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Document 52008DC0069

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Vorbereitung der nächsten Schritte für die Grenzverwaltung in der Europäischen Union {SEK(2008) 153} {SEK(2008) 154}

/* KOM/2008/0069 endg. */

52008DC0069

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Vorbereitung der nächsten Schritte für die Grenzverwaltung in der Europäischen Union {SEK(2008) 153} {SEK(2008) 154} /* KOM/2008/0069 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 13.2.2008

KOM(2008) 69 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Vorbereitung der nächsten Schritte für die Grenzverwaltung in der Europäischen Union

{SEK(2008) 153}{SEK(2008) 154}

1. EINLEITUNG

1.1. Politischer Kontext

Rechnet man EU-Bürger und Drittstaatsangehörige zusammen, überschreiten jährlich mehr als 300 Millionen Reisende die EU-Außengrenzen. Europa ist und bleibt das weltweit wichtigste Tourismusziel[1]. Darin spiegelt sich die Bedeutung des kulturellen Erbes der EU und der Erfolg unseres politischen und sozioökonomischen Modells wider. Damit die EU ihre Werte teilen kann und das wirtschaftliche Wachstum unterstützt wird, muss sie gegenüber anderen offen und zugänglich bleiben.

Die Aufhebung der Kontrollen an den EU-Binnengrenzen ist eine der größten Errungenschaften der europäischen Integration. Ein Raum ohne Binnengrenzen, der von sieben Ländern im Jahr 1995 auf 24 Länder Ende 2007 angewachsen ist – eine einmalige historische Leistung – kann aber nur funktionieren, wenn Verantwortung und Solidarität bei der Verwaltung der Außengrenzen geteilt werden.

Die ehrgeizige Agenda, die die Kommission und der Rat 2002 in dem Plan für den Grenzschutz an den Außengrenzen der EU-Mitgliedstaaten aufgestellt haben, ist nun umgesetzt. Die Konsolidierung des Rechtsrahmens ist abgeschlossen. Der Schengener Grenzkodex[2] trat 2006 in Kraft. Für den kleinen Grenzverkehr sind vereinfachte Regeln erlassen worden[3]. Mit der Errichtung der FRONTEX-Agentur[4] kam eine operative Dimension hinzu Das Konzept der Lastenteilung und Solidarität hat mit dem Europäischen Außengrenzenfonds, der erstmals umfangreiche Finanzmittel für diese Politikbereiche zuweist, konkrete Bedeutung erhalten.

Der Migrationsdruck sowie die Verhinderung der illegalen Einreise von Personen in die EU stellen eine klare Herausforderung für die Union und somit auch für die Grenz- und Visapolitik dar. Die grundlegenden Anforderungen der Migrationssteuerung müssen im Rahmen einer umfassenden Migrationspolitik (siehe Gesamtansatz) angegangen werden, die insbesondere das Engagement der EU in Drittländern einbezieht. Unter dem Blickwinkel der Einwanderungspolitik in ihrer Gesamtheit müssen daher auch verschiedene horizontale Fragen betrachtet werden, welche die Fähigkeit der EU, ihre Außengrenzen zu verwalten und den Schengen-Acquis zu wahren, beeinflussen können, wie externe Dimension, mittel- und langfristige Haushaltsaspekte in Bezug auf die finanzielle Solidarität und Lastenteilung sowie Auswirkungen des neuen Vertrags. In diesem größeren Kontext wird die Kommission im Juni eine Mitteilung über eine umfassende Einwanderungspolitik annehmen.

Wenngleich die Mitgliedstaaten für die Kontrolle der eigenen Grenzen verantwortlich bleiben, sollte die gemeinsame Politik der Union zur Unterstützung der Bemühungen der Mitgliedstaaten stetig ausgeweitet und verstärkt werden, um neuen Bedrohungen, Verlagerungen des Migrationsdrucks und etwaigen Defiziten zu begegnen, wobei die neuen Technologien umfassend und verhältnismäßig zu nutzen sind. Die soziale und die wirtschaftliche Dimension sollten gleiches Gewicht erhalten. Drittstaatsangehörige, die die Einreisevoraussetzungen der Gemeinschaft und des nationalen Rechts erfüllen, sollten die Außengrenze problemlos und schnell überschreiten können. Zwischenmenschliche Kontakte in Grenzregionen und zwischen Familienangehörigen sollten erleichtert werden. Die Grenzverwaltung sollte das Wirtschaftswachstum in Grenzregionen benachbarter Länder fördern und darf es nicht hemmen. Hierzu hat die EU vor kurzem mit acht Nachbarländern[5] Abkommen über Visa-Erleichterungen geschlossen und mit mehreren dieser Länder einen Dialog im Hinblick auf die Aufhebung der Visumpflicht begonnen.

1.2. Integrierte Grenzverwaltung und vorhandene Instrumente

Das Konzept der integrierten Grenzverwaltung beinhaltet eine Kombination von Kontrollmechanismen und Instrumenten, die sich auf Personenbewegungen in Richtung EU stützen. Dazu gehören Maßnahmen in den konsularischen Vertretungen der Mitgliedstaaten in Drittländern, Maßnahmen in Zusammenarbeit mit benachbarten Drittländern, Maßnahmen an der Grenze selbst und Maßnahmen innerhalb des Schengen-Raums. Die Schlüsselelemente dieses Konzepts umfassen derzeit folgende Maßnahmen in Bezug auf Drittstaatsangehörige, die in einen an der Schengen-Kooperation beteiligten Mitgliedstaat oder in ein an dieser Kooperation assoziiertes Land einreisen.

Nach dem Gemeinschaftsrecht unterliegen Reisende aus bestimmten Drittländern der Visumpflicht[6]. Für diese Kategorie wird zunächst in Verbindung mit dem Visumantrag in den konsularischen Vertretungen der Mitgliedstaaten in Drittländern geprüft, ob sie die Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen erfüllen.

Bei Drittstaatsangehörigen, die ein Kurzzeitvisum benötigen, soll ein Abgleich mit dem Visa-Informationssystem vorgenommen werden, das frühestens 2012 in konsularischen Vertretungen und an Grenzübergangsstellen voll einsatzfähig sein wird. Das Europäische Parlament und der Rat haben 2007 politisches Einvernehmen über die Rechtsgrundlagen des VIS erzielt und die förmliche Annahme dürfte im ersten Halbjahr 2008 erfolgen. Der Hauptzweck des VIS besteht darin, bei der Einreise die Echtheit des Visums und die Identität des Inhabers zu kontrollieren. Mit dem Start des VIS werden biometrische Merkmale wie Gesichtsbild und Fingerabdrücke einbezogen. Die Kommission hat einen Vorschlag zur Änderung des Schengener Grenzkodex vorgelegt, um die Identitätsprüfung von Visuminhabern bei jeder Einreise verbindlich vorzuschreiben.

Von Personen, die auf dem Luftweg in die EU einreisen, werden dem Zielmitgliedstaat auf Anfrage kurz vor dem Abflug so genannte API-Daten übermittelt, die den Passangaben entsprechen, um die Grenzschutzbehörden auf Risikopassagiere hinzuweisen[7].

API-Daten können nicht herangezogen werden, um eine Person daran zu hindern, an die Grenzübergangsstelle des Ziellandes zu gelangen.

Nach dem Schengener Grenzkodex[8] sind Drittstaatsangehörige bei der Einreise einer „eingehenden Kontrolle“ zu unterziehen; dabei werden nicht nur die Reisedokumente kontrolliert, sondern auch Zweck und Dauer des Aufenthalts ermittelt, geprüft, ob sie über ausreichende Existenzmittel verfügen und die Personendaten im Schengener Informationssystem und nationalen Datenbeständen abgerufen, um sicherzugehen, dass sie keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen der Schengen-Staaten darstellen. Somit wird mittels einer Befragung durch Grenzschutzbeamte geprüft, ob bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Außerdem müssen die Grenzschutzbeamten in jedem Fall die Reisedokumente auf ihre Gültigkeit hin überprüfen. Bei diesen Kontrollen wird nicht danach unterschieden, ob die betreffenden Personen ein Visum benötigen oder nicht.

Die Grenzschutzbeamten sind verpflichtet, die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen beim Überschreiten der Außengrenzen unter Angabe von Datum und Ort der Einreise oder Ausreise manuell abzustempeln.

In den konsularischen Vertretungen und an den Grenzen selbst wird das Schengener Informationssystem (SIS) abgerufen, um zu prüfen, ob die Person in einem Mitgliedstaat zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist. Im SIS und im künftigen SIS II werden Drittstaatsangehörige signalisiert, denen die Einreise in den Schengen-Raum verweigert wird, die gesucht werden oder unter Schutz zu stellen sind. Bei allen Drittstaatsangehörigen, die in die EU einreisen, wird systematisch eine SIS-Anfrage vorgenommen, unabhängig davon, ob sie der Visumpflicht unterliegen oder nicht.

Bei Kontrollen innerhalb des Schengen-Gebiets werden Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf das VIS haben, um Personen ohne gültige Ausweispapiere zu identifizieren, wenn ihnen zuvor ein Visum ausgestellt worden ist.

Außerdem sollte auf den Vorschlag der Kommission über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) verwiesen werden, die im Wesentlichen den Reservierungsdaten entsprechen[9]. Diese Informationen werden den Strafverfolgungsbehörden vor oder bei Abflug übermittelt. Das System würde für alle Mitgliedstaaten gelten, da es nicht an die Schengen-Kooperation als solche gekoppelt ist. Die Übermittlung von PNR-Daten erfolgt nicht zum Zwecke der Grenzkontrolle, sondern dient der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität.

1.3. Mögliche neue Instrumente zur künftigen Entwicklung einer integrierten Grenzverwaltungsstrategie

Wenn die EU das Ziel einer echten integrierten Grenzverwaltung erreichen möchte, um sowohl die Sicherheit zu erhöhen als auch Drittstaatsangehörigen das Reisen zu erleichtern, könnten weitere Schritte erwogen werden.

Betrachtet man die Maßnahmen auf Konsulatsebene und unter dem Blickwinkel der Erleichterung von Reisen und des Zugangs zum EU-Gebiet, entspricht die derzeitige Visumpolitik einem Alles-oder-nichts-Ansatz. Obwohl mit einer Reihe von Drittländern Visa-Erleichterungsabkommen geschlossen worden sind, gestattet die gemeinsame Visumpolitik keine andere Option als Staatsangehörige eines bestimmten Drittlandes der Visumpflicht zu unterstellen oder nicht.

Unter Sicherheitsgesichtspunkten werden nicht visumpflichtige Drittstaatsangehörige für Grenzkontrollzwecke keiner systematischen Überprüfung unterzogen, bevor sie an der Grenze selbst ankommen.

Was die Maßnahmen an den Grenzen anbelangt und unter dem Blickwinkel der Reiseerleichterungen entspricht der derzeitige Rechtsrahmen für Grenzkontrollen einem Pauschalansatz, was bedeutet, dass das Gemeinschaftsrecht in seiner heutigen Ausgestaltung keine vereinfachten Kontrollen für bestimmte Kategorien von Reisenden zulässt. Einzige Ausnahme sind in Grenzregionen von Nachbarländern wohnhafte Drittstaatsangehörige - in der Regel innerhalb eines Radius von 30 km entlang der Grenze -, die von vereinfachten Grenzkontrollen und nach den Bestimmungen der Verordnung über den kleinen Grenzverkehr von einer Befreiung vom Visumerfordernis profitieren können. Andere Drittstaatsangehörige, die aus legitimen Gründen - beispielsweise Geschäftsreisende - häufig in den Schengen-Raum einreisen oder aus dem Schengen-Raum ausreisen und stets die an ihre Aufenthaltsdauer geknüpften Bedingungen respektieren, werden bei jeder Einreise derselben eingehenden Grenzkontrolle unterzogen. Dies gilt auch für visumpflichtige Personen, denen Mehrfachvisa erteilt werden. Da nach dem geltenden Rechtsrahmen alle Personen eingehend kontrolliert werden müssen, wird eine Modernisierung der Grenzkontrollen verhindert - neue Technologien könnten eine automatische und damit spürbar schnellere Grenzkontrolle für Bona-fide-Reisende ermöglichen.

Betrachtet man die innerhalb des Schengen-Gebiets möglichen Maßnahmen, so könnte die Union die Einführung eines effizienten Instruments in Betracht ziehen, um Overstayer zu ermitteln, da derzeit keine Daten über grenzüberschreitende Bewegungen von Drittstaatsangehörigen erfasst werden. Overstayer machen die größte Gruppe illegaler Einwanderer in der EU aus[10]. Selbst wenn einzelne Mitgliedstaaten solche Daten erfassen, findet kein gegenseitiger Austausch statt. Grenzschutzbeamte können die Dauer des Aufenthalts nicht berechnen, wenn für die Ein- und Ausreise verschiedene Reisedokumente verwendet oder wenn sie mit praktischen Problemen konfrontiert werden, beispielsweise wenn ein Pass voller Stempel ist oder die Stempel unlesbar sind. Vor diesem Hintergrund enthält diese Mitteilung Empfehlungen für neue Instrumente, die fester Bestandteil der künftigen europäischen Grenzverwaltungsstrategie sein könnten. Vorgeschlagen wird, nach vorne zu blicken und Überlegungen über die nächste Generation von Grenzverwaltungsinstrumenten anzustellen mit dem Ziel, die Integrität des Schengen-Raums zu wahren und gleichzeitig die Verfahren und den Grenzübertritt für legitim einreisende Personen zu erleichtern. Die in Erwägung zu ziehenden Instrumente würden auf Drittstaatsangehörige Anwendung finden, die in einen an der Schengen-Kooperation beteiligten Mitgliedstaat oder ein an dieser Kooperation assoziiertes Land reisen, und könnten Folgendes umfassen:

- die Erleichterung des Grenzübertritts für Bona-fide-Reisende[11],

- die eventuelle Erfassung der Ein- und Ausreise und

- die Prüfung der Einführung eines Systems zur elektronischen Erteilung von Reisebewilligungen ( Electronic System of Travel Authorisation – ESTA).

Die Mitteilung stützt sich auf eine Folgenabschätzung, die unter Zugrundelegung zweier Studien externer Auftragnehmer erstellt wurde. Im März soll ein Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vorgelegt werden, in dem die technischen Umsetzungsaspekte eingehender bewertet werden.

2. ERLEICHTERTER GRENZÜBERTRITT FÜR BONA-FIDE- REISENDE

- Sowohl visumpflichtigen als nicht visumpflichtigen Reisenden aus Drittländern mit niedrigem Risikoprofil könnte auf freiwilliger Basis eine Vorabprüfung angeboten werden, um den Status eines registrierten Reisenden zu erhalten.

- An den EU-Grenzen könnten registrierte Reisende in den Genuss einer vereinfachten und automatischen Grenzkontrolle kommen.

Der bestehende Rechtsrahmen für Kontrollen von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen könnte geändert werden, damit für bestimmte Kategorien von Reisenden, denen der Status „registrierter Reisender“ zuerkannt wird, gelockerte Kontrollen möglich sind. Wer einen solchen Status beantragt, könnte einer Vorabprüfung unterzogen werden, deren Anforderungen so zu definieren wären, dass die abgeschwächten Kontrollen an den Grenzen kompensiert werden. Die weiterhin bestehenden Kontrollen an der Grenze selbst könnten so gestaltet sein, dass die Nutzung automatischer Kontrollgates möglich ist.

Konkret würde der Status eines registrierten Reisenden und die Einführung automatischer Kontrollen für diese Personen bedeuten, dass die Überprüfung bestimmter Einreisebedingungen an der Grenze (Zweck des Aufenthalts, Existenzmittel, keine Bedrohung für die öffentliche Ordnung) entfällt. Der Status eines „registrierten Reisenden“ könnte nach einer angemessenen Sicherheitsprüfung anhand gemeinsamer Kriterien zuerkannt werden. Diese könnten zumindest Folgendes umfassen: Verlässliches Reiseverhalten (bisher keine Überziehung autorisierter Aufenthalte in der EU), Nachweis ausreichender Existenzmittel und Besitz eines biometrischen Passes. Weitere Kriterien könnten erwogen werden und in Bezug auf visumpflichtige Personen könnten die für die Ausstellung von Mehrfachvisa geltenden Kriterien herangezogen werden.

Drittstaatsangehörige könnten den Status eines registrierten Reisenden in jedem Mitgliedstaat beantragen. Das Antragsverfahren könnte in den konsularischen Vertretungen oder den geplanten gemeinsamen Visastellen angewickelt werden.

Um die Nutzung derselben Infrastrukturen und Geräte zu ermöglichen, könnten die gleichen biometrischen Identifikatoren (Gesichtsbild und Fingerabdrücke) wie für Visuminhaber erfasst werden. Informationen darüber, wem der Status eines registrierten Reisenden zuerkannt wird, werden zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht, da diese Personen von vereinfachten Kontrollen an den Außengrenzen des Schengen-Raums profitieren sollten, ungeachtet dessen, welche Grenzübergangsstelle sie für die Einreise wählen.

Im Zuge der vereinfachten Kontrolle registrierter Reisender an den Grenzen könnte zudem die Einführung automatischer Kontrollgates eine automatische Überprüfung der Identität von Reisenden ohne Eingreifen von Grenzschutzbeamten ermöglichen. Eine Maschine würde die in den Reisedokumenten enthaltenen oder in einem System oder einer Datenbank gespeicherten biometrischen Daten lesen und sie mit den biometrischen Merkmalen des Reisenden abgleichen.

Neben anderen positiven Aspekten wie Zufriedenheit der Reisenden und symbolische Wirkung einer sich als weltoffen präsentierenden EU könnten automatische Grenzkontrollsysteme die Kosteneffizienz erheblich steigern, da mehr Passagiere an den Grenzen von weniger Grenzschutzbeamten abgefertigt würden, wodurch sich die Gesamtkosten für Mitgliedstaaten, die ständig wachsende Passagierströme zu bewältigen haben, verringern würden. Ein Grenzschutzbeamter könnte bis zu zehn automatische Kontrollgates überwachen. Automatische Grenzkontrollen für Bona-fide-Reisende würden eine erhebliche Zeitersparnis beim Überschreiten der Außengrenzen bringen und es den Grenzbehörden ermöglichen, ihre Ressourcen auf jene Gruppen von Drittstaatsangehörigen zu konzentrieren, die größere Aufmerksamkeit erfordern und somit die Grenzsicherheit insgesamt erhöhen.

An welchen Grenzübergangsstellen solche Erleichterungsmaßnahmen getroffen werden, entscheiden die einzelnen Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung des Passagieraufkommens und der Verkehrsbedingungen. In der Praxis könnte ein zusätzlicher Korridor an den Grenzübergangsstellen eingerichtet werden, wenn automatische Kontrollgates zum Einsatz gelangen.

Automatische Kontrollgates für EU-Bürger

EU-Bürger und andere Personen, die das Gemeinschaftsrecht auf Freizügigkeit genießen[12], könnten beim Überschreiten der Außengrenze automatische Kontrollgates nutzen. Diese Personengruppe unterliegt bei der Einreise und der Ausreise einer „Mindestkontrolle“, die in einer Überprüfung der Reisedokumente zur Feststellung der Identität des Inhabers besteht. Nach dem geltenden Rechtsrahmen können also schon heute automatische Kontrollen für EU-Bürger eingeführt werden, die im Besitz eines e-Passes sind. Das für Drittstaatsangehörige geplante System automatischer Kontrollgates könnte auch von EU-Bürgern beim Überschreiten der Außengrenzen genutzt werden, da es – abgesehen davon, dass nach dem Schengener Grenzkodex nur stichprobenweise ein Abgleich mit dem SIS und nationalen Datenbeständen durchgeführt werden kann – dieselben Funktionen erfüllt[13].

Die Mitgliedstaaten haben im August 2006 damit begonnen, biometrische Pässe[14] mit einem digitalisierten Gesichtsbild des Inhabers auszustellen und ab dem 28. Juni 2009 werden auch die Fingerabdrücke des Inhabers im Pass enthalten sein[15]. Da bis spätestens 2016 ein biometrischer Identifikator und bis 2019 zwei biometrische Identifikatoren in die Pässe aufgenommen werden könnten, würden ab diesem Zeitpunkt alle EU-Bürger (vorausgesetzt eine maximale Gültigkeitsdauer der Pässe von zehn Jahren) von automatischen Grenzkontrollsystemen profitieren können, sollten sie von den Mitgliedstaaten umfassend eingeführt werden. EU-Bürger mit biometrischen Pässen würden dieselben automatischen Kontrollgates nutzen wie Drittstaatsangehörige, die als registrierte Reisende gelten.

Nach dem derzeitigen Rechtsrahmen können die Mitgliedstaaten bis zur generellen Einführung biometrischer Pässe auf freiwilliger Basis geeignete Programme entwickeln, sofern die Kriterien für die Teilnahme an solchen Programmen den Mindestkontrollen an den Grenzen entsprechen und allen Personen offen stehen, die in den Genuss des Gemeinschaftsrechts auf Freizügigkeit kommen. Solche Programme sollten innerhalb der EU interoperabel sein und auf gemeinsamen technischen Standards basieren, die zu definieren sind, um eine weitreichende und kohärente Nutzung automatischer Grenzkontrollsysteme zu unterstützen. Die Einführung interoperabler Systeme in den Mitgliedstaaten könnte über den Außengrenzenfonds finanziell gefördert werden.

3. SCHAFFUNG EINES SYSTEMS ZUR REGISTRIERUNG DER EINREISE/AUSREISE VON DRITTSTAATSANGEHÖRIGEN

- Datum und Ort der Einreise und Ausreise von visumpflichtigen und nicht visumpflichtigen Drittstaatsangehörigen könnten an den Grenzen automatisch registriert werden, um Overstayer zu ermitteln.

- Nationale Behörden könnten einen Warnhinweis erhalten, wenn die autorisierte Aufenthaltsdauer einer Person in der EU abgelaufen ist und keine Ausreisedaten erfasst worden sind.

Ein Einreise-/Ausreisesystem könnte für visumpflichtige und für nicht visumpflichtige Drittstaatsangehörige gelten, die für einen Kurzaufenthalt (bis zu drei Monaten) zugelassen werden. Bei dem System könnten Angaben zu Datum und Ort der Einreise sowie zur Dauer des autorisierten Aufenthalts erfasst werden und den zuständigen Behörden unmittelbar ein automatischer Warnhinweis zugehen, wenn eine Person als Overstayer identifiziert wird, und zwar sowohl wenn dies festgestellt wird als auch bei der Ausreise aus der EU. In Ausnahmefällen (wie Ausstellung eines nationalen Visums wegen Flugannullierung, Krankheit oder sonstiger triftiger Gründe) oder wenn sich der Status der Person ändert (z. B. verlängertes Aufenthaltsrecht), sollen die hierfür zuständigen Behörden die Daten aktualisieren.

Die Warnhinweise könnten:

- nationale Behörden in die Lage versetzen, Overstayer zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu treffen;

- Drittstaatsangehörige davon abschrecken, den autorisierten Aufenthalt zu überziehen;

- für operationale Zwecke Informationen über einschlägige Muster (z. B. Reiserouten, in betrügerischer Absicht ausgestellte Einladungen, Herkunftsland und Reisegründe) liefern sowie für visumpolitische Zwecke Daten über Migrationsströme und Overstayer.

Von allen visumpflichtigen Drittstaatsangehörigen, die in einer konsularischen Vertretung eines Mitgliedstaats ein Visum beantragen, könnten biometrische Daten in das Visa-Informationssystem eingegeben werden, und die Grenzübergangsstellen könnten so ausgerüstet werden, dass sie die Identität des Visuminhabers anhand dieser Daten überprüfen können. Um die einschlägigen Investitionen zu optimieren und die Auswirkungen auf die Grenzkontrolle zu minimieren, wäre es sinnvoll, vor Einführung des Einreise-/Ausreisesystems in der Praxis die vollständige und erfolgreiche Anwendung des VIS in allen konsularischen Vertretungen und Grenzübergangsstellen abzuwarten.

Nicht visumpflichtige Drittstaatsangehörige könnten an den Grenzen mithilfe derselben biometrischen Geräte denselben Verifizierungsverfahren wie Visuminhaber unterzogen werden. Ihre biometrischen Daten müssten bei der ersten Einreise erfasst werden, damit anschließend bei der Ausreise sowie im Schengen-Raum biometrische Kontrollen durchgeführt werden könnten, was die Abwicklung des Reiseverkehrs, vor allem an bestimmten Grenzübergangsstellen der Landgrenzen erschweren könnte.

Der höhere Zeitaufwand und längere Warteschlangen infolge der Einführung des Einreise-/Ausreisesystems könnten durch eine bessere Steuerung der Passagierströme durch automatische Grenzkontrollen ausgeglichen werden. Für registrierte Reisende sollte bei der ersten Einreise kein biometrischer Abgleich vorgesehen werden, da die Registrierung der Einreise- und Ausreisedaten dieser Reisenden in das automatische Grenzkontrollverfahren einbezogen wird.

Zu überlegen ist auch, ob für die Speicherung der Einreise-/Ausreisedaten sowie der biometrischen Daten von Drittstaatsangehörigen ein gesondertes System erforderlich ist. Dieses neue System könnte dieselbe technische Plattform wie SIS II und VIS nutzen und so Synergien mit dem derzeit entwickelten biometrischen Abgleichsystem ( Biometric Matching System - BMS) ausschöpfen, das die gemeinsame Grundlage für das Einreise-/Ausreisesystem, das VIS und das SIS II bilden könnte. Die Kommission wird eine eingehendere technische Analyse dieser Lösungsansätze vorlegen, wobei auch geprüft wird, ob das VIS für den spezifischen Zweck der Speicherung der Einreise-/Ausreisedaten von visumpflichtigen Drittstaatsangehörigen ausgeweitet werden könnte und ob ein gesondertes System für das Registrierungsprogramm für Reisende vonnöten ist.

Die Kosten aufgrund der Investitionen, die die Mitgliedstaaten für die Ausrüstung der Grenzübergangsstellen tätigen müssen, würden aus dem Außengrenzenfonds gedeckt, wie dies auch bei den derzeitigen Investitionen für die Implementierung des SIS und des VIS der Fall ist. Die Kosten werden in der beigefügten Folgenabschätzung veranschlagt und in der angekündigten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen näher erläutert. Drittländern sollen keine Kosten aufgrund der Einführung des Einreise-/Ausreisesystems und des Registrierungsprogramms für Reisende entstehen.

4. SYSTEM ZUR ERTEILUNG ELEKTRONISCHER REISEBEWILLIGUNGEN (ESTA)

Die Kommission wird prüfen, ob ein System zur elektronischen Erteilung von Reisebewilligungen eingeführt werden kann. Ein solches System würde für nicht visumpflichtige Drittstaatsangehörige gelten, die vor Reiseantritt einen elektronischen Antrag zu stellen hätten, dem Angaben zur Identifizierung des Reisenden sowie Pass- und Reisedaten beizufügen sind. Die Daten könnten herangezogen werden, um vor der Reise in die EU anhand eines – im Vergleich zu einem Visumantrag – abgeschwächten und vereinfachten Verfahrens zu überprüfen, ob der Betreffende die Einreisevoraussetzungen erfüllt. Die Kommission beabsichtigt, 2008 eine Studie in Auftrag zu geben, um die Durchführbarkeit und die praktischen Auswirkungen eines solchen Systems zu analysieren.

5. DATENSCHUTZ

Die Systeme müssen den EU-Datenschutzvorschriften entsprechen, einschließlich den Anforderungen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, der Zweckbindung und der Datenqualität. Insbesondere ist darauf zu achten, dass die Bestimmungen der Artikel 16 und 17 der Richtlinie 95/46/EG zur Vertraulichkeit und Sicherheit sowie die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 bezüglich der Netzsicherheit und Vertraulichkeit vollständig eingehalten werden.

Die Datenschutzvorschriften für das VIS und der Status quo, wonach eine Vorratsspeicherung von Daten nur für fünf Jahre zulässig ist, scheinen angemessen.

Die mit dem Einreise-/Ausreisesystem gewonnenen Daten würden von den zuständigen Einwanderungsbehörden genutzt. Einzelpersonen sollten Zugang zu den über sie gespeicherten Daten haben und fehlerhafte Daten anfechten und berichtigen können, wie dies im Gemeinschaftsrecht und nationalen Recht geregelt ist. Für Fälle, in denen Drittstaatsangehörige „gezwungenermaßen“ ihren Aufenthalt überziehen müssen, ist ein Beschwerdeverfahren vorzusehen.

In der Studie, die von der Kommission über die mögliche Einführung eines Systems zur elektronischen Erteilung von Reisebewilligungen in Auftrag gegeben wird, werden auch einschlägige Datenschutzfragen behandelt.

6. SCHLUSSFOLGERUNGEN

In Anbetracht der fortschreitenden Verständigung über die Einführung des Visa-Informationssystems sollte die EU weitere Schritte in Betracht ziehen und überlegen, welche Parameter notwendig sind, damit für alle Drittstaatsangehörigen, die zu einem Kurzaufenthalt zugelassen werden, ein Einreise-/Ausreisesystem eingerichtet werden kann. Sollten diese Überlegungen den Schluss zulassen, dass die Einführung eines solchen Systems zweckmäßig ist, so könnte dieses bis 2015 funktionsfähig sein; erforderlich wären in diesem Fall Vorschläge:

- zur Änderung des Schengener Grenzkodex, um sicherzustellen, dass die Ein- und Ausreisedaten an allen Grenzübergangsstellen der Außengrenzen systematisch registriert werden und für nicht visumpflichtige Drittstaatsangehörige die Erfassung biometrischer Merkmale an der Grenze eine zwingende Einreisevoraussetzung wird. Wenn der Status eines „registrierten Reisenden“ eingeführt wird, müsste der Grenzkodex ebenfalls geändert werden, um an den Grenzen vereinfachte Kontrollen für diese Personen zu ermöglichen;

- für einen Beschluss über die Errichtung des neuen Einreise-/Ausreisesystems, um die Ein- und Ausreisedaten zu erfassen sowie biografische und biometrische Angaben von Drittstaatsangehörigen zu speichern. Dieses System könnte auf derselben technischen Plattform wie VIS/SIS II aufbauen.

Die Mitgliedstaaten könnten auch prüfen, ob automatische Grenzkontrollsysteme für EU-Bürger , gestützt auf den ePass oder nationale Regelungen, einzuführen sind. In geeigneten Gremien sollte eine Diskussion über die Entwicklung technischer Standards stattfinden, um die Interoperabilität nationaler Systeme zu erreichen, die nicht ePass-gestützt sind. Auf längere Sicht könnte die Entwicklung globaler Standards in Betracht gezogen werden, um solche Systeme in Bezug auf Teilnahme, Zugangsberechtigung und technische Interoperabilität auf internationaler Ebene zu koordinieren.

Die Kommission wird dem Europäischen Parlament und dem Rat über die Ergebnisse der Studie über ein System zur elektronischen Erteilung von Reisebewilligungen im Jahr 2009 Bericht erstatten.

Daher ersucht sie das Europäische Parlament und den Rat, Überlegungen über die künftige Gesamtarchitektur der integrierten EU-Grenzverwaltung und den Einsatz der Systeme anzustellen, die sich darauf gründen sollten, die Sicherheit zu erhöhen und das Reisen zu erleichtern. Auf Grundlage dieser Überlegungen wird die Kommission prüfen, wie diese Systeme weiterentwickelt werden können und ob Legislativvorschläge unterbreitet werden müssen.

[1] Welttourismusorganisation (UNWTO): Vision 2020, Band 4, S. 48. Der Begriff „Tourismus“ schließt auch Reisen zwecks Verbesserung der Berufsqualifikation und der Gesundheit mit ein.

[2] Verordnung (EG) Nr. 562/2006.

[3] Verordnung (EG) Nr. 1931/2006.

[4] Verordnung (EG) Nr. 2007/2004.

[5] Russland, Ukraine, Serbien, Montenegro, Albanien, Bosnien und Herzegowina, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und Republik Moldau.

[6] Verordnung (EG) Nr. 539/2001.

[7] Richtlinie 2004/82/EG.

[8] ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.

[9] KOM(2007) 654.

[10] Vgl. geschätzte Zahlen in der Folgenabschätzung.

[11] Die Schaffung eines Einreise-/Ausreisesystems und die Einführung von Erleichterungen beim Grenzübertritt zählen zu den Entwicklungen, welche die Kommission in der Mitteilung über die Verbesserung der Effizienz der europäischen Datenbanken im Bereich Justiz und Inneres und der Steigerung ihrer Interoperabilität sowie der Synergien zwischen ihnen - KOM(2005) 597 vom 24.11.2005 - und in der Mitteilung über politische Prioritäten bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung von Drittstaatsangehörigen - KOM(2006) 402 vom 19.7.2006 - in Betracht gezogen hat.

[12] Familienangehörige von EU-Bürgern; EWR-Bürger und Schweizer Staatsangehörige einschließlich Familienmitglieder.

[13] Ein bereits funktionierendes Beispiel ist das portugiesische RAPID-System.

[14] Ratsverordnung (EG) Nr. 2252/2004 vom 13. Dezember 2004 über biometrische Daten in Pässen und Reisedokumenten.

[15] Kommissionsentscheidung K(2006) 2909 vom 28. Juni 2006.

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