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Document 52000DC0746

Mitteilung der Kommission zur Einrichtung von Eurojust

/* KOM/2000/0746 endg. */

52000DC0746

Mitteilung der Kommission zur Einrichtung von Eurojust /* KOM/2000/0746 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION zur Einrichtung von Eurojust

1. Hintergrund

Eine intensivere justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen ist wesentlicher Bestandteil des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Die herkömmlichen Verfahren und Instrumente der Rechtshilfe genügen nicht mehr, um die grenzüberschreitende Kriminalität in einem Raum der Freizügigkeit wirkungsvoll zu bekämpfen. Die Europäische Union hat bereits erste Maßnahmen getroffen, um die immer noch langwierigen und umständlichen Verfahren zu vereinfachen und effizienter zu gestalten. So wurde ein Rahmen für den Austausch von Verbindungsrichtern/-staatsanwälten geschaffen, ein Verzeichnis bewährter Methoden aufgestellt und das Europäische Justitielle Netz eingerichtet. Diese Arbeiten müssen fortgesetzt werden, gleichzeitig ist jedoch eine zentrale Struktur zu schaffen, die die Anstrengungen der einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden in dem erforderlichen Maße koordiniert.

Daher hat der Europäische Rat von Tampere vereinbart, dass vor Ablauf des Jahres 2001 eine Stelle (Eurojust) eingerichtet werden soll, in der von den einzelnen Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer Rechtsordnung entsandte Staatsanwälte, Richter oder Polizeibeamte mit gleichwertigen Befugnissen vertreten sind. Zur wirkungsvolleren Bekämpfung der schweren organisierten Kriminalität soll diese Stelle eine sachgerechte Koordinierung der nationalen Staatsanwaltschaften erleichtern und die strafrechtlichen Ermittlungen in Fällen mit OK-Bezug - insbesondere auf der Grundlage von Europol-Analysen - unterstützen. Außerdem soll sie eng mit dem Europäischen Justitiellen Netz zusammenarbeiten, vor allem, um die Erledigung von Rechtshilfeersuchen zu vereinfachen.

Mehrere Mitgliedstaaten machten von ihrem Recht Gebrauch, gemäß Artikel 34 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union eine diesbezügliche Initiative einzubringen. Deutschland legte den Entwurf eines Rahmenbeschlusses des Rates vor. Der vorherige und der derzeitige Ratsvorsitz sowie die künftigen Ratsvorsitze (Portugal, Frankreich, Schweden und Belgien) sprachen sich für einen zweistufigen Ansatz mit zwei aufeinander folgenden Ratsbeschlüssen aus. Nach Ansicht der Kommission könnten diese Initiativen kombiniert werden. Im derzeitigen Stadium zieht sie es vor, gestützt auf die Initiativen im Rahmen einer Mitteilung Stellung zu beziehen und auf die Vorlage eines förmlichen Vorschlags zu verzichten. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt ein solcher Vorschlag ausgearbeitet wird.

2. Zuständigkeitsbereich

Die Kommission unterstützt das allgemeine Konzept beider Initiativen, dem zufolge Eurojust mit recht umfassenden Zuständigkeiten ausgestattet werden soll, die über den in den Schlussfolgerungen von Tampere als "schwere organisierte Kriminalität" bezeichneten Bereich hinausgehen. Dies wäre sinnvoll und stuende mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang, da die durch fünfzehn nationale Rechtsordnungen geregelte Strafverfolgung generell und nicht nur bei bestimmten Formen der Kriminalität einer Koordinierung bedarf.

Die Kommission spricht sich für einen Ansatz aus, der es Eurojust ermöglicht, sich mit sämtlichen "Straftaten von erheblicher Bedeutung" zu befassen, zu deren Verfolgung justitielle Rechtshilfe erforderlich sein kann. [1] Angesichts des horizontalen Auftrags von Tampere scheint es weder notwendig noch angebracht, in der Gründungsurkunde ausdrücklich alle Formen der Kriminalität aufzulisten, bei denen sich Eurojust einschalten sollte. Die Einbeziehung weiterer Straftaten in den Zuständigkeitsbereich dieser Stelle würde andernfalls einen neuen Ratsbeschluss erfordern. Falls die Mitgliedstaaten jedoch eine solche Liste für erforderlich halten, sollten darin zumindest sämtliche derzeit von Europol bekämpften Formen der Kriminalität sowie alle im Anhang des Europol-Übereinkommens aufgeführten Straftaten (Computerkriminalität, Produktfälschung und -piraterie, illegaler Handel und Straftaten gegen die Umwelt, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit usw.) aufgenommen werden.

[1] Siehe Artikel 2 der Initiative Deutschlands, ABl. C 206 vom 19.7.2000. Eine genauere Definition des Begriffs "Straftaten von erheblicher Bedeutung" bzw. schwere Straftaten wäre allerdings wünschenswert, damit fruchtlose Diskussionen über das Recht von Eurojust, sich mit bestimmten Fällen zu befassen, vermieden werden können.

Allerdings sollte die Tätigkeit von Eurojust vorrangig auf die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität in den Fällen ausgerichtet sein, in denen im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Europol-Übereinkommens tatsächliche Anhaltspunkte für eine kriminelle Organisationsstruktur vorliegen. Trotz des erforderlichen umfassenderen Auftrags werden die Kapazitäten und Ressourcen von Eurojust schwerpunktmäßig - wie vom Europäischen Rat hervorgehoben - im Bereich der organisierten Kriminalität eingesetzt werden müssen. Eurojust sollte zumindest in der Anfangsphase seiner Tätigkeit bestimmen, welche Bereiche besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Hierzu dürfte unter anderem die Bekämpfung der Fälschung des Euro gehören.

Bezüglich der Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften hat die Kommission in ihrer Mitteilung vom 28. Juni 2000 über eine Gesamtstrategie zur Betrugsbekämpfung angekündigt, dass bei OLAF eine unterstützende ,Plattform" geschaffen wird, die den Justizbehörden der Mitgliedstaaten Hilfe leisten soll. Insbesondere wird OLAF eine Abteilung zur Unterstützung im Justizbereich einrichten, die mit Fachleuten besetzt wird, welche über Erfahrungen als Richter und Staatsanwälte verfügen. Die Zuständigkeit der Kommission für derartige Maßnahmen wurde bereits in Art. 7 des zweiten Protokolls zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften angesprochen [2].

[2] ABl. C 221/11 vom 19.7.1997; vgl. auch den erläuternden Bericht, ABl. C 91 vom 31.3.1999.

Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der sich wechselseitig ergänzenden Funktion beider Stellen wird auf diesem Gebiet eine enge Zusammenarbeit von OLAF und Eurojust erforderlich sein, durch die sichergestellt wird, dass beide zu einer Verbesserung der Arbeit beitragen können.

Die Kommission möchte jedoch auch an ihre Stellungnahme zur Regierungskonferenz zur Einrichtung eines Europäischen Staatsanwalts für den speziellen Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften erinnern [3] Zweifelsohne würde das einen entscheidenden qualitativen Schritt in der Betrugsbekämpfung darstellen.

[3] Ergänzender Beitrag der Kommission zur Regierungskonferenz über die institutionellen Reformen - Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft: Das Amt eines europäischen Staatsanwalts, vom 29. September 2000, KOM (2000)608 endg.

3. Aufgaben und Befugnisse

3.1. Bisher erreichter Konsens

Bislang gab es unterschiedliche Vorstellungen darüber, welche Aufgaben und Befugnisse Eurojust übertragen werden sollten. Der gemeinsame Nenner der Standpunkte der Mitgliedstaaten beschränkt sich offensichtlich auf ein Mindestmaß an Tätigkeiten wie Bereitstellung von Informationen über einzelstaatliche Rechtsvorschriften, Aufbau einer Dokumentations-Datenbank, Herstellung von Kontakten zwischen einzelstaatlichen Ermittlungsbehörden, Übermittlung von Informationen über den Stand von Gerichtsverfahren oder über Urteile, Erfahrungsaustausch und bis zu einem gewissen Grad Rechtsberatung. Allerdings könnte das Europäische Justitielle Netz [4] diese Aufgaben ebenfalls weitgehend wahrnehmen.

[4] Errichtet durch die Gemeinsame Maßnahme vom 29. Juni 1998, ABl. L 191/4.

Den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere ist eindeutig zu entnehmen, dass die Einrichtung von Eurojust einen weiteren qualitativen Schritt zur Intensivierung der justitiellen Zusammenarbeit darstellen und die Tätigkeit dieser Stelle über die derzeitigen und künftigen Aufgaben des Europäischen Justitiellen Netzes hinausgehen sollte. Nicht nur aus diesem Grund sollten wir bestrebt sein, eine Einrichtung zu schaffen, durch die im Vergleich zu den bestehenden Instrumenten und Institutionen ein spürbarer zusätzlicher Nutzen erzielt wird.

Die Einrichtung eines zentralen "runden Tisches" für Verbindungsbeamte bzw. Verbindungsrichter und -staatsanwälte dürfte - im Vergleich zum Europäischen Justitiellen Netz in seiner derzeitigen Form - einen gewissen Mehrwert aufweisen. Trotz verbesserter technischer Kommunikationsmöglichkeiten können Mitglieder eines gemeinsam arbeitenden Teams leichter miteinander kommunizieren als dezentrale Kontaktstellen in den Mitgliedstaaten. Eine zentrale Stelle bietet zudem den Vorteil einer höheren Kosteneffizienz, erleichtert den Aufbau einer Sammlung relevanter Unterlagen und gewährleistet, dass jederzeit Sachverständige mit Fachkenntnissen im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit verfügbar sind. Diese Vorteile sind zwar beachtlich, aber ihr Mehrwert scheint immer noch recht begrenzt zu sein und dürfte nicht ausreichen, um die internationale organisierte Kriminalität wirkungsvoll zu bekämpfen.

3.2. Aufgaben und Befugnisse von Eurojust als kollektives Gremium

Eurojust könnte bei der praktischen Umsetzung der einschlägigen EU-Instrumente beratend tätig sein, zum Beispiel bei der Anwendung des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 29. Mai 2000. Hierbei ist zu betonen, dass Eurojust in keiner Weise einer Auslegung eines solchen Übereinkommens durch Gerichte, insbesondere durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, vorgreifen soll. Außerdem könnte die Stelle Informationen über internationale Übereinkommen bereitstellen [5].

[5] So könnte Eurojust - beispielsweise über eine Datenbank - Informationen über einzelstaatliche Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Übereinkommen sowie über Protokolle, Vorbehalte und die einschlägige Rechtsprechung bereitstellen.

Nach Auffassung der Kommission sollten die Aufgaben von Eurojust allerdings über die eines Dokumentations- und Informationszentrums, das auf abstrakter Ebene beratend tätig ist, hinausgehen. Die neue Stelle sollte an konkreten strafrechtlichen Ermittlungen beteiligt werden. Sie sollte aktiv zu einer effizienten Koordinierung einzelner Fälle beitragen können, insbesondere wenn unverzüglich grenzüberschreitende Maßnahmen getroffen und/oder solche Maßnahmen rechtlich abgesichert werden müssen. Dies betrifft zum Beispiel die Beweiskraft der Ermittlungsergebnisse bei förmlichen Anklagen und Gerichtsverfahren. Das bedeutet nicht unbedingt, dass Eurojust selbst als kollegiales Gremium die Befugnis haben sollte, Ermittlungen einzuleiten und durchzuführen oder gemeinsame Ermittlungsgruppen einzusetzen.

Ein beträchtlicher zusätzlicher Nutzen kann erzielt werden, wenn Eurojust an einzelnen Verfahren beteiligt wird und die Mitarbeiter dieser Stelle nicht nur ihr Fachwissen einbringen, sondern bei Bedarf möglicherweise verborgene Zusammenhänge zwischen Fällen und Ermittlungen, die auf nationaler Ebene oftmals nicht leicht zu erkennen sind, aufdecken. Aus diesem Grund und um wirksam zur Koordinierung einzelstaatlicher Maßnahmen beitragen zu können, sollte Eurojust in der Lage sein, auf Ersuchen einer nationalen Behörde oder auf eigene Initiative aktiv zwischen den einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden zu vermitteln. [6]

[6] Siehe das italienische Positionspapier, Ratsdokument Nr. 6412/00 CATS 15: "Voraussetzung für die Koordinierung ist das Sammeln von Anhaltspunkten, die auf einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen nationalen Ermittlungen hinweisen." Nach diesem Papier haben die nationalen Ermittlungsbehörden "regelmäßig und unverzüglich" Informationen und Daten über Straftaten an Eurojust weiterzuleiten.

Eurojust sollte Fachwissen bündeln, direkte persönliche Verbindungen zu den Kontaktstellen des Europäischen Justitiellen Netzes und erforderlichenfalls zu den zuständigen einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden herstellen. Die Beamten von Eurojust sollten auf eigene Initiative Ideen, Ratschläge und Hinweise mitteilen dürfen. Eurojust als Gremium sollte außerdem die Befugnis übertragen werden, gemeinsame Stellungnahmen und formelle Empfehlungen an die einzelstaatlichen Behörden zu richten. Gegenstand solcher Empfehlungen könnten insbesondere die Einsetzung gemeinsamer Ermittlungsgruppen, Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit, der Informationsaustausch zwischen den einzelstaatlichen Behörden einschließlich der Gewährung von Akteneinsicht, der Inhalt von Rechtshilfeersuchen oder deren Erledigung durch den ersuchten Mitgliedstaat sowie die Beweisaufnahme oder der Zeugenschutz sein. Jede einzelstaatliche Behörde, die einer Eurojust-Empfehlung nicht nachkommt, sollte gehalten sein, dieses Vorgehen innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu begründen. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass Eurojust Strafanzeige erstatten oder Informationen an einzelstaatliche Strafverfolgungsbehörden im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten weiterleiten kann und dass Eurojust eine begründete Antwort zu übermitteln ist, wenn die Strafverfolgungsbehörden in solchen Fällen keine strafrechtlichen Ermittlungen einleiten.

Eurojust kann nur wirksam zur Koordinierung von Strafverfolgungsmaßnahmen beitragen, wenn es hinreichend informiert wird. Die Stelle muss daher befugt sein, verbindliche Auskunftsersuchen an einzelstaatliche Strafverfolgungsbehörden zu richten, möglicherweise über das Europäische Justitielle Netz. Sie sollte Zugang zu den nationalen Verfahrens- und Strafregistern haben. Solange es noch kein Register auf europäischer Ebene gibt oder die nationalen Register nicht direkt zugänglich sind, sollten die Mitgliedstaaten diesen Zugang auf Anfrage gewähren. Gleichzeitig sollten sie dafür Sorge tragen, dass die einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden Eurojust bzw. ihren Eurojust-Delegierten auch ohne ausdrückliche Anfrage über den Stand wichtiger grenzüberschreitender Verfahren informieren. Ferner sollte Eurojust erforderlichenfalls Einsicht in Akten von Strafsachen gewährt werden, die einen Bezug zu zwei oder mehr Mitgliedstaaten aufweisen.

Diese Grundsätze sollten auch für die Zusammenarbeit mit Europol gelten. [7] Eurojust könnte dieses Amt durch Rechtsberatung unterstützen und ihm erforderlichenfalls gemeinsame Stellungnahmen und förmliche Empfehlungen übermitteln. In Anbetracht seines Fachwissens könnte Eurojust zudem die Organe der Union auf Anfrage über den praktischen Nutzen weiterer Initiativen im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit beraten. Um Interessenkonflikte zu vermeiden und sicherzustellen, dass Personal- und Sachmittel von Eurojust vorrangig für Koordinierungsaufgaben eingesetzt werden, sollte sich Eurojust aber auf justitielle Aspekte beschränken und nicht direkt an der administrativen, politischen oder legislativen Tätigkeit von Parlament, Rat und Kommission beteiligt sein.

[7] Siehe Abschnitt 4.6.

Im Übrigen könnte Eurojust auch Kontakte zu Strafverfolgungsbehörden in den beitrittswilligen Ländern herstellen. Es wäre von großem Nutzen, wenn Eurojust in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Justitiellen Netz und dessen Kontaktstellen einen Meinungs- und Informationsaustausch mit diesen Ländern und eventuell weiteren Drittländern sowie relevanten internationalen Organisationen über wichtige Ermittlungen, Verfahren und Rechtsdokumente (Muster für Rechtshilfeersuchen, Verordnungen und sonstige Vorschriften usw.) einleiten könnte. Ein solcher Informationsaustausch könnte beispielsweise im Rahmen gemeinsamer Sitzungen, über ständige Kommunikationskanäle oder über einen Sachverständigenaustausch stattfinden.

3.3. Individuelle Aufgaben und Befugnisse der nationalen Delegierten

Gemäß den bisherigen Initiativen soll sich Eurojust aus nationalen Mitgliedern, Delegierten oder Verbindungsbeamten zusammensetzen, die an die Rechtsvorschriften ihres Herkunftsmitgliedstaats gebunden sind. Die Mitgliedstaaten sollten für die Gehälter und Bezüge ihrer Delegierten aufkommen und diesen gegenüber Aufsichtsbefugnisse ausüben. Ein wesentlicher Vorteil dieses Konzepts besteht darin, dass die nationalen Beamten oder Richter weiterhin Befugnisse gemäß den einzelstaatlichen Strafrechtsvorschriften wahrnehmen könnten. Hiermit würde in vollem Umfang den Schlussfolgerungen von Tampere Rechnung getragen, denen zufolge sich Eurojust aus von den Mitgliedstaaten entsandten Richtern, Staatsanwälten oder Polizeibeamten zusammensetzen sollte.

In ihrem Positionspapier zu Eurojust [8] schlugen der vorherige und derzeitige Ratsvorsitz sowie die künftigen Ratsvorsitze vor, dass die Mitgliedstaaten ihren Eurojust-Delegierten solche individuellen Befugnisse im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften übertragen. Danach soll dem jeweiligen Mitgliedstaat überlassen bleiben, ob und welche individuellen Befugnisse er hinsichtlich seines Hoheitsgebiets seinem Delegierten überträgt. Beispielsweise würde es sich anbieten, dass Eurojust-Delegierte gemeinsame Ermittlungsgruppen leiten [9]. Sie könnten auch ermächtigt werden Rechtshilfeersuchen zu erstellen oder, wenn dies nach nationalem Recht nicht möglich ist, solchen Ersuchen zur Beschleunigung des Verfahrens ergänzende Informationen beizufügen. Wie andere nationale Richter oder Staatsanwälte könnten nationale Eurojust-Delegierte außerdem für das Hoheitsgebiet des Entsendestaats mit der Beweisaufnahme und der Einleitung sonstiger Schritte im Rahmen des Vorverfahrens betraut werden. Dies könnte vor allem in dringenden, keinen Aufschub duldenden Fällen von großem Nutzen sein.

[8] Ratsdokument Nr. 7384/00 CATS 21 EUROJUST 1.

[9] Siehe Artikel 13 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 29. Mai 2000, ABl. C 197/1.

Solche individuellen Befugnisse im Rahmen der nationalen Rechtsvorschriften sollten klar von den Aufgaben abgegrenzt werden, die Eurojust als kollektives Gremium wahrnimmt. Die Kommission befürwortet diesen Ansatz, der Eurojust zu einer starken und effizienten Einheit machen und gleichzeitig den Mitgliedstaaten ermöglichen würde, die Besonderheiten ihrer Strafrechtsvorschriften sowie ihre Verteilung der Befugnisse und Aufgaben beizubehalten. Allerdings müssten die Mitgliedstaaten diese Möglichkeit voll ausschöpfen, da sie nur dann optimal von Eurojust profitieren. Um eine operative Zusammenarbeit zu gewährleisten, sollten sie sich bei den individuellen Befugnissen ihrer Delegierten zumindest auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner einigen. Damit alle relevanten einzelstaatlichen Hoheitsgebiete abgedeckt sind, wäre es in Fällen, in denen rasches Handeln erforderlich ist - wenn zum Beispiel Bankguthaben gesperrt werden sollen - von großem Nutzen, wenn alle Eurojust-Delegierten von ihrem Entsendestaat die Befugnis erhielten, eine solche Maßnahme zu veranlassen oder bei dem zuständigen nationalen Richter einen entsprechenden Antrag zu stellen. Außerdem könnte die Koordinierungsarbeit mitunter beeinträchtigt oder künstlich beeinflusst werden, wenn die Befugnisse der nationalen Delegierten erheblich voneinander abweichen.

4. Struktur und Status

4.1. Status von Eurojust als Einrichtung der Union

Die Organisations- und Rechtsstruktur von Eurojust muss auf die Zuständigkeiten, Aufgaben und Befugnisse dieser Stelle abgestimmt werden. Einerseits müssen Struktur und Entscheidungsbildung möglichst klar und einfach sein, da Eurojust die Strafverfolgungsbehörden zügig und wirksam unterstützen soll. Andererseits bedarf es aber auch einer gewissen Verwaltungsstruktur.

Nach dem "gemeinsamen Nenner", auf den man sich bisher geeinigt hat, sollte Eurojust zumindest in Koordinierungsfragen Rechtsberatung leisten und Stellungnahmen abgeben. Während eine rechtliche Beratung zu nationalen Rechtsvorschriften eines einzigen Mitgliedstaats von einem Delegierten im Rahmen seiner nationalen Zuständigkeit erteilt werden könnte, ist bei Fragen, die die Rechtsvorschriften von mindestens zwei Mitgliedstaaten und/oder das internationale Recht betreffen, das Kollegialitätsprinzip anzuwenden. Für Stellungnahmen und Erklärungen auf der Grundlage dieses Prinzips bedarf es eines gemeinsamen Repräsentanten und einer Verwaltungsstruktur, damit effiziente und überschaubare Kommunikationskanäle zur "Außenwelt" hergestellt werden können.

Um ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Selbständigkeit zu gewährleisten und genaue Regeln für Vertretung, Beziehungen zu anderen Gremien und Haftung festlegen zu können, sollte eine Stelle auf Unionsebene eingerichtet werden. Dieser Stelle sollte eine Rechtspersönlichkeit zuerkannt werden, wie dies bereits bei Europol und anderen Ämtern oder Agenturen der Gemeinschaft der Fall ist. Alternative Lösungen wie die Einrichtung eines einfachen "runden Tisches" oder die Einsetzung eines Gremiums des Rates oder der Kommission würden unter Umständen weder den praktischen Anforderungen genügen, noch das Mindestmaß an Unabhängigkeit bzw. die Rechtssicherheit garantieren, die bei den an externe Adressaten gerichteten Eurojust-Stellungnahmen geboten erscheint. Aus denselben Gründen sollte Eurojust über einen gewissen finanziellen Handlungsspielraum verfügen, d. h. der Stelle sollten, nach den Grundsätzen von Artikel 41 Absatz 3 EUV, Haushaltsmittel zugewiesen werden [10]. Die Auswirkungen der Einrichtung von Eurojust auf den Gemeinschaftshaushalt müssten, entsprechend den Aufgaben die der Stelle letztlich übertragen werden, noch geprüft werden.

[10] Siehe auch Artikel 21 der Initiative Portugals, Frankreichs, Schwedens und Belgiens, ABl. C 243 vom 24.8.2000.

Die geeignete Rechtsgrundlage, um eine derartige Rechtspersönlichkeit zu schaffen, wäre ein Ratsbeschluss gemäß Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c EUV. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein solcher Beschluss nicht unmittelbar anwendbar wäre. Die Mitgliedstaaten müssten gegebenenfalls ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften anpassen, um die Bestimmungen des Beschlusses umzusetzen.

4.2. Die nationalen Delegierten und der Lenkungsausschuss

Wie in den bisherigen Initiativen vorgeschlagen, sollten die einzelnen Mitgliedstaaten einen Richter, Staatsanwalt oder Polizeibeamten zu Eurojust entsenden und dessen individuelle Befugnisse im Einklang mit den einzelstaatlichen Strafrechtsvorschriften festlegen (nationale Delegierte oder Mitglieder von Eurojust). Da einige Mitgliedstaaten über eine Vielzahl von Kontaktstellen innerhalb des Europäischen Justitiellen Netzes verfügen und eine Verbindung zu diesen Kontaktstellen hergestellt werden soll (siehe Abschnitt 4.5), scheint eine Begrenzung der Delegiertenzahl gerechtfertigt. Der Kommission ist bekannt, dass die justitiellen Aufgaben in einigen Mitgliedstaaten - insbesondere in denen mit einer föderalen Verfassung - dezentral wahrgenommen werden. Dennoch sollten diese Tätigkeiten auf Unionsebene weitgehend gestrafft werden.

Die nationalen Delegierten [11] aller Mitgliedstaaten müssen an sämtlichen Arbeitstagen erreichbar sein; bei Abwesenheit eines Delegierten ist zu gewährleisten, dass dieser von einer anderen Person vertreten wird. Die nationalen Delegierten sollten dauerhaft in der zentralen Eurojust-Stelle untergebracht sein, Zugang zu deren Datenbanken und Infrastruktur haben und an ihre Geschäftsordnung gebunden sein. Außerdem sollten sie Befugnisse nach dem nationalen Recht des Entsendestaats ausüben können und würden insoweit dem nationalen Recht unterliegen, das auch eine Aufsicht durch eine nationale Behörde oder ein nationales Gericht vorsehen könnte. Da es von größter Bedeutung ist, dass sie sich auf die justitiellen Aspekte ihrer Tätigkeit konzentrieren können, sollten sie weitgehend von Verwaltungsaufgaben entlastet werden [12].

[11] Ihr Status wäre einerseits mit dem der Verbindungsbeamten im Sinne von Artikel 5 des Europol-Übereinkommens (ABl. C 316/5 vom 27.11.1995) teilweise vergleichbar, andererseits würden sie auch Aufgaben wahrnehmen, die denen der Mitglieder des Europol-Verwaltungsrats ähneln (Artikel 28 des Europol-Übereinkommens).

[12] Siehe Abschnitt 4.3.

Auskunftsersuchen einzelstaatlicher Behörden oder Kontaktstellen könnten grundsätzlich auf zwei Ebenen behandelt werden. Sofern solche Ersuchen einzelstaatliche Rechtsvorschriften betreffen, sollten die nationalen Delegierten befugt sein, den Delegierten anderer Mitgliedstaaten direkt Auskünfte über nationale Strafrechtsvorschriften zu erteilen. Diese wiederum könnten die Informationen an die einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden weiterleiten. Auskunftsersuchen zu den Rechtsvorschriften eines bestimmten Mitgliedstaats können "bilateral" erledigt werden; in der Regel dürfte es nicht notwendig sein, sämtliche Delegierte hinzuzuziehen. [13] Selbst in Fällen, die mehr als zwei Mitgliedstaaten betreffen, könnten deren Delegierte ohne Abstimmung bzw. eine offizielle Sitzung aller Delegierten beschließen, Informationen über nationale Rechtsvorschriften auszutauschen. Damit wäre gewährleistet, dass Auskunftsersuchen so rasch wie möglich beantwortet werden können. Werden dagegen Informationen über internationale Rechtsvorschriften und Instrumente des "dritten Pfeilers" erbeten, sollten alle Delegierten hinzugezogen und gemeinsam eine Entscheidung getroffen werden.

[13] Allerdings könnten sich die Delegierten bei solchen Aufgaben der Verwaltungsstruktur von Eurojust bedienen. Es wird zu prüfen sein, ob ihnen persönliche Assistenten zur Seite gestellt werden und welchen Status solche Assistenten haben sollten (Eurojust-Personal, abgeordnete nationale Beamte und/oder nationale Sachverständige).

Auch über die Koordinierung grenzüberschreitender Strafverfolgung sollte gemeinsam entschieden werden, zumindest in Fällen, die eine größere Zahl von Mitgliedstaaten betreffen oder in denen sich zu Beginn noch nicht sagen lässt, welcher Mitgliedstaat beteiligt werden muss. [14] Jede formelle Empfehlung (zum Beispiel zur Einleitung von Ermittlungen) sollte ebenfalls auf der Grundlage des Kollegialitätsprinzips abgegeben werden. Im Hinblick auf die Anwendung dieses Prinzips sollten die Delegierten einen Lenkungs- (oder Strategie-)Ausschuss als zentrales Organ von Eurojust bilden. Diesem Ausschuss sollte im Einklang mit Artikel 36 Absatz 2 EUV auch ein Delegierter der Kommission als Vollmitglied angehören [15], der sich bei Bedarf vertreten lassen kann. Der Kommissionsvertreter wird insbesondere zu rechtlichen und technischen Aspekten seinen Rat einbringen können. Auf der Grundlage der von ihr gesammelten Erfahrungen und ihres Know-how im technischen, statistischen, rechtlichen oder operativen Bereich könnte die Kommission, und zwar insbesondere durch ihr Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) in seinem Zuständigkeitsbereich [16], Eurojust wertvolle Informationen im Bereich der Wirtschaftskriminalität zur Verfügung stellen, zumal kriminelle Strukturen nicht zwischen finanziellen Interessen der Gemeinschaft und sonstigen Interessen unterscheiden.

[14] So können z.B. beim Drogenhandel die Transportrouten und Kommunikationskanäle rasch geändert und auf andere Mitgliedstaaten verlagert werden.

[15] Der Rat für Justiz und Inneres hat sich auf seiner Sitzung am 28 September 2000 darauf geeinigt, die Kommission in vollem Umfang an den Arbeiten der vorläufigen Stelle zur justitiellen Zusammenarbeit zu beteiligen (s. Artikel 1 Abs. 5 des Ratsdokumentes 11344/2/00 EUROJUST 12).

[16] Siehe den Beschluss der Kommission vom 28.4.1999, ABl. L 136/20 vom 31.5.1999.

4.3. Direktor, stellvertretende Direktoren und Personal

Eurojust bedarf einer gewissen Infrastruktur für Dokumentation, EDV und Übersetzung. Des Weiteren muss eine Managementstruktur geschaffen werden, die die internen Regeln umsetzt und über Fragen der Verwaltung, Ressourcen, Haushaltsmittel und Personalpolitik entscheidet. Alle Verwaltungsaufgaben wie die Einrichtung eines Sekretariats, das die Sitzungen und Beschlüsse des Lenkungsausschusses vorbereitet, sollten von einem geschäftsführenden Direktor wahrgenommen werden, der außerdem für die Personalaufsicht und die Verwaltung der finanziellen und sonstigen Mittel, d. h. die Ausführung des Haushaltsplans [17], zuständig sein soll. Es könnte sinnvoll sein, zwei stellvertretende Direktoren vorzusehen.

[17] Die finanziellen Bestimmungen könnten analog zu denen der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht festgelegt werden; siehe Artikel 11 der Verordnung (EWG) Nr. 302/93 des Rates, ABl. L 036 vom 12.2.1993.

Es scheint nicht angemessen, diese Verwaltungsaufgaben einem der nationalen Delegierten zu übertragen. Dies gilt auch für die rechtliche Vertretung von Eurojust und für die Herausgabeund förmliche Übersendung gemeinsamer Eurojust-Erklärungen (Empfehlungen, Rechtsberatung, Sachverständigengutachten). Diese Aufgaben sollten ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich des Direktors fallen. Es sollte deutlich unterschieden werden zwischen gemeinsamen Eurojust-Stellungnahmen und individuellen Stellungnahmen, die nationale Delegierte in Ausübung ihrer Pflichten und Befugnisse nach nationalem Recht abgeben. In jedem Fall ist darauf hinzuweisen, ob eine Erklärung im Namen von Eurojust als kollektivem Gremium oder aufgrund der nationalen Befugnisse eines einzelnen Delegierten abgegeben wird. In dem sensiblen Bereich der Strafsachen sollten die nationale Ebene und die Unionsebene nicht vermengt, sondern deutlich voneinander abgegrenzt werden. Dies könnte nicht gewährleistet werden, wenn rechtliche Vertreter eines Organs auf Unionsebene hoheitliche Rechte nach Maßgabe einzelstaatlicher Rechtsvorschriften wahrnehmen oder wenn umgekehrt nationale Beamte eine juristische Person auf Unionsebene vertreten würden.

Aus diesen Gründen sollte der geschäftsführende Direktor nur an bestimmte Regeln auf Unionsebene gebunden sein. Maßgeblich sollte das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften sein, das auch für seine Stellvertreter und das Personal von Eurojust gelten sollte. Diese Personen sollten weder nationale Hoheitsrechte wahrnehmen noch einer einzelstaatlichen Aufsichtsbehörde unterstehen oder rechenschaftspflichtig sein.

4.4. Verfahrensregeln

Der Lenkungsausschuss müsste allen gemeinsamen Standpunkten, Stellungnahmen oder Empfehlungen zustimmen, die Eurojust als Gremium ausgearbeitet hat (im Unterschied zu den individuellen Stellungnahmen, die Eurojust-Delegierte eigenverantwortlich im Einklang mit dem nationalen Recht abgeben). Der geschäftsführende Direktor sollte sodann die betreffende Stellungnahme oder Erklärung ausfertigen und dem Adressaten übermitteln, bei dem es sich in der Regel um die zuständige einzelstaatliche Strafverfolgungsbehörde oder eventuell eine nationale Kontaktstelle des Europäischen Justitiellen Netzes handelt.

Die Abstimmung im Ausschuss sollte grundsätzlich nach dem Mehrheitsprinzip erfolgen. Dies ist insofern gerechtfertigt, als Eurojust nur Empfehlungen abgeben, aber nicht über operative Befugnisse verfügen würde und nicht ermächtigt wäre, einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden Anordnungen zu erteilen. Gegenstimmen könnten auf Wunsch in einem Anhang zu der Stellungnahme oder Empfehlung vermerkt werden. Es sollte die Möglichkeit der Stimmenthaltung geben, insbesondere um unnötige Arbeiten oder Verzögerungen durch Beteiligung von Delegierten aus Mitgliedstaaten zu vermeiden, die ein bestimmter Fall oder eine rechtliche Frage nicht unmittelbar betrifft. Die Einzelheiten wären in der Geschäftsordnung zu regeln, die vom Direktor und vom Ausschuss gemeinsam angenommen wird. Um die Delegierten von organisatorischen Arbeiten zu entlasten, könnte erörtert werden, ob laut Geschäftsordnung der Direktor mit der Aufstellung der Tagesordnung, dem Vorsitz bei offiziellen Ausschusssitzungen und der Bestimmung von Berichterstattern betraut werden soll oder ob diese Aufgaben einem den Vorsitz führenden Delegierten übertragen werden.

Außerdem sind genaue Regeln und Vorschriften über die Vertretung nach außen, Verarbeitung personenbezogener Daten und vertrauliche Behandlung von Unterlagen [18] sowie die Haftung bzw. die Immunität aufzustellen. Hierbei können weitgehend die entsprechenden Vorschriften anderer Ämter oder Agenturen der Union übernommen werden. Weitere Einzelheiten könnten ebenso wie das allgemeine Verfahren für die Bearbeitung vorgelegter Fragen und Anträge auf Tätigwerden in der Geschäftsordnung festgelegt werden. Damit die einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden leichten Zugang zu Eurojust haben, sollte ihnen Gelegenheit gegeben werden, sich mit Fragen direkt an die Delegierten zu wenden. Um jedoch Doppelarbeit oder eine Arbeitsüberlastung von Eurojust zu vermeiden, sollten die Fragen vorzugsweise über die nationalen Kontaktstellen des Europäischen Justitiellen Netzes übermittelt werden.

[18] Die Aspekte des Datenschutzes, die sich aus den vorgeschlagenen Tätigkeiten von Eurojust ergeben (Datenverarbeitung, Datenaustausch, Zusammenarbeit mit Europol und Zugang zu dessen Datenbasis) sind angemessen zu berücksichtigen.

Im Übrigen könnten sich die internen Regeln auch auf Fragen wie Personalausstattung und Mitteleinsatz erstrecken. Wenn beispielsweise ein Eurojust-Delegierter - unter Umständen als Mitglied einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe - nationale Befugnisse ausüben darf, ist zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er hierzu im Rahmen des Budgets von Eurojust auf die personellen und finanziellen Ressourcen dieser Stelle zurückgreifen kann oder ob die Mitgliedstaaten für diese Tätigkeit eine zusätzliche Infrastruktur bereitstellen müssen. Grundsätzlich erscheint die erste Lösung sinnvoller.

4.5. Integration des Europäischen Justitiellen Netzes

Für eine wirksame justitielle Zusammenarbeit ist eine direkte Verbindung zwischen den Eurojust-Delegierten und dem Europäischen Justitiellen Netz von großer Bedeutung. Das Europäische Justitielle Netz und Eurojust haben zwar unterschiedliche Aufgaben, Merkmale und Kompetenzen [19], ergänzen sich jedoch und sollten effizient zusammenarbeiten. Etwaige Konkurrenzsituationen und Kompetenzstreitigkeiten sowie überfluessige Doppelarbeit sind möglichst zu vermeiden. Zu gewährleisten ist, dass beide Einrichtungen ihre Ressourcen und Tätigkeiten straffen und optimal einsetzen. Ein zu hohes Maß an Bürokratie durch die Schaffung mehrerer Einrichtungen mit sich überschneidenden Aufgaben muss vermieden werden.

[19] Siehe das Dokument, das die belgische Delegation zu diesem Thema vorgelegt hat (Ratsdokument Nr. 11209/00 EUROJUST 11).

Die nationalen Richter, Staatsanwälte und Polizei- oder Zollbeamten sowie Europol und die einschlägigen EU-Organe müssen einen möglichst leichten, transparenten Zugang zu den Kontaktstellen des Europäischen Justitiellen Netzes und zu Eurojust als zentraler Stelle haben. Die Kontaktstellen des Europäischen Justitiellen Netzes in den Mitgliedstaaten sollten weiterhin die wichtigste Anlaufstelle für nationale Richter und Staatsanwälte sein, während die Kontaktstellen und die einschlägigen Gremien und Einrichtungen auf Unionsebene (insbesondere Europol oder Kommissionsstellen wie OLAF) unmittelbar mit Eurojust zusammenarbeiten würden. Wie bereits erwähnt, sollte es den nationalen Richtern oder Justizbeamten jedoch in bestimmten Fällen ebenfalls gestattet sein, Eurojust direkt zu kontaktieren; dies gilt vor allem für Fälle, die mehr als zwei Mitgliedstaaten betreffen.

Daher erscheint es angebracht, die Tätigkeiten beider Einrichtungen der justitiellen Zusammenarbeit zu koordinieren und miteinander zu verknüpfen. Eurojust und insbesondere der Lenkungsausschuss sollten zudem als eine Art Zentralstelle des Europäischen Justitiellen Netzes fungieren. Der Begriff "Zentralstelle" ist hier nicht im Sinne einer Aufsichtsbehörde für die nationalen Kontaktstellen zu verstehen, sondern als Hauptanlaufstelle, die mit den einzelstaatlichen Kontaktstellen dieses Netzes zusammenarbeitet. Eurojust sollte in das Telekommunikationsnetz des Europäischen Justitiellen Netzes integriert werden, sodass die nationalen Kontaktstellen eine enge Verbindung zu den nationalen Eurojust-Delegierten aufrechterhalten können.

Es scheint angezeigt, entsprechende Bestimmungen für das Europäische Justitielle Netz in den Beschluss zur Einrichtung von Eurojust aufzunehmen oder den Rechtsakt zur Einrichtung des Europäischen Justitiellen Netzes in einen Ratsbeschluss umzuwandeln sowie auf längerfristiger Basis angemessene Sekretariats- und Haushaltsmittel für das Justitielle Netz bereitzustellen. Es wird zu prüfen sein, inwieweit das Eurojust-Personal die Tätigkeiten des Europäischen Justitiellen Netzes unterstützen kann und ob dessen Bedarf durch den Haushalt von Eurojust abgedeckt werden kann.

4.6. Beziehung zu Europol

Nicht zuletzt muss sichergestellt werden, dass Eurojust intensiv und effizient mit Europol zusammenarbeitet. Eurojust kann gewissermaßen als justitielles Pendant zu Europol betrachtet werden. Der Begriff "Pendant" beinhaltet keine justitielle Aufsicht über Europol, sondern besagt, dass dessen Tätigkeit durch eine Koordinierung der Strafverfolgung unterstützt und ergänzt werden muss. [20] Europol benötigt unter Umständen nicht nur Rechtsberatung in bestimmten justitiellen Fragen; die Tätigkeit dieses Amtes muss außerdem durch Koordinierung der einschlägigen Maßnahmen einzelstaatlicher Strafverfolgungsbehörden abgestützt werden. Eurojust dagegen wird auf die von Europol gesammelten und bereitgestellten Daten zurückgreifen müssen, um seinen Koordinierungsaufgaben nachkommen zu können.

[20] Wie bereits erläutert, sollte das Betätigungsfeld von Eurojust nicht auf die Formen der Kriminalität beschränkt werden, mit denen sich derzeit Europol befasst.

Beide Stellen müssen daher eng zusammenarbeiten und dauerhafte, direkte Kontakte herstellen. Eurojust sollte im Rahmen geeigneter Datenschutz- und Geheimhaltungsvorschriften uneingeschränkt Zugang zu den Datenbanken von Europol erhalten. Im Gegenzug könnte Eurojust in bestimmten Fällen Europol gewisse Daten zur Verfügung stellen. Außerdem könnten beide Stellen Informationen und Meinungen zu nationalen, internationalen und supranationalen Rechtsvorschriften austauschen. Ferner könnte es sinnvoll sein, Verbindungsbeamte auszutauschen und/oder Grundsätze für die tägliche Zusammenarbeit festzulegen. Gegebenenfalls sollten Vertreter von Europol zu Sitzungen des Lenkungsausschusses von Eurojust und umgekehrt Vertreter von Eurojust zu Sitzungen des Europol-Verwaltungsrats eingeladen werden.

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