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Document 52006DC0249

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Menschenwürdige Arbeit für alle fördern - Der Beitrag der Europäischen Union zur weltweiten Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit {SEK(2006) 643}

/* KOM/2006/0249 endg. */

52006DC0249

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Menschenwürdige Arbeit für alle fördern - Der Beitrag der Europäischen Union zur weltweiten Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit {SEK(2006) 643} /* KOM/2006/0249 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 24.5.2006

KOM(2006) 249 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Menschenwürdige Arbeit für alle fördernDer Beitrag der Europäischen Union zur weltweiten Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit

{SEK(2006) 643}

1. EINLEITUNG

Auf dem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen, das dem Follow-up der Milleniumserklärung gewidmet war, wurde im September 2005 bekräftigt, dass die Globalisierung auf faire Weise vonstatten gehen muss. Die Förderung produktiver Beschäftigung und menschenwürdiger Arbeit für alle wurde zu einem der Ziele der nationalen und internationalen Politik erklärt. Damit wurde unterstrichen, welche zentrale Rolle Beschäftigung und Arbeitsplatzqualität für Armutsbekämpfung und Entwicklung spielen. Zwar konnten bereits einige Fortschritte erzielt werden, doch bezieht immer noch die Hälfte der Arbeitnehmer weltweit ein Einkommen von weniger als zwei Dollar pro Tag, und die Hälfte der Weltbevölkerung verfügt über keinen Sozialschutz[1].

Vor dem Gipfel hatten Kommission, Rat und Europäisches Parlament dazu aufgerufen, die soziale Dimension der Globalisierung zu stärken und menschenwürdige Arbeit für alle anzustreben – im Einklang mit der einschlägigen Strategie der IAO[2].

Die Förderung menschenwürdiger Arbeit ist seit 2000 Kernstück der politischen Agenda der IAO. Mit ihrer Agenda für menschenwürdige Arbeit will die IAO allen Männern und Frauen eine echte Chance eröffnen, Zugang zu einer menschenwürdigen und produktiven Arbeit unter Bedingungen zu erhalten, die den Anforderungen Freiheit, Gerechtigkeit, Sicherheit und Menschenwürde genügen. Die Agenda für menschenwürdige Arbeit wurde von den Regierungen und den Sozialpartnern auf der Ebene der IAO gebilligt. Sie gibt verschiedene allgemeine Orientierungen vor, die nicht an ein bestimmtes Entwicklungsmodell gebunden sind. Im Jahr 2004 wurde die Agenda in die Empfehlungen der Weltkommission für die soziale Dimension der Globalisierung (WCSDG) übernommen.

Die Agenda für menschenwürdige Arbeit basiert auf einem integrierten Ansatz, der die Komponenten produktive und frei gewählte Arbeit, Arbeitsrecht, Sozialschutz, sozialer Dialog und Berücksichtigung der Gender-Dimension umfasst[3]. Die Agenda beinhaltet somit die „sozialen Grundrechte“, also den von der internationalen Gemeinschaft geschaffenen Mindestsockel sozialer Rechte, für deren Umsetzung die Europäische Union eintritt. Die Agenda ist jedoch noch ehrgeiziger: Sie zielt nicht nur darauf ab, einen Mindestsockel von Rechten zu garantieren, sondern auch darauf, die Entwicklung an Werten und Handlungs- und Governance-Prinzipien auszurichten, die auf wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, gepaart mit sozialer Gerechtigkeit, setzen.

Die Verknüpfung von wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit macht das Wesen des europäischen Entwicklungsmodells aus. Aktiv einen Beitrag zur Förderung menschenwürdiger Arbeit zu leisten ist integraler Bestandteil der europäischen Sozialagenda und der Bestrebungen der Europäischen Union, die Werte, für die sie eintritt, zu verbreiten und ihre Erfahrungen und ihr Modell einer integrierten wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung mit anderen zu teilen[4].

In ihrem Engagement für die Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit trägt die Kommission in vollem Umfang der Spezifik und der Vielfalt der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in der Welt Rechnung. Sie erkennt an, wie wichtig ein strategischer Ansatz ist, der sich in einzelne Etappen untergliedert und es den Partnern damit erleichtert, sich diesen Ansatz zu Eigen zu machen, und der dem jeweiligen Kontext und den Prioritäten auf nationaler und regionaler Ebene Rechnung trägt.

In der vorliegenden Mitteilung schlägt die Kommission Orientierungen vor, wie Politiken und Aktionen der Europäischen Union besser auf die Förderung der Agenda für menschenwürdige Arbeit ausgerichtet werden können. Diese Orientierungen erfordern eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den europäischen Institutionen, den Mitgliedstaaten und sämtlichen anderen Akteuren.

Die Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit wird zentrales Thema der im Juli 2006 stattfindenden Tagung des Hochrangigen Segments des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen sein. Die Arbeiten an der Agenda werden somit auf internationaler Ebene fortgeführt, und die Kommission wird engagiert daran mitwirken.

2. EIN ENTWICKLUNGS-, GOVERNANCE- UND LEISTUNGSFAKTOR

GLOBALISIERUNG, TECHNOLOGISCHER WANDEL UND DEMOGRAFISCHER WANDEL BRINGEN ERHEBLICHE VERÄNDERUNGEN in der Organisation von Produktion und Dienstleistungen auf globaler Ebene mit sich wie auch in Struktur und Verteilung der Beschäftigung. Diese Entwicklungen haben es ermöglicht, die Vorteile des internationalen Handels einer größeren Zahl von Ländern und gesellschaftlichen Gruppen zugute kommen zu lassen. Jedem Einzelnen können damit Chancen und Perspektiven für einen Zugang zu menschenwürdiger Arbeit eröffnet werden.

Wirtschaftswachstum schlägt sich jedoch nicht zwangsläufig in der Schaffung neuer Arbeitsplätze und in der Verbesserung der bestehenden Arbeitsplätze und damit in einer Verringerung der Armut nieder. Kennzeichnend für die Volkswirtschaft vieler Entwicklungsländer ist eine Dominanz des informellen Sektors und minderwertiger Arbeitplätze sowie das Fortbestehen eines dualen Arbeitsmarktes – vor allem da, wo die Mehrheit der Bevölkerung von der Subsistenzlandwirtschaft abhängt. Insbesondere Frauen und junge Menschen sind häufig in der informellen Wirtschaft tätig und haben schlechte Perspektiven, was Einkommen, Ausbildung und Sozialschutz betrifft.

Selbst im formellen Sektor werden die Handlungsmöglichkeiten für die Bewältigung des Wandels eingeschränkt durch eine mangelhafte Arbeitsverwaltung, eine mangelhafte Arbeitsmarkt-Governance und mangelhafte soziale Sicherungssysteme.

In den Schwellenländern reicht das Wachstum nicht aus, um die Armut großer Teile der Bevölkerung zu mindern. Produktivitätszuwächse gehen nicht immer mit Lohnerhöhungen einher. Der Anteil minderwertiger Arbeitsplätze und der Anteil der informellen Wirtschaft sind nach wie vor beträchtlich. In all diesen Ländern – in geringerem Umfang aber auch in den Industrieländern – sind die in der informellen Wirtschaft Beschäftigten de facto von Arbeitsrecht und Sozialschutz ausgeschlossen.

Die Förderung menschenwürdiger Arbeit erfordert einen kohärenten und umfassenden Ansatz. Natürlich gilt es zunächst einmal, die gravierendsten Defizite im Bereich der sozialen Grundrechte zu beseitigen, so die Kinderarbeit. Doch gilt es vor allem auch, bestehende Entwicklungstrends umzukehren. Die Erfahrung zeigt, dass die Beseitigung von Kinderarbeit auch durch Maßnahmen in den Bereichen Arbeitsmarkt, sozialer Dialog und Sozialschutz vorangetrieben wird (wie etwa die Gewährung von Beihilfen, die die Inanspruchnahme von Kinderarbeit für die Arbeitgeber unattraktiv oder überflüssig machen und dafür Bildung fördern).

Zur Eindämmung von Armut reicht es nicht aus, Beihilfen zum Lebensunterhalt zu gewähren oder darauf zu warten, dass Wachstum oder die Niederlassung internationaler Unternehmen Wirkung zeigen. Es gilt, günstige Rahmenbedingungen für nationale und ausländische Investitionen zu schaffen, die die lokale Beschäftigung fördern, sowie die Governance einschließlich des sozialen Dialogs zu verbessern, die bestehenden Defizite in Sachen menschenwürdige Arbeit zu ermitteln, einen rechtlichen und ordnungspolitischen Rahmen zum Schutz der Arbeitnehmer und zur Gewährleistung der Gleichstellung von Männern und Frauen zu schaffen, tragfähige Sozialschutzsysteme und Systeme des lebenslangen Lernens zu etablieren, Rechtssicherheit für die Unternehmen zu gewährleisten, Korruption zu bekämpfen und faire Wettbewerbsregeln aufzustellen. Die Förderung menschenwürdiger Arbeit ist im Übrigen auch eine Forderung der Unternehmen. Diese machen geltend, dass hier nicht nur die Arbeitgeber in der Verantwortung seien, sondern dass auch die staatlichen Stellen ihren Teil der Verantwortung übernehmen müssen[5].

Mit der Fokussierung auf Beschäftigung, Arbeitsplatzqualität und geeignete sozialpolitische Maßnahmen wird die Förderung menschenwürdiger Arbeit zu einem Faktor, der nicht nur zu mehr Gerechtigkeit und einem stärkeren sozialen Zusammenhalt beiträgt, sondern auch zu einer besseren Wirtschaftsleistung.

Das Verfolgen sozialer Zielsetzungen darf in keinem Fall als Vorwand für protektionistische Maßnahmen dienen. Worum es gehen muss, ist die Sicherung des allgemeinen sozialen Fortschritts und dessen gerechte Verteilung zum Nutzen aller.

3. VERPFLICHTUNGEN UND ORIENTIERUNGEN FÜR DIE EU-POLITIK

DIE E uropäische Union engagiert sich aktiv in der Umsetzung der Milleniumserklärung. Sie leistet einen Beitrag zu Wachstum und nachhaltiger Entwicklung weltweit, vor allem durch ihre Handelspolitik und ihre Maßnahmen in den Bereichen Entwicklung und Außenhilfe. Sie unterstützt die Ratifizierung und effektive Anwendung der die sozialen Grundrechte betreffenden Übereinkommen durch alle Länder weltweit[6].

Insbesondere kann sie zur Förderung menschenwürdiger Arbeit beitragen, indem sie internationalen Organisationen ihre Erfahrung und Kompetenz zur Verfügung stellt und einen politischen Dialog mit Drittregionen und Drittländern führt. Die Kommission hat bereits konkrete Initiativen auf den Weg gebracht wie etwa die Intensivierung ihrer Zusammenarbeit mit der IAO, die Einführung des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) im Handel, den Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik und die Einleitung von Gesprächen über das Thema „Beschäftigung“ mit den Ländern Asiens und Lateinamerikas.

3.1. Menschenwürdige Arbeit: eine Verpflichtung für die Union

Die Europäische Union hat im Laufe ihrer Geschichte ein Modell wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung geschaffen, das sich – bei aller Unterschiedlichkeit der nationalen Rahmenbedingungen – auf gemeinsame Werte und Grundsätze stützt, insbesondere auf das im Vertrag verankerte Ziel, gemeinsam den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern.

Der Acquis communautaire in den Bereichen Beschäftigung, Sozialpolitik und Chancengleichheit geht in vielerlei Hinsicht über die internationalen Normen und Maßnahmen zur Förderung menschenwürdiger Arbeit hinaus und beinhaltet bereits die dem Konzept menschenwürdiger Arbeit zugrunde liegenden zentralen Grundsätze. Die IAO-Normen bilden den Hintergrund für zahlreiche Politiken, Rechtsvorschriften und Kollektivvereinbarungen in den Mitgliedstaaten und auf europäischer Ebene. Darüber hinaus ergänzen die Normen und Maßnahmen der IAO den Acquis in Bereichen, die nicht – oder nur teilweise – durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften und Politiken abgedeckt werden, wie etwa Arbeitsverwaltung und Arbeitsaufsicht, Vereinigungsfreiheit, Kollektivverhandlungen und Mindestnormen im Bereich soziale Sicherheit.

Die Mitgliedstaaten haben bereits zahlreiche IAO-Übereinkommen unterzeichnet, die insbesondere folgende Aspekte betreffen: soziale Grundrechte, Arbeitsaufsicht, Beschäftigung, soziale Sicherheit und Löhne[7]. Viele Länder haben das Verfahren zur Ratifizierung der neueren Übereinkommen (Arbeitsschutz, Arbeitsbedingungen) eingeleitet. Von besonderer Relevanz für den europäischen sozialen Dialog und die künftige normsetzende Tätigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten ist das neue konsolidierte IAO-Seearbeitsübereinkommen (2006).

Es ist wichtig, dass die Mitgliedstaaten den Prozess der Ratifizierung und Anwendung insbesondere der aktualisierten Übereinkommen weiter vorantreiben. Die Kommission wird diesen Prozess fördern und soweit nötig erleichtern – unter Berücksichtigung der jeweiligen Zuständigkeiten und Politiken der Gemeinschaft.

Die Lissabon-Strategie und die Europäische Sozialagenda geben einen – über die Ziele der Agenda für menschenwürdige Arbeit hinausgehenden – wesentlich weiter gefassten politischen Rahmen vor für entschlossene Maßnahmen zur Förderung von Beschäftigung, Chancengleichheit und sozialem Zusammenhalt.

3.2. Die Kenntnisse verbessern, um besser überzeugen und mobilisieren zu können

Die Kommission wird mit IAO, UNO und anderen Organisationen zusammenarbeiten, um die Problematik menschenwürdiger Arbeit eingehender zu untersuchen, die Handlungskapazitäten der Partnerländer zu entwickeln und geeignete Indikatoren zu erarbeiten. Dabei wird es insbesondere darum gehen,

- Good-Practice-Beispiele zu ermitteln und Erfolge aufzuzeigen;

- weitergehende Analysen zum Thema „menschenwürdige Arbeit“ und zu den Interaktionen mit anderen Politikbereichen durchzuführen;

- Methodologien zu entwickeln zur Messung der Auswirkungen, die Handelsliberalisierung und Produktions- und Vertriebssysteme auf globaler Ebene, einschließlich in freien Produktionszonen, für die Förderung menschenwürdiger Arbeit haben; das derzeit in Zusammenarbeit mit der IAO durchgeführte Pilotprojekt zur Messung der Auswirkungen des Handels auf menschenwürdige Arbeit auszuweiten;

- weitergehende Analysen durchzuführen zu den Auswirkungen des Handels für eine nachhaltige Entwicklung (SIA);

- eine engere Verknüpfung herzustellen zwischen Analysen, operativen Maßnahmen und Programmierung der Außenhilfe; in Zusammenarbeit mit den Partnerländern und Partnerregionen gemeinsame Diagnosen zu erstellen, um dabei behilflich zu sein, die richtigen Prioritäten zu setzen und die Außenhilfe wirksam zu nutzen.

In diesem Kontext kommt es entscheidend darauf an, die Forschungspolitik der Europäischen Union als Instrument zu nutzen, um zum einen Wissen zu fördern und zum anderen die soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen.

Die Kommission unterstützt die Ratifizierung und Anwendung der die sozialen Grundrechte betreffenden Übereinkommen sowie die Durchführung der nationalen Programme für menschenwürdige Arbeit – gemäß der im Rahmen der IAO getroffenen Vereinbarung – oder eines entsprechenden „Fahrplans“, insbesondere im Kontext der nationalen Entwicklungsstrategien. Die Kommission wird mit IAO, UNO und anderen internationalen Organisationen zusammenarbeiten, um die Analysen zu optimieren und Indikatoren für die Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit zu entwickeln.

Die Kommission wird bei ihren Delegationen in Drittländern Schulungs- und Informationsaktivitäten forcieren und regionale Seminare mit dem Ziel organisieren, die Handlungskapazitäten der Akteure zu entwickeln.

3.3. Die Außenpolitik der Europäischen Union stärker mobilisieren

Erweiterung

Im Vorfeld ihres Beitritts müssen die Kandidatenländer den gesamten Acquis communautaire übernehmen. Die Heranführungsstrategie, die die Integration des Acquis communautaire in die nationalen Rechtsordnungen begleitet, leistet einen direkten Beitrag zur Förderung der Agenda für menschenwürdige Arbeit in den Kandidatenländern. Für die Kandidatenländer ist die Agenda von besonderer Relevanz. Zu berücksichtigen sind zum einen die Verpflichtung der Europäischen Union auf das Ziel menschenwürdige Arbeit und zum anderen die Komplementarität bestimmter IAO-Übereinkommen und –Strategien mit dem Acquis communautaire . In diesem Kontext wird die Kommission insbesondere folgende Initiativen unterstützen:

- Förderung von Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen im Hinblick auf die Entwicklung der Handlungskapazitäten der Akteure im Sinne eines autonomen sozialen Dialogs;

- Ausbau der Arbeitsverwaltung, der Arbeitsaufsicht und der Verwaltungsstrukturen im Bereich Sozialschutz;

- Entwicklung von Präventionsstrategien im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.

Nachbarschaftspolitik, regionale und bilaterale Beziehungen

Nachbarschaftspolitik

Gleichermaßen relevant ist die Agenda für menschenwürdige Arbeit für die in die Europäische Nachbarschaftspolitik einbezogenen Länder, die einen Prozess der schrittweisen Annäherung an die Union durchlaufen, wenngleich sie nicht dieselben Verpflichtungen bezüglich der Übernahme des Acquis zu erfüllen haben. Die Nachbarschaftspolitik wird auf folgende Weise zur Förderung menschenwürdiger Arbeit beitragen:

- Einlösung konkreter Reformverpflichtungen in den Bereichen soziale Grundrechte, Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit, die in den zwischen EU und den betreffenden Ländern vereinbaren Aktionsplänen festgeschrieben sind;

- regelmäßiger politischer Dialog über entsprechende Fragen im Rahmen der institutionellen Strukturen, die im Wege der Partnerschafts- und Kooperationsabkommen sowie der Assoziierungsabkommen geschaffen wurden;

- Durchführung des im Rahmen des Barcelona-Prozesses im November 2005 vereinbarten, auf fünf Jahre angelegten Arbeitsplans, der insbesondere auf eine Stärkung der Sozialschutzsysteme in den südlichen Mittelmeeranrainerstaaten abzielt;

- Berücksichtigung des Aspekts „menschenwürdige Arbeit“ in den länderspezifischen und regionalen Strategiepapieren, bei der thematischen Planung und im Rahmen anderer Kooperationsinstrumente; ggf. Einbindung der betreffenden Länder in bestimmte Gemeinschaftsprogramme und in die Zusammenarbeit mit den Gemeinschaftsagenturen gemäß noch festzulegenden Modalitäten.

Regionale und bilaterale Beziehungen

Die Kommission hat unlängst ihre strategischen Beziehungen zu Lateinamerika, den Ländern der Karibik und Afrika neu definiert. In ihren Vorschlägen hat sie auch Aspekte aufgegriffen, die das Thema „menschenwürdige Arbeit“ betreffen und auf deren Umsetzung sie aktiv hinarbeiten wird.

Die Kommission wird ihre Zusammenarbeit mit den Ländern Lateinamerikas und der Karibik in Fragen des sozialen Zusammenhalts vertiefen. Sie hat Arbeitsprogramme mit Chile und der Andengemeinschaft aufgestellt und bereitet weitere bilaterale Kooperationen vor, insbesondere mit Brasilien und Mexiko. Sie wird die Zusammenarbeit zwischen sämtlichen lateinamerikanischen Ländern in diesen Fragen fördern und unterstützen.

Die Kommission wird eine Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union in den Bereichen soziale Dimension der regionalen Integration und menschenwürdige Arbeit sowie eine bilaterale Zusammenarbeit mit Südafrika in die Wege leiten. Sie wird das Thema „menschenwürdige Arbeit“ im Kontext des Cotonou-Abkommens und in den regionalen Strategien (Afrika, Karibik, Pazifik) berücksichtigen.

Auch wird die Kommission diese Fragen in ihren politischen Gesprächen mit den asiatischen Ländern aufgreifen. Im Jahr 2005 ist sie mit China in einen Dialog eingetreten über Themen wie Beschäftigung, Arbeitsrecht, sozialer Dialog, Sozialschutz und sozialer Zusammenhalt. Des Weiteren hat sie im Bereich Beschäftigung eine Zusammenarbeit mit Indien und mit dem ASEM begonnen. Ziel ist es, menschenwürdige Arbeit weltweit zur Realität werden zu lassen.

Die Kommission wird den sozialen Dialog in Prozessen regionaler Integration außerhalb Europas fördern, bei denen die Europäische Union ihre Unterstützung anbietet.

Entwicklungszusammenarbeit

Der Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik der Europäischen Union vom 20.12.2005 ist ein Grundlagendokument, in dem die europäischen Institutionen und die Mitgliedstaaten erstmals aufgerufen werden, für eine bessere Koordinierung, eine höhere Kohärenz und eine bessere Komplementarität ihrer Maßnahmen zu sorgen. Sozialer Zusammenhalt und Beschäftigung werden in dem Papier als Tätigkeitsbereiche der Gemeinschaft anerkannt. Im Rahmen des Konsenses wurde vereinbart, dass die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten sich für menschenwürdige Arbeit für alle einsetzen.

Die Kommission wird – im Rahmen der thematischen Planung und der länderspezifischen und regionalen Programmplanung – folgende Maßnahmen unterstützen:

- Integration des Themas „menschenwürdige Arbeit“ in die nationalen und regionalen Entwicklungs- und Armutsbekämpfungsstrategien;

- schrittweise Einbeziehung dieses Aspekts in Haushaltsunterstützungsmaßnahmen;

- Ausbau der Kapazitäten der zuständigen Verwaltungen und der Organisationen der Zivilgesellschaft;

- Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen;

- Einbeziehung der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft in Entwicklungs- und Armutsbekämpfungsstrategien;

- Verstärkung der Außenhilfe für soziale Anpassungen in Drittländern und Drittregionen, in denen sich eine Handelsliberalisierung vollzieht;

- Förderung der politischen Kohärenz und der Zusammenarbeit mit einschlägigen internationalen und regionalen Organisationen.

Gemäß Verordnung (EG) Nr. 2110/2005 sind Bieter, an die im Rahmen der Außenhilfe der Gemeinschaft finanzierte Aufträge vergeben werden, zur Einhaltung der sozialen Grundrechte verpflichtet. Die Kommission beabsichtigt, die entsprechende Bestimmung auf Aufträge auszudehnen, die über den Europäischen Entwicklungsfonds finanziert werden. Mitgliedstaaten und andere Geldgeber fordert sie auf, in gleicher Weise vorzugehen.

In Anhang II werden Beispiele für Maßnahmen zur Förderung menschenwürdiger Arbeit genannt, die im Rahmen der Außenhilfe – unter Berücksichtigung des Kontexts und des Bedarfs der betreffenden Länder – in Betracht kommen.

Der Handel als Faktor einer nachhaltigen Entwicklung

Die Liberalisierung des Handels dürfte beitragen zur Erreichung von Zielen wie höheres Wachstum, Vollbeschäftigung, Verringerung der Armut und Förderung menschenwürdiger Arbeit.

In der Handelspolitik der Gemeinschaft ist das wichtigste Instrument zur Förderung der sozialen Grundrechte das neue Allgemeine Präferenzsystem (APS), das APS + (2006-2008), mit den darin vorgesehenen speziellen Anreizen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und einer guten Governance.

Das neue APS hat bereits einiges bewirkt und beispielsweise die Ratifizierung der IAO-Übereinkommen zu den sozialen Grundrechten beschleunigt.

Im Bereich Handel wird die Kommission in stärkerem Maße ihr Gewicht in die Waagschale werfen, um in ihren bi- und multilateralen Handelsgesprächen die Förderung sozialer Normen und menschenwürdiger Arbeit voranzubringen. Insbesondere beabsichtigt sie,

- APS, APS + und Außenhilfe der Gemeinschaft besser miteinander zu verknüpfen;

- die soziale Dimension, das Thema „menschenwürdige Arbeit“ und die Empfehlungen der SIA-Studien in bilateralen und regionalen Handelsgesprächen (einschließlich Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den AKP-Ländern, dem Mercosur, dem Golf-Kooperationsrat, den MED-Ländern, Zentralamerika) zu berücksichtigen;

- die EU-Politiken und –Instrumente wie die Außenhilfe zur Förderung menschenwürdiger Arbeit im Kontext eines offenen Handelssystems zu mobilisieren;

- den im Jahr 2004 in den Vorschlägen für einen Mechanismus zur Überprüfung der Handelspolitik dargelegten Ansatz zur Interaktion von Handel, sozialen Rechten und Beschäftigung weiterzuverfolgen und in den anderen WTO-Mitgliedsländern zu propagieren;

- die Zusammenarbeit zwischen WTO, UNCTAD, IAO und anderen einschlägigen Organisationen zu fördern.

3.4. Die internationale und multilaterale Governance fördern

Die Stärkung der internationalen und multilateralen Governance ist unverzichtbar, wenn die soziale Dimension der Globalisierung gefördert und wenn erreicht werden soll, dass sich die Partner die Agenda für menschenwürdige Arbeit zu Eigen machen.

Wirtschaftliche und soziale Zusammenarbeit

Die Kommission unterstützt die kürzlich eingeleiteten Gespräche zwischen den internationalen Finanzinstituten (IFI), IAO, UNO und WTO, die die Komplementarität und Kohärenz ihrer Politiken und die Wechselwirkungen zwischen Wirtschaftswachstum, Investitionen, Handel und menschenwürdiger Arbeit zum Gegenstand haben. Sie appelliert an diese Organisationen und die G8, bei Konzeption und Umsetzung ihrer Politiken, Strategien und Instrumente einen Beitrag zur Förderung menschenwürdiger Arbeit zu leisten.

Ihre Zusammenarbeit mit der IAO wird die Kommission verstärken.

Sie wird auch einen Beitrag leisten zu den Arbeiten der Vereinten Nationen zur Umsetzung der auf dem Gipfel von 2005 formulierten Schlussfolgerungen über produktive Beschäftigung und menschenwürdige Arbeit, insbesondere zu den Arbeiten des Hochrangigen Segments des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen (ECOSOC) im Juli 2006.

Die Wirtschaftsmigration besser steuern

Die Bewältigung der Migration erfordert eine Zusammenarbeit zwischen den Herkunfts-, Transit- und Zielländern und –regionen und den internationalen Organisationen (IAO, WTO, UNO).

Die Kommission hat im Jahr 2005 einen Aktionsplan in Sachen legale Wirtschaftsmigration angenommen. Sie unterstützt die Bemühungen um ein kohärentes Vorgehen im Bereich der internationalen Migration, wie den Bericht der Weltkommission für internationale Migration (2005) und den Wanderarbeitnehmer betreffenden Aktionsplan der IAO (2004), und leistet einen Beitrag zur Vorbereitung des Hochrangigen Dialogs im Rahmen der UNO über Migration und Entwicklung (2006).

Damit die Migrationspolitik der Europäischen Union der Entwicklung förderlich sein kann, muss es erleichtert werden, Gelder in die Herkunftsländer zu lenken und damit einen Beitrag zur Entwicklung dieser Länder zu leisten, es müssen die Diaspora mobilisiert, die zirkuläre Migration gefördert, die negativen Konsequenzen des „Brain-Drain“ abgemildert und auf verantwortungsvolle Weise der Umfang von Personalanwerbungen begrenzt werden, welche der Entwicklung in Sektoren abträglich sind, in denen ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften besteht, insbesondere im Gesundheitswesen[8].

Darüber hinaus gilt es, die Behörden der betreffenden Länder dabei zu unterstützen, Wanderungsströme besser zu steuern, Migranten vor Ausbeutung zu schützen und für eine bessere Behandlung der in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Migranten zu sorgen. In den Rahmen dieser Bemühungen fügen sich auch die Maßnahmen zur Bekämpfung von illegaler Einwanderung und Menschenhandel ein.

Auch stellt die Kommission den nationalen und regionalen Behörden ihre langjährige Erfahrung in den Bereichen Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Förderung der entsprechenden Rechte, Einwanderungspolitik und Integration von Zuwanderern zur Verfügung.

3.5. Mit der Zivilgesellschaft und den Unternehmen zusammenarbeiten

Sozialpartner, sozialer Dialog und Partnerschaften

Die Kommission wird folgende Arten von Initiativen unterstützen:

- Ausbau der technischen Kapazitäten der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft;

- Entwicklung der Institutionen, Mechanismen und Praktiken, die darauf abstellen, den Prozess des – bipartitistischen und tripartistischen – sozialen Dialogs zu erleichtern und zu stärken;

- stärkere Einbindung der Sozialpartner und anderer Akteure der Zivilgesellschaft in die Governance auf globaler Ebene (WTO, IFI) entsprechend dem Vorbild der beratenden Gremien der OECD;

- Abschluss transnationaler Kollektivvereinbarungen und weltweiter Rahmenvereinbarungen.

Soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR)

Die soziale Verantwortung der Unternehmen ist nach Auffassung der Kommission ein entscheidender Faktor, der komplementär ist zu Rechtsvorschriften, Kollektivverhandlungen und Überwachung der Arbeitsbedingungen. Die Kommission ist der Auffassung, dass Vehaltenskodizes und andere CSR-Instrumente sich auf die auf internationaler Ebene (OECD, IAO) vereinbarten Instrumente stützen müssen.

Die Kommission wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden. Sie fordert die Unternehmen, das Europäische Bündnis für CSR[9] und die übrigen Akteure auf, Initiativen in Gang zu setzen, die einen Beitrag zur Förderung menschenwürdiger Arbeit für alle leisten.

4. FAZIT

DIE FÖRDERUNG MENSCHENWÜRDIGER ARBEIT IST TEIL DER BEMÜHUNGEN DER EUROPÄISCHEN UNION, DIE DARAUF ABZIELEN, IHR WERTE UND ERFAHRUNGEN WEITERZUGEBEN UND ZU VERBREITEN.

Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben mit darauf hingewirkt, dass dieses Ziel in die Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens der Vereinten Nationen von 2005 aufgenommen wurde.

Die Kommission will entschlossen auf die Verwirklichung dieses Ziels hinarbeiten – in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Akteuren, den Partnerländern und –regionen und internationalen und regionalen Organisationen. Sie fordert die übrigen Institutionen der Europäischen Union, die Mitgliedstaaten, die Sozialpartner und sämtliche sonstigen Akteure auf, an der Förderung menschenwürdiger Arbeit für alle mitzuwirken.

Die Kommission wird ihre Außenpolitik, ihre Entwicklungshilfe und ihre Handelspolitik entsprechend ausrichten. Sie fordert nicht nur dazu auf, die sozialen Grundrechte zu achten, sondern auch dazu, in allen Ländern ambitionierte Programme zur Förderung menschenwürdiger Arbeit auf den Weg zu bringen. Gemeinsam mit anderen internationalen Organisationen wird sie Indikatoren für das Follow-up der unternommenen Anstrengungen erarbeiten.

Bis zum Sommer 2008 wird die Kommission eine Bilanz der Umsetzung der vorliegenden Mitteilung erstellen.

[1] Global Employment Trends, 2006, IAO; Bericht der WCSDG, 2004, IAO.

[2] KOM(2004) 383; Schlussfolgerungen des Rates zur sozialen Dimension der Globalisierung, 3.3.2005, Dok. 6286/05; Bericht des Europäischen Parlaments, A 6-0308/2005 vom 15.11.2005; Stellungnahme des EWSA vom 9.3.2005 und des AdR vom 23.2.2005; Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Dezember 2004 und vom Juni 2005.

[3] Die wichtigsten Bezugsdokumente zum Thema „menschenwürdige Arbeit“ sind in den Anhängen I und III aufgeführt.

[4] Europäische Werte in der globalisierten Welt, KOM(2005) 525.

[5] Decent work: how to make it operational; the employers’ point of view, 2002, IOE (Internationaler Arbeitgeberverband).

[6] KOM(2001) 416; Schlussfolgerungen des Rates vom 21.7.2003 und vom 3.3.2005; Berichte des Europäischen Parlaments, Juli 2003 und November 2005.

[7] http://www.ilo.org/ilolex/english/newratframeE.htm

[8] Mitteilung der Kommission „Migration und Entwicklung: Konkrete Leitlinien“ (KOM(2005) 390, 1.9.2005).

[9] Siehe KOM(2006) 136.

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