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Document 52006DC0846

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Vorrangiger Verbundplan {SEK(2006) 1715} {SEK(2007) 12}

/* KOM/2006/0846 endg. */

52006DC0846

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament Vorrangiger Verbundplan {SEK(2006) 1715} {SEK(2007) 12} /* KOM/2006/0846 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 10.1.2007

KOM(2006) 846 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Vorrangiger Verbundplan

{SEK(2006) 1715}{SEK(2007) 12}

INHALTSVERZEICHNIS

1. Dringender Handlungsbedarf 3

2. Aktuelle Entwicklung der europäischen Energieinfrastruktur 7

3. Handlungsbedarf: Die vorschläge der kommission 9

3.1. Zentrale Infrastrukturvorhaben, bei denen erhebliche Schwierigkeiten aufgetreten sind 9

3.2. Ernennung europäischer Koordinatoren zur Verfolgung ausgewiesener vorrangiger Vorhaben 12

3.3. Planung der Netze im Einklang mit Verbrauchererfordernissen 13

3.4. Beschleunigung von Genehmigungsverfahren 14

3.5. Schaffung klarer Rahmenbedingungen für Investitionen 15

4. Schlussfolgerungen 16

Anhang 1 18

Anhang 2 19

Anhang 3 20

Anhang 4 22

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Vorrangiger Verbundplan

1. DRINGENDER HANDLUNGSBEDARF

Verbindungsleitungen erleichtern den interregionalen und grenzüberschreitenden Transport von Strom und Energie und sind eine Voraussetzung für einen funktionierenden Binnenmarkt. Dass eine stärkere Politik benötigt wird, um die Fertigstellung vorrangiger Infrastrukturvorhaben zu erleichtern, wurde von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) auf ihrer Tagung in Hampton Court vom Oktober 2005 unterstrichen. Zuvor war auf der Tagung des Europäischen Rats in Barcelona 2002 ebenfalls vereinbart worden, den Mindestverbundgrad zwischen den Mitgliedstaaten auf 10 % zu erhöhen. Eine signifikante Anzahl von Mitgliedstaaten hat dieses Ziel bis heute noch nicht erreicht[1]. Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung im März 2006 die Annahme eines vorrangigen Verbundplans („der Plan“) als Teil der Überprüfung der europäischen Energiestrategie[2] gefordert. Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom Juni 2006 dazu aufgefordert, externe Energieinfrastrukturvorhaben, die die Verbesserung der Versorgungssicherheit zum Ziel haben, umfassend zu unterstützen.

Die Energiepolitik für Europa muss den Ausbau einer wirksamen Energieinfrastruktur verfolgen, um die Ziele Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit zu erreichen.

Nachhaltigkeit . Für die Einbindung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen sind in erheblichem Umfang neue Energieinfrastrukturen erforderlich. Diese Infrastruktur wird auch die Effizienz der neuen und der bereits installierten Erzeugungskapazitäten auf europäischer Ebene verbessern und ineffiziente Investitionen in Erzeugungskapazitäten weniger wahrscheinlich machen.

Wettbewerbsfähigkeit . Für das Funktionieren und die Entwicklung eines effizienten Energiebinnenmarktes ist eine leistungsfähige Energieinfrastruktur von entscheidender Bedeutung. Sie fördert den interregionalen Handel, der zu einem tatsächlichen Wettbewerb führt und die Möglichkeiten für einen Missbrauch der Marktmacht schmälert.

Versorgungssicherheit . Da der Energiebinnenmarkt in hohem Maße auf Lieferungen von außerhalb der Union angewiesen ist, sind eine Bezugsdiversifizierung und in adäquater Weise miteinander verbundene Netze für eine bessere Versorgungssicherheit und für mehr Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten erforderlich (z.B. Energieinseln).

EU-Konzepte und -Maßnahmen

Die Europäische Union hat eine Reihe von Konzepten erarbeitet, um den Ausbau einer effektiven Energieinfrastruktur in Europa zu unterstützen.

Zunächst hat die EU in ihren Leitlinien für die transeuropäischen Energienetze (TEN-E-Leitlinien)[3] 314 Infrastrukturprojekte („ Vorhaben von gemeinsamem Interesse “) aufgezeigt, deren Fertigstellung erleichtert und beschleunigt werden sollte. Hierzu gehören 42 „Vorhaben von europäischem Interesse“ (Anhänge 1 und 2), die höchste Priorität haben und von ihrem Charakter her grenzübergreifend sind oder erhebliche Auswirkungen auf die grenzüberschreitende Übertragungs- bzw. Fernleitungskapazität haben. Die Leitlinien bilden einen Rahmen für eine stärkere Koordinierung, für die fortlaufende Beobachtung der Realisierungsfortschritte und gegebenenfalls für eine finanzielle Förderung der Gemeinschaft, einschließlich Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB).

Des weiteren hat die EU vor kurzem spezielle Rechtsvorschriften erlassen, um einen angemessenen Stromverbundgrad und eine angemessene Gasversorgung zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten und gleichzeitig ein stabiles Investitionsklima zu fördern (Richtlinie über Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen[4] und Richtlinie über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung[5]).

Darüber hinaus hat der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen zur Tagung vom Juni 2006 den Vorsitz um Folgendes ersucht: „Infrastrukturvorhaben, die Umweltbelangen Rechnung tragen und der Erschließung neuer Versorgungswege dienen, müssten mit Nachdruck unterstützt werden, um zu einer Diversifizierung der Energieeinfuhren zu gelangen, was allen Mitgliedstaaten zugute käme.“

Schließlich hat der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 14.-15. Dezember 2006 hervorgehoben, wie wichtig „die Verwirklichung eines mit Interkonnektoren ausgestatteten, transparenten und diskriminierungsfreien Energiebinnenmarktes mit harmonisierten Regeln“ sowie der „Ausbau der Zusammenarbeit zur Bewältigung von Notfällen, insbesondere bei Unterbrechung der Energieversorgung“ ist.

Dringender Handlungsbedarf

Trotz dieser Rechtsvorschriften sind die Fortschritte beim Ausbau der Netze unzureichend und gibt es nach wie vor erhebliche Hindernisse.

Wie in der Mitteilung „Aussichten für den Erdgas- und den Elektrizitätsbinnenmarkt“ ausführlich erläutert, ist die Europäische Union derzeit noch weit davon entfernt, EU-Unternehmen das Recht zum Verkauf von Elektrizität und Erdgas in jedem Mitgliedstaat unter den gleichen Bedingungen wie nationale Unternehmen, d.h. ohne Diskriminierung und ohne Nachteile, gewährleisten zu können. Mängel bestehen insbesondere hinsichtlich des diskriminierungsfreien Netzzugangs und eines gleichermaßen wirksamen Aufsichtsystems in jedem Mitgliedstaat.

Zudem hat die Europäische Union es noch nicht richtig geschafft, auf der Grundlage eines gemeinsamen stabilen europäischen Rechtsrahmens für den Binnenmarkt angemessene Investitionen in neue Infrastrukturen zu tätigen. Es fehlt großenteils noch an der nötigen Koordinierung zwischen den nationalen Energienetzen hinsichtlich technischer Standards, Ausgleichsregeln, Gasqualität, Kontaktregelungen und Mechanismen für das Engpassmanagement, die für ein effektives Funktionieren des grenzüberschreitenden Handels erforderlich sind. Ferner muss darauf hingewiesen werden, dass die unzulängliche Entflechtung Investitionsverzerrungen bewirkt. Die Netzbetreiber haben keinen Anreiz, das Netz im Gesamtinteresse des Marktes weiterzuentwickeln, was dazu führt, dass Neueintritte auf Ebene der Erzeugung oder Versorgung erleichtert werden. Die oben genannte Mitteilung über den Binnenmarkt lieferte zahlreiche Belege dafür, dass Investitionsentscheidungen vertikal integrierter Unternehmen auf den Bedarf der Versorgungsunternehmen ausgerichtet sind. Solche Unternehmen scheinen besonders wenig geneigt, beispielsweise Gasimportkapazitäten (d.h. LNG-Terminals) in einem offenen Verfahren zu steigern, was in einigen Fällen zu Problemen bei der Versorgungssicherheit geführt hat. Das Gleiche gilt in einigen Fällen für die Verfügbarkeit von Kapazitäten für die Anbindung neuer Erzeugungsanlagen.

Die Netze arbeiten jedes Jahr näher an ihrem physikalischen Limit, was mit einer höheren Wahrscheinlichkeit vorübergehender Versorgungsunterbrechungen verbunden ist[6]. Viele Länder in Europa sind nach wie vor „ Energieinseln “, die weitestgehend vom Rest des Binnenmarktes abgeschnitten sind. Dies gilt insbesondere für die baltischen Staaten[7] und die neuen Mitgliedstaaten in Südosteuropa.

In Europa sind die Investitionen in grenzüberschreitende Infrastruktur außerordentlich niedrig. Nur 200 Mio. € pro Jahr werden in Elektrizitätsnetze investiert, wobei der Hauptanlass der Ausbau der grenzüberschreitenden Übertragungskapazitäten ist[8]. Dies sind nur 5 % der jährlichen Gesamtinvestitionen, die in der EU, Norwegen, der Schweiz, und der Türkei in die Elektrizitätsnetze getätigt werden.

Diese Zahlen stehen im Widerstreit zu den Erfordernissen einer wirksamen Infrastruktur, die den Zielen der Energiepolitik für Europa entspricht. Die EU wird bis 2013 mindestens 30 Mrd. € in Infrastruktur investieren müssen (6 Mrd. € für die Stromübertragung, 19 Mrd. € für Erdgasrohrleitungen und 5 Mrd. € für Flüssiggasterminals (LNG-Terminals), sollen die in den TEN-E-Leitlinien dargelegten vorrangigen Vorhaben vollständig verwirklicht werden[9].

So werden die Einspeisung von mehr Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz[10] und die Internalisierung der Ausgleichskosten für intermittierende Erzeuger[11] schätzungsweise 700-800 Mio. € jährlich erfordern.

Da die EU-internen Erdgasreserven abnehmen, wird ein wachsender Anteil der Erdgasnachfrage durch Importe gedeckt werden. Aufgrund dieser größeren Abhängigkeit müssen die Investitionen in allen Teilen der Erdgaskette rechtzeitig aufeinander folgen und müssen Projekte für Verbindungsleitungen zwischen den Energienetzen außerhalb der Union umfassend unterstützt werden. Obwohl diese Erfordernisse bekannt sind, wurde die Sorge geäußert (IEA)[12], dass im gesamten Erdgassektor ernsthaft die Gefahr unzureichender Investitionen besteht.

Macht die EU bei der Infrastruktur so wie bisher weiter, wird keines der Ziele der Energiepolitik für Europa erreicht werden. Engpassbedingt werden die Energiepreise höher sein. Die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen wird durch die mangelnde Netzübertragungskapazität innerhalb der Mitgliedstaaten oder zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden. Die jüngste Erfahrung hat gezeigt, dass es beim Ausbau regenerativer Energiequellen einen erheblichen Engpass gibt, wenn die durchschnittliche Bauzeit von Windparks rund drei Jahre beträgt und der Anschluss und die Einbindung geographisch verstreuter Windparks bis zu 10 Jahre dauern können[13]. Als Folge unzureichender Netzübertragungskapazitäten und der mit der Stromerzeugung verbundenen Sachzwänge werden die einzelnen nationalen Elektrizitätsmärkte mehr Reserveerzeugungskapazitäten benötigen, um ungeplanten Nachfragespitzen oder unerwarteten Ausfällen von Erzeugern zu begegnen, was zu einem weniger effizienten Stromsystem führt.

Ziele des Plans

In diesem Plan wird der aktuelle Stand der Verwirklichung der 42 Vorhaben von europäischem Interesse im Elektrizitäts- und im Erdgassektor dargelegt. Auch auf die LNG-Terminals wird eingegangen, obwohl es sich bei ihnen nicht um Vorhaben von europäischem Interesse handelt[14]. Viele dieser Projekte verzeichnen gute Fortschritte, andere kommen jedoch nicht gut voran. In diesem Plan werden daher besondere Maßnahmen für die schrittweise Fertigstellung kritischer Vorhaben, bei denen erhebliche Verzögerungen aufgetreten sind, vorgeschlagen. Ferner werden in ihm Maßnahmen angeregt, die stabile Investitionsrahmenbedingungen fördern sollen.

Ein Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission ergänzt diesen Plan[15], der eine frühere Analyse vertieft[16].

Schwerpunkt des vorliegenden Plans sind die vom Rat und dem Europäischen Parlament in den TEN-E-Leitlinien vereinbarten Vorhaben von europäischem Interesse. Mittel- bis langfristig könnten weitere Vorhaben[17] im Rahmen der nächsten Überarbeitung der TEN-E-Leitlinien in Erwägung gezogen werden.

2. AKTUELLE ENTWICKLUNG DER EUROPÄISCHEN ENERGIEINFRASTRUKTUR

Die Analyse, die von den Dienststellen der Kommission durchgeführt wurde, hat verschiedene Defizite zutage treten lassen.

Elektrizität

Bei 20 von 32 Vorhaben von europäischem Interesse (Anhang 3) gibt es Verzögerungen. Bei 12 der 20 Vorhaben beträgt die Verzögerung ein bis zwei Jahre, bei acht Vorhaben mehr als drei Jahre. Nur bei 12 der 32 Vorhaben von europäischem Interesse waren keine Verzögerungen zu verzeichnen (37 %); nur fünf wurden vollständig oder nahezu vollständig zum Abschluss gebracht[18]. Bei einem Vorhaben wurde ein Abschnitt fertig gestellt und wird seit über 10 Jahren auf die Fertigstellung des anderen Abschnitts gewartet[19]. Zwei Vorhaben befinden sich teilweise im Bau[20].

Was die mangelnden Fortschritte betrifft, können verschiedene Schlussfolgerungen hervorgehoben werden:

- Die komplexen Planungs- und sonstigen Genehmigungsverfahren sind der Hauptgrund für die meisten Verzögerungen. Selbst wenn die rechtlichen Verfahren in den meisten Mitgliedstaaten in der Regel vergleichbar sind, werden die Hauptphasen (Gesamtplanungsverfahren) durch unterschiedlich strukturierte Verfahren umgesetzt. Dies ist der Fall, wenn verschiedene Netze zusammengeführt werden müssen[21], wenn verschiedene Behörden involviert sind[22] oder wenn es lange Konsultationszeiträume und Genehmigungsverfahren gibt[23].

- Sind von einem Vorhaben zwei oder mehr Mitgliedstaaten betroffen, führen nichtharmonisierte Planungs- und Genehmigungsverfahren vielfach zu übermäßigen Verzögerungen.

- Einwände, die weder die Umwelt noch die Gesundheit betreffen[24], können die Fertigstellung vieler Vorhaben erheblich verzögern[25]. Bei teuren und schwer zu realisierenden Unterseekabelverbindungen, bei denen der Widerstand der Öffentlichkeit gering war, gab es schnellere Fortschritte als bei bestimmten umstrittenen Landverbindungen.

- Bei bestimmten Vorhaben, insbesondere bei der Einbindung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen und bei Verbindungen zu Nachbarländern, waren die Verzögerungen auch auf Finanzierungsschwierigkeiten zurückzuführen[26].

- Bestimmte Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) scheinen die Erhöhung ihrer grenzüberschreitenden Kapazität langsam betrieben zu haben. In vielen Fällen ist dies das Ergebnis unzureichender Anreize, die durch den Regulierungsrahmen gesetzt werden, oder die Folge davon, dass einige ÜNB Teil vertikal integrierter Unternehmen sind, die das vorhandene Angebot nicht ausweiten wollen, da dies für ihre verbundenen Versorgungsunternehmen nachteilig sein könnte. Ebenso wurden unzureichend regulierte Versorgungstarife, die kurzfristig (d. h. alle drei Monate oder jedes Jahr) neu kalkuliert werden, als Hemmnis für den Ausbau der vorrangigen Infrastruktur angeführt.

Erdgas

Insgesamt sind bei den meisten der zehn Erdgasrohrleitungen „von europäischem Interesse“ relativ gute Fortschritte zu verzeichnen (Anhang 4).

Bei den meisten Vorhaben wurden keine nennenswerten Verzögerungen gemeldet. Mindestens sieben der zehn Pipeline-Vorhaben von europäischem Interesse dürften bis 2010-2013 in Betrieb genommen werden: eine Erdgasrohrleitung wurde bereits fertig gestellt[27], zwei weitere sind im Bau befindlich[28] und an zwei weiteren wird teilweise gebaut[29]. Diese Infrastruktur wird für die EU bis 2013 eine zusätzliche Importkapazität von annähernd 80-90 Mrd. m³ pro Jahr (16-17 % des für 2010 geschätzten Erdgasbedarfs der EU) bedeuten[30].

Allerdings wurden die Arbeiten an 29 LNG-Terminals und an Speicheranlagen in verschiedenen Mitgliedstaaten gravierend behindert. Neun Vorhaben[31] mussten aufgegeben werden und es musste nach Alternativlösungen gesucht werden. Fünf weitere LNG-Terminals sind derzeit blockiert[32].

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Investitionen und das Engagement in der Erdgaskette zufrieden stellend sind. Obwohl derzeit mehrere wichtige Rohrleitungsprojekte verwirklicht werden, gelten Investitionen in Rohrleitungen, die mehrere Grenzen queren, zunehmend als riskant. Verzögerungen werden auch durch ökologische Bedenken oder den Widerstand der örtlichen Bevölkerung, vor allem bei LNG-Terminals, verursacht. Als weitere Gründe werden auch gestiegene Rohstoffkosten und der Mangel an Fachkräften angeführt[33].

3. HANDLUNGSBEDARF: DIE VORSCHLÄGE DER KOMMISSION

3.1. Zentrale Infrastrukturvorhaben, bei denen erhebliche Schwierigkeiten aufgetreten sind

Die von der Kommission vorgenommene Bewertung hat eine Grundlage geliefert, die sicherstellen soll, dass sowohl auf der EU-Ebene als auch auf der nationalen Ebene die gebührende Aufmerksamkeit und die entsprechenden Anstrengungen auf diese Problematik gerichtet werden. Die Beteiligten und die nationalen Behörden sollten sich nun zu einer zügigen Fertigstellung verpflichten.

Maßnahme 1: Die wichtigsten Infrastrukturvorhaben, bei denen erhebliche Schwierigkeiten aufgetreten sind, wurden ermittelt. |

Elektrizität

Die Kommission hat die folgenden Schlüsselprojekte ermittelt, die für die Vollendung des Binnenmarktes von entscheidender Bedeutung sind, da sie die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen in den Markt einbinden und die Versorgungssicherheit signifikant verbessern, und von denen Tatsachen bekannt sind, die zu Verzögerungen bei der Realisierung führen können.

Vorhaben | Begründung | 2004 (2006) mitgeteiltes Fertigstellungsdatum | Gründe für die Verzögerung |

Kassø (DK) – Hamburg/Dollern (DE) | Diese Verbindungsleitung ist für die Einbindung großer Windkraftmengen in Norddeutschland, DK, der Nord- und Ostsee und für den Handel mit Nordeuropa, für die Netzsicherheit und den Handel von grundlegender Bedeutung. | 2010 (2012); Vorhaben ist noch in der Studienphase | dicht bevölkertes Gebiet: viele Grundbesitzer |

Hamburg/Krümmel (DE) - Schwerin (DE) | Einbindung der Windkraft, Schließung einer Lücke zwischen dem östlichen und dem westlichen EU-Netz | 2007 (2007) Genehmigungsphase | Widerstand der örtlichen Bevölkerung: Streckenführung, Angst vor elektromagnetischen Feldern, Beeinträchtigung des Landschaftsbilds; zeitaufwändige öffentliche Konsultationsverfahren; zahlreiche Beteiligte; keine Wahrnehmung überregionaler oder europäischer Perspektiven |

Halle/Saale (DE) – Schweinfurt (DE) | dieselben wie im vorstehenden Kästchen | 2010 (2009) Genehmigungsphase | Querung des Thüringer Waldes; Widerstand der örtlichen Bevölkerung: negative Auswirkungen auf den Fremdenverkehr, Streckenführung, Angst vor elektromagnetischen Feldern, Landschaftsbild; vielfältige Beteiligte; keine Wahrnehmung überregionaler oder europäischer Perspektiven |

St-Peter (AT) – Tauern (AT) | Gebiet in Mitteleuropa mit den gravierendsten Engpässen, die den sicheren Netzbetrieb gefährden | 2010 (2011) Genehmigungs-/Studienphase | langsames Genehmigungsverfahren: weitere Koordinierung erforderlich; Widerstand der örtlichen Bevölkerung: elektromagnetische Felder, Landschaftsbild, Vogel- und Insektenschutz; schwieriges Gelände; die für die UVP und die Genehmigung zuständigen Behörden sind nicht auf große Infrastrukturvorhaben eingestellt |

Südburgenland (AT) – Kainachtal (AT) | Gründe wie im vorstehenden Kästchen | 2007 (2009) Genehmigungsphase | langsames Genehmigungsverfahren; Widerstand der örtlichen Bevölkerung: Landschaftsbild, elektromagnetische Felder, Forderung nach Untergrundkabel; möglicherweise Widerstand gegen den Bau von Zufahrtswegen zum Standort; die für die UVP und die Genehmigung zuständigen Behörden sind nicht auf große Infrastrukturvorhaben eingestellt |

Dürnrohr (AT) – Slavětice (CZ) | grundlegend wichtige Verbindungsleitung zu neuem Mitgliedstaat und nach Mitteleuropa | 2007 (2009); Vorhaben ist noch in der Studienphase | österreichischer Widerstand gegen die Kernkraft; steht in Zusammenhang mit dem Ausbau des österreichischen Netzes (Nord-Süd); Schutzgebiet; örtliche Bevölkerung reagiert sensibel auf Thematik der elektromagnetischen Felder (AT) |

Udine Ovest (IT) – Okroglo (SI) | Verbindungsleitungen zwischen SI und IT sind stark überlastet; erhebliches Stromausfallrisiko in Italien Verbindungsleitung hat große Bedeutung für Stromflüsse auf EU-Ebene | 2009 (2011) Vorhaben ist noch in der Studienphase | schwierige Benennung der Grenzübergangspunkte zwischen Italien und Slowenien; dichtbevölkertes Gebiet; potenzielles kommerzielles Problem; Festlegung der Streckenführung: 35 % des SI-Territoriums gehören zum Programm Natura 2000; Widerstand der örtlichen Bevölkerung: elektromagnetische Felder, Landschaftsbild; Vorbedingung auf SI-Seite: Fertigstellung der Verbindungsleitung Berecevo-Krsko und Anbindung an HU; vorherige Stärkung des IT-Netzes |

Verbindungsleitung zwischen Litauen und Polen, einschließlich der Modernisierung des polnischen Netzes (DE-PL) | entscheidend für die Anbindung des baltischen Netzes an das UCTE-Netz | 2012 (2013) Vorhaben ist noch in der Studienphase | Koordinierung und unzureichende politische Unterstützung in der Vergangenheit; Ungewissheit aufgrund unterschiedlicher Synchronisierungsgebiete; Stabilität des polnischen Netzes; Naturschutzgebiet wird durchquert; Enteignung erfordert in PL Gesetzesänderungen; Gleichstrom-Kurzkupplung erforderlich; Ungewissheit hinsichtlich der Synchronisierungsgebiete |

Sentmenat (ES) – Bescanó (ES) – Baixas (FR) | entscheidend für die Anbindung der iberischen „Strominsel“ an das UCTE-Netz | 2007 (2009); Genehmigungsphase | Querung der Pyrenäen; schwierige Festlegung der Grenzübergangspunkte zwischen Spanien und Frankreich; Widerstand der örtlichen Bevölkerung |

Moulaine (FR) – Aubange (BE) | 2010 (2012) Der belgische Teil des Vorhabens ist abgeschlossen; der französische Abschnitt befindet sich noch in der Studienphase | Priorität für das Vorhaben Avelin-Avelgem; Schwierigkeiten hinsichtlich der Akzeptanz in ländlichen und städtischen Gebieten; Streckenführung auf frz. Seite noch nicht festgelegt (es fehlen 13 bis 16 km). |

Unterseekabelverbindung zwischen dem Vereinigten Königreich (UK) und den Niederlanden (NL) | 2008 (2010) Genehmigungsphase | Langwierige Umweltverfahren; langwierige Regulierungsverfahren auf NL-Seite; zeitaufwändige Verfahren zur Befragung der Öffentlichkeit in beiden Ländern; Ungewissheiten hinsichtlich Finanzierung und Zuschüssen; Ungewissheiten hinsichtlich der Regulierung (z.B. Anforderungen für Ausnahme/Leitlinien für Überlastungsmanagement). |

Erdgas

Im Gassektor muss die EU ihren derzeitigen Erdgasbezug (aus Norwegen, Russland und Nordafrika) diversifizieren. Benötigt wird ein vierter Pipeline-Korridor, durch den alternatives Erdgas (30 Mrd. m3 oder 7 % der EU-Erdgasnachfrage 2010) aus Zentralasien, der kaspischen Region und dem Mittleren Osten durch die Nabucco-Pipeline herantransportiert werden kann.

Ferner muss die EU dafür sorgen, dass alle vorrangigen Erdgasvorhaben, die derzeit Verzögerungen aufweisen, zügig zum Abschluss gebracht werden. Die Kommission stellt fest, dass bei der GALSI-Pipeline zwischen Algerien und der italienischen Halbinsel (über Sizilien) erhebliche Verzögerungen aufgetreten sind.

Der Bezug gestiegener Erdgasimportmengen muss auch am Ende der Lieferkette gewährleistet sein, damit das Erdgas die Endverbraucher erreicht. Der Ausbau der Verteilung im nachgelagerten Bereich (z. B. Rohrleitungen, die den deutschen, dänischen und schwedischen Gasmarkt sowie den deutschen, den Benelux- und den britischen Markt miteinander verbinden) ist von entscheidender Bedeutung. Schließlich kann verflüssigtes Erdgas insbesondere Mitgliedstaaten, die ausschließlich auf eine Erdgasversorgungsquelle angewiesen sind, eine größere Flexibilität verschaffen. Flüssigerdgas kann eine gute Reserve darstellen, die zur sicheren Erdgasversorgung beiträgt und die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt steigert. In diesem Zusammenhang wird die Kommission 2007 der Frage nachgehen, ob Maßnahmen der Gemeinschaft erforderlich sind, um die Energiesolidarität durch einen Aktionsplan für Flüssigerdgas zu verbessern.

3.2. Ernennung europäischer Koordinatoren zur Verfolgung ausgewiesener vorrangiger Vorhaben

Die TEN-E-Leitlinien sehen vor, dass die Kommission im Einvernehmen mit den betroffenen Mitgliedstaaten und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einen europäischen Koordinator ernennen kann.

Aufgabe des Koordinators wird sein, die europäische Dimension des jeweiligen Vorhabens zu fördern und einen grenzübergreifenden Dialog zwischen den Bauträgern, dem öffentlichen und dem privaten Sektor, den lokalen und regionalen Behörden und der örtlichen Bevölkerung in Gang zu setzen. Der Koordinator wird zur Koordinierung der nationalen Verfahren ( einschließlich der Umweltverfahren ) beitragen und einen Bericht über die Fortschritte des Vorhabens (der Vorhaben) und die Schwierigkeiten und Hindernisse, die voraussichtlich zu einer erheblichen Verzögerung führen, vorlegen.

Maßnahme 2: Ernennung europäischer Koordinatoren (siehe Abschnitt 3.1) Die Kommission wird Anfang 2007 Vorschläge für die Ernennung europäischer Koordinatoren vorlegen, um die Fertigstellung folgender Vorhaben zu erleichtern: Elektrizität: Stromverbindung zwischen Deutschland, Polen und Litauen, vor allem Alytus-Elk (Gleichstrom-Kurzkupplung) Anbindung der Offshore-Windkraft in Nordeuropa (Dänemark, Deutschland und Polen) Verbindung zwischen Frankreich und Spanien, vor allem Verbindungsleitung Sentmenat (ES) – Bescanó (ES) – Baixas (FR). Erdgas: NABUCCO-Pipeline. |

In einem späteren Stadium wird in Abhängigkeit von den erzielten Fortschritten die Ernennung europäischer Koordinatoren für die folgenden Vorhaben in Erwägung gezogen werden:

Elektrizität:

- Verbindungsleitungen innerhalb Österreichs und nach Österreich

- Verbindungsleitungen zwischen Italien und Slowenien

- Verbindungen zwischen UK und Kontinentaleuropa;

- Moulaine (FR) – Aubange (BE) - Verbindung.

Erdgas:

- GALSI-Pipeline zwischen Algerien und Italien über Sardinien und die Toskana, mit einem Abzweig nach Frankreich über Korsika

- Pipeline Schweden-Dänemark-Deutschland

- Erdgaskapazität im nachgelagerten Bereich zwischen Deutschland, den Niederlanden, Belgien und dem Vereinigten Königreich

- Fertigstellung verschiedener LNG-Terminals, bei denen erhebliche Verzögerungen aufgetreten sind

3.3. Planung der Netze im Einklang mit Verbrauchererfordernissen

Der jüngste Stromausfall, der sich am 4. November 2006 in acht EU-Ländern ereignet hat, hat deutlich werden lassen, dass sich Kontinentaleuropa in gewisser Hinsicht bereits wie ein einziges Stromsystem verhält, wobei das Netz jedoch nicht entsprechend ausgelegt ist.

Das Elektrizitätssystem Europas (einschließlich seiner Netzinfrastruktur) muss im Sinne der Kunden, die es bedienen wird, geplant, gebaut und betrieben werden. Die Festlegung, die Planung und der Bau einer solchen Infrastruktur in liberalisierten Märkten sind ein fortlaufender Prozess, der eine regelmäßige Beobachtung und Koordinierung zwischen den Marktakteuren erfordert. Dabei geht es nicht einfach um den Bau von mehr Verbindungsleitungen oder Kraftwerken in den einzelnen Regionen. Es geht auch um den künftigen Energiemix in der EU, um den Betrieb des Systems mit einem höheren Anteil der intermittierenden Erzeugung und um die geographische Verteilung der Erzeugungsstandorte. Von grundlegender Bedeutung ist die Transparenz hinsichtlich der kurz- und langfristigen Netzengpass-Strecken.

In der EU sollte eine stärker koordinierte Planung und eine frühzeitige Planung der benötigten Infrastruktur und/oder Erzeugungskapazität in den einzelnen Energieregionen und zwischen den Regionen erfolgen. Dieses Ziel ist in der Mitteilung der Kommission über die Aussichten für den Erdgas- und den Elektrizitätsbinnenmarkt dargelegt. Für eine stärkere Koordinierung zwischen den ÜNB/FNB werden zwei Modelle in Betracht gezogen werden.

Die Nutzung von GALILEO für eine genaue Echtzeit-Überwachung der Energienetze ist für die Entwicklung eines innovativen, „intelligenten“ Netzes unerlässlich. Dadurch kann das Elektrizitätssystem in Echtzeit fortlaufend überwacht und gesteuert werden. Diese Technologie wird auch einen Beitrag zur bevorstehenden europäischen Initiative für den Schutz kritischer Energieinfrastruktureinrichtungen leisten.

Maßnahme 3: Koordinierte Planung auf der regionalen Ebene Die Kommission wird 2007 die Schaffung eines verstärkten Rahmens für ÜNB/FNB vorschlagen, die für die koordinierte Netzplanung zuständig sein wird. |

Wie in der Mitteilung „Aussichten für den Erdgas- und den Elektrizitätsbinnenmarkt“[34] ausführlich erläutert, sollte dieser Rahmen eine Plattform für die fortlaufende Bobachtung und für Analysen aktueller und künftiger Entwicklungen bei Netzen in den einzelnen Energiebereichen bieten und die Übertragungskapaitäten zwischen den Mitgliedstaaten auf regionaler Ebene verbessern helfen. Die Einrichtung wird den Dialog zwischen den Beteiligten unter gebührender Berücksichtigung sozioökonomischer und ökologischer Gesichtspunkte fördern. Sie wird in Übereinstimmung mit den nationalen Planungsverfahren regionale Pläne für Netzentwicklungen erstellen und Vorhersagen hinsichtlich des Ausgleichs zwischen Angebot und Nachfrage (für Spitzen- und Grundlastzeiten) treffen. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben wird sie die Stellungnahmen der Regulierungsbehörden und anderer relevanter Foren für Elektrizität und Erdgas (z. B. Forum von Florenz bzw. Madrid) berücksichtigen.

Diese verbesserte Koordinierung sollte durch eine Übersicht über die Infrastrukturplanung und –entwicklung ergänzt werden, die stärker europäisch ausgerichtet ist. Potenzielle Investoren in den Bereichen Stromerzeugung und –übertragung benötigen aktuelle Informationen über kurz- und mittelfristige Entwicklungen. Das Büro der Energiebeobachtungsstelle[35] sollte daher die Nachfrage nach neuer Infrastruktur in der EU analysieren. Ausgehend von diesen Analysen wird die Kommission gegebenenfalls Änderungen der TEN-E-Leitlinien vorschlagen und weitere vorrangige Infrastrukturvorhaben von europäischem Interesse benennen. Etwaige potenzielle Defizite sollten vorab aufgezeigt werden, damit der Markt reagieren kann. Das Büro sollte die von der EU ernannten Koordinatoren technisch und materiell unterstützen.

3.4. Beschleunigung von Genehmigungsverfahren

Zeitaufwändige Rechts- und Zulassungsverfahren sind erhebliche Hemmnisse für die Entwicklung bestimmter Erdgasinfrastruktur- und Elektrizitätsübertragungsvorhaben. Fragmentierte Verfahren, der starke Widerstand lokaler und regionaler Gemeinschaften, die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Einspruchsrechten und die Vielzahl der Stellen, die für die Erteilung von Genehmigungen zuständig sind, stellen größere Hindernisse dar. Bei Verbindungen zwischen den Mitgliedstaaten werden die Genehmigungsverfahren oftmals durch den Mangel an Koordinierung und die unterschiedlich angesetzten Zeiträume verzögert.

Obwohl in einigen Ländern vereinfachte Genehmigungsverfahren eingeführt wurden, bestehen die Hauptschwierigkeiten weiter fort. Der Bau einer neuen Verbindungsleitung kann in bestimmten Fällen mehr als zehn Jahre dauern, während die Bauzeit für einen Windpark oder ein Gasturbinen-Kombikraftwerk zwischen zwei und drei Jahren beträgt.

Ähnliche Probleme sind in den Vereinigten Staaten aufgetreten (z. B. Stromausfälle in Kalifornien, die durch unzureichende Verbindungsleitungen und ein schlecht konzipiertes Marktmodell, das zu Marktmissbrauch geführt hat, verursacht wurden). Dies führte dazu, dass im Falle übermäßiger Verzögerungen bei der Verwirklichung vorrangiger Netzinfrastrukturen in einem Bundesstaat die Planung und Genehmigung US-amerikanischer interföderaler Infrastrukturen nunmehr auf Bundesebene durch die US Federal Energy Regulatory Commission (FERC) erfolgt, sofern die vorrangigen Vorhaben nicht rechtzeitig auf der Ebene des Bundesstaates genehmigt wurden.

Die Kommission ist nicht der Auffassung, dass sich ein solcher Ansatz für die EU eignen würde. Allerdings besteht Handlungsbedarf, soll es eine realistische Hoffnung geben, dass die Erdgas- und Elektrizitätsinfrastruktur in der EU in der Lage sein wird, sich auf effiziente Weise an die sich ändernden Gegebenheiten der heutigen Energiemärkte anzupassen. Die Planungs- und Bauzeiten für vorrangige Infrastruktur in der EU müssen unter gebührender Berücksichtigung von Umwelt-, Sicherheits- und Gesundheitsbelangen unbedingt verkürzt werden.

Zunächst sollte die Tatsache, dass bestimmte vorrangige Vorhaben auf der Grundlage der TEN-E-Leitlinien zu Vorhaben „von europäischem Interesse“ erklärt werden, dazu beitragen, dass ihre Realisierung signifikant beschleunigt wird. Diese Erklärung beinhaltet die Festlegung eines Zeitplans für die Fertigstellung des Vorhabens mit Einzelheiten dazu, wann das Vorhaben voraussichtlich in das Genehmigungsverfahren gehen wird (koordinierte Evaluierungen könnten zur Vereinfachung der Verfahren beitragen). Im Interesse der Wirksamkeit einer solchen Erklärung sollten nach Auffassung der Kommission künftig strenge Anforderungen an die Benennung von Vorhaben von europäischem Interesse gestellt werden. Zu Vorhaben von europäischem Interesse sollten nur Vorhaben mit erheblichen Auswirkungen auf die Stromflüsse und den Handel in der betroffenen Region erklärt werden, bei denen die Planungs- und die Genehmigungsphasen klar und realistisch erscheinen und die einen positiven und deutlichen Mehrwert für Europa haben; darüber hinaus müsste Einvernehmen zwischen allen beteiligten Parteien bestehen.

Des weiteren wird die Kommission nach der Konsultation der Mitgliedstaaten und zentraler Interessengruppen die Straffung der nationalen Genehmigungsverfahren vorschlagen.

Maßnahme 4: Straffung von Genehmigungsverfahren Die Kommission wird 2007 damit beginnen, die TEN-E-Leitlinien dahingehend zu überarbeiten, dass die Mitgliedstaaten unter gebührender Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips nationale Verfahren schaffen, nach denen die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Vorhaben von europäischem Interesse innerhalb von maximal fünf Jahren fertig gestellt werden sollten. |

Dies bedeutet nicht, dass auf der EU-Ebene neue Standards für die inhaltlichen Fragen, die während eines Planungsverfahrens zu berücksichtigen sind, festgelegt werden sollten. Es geht lediglich darum, dass in solchen Fällen die nationalen Verfahren innerhalb eines angemessenen Zeitraums bei gleichzeitiger Einhaltung der Rechtsvorschriften im Umweltbereich und unter Berücksichtigung der legitimen Interessen der betroffenen Bürger zum Abschluss gebracht werden müssen. Ergänzend sollten geeignete Leistungsvergleiche der besten Praktiken bei der Bewertung nationaler Standards hinzukommen.

3.5. Schaffung klarer Rahmenbedingungen für Investitionen

TEN-E-Vorhaben sollten in erster Linie von den betroffenen Wirtschaftsbeteiligten finanziert werden. Allerdings hat sich das Tempo der Investitionen in neue Übertragungs-/Fernleitungen verlangsamt. Dieser Trend lässt sich zum Teil mit den in der Vergangenheit vorhandenen Reserveübertragungs-/fernleitungskapazitäten erklären, der derzeitige Marktzuschnitt schafft jedoch keine Anreize für effiziente Investitionen in den Übertragungs-/Fernleitungssektor. Unzweckmäßige regionale Preisbildungsmodelle verdecken in unangemessener Weise intraregionale Übertragungs-/Fernleitungsengpässe oder ermöglichen keinen Zugang zu genauen und zeitnahen Informationen über die Leistung der Übertragungs-/Fernleitungsnetze. Die geringe Investitionstätigkeit steht in einem erstaunlichen Gegensatz zum wachsenden Interesse der Privatwirtschaft an Investitionen in langfristige Infrastrukturprojekte.

Daher muss unbedingt ein stabiler, attraktiver Regulierungsrahmen geboten werden, damit der Privatsektor den erfolgreichen Abschluss seiner Investitionstätigkeit absehen kann und stabile Renditen bei gleichzeitig guten Dienstleistungen für die Kunden sichergestellt werden. In der gleichzeitig vorgelegten Mitteilung über den Erdgas- und den Elektrizitätsbinnenmarkt stellt die Kommission eine Reihe von Maßnahmen vor, die dieses Ziel verfolgen. Sie enthält insbesondere Vorschläge zur Entflechtung und zur Notwendigkeit, die Befugnisse der Energieregulierungsbehörden zu stärken; auch ein Mehr an Transparenz wird angesprochen.

Die öffentliche Finanzierung der TEN-E war ein hervorragender Katalysator dafür, dass private Betreiber in die Lage versetzt wurden, die Fertigstellung von Infrastrukturvorhaben, bei denen lange Verfahren oder erhebliche Kosten auftreten, in Angriff zu nehmen. Die EU-Finanzierung verringert die Gefahr von Verzögerungen, sie setzt Anreize für Vorhaben, bei denen die potenzielle Nutzung neuer Technologien erforscht wird, oder trägt maßgebend zur Entscheidungsfindung bei speziellen Projekten bei.

Die EU benötigt eine leistungsfähigere Energieinfrastruktur. Das derzeitige TEN-E-Budget (20 Mio. € pro Jahr) wird nicht ausreichen, um die erforderlichen umfangreichen Neuinvestitionen herbeizuführen. Das TEN-E-Budget sieht sich folgenden Anforderungen gegenüber:

- der wachsenden Notwendigkeit, Strom aus erneuerbaren Energiequellen ins Netz zu integrieren

- dem wachsenden Infrastrukturbedarf infolge der Erweiterung der Europäischen Union auf 27 Mitgliedstaaten

- der Notwendigkeit, die Kohäsion, wie im Vertrag und in den TEN-E-Leitlinien gefordert, weiter zu verbessern und eine größere Zahl regional isolierter Märkte innerhalb eines einzigen Marktes zusammenzuführen (Integration der neuen Energiegemeinschaft Südosteuropa, Integration des UCTE-Netzes mit anderen Netzen wie dem der GUS und der Euro-Med-Verbindung usw.).

Daher muss darüber nachgedacht werden, ob die derzeitige Höhe der EU-Finanzierung für die Ziele der Energiepolitik für Europa ausreicht.

Maßnahme 5: EU-Finanzierung Die Kommission wird prüfen, ob für diese spezifischen Anforderungen eine stärkere EU-Finanzierung der TEN-E-Netze erforderlich ist. |

Was die Zukunft betrifft, sollte die TEN-E-Finanzierung hauptsächlich für sozioökonomische Studien und für Planungsstudien für Vorhaben erfolgen, die wesentlich größere Auswirkungen auf die EU haben (z. B. Ausdehnung des synchronen UCTE-Netzes auf die Nachbarländer oder Einbindung der Offshore-Windkrafterzeugung in das Hauptnetz). Im Erdgassektor könnten die Studien zum Beispiel folgende Themen zum Gegenstand haben: Gasqualitätsstandards, Möglichkeiten einer technischen Harmonisierung oder Auswirkungen der Versorgungsrohrleitungen auf die nachgelagerten Erdgasnetze in der EU.

In den strategischen Leitlinien für die Kohäsionspolitik in der Gemeinschaft 2007-2013 wurde es als vorrangig eingestuft, die intensive Nutzung traditioneller Energiequellen in Europa zu verringern. Dies beinhaltet u.a. die Förderung der Fertigstellung von Netzverbindungen mit Schwerpunkt auf den transeuropäischen Netzen, der Verbesserung der Stromverbundnetze und der Vervollständigung und Verbesserung der Gasfernleitungen und Gasverteilungsnetze. Die Kommission ermutigt die Mitgliedstaaten und ihre Regionen – und insbesondere die in den Jahren 2004 und 2007 beigetretenen Länder – dazu, diese Leitlinien durch ihre Investitionsprogramme umzusetzen. Eine engere Koordinierung ist auch mit der EIB und der EBWE zur Erleichterung von Investitionen mit einer europaweiten Dimension erforderlich. Beide Finanzinstitutionen sollten Vorhaben von europäischem Interesse als eine ihrer obersten Prioritäten bei ihren Darlehenstransaktionen betrachten. Für Vorhaben, an denen Länder involviert sind, die sich an der europäischen Nachbarschaftspolitik beteiligen, könnten Finanzmittel im Rahmen des Nachbarschaftsinvestitionsfonds bereit gestellt werden. Der Fonds dürfte das Vier- bis Fünffache der im Rahmen des Instruments der europäischen Nachbarschaftspolitik verfügbaren Zuschüsse erzielen. Auch die Fazilität für afrikanische Infrastrukturprojekte könnte dazu beitragen, einschlägige Energieverbindungen nach Europa zu fördern.

Um mögliche Auswirkungen auf den Wettbewerb im liberalisierten Energiemarkt zu vermeiden, die aus der öffentlichen Förderung von Infrastrukturinvestitionen resultieren könnten, müssen gleichzeitig die Gemeinschaftsvorschriften für staatliche Beihilfen eingehalten werden.

4. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Werden die Infrastrukturinvestitionen wie derzeit fortgeführt, wird die EU nicht in der Lage sein, einen echten Binnenmarkt zu schaffen. Sie wird die benötigte vermehrte Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energien nicht einbinden können. Darüber hinaus wird sie infolge von Engpässen und der Beibehaltung ineffizienter Kapazitäten in den unzureichend angebundenen Energiegebieten weiter hohe Kosten tragen müssen.

Eine vollständige und entschlossene Verwirklichung der Vorhaben von europäischem Interesse und der in dieser Mitteilung aufgeführten Maßnahmen ist unerlässlich.

Anhang 1

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Anhang 2

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Anhang 3

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Anhang 4

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[1] z.B. Polen, Vereinigtes Königreich, Spanien, Irland, Italien, Frankreich, Portugal sowie Bulgarien und Rumänien.

[2] KOM(2007) 1 vom 10.1.2007.

[3] Entscheidung Nr. 1364/2006/EG (ABl. L 262, S. 1, vom 22.9.2006).

[4] Richtlinie 2005/89/EG (ABl. L 33, S. 22, vom 4.2.2006).

[5] Richtlinie 2004/67/EG des Rates (ABl. L 127 vom 29.4.2004, S. 92).

[6] Bericht der Kommission über die Schaffung eines Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarktes - KOM(2005) er die Schaffung eines Elektrizitäts- und Erdgasbinnenmarktes - KOM(2005) 518.

[7] Auch wenn unlängst eine Verbindung zwischen Estland und Finnland hergestellt wurde.

[8] Die jährlichen Investitionen in das gesamte Netz betragen 3,5 Mrd. € (bis 2006 4 Mrd. €), „TEN-E-Invest“-Studie (2005).

[9] Die Zahl „6 Mrd. €“ entspricht den Elektrizitätsvorhaben von europäischem Interesse. Dieser Betrag deckt nur einen Teil des Bedarfs für das gesamte Netz in der EU. Die IEA prognostiziert z. B. für die Netzinvestitionen in der EU zwischen 2001 und 2010 einen Gesamtbedarf von insgesamt 49 Mrd. €. Die Investitionen zur Behebung von Engpässen machen daher nur einen Teil der benötigten Gesamtinvestitionen aus, „ Lessons from Liberalised Electricity Markets “ (OECD/IEA 2005).

[10] Die installierte Windkraft in Europa wird von 41 GW im Jahr 2005 auf nahezu 67 GW im Jahr 2008 steigen ( „The European Wind Integration Study EWIS for a successful integration of Wind power into European Electricity Grids“ ).

[11] Die hohe Konzentration der Windkraft in Norddeutschland, die im Wesentlichen an die Verteilernetze angebunden ist und für die es keine ausreichende Übertragungskapazität in der Nord-Süd-Richtung gibt, erzeugt riesige Stromflüsse, die durch die benachbarten Übertragungsnetze gehen und die Netzstabilität und die Handelskapazitäten zunehmend beeinträchtigen (EWIS).

[12] IEA-Bericht „Natural Gas. Market Review 2006. Towards a Global Gas Market“.

[13] EWIS.

[14] In naher Zukunft wird man sich auch näher mit den Verbindungsleitungen für Erdöl und Mineralölerzeugnisse befassen müssen, da Erdöl weiterhin eine wichtige Rolle in der EU-Energielandschaft spielt und die Erdölimportabhängigkeit der EU auf nahezu 90 % steigt. Neue Transportinfrastruktureinrichtungen wie Rohrleitungen werden nicht nur wegen der geographischen Diversifizierung erforderlich sein, sondern auch, um die Probleme zu bewältigen, die mit dem allgemeinen Trend zur Verarbeitung schwererer und saurerer Rohöle und mit den unzureichenden aktuell genutzten Kapazitäten verbunden sind. Von besonderer Bedeutung wird dies für die EU-Mitgliedstaaten in Mitteleuropa und im Mittelmeerraum sein.

[15] SEK(2006) 1715.

[16] SEK(2006) 1059.

[17] z.B. die Entwicklung des Energiekorridors Zentralasien – Kaspisches Meer – Schwarzes Meer sowie der Baku – Erzurum-Erdgasrohrleitung.

[18] Verbindungsleitung Avelin (FR) - Avelgem (BE), Verbindungsleitung S. Fiorano (IT) - Robbia (IT), Verbindungsleitung S. Fiorano (IT) - Nave (IT) – Gorlago (IT)), Verbindungsleitung V. Hassing (DK) - Trige (DK), Unterseekabelverbindung zwischen Estland und Finnland (Estlink).

[19] Belgischer Teil des Vorhabens Moulaind (FR) - Aubange (BE); der französische Teil muss noch fertig gestellt werden.

[20] Verbindungsleitung Philippi (EL) - Hamitabad (TR), Verbindungsleitung Hamburg/Krümmel - Schwerin (DE).

[21] Verzögerungen als Folge der Notwendigkeit, Hochspannungsleitungen mit Bahnprojekten zu verbinden (Verbindung Thaur (AT – Brixen (IT)).

[22] Unterseekabelverbindung Fennoscan zwischen Finnland und Schweden, bei der die Genehmigungsverfahren auch die Klärung von Wasserrechten beinhalten.

[23] Unterseekabelverbindung zwischen dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden mit langen Genehmigungsverfahren.

[24] Die Auswirkungen auf das Landschaftsbild bereiten der örtlichen Bevölkerung häufig große Sorgen.

[25] Verbindungsleitung St-Peter (AT) – Tauern (AT), Verbindungsleitung Linz (AT)-Cordignano (IT), Verbindungsleitung Sentmenat (ES)-Bescanó (ES)- Baixas (FR), Verbindungsleitung Hamburg/Krümmel (DE) – Schwerin (DE), Verbindungsleitung Neuenhagen (DE)-Vierraden (DE)- Krajnik (PL).

[26] Erweiterung des UCTE-Netzes nach Osten zur Einbindung der baltischen Staaten; Netzerweiterung in Deutschland zur Einbindung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen; Verbindungsleitung Tunesien-Italien.

[27] Die „Green Stream“-Pipeline zwischen Libyen und Italien über Sizilien.

[28] TRANSMED-II-Pipeline zwischen Algerien, Tunesien und Italien über Sizilien, Fernleitung Balgzand-Bacton zwischen den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich.

[29] Nordeuropäische Erdgasrohrleitung, Erdgasrohrleitung Türkei-Griechenland-Italien.

[30] PRIMES. „European Energy and Transport. Scenarios on key drivers“, 2004.

[31] LNG-Terminals an der ionischen Küste in Corigliano Calabro, an der tyrrhenischen Küste in Montaldo di Castro, Lamezia Terme und San Ferdinando, an der ligurischen Küste in Vado Ligure und zweites LNG-Terminal auf dem griechischen Festland.

[32] LNG-Terminal in Muggia, LNG-Terminal in Brindisi, LNG-Terminal in Taranto, LNG-Terminal auf Sizilien, LNG-Terminal in Livorno (offshore).

[33] IEA, 2006.

[34] KOM(2006) 841.

[35] Wie in der Überprüfung der europäischen Energiestrategie vorgeschlagen.

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