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Document 52002DC0510

Mitteilung der Kommission an den Rat - Kaliningrader Gebiet: Transitverkehr

/* KOM/2002/0510 endg. */

52002DC0510

Mitteilung der Kommission an den Rat - Kaliningrader Gebiet: Transitverkehr /* KOM/2002/0510 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT - Kaliningrader Gebiet: Transitverkehr

Einleitung

1. Nach den Erörterungen zum Kaliningrader Gebiet auf dem Gipfeltreffen EU-Russland in Moskau ersuchte der Europäische Rat von Sevilla die Kommission, "rechtzeitig vor seiner Tagung in Brüssel eine ergänzende Studie dazu vorzulegen, wie das Problem des Personen- und Warentransits nach und aus der Oblast Kaliningrad unter Wahrung des Besitzstandes und im Einverständnis mit den betreffenden Bewerberländern wirksam und flexibel gelöst werden kann".

2. Die Kommission ist daher von der Annahme ausgegangen, dass der Rat alle im Rahmen des Besitzstandes möglichen Lösungen des Personen- und Güterverkehrs zwischen dem Kaliningrader Gebiet und dem restlichen Russland prüfen möchte. Gleichzeitig gilt, dass, was immer sich auch für "wirksame und flexible Lösungen" aus der Studie ergeben, sie auch für die Kandidatenländer akzeptabel sein müssen. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass der Rat die Gemeinsamen Verhandlungspositionen an sich nicht ändern möchte, in denen die EU ihre Forderungen im Hinblick auf die Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften durch die Kandidatenländer dargelegt hat. Die vom Rat "Allgemeine Angelegenheiten" am 13. Mai 2002 vereinbarte gemeinsame Linie (Dok. 9299/02), die die wesentlichen Bedingungen des Schengen-Besitzstandes darlegt, hat nach wie vor Gültigkeit (Anhang III). Die vorliegende Mitteilung befasst sich nicht mit dem kleinen Grenzverkehr, da dieser Aspekt nicht spezifisch für die Situation des Kaliningrader Gebiets ist und deshalb als Querschnittsfrage für alle neuen Grenzregionen der erweiterten Union erörtert werden muss. Die Frage des kleinen Grenzverkehrs wird gegenwärtig im Rat auf der Grundlage einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen getrennt geprüft.

3. Der Wunsch des Rates wird respektiert, dass die Lösungen im Einklang mit dem Besitzstand stehen müssen, wobei die Studie jedoch nicht davon ausgeht, dass der Besitzstand so unbeweglich ist, dass er besonderen Umständen nicht gerecht werden könnte. Im Gegenteil, der Besitzstand entwickelt sich ständig weiter, und bisher gibt es noch keine speziellen Rechtsvorschriften über den Personentransitverkehr, der von einem Drittland zum selben Drittland durch das Gebiet der EU geht. Folglich sollte der Standpunkt der EU nach der Prüfung einer Reihe von Optionen schlussendlich sowohl unter Berücksichtigung ihrer rechtlichen Verpflichtungen als auch ihrer politischen Interessen (und der der Kandidatenländer) festgelegt werden. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:

- Es ist sicherzustellen, dass die EU und ihre gegenwärtigen wie auch ihre künftigen Mitgliedstaaten auch weiterhin die uneingeschränkte Fähigkeit besitzen, die Sicherheit und den Schutz aller gegenwärtigen und künftigen Bürger der EU durch die Überwachung ihrer Grenzen sowie des Personen- und Güterverkehrs auf ihrem Staatsgebiet zu gewährleisten.

- Es sind Schritte zu vermeiden, durch die der Erfolg des Erweiterungsprozesses in Frage gestellt werden könnte. Das schließt die Gewährleistung der Integrität des Besitzstandes ein, dessen Übernahme die EU von den Kandidatenländern selbst fordert, und dass sicherzustellen ist, dass durch eine "Lösung" für das Kaliningrader Gebiet kein Hindernis für die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen geschaffen wird.

- Für die Sichtweisen Russlands ist eine Lösung zu suchen, die mit dem Erweiterungsprozess und dem politischen Ziel der Schaffung einer strategischen Partnerschaft im Einklang steht und die Zusammenarbeit vorantreibt, nicht zuletzt in den die Grenzsicherung und -abfertigung betreffenden Fragen.

Die Standpunkte Russlands, Polens und Litauens

4. Russland: Im Anschluss an eine im April von Ministerpräsident Kasjanow vorgelegte Mitteilung brachte Präsident Putins persönlicher Vertreter für das Gebiet Kaliningrad, Rogozin, den Entwurf einer "Absichtserklärung" in Umlauf, in der Russlands Vorschläge dargelegt sind, wie der Transitverkehr zwischen dem Kaliningrader Gebiet und dem russischen Kernland unter möglichst geringem Verwaltungsaufwand gewährleistet werden könnte. Er schlägt vor, dass die EU und Russland die politische Verpflichtung eingehen, auf das Ziel eines visafreien Reiseverkehrs hinzuarbeiten. Er regt weiterhin an, im Rahmen dieses Prozesses im Jahr 2002 Verhandlungen über Fragen wie Rückübernahme, illegale Zuwanderung, Durchsetzung der Rechtsvorschriften und Grenzkontrollen aufzunehmen. Ferner wird vorgeschlagen, eine gemeinsame Ad-hoc-Arbeitsgruppe EU-Russland einzusetzen, die vierteljährlich Bericht erstattet.

5. Als Zwischenlösung bis zur Einführung der Regelung des visafreien Reiseverkehrs schlägt Russland ein "vereinfachtes Verfahren" für russische Transitreisende von und nach dem Kaliningrader Gebiet vor. Non-Stop-Züge und Omnibusse würden Litauen entsprechend genehmigter Zeitpläne und Strecken durchqueren. Russland würde den litauischen Behörden Listen der im Transitverkehr reisenden russischen Staatsangehörigen übermitteln. Russische Staatsangehörige, die in Litauen eine strafbare Handlung begangen haben und deren Namen in vereinbarten Listen aufgeführt sind, wären vom Erwerb von Zug- oder Busfahrkarten ausgeschlossen. Russische Staatsangehörige, die im Besitz eines gültigen internationalen Reisepasses sind, würden keine weiteren Papiere benötigen, doch die Reisepässe würden abgestempelt, während russischen Staatsangehörigen, die einen russischen Inlandspass mit sich führen, eine litauische Durchreiseerlaubnis erteilt würde. Litauische Beamte würden in den Zügen und Omnibussen mitreisen und könnten unterwegs Kontrollen durchführen. Reisenden, die ein Personenkraftfahrzeug benutzen, würden - erforderlichenfalls an der Grenze - Transitvisa erteilt.

Russland und Litauen würden ein Rückübernahmeabkommen schließen.

6. Litauen: Keine Korridore. Keine Lockerung des gemeinschaftlichen Besitzstandes durch den Transitverkehr. Was die Bewohner des Gebiets von Kaliningrad angeht, so ist Litauen an flexiblen Lösungen im Rahmen des Besitzstandes interessiert, sofern sie von der EU nicht als ein Hindernis für die planmäßige Abschaffung der Binnengrenzen eingestuft werden. Das Land ist bereit, mit Russland in praktischen Fragen zusammenzuarbeiten, soweit dies nicht den aus dem Besitzstand erwachsenden Verpflichtungen zuwiderläuft. Litauen wird einer Regelung, die über das auf der Beitrittskonferenz bereits Vereinbarte hinausgeht, nur zustimmen können, wenn in den Beitrittsvertrag Garantien dahingehend aufgenommen werden, dass durch diese Regelungen die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen in keiner Weise beeinträchtigt wird. Jegliche Lösungsvariante, die über die in der gemeinsamen Linie enthaltenen Maßnahmen hinausgehen sollte, wird von eindeutigen politischen und rechtlichen Garantien, sowie Garantien zur Lastenverteilung begleitet werden müssen. Insbesondere unterstreicht Litauen, daß die Diskussion hinsichtlich der weiteren Erkundungen zu visafreien Non-Stop-Zügen in keiner Weise die politischen Rahmenbedingungen für die Ratifizierung der Beitrittsverträge in Lituauen und den EU Mitgliedstaaten beeinträchtigen darf. Daher sollte jegliche zukünftige Bewertung einer solchen Lösungsmöglichkeit von der erweiterten Union vorgenommen werden, nach Vollzug des Litauischen Beitritts.

7. Litauen schreibt Visa (die normalerweise von den Konsulaten gegen Vorlage eines internationalen Reisepasses erteilt werden) für alle vom russischen Kernland in Personenkraftwagen einreisenden Personen vor. Zugreisende oder LKW-Fahrer benötigen kein Visum. Für diese Kategorien wird ab 1.1.2003 die Visumpflicht eingeführt. Die Bewohner des Kaliningrader Gebiets sind bis zum 1.7.2003 von der Visumpflicht ausgenommen. Angehörige des Militärs benötigen eine Sondergenehmigung des litauischen Verteidigungsministeriums, bevor das Transitvisum erteilt wird (Sammelvisum - keine Einzelvisa erforderlich).

8. Polen: Betrachtet sich nicht als Transitland, da keine wirtschaftlichen oder humanitären Gründe vorliegen, das Staatsgebiet Polens für den Verkehr zwischen verschiedenen Teilen Russlands zu durchqueren. Keine Konzessionen für das Kaliningrader Gebiet, die nicht auch an anderen Grenzen angewandt werden können. Keine Lockerung des gemeinschaftlichen Besitzstandes. Keine Korridore. Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei allen praktischen Möglichkeiten innerhalb des Besitzstandes auf der Grundlage von Flexibilität und Gegenseitigkeit.

Polen erlaubt gegenwärtig russischen Staatsangehörigen nicht die Einreise ohne internationalen Reisepass. Visa sind ab 1.7.2003 erforderlich.

Personenverkehr im Einklang mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand

9. Die in der gemeinsamen Linie der EU vom 13.Mai dargelegten Handlungsspielräume beinhalten:

- Erteilung von Mehrfachvisa, die gegebenenfalls für einen längeren Zeitraum gültig wären. Durch derartige Visa ist die Vorzugsbehandlung bestimmter Berufsgruppen wie etwa LKW-Fahrer möglich und sie könnten auf Einzelfallbasis erteilt werden.

- Flexibilität hinsichtlich der Visagebühren bis zur Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen.

- Befreiung bestimmter Personenkategorien von der Visumpflicht (z.B. Inhaber von Diplomaten- oder Dienstpässen sowie Mitglieder von Flugzeug- oder Schiffsbesatzungen).

In der Regel werden die Visa von den Konsulaten erteilt. [1]

[1] Mit dem Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen muss auf jeden Fall die allgemeine Vorschrift, dass Visa an der Grenze lediglich in Ausnahmefällen erteilt werden können, strikt eingehalten werden.

Normalerweise wären solche Regelungen gegenseitig. Zur Zeit ist eine Gegenseitigkeit bei den Gebühren oder den Fristen für die Erteilung der Visa nicht gegeben (in Russland dauert die Ausstellung länger und die Gebühren sind höher als in den Kandidatenländern).

10. Neben der von Russland vorgeschlagenen Möglichkeit getrennter Non-Stop-Züge und Omnibusse, auf die weiter unten eingegangen wird, konzentriert sich die Prüfung einer flexiblen Handhabung des gegebenen Spielraums vor allem auf drei Aspekte: Erteilung von Reisedokumenten an der Grenze, Verwendung russischer Inlandspässe und Möglichkeiten für die Ausstellung besonderer Reisedokumente, die ausschließlich für den Transitverkehr von und nach dem Kaliningrader Gebiet gelten.

Ausstellung von Reisedokumenten an der Grenze

11. Rechtlich gesehen ist die Erteilung von Visa an der Grenze möglich, doch dies wird im allgemeinen nicht empfohlen, da es sich um ein langwieriges Verfahren handelt, das den reibungslosen Grenzübertritt beeinträchtigt. Die Erteilung von Visa an der Grenze könnte auch Sicherheitsprobleme aufwerfen. Nach Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen ist die Erteilung von Visa an der Grenze ,in außergewöhnlichen Fällen, wegen Zeitmangels und Dringlichkeit, wenn ein Ausländer nicht in der Lage war, ein Visum zu beantragen (z.B. schwerwiegende und plötzliche Ereignisse, die Familienmitglieder betreffen, eine ärztliche Behandlung, geänderter Bestimmungsort des Flugzeuges, dringende berufliche Gründe)" zugelassen; außerdem ist ein Verzeichnis dieser an der Grenze erteilten Visa zu führen. Dies spiegelt sich in den Gemeinsamen Verhandlungspositionen der EU in Hinblick auf die vollständige Einbindung der Kandidatenländer in das Schengen-System wider.

Verwendung russischer Inlandspässe

12. Gemäß den jetzigen litauischen Rechtsvorschriften ist der Grenzübertritt nur mit einem gültigen internationalen Reisepass zugelassen, es sei denn, ein internationales Übereinkommen bestimmt nichts anderes. Zur Zeit können die Bewohner des Kaliningrader Gebiets (jedoch nicht russische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz im russischen Kernland haben, es sei denn sie benutzen die vorhandenen Transitzüge) mit einem russischen Inlandspass die Grenze überschreiten. Litauen hat die EU um eine Klärung ihres Standpunktes zur Frage der gültigen Reisedokumente ersucht, vor allem angesichts der Möglichkeit, dass zum Zeitpunkt des Beitritts nicht alle russischen Staatsangehörigen, die von und nach dem Kaliningrader Gebiet reisen möchten, im Besitz eines gültigen internationalen Reisepasses sein werden.

13. Der russische Inlandspass steht nicht mit den ICAO-Empfehlungen im Einklang (er ist nicht gesichert, er ist leicht zu fälschen, die Angaben sind in kyrillischer Schrift); die Benutzung dieser Pässe führt somit dazu, dass die Kontrollverfahren beträchtlich länger dauern. Dieser Pass ist kein fälschungssicheres Papier und wird von keinem der gegenwärtigen Mitgliedstaaten als gültiges Reisedokument akzeptiert.

14. Die Verwendung gültiger internationaler Reisepässe wird dringend empfohlen, gleichwohl enthalten die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften keine Bestimmung, die Litauen daran hindern würde, für die Einreise in sein Staatsgebiet den russischen Inlandspass (mit einem gemäß der Verordnung 333/2002 auf einem getrennten Blatt angebrachten Sichtvermerk) vor Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen zu akzeptieren, falls es dies dann für erforderlich hält, wenn von und nach dem Kaliningrader Gebiet reisende russische Staatsangehörige noch keinen gültigen internationalen Reisepass besitzen. Die Anerkennung des russischen Inlandspasses (zusammen mit einem Visum oder einem speziellen Transitpapier) dürfte jedoch nur eine zeitlich befristete Maßnahme sein, die nach Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen nicht beibehalten werden könnte.

15. Russland hat früher bereits versprochen, die Inlandspässe bis Ende 2003 abzuschaffen. Jetzt scheint die Frist bis 2006 zu gehen. In der Mitteilung macht Russland keinerlei Versprechungen hinsichtlich der Frage des Inlandspasses. Russland will Inlandspässe (+ Geburtsurkunden für Minderjährige) als gültige Reisedokumente auch nach dem Beitritt vorschlagen und zudem deren Verwendung auch auf andere russische Staatsangehörige als die Bewohner des Gebiets von Kaliningrad ausdehnen. Bei früheren Kontakten hat Russland allerdings der Kommission verschiedentlich mitgeteilt, rund 25 % der Bewohner des Kaliningrader Gebiets besäßen bereits gültige internationale Reisepässe und der Druck von Reisepässen für diese Personenkategorie werde beschleunigt. In der gemeinsamen Linie der EU vom 13. Mai wurde festgehalten, dass die EU von Russland die Ausstellung von Reisepässen erwartet, die den Anforderungen der ICAO-Regelungen genügen.

16. Litauen hat angedeutet, dass es aus Sicherheits- und aus praktischen Gründen nach dem Beitritt keine russischen Inlandspässe mehr akzeptieren möchte. Litauen würde es wahrscheinlich vorziehen, wenn die Verwendung dieser Reisepässe nicht in der von Russland vorgeschlagenen Weise ausgedehnt würde.

17. Falls dennoch russische Inlandspässe von Litauen vorübergehend nach dem Beitritt zugelassen würden, muss klar sein, dass die Verwendung dieser Pässe so bald wie möglich auslaufen muss. Russland wird diese Tatsache akzeptieren und anerkennen müssen.

Spielraum für die Ausstellung spezieller (EU)-Reisedokumente

18. Die allgemeinen Visabestimmungen umfassen unter anderem ein Verzeichnis derjenigen Drittstaaten, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa sowie eine einheitliche Visagestaltung und die Vorschriften für ein einheitliches Visum (Artikel 62 EGV). Die Verfahren und Voraussetzungen für die Visaerteilung werden im Rahmen des Sekundärrechts geregelt, technische und praktische Änderungen der sekundärrechtlichen Bestimmungen erfolgen mehr oder weniger laufend, da sich neue Umstände ergeben oder auf neue Herausforderungen eingegangen werden muss. Das wäre der Fall, wenn der Rat beschlösse, ein Reisedokument für den Transitverkehr zwischen dem Kaliningrader Gebiet und dem russischen Kernland einzuführen, dass die Qualität eines Transitvisums hätte.

19. Ganz wichtig ist, dass die neuen Vorschriften in Russland bekannt gemacht werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass viele russische Staatsbürger ohne die erforderlichen Dokumente an Grenzübergangsstellen auf der Straße oder Schiene eintreffen.

Güterverkehr im Einklang mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand

20. Die Übereinkommen über den internationalen Straßengüterverkehr (TIR) und den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF), denen die EG und die Kandidatenländer beigetreten sind, machen bereits eine Erleichterung des internationalen Güterverkehrs unter Verschluss (soweit vorgeschrieben) möglich. Beim internationalen Straßengüterverkehr (TIR) bietet die Vorlage international anerkannter Dokumente (Carnet TIR) die Garantie für etwaige Steuern und Abgaben, die schlussendlich vielleicht zu entrichten wären (d.h. falls Waren bei der Durchfuhr nicht am angegebenen Bestimmungsort ankommen). Wegen der hohen Betrugsgefahr sind derzeit alkoholhaltige Getränke und Tabakwaren vom TIR-Übereinkommen ausgenommen. Für den Eisenbahnverkehr sehen die Bestimmungen des COTIF-Übereinkommens die Möglichkeit vor, bestimmte zollrechtliche Vorschriften für die Durchfuhr, einschließlich der geforderten Sicherheitsleistung, zu lockern. Russland ist zwar keine Vertragspartei des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) (es ist einem anderen internationalen Eisenbahnübereinkommen, dem SMGS, beigetreten; wie auch Polen, Litauen und die übrigen baltischen Staaten), es stuende jedoch den Kandidatenländern frei, die russischen Dokumente zu akzeptieren, falls ihnen die Umsetzung der EG-Vorschriften genügt; Dokumente auf der Grundlage des SMGS werden beispielsweise bereits von Deutschland (und Polen) akzeptiert.

21. Alle anderen Alternativen wären außerordentlich schwierig. Nach den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften müssen alle Waren beim Eingang in das Zollgebiet der Gemeinschaft einem Zollverfahren zugeführt werden, falls sie nicht bereits einem Versandverfahren unterstellt sind. Die Aufhebung aller Förmlichkeiten (ob es nun Russland überlassen bleibt oder nicht, die EG nach der Durchfuhr darüber zu unterrichten, dass eine Ware in der Gemeinschaft verblieben ist, statt bis zum angegebenen Bestimmungsort zu gelangen) würde dieser grundlegenden Vorschrift zuwiderlaufen. Die EU wäre dem Betrug/der Zoll- und Steuerhinterziehung wie auch der Umgehung von Maßnahmen nichtfiskalischer Art ausgesetzt. Diese Möglichkeit würde zudem Russland eine lockerere Regelung einräumen als die für die Beförderung von Nichtgemeinschaftswaren zwischen EG-Mitgliedstaaten geltende Regelung, die die Kandidatenländer anzuwenden haben. Überdies, wäre es für Russland selbst unmöglich, zwischen Einfuhr- und Transitwaren zu unterscheiden, wenn es überhaupt keine Transitförmlichkeiten gäbe und dadurch wären auch seine eigenen Haushaltseinnahmen gefährdet.

22. Eine Trennung des Straßenverkehrs mit Hilfe von "Korridoren" wäre schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Für den Eisenbahnverkehr wäre eine solche Lösung zwar leichter vorstellbar, doch Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch wären teuer und das Abzweigungs- oder Betrugsrisiko bliebe weiter hoch. Zudem wäre eine solche Regelung für die betroffenen Kandidatenländer inakzeptabel und entspräche auch nicht dem weitergefassten politischen Ziel der Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums mit Russland, mit dem unter anderem der Handel erleichtert werden soll.

23. Russland könnte theoretisch dem Übereinkommen EG-EFTA "Gemeinschaftliches Versandverfahren" beitreten. Das wäre allerdings ein sehr langwieriger Prozess, vor allem weil eine der Vorbedingungen für den Beitritt darin besteht, dass Russland in der Lage sein muss, das vollständig rechnergestützte Verfahren im gesamten Hoheitsgebiet anzuwenden, was auf kurze Sicht wegen der derzeitigen Leistungsfähigkeit der russischen Zollverwaltung nicht ins Auge gefasst werden kann. Hinzu kommt noch, dass der einzige Vorteil für Russland gegenüber der Anwendung des TIR-Verfahrens darin bestuende, dass alkoholische Getränke und Tabakwaren, die vom TIR-Verfahren ausgenommen sind, im Rahmen des gemeinschaftlichen Versandverfahrens zugelassen wären, allerdings nur unter strengen Bedingungen oder gegen hohe Sicherheiten.

Bewertung

24. In der zentralen politischen Frage, d.h. dem Personenverkehr, ist der gemeinschaftliche Besitzstand auf den Grundsatz gestützt, dass die Sicherheit in der EU am besten gewährleistet werden kann, wenn die durch das Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedstaaten reisenden Personen angemessene Dokumente vorlegen. Die Visumpflicht für russische Staatsangehörige wird solange bestehen, solange Russland noch auf der Liste der Drittstaaten geführt ist, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten der EU visumpflichtig sind.

25. Die Kommission nimmt mit Interesse den Vorschlag Russlands zu Kenntnis, Gespräche über die Bedingungen einer etwaigen Schaffung eines visafreien Reiseregimes aufzunehmen. Nach Ansicht der Kommission enthält der russische Vorschlag nützliche Elemente, die bereits in den PKA-Gremien erörtert werden. Unverzüglich, noch bevor die EU und Russland die Maßnahmen identifizieren und durchführen können, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen für die Aufhebung der Visumpflicht zu schaffen, sollte die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität und der illegalen Zuwanderung intensiviert werden, was auch die Ausarbeitung eines Rückübernahmeabkommens einschließt. In diesem Stadium wäre es verfrüht, einen genauen Zeitplan für die Aufhebung der Visumpflicht vorzusehen.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Festlegung des Zeitpunkts für die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen mit den betreffenden neuen Mitgliedstaaten völlig unabhängig von der zeitlichen Planung für die Einführung eines visafreien Reiseregimes zwischen der EU und der Russischen Föderation erfolgt.

Der für den Bereich Justiz und Inneres zuständige Unterausschuss (Nr. 6) könnte als Diskussionsforum dienen. Soweit erforderlich sollten die Kandidatenländer, vor allem wenn es um Grenzsicherung und -kontrolle geht, zur Teilnahme an den Sitzungen des Ausschusses eingeladen werden.

26. Zusätzlich zu der in der gemeinsamen EU-Linie dargelegten Flexibilität (billige oder kostenlose Mehrfachvisa) könnte nach weiteren Lösungen gesucht und zu diesem Zweck einige oder alle der nachstehenden Übergangsmaßnahmen in Betracht gezogen werden (vorausgesetzt sie werden nach einer angemessenen Zeit überprüft).

(i) Nach Ansicht der Kommission sollte die Ausstellung eines speziellen Transitpapiers ("Dokument für den erleichterten Transit") in Erwägung gezogen werden. Das Dokument müsste als gleichwertig zu einem Transitvisum für die Mehrfacheinreise von Bona-fide-Personen russischer Staatsbürgerschaft, die häufig und direkt zwischen dem Kaliningrader Gebiet und dem russischen Kernland hin und her reisen, angesehen werden. Die russischen Behörden könnten vorab Verzeichnisse häufig reisender Personen übermitteln. Daraufhin würde dann das Transitdokument kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr von den Konsulaten der betreffenden Kandidatenländer ausgestellt. Eine ausführlichere Beschreibung der Funktionsweise einer solchen Regelung ist in Anhang I zu finden.

(ii) Die Kommission ist bereit, eingehender die Durchführbarkeit der Befreiung von in Non-Stop-Zügen reisenden Personen von der Visumpflicht zu prüfen (eine angemessene Trennung könnte für den Omnibusverkehr nicht gewährleistet werden). Für die Gewährleistung des vorschriftsmäßigen Transits dieser Züge wäre es erforderlich, dass die Züge mit ausreichend hoher Geschwindigkeit fahren und dass die Waggons so gebaut sind, dass die Reisenden den Zug nicht ohne Erlaubnis der litauischen Behörden verlassen können. Derartige Züge gibt es heute noch nicht. Natürlich wären beträchtliche Verbesserungen an den Zügen wie auch am Gleisunterbau erforderlich; die nötigen Investitionen werden Zeit in Anspruch nehmen, und für diese Arbeiten wird insbesondere Litauen umfangreiche Hilfe benötigen. Wie es in der Mitteilung Russlands heißt, müssen die litauischen Behörden weiterhin das Recht haben, die Einreise zu verweigern und Kontrollen während des Transits durchzuführen. Die Annahme einer solchen Lösung dürfte nicht dazu führen, dass Russland extraterritoriale Rechte eingeräumt würden, die dem "Korridor"-Konzept entsprächen. Ein Beschluss über diese Lösungsmöglichkeit könnte nur von der erweiterten EU auf der Grundlage einer sorgfältigen Bewertung und nach Beseitigung aller technischen Hindernisse gefasst werden. Nach dem Beitritt Litauens ist die EU bereit, die juristische und technische Machbarkeit von visafreien Non-Stop-Zügen zu prüfen.

Eine ausführlichere Beschreibung dieser Lösung ist in Anhang II zu finden.

27. Für die Einführung eines ,Dokuments für den erleichterten Transit" wären die volle Zusammenarbeit der Kandidatenländer sowie eine angemessene Verwaltungs- und Finanzhilfe seitens der EG erforderlich. Eine uneingeschränkte Zusammenarbeit wäre ebenfalls von Russland gefordert, vor allem im Hinblick auf die Einrichtung neuer Konsulate, die Vorlage von Verzeichnissen der für das "Dokument für den erleichterten Transit" in Frage kommenden russischen Staatsangehörigen, den Abschluss und die Umsetzung eines Rückübernahmeabkommens zwecks Rückübernahme von Personen, die illegal ihre Aufenthaltsgenehmigung überschritten haben, sowie die Ratifizierung des Grenzabkommens mit Litauen. Von Russland wird ebenfalls erwartet, dass es die Ausstellung international gültiger Reisepässe für seine Staatsbürger entsprechend eines klaren Zeitplanes beträchtlich beschleunigt. Während einer kurzen Übergangszeit könnten russische Inlandspässe zusammen mit einem Visum/dem ,Dokument für den erleichterten Transit" akzeptiert werden.

28. Die Anwendung und Durchführung der vorgeschlagenen Regelung zum ,Dokument für den erleichterten Transit" sollte überwacht werden, erforderlichenfalls durch Sitzungen, die im Rahmen der PKA-Gremien einberufen werden und an denen alle beteiligten Parteien, einschließlich der Kandidatenländer, teilnehmen [2].

[2] Technisch fortgeschrittenere Lösungen wie elektronische Karten, die einem Visum entsprächen, würden nicht nur zeitaufwendig und kostspielig sein, sondern auch eine enge Zusammenarbeit mit den Drittstaaten (d.h. Russland und Belarus) erfordern. Gegebenenfalls könnte diese Option auf längere Sicht weiterverfolgt werden.

29. Die EU müsste den Kandidatenländern garantieren, dass aus der Einwilligung in die oben beschriebene flexible Regelung und durch deren Umsetzung an sich nicht die Gefahr entsteht, dass sich die Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen, d.h. ihre vollständige Einbindung in den Schengenraum, verzögert.

30. Die Kommission kommt in ihrer Bewertung zum Güterverkehr zu dem Schluss, dass die nach der Erweiterung zur Anwendung kommende Zollgutversandregelung, die den freien Warenverkehr zwischen Russland und Kaliningrad durch die Gemeinschaft ohne die Entrichtung von Zöllen oder anderen Durchfuhrabgaben (Fracht- und Verwaltungsgebühren ausgenommen) gewährleistet (wie im Partnerschafts- und Assoziierungsabkommen festgelegt), die passende Regelung ist und dass hinsichtlich der Förmlichkeiten die bestehenden Übereinkommen/Verfahren die entsprechende Flexibilität zulassen.

31. Ein Beschluss, die Förmlichkeiten für die Durchfuhr von Waren durch die Gemeinschaft aufzuheben, würde gegen die weltweit, also auch für Russland geltende Grundvorschrift verstoßen, dass die Beförderung von Drittlandswaren im Staatsgebiet eines Landes zu überwachen ist, und wäre somit mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. Zudem würde die Durchfuhr von Waren durch spezielle Korridore beträchtliche praktische Probleme aufwerfen. Sie wäre außerdem für die Kandidatenländer inakzeptabel.

Schlussfolgerungen

32. Im Hinblick auf den Transit von Personen zwischen dem Kaliningrader Gebiet und dem russischen Kernland sollten nach Ansicht der Kommission einige der von Russland unterbreiteten Vorschläge sorgfältig geprüft werden. Deshalb schlägt die Kommission vor, dass der Standpunkt der EU, in Ergänzung zu den Darlegungen in der Gemeinsamen Linie vom 13 Mai 2001, auf das folgende Maßnahmenpaket gestützt sein sollte:

(a) Ein "Dokument für den erleichterten Transit" könnte durch Konsulate in EU oder Kandidatenländern für russische Staatsangehörigen, die auf der Straße oder mit der Bahn reisen erteilt werden, unter den in Anhang I aufgeführten Bedingungen und ausschließlich für den direkten Transit zwischen dem Kaliningrader Gebiet und dem russischen Kernland. Das Funktionieren dieser Regelung wäre im Rahmen der PKA-Gremien im Zuge regelmäßig abzuhaltender Sitzungen zu überprüfen, an denen alle beteiligten Parteien, einschließlich die betreffenden Kandidatenländer, teilnehmen.

(b) Dies würde die Zusammenarbeit Russlands und in diesem Sinne seine rasche Zustimmung zu der von Litauen ersuchten Einrichtung neuer Konsulate voraussetzen.

(c) Transitvisa wären an den Grenzen bei Vorliegen humanitärer Gründe erhältlich, wie dies im Besitzstand vorgesehen ist. Ganz kurzfristig könnte hier vor Öffnung der wichtigsten konsularischen Einrichtungen ein gewisser Spielraum notwendig sein. Das ,Dokument für den erleichterten Transit" würde nicht an der Grenze ausgestellt.

(d) Während eines Zeitraums von zwei Jahren bis Ende 2004 könnten sich die litauischen Behörden für die Ausstellung von Visa oder von ,Dokumenten für den erleichterten Transit" mit der Zulassung russischer Inlandspässe einverstanden erklären. Folglich wird erwartet, dass sich Russland damit einverstanden erklärt, dass ab 2005 lediglich international anerkannte Reisepässe akzeptiert würden.

(e) Die EU sollte bereit sein, mit Russland und Litauen die Durchführbarkeit des russischen Vorschlags zu prüfen, die Befreiung von in speziellen Non-Stop-Zügen reisenden Personen von der Visumpflicht zu genehmigen und insbesondere die Voraussetzungen zur Gewährleistung des vorschriftsmäßigen Ablaufs des Transits zu untersuchen. Ein Beschluss über diese Lösungsmöglichkeit könnte nur von der erweiterten EU auf der Grundlage einer sorgfältigen Bewertung und nach Beseitigung aller technischen Hindernisse gefasst werden. Nach dem Beitritt Litauens ist die EU bereit, die juristische und technische Machbarkeit von visafreien Non-Stop-Zügen zu prüfen.

Es müsste klar sein, dass die litauischen Behörden weiterhin das Recht haben müssen, die Einreise zu verweigern und Kontrollen während des Transits durchzuführen. Die Wahl dieser Lösung dürfte nicht dazu führen, dass Russland extraterritoriale Rechte eingeräumt würden, die dem "Korridor"-Konzept entsprächen.

(f) Die EU sollte den Russischen Vorschlag zur Eröffnung von Gesprächen zu den notwendigen Voraussetzungen einer etwaigen Einführung einer visafreien Reiseregelung untersuchen. Die Erörterungen in den PKA-Gremien, namentlich dem Unterausschuss Nr. 6, sollten intensiviert werden und sollten Kandidatenländer mit einbeziehen. Dieser Unterausschuss befasst sich auch mit der Zusammenarbeit in Fragen der Grenzsicherung, einschließlich der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Zuwanderung, und sollte ein Rückübernahmeabkommen ausarbeiten. Ein generelles Vorankommen im Bereich "Justiz und Inneres" wird im weitergefassten Kontext wichtig sein.

33. Die EU müsste Litauen rechtlich bindende Garantien bieten,

- dass die Zustimmung zu jeglicher der Maßnahmen in dem obigen Paket in keiner Weise die Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen beeinträchtigen oder behindern würde;

- dass zur Durchführung dieser Maßnahmen erforderlichenfalls Unterstützung geleistet wird.

34. Im Hinblick auf die Einführung des ,Dokuments für den erleichterten Transit" wären technische Änderungen der geltenden Vorschriften vorzunehmen und wie im Falle der übrigen einschlägigen sekundärrechtlichen Bestimmungen in die den Kandidatenländern vorzulegenden Listen aufzunehmen.

35. Was den Güterverkehr angeht, so ermöglicht das jetzige Übereinkommen über den internationalen Straßengüterverkehr (TIR) die Durchfuhr von Gütern mit relativ geringem Verwaltungsaufwand, und für die Durchfuhr auf dem Schienenwege ermöglichen die EG-Bestimmungen es den Mitgliedstaaten, vereinfachte Verfahren einzuführen, z. B. die jetzigen russischen Dokumente (SMGS) zu akzeptieren. Die Alternativen (Durchreise ohne Förmlichkeiten, mit oder ohne nachfolgende Kontrolle in Russland) sind entweder inakzeptabel oder bieten keine verfahrensmäßigen Vorteile (Beitritt Russlands zum Übereinkommen über ein gemeinsames Versandverfahren und zum Übereinkommen über das Einheitspapier, was im Augenblick auf jeden Fall unrealistisch ist).

36. Zur Beschleunigung des Grenzübertritts und der Ausstellung von den ICAO-Bestimmungen entsprechenden Reisepässen, insbesondere für die Bewohner des Gebiets Kaliningrad, hat die EU Russland bereits Unterstützung im Rahmen von Tacis geleistet. Die Lösungen der Frage des Personen- und Güterverkehrs sollten jedoch, wie im Schreiben von Kommissionspräsident Prodi vom 23. Mai an Präsident Putin vorgesehen, Hand in Hand mit einer umfassenderen Zusammenarbeit im Hinblick auf die Zukunft des Kaliningrader Gebiets gehen und sich auch mit den gemeinsamen Herausforderungen in den Bereichen organisierte Kriminalität, Grenzsicherung, Umwelt, menschliche Gesundheit und wirtschaftliche Entwicklung befassen.

37. Falls möglich sollte das obige "Maßnahmenpaket" der Gemeinsamen Erklärung beigefügt werden, die am 11. November auf dem Gipfeltreffen EU-Russland in Kopenhagen zur Billigung vorgelegt wird.

Anhang I

Das "Dokument für den erleichterten Transit"

1. Alle russischen Staatsangehörigen, die häufig und direkt zwischen dem Kaliningrader Gebiet und dem russischen Kernland hin und her reisen, könnten das "Dokument für den erleichterten Transit" (DET) beantragen. Um die Ausstellung des Dokuments zu beschleunigen, könnten die russischen Behörden vorab Listen übermitteln, in denen sie die in Frage kommenden Personen vorschlagen. Die Transitländer sind auch weiterhin berechtigt, Personen von der Regelung auszuschließen, beispielsweise im Falle des nachweislichen Missbrauchs des Systems oder aufgrund der Besorgnis des Transitlandes um die öffentliche Sicherheit.

2. Das "Dokument für den erleichterten Transit" könnte in Form eines fälschungssicheren kleinen Heftes aufgemacht sein, auf dessen erster Seite die Angaben zur Personen entsprechend den ICAO-Empfehlungen für Reisepässe eingetragen sind. Auf dieser Seite würde eine fälschungssichere Visummarke angebracht. Die Gültigkeitsdauer des DET könnte ein Jahr oder länger betragen. Das Dokument würde einem Mehrfachvisum entsprechen, das ausschließlich für den Transit zwischen zwei Staatsgebieten gilt, die zu demselben Staat gehören, jedoch durch das Staatsgebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten voneinander getrennt sind. Das DET könnte verlängert werden.

3. Weitere technische und praktische Aspekte sollten in die sekundärrechtlichen Bestimmungen aufgenommen werden, beispielsweise das Abstempeln des DET bei der Ein- und Ausreise zur Kontrolle der Aufenthaltsdauer, die Ausstellungsgebühren, der Ort der Ausstellung u.s.w.

4. Das DET würde vom Konsulat eines zuständigen Kandidatenlandes ausgestellt. Eine automatische Ausstellung gäbe es nicht, und deshalb käme es zu keinem Eingriff in die Souveränität. Die Kandidatenländer sollten den Ausbau des Netzes ihrer Konsulate in Erwägung ziehen. Sie könnten außerdem die gegenseitige Anerkennung aller Arten von Visa, auch des DET, in Erwägung ziehen, damit die russischen Bürger, die bei der Durchreise zwei oder drei verschiedene Länder durchqueren, nicht zwei oder drei Visa beantragen müssen; auf diese Weise würden sie schon vorzeitig zur gegenseitigen Anerkennung von Visa übergehen, wie nach den Schengen-Bestimmungen erforderlich.

5. Außerdem

* würde diese Frage nicht in den Beitrittsverhandlungen zu Kapitel 24 aufgegriffen werden müssen, da das Grundprinzip des Besitzstandes, im vorliegenden Fall die Visumpflicht für Russland, unverändert bestehen bleibt. Die technischen Änderungen würden zusammen mit anderen sekundärrechtlichen Bestimmungen in die Listen aufgenommen, die dann den Kandidatenländern vorgelegt werden;

* wäre die Regelung in Bezug auf das DET für alle Mitgliedstaaten bindend. Deshalb wäre ein solches besonderes Verfahren an sich kein Hindernis für die Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen durch die künftigen Mitgliedstaaten;

6. Mit einer EG-Regelung könnten die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden:

* für die Definition einer neuen Art des Transitverkehrs, der von einem Teil eines Drittstaates über das Gebiet eines oder mehrerer EU-Mitgliedstaaten zu einem anderen Teil desselben Drittstaates verläuft. Im Gemeinschaftsrecht ist zur Zeit eine solche Definition nicht ausdrücklich genannt;

* für die dahingehende Bestätigung, dass ein derartiges "Dokument für den erleichterten Transit" einem Visum entspricht;

* für die Zulassung von Mehrfachvisa für den Transit zwischen verschiedenen Teilen desselben Drittstaates und die Festsetzung seiner Gültigkeitsdauer für einen längeren Zeitraum (mehrere Jahre, wo angebracht);

* für die Begrenzung der Transitzeiten, beispielsweise auf 24/36 Stunden und nicht auf 5 Tage wie im gewöhnlichen Transitverkehr;

* für die Verhängung von Strafen im Falle des Missbrauchs, z.B. Geldstrafen oder schließlich die Wiedereinziehung des Dokuments;

* für die Festlegung geeigneter Sicherheitsmerkmale unter Verwendung des in der Verordnung Nr. 334/2002 vorgesehenen Verfahrens.

Anhang II

Befreiung von der VISUMPFLICHT für Reisende im Transitverkehr ohne Halt

1. Die Vorschriften nach Maßgabe des gemeinschaftlichen Besitzstandes

Der für diesen Fall maßgebliche gemeinschaftliche Besitzstand ist eine Mischung aus dem Schengener Abkommen (inzwischen Teil des gemeinschaftlichen Besitzstandes) und der Visa-Verordnung, der zufolge die Russische Föderation zu den Ländern zählt, deren Bürger bei der Einreise in das Gebiet der Europäischen Union visumpflichtig sind.

Nach Maßgabe des Artikels 5, Schengener Abkommen, kann Staatsangehörigen dritter Länder für Aufenthalte, deren Dauer drei Monate nicht überschreitet, bei Erfuellung nachstehender Voraussetzungen die Einreise gewährt werden:

1. Sie müssen im Besitz eines gültigen Reisedokuments und gegebenenfalls eines gültigen Visums sein;

2. Die einreisende Person ist gehalten, gegebenenfalls Dokumente/Unterlagen vorzuweisen, aus denen Zweck und Begleitumstände des beabsichtigten Aufenthalts hervorgehen und die einen Nachweis darüber enthalten, dass sie über ausreichende Mittel verfügt, um für die Kosten des beabsichtigten Aufenthalts und der Rückreise aufzukommen, bzw. dass sie imstande ist, sich die benötigten Mittel auf rechtmäßigem Wege zu beschaffen.

3. Es liegt keine Ausschreibung zur Einreiseverweigerung vor.

4. Die einreisende Person steht nicht in dem Ruf, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen eines der Mitgliedstaaten zu sein.

Die erste ist die wichtigste Voraussetzung, die im Zusammenhang mit dem Transitverkehr von und nach dem Kaliningrader Gebiet ausgiebig erörtert wurde. Die Frage des Reisepasses für den Inlandsverkehr wird weiter unten behandelt.

Die zweite Voraussetzung betrifft den Transitverkehr von und nach dem Kaliningrader Gebiet nicht unmittelbar. Es ist recht unwahrscheinlich, dass die betreffenden Mitgliedstaaten (vor allem Litauen) für den direkten Transit von und nach dem Kaliningrader Gebiet Auflagen beispielsweise betreffend die für den geplanten Aufenthalt ausreichenden Mittel machen könnten. Keines der Kandidatenländer hat diese Frage angeschnitten.

Die dritte Voraussetzung, die das SIS und Artikel 96 des Schengener Abkommens ins Spiel bringt, wird mit Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen aktuell. Bis dahin werden die neuen Mitgliedstaaten ihre eigenen Listen benutzen, um unerwünschte Personen ausfindig zu machen und diesen gegebenenfalls die Einreise verweigern. In der Folge wird anhand des SIS überprüft, ob die Einreise zu verweigern ist oder nicht. Die derzeitigen Mitgliedstaaten müssen die gemeinsame Liste der nach den Kriterien des Artikels 96 erfassten Daten des SIS bei der Entscheidung über die Verweigerung der Einreise zugrunde legen, da die Kontrollen an den Binnengrenzen aufgehoben sind.

Die Mitgliedstaaten tauschen (außerhalb des SIS) Informationen zu Punkt 4 aus.

Staatsangehörige bestimmter Drittstaaten, eingeschlossen die Russische Föderation, müssen bei Überschreiten der Außengrenzen der Europäischen Union im Besitz eines Visa sein (Artikel 1 Absatz 1 Verordnung über die Visumpflicht). Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass aufgrund von Artikel 3 Absatz d) des EG-Vertrags die Visumpflicht entfallen kann (Rechtssache C-170/96 Punkt 22), wenn das Überschreiten der Außengrenzen nicht dem Zweck eines Aufenthalts bzw. einer Reise im Gebiet der EU dient. Daraus folgt, dass Personen in Durchgangszügen, die durch Gemeinschaftsgebiet führen, unter bestimmten Voraussetzungen von der Visumpflicht freigestellt werden könnten. Der Gerichtshof hat diese Auslegung jedoch nur auf den Flughafentransit angewandt, woraufhin der Rat entsprechend dieser Rechtssprechung Artikel 2 Anstrich 2 der Verordnung über die Visaregelung dahingehend formuliert hat, dass die Visumpflicht im Transitverkehr durch das Gebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union lediglich im Falle eines Flughafentransits entfallen kann. Das Urteil des Gerichtshofs schließt jedoch eine erweiterte Auslegung dieser Ausnahmeregelung nicht aus, und eine Anpassung des gemeinschaftlichen Besitzstandes in diesem Punkte läge im Bereich des Möglichen.

2. Vorschläge zum Transit

Russische Staatsangehörige können im Flugzeug oder mit der geplanten Fähre ohne Visum und unter Verwendung des Inlandspasses in das Gebiet von Kaliningrad einreisen oder es verlassen. Die sich aus dem gemeinschaftlichen Besitzstand ergebenden Auflagen greifen lediglich bei Überlandreisen. Pkw-Reisende werden selbstverständlich (und das Memorandum der russischen Seite erkennt dies an) den üblichen Anforderungen des Acquis (Visum, Reisedokument und Grenzkontrollen) unterliegen, wozu auch die im Rahmen des Acquis zulässigen Transiterleichterungen (Mehrfachvisum, Visagebühren) fallen. Diese Regelung gilt bereits für den Pkw-Transit aus und nach dem Hauptgebiet der Russischen Föderation (seit 1995).

Die russische Seite schlägt in ihrem Memorandum eine visafreie Transitregelung für Personenreisen im Eisenbahn- und Omnibusverkehr vor. Die russische Seite verlangt ferner eine "Vereinfachung der Visaerteilung" am Grenzübergang für Pkw-Reisende. Diese Vorschläge zielen eindeutig in die Richtung der Aufforderung des Europäischen Rats von Sevilla an die Kommission, die Möglichkeit einer flexiblen Handhabung "im Rahmen des gemeinschaftlichen Besitzstandes" zu prüfen.

Die drei Formen des Landverkehrs

1.1. Eisenbahn

Der Eisenbahntransitverkehr kann mit dem Acquis nur in Einklang gebracht werden, wenn eine Grundvoraussetzung erfuellt ist: kein Reisender darf die Möglichkeit haben, den Zug bei der Durchfahrt durch litauisches Gebiet zu verlassen. Wenn dies sichergestellt ist, erübrigen sich die oben genannten sich aus dem Acquis ergebenden Auflagen, in erster Linie die Visumpflicht. Um einen solchen gesicherten Transit zu ermöglichen, muss Litauen selbstverständlich in der Lage sein, eine lückenlose Kontrolle über die Züge und die Zugreisenden auszuüben, und solches scheint die russische Seite in ihrem Memorandum zugestehen zu wollen.

Ein solcher Transitzug kommt als Lösung nur nach erfolgtem Beitritt in Betracht, sofern Litauen ihr zustimmt und wenn die Garantie besteht, dass dieser Transit vorschriftsmäßig vonstatten geht, die Identität aller die Außengrenzen übertretenden Personen festgestellt ist, bevor der Zug die litauische Grenze passiert und dass niemand nach Beendigung der Kontrollen zu- oder aussteigt. Sobald diese Vorschriften als Schengen-konform genehmigt sind, gelten sie auch nach Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen und stuenden einem Antrag Litauens auf volle Schengen-Mitgliedschaft nicht entgegen.

In der Praxis bedeutet dies, dass Litauen in der Lage sein muss,

1. die Reisedokumente zur Feststellung der Identität der Zugreisenden zu kontrollieren (was die Möglichkeit einschließt, unerwünschten Personen die Einreise zu verweigern),

2. und den vorschriftsmäßigen Ablauf des Transits zu gewährleisten, was bedeutet, dass ein Betreten litauischen Hoheitsgebiets ausgeschlossen ist.

Bei dem Zug müsste es sich um einen Non-Stop-Zug handeln, der während der Durchfahrt durch Litauen einer lückenlosen Überwachung unterliegt. Ein Halt wäre lediglich aus technischen Gründen möglich. Die Ideallösung wäre ein Hochgeschwindigkeitszug, wobei Hochgeschwindigkeit in diesem Zusammenhang lediglich bedeutet, dass ein solcher Non-Stop-Zug durchgängig eine Fahrtgeschwindigkeit hat, die ein Abspringen unmöglich macht. Es kommt wesentlich darauf an, dass die Erfuellung dieser Voraussetzung garantiert ist bzw. sein wird.

Auf die derzeitige Situation bezogen hat Litauen eindeutig festgestellt, dass für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Transits keine ausreichenden Garantien gegeben werden können: dem Abspringen wird dadurch Vorschub geleistet, dass der Zug eine niedrige Fahrtgeschwindigkeit hat, auf litauischem Hoheitsgebiet mehrmals hält und während des Transits nicht ausreichend bewacht wird. Diese Option erfordert somit weitere eingehende Prüfung.

Die russische Seite hat mehrere Vorschläge vorgelegt, die auf ein sicheres Funktionieren des Systems abzielen.

Die EU sollte an den Vorschlag der russischen Seite zu Transitzügen mit Aufgeschlossenheit herangehen und einen gut fundierten Beschluss über die Vereinbarkeit des Vorschlags mit dem Schengener Abkommen und seine Konsequenzen für den Antrag Litauens auf volle Teilnahme am Schengener Abkommen ausarbeiten. Der russischen Seite sollten ferner einige zusätzliche Fragen zu praktischen Aspekten des vorgeschlagenen Systems vorgelegt werden. Davon wird dann abhängen, ob die EU Litauen garantieren kann, dass eine solche Regelung des Transitproblems der Aufhebung der Binnengrenzkontrollen im Verkehr mit Litauen nicht entgegensteht oder sie verzögert.

1.2. Omnibusverkehr

Dieselbe Grundvoraussetzung gilt für den russischen Vorschlag betreffend den Omnibustransitverkehr: Eine mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand zu vereinbarende Transitregelung verlangt, dass Omnibusreisende bei der Durchfahrt durch litauisches Hoheitsgebiet ihr Fahrzeug nicht verlassen. Im Omnibusverkehr kann die Einhaltung dieser Regelung nicht mit ausreichender Sicherheit garantiert werden. Die erste Bedingung - Kontrolle aller die litauische Grenze passierenden Personen - lässt sich erfuellen. Die zweite Bedingung - Gewährleistung des vorschriftsmäßigen Ablaufs des Transits - lässt sich nicht leicht organisieren und kann Menschen unmöglich aufgezwungen werden. In der Praxis muss man damit rechnen, dass sich in bestimmten Situationen ein Anhalten und Aussteigen der Transitreisenden nicht vermeiden lässt, und dass würde bedeuten, dass sie ohne Visum nach Litauen einreisen. Die Gewährleistung eines vorschriftsmäßigen Ablaufs des Transits käme einer unverhältnismäßigen Belastung der litauischen Behörden gleich, die gezwungen wären, sämtliche Omnibusse während der Gesamtdauer des Transits zu begleiten.

Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass sich der Omnibustransit nicht in einer mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand zu vereinbarenden Weise organisieren lässt. Litauen könnte es zudem politisch wie praktisch als schwer zumutbar empfinden, den Gedanken eines Omnibustransitverkehrs zu akzeptieren.

1.3. Personenkraftwagen

Die russische Seite hat die Forderung nach einem visafreien Transit für Personenkraftwagen inzwischen fallengelassen, besteht aber für diesen Fall auf einem vereinfachten Verfahren der Visaerteilung an der Grenze.

Bis zur Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen ist die Ausstellung von Visa an der Grenze rechtlich möglich, doch es liegt nicht im Interesse der EU zu empfehlen, von dieser Möglichkeit einen umfangreicheren Gebrauch zu machen als im Schengener Abkommen festgelegt (d.h. nur in Ausnahmefällen). Die gründliche Überprüfung der Listen der einzelnen Staaten vor Erteilung eines Visums am Grenzübergang selbst ist zeitaufwendig und sogar recht schwierig. Das Ausfuellen und Drucken der Visumsantragsformblätter und des neuen Einklebevisumblattes (Verordnung 1683/1995 und 334/2002) nimmt Zeit in Anspruch, was die Grenzabfertigung noch schwieriger und langwieriger machen könnte als sie ohnehin zur Zeit schon ist. Die Grenzübergangsstellen müssten zudem mit dem hochtechnischen und kostspieligen Gerät ausgerüstet werden, das für die Anfertigung des Einklebevisums benötigt wird. Litauen hat klargestellt, dass es nicht die Absicht hat, diese Möglichkeit in einem über die Schengener Festlegung hinausgehenden Maß in Anspruch zu nehmen. Es muss vor allem für ausreichende konsularische Einrichtungen gesorgt werden, damit die Visaerteilung zügig und gewissenhaft erledigt wird. Es sind zwei völlig verschiedene Dinge, ob man anerkennt, dass die Kandidatenländer Visa möglicherweise an der Grenze erteilen müssen oder ob man diesen Punkt in eine Vereinbarung mit der Russischen Föderation aufnimmt.

Die Sache wäre wesentlich einfacher, wenn konsularische Einrichtungen in Grenznähe geschaffen werden könnten, zumal die Kommission empfehlen dürfte, dass der Grundsatz der Visaerteilung an der Grenze kein Thema der Gespräche mit der Russischen Föderation sein darf. Litauen hat sich bereit erklärt, in Grenznähe Konsulate einzurichten, und zwar in Sowjetsk/Tilsit (Kaliningrader Gebiet) und Grodno (Belarus). Es bleibt abzuwarten, ob zusätzliche Gemeinschaftsmittel erforderlich sind.

Anhang III

Gemeinsame Linie vom 13. Mai 2002 Kaliningrader Gebiet: Personenverkehr und Personentransitverkehr

In Anbetracht der Sondierungsbemühungen in Bezug auf die im Rahmen des Besitzstandes sich bietenden Möglichkeiten sowie der zahlreichen für dieses Frühjahr anberaumten Treffen zwischen der EU und Russland ist es offensichtlich, dass die EU der Lage des Kaliningrader Gebiets sehr hohen Vorrang einräumt. Die endgültige Verantwortung in Bezug auf das Gebiet Kaliningrad bleibt jedoch bei Russland. Kein anderer Akteur kann mehr zur Verbesserung der Lage des Kaliningrader Gebiets beitragen als Russland selbst.

Der EU-Besitzstand und seine Folgen für das Kaliningrader Gebiet

Dieses informelle Papier bezieht sich auf den Zeitraum zwischen dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zur EU und der Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen mit den neuen Mitgliedstaaten. Nach diesem Zeitraum wird der Schengen-Besitzstand vollständig in Kraft gesetzt.

Nach dem geltenden Besitzstand müssen die Drittstaatsangehörigen, die in Anhang 1 der Verordnung Nr. 539/2001 in ihrer durch die Verordnung Nr. 2414/2001 geänderten Fassung aufgeführt sind, beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz von in ein gültiges Reisedokument eingetragenen Visa sein. Dieses Erfordernis gilt für den Transit sowie für einen Kurzaufenthalt von bis zu drei Monaten. Bei den von den neuen Mitgliedstaaten ausgestellten Visa wird es sich um nationale Visa handeln, die gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und im Einklang mit den im Besitzstand verankerten Grundsätzen für die Visaerteilung ausgestellt werden.

Die EU hat mit den betreffenden Bewerberländern Konsultationen geführt, wobei eindeutig festzustellen ist, dass Maßnahmen vor dem Beitritt ihrer souveränen nationalen Entscheidung unterliegen. Allerdings sollten keine Maßnahmen in Erwägung gezogen werden, welche die vollständige Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstandes in Frage stellen würden, und von den Bewerberländern wird erwartet, dass sie keine den Grundprinzipien des Besitzstandes zuwiderlaufenden Maßnahmen einführen.

In Anbetracht dessen bieten sich im Rahmen des Besitzstandes vor allem folgende Möglichkeiten:

* auf Einzelfallbasis ausgestellte Mehrfachvisa, einschließlich einer Vorzugsbehandlung für bestimmte Berufsgruppen, wie Kraftfahrer und fahrendes Personal von Verkehrsmitteln, die regelmäßig grenzüberschreitende Reisen unternehmen müssen,

* Flexibilität hinsichtlich der Visagebühren bis zur Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen,

* Befreiung bestimmter in der Verordnung Nr. 539/2001 vorgesehener Personengruppen von der Visumpflicht,

* Erteilung der Visa in der Regel durch konsularische Stellen.

Die Bewerberländer werden bei der Umsetzung der im Rahmen des Besitzstandes bestehenden Möglichkeiten normalerweise die Anwendung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit erwarten.

Es ist wichtig festzustellen, dass mit der Anwendung des Besitzstandes im Interesse der Beteiligten auf beiden Seiten der Grenze gewährleistet wird, dass das Überschreiten der Grenze kontrolliert und sicher und ohne unnötige Behinderung des Personenverkehrs erfolgt.

Der Weg nach vorn

Weitere Bemühungen im Hinblick auf eine Verbesserung der Situation des Kaliningrader Gebiets werden im Rahmen des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens erörtert. So wird im Rahmen der EU-Programme für die Hilfe zugunsten von Drittländern Unterstützung geleistet bzw. sie kann geleistet werden, z.B. bei dem weiteren Ausbau der Infrastruktur an Grenzübergangsstellen, der Modernisierung von Grenzformalitäten und der Fortbildung des Personals zwecks Erleichterung des Personen- und Güterverkehrs sowie bei der Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption zusammen mit Russland. Von der Task Force "Organisierte Kriminalität im Ostseeraum" werden in dieser Hinsicht nützliche gemeinsame Einsätze der Strafverfolgungsbehörden organisiert.

Unterstützung durch andere Gemeinschaftsprogramme wird bereits geleistet oder könnte gegebenenfalls für ähnliche Tätigkeiten, unter anderem auch für konsularische Einrichtungen, zum Tragen kommen.

Als Teil der auf die Erleichterung der Visaerteilung und des Grenzübertritts ausgerichteten Zusammenarbeit würde die EU erwarten, dass Russland - wie auch im Protokoll zum PKA vorgesehen - seinen Teil zur Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen den russischen und den EU-Zoll-, Grenz- und Einwanderungsbehörden beiträgt. Diese Zusammenarbeit muss über die rein auf das Kaliningrader Gebiet bezogenen Aspekte hinausgehen und sollte Folgendes umfassen: Abschluss eines Rückübernahmeabkommens und geeigneter diesbezüglicher Vereinbarungen, Erleichterung der Einrichtung und der Arbeit von Konsulaten im Gebiet des Oblasts Kaliningrad und des russischen Kernlandes, Grenzsicherung, die sich auf genau festgelegte Grenzen auf der Grundlage ratifizierter Abkommen stützt, Ausstellung von Reisepässen im Kaliningrader Gebiet, die den Anforderungen der ICAO-Regelungen genügen, und alle sonstigen möglicherweise relevant erscheinenden Fragen im Bereich Justiz und Inneres.

Anhang IV

Vorläufiger Zeitplan für die nächsten Schritte

- 12.-14. September: Informelles Treffen auf Ministerebene (Justiz und Inneres)

- 18. September: Erörterung der Mitteilung in der Kommission

- 25. September: erste Aussprache im Ausschuss der ständigen Vertreter

- 30. September: erste Aussprache im Rat Allgemeine Angelegenheiten

- 24.-25. Oktober: Europäischer Rat muss den Standpunkt der EU für das Gipfeltreffen EU-Russland genehmigen

- 25. Oktober -10. November: Gespräche mit der russischen Regierung

- 5. November: Geplante Troika EU/Russland (Justiz und Inneres)

- 11. November: Gipfeltreffen EU-Russland in Kopenhagen (gemeinsame Erklärung)

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