU, LV, NL, PL, RO, SI und SK nach Ablauf der
Umsetzungsfrist. –
Europäischer Haftbefehl:
von DK, FI, LV und PL vor Ablauf der Umsetzungsfrist und von AT,
CZ, HR, HU, NL, RO, SI und SK nach Ablauf der Umsetzungsfrist. Keine
Meldung ging von folgenden Mitgliedstaaten ein[7]: –
Überstellung von verurteilten Personen: BG, CY, DE, EE, EL, ES, IE, LT, PT und SE. –
Bewährung und alternative Sanktionen: CY, DE, EE, EL, ES, FR, IE, IT, LT, LU, MT, PT, SE und UK. –
Europäische Überwachungsanordnung: BE, BG, CY, DE, EE, EL, ES, FR, IE, IT, LT, LU, MT, PT, SE und UK. Eine Tabelle über den aktuellen Stand der
Umsetzung der Rahmenbeschlüsse ist in der beiliegenden Arbeitsunterlage
zusammen mit einer Tabelle mit Angaben zu den diesbezüglichen Erklärungen der
Mitgliedstaaten enthalten. Rahmenbeschlüsse müssen von den Mitgliedstaaten
ebenso wie jede andere Rechtsvorschrift des EU-Besitzstands umgesetzt werden.
Rahmenbeschlüsse sind hinsichtlich des zu erreichenden Ergebnisses für die
Mitgliedstaaten verbindlich, doch bleibt die Wahl der Form und der Methode der
Umsetzung den Behörden der Mitgliedstaaten überlassen. Rahmenbeschlüsse haben
keine unmittelbare Wirkung. Allerdings gilt der Grundsatz konformer Auslegung
für Rahmenbeschlüsse, die unter Titel VI des Vertrags über die Europäische
Union fallen.[8] Die Nichtumsetzung der Rahmenbeschlüsse durch
einige Mitgliedstaaten ist sehr problematisch, da diejenigen Mitgliedstaaten,
welche die Rahmenbeschlüsse ordnungsgemäß umgesetzt haben, die Bestimmungen zur
Zusammenarbeit in ihren Beziehungen mit denjenigen Mitgliedstaaten, die die
Beschlüsse nicht fristgerecht umgesetzt haben, nicht nutzen können. Der
Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der Eckstein des gemeinsamen
Rechtsraums, macht eine gegenseitige Umsetzung erforderlich; dies kann nicht
funktionieren, wenn die Instrumente in den beiden betroffenen Mitgliedstaaten
nicht korrekt umgesetzt sind. Folglich müssen bei der Zusammenarbeit mit einem Mitgliedstaat,
der die Beschlüsse nicht fristgerecht umgesetzt hat, selbst diejenigen
Mitgliedstaaten, die dies getan haben, weiterhin die entsprechenden
Übereinkommen des Europarates zur Überstellung von verurteilten Personen oder
zur Strafvollstreckung in anderen Mitgliedstaaten anwenden. 4. Vorläufige
Bewertung der eingegangenen Umsetzungsvorschriften Bei den Sachverständigentreffen mit den
Mitgliedstaaten wurde klar, dass einige Fragen und rechtliche Bestimmungen
verstärkter Aufmerksamkeit bedürfen. Dieser Eindruck wurde auch im Rahmen einer
vorläufigen Analyse der Umsetzungsvorschriften der Mitgliedstaaten bestätigt,
die der Kommission bereits vorgelegt wurden. Aus diesem Grund stehen im Mittelpunkt dieses
Berichts einige Artikel, die angesichts der verfolgten Ziele den eigentlichen
Kern der Rahmenbeschlüsse bilden. Da dieser Bericht sich auf die drei
Rahmenbeschlüsse bezieht, sind die Artikel jeweils nach Themenbereich
zusammengefasst. Angesichts der Tatsache, dass es sich hierbei um
eine vorläufige Bewertung handelt und dass so viele Mitgliedstaaten ihrer
Verpflichtung zur Umsetzung der Rahmenbeschlüsse noch nicht nachgekommen sind,
ist es zu früh, um allgemeine Schlussfolgerungen über die Qualität der
Umsetzung zu ziehen. Ferner haben die Mitgliedstaaten bislang wenig
praktische Erfahrung mit der Anwendung der Rahmenbeschlüsse gesammelt. Zum
Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts lagen der Kommission nur einige wenige
aussagekräftige Informationen über die praktische Anwendung der
Rahmenbeschlüsse von drei Mitgliedstaaten vor (BE, FI und NL). Die wenigen
verfügbaren Zahlen zeigen, dass der Rahmenbeschluss Überstellung von
verurteilten Personen bereits angewandt wird, es aber noch zu keinen
Überstellungen auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses Bewährung und
alternative Sanktionen und der Europäischen Überwachungsanordnung
gekommen ist. Die Anstrengungen der Mitgliedstaaten, welche die
Rahmenbeschlüsse rechtzeitig umgesetzt haben, sind hervorzuheben und die
Anmerkungen zu diesen Mitgliedstaaten sind so zu verstehen, dass die Kommission
das Umsetzungsverfahren weiterhin unterstützen möchte. 4.1. Rolle
des Betroffenen im Rahmen des Überstellungsverfahrens (Artikel 6 Überstellung von verurteilten
Personen, Artikel 5 Bewährung und alternative Sanktionen und
Artikel 9 Europäische Überwachungsanordnung) Angesichts der Bedeutung der sozialen
Wiedereingliederung als Leitprinzip der Rahmenbeschlüsse müssen die
Umsetzungsvorschriften der Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die betroffene
Person im Rahmen von Überstellungsbeschlüssen angemessen konsultiert wird. Allerdings ist nach Artikel 6 Überstellung
von verurteilten Personen eine Überstellung ohne Zustimmung der
verurteilten Person unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Da dies gegenüber
dem Übereinkommen des Europarates aus dem Jahr 1983 einen neuen Aspekt
darstellt[9],
ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten diese Bestimmung korrekt umsetzen. Die
Umsetzungsvorschriften sollten eine Überstellung der verurteilten Personen ohne
deren Zustimmung nur in den drei genau abgegrenzten Fällen zulassen, die in
diesem Artikel genannt werden. Es sollte zumindest vorgesehen werden, dass die
Stellungnahme der verurteilten Person berücksichtigt wird (sofern sie sich noch
im Anordnungsstaat befindet), dass die verurteilte Person unterrichtet wird,
dass es zu einer Konsultation zwischen den zuständigen Behörden kommt und dass
die Behörden des Vollstreckungsstaates die Möglichkeit haben, eine begründete
Stellungnahme abzugeben. Eine vorläufige Analyse der Umsetzungsvorschriften
der Mitgliedstaaten zeigt, dass es nicht immer ausdrücklich vorgesehen ist,
dass die Person unterrichtet wird und dass ihr die Möglichkeit eingeräumt wird,
eine Stellungnahme abzugeben, die zu berücksichtigen ist. Dem Rahmenbeschluss Bewährung und alternative
Sanktionen zufolge ist die Zustimmung der verurteilten Person unerlässlich,
es sei denn, die Person ist bereits in den Vollstreckungsstaat zurückgekehrt,
sodass von ihrer Zustimmung ausgegangen werden kann. Dies ist wichtig, da
dieser Rahmenbeschluss nicht gegen den Willen der betroffenen Person angewandt
werden kann. Der Grund dafür ist, dass dieser Rahmenbeschluss nur dann zum
Tragen kommt, wenn die betroffene Person im Anordnungsstaat bereits
freigelassen wurde und als freier Mensch in ihr Heimatland zurückkehren möchte
und bereit ist, mit den für die Überwachung zuständigen Behörden
zusammenzuarbeiten. Dasselbe gilt für die Europäische Überwachungsanordnung,
die sich auf das Ermittlungsverfahren bezieht, in dem die Unschuldsvermutung
gilt. Die Kommission wird prüfen, ob die Mitgliedstaaten
in ihren Umsetzungsvorschriften ordnungsgemäß ein wirksames Verfahren
vorgesehen haben, in dem der verurteilten Person im Überstellungsverfahren
Mitsprache eingeräumt wird. 4.2. Grundsatz
des gegenseitigen Vertrauens: Es erfolgt grundsätzlich keine Anpassung des
Strafspruchs (Artikel 8 Überstellung von verurteilten
Personen, Artikel 9 Bewährung und alternative Sanktionen und
Artikel 13 Europäische Überwachungsanordnung) Es ist wichtig, dass zwischen der Achtung des
ursprünglichen Strafspruchs und den Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten ein
Ausgleich erzielt wird, um Konflikte, die das Funktionieren der
Rahmenbeschlüsse negativ beeinflussen könnten, zu vermeiden. Da die
Rahmenbeschlüsse auf dem Vertrauen in die Rechtssysteme anderer Mitgliedstaaten
basieren, sollte die Entscheidung des Richters im Anordnungsstaat anerkannt und
grundsätzlich keine Revision oder Anpassung der Entscheidung vorgenommen
werden. Nur wenn die Dauer oder die Art der Sanktion mit den nationalen
Rechtsvorschriften des Vollstreckungsstaates unvereinbar ist (zum Beispiel wenn
eine Höchststrafe vorgesehen ist), kann der Strafspruch angepasst werden. Die
angepasste Strafe muss jedoch der ursprünglichen Strafe so genau wie möglich
entsprechen und darf Art oder Dauer der im Anordnungsstaat verhängten Sanktion
nicht verschärfen. Einige Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit der
Anpassung erweitert, indem sie zusätzliche Bedingungen hinzugefügt haben (PL,
LV). Dies eröffnet dem Vollstreckungsstaat die Möglichkeit, zu prüfen, ob die
im Anordnungsstaat verhängte Sanktion derjenigen entspricht, die für die
Straftat normalerweise im Vollstreckungsstaat verhängt worden wäre. Ein solches
Vorgehen steht im Widerspruch zu den Zielen und dem Geist der Rahmenbeschlüsse. In Bezug auf Sanktionen, die keinen
Freiheitsentzug vorsehen, stellt der Rahmenbeschluss Bewährung und
alternative Sanktionen sicher, dass die Vollstreckung einer alternativen
Sanktion einem anderen Staat übertragen werden kann, selbst wenn eine Sanktion
dieser Art für eine derartige Straftat in diesem Staat nicht verhängt werden
würde. Da die Mitgliedstaaten jedoch zumindest die in
Artikel 4 Absatz 1 dieses Rahmenbeschlusses vorgesehenen
Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen vorsehen müssen, wird ein
positiver Nebeneffekt in der Förderung und Angleichung von Alternativen zum
Freiheitsentzug in den verschiedenen Mitgliedstaaten bestehen. Eine vorläufige
Prüfung der Rechtsvorschriften ergab, dass einige Mitgliedstaaten nicht alle
verbindlichen Maßnahmen umgesetzt haben (BG, PL). Dasselbe gilt für den Rahmenbeschluss Europäische
Überwachungsanordnung, wonach die Mitgliedstaaten nach Artikel 8 Absatz 1
mindestens sechs verbindliche Maßnahmen vorsehen müssen. HU lässt lediglich die
Übertragung von drei Überwachungsmaßnahmen zu. 4.3. Folgeentscheidungen:
Unterschiede bei der Strafvollstreckung (Artikel 17 Überstellung von verurteilten
Personen, Artikel 14 Bewährung und alternative Sanktionen und Artikel 18
Europäische Überwachungsanordnung) Wie lange die verurteilte Person wirklich
inhaftiert sein wird, hängt weitgehend von den Bestimmungen zur vorzeitigen und
bedingten Entlassung im Vollstreckungsstaat ab. Es bestehen diesbezüglich
erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten: In einigen
Mitgliedstaaten wird die verurteilte Person nach Verbüßen von zwei Dritteln der
Sanktion entlassen, in anderen nach einem Drittel. Nach Artikel 17 des Rahmenbeschlusses Überstellung
von verurteilten Personen ist das Recht des Vollstreckungsstaats auf die Vollstreckung
einer Sanktion, einschließlich der Gründe für eine vorzeitige und bedingte
Entlassung, anwendbar. Dieser Mitgliedstaat muss jedoch den Anordnungsstaat auf
dessen Ersuchen über die für eine etwaige vorzeitige oder bedingte Entlassung
im Vollstreckungsstaat geltenden Bestimmungen unterrichten. Falls der
Anordnungsstaat befürchtet, dass die Überstellung zu einer nach Ansicht des
Anordnungsstaats frühzeitigen Entlassung führen würde, kann dieser entscheiden,
die betroffene Person nicht zu überstellen und die Bescheinigung zurückziehen.
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten diese Pflicht zur
Unterrichtung auf Ersuchen vor der Überstellung und Vollstreckung der Strafe
ordnungsgemäß umgesetzt haben, was bei einigen Mitgliedstaaten nicht der Fall
ist. Die Kommission wird den Informationsaustausch über
die vorzeitige oder bedingte Entlassung mithilfe von Datenbanken in
Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern fördern. 4.4. Zustimmungspflicht
bei Überstellungen, sofern keine Zurückweisungsgründe vorliegen (Artikel 9 Überstellung von verurteilten
Personen, Artikel 11 Bewährung und alternative Sanktionen und Artikel 15
Europäische Überwachungsanordnung) Einer der neuen Aspekte der Rahmenbeschlüsse
besteht darin, dass sie grundsätzlich eine Pflicht zur Annahme von
Überstellungsanträgen vorsehen. Dies ist auf den Grundsatz der gegenseitigen
Anerkennung zurückzuführen, auf dem die Rahmenbeschlüsse basieren und der
seinen Niederschlag in der in allen Rahmenbeschlüssen vorgesehenen Bestimmung
findet, wonach der Vollstreckungsstaat ein vom Anordnungsstaat übermitteltes
Urteil anerkennt. Überstellungen können nur in begrenzten Fällen
zurückgewiesen werden, insbesondere bei Vorliegen der in den verschiedenen
Rahmenbeschlüssen genannten Gründe. Im Gegensatz dazu gibt es für den
Anordnungsstaat keine Verpflichtung zur Übermittlung eines Urteils (siehe
Artikel 4 Absatz 5 Überstellung von verurteilten Personen)
Eine vorläufige Analyse der Umsetzungsvorschriften
der Mitgliedstaaten ergab, dass beachtliche Unterschiede im Hinblick auf die
Umsetzung der Gründe für die Zurückweisung bestehen. Einige Mitgliedstaaten
haben nicht alle in den Rahmenbeschlüssen genannten Gründe für die
Zurückweisung umgesetzt (HU, LU, NL, DK, LV), andere haben zusätzliche Gründe
vorgesehen (AT, BE, DK). Einige Mitgliedstaaten haben die Gründe für die
Zurückweisung derart umgesetzt, dass die Umsetzung den zuständigen Behörden
freisteht (FI, LV, BG), in anderen dagegen ist die Umsetzung verbindlich (AT,
IT, MT, SK) und in einer dritten Gruppe ist eine Mischung der fakultativen und
verbindlichen Gründe festzustellen (BE, DK, HU, LU, NL, PL). Die Umsetzung zusätzlicher Gründe für die
Zurückweisung und deren Verbindlichkeit scheinen sowohl dem Wortlaut als auch
dem Geist der Rahmenbeschlüsse zu widersprechen. Zur Frage, ob die Anwendung der Gründe für die
Zurückweisung für die zuständigen Behörden, die die Entscheidung über die
Anerkennung und Vollstreckung treffen, einen fakultativen Charakter haben
sollte, sieht der Wortlaut der Rahmenbeschlüsse eindeutig vor, dass die
zuständige Behörde sich weigern „kann“, das Urteil anzuerkennen und die Strafe
zu vollstrecken, vorausgesetzt die Gründe für die Zurückweisung sind anwendbar.
Dem Wortlaut ist zu entnehmen, dass der zuständigen Behörde ein
Ermessensspielraum eingeräumt werden sollte, um Fall für Fall entscheiden zu
können, ob ein Grund für die Zurückweisung vorliegt. Dabei ist dem Aspekt der
sozialen Wiedereingliederung, der allen drei Rahmenbeschlüssen zugrunde liegt,
Rechnung zu tragen. Die Gründe für die Zurückweisung sollten deshalb als
fakultative Gründe für die zuständige Behörde umgesetzt werden. Dieser Ansatz entspricht dem Geist der
Rahmenbeschlüsse, die vorsehen, dass die Überstellung die Aussichten auf die
soziale Wiedereingliederung stärken soll und auf das ausdrückliche Ersuchen der
angeklagten oder verurteilten Person hin stattfinden kann. In einem solchen
Fall wäre eine Verpflichtung zur Zurückweisung einer Überstellung aufgrund des
Vorliegens von einem der Gründe normalerweise nicht im Interesse der
verurteilten Person selbst. 4.5. Fristen (Artikel 12 Überstellung von verurteilten
Personen, Artikel 12 Bewährung und alternative Sanktionen und Artikel 12
Europäische Überwachungsanordnung) Die Rahmenbeschlüsse richten ein neues,
vereinfachtes und wirksameres System für die Übertragung von Sanktionen zur
Erleichterung und Beschleunigung der justiziellen Zusammenarbeit ein. Aus
diesem Grund sehen sie hierfür feste Fristen vor. Die Fristen sollten von den Mitgliedstaaten derart
umgesetzt werden, dass die endgültige Entscheidung, einschließlich des
Rechtsbehelfsverfahrens, innerhalb der festgesetzten Frist getroffen wird.
Diese Frist darf nur in außergewöhnlichen Fällen überschritten werden. Obgleich es ein gemeinsames Anliegen ist, dass
alle Mitgliedstaaten sicherstellen, dass verurteilte Personen ihre Rechte
ausüben können und die ihnen gemäß einzelstaatlichem Recht zustehenden
Rechtsmittel in Anspruch nehmen können, haben AT, HU und LV in ihren
Umsetzungsvorschriften keinerlei Regelung bezüglich einer maximalen Frist
vorgesehen, innerhalb welcher eine Entscheidung des Gerichts bei
Widerspruchsverfahren bezüglich Überstellungen ergehen muss. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass
ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Aufnahme von Rechtsmitteln in das
eigene Rechtssystem und der Bedeutung der Einhaltung der Fristen bei der
Umsetzung der Rahmenbeschlüsse gewährleistet wird[10]. 4.6. Zusammenhang
zwischen den Rahmenbeschlüssen und dem Europäischen Haftbefehl (Artikel 25 Überstellung von verurteilten
Personen und Artikel 21 Europäische Überwachungsanordnung) Artikel 25 des Rahmenbeschlusses zur Überstellung
von verurteilten Personen in Verbindung mit
Artikel 4 Absatz 6 und Artikel 5 Absatz 3 des
Rahmenbeschlusses zum Europäischen Haftbefehl erlaubt es einem
Mitgliedstaat, die Auslieferung einer Person auf der Grundlage eines
Europäischen Haftbefehl zu verweigern (bzw. gestattet es, die Auslieferung mit
der Bedingung zu verknüpfen, dass die Person dem Mitgliedstaat rücküberstellt
werden muss), sofern die betroffene Person ein Staatsbürger des Mitgliedstaates
ist oder dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, vorausgesetzt
der Mitgliedstaat verpflichtet sich, die Sanktion nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses
zur Überstellung von verurteilten Personen zu vollstrecken. Einige Mitgliedstaaten führten in ihren
Umsetzungsvorschriften nicht an, dass die nationalen Bestimmungen zur Umsetzung
des Rahmenbeschlusses zur Übermittlung von verurteilten Personen in den
oben genannten Situationen Anwendung finden (DK, HU, LU, LV, MT und SK). AT
sieht diese Möglichkeit lediglich dann vor, wenn der Auslieferungsantrag sich
auf die eigenen Staatsbürger bezieht. Anstatt die Verpflichtung zur
Vollstreckung der Sanktion, so wie diese im Anordnungsstaat verhängt wurde,
vorzusehen, hat sich NL das Recht vorbehalten, zu prüfen, ob die
verhängte Freiheitsstrafe derjenigen entspricht, die für diese Straftat in den
Niederlanden verhängt worden wäre. Dies scheint dem Wortlaut und dem Geist der
Rahmenbeschlüsse zu widersprechen. Artikel 21 des Rahmenbeschlusses über die Europäische
Überwachungsanordnung sieht die Möglichkeit vor, einen Europäischen
Haftbefehl auszustellen, um die Person rückzuüberstellen, sofern sie sich vor
Gericht verantworten muss oder ihre Rücküberstellung erforderlich ist, da sie
die Auflagen, die in der Europäischen Überwachungsanordnung verhängt wurden,
nicht erfüllt. Nicht alle Mitgliedstaaten haben Artikel 21 umgesetzt (HU,
LV und PL). Dies ist zu bedauern, da die Europäische
Überwachungsanordnung von ihrem Wesen her sehr hilfreich wäre, um es Personen
bei relativ leichten Straftaten zu erlauben, bis zum Beginn der
Gerichtsverhandlung nach Hause zurückzukehren. Genau aus diesem Grund sieht
Artikel 21 der Europäischen Überwachungsanordnung ausdrücklich vor,
dass von der Bedingung des Europäischen Haftbefehls abgesehen wird, wonach die
Straftat, für die ein Europäischer Haftbefehl ausgestellt werden kann, mit
Freiheitsentzug im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht sein muss.[11] 4.7. Erklärungen
zu Übergangsbestimmungen (Artikel 28 Überstellung von verurteilten
Personen) Artikel 28 des Rahmenbeschlusses zur Überstellung
von verurteilten Personen gestattet es den Mitgliedstaaten, zum Zeitpunkt
der Annahme dieses Rahmenbeschlusses eine Erklärung abzugeben, wonach der
Mitgliedstaat in Fällen, in denen das rechtskräftige Urteil vor dem angegebenen
Zeitpunkt (d. h. spätestens dem 5. Dezember 2011) ergangen ist,
weiterhin die für die Überstellung verurteilter Personen geltenden
Rechtsinstrumente anwenden wird. Die Rahmenbeschlüsse wurden am
27. November 2008 angenommen. Aus den Informationen, die der Kommission
übermittelt wurden, geht hervor, dass vier Mitgliedstaaten (IE, MT, NL und PL)
eine derartige Erklärung abgegeben haben. Allerdings haben IE, MT und PL den
jüngsten Informationen der Kommission zufolge die Erklärung nach dem Datum der
Annahme dieses Rahmenbeschlusses, d. h. nach dem
27. November 2008, angenommen. Nach Auffassung der Kommission sind
diese Erklärungen nicht gültig; die betreffenden Mitgliedstaaten sollten daher
die Zeitbegrenzung unverzüglich aus ihren bestehenden oder vorgeschlagenen
Umsetzungsvorschriften streichen. 5. Neue
rechtliche Rahmenbedingungen, um sicherzustellen, dass die Legislativinstrumente
der dritten Säule in der Praxis angewandt werden Die Rahmenbeschlüsse, die im Rahmen der
sogenannten „dritten Säule“ angenommen wurden, wurden einstimmig von allen
Mitgliedstaaten vereinbart, die sich verpflichtet haben, diese vor Ablauf der
Umsetzungsfrist umzusetzen. Die Mitgliedstaaten haben folglich eine
Rechtsordnung geschaffen, die für sie – wie in anderen Bereichen des
Unionsrechts – verbindlich ist, selbst wenn vor Ablauf der Übergangsfrist gemäß
Protokoll Nr. 36 des Vertrags von Lissabon kein Vollstreckungsmechanismus
verfügbar ist. Es ist ein gemeinsames Anliegen, dass die
Vollstreckbarkeit des Unionsrechts, einschließlich der im Rahmen der „dritten
Säule“ angenommenen Maßnahmen, nicht von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat – je
nach Grad der Umsetzung in die nationale Rechtsordnung – variiert, da dies die
Erreichung einer wirksamen justiziellen Zusammenarbeit gefährden würde. Ab dem 1. Dezember 2014 unterliegt der
Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in vollem Umfang der
gerichtlichen Kontrolle durch den Gerichtshof der Europäischen Union, wozu auch
Vorabentscheidungen über die Auslegung der Rechtsvorschriften zählen. Die
Kommission sowie die Mitgliedstaaten werden befugt sein,
Vertragsverletzungsverfahren gegen diejenigen Mitgliedstaaten einzuleiten, die
das Unionsrecht nicht oder nicht korrekt umgesetzt haben. Diese neuen Möglichkeiten werden insbesondere für
die wichtigsten Rechtsinstrumente aus der Zeit vor dem Vertrag von Lissabon im
Bereich des Strafrechts von Belang sein, wozu nach Ansicht der Kommission die
drei Rahmenbeschlüsse zählen. 6. Fazit Trotz der Anstrengungen, die einige
Mitgliedstaaten bislang unternommen haben, ist der Stand der Umsetzung dieser
drei wichtigen Rechtsinstrumente bislang alles andere als zufriedenstellend. Das Ziel der Schaffung eines Raums der Freiheit,
der Sicherheit und des Rechts für die Bürger der Europäischen Union, das in
Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union verankert ist, kann
nicht erzielt werden, wenn die Mitgliedstaaten die von allen gemeinsam
vereinbarten Instrumente nicht korrekt umsetzen. Die teilweise und unvollständige Umsetzung der
Rahmenbeschlüsse behindert die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen
Anerkennung auf dem Gebiet der Strafjustiz. Ferner wird dadurch der Grundsatz
des Vertrauensschutzes der Unionsbürger verletzt, da sie ein kostbares
Instrument verlieren, um die negativen Auswirkungen auf ihr Leben zu
beschränken, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat verdächtigt oder
beschuldigt werden, insbesondere diejenigen Bürger, gegen die ein Europäischer
Haftbefehl ergangen ist und gegen die ein Ermittlungsverfahren läuft.
Gleichzeitig kann auf diese Weise die Zielsetzung der Rahmenbeschlüsse, nämlich
der Gerechtigkeit Genüge zu tun und die soziale Wiedereingliederung der
verdächtigten oder beschuldigten Person zu fördern, nicht erreicht werden. Abschließend sei angemerkt, dass eine verspätete
Umsetzung zu bedauern ist, da die Rahmenbeschlüsse zu einer Reduzierung von
Freiheitsstrafen führen können, die von den Gerichten gegen Gebietsfremde
verhängt werden. Dies könnte nicht nur die Überfüllung der Haftanstalten verringern und
folglich die Haftbedingungen verbessern, sondern auch – als eine Folge davon –
zu beachtlichen Einsparungen für den Staatshaushalt der Mitgliedstaaten führen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die
Kommission ab dem 1. Dezember 2014 zur Einleitung von
Vertragsverletzungsverfahren befugt ist, ist es äußerst wichtig, dass alle
Mitgliedstaaten diesen Bericht prüfen und der Kommission alle weiteren
sachdienlichen Informationen vorlegen, um ihren Verpflichtungen aus dem Vertrag
nachzukommen. Ferner fordert die Kommission diejenigen Mitgliedstaaten, die ihr
mitgeteilt haben, dass die maßgeblichen Vorschriften sich in Ausarbeitung
finden, dazu auf, diese anzunehmen und ihr die nationalen Maßnahmen so bald wie
möglich zu melden. Die Kommission ruft all diejenigen Mitgliedstaaten, die dies
noch nicht getan haben, dringend dazu auf, rasch Maßnahmen zu ergreifen, um die
Rahmenbeschlüsse in vollem Umfang umzusetzen. Außerdem ersucht sie all
diejenigen Mitgliedstaaten, die die Rahmenbeschlüsse nicht korrekt umgesetzt
haben, die nationalen Umsetzungsvorschriften zu überarbeiten und den
Bestimmungen der Rahmenbeschlüsse anzugleichen. [1] Rahmenbeschluss 2008/909/JI des Rates vom
27. November 2008 (ABl. L 327 vom 5.12.2008, S. 27). [2] Rahmenbeschluss 2008/947/JI des Rates vom
27. November 2008 (ABl. L 337 vom 16.12.2008, S. 102). [3] Rahmenbeschluss 2009/829/JI des Rates vom
23. Oktober 2009 (ABl. L 294 vom 11.11.2009, S. 20). [4] KOM(2011) 327 endgültig: http://ec.europa.eu/justice/newsroom/criminal/opinion/110614_en.htm. [5] Datum, an dem die Übergangsfrist gemäß Protokoll
Nr. 36 des Vertrags von Lissabon abläuft (siehe Abschnitt 5). [6] Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom
13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die
Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (Europäischer Haftbefehl),
ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1. [7] Einige Mitgliedstaaten haben die Kommission über die
Ausarbeitung der betreffenden Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene
unterrichtet. Keiner dieser Mitgliedstaaten hatte jedoch vor Dezember 2013 die
betreffenden Rechtsvorschriften angenommen oder der Kommission gemeldet. [8] Urteil des EuGH vom 16. Juni 2005,
Rechtssache C-105/3, Pupino. [9] Zwar war die Überstellung von verurteilten Personen ohne
deren Zustimmung unter bestimmten Voraussetzungen im Zusatzprotokoll von 1997
zum Übereinkommen des Europarates bereits vorgesehen, aber dieses Protokoll
wurde nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert. [10] Urteil des EuGH vom 30. Mai 2013,
Rechtssache C-168/13 PPU, Jeremy F. / Premier ministre. [11] Siehe Artikel 2 Absatz 1 des Europäischen
Haftbefehls.