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Document 52008DC0868

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen - Arbeitsmarkt- und Qualifikationserfordernisse antizipieren und miteinander in Einklang bringen {SEK(2008) 3058}

/* KOM/2008/0868 endg. */

52008DC0868

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen - Arbeitsmarkt- und Qualifikationserfordernisse antizipieren und miteinander in Einklang bringen {SEK(2008) 3058} /* KOM/2008/0868 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 16.12.2008

KOM(2008) 868 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen Arbeitsmarkt- und Qualifikationserfordernisse antizipieren und miteinander in Einklang bringen

{SEK(2008) 3058}

INHALTSVERZEICHNIS

1. Neue Kompetenzen: Schlüssel zu mehr und besseren Arbeitsplätzen 3

1.1. Kompetenzen – die Herausforderung meistern 3

1.2. Steigerung des Kompetenzniveaus auf allen Ebenen und Förderung der Beschäftigungsfähigkeit 4

1.3. Abstimmung der Kompetenzen auf die Erfordernisse des Arbeitsmarkts 4

1.4. Steigerung der Kapazität der EU, Kompetenzen einzuschätzen, zu antizipieren und abzustimmen 5

2. Eine erste Abschätzung der Qualifikations- und Arbeitsmarkterfordernisse bis zum Jahr 2020 6

2.1. Langfristige Trends bei Arbeitsplatzschaffung und Arbeitskräfteangebot 7

2.1.1. Expandierender Arbeitsmarkt, zunehmend dominiert vom Dienstleistungssektor 7

2.1.2. Risiko von Arbeitskräftemangel und notwendige Steigerung der Beschäftigungsquoten 8

2.2. Trends bei Qualifikationsanforderungen und Tätigkeiten 8

2.2.1. Höhere Qualifikationserfordernisse in allen Tätigkeitsbereichen 8

2.2.2. Schaffung einer beträchtlichen Anzahl an hochqualitativen Arbeitsplätzen und Risiko einer Polarisierung des Arbeitsmarktes 9

3. Antizipieren und miteinander in Einklang bringen: Agenda „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen“ 14

3.1. Behebung von Missverhältnissen 14

3.2. Steigerung der Vorhersage- und Antizipierungskapazität der EU 15

3.3. Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit 17

3.4. Mobilisierung der Gemeinschaftsinstrumente 17

1. NEUE KOMPETENZEN: SCHLÜSSEL ZU MEHR UND BESSEREN ARBEITSPLÄTZEN

1.1. Kompetenzen – die Herausforderung meistern

Infolge der tiefgreifenden Finanzkrise ist es noch schwieriger geworden, genaue Vorhersagen für die Zukunft der Weltwirtschaft zu treffen. Um Europa auf den Weg des Aufschwungs zu führen, ist es dennoch entscheidend, Humankapital und Beschäftigungsfähigkeit durch die Verbesserung der Kompetenzen zu fördern. Doch reicht die Steigerung des Kompetenzniveaus allein nicht aus – es muss auch gewährleistet werden, dass die angebotenen Qualifikationen besser mit dem Arbeitsmarktbedarf in Einklang stehen.

Als Teil des von der Kommission vorgeschlagenen Europäischen Konjunkturprogramms[1], das Europa dabei helfen soll, die unmittelbaren Auswirkungen der Krise abzumildern und den Weg für den Wirtschaftsaufschwung zu bereiten, rief die Kommission eine groß angelegte europäische Initiative zur Unterstützung der Beschäftigung ins Leben. Diese soll mit Maßnahmen zur Aktivierung, Umschulung und Kompetenzniveausteigerung die Beschäftigung und die Wiedereingliederung entlassener Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt fördern.

Die Steigerung des Kompetenzniveaus ist für den kurzfristigen Aufschwung, das längerfristige Wachstum und die längerfristige Produktivität Europas, für die Arbeitsplätze und die Anpassungsfähigkeit an den Wandel sowie für Gerechtigkeit, die Gleichstellung von Frauen und Männern und für sozialen Zusammenhalt von entscheidender Bedeutung.

In ganz Europa bieten die Veränderung hin zu einer Wirtschaft mit niedrigem Kohlendioxid-Ausstoß und die steigende Bedeutung der Wissenswirtschaft, insbesondere die Verbreitung von IKT und Nanotechnologien, großes Potenzial für die Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze. Globalisierung, Bevölkerungsalterung, Verstädterung und die Entwicklung der sozialen Strukturen beschleunigen den Wandel bei Arbeitsmarkt- und Qualifikationserfordernissen. Die Entwicklung neuer Kompetenzen und Qualifikationen, mit denen das Aufschwungpotenzial vollständig ausgeschöpft werden kann, ist für die EU und die nationalen Behörden, für Aus- und Weiterbildungseinrichtungen, Unternehmen, Arbeitnehmer und Studierende eine Priorität und eine Herausforderung.

Das Qualifikationsprofil der Bevölkerung und die sektorielle Verteilung der Arbeitsplätze fallen je nach Mitgliedstaat oder Region äußert unterschiedlich aus. Eine bessere Überwachung, Abschätzung und Antizipierung sowie eine bessere Abstimmung der Qualifikationen sind entscheidend, um sowohl den Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigung zu begegnen als auch die langfristigen Arbeitsplatzaussichten für Arbeitskräfte in der EU zu berücksichtigen.

1.2. Steigerung des Kompetenzniveaus auf allen Ebenen und Förderung der Beschäftigungsfähigkeit

Ein höheres Kompetenzniveau ist für die Gerechtigkeit von entscheidender Bedeutung, da Geringqualifizierte auf dem Arbeitsmarkt eher benachteiligt sind und unter Umständen als Erste unter der Krise zu leiden haben. Die Steigerung des Kompetenzniveaus ist kein bloßer Luxus für die hochqualifizierten Arbeitnehmer im Hochtechnologiebereich, sondern eine Notwendigkeit für alle. Erwachsene mit hohem Bildungsniveau nehmen siebenmal häufiger am lebenslangen Lernen teil als geringqualifizierte Erwachsene; auch wird zu wenig getan, um die Kompetenzen der älteren Arbeitnehmer zu steigern und anzupassen. Die Bildungs-, Berufsbildungs- und Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten muss auf die Steigerung und Anpassung von Kompetenzen und die Schaffung besserer Lernangebote auf allen Ebenen ausgerichtet sein, um so hochqualifizierte Arbeitnehmer hervorzubringen, die den Anforderungen der Wirtschaft entsprechen. Analog haben auch Unternehmen starkes Interesse daran, in Humankapital zu investieren und ihr Personalmanagement zu verbessern. Darüber hinaus spielt die Gleichstellung von Frauen und Männern eine entscheidende Rolle bei der Reaktion auf die neuen Qualifikationserfordernisse.

Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in der EU müssen effizienter und gerechter gestaltet werden, so dass Finanz- und Humanressourcen nicht vergeudet, die Beschäftigungsfähigkeit gesteigert und Ungleichheiten abgebaut werden[2]. Die Steigerung des Kompetenzniveaus muss vor dem Hintergrund der finanziellen Nachhaltigkeit gesehen werden: Zwar fallen dabei kurzfristig Kosten an, die jedoch durch mittel- und langfristige private, steuerliche und gesellschaftliche Erträge ausgeglichen werden sollten. Qualifizierte Arbeitnehmer tragen nicht nur zur Produktivität bei; vielmehr können Investitionen in durchdachte Systeme für lebenslanges Lernen die wirtschaftlichen Kosten von Qualifikationsdefiziten in großen Teilen wettmachen. Der Wirtschaftsabschwung setzt öffentliche und private Ausgaben zunehmend unter Druck, doch ist nun nicht die Zeit, die Investitionen in Bildungs-, Qualifikations- oder aktive Beschäftigungsmaßnahmen zu drosseln.

Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung müssen neue Kompetenzen vermitteln, um auf die Charakteristika der neuen Arbeitsplätze, deren Schaffung erwartet wird, zu reagieren und die Anpassungs- und Beschäftigungsfähigkeit von bereits erwerbstätigen Erwachsenen zu verbessern. Eine hochwertige Grundbildung für alle schon von frühester Jugend an, die Verbesserung des Bildungsniveaus und die Verhinderung von frühzeitigen Schulabgängen sind von entscheidender Bedeutung, wenn Schlüsselkompetenzen vermittelt werden sollen, darunter auch Grundfertigkeiten und Lernkompetenzen, die Voraussetzungen für die fortlaufende Weiterqualifizierung sind[3].

1.3. Abstimmung der Kompetenzen auf die Erfordernisse des Arbeitsmarkts

Um den steigenden Arbeitslosenzahlen zu begegnen, müssen die Kompetenzen besser abgestimmt werden. Das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage auf dem Arbeitsmarkt bereitet in den meisten Mitgliedstaaten zunehmend Anlass zur Sorge. Aufgrund unzureichender Informationen und struktureller Verkrustungen werden die Arbeitnehmer und Unternehmen nicht mit dem richtigen Kompetenzniveau für die jeweiligen Gebiete ausgestattet; dies schadet der Wettbewerbsfähigkeit vor allem kleinerer Unternehmen. Die Kompetenzen, die an den Hochschulen und in den Berufsbildungssystemen der EU erworben werden, bieten keine vollständige Unterstützung für eine wirklich innovationsorientierte Wirtschaft. Junge Frauen und Männer wählen ihren Bildungsweg und ihren Beruf auch weiterhin auf Grundlage der klassischen Rollenverteilung. Der Abbau des Geschlechterungleichgewichts in den einzelnen Branchen und Berufen könnte zum Teil künftigen Qualifikationsdefiziten entgegenwirken, beispielsweise in technischen Berufen und im Management[4].

Der Abbau der Hemmnisse – auch administrativer Hürden – für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU und transparentere Informationen zu Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt und den Qualifikationserfordernissen würden zur Förderung der beruflichen, sektoriellen und geografischen Mobilität beitragen und für eine bessere Abstimmung zwischen den Qualifikationen und den Beschäftigungsmöglichkeiten sorgen. Bürger, die während der Aus- und Weiterbildung mobil waren (z. B. im Rahmen der Erasmus- und Leonardo-Programme), stehen unter Umständen der Mobilität auch später in ihrem Arbeitsleben offener gegenüber. Für eine effektivere und effizientere Arbeitssuche wird eine bessere Koordinierung zwischen unterschiedlichen Politikfeldern und Arbeitsmarkteinrichtungen benötigt, insbesondere den öffentlichen Arbeitsverwaltungen und den Systemen der sozialen Sicherheit.

Die Kommission und der Europäische Pakt zu Einwanderung und Asyl betonen, dass die Beschäftigung und die geografische Mobilität von Arbeitnehmern aus Drittstaaten zur Beseitigung von Missverhältnissen zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage beitragen können, so dass die Kompetenzen dieser Arbeitnehmer optimal genutzt werden[5]. Die erfolgreiche Integration von Migranten und ihren Kindern ist für die Volkswirtschaften und die Gesellschaften in der EU von entscheidender Bedeutung.

1.4. Steigerung der Kapazität der EU, Kompetenzen einzuschätzen, zu antizipieren und abzustimmen

Eine bessere Überwachung und Antizipierung der Arbeitsmarkt- und Qualifikationserfordernisse ist notwendig, um bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt Hilfestellung zu leisten, die Abstimmung mit bestehenden freien Stellen zu erleichtern und die Entwicklung von Kompetenzen so auszurichten, dass die langfristigen Arbeitsplatzaussichten günstiger sind. Eine erhebliche Verbesserung der Kapazität der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, künftige Qualifikations- und Arbeitsmarkterfordernisse vorherzusagen und zu antizipieren und das Angebot darauf abzustimmen, ist die Voraussetzung für eine effiziente Beschäftigungs-, Bildungs- und Weiterbildungspolitik und für die persönliche Berufswahl. Diese gesteigerte Kapazität kann beim Erfolg integrierter Flexicurity-Maßnahmen im Rahmen der Wachstums- und Beschäftigungsstrategie eine wichtige Rolle spielen, wie in der EU-Mission für Flexicurity dargelegt[6].

Der Europäische Rat betonte im März 2008, dass Investitionen in Menschen und die Modernisierung der Arbeitsmärkte einen der vier vorrangigen Bereiche der Lissabon-Strategie bilden und forderte die Kommission auf, „unter Berücksichtigung der Auswirkungen des technologischen Wandels und der Bevölkerungsalterung eine umfassende Einschätzung der künftigen Qualifikationserfordernisse in Europa bis zum Jahr 2020 vorzunehmen und Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung des künftigen Bedarfs vorzuschlagen“.

Im Rahmen dieses Mandats des Europäischen Rates wird in Kapitel 2 dieser Mitteilung eine erste Abschätzung der künftigen Qualifikationserfordernisse bis 2020 vorgenommen. Diese Analyse darf jedoch keine einmalige Aktion sein. Im Anschluss daran müssen nachhaltige strategische Anstrengungen erfolgen; schließlich steigern neue Branchen ihr Potenzial, das Wachstum anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen, und um diese neuen Entwicklungen zu berücksichtigen, müssen die Abschätzungen regelmäßig aktualisiert werden.

Zu diesem Zweck werden in Kapitel 3 Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Kapazitäten Schritt für Schritt gesteigert werden können, und die Abschätzung von Kompetenzen und Arbeitsmarktanforderungen wird in die EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung eingebettet. Neben dieser Initiative schlägt die Kommission auch einen aktualisierten strategischen Rahmen für europäische Zusammenarbeit bei der allgemeinen und beruflichen Bildung vor, um die Mitgliedstaaten bei der Anhebung des Kompetenzniveaus durch lebenslanges Lernen zu unterstützen.

2. EINE ERSTE ABSCHÄTZUNG DER QUALIFIKATIONS- UND ARBEITSMARKTERFORDERNISSE BIS ZUM JAHR 2020

Die unvorhergesehene Finanzkrise im zweiten Halbjahr 2008 verdeutlicht, dass alle Vorhersagen ihre Grenzen haben. Viele der Kompetenzen und Beschäftigungen, die 2020 für europäische Bürger ganz alltäglich sein werden – z. B. aufgrund einer anderen Nutzung der „sauberen“ Technologien –, kann man sich heutzutage noch nicht einmal vorstellen. Eine Vorhersage kann zwar die Zukunft nicht exakt darstellen, aber allgemeine Tendenzen aufzeigen und hervorheben, dass Strategien benötigt werden[7].

Die Abschätzung der Kommission enthält drei wesentliche Schlussfolgerungen: Erstens: Mittel- und langfristig gesehen besteht großes Potenzial für die Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa, sowohl für neue als auch Ersatzarbeitsplätze. Zweitens: Die Anforderungen an Fähigkeiten, Kompetenzen und Qualifikationen werden erheblich steigen, und zwar in allen Berufszweigen und auf allen Ebenen der Tätigkeiten. Drittens: Es muss gewährleistet werden, dass langfristig das Qualifikationsangebot und die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt besser aufeinander abgestimmt werden.

Diese erste Abschätzung basiert zum Großteil auf einer ausführlichen Vorhersage zu künftigen Qualifikationserfordernissen des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung (Cedefop) von Juni 2008[8]. Das Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen zu dieser Mitteilung enthält weitere Informationen, Erläuterungen zur Methodik und eine Beschreibung der Vorhersagen der Mitgliedstaaten.

2.1. Langfristige Trends bei Arbeitsplatzschaffung und Arbeitskräfteangebot

2.1.1. Expandierender Arbeitsmarkt, zunehmend dominiert vom Dienstleistungssektor

Laut der Cedefop-Analyse könnten zwischen 2006 und 2020 in der EU-25[9] ca. 100 Mio. Arbeitsplätze angeboten werden. Zusätzlich zu der Schaffung von 19,6 Mio. neuen Arbeitsplätzen könnten weitere 80,4 Mio. Ersatzarbeitsplätze verfügbar werden, wenn Arbeitnehmer in Rente gehen oder den Arbeitsmarkt verlassen.

Die langsame, doch stetige Veränderung bei der sektoriellen Verteilung der Beschäftigung in der EU – von der Landwirtschaft und den klassischen verarbeitenden Industrien hin zu Dienstleistungen – wird wahrscheinlich trotz des jüngsten Abschwungs anhalten. Im Jahr 2020 werden beinahe drei Viertel der Arbeitsplätze in den Dienstleistungsbereich fallen.

Bis 2020 wird im Dienstleistungssektor voraussichtlich eine beachtliche Zahl an Arbeitsplätzen geschaffen, insbesondere im Bereich Dienstleistungen für Unternehmen. Im Primärsektor könnten 2,9 Mio. Arbeitsplätze abgebaut werden, im Baugewerbe dürfte sich die Situation eher stabilisieren. In der verarbeitenden Industrie würde trotz einer Steigerung im Bereich Technik ein Nettoverlust von 800 000 Arbeitsplätzen entstehen; doch angesichts der starken Nachfrage nach Ersatz würden dort immer noch viele Arbeitsplätze angeboten – die verarbeitende Industrie wird somit für die EU-Volkswirtschaften ein äußerst wichtiger Sektor bleiben.

Bei kurzfristigeren Prognosen können Tendenzen im Dienstleistungsbereich detaillierter vorhergesagt werden. Es wird angenommen, dass in den Bereichen Dienstleitungen für Unternehmen (z. B. IT, Versicherungen, Beratung), Gesundheits- und Sozialfürsorge, Vertrieb, personenbezogene Dienstleistungen sowie Hotel und Gaststätten und in geringerem Ausmaß auch in der Bildung die besten Aussichten für die Schaffung von Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2015 bestehen (Abbildung 1). Unter Umständen müssen die Prognosen für Dienstleistungen für Unternehmen und andere Branchen vor dem Hintergrund der Finanzkrise korrigiert werden.

Der Übergang hin zu einer Wirtschaft mit geringem Kohlendioxid-Ausstoß wird sich ebenfalls erheblich auf die Beschäftigung auswirken, insbesondere in den Gebieten Energie, Wasser und Abfallbehandlung, Bau, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und Forstwirtschaft. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation sollte der Weltmarkt für ökologische Dienstleistungen und Produkte auf das Doppelte anwachsen und im Jahr 2020 ein Volumen von 2,74 Bio. USD aufweisen[10].

2.1.2. Risiko von Arbeitskräftemangel und notwendige Steigerung der Beschäftigungsquoten

Demografische Trends werden sich zwar erheblich auf das Arbeitskräfteangebot auswirken, doch wird dies noch einige Jahre zum Teil durch den Anstieg der Erwerbsquoten kompensiert[11]. Eurostat geht davon aus, dass die EU-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15-64 Jahre) 2012 ihren Höchststand erreicht, die Zahl jedoch anschließend wieder sinkt, wenn die „Babyboomer“ in Rente gehen. Da sich die Erwerbsquote von Frauen und älteren Arbeitnehmern weiter erhöhen wird, sollte bis 2020 auch die Zahl der effektiven Arbeitskräfte weiter ansteigen. Doch anschließend werden die Auswirkungen der Alterung stärker sein als der Anstieg der Erwerbsquoten, so dass das Arbeitskräfteangebot insgesamt in der EU langsam aber kontinuierlich abnimmt. Dies wird die Mitgliedstaaten auf unterschiedliche Weise beeinträchtigen.

Die Migrationsströme könnten den Rückgang der Geburtenraten etwas kompensieren, doch werden sie das demografische Defizit nicht ausgleichen – nicht zuletzt, da die Einwanderer langfristig gesehen dazu neigen, die demografischen Muster ihrer Aufenthaltsländer zu übernehmen. Die (qualitativen) Missverhältnisse der Qualifikationen im EU-Arbeitsmarkt werden wahrscheinlich durch quantitative Defizite verschärft: Die Abstimmung der Qualifikations- und Arbeitsmarkterfordernisse wird somit für eine effiziente Nutzung des Humankapitals von entscheidender Bedeutung sein.

2.2. Trends bei Qualifikationsanforderungen und Tätigkeiten

2.2.1. Höhere Qualifikationserfordernisse in allen Tätigkeitsbereichen

Mehrere korrelierte Faktoren werden die Nachfrage nach besseren und angepassten Qualifikationen anregen: die Globalisierung und der verstärkte internationale Handel, der Übergang zu einer Wirtschaft mit geringem Kohlendioxidausstoß, die Anwendung von Technologien – vor allem IKT – sowie Veränderungen in der Arbeitsorganisation, die selbst zum Teil durch den technologischen Wandel und das gesteigerte Kompetenzniveau bedingt sind[12].

Im nächsten Jahrzehnt wird die Nachfrage nach hochqualifizierten und anpassungsfähigen Arbeitskräften und die Zahl der qualifikationsbasierten Arbeitsplätze steigen. Der allgemeine Aufwärtstrend bei der Nachfrage nach Qualifikationen kann anhand der erforderlichen Bildungsniveaus verdeutlicht werden, obwohl diese nur eine sehr grob genäherte Variable für das Kompetenzniveau darstellen.

In der EU-25 dürfte der Anteil von Arbeitsplätzen, für die ein hohes Bildungsniveau gefordert wird, zwischen 2006 und 2020 von 25,1 % auf 31,3 % steigen; auch der Prozentsatz von Stellen, für die mittlere Qualifikationen notwendig sind, dürfte von 48,3 % auf 50,1 % leicht anwachsen. Dies entspräche 38,8 bzw. 52,4 Mio. angebotenen Arbeitsplätze für hohe bzw. mittlere Qualifikationen. Gleichzeitig dürfte der Anteil der Arbeitsplätze, für die ein geringes Bildungsniveau gefordert wird, trotz 10 Mio. angebotener Arbeitsplätze von 26,2 % auf 18,5 % sinken (Abbildung 2).

Meistens sind bei Arbeitsplätzen für qualifizierte nicht-manuelle Tätigkeiten hochqualifizierte Arbeitnehmer nötig; solche mit einem mittleren Bildungsniveau werden zunehmend für qualifizierte Tätigkeiten eingesetzt. Da die Ausbildungsquoten insgesamt schneller steigen als sich der Arbeitmarkt verändert, wird nur die Hälfte der einfachen Tätigkeiten von Arbeitnehmern mit geringem Bildungsniveau verrichtet (Abbildung 3).

Im Dienstleistungssektor geht die Tendenz auf allen Tätigkeitsebenen eindeutig in Richtung Erweiterung des Kenntnishorizonts hinsichtlich „nicht-routinemäßiger Aufgaben“. Wer beispielsweise in der IKT tätig ist, muss Marketing- oder Managementkompetenzen entwickeln, Dienstleister müssen kundenorientiert arbeiten und über digitale Kompetenz verfügen. In vielen wissensintensiven Branchen werden sowohl Managerfähigkeiten als auch wissenschaftlicher Sachverstand benötigt. Bei Sozialdiensten und im Bildungsbereich ist eine Steigerung des Kompetenzniveaus vonnöten, um qualitativ bessere Dienstleistungen zu bieten.

Dies ist Ausdruck der steigenden Nachfrage seitens der Arbeitgeber nach bereichsübergreifenden Schlüsselqualifikationen wie der Fähigkeit, Probleme zu lösen, oder analytischen Fertigkeiten, der Fähigkeit zum selbständigen Handeln, Kommunikationsfähigkeit, sprachlichen Kompetenzen und, etwas allgemeiner, „nicht-routinemäßigen Qualifikationen“.

2.2.2. Schaffung einer beträchtlichen Anzahl an hochqualitativen Arbeitsplätzen und Risiko einer Polarisierung des Arbeitsmarktes

Prognosen zur Nettoarbeitsplatzschaffung zeigen eine polarisierte Arbeitsplatzzunahme bei den Berufen, wobei eine starke Ausrichtung auf hochqualifizierte Arbeitsplätze besteht. Bis zum Jahr 2020 könnten in der EU-25 17,7 Mio. zusätzliche Arbeitsplätze für hochqualifizierte nicht-manuelle Tätigkeiten wie Verwaltungs-, Marketing-, Logistik- und Vertriebsmanager, IT-Systemadministratoren, Lehrkräfte und Techniker entstehen. Gleichzeitig verdeutlichen Vorhersagen zwar geringe oder sogar negative Aussichten für die Schaffung von Arbeitsplätzen für einige qualifizierte Tätigkeiten, aber auch die beträchtliche Nettoarbeitsplatzschaffung für einfache Tätigkeiten (5 Mio.), insbesondere im Dienstleistungssektor (z. B. Sicherheitspersonal, Haushaltshilfen, Kassierer oder Reinigungspersonal; vgl. Abbildung 4).

Neue Technologien und Entwicklungen bei der Arbeitsorganisation führen offenbar dazu, dass an den Enden des Arbeitsplatzspektrums (vor allem auf der höheren Ebene) die Zahl der Arbeitsplätze erheblich zunimmt. Neue Technologien können weder die „nicht-routinemäßigen“ Aufgaben, die typisch für hochqualifizierte Tätigkeiten sind (z. B. kognitive Aufgaben oder Kommunikationsaufgaben), noch geringqualifizierte Arbeitsplätze ersetzen, insbesondere im Dienstleistungssektor (u. a. Pflegeberufe oder LKW-Fahrer). Jedoch können Routineaufgaben, für die mittlere Qualifikationen gefordert werden, und repetitive Arbeitsvorgänge durch Automatisierung und Informatisierung ersetzt oder aber extern vergeben werden.

Eine derartige Polarisierung kann in einigen Mitgliedstaaten wahrgenommen werden. Es handelt sich jedoch um kein klar umrissenes Phänomen; darüber hinaus dürften die Polarisierungstrends bei der Nettoarbeitsplatzschaffung größtenteils durch eine hohe Nachfrage für die Ersetzung von Arbeitnehmern mit mittleren Qualifikationen wettgemacht werden, wenn auch diese Nachfrage nach Ersatz die Aufwärtstendenz bei der Nachfrage nach Qualifikationen akzentuieren wird.

Diese Verschiebungen bei der Arbeitsmarktnachfrage geben bereits Anlass zur Sorge hinsichtlich des Lohngefälles bei den Arbeitsplätzen. Die Tendenz bei der Lohnquote in der EU seit 1980 war eindeutig steigend für hochqualifizierte, jedoch sinkend für geringqualifizierte Arbeitnehmer, und die Lohnniveaus derer mit geringen und mittleren Qualifikationen näherten sich eher an[13].

Die „geringqualifizierten“ Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor umfassen immer mehr anspruchsvolle nicht-routinemäßige Aufgaben, doch gibt es in der Lohnstruktur immer noch eine nur geringe finanzielle Anerkennung der neuen Kompetenzen und Qualifikationen, die für diese Arbeitsplätze notwendig sind. Dies hat auch Auswirkungen auf die Geschlechtergleichbehandlung, da Frauen, insbesondere Migrantinnen, unverhältnismäßig oft im Dienstleistungsbereich arbeiten[14].

Abbildung 1: Trends in den Beschäftigungsebenen im Dienstleistungssektor bis 2015, EU-25

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Quelle: Cedefop, 2008

Abbildung 2: Frühere und künftige Arbeitsplatzstruktur, aufgeschlüsselt nach Bildungsniveau, EU-25

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Quelle: Cedefop, 2008

Abbildung 3: Beschäftigungsebenen im Jahr 2020, aufgeschlüsselt nach breit gefassten Tätigkeitsfeldern und Bildungsniveaus, EU-25 (Prognose)

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Quelle: Cedefop, 2008

Abbildung 4: Zwischen 2006 und 2020 angebotene Arbeitsplätze, aufgeschlüsselt nach breit gefassten Tätigkeitsfeldern, EU-25

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Quelle: Cedefop, 2008

3. ANTIZIPIEREN UND MITEINANDER IN EINKLANG BRINGEN: AGENDA „NEUE KOMPETENZEN FÜR NEUE BESCHÄFTIGUNGEN“

Um die beschriebenen Herausforderungen besser zu meistern, ist es von entscheidender Bedeutung, umfassendere Information über die künftigen Qualifikations- und Arbeitsplatzerfordernisse in der Europäischen Union zu erhalten und Abstimmung und Antizipierung zu erleichtern. Die Notwendigkeit, das Kompetenzniveau der EU-Bevölkerung zu steigern und eine bessere Abstimmung mit den Arbeitsmarktanforderungen zu gewährleisten, wird dabei in den Mittelpunkt der EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung gerückt, um den akuten Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigung und die Gesellschaft zu begegnen und langfristig zur Wettbewerbsfähigkeit der EU und zur Gerechtigkeit beizutragen. Die Initiative wird im Rahmen der bestehenden Finanzplanung und der laufenden EU-Programme umgesetzt und gliedert sich in vier Säulen.

3.1. Behebung von Missverhältnissen

Öffentliche Stellen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene, Unternehmen, Sozialpartner, Schulungseinrichtungen und Einzelpersonen würden von regelmäßigen Informationen über die kurzfristigen Veränderungen im EU-Arbeitsmarkt, EU-weit angebotene freie Stellen und Prognosen zu Qualifikationserfordernissen profitieren. Zur Förderung von beruflicher und geografischer Mobilität wird die Kommission

- ab 2009 den „ europäischen Arbeitsmarkt-Monitor “ einrichten, der periodisch aktuelle Informationen zu kurzfristigen Tendenzen auf dem europäischen Arbeitsmarkt bietet. Der Monitor wird über das EU-Netz der öffentlichen Arbeitsverwaltungen Daten zu freien Stellen und registrierten Arbeitssuchenden erheben, analysieren und verbreiten; mit der Zeit auch Daten aus einer größeren Bandbreite an Quellen wie Branchen, Unternehmen und Personalvermittlungsagenturen;

- ab 2009 ein mehrsprachiges Standardwörterbuch zu Berufen und Qualifikationen entwickeln, um die Qualität und Transparenz der Informationen über freie Stellen zu steigern und die Abstimmung zwischen Arbeitssuchenden und freien Stellen zu verbessern;

- im Jahr 2009 das Webportal „ Match and Map “ einrichten, einen benutzerfreundlichen und transparenten Online-Dienst für die Bürger, der qualitativ hochwertige Informationen über Beschäftigungsmöglichkeiten, Qualifikationsanforderungen sowie Aus- und Weiterbildungsangebote in der gesamten EU enthalten wird. Der in das EURES-Webportal integrierte und mit den Webportalen PLOTEUS und EURAXESS verlinkte Dienst[15] wird einen geografischen Überblick über die Stellenangebote innerhalb der EU, die für das Profil eines Nutzers infrage kommen, ein Feedback, weshalb Stellen und Qualifikationen einander nicht entsprechen, sowie Informationen über Aus- und Weiterbildungsangebote liefern.

3.2. Steigerung der Vorhersage- und Antizipierungskapazität der EU

Der Großteil der Mitgliedstaaten entwickelt bereits Vorhersage- und Antizipierungsinstrumente[16]. Diese Initiativen sind jedoch in puncto Umfang und Methodik sehr unterschiedlich und müssen in konzertierten Bemühungen zusammengeführt werden. Zu diesem Zweck ist auf die Ressourcen und das Fachwissen des Cedefop und der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zurückzugreifen. Die Kommission wird:

- regelmäßig und systematisch Abschätzungen zum langfristigen Angebot und zur langfristigen Nachfrage in den EU-Arbeitsmärkten bis 2020 vornehmen, aufgeschlüsselt nach Sektor, Tätigkeit, Qualifikationsebene und Land. Aktualisierte Prognosen werden beginnend im Jahr 2010 alle zwei Jahre zusammen mit Ad-hoc-Frühwarnungen vor einem möglichen Ungleichgewicht im Arbeitsmarkt veröffentlicht;

- die Kapazitäten der EU hinsichtlich Methodik, Analyse und wechselseitigem Lernen für die Antizipierung von Kompetenzen und Arbeitsplätzen steigern. Ab 2009 wird die Kommission im Rahmen von PROGRESS und des Programms für lebenslanges Lernen ihre Kräfte bündeln, um neue Möglichkeiten zur Bewertung von Kompetenzen zu entwickeln;

- die Kapazität der EU zur Abschätzung der Auswirkungen des Übergangs zu einer Wirtschaft mit geringem Kohlendioxidausstoß auf die Beschäftigung steigern.

Unternehmen spielen bei der Abschätzung der Qualifikationsanforderungen eine entscheidende Rolle und sollten aktiv an dieser Initiative beteiligt werden. Die Kommission wird:

- den Dialog zwischen Unternehmen und Bildungs- und Berufsbildungseinrichtungen fördern, um Partnerschaften zur Erfüllung der mittelfristigen Qualifikationsanforderungen zu schaffen, und mittels qualitativer prospektiver Studien (z. B. „Tuning – Abstimmung der Bildungsstrukturen in Europa“) über die Erwartungen der Arbeitgeber an die Studierenden und Absolventen informieren;

- Wissensstand, Sensibilisierung und Einbindung der Unternehmen bei der Vorhersage der Qualifikationsanforderungen verbessern; genutzt werden hierbei ein Umfrageinstrument der Arbeitgeber und qualitative Studien über die Qualifikationsanforderungen von Unternehmen, insbesondere KMU;

- Foren von Unternehmen, Schulungseinrichtungen und Personalvermittlungsspezialisten unterstützen, um gemeinsam zielgerichtete Bildungsangebote zu erarbeiten, und eine jährliche Veranstaltung zum Thema „Partnerschaft für Kompetenzen und Beschäftigung“ organisieren, um die innovativsten Partnerschaften zur Abstimmung von Qualifikationsangebot und -nachfrage zu würdigen.

Der Sektorenebene kommt bei der Anpassung an den Wandel eine besondere Bedeutung zu. Die Kommission hat in Zusammenarbeit mit den EU-Institutionen, den Sozialpartnern und den EU-Agenturen Eurofound und Cedefop bereits eine sektorenüberschreitende Methodik zur Antizipierung der in den Branchen geforderten Kompetenzen entwickelt, mit der sich Szenarios für die Sektorentwicklung und die Auswirkungen auf die Berufe und die Beschäftigung erstellen lassen. Die Kommission wird

- die Qualifikations- und Arbeitsmarktanforderungen der wichtigsten Branchen analysieren. Umfassende Ergebnisse für 16 Branchen, die 75 % der Arbeitsplätze in der EU in der Privatwirtschaft abdecken, stehen Mitte 2009 zur Verfügung und bieten ein vollständiges Bild der Nachfrage nach Arbeit und der Auswirkungen auf die Umstrukturierung;

- mit den Interessenvertretern, vor allem den bestehenden Ausschüssen für den sektoralen sozialen Dialog, die Möglichkeit der Einrichtung von „Sektoralen Räten für Beschäftigung und Kompetenzen“ auf EU-Ebene besprechen, um in den Mitgliedstaaten und Regionen vorliegende Informationen zusammenzustellen und Orientierungshilfen auf Grundlage des Feedbacks der Interessenvertreter und der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung zu geben.

Um das Fachwissen der Mitgliedstaaten, Unternehmen, Sozialpartner, Bildungs- und Berufsbildungseinrichtungen sowie der akademischen und internationalen Einrichtungen zu nutzen, wird die Kommission zur Unterstützung der Initiative „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen“ eine kleine Expertengruppe aufstellen. Die Gruppe wird die Akteure im Laufe eines Jahres hinsichtlich Analysen, gemeinsamen Methodiken und politischen Maßnahmen fachlich beraten.

3.3. Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit

Die EU und auch andere Volkswirtschaften werden von globalen Trends und Herausforderungen beeinflusst, die sich wiederum direkt auf die EU-Arbeitsmärkte auswirken; politischer Dialog und Erfahrungsaustausch mit unseren Partnern weltweit kann dazu beitragen, den Herausforderungen von heute und von morgen zu begegnen. Zusätzlich zu der derzeitigen Zusammenarbeit mit den 46 Mitgliedstaaten des Bologna-Prozesses zur Hochschulreform wird die Kommission ihre Zusammenarbeit mit Drittländern und internationalen Institutionen intensivieren. Insbesondere wird sie:

- neben den derzeitigen PISA- und AHELO-Programmen (Schüler und Ergebnisse der Hochschulbildung) aktiv am neuen OECD-Programm zu Bewertung der Kompetenzen Erwachsener (PIAAC) teilnehmen. Außerdem wird die Kommission mit der OECD bei der Erstellung qualitativer Studien zur Entwicklung der Qualifikationsnachfrage und zu Indikatoren für ein Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zusammenarbeiten;

- mit der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zusammenarbeiten, vor allem zur Entwicklung eines Forums zum Wissensaustausch und bei der Bewertung der weltweiten Auswirkungen der Klimapolitik auf Kompetenzen und Arbeitsplätze;

- die gegenwärtigen bilateralen Dialoge mit Drittländern, insbesondere mit China, Indien, den USA und Kanada verbessern, um so eine gemeinsame Forschung und die Zusammenarbeit hinsichtlich Vorhersagen und Methodiken aufzubauen;

- mit Unterstützung der Europäischen Stiftung für Berufsbildung den politischen Dialog mit Nachbarländern und innerhalb der Östlichen Partnerschaft und der Union für den Mittelmeerraum weiter anregen, vor allem um den Bereich der Berufsbildung und nationale Qualifikationsrahmen zu entwickeln.

3.4. Mobilisierung der Gemeinschaftsinstrumente

Dem Aufschwung durch eine radikale Steigerung des Kompetenzniveaus den Weg zu bereiten, wird nur Erfolg haben, wenn konzertierte Bemühungen aller Interessenvertreter in den Mitgliedstaaten erfolgen und die Gemeinschaftsstrategien sowie Finanzinstrumente und -prozesse dazu beitragen:

- Die Strategie für Wachstum und Beschäftigung und die Programme für wechselseitiges Lernen im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode bieten einen allgemeinen Politikrahmen für die Initiative „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen“. Das Konjunkturprogramm der Kommission hebt hervor, dass eine stärkere Betonung der Flexicurity-Strategien, insbesondere der Aktivierungsmaßnahmen, Umschulungen und der Steigerung des Kompetenzniveaus, bei der Förderung der Beschäftigungsfähigkeit und der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung sind.

- Der aktualisierte strategische Rahmen für die Zusammenarbeit in der allgemeinen und beruflichen Bildung kann innovative Partnerschaften zwischen Bildungseinrichtungen, gesellschaftlichen Akteuren und der Wirtschaft anregen, um flexiblere und nachfragebasierte Systeme zu fördern. Die Umsetzung des Europäischen Qualifikationsrahmens sollte die Transparenz der Qualifikationen steigern und den Zugang zu Weiterbildung erleichtern. Der Kopenhagen-Prozess zur Zusammenarbeit bei der Berufsbildung wird einen neuen Schwerpunkt aufweisen, um die Verbindungen zum Arbeitsmarkt zu verbessern.

- Die „fünfte Grundfreiheit“ – der freie Verkehr von Wissen –, die 2008 auf der Frühjahrstagung des Europäischen Rates gefordert wurde, wird die Umsetzung der Initiative „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen“ unterstützen. Sie wird die Mobilität von Wissensarbeitern über Grenzen und Branchen hinweg fördern und somit dazu beitragen, Angebot und Nachfrage bei hohem Qualifikationsniveau miteinander in Einklang zu bringen.

- Die Initiative „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen“ fällt vollständig in den Geltungsbereich des Europäischen Sozialfonds (ESF). Mehrere Mitgliedstaaten haben in ihrer ESF-Programmplanung für 2007-2013 die Entwicklung von Strategien und Dienstleistungen zum Abbau des Missverhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage bereits als Priorität festgehalten; dazu zählen auch Maßnahmen, die auf ein besseres Gleichgewicht der Geschlechter und eine umfassendere Beratung zum Bildungsweg abzielen. Die Kommission wird für die Mitgliedstaaten politische Leitlinien für eine optimale Nutzung der ESF-Mittel formulieren.

- Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) kann auch zur Entwicklung von Kompetenzen und Antizipierung beitragen, indem er technologische Prognosen, Innovation, Forschung und Entwicklung sowie eine Kommunikationsinfrastruktur fördert und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen unterstützt.

- Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) investiert in Innovation, neue Technologien sowie Forschung und Entwicklung und unterstützt die Steigerung des Kompetenzniveaus von Landwirten, Förstern, Lebensmittelverarbeitern und der ländlichen Bevölkerung generell mit Schulungen, Informationen und der Weitergabe von Wissen.

- Im Rahmen des Vorschlags der Kommission, die Verordnung über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) zu ändern, können Maßnahmen zur Steigerung des Kompetenzniveaus gestärkt werden.

- Der Europäische Fonds zur Integration von Drittstaatsangehörigen kann – in Ergänzung des ESF – zur Steigerung und Anpassung der Kompetenzen der Einwanderer beitragen, insbesondere, indem im Herkunftsland Vorbereitungsmaßnahmen vor der Abreise (z. B. berufliche Schulungen und Sprachkurse) und Sprachunterricht im Wohnsitzmitgliedstaat unterstützt werden.

Der europäische soziale Dialog ist ein entscheidendes Instrument, um die Sozialpartner dazu anzuregen, durch Bildung und lebenslanges Lernen in die richtigen Kompetenzen zu investieren. Die Kommission wird die Sozialpartner auffordern, gemeinsame Initiativen zu entwickeln, die die Vorhersage des Kompetenzbedarfs und die Steigerung des Kompetenzniveaus fördern, und die kurzfristige Umstrukturierung begleiten.

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Die Steigerung des Kompetenzniveaus ist für die Zukunft Europas von entscheidender Bedeutung; darüber hinaus müssen, vor allem heutzutage, die Kompetenzen und Arbeitsmarkterfordernisse besser miteinander in Einklang gebracht werden. Die Initiative „Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen“ unterstreicht die Notwendigkeit, die Bildungs- und Berufsbildungspolitik wirksamer zu gestalten und die Arbeitsmärkte mittels Flexicurity-Strategien zu modernisieren. Vorgeschlagen werden konzertierte Anstrengungen für eine umfassende Abschätzung der künftigen Qualifikations- und Arbeitsmarkterfordernisse in Partnerschaft mit Mitgliedstaaten, Unternehmen und sonstigen Interessenvertretern. Die Initiative soll zum Wirtschaftsaufschwung und zur Strategie für Wachstum und Beschäftigung beitragen, die Auswirkungen der aktuellen Krise auf den Bereich Arbeitsplätze und Kompetenzen abmildern und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Gerechtigkeit verbessern. In Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten wird die Kommission die Wirksamkeit der Maßnahmen laufend bewerten; ein erster Bericht wird 2010 vorgelegt.

[1] Mitteilung der Kommission KOM(2008) 800.

[2] Mitteilung der Kommission „Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung“ vom 8.9.2006, KOM(2006) 481.

[3] Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zu Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen (2006/962/EG).

[4] Bericht der Kommission über die Gleichstellung von Frauen und Männern 2009, noch nicht veröffentlicht. Mitteilung der Kommission „Förderung der umfassenden Beteiligung junger Menschen an Bildung, Beschäftigung und Gesellschaft“ vom 4.9.2007 (KOM(2007) 498).

[5] Mitteilung der Kommission „Eine gemeinsame Einwanderungspolitik für Europa“, KOM(2008) 359 vom 17.6.2008.

[6] Mitteilung der Kommission „Gemeinsame Grundsätze für den Flexicurity-Ansatz herausarbeiten“ vom 27.6.2007 (KOM(2007) 359). Bericht an den Rat über die Flexicurity-Mission, Dezember 2008.

[7] Zu Einschränkungen und Methodik bei Vorhersagen siehe Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen.

[8] Skill Needs in Europe. Focus on 2020 . Cedefop, Luxemburg, 2008.

[9] Bulgarien und Rumänien wurden in dieser ersten Bewertung nicht berücksichtigt. In der ersten Aktualisierung der Prognosen werden diese beiden Länder jedoch enthalten sein.

[10] „Green jobs: facts and figures“, IAO 2008.

[11] Siehe erster Demografiebericht der Kommission, SEK(2007) 638 vom 11.5.2007.

[12] Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, Seite 18.

[13] Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, Seite 30.

[14] Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, Seite 31.

[15] Das Portal des EURES-Netzes der öffentlichen Arbeitsverwaltungen (http://eures.europa.eu) zählt derzeit 1,2 Mio. freie Stellen, über 300 000 Lebensläufe und 17 700 registrierte Arbeitgeber. Auch liefert es Informationen zu beruflicher Mobilität in Europa. Das Portal für Lernangebote PLOTEUS (http://ec.europa.eu/ploteus/) wird pro Jahr mehr als 800 000 Mal aufgerufen. Die Website EURAXESS („Researchers in Motion“) bietet ein Stellenportal (http://ec.europa.eu/euraxess/jobs) für Arbeitgeber und -nehmer mit Forscherprofil; dort werden pro Jahr 5 000 freie Stellen veröffentlicht.

[16] Umfassender Überblick über die nationalen Initiativen im Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, Kapitel 3.

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