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Document 52002DC0636
Report from the Commission on the state of play in the work on the guidelines for state aid and services of general economic interest (SGEIs)
Bericht der Kommission über den Stand der Arbeiten betreffend die Leitlinien für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
Bericht der Kommission über den Stand der Arbeiten betreffend die Leitlinien für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
/* KOM/2002/0636 endg. */
Bericht der Kommission über den Stand der Arbeiten betreffend die Leitlinien für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse /* KOM/2002/0636 endg. */
BERICHT DER KOMMISSION über den Stand der Arbeiten betreffend die Leitlinien für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse 1. ZWECK DES BERICHTS In seinen Schlussfolgerungen fordert der Europäische Rat von Sevilla "die Kommission auf, dem Europäischen Rat (Kopenhagen) über den Stand der Arbeiten im Bereich der Leitlinien für die staatlichen Beihilfen Bericht zu erstatten und gegebenenfalls eine Gruppenfreistellungsverordnung in diesem Bereich anzunehmen". Mit dem vorliegenden Bericht möchte die Kommission der Aufforderung des Europäischen Rates unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nachkommen. 2. BEITRAG DER WETTBEWERBSPOLITIK ZUR FÖRDERUNG DER DIENSTLEISTUNGEN VON ALLGEMEINEM WIRTSCHAFTLICHEN INTERESSE Artikel 16 EGV lautet wie folgt: «Unbeschadet der Artikel 73, 86 und 87 und in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts tragen die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich dieses Vertrags dafür Sorge, dass die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass sie ihren Aufgaben nachkommen können.» Gemäß Artikel 86 EG-Vertrag sind die Wettbewerbsregeln auf Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse insoweit anwendbar, als die mit ihnen verfolgte besondere Aufgabe dadurch nicht unmöglich gemacht wird. Die Kommission richtet im Rahmen ihres Auftrags erforderlichenfalls geeignete Richtlinien oder Entscheidungen an die Mitgliedstaaten. Die Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (oder gemeinwirtschaftliche Dienste) erfuellen in allen Mitgliedstaaten eine zentrale Funktion. In Ermangelung einschlägiger Bestimmungen im EG-Recht verfügen die Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung und Bestimmung des Umfangs der "öffentlichen Dienste" über einen großen Ermessensspielraum, den sie entsprechend ihren politischen Vorstellungen ausfuellen können. Sie sind es auch, die entscheiden, welche Ebene - der Zentralstaat, die Regionen oder die Kommunen - am besten geeignet ist, um die Dienste zu definieren, die die Bürger benötigen. Die Kommission hat die Aufgabe, vor allem im Interesse der Verbraucher die Bereitstellung und Förderung gemeinwirtschaftlicher Dienste zu unterstützen und auf diese Weise zur Verwirklichung der in Artikel 153 EG-Vertrag genannten Ziele beizutragen. Es liegt im Interesse aller, dass sich diese Dienste harmonisch in das Wirtschaftsleben und das soziale Gefüge einpassen und zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhangs beitragen und dass ihre segensreichen Auswirkungen nicht durch ein indirektes Übergreifen auf die dem Wettbewerb geöffneten Märkte konterkariert werden. Im Rahmen der Anwendung der Wettbewerbsregeln verfolgt die Kommission im Wesentlichen drei Ziele: - dass die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse wirksam funktionieren, - dass nicht Leistungen als gemeinwirtschaftliche Dienste eingestuft werden, die eigentlich dem nichtgemeinwirtschaftlichen Wettbewerbsbereich zuzurechnen sind und kein Ziel von allgemeinem Interesse verfolgen, - dass etwaige ausschließliche Rechte oder Ausgleichszahlungen an mit gemeinwirtschaftlichen Diensten betraute Unternehmen auf das für die Erfuellung ihrer gemeinwirtschaftliche Aufgabe auf dem betreffenden Markt erforderliche Maß unter wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen beschränkt werden. Sind die Unternehmen gleichzeitig auch auf Märkten ohne gemeinwirtschaftlichen Auftrag tätig, ist darauf zu achten, dass die als Ausgleich für die Erbringung eines gemeinwirtschaftlichen Dienstes gewährten Rechte oder Ausgleichsleistungen sich nicht negativ auf die dem Wettbewerb geöffneten, nichtgemeinwirtschaftlichen Märkte auswirken. Damit der Liberalisierungsprozess erfolgreich verläuft, müssen klare Spielregeln aufgestellt werden, die von allen Beteiligten eingehalten werden. Die Zuwendungen, die einige Unternehmen als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Versorgungsleistungen zu Recht erhalten, dürfen diesen Unternehmen keine Vorteile verschaffen, die es ihnen erlaubt, in den wirtschaftlich einträglichsten liberalisierten Bereichen unlauteren Wettbewerb zu betreiben. Derartige Praktiken, die für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienste nicht nötig sind, stören den reibungslosen Ablauf des Wirtschaftslebens und sind nicht im Interesse der Allgemeinheit. Selbstverständlich können die mit einem gemeinwirtschaftlichen Dienst betrauten Unternehmen auf einträglichen Märkten oder Marktsegmenten, die nicht Gegenstand eines gemeinwirtschaftlichen Dienstes sind, tätig werden, doch muss für sie die Ausgangssituation die gleiche sein wie für die anderen Unternehmen auch. Die Kommission ist der Auffassung, dass ein Großteil der Schwierigkeiten durch mehr Transparenz bei der Vergabe eines öffentlichen Versorgungsauftrags sowie im Verhältnis zwischen den Unternehmen, die die gemeinwirtschaftlichen Dienste erbringen, und dem Staat vermieden werden könnten. 3. RECHTSLAGE IN BEZUG AUF DIE ZUWENDUNGEN DES STAATES ALS AUSGLEICH FÜR DIE ERBRINGUNG ÖFFENTLICHER DIENSTLEISTUNGEN In ihrem Bericht für den Europäischen Rat in Sevilla wies die Kommission darauf hin, dass sich die bisherige Rechtsauffassung des Gerichtshofes zur Rechtsnatur des vom Staat für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährten Ausgleichs noch ändern kann. In seinem Urteil in der Rechtssache Ferring vom 22. November 2001 [1] tendiert der Gerichtshof zu der Auffassung, dass Zuwendungen, die nicht über das für das Funktionieren der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erforderliche Maß hinausgehen, die Empfänger nicht begünstigen und daher auch keine staatlichen Beihilfen im Sinne des EG-Vertrags darstellen. [1] Rs. C-53/00 Derzeit sind noch drei Rechtssachen vor dem Gerichtshof anhängig, die sich ganz oder teilweise mit dieser Problematik befassen In dem einen Fall [2] schlägt Generalanwalt Léger dem Gerichtshof vor, von seiner bisherigen in der Rechtssache Ferring vertretenen Rechtsauffassung abzugehen und die staatlichen Zuwendungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen selbst dann als staatliche Beihilfen einzustufen, wenn damit nur die leistungsbedingten Kosten ausgeglichen werden. In dem anderen Fall [3] schlägt Generalanwalt Jacobs vor, je nach dem, wie eng der Zusammenhang zwischen den finanziellen Zuwendungen und den vom Staat auferlegten Aufgaben ist und wie klar diese Aufgaben definiert sind, zwei verschiedene Arten von Fällen zu unterscheiden. Dieser Denkansatz wurde von der Generalanwältin Stix-Hackl in der Sache Enirisorse Spa [4] übernommen. [2] Rs. C-280/00 Altmark Trans GmbH [3] Rs. C-126/01 GEMO SA [4] Schlussanträge vom 7. November 2002. Verbundene Rechtssachen c-34/01 bis C-38/01. In der Rechtssache Altmark Trans GmbH hat der Gerichtshof beschlossen, das mündliche Verfahren neu zu eröffnen, und für den 15. Oktober 2002 eine neue Anhörung anberaumt. Solange der Gerichtshof in den oben zitierten Rechtssachen noch keine Urteil gefällt hat, ist es nach Ansicht der Kommission nicht möglich, einen Text vorzulegen, der die Frage der gemeinwirtschaftlich bedingten staatlichen Ausgleichsleistungen abschließend behandelt und gleichzeitig die von den Mitgliedstaaten und den betroffenen Unternehmen erwartete Rechtssicherheit schafft. Die Fragen, die nicht unmittelbar mit der Rechtsnatur der Ausgleichsleistungen zusammenhängen, können jedoch bereits jetzt erörtert werden. 4. STAND DER ARBEITEN ZUM VERHÄLTNIS ZWISCHEN DEN DIENSTLEISTUNGEN VON ALLGEMEINEM WIRTSCHAFTLICHEN INTERESSE UND DEN EG-WETTBEWERBSREGELN Für den 12. Dezember 2002 ist eine Sitzung mit den Sachverständigen der Mitgliedstaaten geplant. Anhand eines von den Dienststellen der Generaldirektion Wettbewerb erstellten Arbeitspapiers soll ein Meinungsaustausch zu Fragen erfolgen, die in der von der Kommission im Anschluss an die Konsolidierung der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu erarbeitenden Vorlage ausführlich behandeln werden müssen. Im Mittelpunkt des Meinungsaustauschs sollen die fünf folgenden Fragenkomplexe stehen: 4.1. Definition der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und Befugnisse der Mitgliedstaaten Aus der Rechtssprechung des Gerichtshofes ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten in Ermangelung einschlägiger EG-Rechtsvorschriften bei der Ausgestaltung ihrer gemeinwirtschaftlichen Leistungen über einen großen Ermessensspielraum verfügen, den sie entsprechend ihren politischen Vorstellungen im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des EG-Vertrages ausfuellen können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit in den Rang einer gemeinwirtschaftlichen Leistung erhoben werden kann. Deshalb müssen die im Interesse der Allgemeinheit liegenden Ziele vorher festgelegt werden. Im Interesse der Berechenbarkeit und der Rechtssicherheit ist es wichtig, sich eingehend mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu diesem Thema zu befassen. 4.2. Anwendungsbereich der EG-Vorschriften über staatliche Beihilfen Unabhängig davon, in welche Richtung die Rechtsprechung des Gerichtshofes in der Frage der Bewertung staatlicher Zuwendungen als Ausgleich für die Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen gehen wird, muss geklärt werden, unter welchen Bedingungen eine Überkompensierung den Charakter einer staatlichen Beihilfe haben kann. Ein entsprechendes Papier der Kommission muss daher auf die neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung und auf die eigene Entscheidungspraxis vor allem in Bezug auf das Kriterium der wirtschaftlichen Tätigkeit und der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten eingehen, weil hiervon die Anwendbarkeit der Bestimmungen des EG-Vertrages über staatlichen Beihilfen abhängt. 4.3. Beziehungen zwischen dem Staat und den mit einer gemeinwirtschaftlichen Aufgabe betrauten Unternehmen Rechtssicherheit setzt ein Hoechstmaß an Transparenz in den Beziehungen zwischen dem Staat und den mit einer gemeinwirtschaftlichen Aufgabe betrauten Unternehmen voraus. Deshalb ist es erforderlich, dass die wechselseitigen Verpflichtungen der Unternehmen und des den öffentlichen Versorgungsauftrag erteilenden Staates in einem amtlichen Dokument, zum Beispiel in einem Vertrag, festgehalten werden. 4.4. Auswahl der mit einer gemeinwirtschaftlichen Leistung betrauten Unternehmen Die Mitgliedstaaten können die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse selbst erbringen oder sie Unternehmen übertragen. Sie müssen dabei entweder die EG-Richtlinien zum öffentlichen Auftragswesen beachten, wenn die gemeinwirtschaftliche Leistung in den Anwendungsbereich dieser Richtlinien fällt, oder aber, sollte dies nicht der Fall sein, die allgemeinen Grundsätze des EG-Vertrags, vor allem was Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb angeht. Hier gilt es zu erläutern, was diese Grundsätze im Einzelnen beinhalten. 4.5. Finanzierung der öffentlichen Dienstleistungen Unabhängig davon, wie die Rechtssprechung die staatlichen Ausgleichsleistungen in Zukunft bewertet, steht zweifelsfrei fest, dass eine etwaige Überkompensierung eine staatliche Beihilfe darstellen kann. Um eine Überkompensierung zu vermeiden, müssen daher die Methoden zur Berechnung der Ausgleichsleistungen präzisiert werden. Die Sitzung am 12. Dezember 2002 ist eine erste Arbeitssitzung mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten. Sobald die Rechtsprechung des Gerichtshofes konsolidiert ist, wird sich hieran eine zweite Sitzung anschließen, um ein Folgedokument zu erörtern, in dem auch die Frage der staatlichen Ausgleichsleistungen angegangen werden soll.