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Document 52007DC0591

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Mehr und bessere Arbeitsplätze in der Seefahrt der EU durch Überprüfung des sozialrechtlichen Rahmens (Erste Phase der Anhörung der Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene gemäß Artikel 138 Absatz 2 EG-Vertrag)

/* KOM/2007/0591 endg. */

52007DC0591

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Mehr und bessere Arbeitsplätze in der Seefahrt der EU durch Überprüfung des sozialrechtlichen Rahmens (Erste Phase der Anhörung der Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene gemäß Artikel 138 Absatz 2 EG-Vertrag) /* KOM/2007/0591 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 10.10.2007

KOM(2007) 591 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Mehr und bessere Arbeitsplätze in der Seefahrt der EU durch Überprüfung des sozialrechtlichen Rahmens (Erste Phase der Anhörung der Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene gemäß Artikel 138 Absatz 2 EG-Vertrag)

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Mehr und bessere Arbeitsplätze in der Seefahrt der EU durch Überprüfung des sozialrechtlichen Rahmens (Erste Phase der Anhörung der Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene gemäß Artikel 138 Absatz 2 EG-Vertrag)

1. EINLEITUNG

Im Grünbuch „Die künftige Meerespolitik der Europäischen Union“[1] wurde angeregt, dass in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern geprüft werden sollte, ob die maritime Wirtschaft weiterhin von bestimmten Bereichen des europäischen Arbeits- und Sozialrechts ausgenommen sein sollte.

Im Kontext anderer Maßnahmen zur Stärkung der sozialen Dimension eines maritimen Europas[2] und zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Seeverkehrs der Europäischen Union sowie unter Berücksichtigung der Forderungen der Stakeholder und insbesondere des Europäischen Parlaments und des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses beabsichtigt die Kommission zu prüfen, ob die derzeitigen Gemeinschaftsvorschriften ein angemessenes Schutzniveau für Seeleute gewährleisten und ob die maritime Wirtschaft in der EU – ohne Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsfähigkeit – durch eine Verbesserung dieser Vorschriften attraktiver für Arbeitsuchende werden könnte[3].

In der vorliegenden Mitteilung werden die einschlägigen Rechtsvorschriften analysiert, um Ausschluss- und Ausnahmeregelungen, von denen Arbeitskräfte in maritimen Berufen betroffen sind, sowie Schwierigkeiten bei der Auslegung dieser Rechtsvorschriften zu identifizieren. Vor dem Hintergrund des bereits sehr umfassenden Korpus an internationalen Übereinkommen und Normen soll eruiert werden, inwiefern Maßnahmen zur Verbesserung des Rechtsschutzes für maritime Berufe in der EU erforderlich sind. Schließlich wird mit dieser Mitteilung eine Anhörung der Sozialpartner gemäß Artikel 138 Absatz 2 EG-Vertrag zu der möglichen Ausrichtung einer Gemeinschaftsaktion eingeleitet.

Da der Schwerpunkt auf den Rechtsrahmen gelegt wird, beschränkt sich die Analyse zwangsläufig auf die Berufe, die im Rahmen des EU-Rechts ein geringeres Schutzniveau genießen, und/oder jene, bei denen größere Probleme aufgezeigt worden sind, d. h. Arbeitskräfte im Seeverkehr und in der Fischerei.

Die Problematik ist von größter wirtschaftlicher und sozialer Bedeutung. 2005 belief sich die Zahl der Seeleute auf schätzungsweise 204 400 (EU-27)[4] und gab es zwischen 190 000 und 195 000 angeheuerte Fischer (EU-25). Verschiedene Anhörungsbeiträge bestätigen einen Mangel an qualifiziertem Personal in der europäischen Seefahrt.

2. INTERNATIONALER RAHMEN

Die maritime Wirtschaft wickelt sich weitgehend in einem stark globalisierten Kontext ab. Die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft und die Internationalisierung der Arbeitskräfte sowie eine zuweilen mangelhafte Durchsetzung der Vorschriften haben die Wirksamkeit der geltenden internationalen Normen untergraben und die Sicherheit im Seeverkehr weltweit beeinträchtigt und somit dazu beigetragen, dass sich die Ungleichheiten in den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Seeleute verschärft haben. Die EU unterstützt mit Nachdruck die Bemühungen, die in globalen Foren unternommen werden, um den internationalen Rechtsrahmen zu verstärken, und die in die Annahme des ILO-Seearbeitsübereinkommes 2006 [5] und des ILO-Übereinkommens über Arbeit im Fischereisektor 2007 [6] mündeten.

Die neuen internationalen Normen, die durch diese Übereinkommen eingeführt wurden, sind für die Aktualisierung und Ergänzung der innen- und außenpolitischen EU-Maßnahmen, einschließlich der Sozialnormen, von Belang, da sie die bestehenden internationalen Rechtsvorschriften mit umfassenden Bestimmungen zur Beachtung und Durchsetzung in einem breiten Spektrum von Bereichen konsolidieren und aktualisieren.

Die Umsetzung der Bestimmungen des ILO-Seearbeitsübereinkommens 2006 zur Beachtung und Durchsetzung der Rechtsvorschriften ist für die Einführung von weltweit einheitlichen Wettbewerbsbedingungen für den Seeverkehr von ausschlaggebender Bedeutung. Es sei auch darauf hingewiesen, dass mit dem dritten Paket „Seeverkehrssicherheit“ einige Vorschriften über die Hafenstaatkontrolle überprüft werden, um die Effizienz dieser Kontrolle in Bezug auf die Arbeitsnormen zu verstärken, einschließlich der Weiterverfolgung von Beschwerden von Seeleuten[7].

Der Rat erließ am 7. Juni 2007 eine Entscheidung zur Ermächtigung der Mitgliedstaaten, das ILO-Seearbeitsübereinkommen 2006 im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu ratifizieren, vorzugsweise vor dem 31. Dezember 2010[8].

Die Kommission beabsichtigt außerdem, einen Vorschlag für eine Entscheidung des Rates vorzulegen, mit der die EU-Mitgliedstaaten ermächtigt und angehalten werden sollen, das ILO-Übereinkommen über Arbeit im Fischereisektor 2007 zügig zu ratifizieren[9].

In den letzten Jahren haben ILO und IMO überdies Initiativen zur Verbesserung der Sicherheitsnormen ergriffen. Im Jahr 2003 nahm die ILO das Übereinkommen Nr. 185 über Ausweise für Seeleute an (Neufassung des Übereinkommens Nr. 108), durch das der Landgang und die Durchreise für Seeleute vereinfacht werden sollen. Der Rat ermächtigte die EU-Mitgliedstaaten, das Übereinkommen zu ratifizieren[10], und die Kommission hat sie ebenfalls angehalten, es zu ratifizieren und umzusetzen.

Auch im Rahmen der Partnerschaftsabkommen im Fischereibereich zwischen der EG und Entwicklungsländern werden durch Sozialklauseln angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen gefördert.

3. EU-RECHTSVORSCHRIFTEN ÜBER ARBEITSBEDINGUNGEN SOWIE UNTERRICHTUNG UND ANHÖRUNG

Was die Abdeckung der Seeleute und/oder Fischer durch die EU-Rechtsvorschriften in den Bereichen Arbeitsbedingungen sowie Unterrichtung und Anhörung betrifft, so kann zwischen vier Sachlagen unterschieden werden:

- Kein Ausschluss (d. h. keine besonderen Bestimmungen oder Ausnahmeregelungen). Zu nennen sind hier die Richtlinien über befristete Arbeitsverträge, über Teilzeitarbeit, über Sicherheit und Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern mit befristetem Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis, über die Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen sowie über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft und in der Europäischen Genossenschaft.

- Besondere Rechtsvorschriften oder allgemeine Instrumente mit besonderen Bestimmungen. Dies trifft zu auf die Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung[11] (diese Richtlinie gilt nicht für Seeleute, sieht jedoch eine besondere Regelung für Fischer vor) und die Richtlinie über den Jugendarbeitsschutz[12] (mit besonderen Abweichmöglichkeiten für die Beschäftigung in der Schifffahrt oder in der Fischerei).

- Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, bei der Umsetzung von Richtlinien Ausnahmeregelungen in ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften aufzunehmen. Vorgesehen in der Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat, der Richtlinie über Information und Anhörung sowie der Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.

- Ausschluss vom Anwendungsbereich: in der Richtlinie über Massenentlassungen, der Richtlinie zum Übergang von Unternehmen und der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern.

Die Richtlinien der zwei letztgenannten Kategorien erfordern eine ausführlichere Analyse.

a) Richtlinie 2002/74/EG [13] – Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers

Gemäß Artikel 1 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten die Ansprüche bestimmter Gruppen von Arbeitnehmern vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausnahmsweise ausschließen, sofern andere Garantieformen bestehen, die den Betroffenen im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitsgebers einen gleichwertigen Schutz gewährleisten. Zwar nimmt diese Bestimmung nicht ausdrücklich auf seemännische Berufe Bezug, aber die Mitgliedstaaten könnten sie auf diese anwenden.

Gemäß Artikel 1 Absatz 3 können die Mitgliedstaaten, in denen Fischer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie bereits nach innerstaatlichem Recht ausgeschlossen wurden, weiterhin vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausschließen.

Lediglich sechs Mitgliedstaaten[14] nahmen die Möglichkeiten für einen Ausschluss nach Artikel 1 Absatz 2 und/oder Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie in Anspruch. Es sollte überprüft werden, ob die Ausschlussbestimmungen dieser Mitgliedstaaten nach wie vor begründet und ob andere Formen des eingeräumten Schutzes tatsächlich gleichwertig sind.

b) Richtlinie 94/45/EG des Rates [15] – Europäischer Betriebsrat

Die Richtlinie gilt durchaus für die Besatzung von Fischereifahrzeugen, die unter ihren allgemeinen Anwendungsbereich fällt. Artikel 1 Absatz 5 hält allerdings Folgendes fest: „ Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass diese Richtlinie nicht für das seefahrende Personal der Handelsmarine gilt “.

Diese Ausnahmeregelung wurde u. a. damit begründet[16], dass diese Seeleute in großer Entfernung zueinander und zum Management tätig sind und es daher schwierig ist, dass sie gemeinsam an einer Anhörung teilnehmen.

Sechs Mitgliedstaaten haben diese Bestimmung aufgegriffen[17]. In zwei weiteren Mitgliedstaaten[18] gilt die Ausnahmeregelung aufgrund spezieller Rechtsvorschriften, während in drei anderen Mitgliedstaaten[19] Verfahren zur Anpassung der Umsetzungsvorschriften an die Seeleute laufen.

Die Möglichkeit, das seefahrende Personal der Handelsmarine vom Geltungsbereich auszunehmen, ist aus folgenden Gründen zu überprüfen: (i) die starke Internationalisierung der Arbeitskräfte erfordert transnationale Verfahren für die Unterrichtung und Anhörung, (ii) die meisten Mitgliedstaaten nutzen diese Möglichkeit nicht, (iii) die Bestimmungen der Richtlinie lassen Spielraum (die Verfahren für die Unterrichtung und Anhörung werden im Rahmen von Verhandlungen an die Unternehmensmerkmale angepasst).

Gleichwohl müssen den besonderen Arbeitsmustern der Seeleute stets Rechnung getragen werden. Eine mögliche Option wäre es, die derzeit gültige Ausnahmeregelung dahingehend zu ändern, dass die nationalen Vorschriften an die besondere Situation des seefahrenden Personals der Handelsmarine, vor allem im Fernverkehr, angepasst werden, so wie dies einige Mitgliedstaaten bereits getan haben.

c) Richtlinie 2002/14/EG [20] – Unterrichtung und Anhörung

Laut Artikel 3 Absatz 3 können die Mitgliedstaaten „ durch Erlass besonderer Bestimmungen für die Besatzung von Hochseeschiffen von dieser Richtlinie abweichen “.

Um den Ausschluss zu rechtfertigen, führten die Mitgliedstaaten dieselben Gründe an wie bei der Richtlinie 94/45/EG: die Schwierigkeit, die Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung an Bord von Schiffen, die sich fern vom Unternehmenssitz befinden, anzuwenden, sowie der Umstand, dass die Seeleute häufig in Kurzzeitverträgen verpflichtet werden.

In diesem Fall ist der Ausschluss jedoch an eine Bedingung geknüpft: die Mitgliedstaaten sind in der Tat verpflichtet, „besondere Bestimmungen“ zu erlassen. Es ist somit nicht möglich, überhaupt keine Regelung oder ein anderes Schutzniveau vorzusehen. Acht Mitgliedstaaten[21] machten von der durch Artikel 3 Absatz 3 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, allerdings führten lediglich drei von ihnen[22] besondere Bestimmungen für das unter den Geltungsbereich der Abweichung fallende Personal ein. Die Kommission wird die Rechtskonformität dieser besonderen Bestimmungen in einem künftigen Bericht zur Umsetzung dieser Richtlinie prüfen.

d) Richtlinie 98/59/EG des Rates [23] – Massenentlassungen

In Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c ist niedergelegt, dass diese Richtlinie keine Anwendung auf Besatzungen von Seeschiffen findet.

In der Begründung zu ihrem Vorschlag für eine Änderung der Richtlinie 75/129/EWG[24] von 1991 vertrat die Kommission Folgendes: "Die Bestimmungen dieser Richtlinie hinsichtlich Unterrichtung, Konsultation und Anzeige sind keinesfalls unvereinbar mit der besonderen Art des Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses der Besatzungen von Seeschiffen. Es ist keineswegs gerechtfertigt, sie von dem durch die Richtlinie gebotenen Schutz auszuschließen, es sei denn sie wären durch andere Vorkehrungen abgesichert, die ihnen einen Schutz gewährleisten, der dem sich aus dieser Richtlinie ergebenden Schutz gleichwertig ist".

In den Diskussionen im Rat wurde der Verweis auf andere Garantieformen, die einen gleichwertigen Schutz gewährleisten, verworfen.

Somit bestehen hinreichende Gründe für eine Überprüfung der Bedingungen, unter denen der Schutz der Rechte von Besatzungen von Seeschiffen in den Geltungsbereich der Richtlinie fällt[25].

e) Richtlinie 2001/23/EG des Rates [26] – Übergang von Unternehmen

Artikel 1 Absatz 3 schließt Seeschiffe im Allgemeinen vom Anwendungsbereich der Richtlinie aus.

Weder der ursprüngliche Kommissionsvorschlag (KOM(74) 351) noch der geänderte Vorschlag vom 25. Juli 1975 (KOM(75) 429) nahmen besonders auf Seeschiffe Bezug. In der am 14. Februar 1977 angenommenen Fassung (Richtlinie 77/187/EWG) sah die Richtlinie allerdings bereits eine Ausschlussregelung vor, offenbar in Anlehnung an eine ähnliche Regelung in der Richtlinie über Massenentlassungen.

In ihrem Vorschlag für eine Änderung der Richtlinie 77/187/EWG[27] vertrat die Kommission 1994 die Ansicht, dass Seeschiffe von dem durch die Richtlinie eingeräumten Anspruch auf Unterrichtung und Anhörung ausgeschlossen werden können, jedoch nicht von den grundlegenden Bestimmungen der Richtlinie, also der Wahrung der zum Zeitpunkt des Übergangs geltenden Ansprüche der Arbeitnehmer. Dieser Standpunkt wurde allerdings vom Rat nicht akzeptiert.

Auf den ersten Blick scheint es keinen besonderen Grund zu geben, diese Ausnahmeregelung beizubehalten. Insbesondere erscheinen die Bestimmungen der Richtlinie über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer nicht unvereinbar mit der besonderen Art der Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern auf Seeschiffen. Was die Ansprüche im Bereich Unterrichtung und Anhörung betrifft, so sollte der Ansatz demjenigen der Richtlinien 2002/14/EG und 98/59/EG in Einklang stehen.

Bemerkenswerterweise haben sich zahlreiche Mitgliedstaaten[28], darunter einige der größten Seeverkehrsstaaten, nicht dazu entschlossen, Seeschiffe vom Anwendungsbereich der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie auszuschließen. Daraus ergibt sich, dass diese Frage vertieft werden muss.

f) Richtlinie 96/71/EG [29] – Entsendung von Arbeitnehmern

In Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 96/71/EG heißt es: „ Diese Richtlinie gilt nicht für Schiffsbesatzungen von Unternehmen der Handelsmarine “.

Im Sinne der Richtlinie ist ein entsandter Arbeitnehmer jeder Arbeitnehmer, der während eines begrenzten Zeitraums seine Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als demjenigen erbringt, in dessen Hoheitsgebiet er normalerweise arbeitet. Genau genommen sind Besatzungen von Hochseeschiffen nicht als „im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats“ entsandte Arbeitnehmer zu betrachten[30].

In einem früheren Bericht über die Umsetzung dieser Richtlinie[31] hielt die Kommission Folgendes fest: „ Dieser Ausschluss wird von den meisten Mitgliedstaaten als gerechtfertigt angesehen, da die Tätigkeit dieser Arbeitnehmergruppe die Besonderheit ständiger Ortswechsel aufweist und die Beobachtung dieser Gruppe praktisch schwierig ist “. Allerdings wurde bestätigt, dass der Ausschluss dieser Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie keine Befreiung von der Anwendung der Regeln des internationalen Privatrechts bedeutet (Übereinkommen von Rom)[32].

Fazit: Die Definition des Begriffs „Entsendung“ in der Richtlinie 96/71/EG ist offenbar nicht auf Schiffsbesatzungen anwendbar. Der bestehende Ausschluss spiegelt diesen Umstand wider und ist somit gerechtfertigt.

4. EU-RECHTSVORSCHRIFTEN ÜBER GESUNDHEIT UND SICHERHEIT AM ARBEITSPLATZ

Die EU-Rechtsvorschriften über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz finden „Anwendung auf alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche“ [33]. Die Arbeitnehmer in der Seefahrt genießen daher denselben Schutz wie die Arbeitnehmer in den anderen Wirtschaftszweigen.

Von den 28 Richtlinien für diesen Bereich gelten nur zwei ausdrücklich nicht für die Seefahrt:

- die Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten [34];

- die Richtlinie 90/270/EWG des Rates vom 29. Mai 1990 über die Mindestvorschriften bezüglich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit an Bildschirmgeräten [35].

Die Richtlinie 89/654/EWG gilt nicht für Transportmittel, die außerhalb des Unternehmens und/oder des Betriebs genutzt werden, für Arbeitsstätten in Transportmitteln und für Fischereifahrzeuge. Dies wurde damit begründet, dass es sich um besondere Arbeitsstätten handelt, die sich von den Arbeitsplätzen im Unternehmen und/oder Betrieb unterscheiden und als solche durch eigene Rechtsvorschriften geregelt werden sollten.

Außerdem war angesichts der Tatsache, dass der Fischereisektor relativ unfallträchtig ist, ein eigenes Rechtsinstrument erforderlich, um die fischereispezifischen Gefahren zu erfassen sowie Gesundheit und Sicherheit der Fischer zu fördern. Aus diesen Gründen verabschiedete der Rat die Richtlinie 93/103/EWG über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen.

Auch internationale Vereinbarungen und Übereinkommen sind relevant für die Festlegung von Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen, denen Seeschiffe zu entsprechen haben. Diesbezüglich werden das ILO-Seearbeitsübereinkommen von 2006 und das ILO-Übereinkommen über Arbeit in der Fischerei von 2007 von besonderer Bedeutung sein. Es sei aber unterstrichen, dass die Gemeinschaft wirksame rechtliche Mittel bietet, um diese internationalen Instrumente erforderlichenfalls zu ergänzen. Verbindliche internationale Kodizes und Vereinbarungen enthalten gelegentlich strengere und/oder konkretere Bestimmungen als die EU-Vorschriften über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, und in einigen Richtlinien ist ihre Anwendung ausdrücklich vorgesehen. In diesen Fällen wird ausdrücklich festgelegt, dass die einschlägigen Richtlinien unbeschadet solcher Vereinbarungen und Kodizes gelten. Im Falle der Richtlinie 1999/92/EG[36] wird der fragliche Bereich voll von derartigen internationalen Übereinkünften abgedeckt.

Entsprechend verpflichtete sich die Kommission in der Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007-2012[37], Gesundheit und Sicherheit auf internationaler Ebene zu fördern und die Zusammenarbeit mit der ILO, der WHO und anderen internationalen Organisationen zur Förderung eines umfassenderen Arbeitsschutzes auf internationaler Ebene auszubauen.

Zwei Richtlinien gelten speziell für die Seefahrt:

- die Richtlinie 92/29/EWG des Rates vom 31. März 1992 über Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz zum Zweck einer besseren medizinischen Versorgung auf Schiffen [38];

- die Richtlinie 93/103/EG des Rates vom 23. November 1993 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bord von Fischereifahrzeugen [39].

Die Richtlinie 93/103/EG gilt nur für neue Fischereifahrzeuge (nach dem 23. November 1995 erteilter Bauauftrag), deren Länge zwischen den Loten 15 m oder mehr beträgt, und für vorhandene Fischereifahrzeuge, deren Länge zwischen den Loten 18 m oder mehr beträgt. Ein Bericht der Kommission über die praktische Durchführung der Richtlinie 93/103/EG, in dem ihre Auswirkungen auf Gesundheit und Sicherheit der europäischen Fischer eingehend analysiert werden und eventueller Handlungsbedarf aufgezeigt wird, soll 2008 zur Annahme vorliegen.

Dass die kleineren Fischereifahrzeuge aus dem Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen wurden, ist durch die schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen begründet, die die Richtlinie für diese hätte, etwa durch den zusätzlichen Verwaltungsaufwand.

Allerdings besteht nach wie vor die Notwendigkeit, etwas gegen die anhaltend hohe Unfallquote im Fischereisektor zu unternehmen. Insbesondere sollten bewährte Verfahren verbreitet werden, die die besonderen Merkmale der Arbeit an Bord kleiner Fischereifahrzeuge berücksichtigen, und für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten praktische Anleitungen bereitgestellt werden, um die Anwendung sichererer Arbeitsverfahren zu fördern.

5. FREIZÜGIGKEIT DER ARBEITNEHMER UND KOORDINIERUNG DER SYSTEME DER SOZIALEN SICHERHEIT

5.1. Freizügigkeit der Arbeitnehmer

Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist eine der durch das Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten. Laut ständiger Rechtsprechung gelten die Bestimmungen des EG-Vertrags auch für den Seeverkehr. Selbst bei Tätigkeiten, die außerhalb des Gebiets der Gemeinschaft ausgeübt werden, gelten die Bestimmungen für die betreffenden Arbeitnehmer, sofern das Arbeitsverhältnis einen räumlichen Bezug zum Gebiet der Gemeinschaft aufweist oder doch eine hinreichend enge Verbindung mit diesem Gebiet behält[40].

5.2. Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Nach den Gemeinschaftsbestimmungen über die soziale Sicherheit verlieren Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen ihren Sozialversicherungsschutz nicht, wenn sie innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern; außerdem ist sichergestellt, dass die Mitgliedstaaten bei Anwendung ihrer nationalen Sozialversicherungsvorschriften die Grundsätze der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung einhalten.

Die einschlägigen Bestimmungen sind in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der zugehörigen Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 niedergelegt. Darin ist die einfache Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vorgesehen. Für Seeleute enthält die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 spezifische Bestimmungen hinsichtlich der anwendbaren Rechtsvorschriften. Ein Unionsbürger, der an Bord eines Schiffes beschäftigt ist, das unter der Flagge eines Mitgliedstaats fährt, unterliegt im Prinzip den Rechtsvorschriften dieses Staates. Eine Person jedoch, die an Bord eines Schiffes beschäftigt ist, das unter der Flagge eines Mitgliedstaats fährt, und das Entgelt für diese Beschäftigung von einem Unternehmen oder einer Person mit Sitz oder Wohnsitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften des letzteren Staates, sofern sie in dessen Gebiet wohnt[41].

Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 gilt auch für Drittstaatsangehörige, wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben und ihre Situation mit einem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweist (siehe Verordnung (EG) Nr. 859/2003).

Allerdings stellen diese Gemeinschaftsbestimmungen im Falle von Seeleuten nur einen sehr eingeschränkten Schutz ihrer Rechte sicher, da sie (i) nur für die Sozialversicherungssysteme der EU- und EWR-Staaten plus der Schweiz gelten und da (ii) für Drittstaatsangehörige, die an Bord eines Schiffes beschäftigt sind, das unter der Flagge eines Mitgliedstaats fährt, die aber ihren rechtmäßigen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat haben oder sich nicht in einer grenzüberschreitenden Situation gemäß Verordnung (EG) Nr. 859/2003 befinden, diese Gemeinschaftsvorschriften nicht gelten. Die Frage, ob sie im Rahmen des nationalen Rechts, dem sie unterliegen, Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen haben oder nicht, fällt ausschließlich in die Zuständigkeit des betroffenen Mitgliedstaates / der betroffenen Mitgliedstaaten.

Außerdem ist der sachliche Geltungsbereich dieser Bestimmungen auf die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme beschränkt. Ausnahmen gelten für nichtgesetzliche Zusatzversicherungssysteme oder Sondersysteme für Selbstständige[42] sowie tarifvertragliche Vereinbarungen, sofern sie nicht laut nationalem Recht Allgemeinverbindlichkeit erlangen. In der Seefahrt und im Fischereisektor ist die Sozialversicherung oft Teil des Arbeitsvertrags und wird von einer internationalen Privatversicherung gestellt. Arbeitnehmer können sich nur dann auf die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 berufen, wenn sie von einer gesetzlichen Versicherung gemäß dem für sie geltenden nationalen Recht gedeckt sind. So kann es vorkommen, dass ihre Sozialversicherungsansprüche Lücken aufweisen. Dies gilt insbesondere für den Erwerb von Rentenansprüchen.

Das ILO-Seearbeitsübereinkommen von 2006 enthält Bestimmungen über den Mindestumfang an Sozialschutz, den jedes Mitglied in seiner innerstaatlichen Gesetzgebung für Seeleute vorsehen muss, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet haben. Danach sollte ihr Schutz nicht weniger günstig sein als derjenige, der für die in seinem Hoheitsgebiet wohnenden Arbeitnehmer an Land besteht. Ähnliche Bestimmungen enthält das ILO-Übereinkommen über Arbeit in der Fischerei von 2007 . Sobald sie in Kraft sind, werden sie ein gewisses Sozialschutzniveau für die Arbeitnehmer dieses Wirtschaftszweigs sicherstellen. Zusätzliche Fortschritte könnten durch Abschluss weiterer internationaler, Sozial- und Gleichbehandlungsklauseln enthaltender Übereinkommen mit Drittstaaten erzielt werden.

6. DIE ROLLE DES SOZIALEN DIALOGS

Die Ausschüsse für den sektoralen sozialen Dialog „Seeverkehr“ und „Seefischerei“ haben sich regelmäßig mit Themen befasst, die für die Verbesserung der Sicherheit und des Wohlbefindens an Bord von Schiffen relevant sind.

Beide Ausschüsse setzen sich seit langem für menschenwürdige Arbeitsbedingungen im Kontext der Globalisierung und der Einhaltung internationaler Rechtsinstrumente für Seeleute ein. Die europäischen Sozialpartner beteiligen sich aktiv an der Arbeit von ILO und IMO, wodurch sie dazu beitragen, die europäische Position zu stärken, und sie engagieren sich stark bei der Weiterverfolgung und Umsetzung der einschlägigen internationalen Instrumente.

Im Seeverkehr verhandeln die Sozialpartner über eine europäische Vereinbarung zur Umsetzung der relevanten Bestimmungen des ILO-Seearbeitsübereinkommens von 2006 . Diese Verhandlungen begannen im Anschluss an eine von der Kommission im Juni 2006 gemäß Artikel 138 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitete Konsultation der Sozialpartner. Sollte eine Vereinbarung zustande kommen und sollten die Sozialpartner es wünschen, wird geprüft, ob ein Vorschlag für eine Richtlinie auf der Grundlage von Artikel 139 EG-Vertrag vorgelegt werden sollte. In Frage kommen könnte auch ein Vorschlag für eine Richtlinie über die Durchsetzung von Arbeitsnormen für den Seeverkehr an Bord von Schiffen, die unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahren, und an Bord aller Schiffe, die Häfen in der Gemeinschaft anlaufen. Durch ein solches Instrument soll gewährleistet werden, dass alle Mitgliedstaaten das ILO-Seearbeitsübereinkommen von 2006 nach dessen Inkrafttreten einheitlich auf alle Schiffe anwenden, auch auf Schiffe, die unter Drittstaatsflagge fahren, in Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Nichtbegünstigung von Staaten, die das Seearbeitsübereinkommen von 2006 nicht ratifiziert haben.

Die Einbeziehung internationaler Normen in das EU-Recht würde dazu beitragen, gleiche Ausgangsbedingungen für alle zu schaffen. Die Kommission fordert daher die Sozialpartner in der Seefischerei auf, die Möglichkeiten einer gemeinsamen Initiative zur Förderung der Anwendung des neuen ILO-Übereinkommens über Arbeit in der Fischerei von 2007 in der EU zu prüfen.

7. FAZIT

Die Kommission wird ihre Arbeit zur Stärkung des internationalen Rechtsrahmens fortsetzen, insbesondere durch Förderung der Ratifizierung und Durchsetzung internationaler Normen und durch Abschluss internationaler, Sozial- und Gleichbehandlungsklauseln enthaltender Vereinbarungen mit Drittstaaten.

Außerdem bemüht sich die Kommission um die Verbesserung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens für die Arbeitnehmer in den Seefahrtsberufen. Die für die vorliegende Mitteilung vorgenommene Analyse hat gezeigt, dass der Ausschluss dieser Arbeitnehmer aus dem Geltungsbereich einiger Richtlinien unter Umständen insofern nicht voll gerechtfertigt ist, als dadurch die Anwendung spezifischer, besser auf die konkrete Situation dieser Arbeitnehmer zugeschnittener Lösungen nicht begünstigt zu werden scheint.

Zu besonderer Besorgnis Anlass geben die Schutzrechte der Arbeitnehmer im Seeverkehr bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers oder bei Eigentumsübergang; hier sollte man sich für ein kohärentes Konzept einsetzen, damit die Arbeitnehmer ihre Rechte sowohl auf nationaler Ebene als auch in gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen in Anspruch nehmen können. Auch gegenwärtige Ausschlussregelungen, was den Geltungsbereich der Richtlinien hinsichtlich Unterrichtung und Anhörung angeht, sollten überprüft werden.

Sollten triftige Gründe dafür sprechen, Ausschluss- oder Ausnahmeregelungen beizubehalten, dann wäre darüber nachzudenken, ob eigene auf den Wirtschaftszweig zugeschnittene EU-Rechtsvorschriften eine angemessene Lösung darstellen würden, um für die Seefahrtsberufe das gleiche Schutzniveau zu gewährleisten, das andere Arbeitnehmer gemäß Rahmenrichtlinie genießen.

In diesem Fall müssen die besonderen rechtlichen Bedingungen geprüft werden, die in den Mitgliedstaaten gelten, um sicherzustellen, dass für die Seefahrtsberufe ein angemessenes Schutzniveau gegeben ist, insbesondere dann, wenn ein Ausschluss aus dem Geltungsbereich einer Richtlinie nur unter der Bedingung gilt, dass die Mitgliedstaaten spezifischere Regelungen und andere Garantien vorsehen, um das gleiche Schutzniveau sicherzustellen.

Jeglicher künftige Vorschlag, Ausschluss- und/oder Ausnahmeregelungen für die maritimen Wirtschaftszweige neu zu bewerten, würde auf der Grundlage einer eingehenden Analyse seiner Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der Seeschifffahrt der EU geprüft. Außerdem würde internationalen Normen und ihrer Wechselwirkung mit EU-Vorschriften Rechnung getragen.

Vor diesem Hintergrund werden die Sozialpartner ersucht, sich zu folgenden Fragen zu äußern:

1. Stimmen Sie der Analyse der Kommission zu, was die Begründungen des Ausschlusses der Seefahrtsberufe vom Geltungsbereich arbeitsrechtlicher EU-Vorschriften angeht?

2. Sollte die Aufhebung nicht mehr gerechtfertigt erscheinender Ausschlüsse dazu führen, dass die Seefahrtsberufe in den allgemeinen Geltungsbereich der einschlägigen Richtlinien aufgenommen werden? Wo besteht diesbezüglich vorrangiger Handlungsbedarf?

3. Ist in Fällen, in denen Ihrer Ansicht nach ein Ausschluss aus dem Geltungsbereich einer Richtlinie wegen der Besonderheiten des Wirtschaftszweigs oder aus anderen Gründen gerechtfertigt ist, ein angemessenes Schutzniveau für Seefahrtsberufe auf andere Weise sichergestellt? Halten Sie spezifische Bestimmungen in der betreffenden Richtlinie oder eine eigene EU-Rechtsvorschrift für Seefahrtsberufe für angebracht?

4. Welche Mittel halten Sie für besonders geeignet, um Gesundheit und Sicherheit an Bord von Schiffen, insbesondere von kleineren Fischereifahrzeugen, zu erhöhen?

5. Welche Handlungsmöglichkeiten halten Sie – unter Berücksichtigung der Aufteilung der rechtlichen Zuständigkeiten zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten – für besonders geeignet, den Sozialschutz der Arbeitnehmer in den Seefahrtsberufen zu verbessern?

*************

Diese Mitteilung ist die erste Phase der Anhörung gemäß Artikel 138 Absatz 2 EG-Vertrag. Gemäß Artikel 138 Absatz 3 EG-Vertrag hört die Kommission die Sozialpartner zum Inhalt eines etwaigen Vorschlags, wenn sie eine Gemeinschaftsmaßnahme für zweckmäßig hält.

[1] KOM(2006) 275 vom 7.6.2006.

[2] So wird z. B. im Kontext der Meerespolitik eine Mitteilung zur Hafenpolitik angenommen werden, die sich in einem Kapitel mit den Arbeitsbedingungen und dem sozialen Dialog in der Hafenbranche befasst.

[3] In seiner Entschließung vom 11. Juli 2007 (2007/2023(INI)) fordert das Europäische Parlament, „dass alle Arbeitnehmer in den Genuss eines gleich hohen Schutzniveaus kommen und dass bestimmte Gruppen nicht von vornherein von einem weitestgehenden Schutz ausgeschlossen werden, so wie es derzeit oft für Seeleute, Schiffsarbeiter und für auf Offshore-Anlagen […] Beschäftigte der Fall ist“. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hält fest, „dass Fischer und Seeleute in zahlreichen Bereichen von der europäischen Sozialgesetzgebung ausgenommen sind (z. B. die Richtlinie über Massenentlassungen, die Richtlinie zum Übergang von Unternehmen, die Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer sowie die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen). Ungeachtet der Gründe für diese Ausnahmeregelungen ist es jedoch notwendig, diese Diskriminierung wo nötig aufzuheben. Daher fordert der Ausschuss die Europäische Kommission auf, diese Ausnahmeregelungen in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern zu überprüfen.“ (Absatz 1.7 von Dok. TEN/255 CESE 609/2007, 3. April 2007).

[4] Bimco/ISF Manpower Studies 1995-2005.

[5] Das Seearbeitsübereinkommen 2006 bildet die „vierte Säule“ der internationalen Regelungen zur Gewährleistung hoher Qualitätsnormen im Seeverkehr, indem es die grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) ergänzt. Mit diesem Übereinkommen werden alle bestehenden internationalen Rechtsvorschriften (68 Instrumente), ausgenommen das Übereinkommen über Ausweise für Seeleute (Nr. 185) und das Übereinkommen über die Altersrenten der Schiffsleute (Nr. 71), zusammengefasst und aktualisiert.

[6] Mit diesem Übereinkommen werden vier bestehende Übereinkommen überprüft und durch Bestimmungen ergänzt, u. a. über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitplatz, über die Einhaltung und Durchsetzung, einschl. eines Dokuments, in dem bestätigt wird, dass die Bestimmungen des Übereinkommens eingehalten werden, Inspektionen sowie Flaggenstaat- und Hafenstaatkontrolle.

[7] KOM(2005) 588 vom 23.11.2005.

[8] ABl. L 161 vom 22.6.2007.

[9] Sowohl das ILO-Übereinkommen 2006 als auch das ILO-Übereinkommen 2007 berühren ausschließliche Zuständigkeiten der EG.

[10] Entscheidung des Rates vom 14. April 2005 (ABl. L 136 vom 30.5.2005, S. 1). Im neuen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen vom 15. März 2006 wird auf dieses Übereinkommen verwiesen.

[11] Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.

[12] Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22. Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz. Die Mitgliedstaaten können unter bestimmten Bedingungen die Nachtarbeit von Jugendlichen zulassen und für Jugendliche Abweichungen von den Bestimmungen über die tägliche und wöchentliche Ruhezeit zulassen, u. a. für in der Schifffahrt beschäftigte Jugendliche (Artikel 9 Absatz 2 sowie Artikel 10 Absatz 4).

[13] Richtlinie 2002/74/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 80/987/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.

[14] EL, IT, HU, MT, SK, UK.

[15] Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (ABl. L 254 vom 30.9.1994, S. 64).

[16] Siehe Arbeitsdokument 15 der Arbeitsgruppe, die die Umsetzung der Richtlinie 94/45/EG vorbereitete. Allerdings wurde festgehalten, dass es angemessen wäre, Seeleute von Fährschiffen, die nur kürzere Distanzen zu bewältigen haben, nicht auszuschließen. Die Ausschlussbestimmung wurde weder in den Vorschlag der Kommission (KOM (94) 134) noch in den geänderten Vorschlag (KOM(94) 228) übernommen.

[17] CY, EE, EL, HU, IT, LV.

[18] LT, MT.

[19] DE, NL, UK.

[20] Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft.

[21] CY, DE, DK,EL, FR, MT, RO, UK.

[22] DE, NL, UK.

[23] Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (ABl. L 225 vom 12.8.1998, S. 16).

[24] KOM(91) 292.

[25] Übrigens nehmen z. B. ES, FR, LT, EE, CZ, SI, PL die Ausschlussmöglichkeit nicht in Anspruch.

[26] Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 16).

[27] KOM(94) 300.

[28] AT, CZ, DE, EE, ES, HU, IT, LT, PL, PT, SE, UK.

[29] Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen.

[30] Die Anwendung des Flaggenrechts basiert in der Regel eher auf dem Begriff der Nationalität eines Schiffes (in Analogie zur Nationalität von Personen) als auf der Gebietsassimilierung.

[31] KOM(2006) 159.

[32] Bericht der Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern.

[33] Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit ( ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1).

[34] ABl. L 393 vom 30.12.1989, S. 1.

[35] ABl. L 156 vom 21.6.1990, S. 14.

[36] Richtlinie 1999/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Mindestvorschriften zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Arbeitnehmer, die durch explosionsfähige Atmosphären gefährdet werden können (ABl. L 23 vom 28.1.2000, S. 57).

[37] Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Die Arbeitsplatzqualität verbessern und die Arbeitsproduktivität steigern: Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007-2012 - KOM(2007) 62, S. 14.

[38] ABl. L 113 vom 30.4.1992, S. 19.

[39] ABl. L 307 vom 13.12.1993, S. 1.

[40] Siehe z. B. die Streitsache 9/88 Lopes da Veiga , Slg. (1989) 2989, Randnummer 15.

[41] Siehe Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe c und Artikel 14b Absatz 4. Übernommen in der neuen Verordnung (EG) Nr. 883/2004, die die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ersetzen wird.

[42] Gemäß Verordnung (EG) Nr. 883/2004 verlieren Sondersysteme für Selbstständige ihren Sonderstatus und fallen auch unter die Verordnung, wenn sie durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften für allgemein verbindlich erklärt werden.

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