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Document 32008H0390

Empfehlung des Rates vom 14. Mai 2008 zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft (2008—2010)

OJ L 137, 27.5.2008, p. 13–24 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/reco/2008/390/oj

27.5.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 137/13


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Mai 2008

zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft (2008—2010)

(2008/390/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 99 Absatz 2,

auf Empfehlung der Kommission,

in Anbetracht der Beratungsergebnisse des Europäischen Rates vom 13. und 14. März 2008,

in der Erwägung, dass das Europäische Parlament eine Entschließung zur Empfehlung der Kommission angenommen hat —

EMPFIEHLT:

ABSCHNITT A

MAKROÖKONOMISCHE POLITIK FÜR WACHSTUM UND BESCHÄFTIGUNG

A.1.   Auswirkung der makroökonomischen Politik auf Wachstum und Beschäftigung

Sicherung wirtschaftlicher Stabilität, um das Beschäftigungsniveau anzuheben und das Wachstumspotenzial zu steigern

Eine solide makroökonomische Politik und Strukturreformen auf den Produkt-, Arbeits- und Kapitalmärkten sind eine wesentliche Voraussetzung für ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum und die volle Ausschöpfung des Wachstumspotenzials. Die Geldpolitik kann einen Beitrag leisten, indem sie die Preisstabilität unterstützt und dessen unbeschadet andere wirtschaftspolitische Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung untermauert. Für die neuen Mitgliedstaaten wird es wichtig sein, dass die Geld- und Wechselkurspolitik auf Konvergenz abzielt. Das Wechselkursregime ist ein wichtiger Bestandteil des wirtschafts- und währungspolitischen Gesamtrahmens und sollte auf die Erreichung realer und dauerhafter nominaler Konvergenz ausgerichtet sein. Die Teilnahme am WKM II zu einem geeigneten Zeitpunkt nach dem Beitritt dürfte diese Bemühungen unterstützen.

Eine solide Haushaltslage ist Voraussetzung dafür, dass die automatischen Haushaltsstabilisatoren im gesamten Verlauf uneingeschränkt und symmetrisch wirksam werden und damit bewirken, dass sich der Output in etwa auf dem Niveau der Potenzialrate stabilisiert. Für die Mitgliedstaaten, die bereits eine solide Haushaltslage erreicht haben, besteht die Herausforderung darin, diese Position zu konsolidieren. Für die übrigen Mitgliedstaaten ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie alle erforderlichen Korrekturmaßnahmen treffen, um ihre mittelfristigen haushaltspolitischen Ziele zu realisieren, besonders bei Verbesserung der Wirtschaftslage. Auf diese Weise vermeiden sie prozyklische Maßnahmen und schaffen für sich die Bedingungen, unter denen vor dem nächsten Konjunkturabschwung ausreichend Raum für die Entfaltung der vollen Wirkung der automatischen Stabilisatoren bleibt. Nach dem Bericht über die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts, der vom Europäischen Rat am 22. März 2005 gebilligt wurde, sollten insbesondere die Mitgliedstaaten des Eurogebiets und des WKM II, die ihre mittelfristigen haushaltspolitischen Ziele noch nicht erreicht haben, eine jährliche Anpassung vornehmen, für die ein ohne einmalige und befristete Maßnahmen berechneter konjunkturbereinigter Wert von 0,5 % des BIP als Orientierungsgröße gilt.

Die jeweiligen mittelfristigen Ziele für die einzelnen Mitgliedstaaten sind differenziert gestaltet, um den unterschiedlichen wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Positionen und Entwicklungen Rechnung zu tragen. Im Einklang mit der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts von 2005 werden die mittelfristigen Ziele überarbeitet, um der durch die Bevölkerungsalterung bedingten finanziellen Belastung besser Rechnung zu tragen. Im Einklang mit der Reform von 2005 kann es außerdem zur Ergänzung des Pakts und zur Förderung seiner Ziele sinnvoll sein, einzelstaatliche haushaltspolitische Vorschriften und Institutionen, einschließlich Kontrollmechanismen, einzuführen oder zu stärken.

Eine weitere makroökonomische Herausforderung besteht für einige Mitgliedstaaten darin, dass sie große Anstrengungen unternehmen müssen, um rasch zu den anderen aufzuschließen, was in unterschiedlichem Maß mit Zahlungsbilanzdefiziten, rascher Kreditexpansion und Vertiefung der Finanzmärkte einhergeht. Eine restriktive Finanzpolitik, eine effektive Finanzaufsicht und die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit sind unerlässlich, um binnen- und außenwirtschaftliche Ungleichgewichte in Grenzen zu halten. Ein vorsichtiger finanzpolitischer Kurs spielt eine wichtige Rolle, um das Zahlungsbilanzdefizit in einem Rahmen zu halten, der eine gesicherte Auslandsfinanzierung ermöglicht. Eine restriktive Finanzpolitik trägt nicht nur zu einer soliden Haushaltslage bei, sondern kann auch das Risiko, dass eine lebhafte Binnennachfrage eine auf Dauer höhere Inflation zur Folge haben könnte, ebenso begrenzen wie das Auftreten von Finanzrisiken auf makroökonomischer Ebene, die Schwankungen bei den realen Wechselkursen und einen anhaltenden Verlust an Wettbewerbsfähigkeit bewirken könnten. Strukturreformen und eine angemessene Koordinierung der Politiken spielen eine entscheidende Rolle dabei, dass die Volkswirtschaften möglichen nachteiligen weltwirtschaftlichen Entwicklungen besser Stand halten können.

Leitlinie 1. Sicherung wirtschaftlicher Stabilität im Hinblick auf nachhaltiges Wachstum

1.

Im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt sollten die Mitgliedstaaten ihre mittelfristigen Haushaltsziele einhalten. Solange der Haushalt noch nicht konsolidiert ist, sollten sie alle erforderlichen Korrekturmaßnahmen treffen. Dabei sollten sie eine prozyklische Finanzpolitik vermeiden. Mitgliedstaaten, in denen ein übermäßiges Defizit besteht, müssen wirksame Maßnahmen zu dessen Korrektur ergreifen.

2.

Mitgliedstaaten mit nicht nachhaltigen Leistungsbilanzdefiziten sollten diese Situation durch Strukturreformen zur Steigerung der externen Wettbewerbsfähigkeit und gegebenenfalls durch finanzpolitische Maßnahmen korrigieren. Siehe auch integrierte Leitlinie „Dynamik und Funktionieren der WWU verbessern“ (Nr. 6).

Gewährleistung von wirtschaftlicher und finanzieller Nachhaltigkeit als Grundlage für mehr Arbeitsplätze

Ohne eine Änderung der Politiken und der Verhaltensweisen im weiteren Sinne stellt die Alterung der europäischen Bevölkerung eine ernsthafte Bedrohung für die langfristige Tragfähigkeit der Wirtschaft der Europäischen Union dar, bedingt durch den geringeren Anstieg des Pro-Kopf-Produktionspotenzials aufgrund des Rückgangs des Anteils der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und der zunehmenden Ausgaben für Renten, Sozialversicherung, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege. Werden diese Fragen nicht rechtzeitig angegangen, so werden diese möglichen Entwicklungen zu einem erheblichen Anstieg der Schuldenlast führen. Wie im Nachhaltigkeitsbericht der Kommission dargelegt, besteht in mehreren Mitgliedstaaten ein hohes, in anderen ein mittleres Tragfähigkeitsrisiko.

Die Mitgliedstaaten sollten sich auf der Grundlage der fest etablierten dreigleisigen Strategie zur Bewältigung der haushaltspolitischen Folgen der Bevölkerungsalterung mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Bevölkerungsalterung befassen. Hierzu gehören Reformen der Renten- und Gesundheitssysteme ebenso wie eine geeignete Kombination von Politiken, mit denen der Schuldenabbau in zufrieden stellendem Tempo vorangebracht wird, auch durch die Erreichung der mittelfristigen Ziele, und Anreize zur Erhöhung der Beschäftigungsquoten und des Arbeitskräfteangebots geschaffen werden, um die Folgen des künftigen Rückgangs der Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter auszugleichen. Wichtig ist auch, die sozialen Sicherungssysteme so zu modernisieren, dass sie finanziell nachhaltig sind und Anreize für die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter schaffen, aktiv am Arbeitsmarkt teilzunehmen, und dass gleichzeitig dazu beigetragen wird, dass die Systeme den Anforderungen in Bezug auf Zugang und Angemessenheit genügen. Eine bessere Wechselwirkung zwischen den sozialen Sicherungssystemen und den Arbeitsmärkten kann Verzerrungen beseitigen und eine Verlängerung des Arbeitslebens in Anbetracht der höheren Lebenserwartung fördern. Gesundheitsförderungspolitiken, darunter die Gesundheitsvorsorge, könnten dazu beitragen, dass die bei guter Gesundheit verbrachte Lebenszeit verlängert wird, und könnten so die Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme sichern.

Leitlinie 2. Gewährleistung von wirtschaftlicher und finanzieller Nachhaltigkeit als Grundlage für mehr Arbeitsplätze

Angesichts der prognostizierten Kosten der Bevölkerungsalterung sollten die Mitgliedstaaten

1.

durch ein ausreichendes Tempo des Staatsschuldenabbaus die öffentlichen Finanzen stärken;

2.

die Renten-, Sozialversicherungs- und Gesundheitssysteme so reformieren und stärken, dass sie finanziell tragfähig und dabei sozial angemessen und zugänglich sind;

3.

Maßnahmen ergreifen, um die Beschäftigungsquoten und das Arbeitskräfteangebot insbesondere bei Frauen, jungen und älteren Arbeitnehmern zu erhöhen, und einen lebenszyklusorientierten Ansatz für das Arbeitsleben fördern, um die beruflich geleistete Arbeitszeit zu erhöhen.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Einen lebenszyklusorientierten Ansatz in der Beschäftigungspolitik fördern“ (Nr. 18 sowie Nrn. 4, 19, 21).

Förderung einer effizienten, auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichteten Ressourcenallokation

Das Steuer- und Ausgabensystem muss einen effizienten Ressourceneinsatz fördern, damit der öffentliche Sektor seinen vollen Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung leisten kann. Dies lässt sich durch eine Umschichtung der Mittel zugunsten wachstumsfördernder Faktoren wie Forschung und Entwicklung (FuE), physische Infrastruktur, umweltfreundliche Technologien, Humankapital und Wissen bewirken, ohne dass die Ziele der wirtschaftlichen Stabilität und der Nachhaltigkeit gefährdet würden. Die öffentlichen Mittel müssen so effizient und effektiv wie möglich eingesetzt werden. Durch angemessene Haushaltsinstitutionen und Finanzrahmen, wie den Erlass von Ausgabenvorschriften und Performance Budgeting, die den Schwerpunkt weg von den Ausgaben hin zu den tatsächlichen Ergebnissen verlagern, und durch Mechanismen, die eine optimale Ausgestaltung von individuellen Reformmaßnahmen und Reformpaketen gewährleisten, können die Mitgliedstaaten einen Beitrag zur Kontrolle der Ausgabenposten leisten. Die Hauptprioritäten für die Wirtschaft der EU bestehen darin, sicherzustellen, dass durch die Steuerstrukturen und deren Wechselwirkungen mit den Leistungssystemen die Arbeits- und Investitionsanreize verstärkt werden, durch mehr Beschäftigung und umfangreichere Investitionen ein stärkeres Wachstum zu fördern und die Effizienz und die Wirksamkeit der Ausgaben zu steigern, so dass sich die Qualität der öffentlichen Finanzen verbessert.

Leitlinie 3. Förderung einer effizienten, auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichteten Ressourcenallokation

Unbeschadet der Leitlinien zur wirtschaftlichen Stabilität und Tragfähigkeit sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit der Lissabon-Strategie die öffentlichen Ausgaben zugunsten wachstumsfördernder Bereiche umschichten, durch eine Anpassung der Steuerstrukturen das Wachstumspotenzial stärken und durch geeignete Mechanismen gewährleisten, dass die öffentlichen Ausgaben mit den politischen Zielvorgaben in Einklang stehen und die Reformpakete in sich kohärent sind.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Eine nachhaltige Ressourcennutzung begünstigen und die Synergien zwischen Umweltschutz und Wachstum stärken“ (Nr. 11).

Gewährleistung eines Beitrags der Lohnentwicklung zu Wachstum und Stabilität sowie zur Ergänzung der Strukturreformen

Die Lohnentwicklung kann sich auf die makroökonomischen Bedingungen stabilisierend auswirken und zu einem beschäftigungsfreundlichen Policy-Mix beitragen. Voraussetzung hierfür ist, dass die realen Lohnerhöhungen mit dem mittelfristigen Produktivitätswachstumstrend in Einklang stehen und eine Kapitalwertrate ergeben, die produktivitäts-, kapazitäts- und beschäftigungsfördernde Investitionen zulässt. Dabei muss garantiert sein, dass vorübergehend wirksame Faktoren, wie etwa Produktivitätsschwankungen im Zuge einer Konjunkturbelebung oder einmalige Anstiege der Gesamtinflation, nicht zu unnachhaltigen Lohnsteigerungen führen und dass die Lohnentwicklung die lokalen Arbeitsmarktbedingungen widerspiegelt. In Ländern, deren Marktanteile rückläufig sind, sind Lohnzurückhaltung in Verbindung mit Reformen zur Produktivitätssteigerung notwendig, um sicherzustellen, dass die Lohnstückkosten angepasst und diese Länder wieder wettbewerbsfähig werden. Diese Probleme müssen bei einem kontinuierlichen Meinungs- und Informationsaustausch zwischen den Geld- und Finanzbehörden und den Sozialpartnern über den makroökonomischen Dialog berücksichtigt werden.

Leitlinie 4. Gewährleistung eines Beitrags der Lohnentwicklung zur makroökonomischen Stabilität und zum Wachstum — Zu diesem Zweck und zur Erhöhung der Anpassungsfähigkeit sollten die Mitgliedstaaten unter voller Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner die richtigen Rahmenbedingungen für Tarifverhandlungssysteme schaffen und so anstreben, dass Erhöhungen der nominalen Löhne und der Arbeitskosten mit der Preisstabilität und der mittelfristigen Produktivitätsentwicklung in Einklang stehen, wobei den Unterschieden bei den Qualifikationsniveaus und den lokalen Arbeitsmarktbedingungen Rechnung zu tragen ist.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Die Entwicklung der Arbeitskosten und die Tarifverhandlungssysteme beschäftigungsfreundlicher gestalten“ (Nr. 22).

Förderung größerer Kohärenz zwischen makroökonomischer Politik, Strukturpolitik und Beschäftigungspolitik

Die Funktion einer soliden makroökonomischen Politik besteht darin, gute Voraussetzungen für mehr Beschäftigung und Wachstum zu schaffen. Strukturreformen im Verbund mit einer kurz- und mittelfristig soliden Haushaltslage sind unbedingt erforderlich, um Produktivität und Beschäftigung mittelfristig zu erhöhen und so das Wachstumspotenzial voll auszuschöpfen und zu steigern. Sie erhöhen die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, die makroökonomische Stabilität und die Schockresistenz. Zugleich bedarf es einer geeigneten makroökonomischen Politik, damit die Strukturreformen ihre wachstums- und beschäftigungsfördernde Wirkung voll entfalten können. Die Mitgliedstaaten sollten ihre gesamtwirtschaftliche Strategie so gestalten, dass kohärente strukturpolitische Maßnahmen die makroökonomischen Rahmenbedingungen stützen und umgekehrt. Insbesondere gilt es, die Anpassungsfähigkeit der Volkswirtschaften über Marktreformen und Investitionen in Humankapital zu verbessern, damit sie wirkungsvoller auf Konjunkturschwankungen und längerfristige Trends wie Globalisierung und technologischen Wandel reagieren können. Reformen bei den Steuer- und Sozialleistungssystemen spielen hier eine wichtige Rolle, damit Arbeit sich lohnt und die Negativanreize für die Teilnahme am Arbeitsmarkt so gering wie möglich werden.

Leitlinie 5. Förderung größerer Kohärenz zwischen makroökonomischer Politik, Strukturpolitik und Beschäftigungspolitik

Die Mitgliedstaaten sollten Reformen der Arbeits- und Produktmärkte durchführen, die zugleich das Wachstumspotenzial fördern und die makroökonomischen Rahmenbedingungen durch mehr Flexibilität, Mobilität und Anpassungsfähigkeit dieser Märkte stützen, um auf Globalisierung, technologischen Fortschritt, Nachfrageverschiebungen und Konjunkturschwankungen reagieren zu können. Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere die Reform der Steuer- und Sozialleistungssysteme neu anstoßen, damit größere Anreize geboten werden und dafür gesorgt wird, dass Arbeit sich lohnt, die Anpassungsfähigkeit der Arbeitsmärkte erhöhen und dabei Flexibilität mit Sicherheit verbinden sowie die Beschäftigungsfähigkeit durch Investitionen in Humankapital verbessern.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Unter gebührender Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner Flexibilität und Beschäftigungssicherheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern“ (Nr. 21 sowie Nr. 19).

A.2.   Verbesserung von Dynamik und Funktionieren des Eurogebiets

Seit der Einführung des Euro vor fast zehn Jahren sind vier weitere Länder dem Eurogebiet beigetreten. Der Euro hat dazu beigetragen, dass in den Ländern des Eurogebiets wirtschaftliche Stabilität eingekehrt ist, in diesen Ländern daher günstige Finanzierungsbedingungen herrschen und die Auswirkungen von Wechselkursschwankungen weniger spürbar sind. Das verhaltene Wachstum in einigen Teilen des Eurogebiets und die noch immer bestehenden Unterschiede bei Wachstum und Inflation zwischen den Ländern des Eurogebiets werfen die Frage auf, ob die interne Anpassung im Eurogebiet vollzogen ist; Wirtschaftspolitik und Governance-Strukturen sind unter Umständen noch nicht vollständig angepasst, um aus der Währungsunion den vollen Nutzen zu ziehen. Da die Länder des Eurogebiets keine eigenständige Geld- und Wechselkurspolitik mehr betreiben können, sind weitere Strukturreformen eine Voraussetzung, um die problemlose Abfederung von wirtschaftlichen Erschütterungen zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen, womit das Wirtschaftswachstum auf eine solide, nachhaltige Grundlage gestellt wird.

Der Policy-Mix muss im Eurogebiet zur konjunkturellen Erholung beitragen, zugleich aber auch die langfristige Tragfähigkeit und Stabilität sichern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es wichtig, dass der Policy-Mix das Verbraucher- und Investorenvertrauen stützt, was bedeutet, dass an der mittelfristigen Stabilität festgehalten werden muss. Die Haushaltspolitik muss einerseits eine Haushaltslage sicherstellen, die imstande ist, die Preisstabilität zu stützen, und die mit der notwendigen Vorbereitung auf die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung vereinbar ist, und andererseits eine Struktur der öffentlichen Ausgaben und Einnahmen erreichen, die das Wirtschaftswachstum fördert. Im April 2007 stellte die Eurogruppe einvernehmlich fest, dass die meisten Mitgliedstaaten des Eurogebiets bei Nutzung der günstigen Konjunkturbedingungen ihre mittelfristigen Ziele 2008 oder 2009 erreichen würden und dass alle Staaten dies spätestens für 2010 anstreben sollten. Da der öffentliche Sektor in hohem Maß an der Wirtschaftstätigkeit im Eurogebiet beteiligt ist, hat die Qualität der öffentlichen Finanzen einen beträchtlichen Einfluss auf die Wirtschaftsleistung. Es ist ferner von entscheidender Bedeutung, dass die Mittel so effizient und effektiv wie möglich mit dem Ziel eingesetzt werden, das Wachstumspotenzial zu vergrößern und die Verzerrungen, die sich aus der Finanzierung von Tätigkeiten der öffentlichen Hand ergeben, auf ein Mindestmaß zu beschränken. Umfassende Strukturreformen werden es dem Eurogebiet ermöglichen, sein Wachstumspotenzial mit der Zeit zu steigern, und sicherstellen, dass ein stärkeres Wachstum nicht gleichzeitig eine höhere Inflation impliziert. Reformen, die auf anpassungsfähigere, integrative Arbeitsmärkte, mehr Wettbewerb auf den Produktmärkten und eine tiefere Integration der Finanzmärkte gerichtet sind und auf einer wachstums- und stabilitätsorientierten makroökonomischen Politik gründen, sind für die Mitgliedstaaten des Eurogebiets von besonderer Bedeutung, da sie deren Fähigkeit, wirtschaftliche Erschütterungen abzufedern, erheblich beeinflussen.

Zur internationalen wirtschaftlichen Stabilität beitragen und die eigenen wirtschaftlichen Interessen besser vertreten kann das Eurogebiet nur, wenn es bei der internationalen währungs- und wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit die ihm gebührende Rolle in vollem Umfang wahrnimmt. Die Ernennung eines Präsidenten, der der Eurogruppe seit 2005 für einen Zeitraum von zwei Jahren vorsteht, hat zwar für die Vertretung des Eurogebiets nach außen eine größere Stabilität bewirkt, jedoch sollte diese Außenvertretung im Einklang mit den bestehenden Vereinbarungen weiter verbessert werden, damit das Eurogebiet bei der Entwicklung des Weltwirtschaftssystems eine seinem wirtschaftlichen Gewicht entsprechende führende Rolle übernehmen kann.

Im Eurogebiet, wo Spillover-Effekte besonders stark ausgeprägt sind, zeigt sich die Notwendigkeit einer gemeinsamen Agenda am deutlichsten. Eine gemeinsame Währung und eine gemeinsame Währungspolitik verleihen der Koordinierung eine zusätzliche Dimension, die die Bedeutung des Eurogebiets für die Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen in der EU insgesamt stärken könnte.

Leitlinie 6. Verbesserung von Dynamik und Funktionieren der WWU — Die Mitgliedstaaten des Eurogebiets müssen eine bessere Koordinierung ihrer Wirtschafts- und Haushaltspolitik sicherstellen und insbesondere

1.

darauf achten, dass ihre öffentlichen Finanzen im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt finanzpolitisch tragfähig sind;

2.

zu einem Policy-Mix beitragen, der den wirtschaftlichen Aufschwung fördert und mit Preisstabilität vereinbar ist und somit das Vertrauen der Unternehmen und Verbraucher kurzfristig stärkt, aber auch mit einem langfristig nachhaltigen Wachstum vereinbar ist;

3.

Strukturreformen vorantreiben, die das langfristige Wachstumspotenzial des Eurogebiets stärken und dessen Produktivität, dessen Wettbewerbsfähigkeit und dessen Fähigkeit zur wirtschaftlichen Anpassung bei asymmetrischen Schocks verbessern, und dabei besonders der Beschäftigungspolitik Beachtung schenken und

4.

sicherstellen, dass der Einfluss des Eurogebiets im Weltwirtschaftssystem seinem wirtschaftlichen Gewicht entspricht.

ABSCHNITT B

MIKROÖKONOMISCHE REFORMEN ZUR STÄRKUNG DES WACHSTUMSPOTENZIALS EUROPAS

Strukturreformen sind unerlässlich für die Steigerung des Wachstumspotenzials der EU und zur Unterstützung der makroökonomischen Stabilität, da sie Effizienz und Anpassungsfähigkeit der europäischen Wirtschaft erhöhen. Produktivitätszuwächse speisen sich aus Wettbewerb, Humankapital, Investitionen und Innovation. Voraussetzung für die Steigerung des Wachstumspotenzials Europas sind Fortschritte sowohl bei der Schaffung von Arbeitsplätzen als auch bei der Erhöhung der Produktivität. Nachdem das Produktivitätswachstum in der EU über zehn Jahre lang hinter dem Produktivitätswachstum der USA zurücklag, hat es seit Mitte 2005 angezogen, ist allerdings in mehreren Dienstleistungsbranchen zum Stillstand gekommen. Diesen Aufwärtstrend zu stützen, ist eine große Herausforderung für die Union, insbesondere vor dem Hintergrund des Alterns der Bevölkerung. Schätzungen zufolge wird allein die Bevölkerungsalterung die derzeitige Potenzialwachstumsrate nahezu halbieren. Zur Wahrung und Hebung des Lebensstandards in der Zukunft sowie zur Sicherung eines hohen Sozialschutzniveaus sind daher in jedem Fall ein weiteres Wachstum der Produktivität, besser ausgebildete, geschulte und motivierte Arbeitskräfte und längere Arbeitszeiten unumgänglich. Darüber hinaus wird durch eine engere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Regierungsebenen kohärenteres, besser koordiniertes und wirksameres Handeln möglich.

B.1.   Wissen und Innovation — Motoren für ein nachhaltiges Wachstum

Wissensakkumulation durch Investitionen in Forschung und Entwicklung, Innovation, Bildung und Ausbildung sowie lebenslanges Lernen ist ein wichtiger Motor für langfristiges Wachstum. Ein Kernstück der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung sind dementsprechend Maßnahmen, die darauf abzielen, die Wissensinvestitionen anzuheben und die Innovationskapazität der Wirtschaft der EU zu stärken. Daher wurden die nationalen und regionalen Programme für den Zeitraum 2007-2013 im Einklang mit den Lissabonner Zielvorgaben mehr und mehr auf Investitionen in diesen Bereichen ausgerichtet.

Mehr und effizientere Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) zur Schaffung eines europäischen Wissensraums

Ein hohes FuE-Niveau ist ein ausschlaggebender Faktor für den Innovationsprozess und damit ein wesentlicher Beitrag zu unserer künftigen Wettbewerbsfähigkeit. Forschung und Entwicklung sind auf verschiedene Weise wachstumswirksam: Sie tragen zur Schaffung neuer Märkte und Produktionsprozesse bei, sie ermöglichen die weitere Verbesserung bestehender Produkte und Produktionsprozesse, sie verbessern das Vermögen eines Landes, neue Technologien zu assimilieren, und sie fördern das Innovationspotenzial. Umwelttechnologien und ökologische Innovation sind wichtig, um Wachstum umweltverträglich zu gestalten.

Die EU gibt gegenwärtig etwa 1,85 % des BIP für FuE aus (bei den einzelnen Mitgliedstaaten reicht die Spanne allerdings von unter 0,5 % bis annähernd 4 %). Das Volumen der FuE-Ausgaben im Vergleich zum BIP ist seit 2000 leicht zurückgegangen. Nur etwa 55 % der Forschungsausgaben in der EU werden von der Wirtschaft finanziert. Die geringen privaten Investitionen in FuE werden als eine wesentliche Ursache für die Innovationslücke zwischen den USA und der EU angesehen. Es bedarf rascherer Fortschritte bei der Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums sowie der gemeinsamen EU-Zielvorgabe, die Forschungsinvestitionen bis 2010 auf 3 % des BIP anzuheben. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, im Rahmen ihrer nationalen Reformprogramme und in ihren jährlichen Durchführungsberichten über ihre FuE-Ausgabenziele und die Maßnahmen, mit denen sie diese Ziele verwirklichen wollen, Bericht zu erstatten; dabei müssen sie insbesondere darauf achten, dass sie die europäische Dimension in ihrer nationalen FuE-Politik berücksichtigen. Die Hauptherausforderung besteht darin, die Rahmenbedingungen, Mechanismen und Anreize zu schaffen, damit Unternehmen mehr in die Forschung investieren.

Die staatlichen Forschungsmittel müssen effizienter eingesetzt und die staatliche Forschung muss wirkungsvoller mit dem privaten Sektor verknüpft werden. Spitzenforschungszentren und -netze sollten ausgebaut und moderne Forschungsinfrastrukturen in koordinierter Weise aufgebaut werden, die öffentlichen Fördermaßnahmen zur Ankurbelung privater Innovation sollten insgesamt besser genutzt werden, die öffentlichen Investitionen sollten effizienter eingesetzt werden und es sollte für eine Modernisierung der Verwaltung von Forschungseinrichtungen und Universitäten gesorgt werden. Es gilt auch sicherzustellen, dass die Unternehmen in einem wettbewerbsorientierten Umfeld agieren, denn Wettbewerb ist ein wichtiger Anreiz für private Innovationsinvestitionen. Außerdem muss konsequent daran gearbeitet werden, die Anzahl und die Qualifikation der in Europa tätigen Forschungstreibenden zu steigern, insbesondere dadurch, dass mehr Studierende für naturwissenschaftliche, technische und ingenieurtechnische Fächer gewonnen, die Berufsaussichten verbessert und die Hindernisse, die der internationalen, europaweiten und intersektoralen Mobilität der Forscher entgegenstehen, abgebaut werden; hierzu gehört auch die Anwerbung und Wiederaufnahme hoch qualifizierter im Ausland lebender und ausländischer Forscher und Studierender. Die europäische Dimension von FuE sollte verstärkt werden, und zwar in Form gemeinsamer Finanzierungen, der Schaffung einer „kritischen Masse“ von Forschern und einer optimalen Anzahl von Forschungsinfrastrukturen auf EU-Ebene in den prioritären Bereichen, die umfangreiche finanzielle Mittel erfordern, sowie durch den Abbau von Hindernissen für die Mobilität von Forschern, Hochschullehrern und Studierenden. Zur Verbesserung der Fähigkeit, neues Wissen zu schaffen und sich dieses anzueignen, sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die Qualität im Bildungssektor, insbesondere bei der Hochschulbildung, zu verbessern und aufrechtzuerhalten.

Leitlinie 7. Verstärkte und effizientere Investitionen in FuE, insbesondere im Privatsektor — Das allgemeine Ziel eines Investitionsniveaus von 3 % des BIP im Jahr 2010 wird bestätigt und dabei Ausgewogenheit zwischen den privaten und öffentlichen Investitionen angestrebt. Auf nationaler Ebene soll jeweils ein spezifisches Zwischenniveau festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten sollten das Maßnahmen-Paket zur Förderung von FuE-Investitionen, vor allem seitens der Wirtschaft, durch folgende Maßnahmen optimieren:

1.

Verbesserung der Rahmenbedingungen und Gewährleistung, dass die Unternehmen in einem ausreichend wettbewerbsorientierten und attraktiven Umfeld für Unternehmen agieren;

2.

wirksamere und effizientere öffentliche FuE-Investitionen und Ausbau von Partnerschaften zwischen öffentlichem und privatem Sektor (ÖPP);

3.

Ausbau und Stärkung von Exzellenzzentren der Bildungs- und Forschungseinrichtungen in den Mitgliedstaaten sowie gegebenenfalls Gründung neuer Zentren und verbesserte Zusammenarbeit und besserer Technologietransfer zwischen öffentlichen Forschungseinrichtungen und Privatunternehmen;

4.

Ausbau und bessere Nutzung von Anreizen für private FuE;

5.

Modernisierung der Verwaltung von Forschungseinrichtungen und Universitäten;

6.

Gewährleistung eines ausreichenden Angebots an qualifizierten Forschern, indem mehr Studierende für naturwissenschaftliche, technische und ingenieurtechnische Fächer gewonnen und die Berufsaussichten verbessert sowie die europäische, internationale und intersektorale Mobilität der Forscher und des Entwicklungspersonals gefördert werden.

Erleichterung von Innovation

Die Dynamik der europäischen Wirtschaft wird bestimmt von ihrer Fähigkeit zu Kreativität und Innovation. Der wirtschaftliche Rahmen, der Innovationen ermöglicht, muss vorhanden sein. Hierzu gehören gut funktionierende Finanz- und Produktmärkte sowie ein effizientes und erschwingliches Instrumentarium zur Durchsetzung von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten. Innovationen werden oft von neuen Unternehmen auf den Markt eingebracht, die unter Umständen besondere Schwierigkeiten haben, sich Finanzmittel zu verschaffen. Maßnahmen, die die Gründung und das Wachstum innovativer Unternehmen fördern, auch durch Erleichterung des Zugangs zu Finanzmitteln, dürften deshalb der Innovationstätigkeit förderlich sein. Die Verbreitung von Technologien wie auch die Bemühungen zur besseren Verzahnung von Innovation und Bildung auf nationaler Ebene lassen sich durch den Aufbau von Innovationspolen und -netzen sowie durch eine besonders auf KMU zielende Innovationsunterstützung fördern. Als Hilfe für Länder und Regionen mit Entwicklungsrückstand bieten sich der auf die Mobilität der Forschenden gestützte Wissenstransfer, ausländische Direktinvestitionen und Technologieimporte an. Wichtig ist auch, die Verzahnung des Wissensdreiecks — FuE, Ausbildung, Innovation — weiter voranzubringen. Bildungs- und Ausbildungssysteme von hoher Qualität gehören hier zu den unerlässlichen Vorbedingungen für Spitzenleistungen und Innovation.

Die breit angelegte Innovationsstrategie der EU befasst sich deshalb mit dem Schutz des geistigen Eigentums, Normung und Standardisierung, der Innovationsförderung durch öffentliche Aufträge, gemeinsamen Technologieinitiativen, der Innovationsförderung in Leitmärkten, der Zusammenarbeit zwischen Lehre, Forschung und Wirtschaft, einschließlich Innovation des offen zugänglichen Typs, der Innovationsförderung in Regionen, der Förderung von Dienstleistungsinnovationen und nichttechnologischen Innovationen sowie der Erleichterung des Zugangs der Unternehmen zu Finanzierungen, insbesondere zu Risikokapital.

Es ist notwendig, dass die EU Lösungen für ein Patentrechtsschutzsystem und ein Gemeinschaftspatent findet.

Leitlinie 8. Förderung aller Formen der Innovation — Schwerpunkte für die Mitgliedstaaten sollten sein:

1.

Verbesserung der Innovationsunterstützung, insbesondere für Technologieverbreitung und -transfer;

2.

Schaffung und Ausbau von Innovationspolen und -netzen sowie Gründerzentren, die Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen auch auf regionaler und lokaler Ebene zusammenbringen, um so die Technologielücke zwischen Regionen zu schließen;

3.

Förderung des Wissenstransfers, auch durch ausländische Direktinvestitionen;

4.

Ausrichtung des öffentlichen Auftragswesens auf innovative Güter und Dienstleistungen;

5.

Erleichterung des Zugangs zu in- und ausländischen Finanzmitteln;

6.

ein effizientes und kostengünstiges Rechtsschutzsystem für Rechte an geistigem Eigentum.

Die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) im Einklang mit den Zielen und Aktionen der Initiative „i2010“ ist ebenfalls eine wichtige Maßnahme zur Steigerung der Produktivität und somit auch des Wirtschaftswachstums. Der EU ist es bislang nicht gelungen, das Potenzial der Informations- und Kommunikationstechnologien in vollem Umfang auszuschöpfen, vor allem weil immer noch zu wenig in IKT, organisatorische Innovationen und digitale Fertigkeiten investiert wird. Ein umfassenderer und effizienterer Einsatz der IKT und ein nahtlos funktionierender Binnenmarkt für elektronische Kommunikationsdienste werden die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Europa stärken. Wichtig ist es auch, der Fragmentierung des „elektronischen Binnenmarkts“ dadurch entgegenzuwirken, dass in allen Segmenten Online-Dienste eingerichtet werden, die zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten kompatibel sind. Offene IKT-Normen sind als Grundlage für Interoperabilität und Innovation von Nutzen. Darüber hinaus muss auch für Netz- und Informationssicherheit und Datenschutz sowie für Konvergenz gesorgt werden. Die Mitgliedstaaten sollten den Ausbau von Breitbandnetzen, auch für schlecht angebundene Regionen, fördern, um die wissensbasierte Wirtschaft weiter voranzubringen und regionale Ungleichgewichte bei der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung zu verringern, und auch Wachstum und Innovation in neuen Dienstleistungsbranchen dadurch unterstützen, dass sie die Einführung von Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetzen fördern.

Leitlinie 9. Förderung der Verbreitung und effizienten Nutzung der IKT und Aufbau einer Informationsgesellschaft, an der alle teilhaben — Die Mitgliedstaaten sollten

1.

die umfassende Nutzung von IKT im öffentlichen Dienst, in KMU und in privaten Haushalten fördern;

2.

den erforderlichen Rahmen für die hiermit verbundene Änderung in der Arbeitsorganisation in der Wirtschaft festlegen;

3.

eine starke Präsenz der europäischen Industrie in den Schlüsselbereichen der IKT fördern;

4.

die Entwicklung eines starken IKT- und Inhaltebereichs sowie gut funktionierende Märkte fördern;

5.

die Sicherheit von Netzwerken und Informationen sowie ihre Konvergenz und Interoperabilität sicherstellen, um einen Informationsraum ohne Grenzen zu schaffen;

6.

die Entwicklung von Breitbanddiensten auch in schlecht angebundenen Regionen fördern, um die Wissensgesellschaft auszubauen. Siehe auch integrierte Leitlinie „Unter gebührender Berücksichtigung der Rolle der Sozialpartner Flexibilität und Beschäftigungssicherheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern“ (Nr. 21).

Stärkung der Wettbewerbsvorteile der industriellen Basis Europas

Eine starke industrielle Basis ist für die europäische Wirtschaft von grundlegender Bedeutung. Die Wettbewerbsfähigkeit der EU hängt von der Fähigkeit der Wirtschaft ab, ihre Tätigkeit auf Wirtschaftszweige mit höherer Produktivität auszurichten. Eine innovationsfördernde Gesamtstrategie, in der beschäftigungs- und regionalpolitische Maßnahmen mit anderen Maßnahmen zusammengeführt werden, trägt zur Modernisierung der industriellen Basis der EU bei. Will Europa seine wirtschaftliche und technische Führungsposition konsolidieren, so muss es außerdem seine Kapazität zur Entwicklung und Vermarktung neuer Technologien, unter anderem IKT und Umwelttechnologien, stärken. Es ist das Synergiepotenzial zu analysieren und zu nutzen, das eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene im Forschungs-, im Regelungs- und im Finanzbereich bietet, in denen ein einzelner Mitgliedstaat aus Gründen der Größenordnung und der Wirkungskraft bei der Bewältigung von Marktdefiziten auf verlorenem Posten steht. Die EU hat es noch immer nicht geschafft, ihr volles technologisches Potenzial zu nutzen. Die europäische Industriepolitik sollte daher danach trachten, allen Unternehmen gleiche Ausgangsbedingungen auf der Grundlage fairen Wettbewerbs zu verschaffen. Durch die Bündelung europäischer Spitzenkompetenzen, die Entwicklung öffentlich-privater Partnerschaften und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in den Fällen, in denen der Nutzen für die Gesellschaft größer ist als für den privaten Sektor, kann dieses technologische Potenzial besser ausgeschöpft werden.

Leitlinie 10. Stärkung der Wettbewerbsvorteile der industriellen Basis Europas — Europa muss in seinem gesamten Gebiet über solide Industriestrukturen verfügen. Eine moderne und aktive Industriepolitik ist nach wie vor unverzichtbar und erfordert die Stärkung der Wettbewerbsvorteile der industriellen Basis, auch durch Förderung attraktiver Rahmenbedingungen für Warenproduktion und Dienstleistungen, wobei darauf zu achten ist, dass sich die Maßnahmen auf nationaler, transnationaler und europäischer Ebene gegenseitig ergänzen. Die Mitgliedstaaten sollten

1.

an erster Stelle den Mehrwert und Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit in wesentlichen Industriebereichen ermitteln und sich den Herausforderungen der Globalisierung stellen;

2.

sich auch auf die Entwicklung neuer Technologien und Märkte konzentrieren.

a)

Dies bedeutet insbesondere, dass neue Technologie-Initiativen gefördert werden, und zwar auf der Grundlage öffentlich-privater Partnerschaften und einer Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, mit dem Ziel, ein echtes Versagen des Marktes zu korrigieren.

b)

Dies setzt auch die Schaffung und den Ausbau regionaler und lokaler Cluster in der gesamten EU unter stärkerer Beteiligung der KMU voraus.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Den Arbeitsmarkterfordernissen besser gerecht werden“ (Nr. 20).

Förderung einer nachhaltigen Ressourcennutzung

Auf Dauer wird die Union nur dann erfolgreich sein, wenn sie eine Reihe von Ressourcen- und Umweltproblemen bewältigt, die — falls dies nicht oder nicht kosteneffizient geschieht — zur Wachstumsbremse würden. Die jüngsten Entwicklungen haben deutlich gemacht, wie wichtig Energieeffizienz ist und wie wichtig es ist, dass die europäische Wirtschaft unabhängiger von Ölpreisschwankungen wird. Zur Erhöhung der Versorgungssicherheit, Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften und Verfügbarkeit von Energie zu erschwinglichen Preisen sowie zur Bekämpfung des Klimawandels bedarf es einer integrierten Klima- und Energiepolitik. Die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaft müssen das Ihre tun, um bis 2020 die Zielvorgaben der EU zu verwirklichen, d. h. Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 20 %, Erreichung eines Anteils der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch von 20 % und Steigerung der Energieeffizienz um 20 % sowie ferner Leistung der Vorarbeiten für eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 30 % bis 2020 als Beitrag der EU zu einer globalen und umfassenden Vereinbarung nach 2012, sofern sich andere entwickelte Länder zu vergleichbaren Emissionsreduzierungen und wirtschaftlich weiter entwickelte Entwicklungsländer zu angemessenen Anstrengungen verpflichten. Es sind Maßnahmen auszuarbeiten, um sicherzustellen, dass diese Ziele in der ökonomisch effizientesten Weise und mit geringstmöglichen Kosten erreicht werden. Eine entscheidende Herausforderung wird darin bestehen, dafür zu sorgen, dass der Übergang zu einer emissionsarmen Wirtschaft in einer Weise erfolgt, die die Wettbewerbsfähigkeit der EU nicht in Frage stellt, eine solide und tragfähige Verwaltung der öffentlichen Finanzen weiter ermöglicht und einen Beitrag zu den weiter gefassten Wachstumszielen der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung leistet. Es ist unumgänglich, dass die Mitgliedstaaten weiterhin gegen den Klimawandel angehen, um zu erreichen, dass die globale Erwärmung gegenüber den Temperaturen in der Zeit vor der Industrialisierung insgesamt nicht mehr als 2 °C beträgt, und dabei die Ziele des Kyoto-Protokolls und für das Jahr 2020 kosteneffizient umsetzen. Aufgrund der Bedeutung der biologischen Vielfalt für bestimmte Wirtschaftsbereiche sollten die Mitgliedstaaten dem Verlust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 Einhalt gebieten und die Ökosystemleistungen bewahren, und zwar insbesondere durch Einbeziehung dieser Belange in andere Politikbereiche.

Dabei ist eine effiziente und nachhaltige Verkehrspolitik, die auch die tatsächliche Internalisierung externer Kosten erlaubt, besonders wichtig. Die Nutzung marktorientierter Instrumente ist von entscheidender Bedeutung, damit die Preise das Ausmaß der Umweltschäden und der sozialen Kosten besser widerspiegeln, und die entsprechenden Preise sollten in jedem Fall ihre Signalwirkung uneingeschränkt entfalten können. Auch das Emissionszertifikatehandelssystem der EU sollte ausgebaut werden. Die Förderung der Entwicklung und Nutzung umweltfreundlicher Technologien und ökologischer Innovationen sowie die Vergabe öffentlicher Aufträge unter Umweltaspekten bei besonderer Berücksichtigung der KMU sowie die Beseitigung umweltschädlich wirkender Beihilfen können neben anderen Instrumenten, wie Steuern, Umweltsubventionen und Umweltbelastungsgebühren, die Innovationsleistung verbessern und verstärkt zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. EU-Unternehmen zählen zum Beispiel im Bereich der Entwicklung neuer Technologien für erneuerbare Energien zur Weltspitze. In Anbetracht der kontinuierlich steigenden Energiepreise und der zunehmenden Bedrohungen durch den Klimawandel ist es unerlässlich, die Bemühungen um die Steigerung der Energieeffizienz als Beitrag zu Wachstum wie auch zu nachhaltiger Entwicklung voranzutreiben.

Leitlinie 11. Förderung einer nachhaltigen Ressourcennutzung und Stärkung der Synergien zwischen Umweltschutz und Wachstum — Die Mitgliedstaaten sollten

1.

prioritär hinarbeiten auf die Steigerung der Energieeffizienz und der Kraft-Wärme-Kopplung, die Entwicklung nachhaltiger — unter anderem erneuerbarer — Energien sowie die rasche Verbreitung umweltfreundlicher und ökoeffizienter Technologien a) innerhalb des Binnenmarkts insbesondere in den Bereichen Verkehr und Energie, u. a. um die europäische Wirtschaft weniger anfällig für Ölpreisschwankungen zu machen, b) auf internationaler Ebene als Sektor mit erheblichem Exportpotenzial;

2.

die Entwicklung von Mitteln zur Internalisierung externer Umweltkosten und die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Umweltschädigung fördern. Die Umsetzung dieser Prioritäten sollte mit den bestehenden Gemeinschaftsvorschriften in Einklang stehen und sich auf die im Aktionsplan „Umwelttechnologien“ (ETAP) vorgeschlagenen Maßnahmen und Mechanismen stützen, und zwar u. a. durch a) die Nutzung marktorientierter Instrumente, b) Risikofonds und FuE-Finanzierung, c) die Förderung nachhaltiger Produktions- und Verbrauchsmuster einschließlich der Ökologisierung des öffentlichen Beschaffungswesens, d) die besondere Berücksichtigung der KMU und e) eine Reform der Beihilfen, die erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt haben und mit nachhaltiger Entwicklung nicht vereinbar sind, mit dem Ziel eines schrittweisen Abbaus dieser Beihilfen;

3.

das Ziel verfolgen, in Anbetracht der Bedeutung der biologischen Vielfalt für bestimmte Wirtschaftszweige dem Verlust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 Einhalt zu gebieten, und zwar insbesondere durch Einbeziehung dieser Belange in andere Politikbereiche;

4.

weiterhin gegen den Klimawandel angehen und die Kyoto-Ziele kosteneffizient umsetzen, vor allem unter Berücksichtigung der KMU.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Eine effiziente, auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtete Ressourcenallokation fördern“ (Nr. 3).

B.2.   Steigerung der Attraktivität Europas für Investoren und Arbeitskräfte

Die Anziehungskraft der Europäischen Union als Investitionsstandort ist unter anderem abhängig von der Größe und Offenheit ihrer Märkte, ihrem ordnungspolitischen Umfeld, der Qualität ihres Arbeitskräftepotenzials und ihrer Infrastruktur.

Ausbau und Vertiefung des Binnenmarkts

Während der Güterbinnenmarkt weitgehend vollendet ist, sind die Dienstleistungsmärkte rechtlich oder de facto noch fragmentiert. Die vollständige und rechtzeitige Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem voll funktionsfähigen Dienstleistungsbinnenmarkt. Die Beseitigung aller Hemmnisse für grenzüberschreitende Tätigkeiten, wozu auch die Verringerung des Verwaltungsaufwands gehört, wird dazu beitragen, das ungenutzte Potenzial des Dienstleistungssektors in Europa freizusetzen. Von großer Bedeutung ist die Verbesserung des steuerlichen Umfelds. Das Funktionieren des Binnenmarkts kann durch anhaltende Bemühungen zur Bekämpfung von Steuerbetrug und zur Beseitigung des schädlichen Steuerwettbewerbs sowie durch eine verstärkte Zusammenarbeit in Steuerfragen zwischen den Mitgliedstaaten und gegebenenfalls auf europäischer Ebene verbessert werden, wobei die einzelstaatlichen Zuständigkeiten zu wahren sind. Die Arbeiten in diesem Bereich — einschließlich zum Thema Abbau der Binnenmarkthemmnisse — werden fortgeführt. Und schließlich würde eine vollständige Integration der Finanzmärkte durch Umsetzung der Strategie, die im Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005—2010 dargelegt ist, dank eines effizienteren Kapitaleinsatzes und besserer Finanzbedingungen für die Unternehmen einen Leistungs- und Beschäftigungszuwachs bewirken.

Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien Fortschritte erzielt. Dennoch sollte weiteren Verbesserungen in diesem Bereich auch künftig Vorrang eingeräumt werden, damit die Vorteile des europäischen Binnenmarkts in vollem Umfang genutzt werden können. Richtlinien werden häufig nicht ordnungsgemäß umgesetzt oder angewandt, was durch die hohe Zahl der von der Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren belegt wird. Die Mitgliedstaaten sollten vorbildliche Verfahren austauschen und mit der Kommission zusammenarbeiten, so dass in den Mitgliedstaaten der volle Nutzen der Binnenmarktvorschriften an die Bürger und die Wirtschaft weitergegeben wird. Zum Beispiel besteht bei den Verfahren im öffentlichen Beschaffungswesen noch erheblicher Spielraum für Verbesserungen. Diese könnten sich zum Beispiel in einer Zunahme der öffentlichen Ausschreibungen niederschlagen. Mehr öffentliche Ausschreibungen würden den Mitgliedstaaten zudem massive Einsparungen im Haushalt ermöglichen.

Leitlinie 12. Ausbau und Vertiefung des Binnenmarkts — Die Mitgliedstaaten sollten

1.

die Umsetzung der Binnenmarktrichtlinien beschleunigen;

2.

das Binnenmarktrecht konsequenter und besser durchsetzen;

3.

noch bestehende Hindernisse für grenzüberschreitende Tätigkeiten abbauen;

4.

die EU-Regelungen für die öffentliche Auftragsvergabe effizient anwenden;

5.

einen voll funktionsfähigen Dienstleistungsbinnenmarkt unter Wahrung des europäischen Sozialmodells fördern;

6.

die Finanzmarktintegration durch eine konsequente und kohärente Umsetzung und Durchführung des Aktionsrahmens für Finanzdienstleistungen stärker vorantreiben. Siehe auch integrierte Leitlinie „Den Arbeitsmarkterfordernissen besser gerecht werden“ (Nr. 20).

Offene und wettbewerbsorientierte Gestaltung der Märkte innerhalb und außerhalb Europas

Ein offenes Welthandelssystem ist für die EU von wesentlichem Interesse. Im Handel und bei Investitionen ist die EU weltweit führend, und ihre offene Wirtschaft ermöglicht kostengünstige Produktionsfaktoren, niedrigere Preise für die Verbraucher, Wettbewerbsanreize für Unternehmen und neue Investitionen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die EU ihren Einfluss in internationalen Verhandlungen geltend macht, um auf zunehmend offene Märkte zu drängen, was für alle Seiten vorteilhaft sein dürfte. Die EU wird sich deshalb weiter dafür einsetzen, Handels- und Investitionsschranken abzubauen, gleichzeitig aber auch mit Nachdruck dafür sorgen, dass unfairen Handels-, Investitions- und Wettbewerbspraktiken ein Riegel vorgeschoben wird. Ebenfalls wichtig ist es, dass die EU mit ihren wichtigsten Handelspartnern zusammenarbeitet, um einen gemeinsamen Raum von miteinander kompatiblen Rechtsvorschriften und Normen zu schaffen; dazu gehört auch die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene zur Verbesserung der Effizienz und Stabilität der internationalen Finanzmärkte.

Die Wettbewerbspolitik hat viel dazu beigetragen, gleiche Voraussetzungen für die Unternehmen in der EU zu schaffen. Es kann auch nützlich sein, bei dem umfassenderen Regulierungsrahmen der Märkte anzusetzen, um eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen zu bewirken, und dabei insbesondere die externen Aspekte der Wettbewerbsfähigkeit zu berücksichtigen, wenn EU-interne Politik gestaltet und umgesetzt wird. Eine noch stärkere Öffnung der europäischen Märkte für den Wettbewerb lässt sich durch einen generellen Abbau der staatlichen Beihilfen erreichen. Dies muss mit einer Umschichtung der verbleibenden staatlichen Beihilfen auf bestimmte horizontale Ziele einhergehen. Mit der Reform des Beihilferechts ist dies einfacher geworden.

Ein besonders wirksames Mittel für die Stärkung des Wettbewerbs sind Strukturreformen, die den Marktzugang erleichtern. Entsprechende Effekte werden insbesondere auf Märkten zu verzeichnen sein, die bisher durch wettbewerbsfeindliches Verhalten, das Bestehen von Monopolen, Überregulierung (so können Genehmigungen, Lizenzen, Mindestkapitalanforderungen, rechtliche Hindernisse, Öffnungszeiten, regulierte Preise usw. die Schaffung eines echten Wettbewerbsumfelds behindern) oder protektionistische Maßnahmen gegen den Wettbewerb abgeschottet waren.

Darüber hinaus dürften die vereinbarten Maßnahmen zur Öffnung der Netzindustrien für den Wettbewerb (in den Bereichen Strom und Gas, Verkehr, Telekommunikation und Postdienste) eine generelle Preissenkung und größere Auswahlmöglichkeiten bewirken, gleichzeitig aber auch garantieren, dass Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für alle Bürger bereitstehen. Die Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden sollten für Wettbewerb auf den liberalisierten Märkten Sorge tragen. Die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse muss zu einem erschwinglichen Preis sichergestellt werden.

In ihren Rechten gestärkte Verbraucher, die sachkundige Entscheidungen treffen, werden leistungsstarke Unternehmer schneller honorieren. Es bedarf weiterer Anstrengungen, um die Durchsetzung des Verbraucherrechts zu verbessern, das den Verbraucher stärkt und gleichzeitig den Binnenmarkt für einen intensiveren Wettbewerb im Einzelhandel öffnet.

Die Öffnung nach außen für Handel und Investitionen durch Steigerung der Exporte wie auch der Importe ist ein wichtiger Impuls für Wachstum und Beschäftigung und kann so die Wirkung von Strukturreformen verstärken. Ein offenes, starkes System von Regeln für den Welthandel ist von grundlegender Bedeutung für die europäische Wirtschaft. Die erfolgreiche Umsetzung einer ambitionierten und ausgewogenen Vereinbarung im Rahmen der Doha-Runde sowie der Abschluss bilateraler und regionaler Freihandelsabkommen dürften die Weltmärkte stärker für den Handel und für Investitionen öffnen und damit zur Steigerung des potenziellen Wachstums beitragen. Die EU hält sich bereit, ihren Handels- und Investitionspartnern bei der Förderung globaler Standards zu helfen und insbesondere den Aufbau von Kapazitäten in den Entwicklungsländern zu unterstützen.

Leitlinie 13. Offene und wettbewerbsorientierte Gestaltung der Märkte innerhalb und außerhalb Europas und Nutzung der Vorteile der Globalisierung — Vorrangig sollten die Mitgliedstaaten folgende Maßnahmen treffen:

1.

dem Wettbewerb entgegenstehende regulatorische und sonstige Hindernisse beseitigen;

2.

die Wettbewerbspolitik konsequenter durchsetzen;

3.

die Märkte und Rechtsvorschriften durch Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden selektiv überwachen, um Hindernisse für den Wettbewerb und den Marktzugang auszumachen und zu beseitigen;

4.

wettbewerbsverzerrend wirkende staatliche Beihilfen abbauen;

5.

im Einklang mit dem Gemeinschaftsrahmen Beihilfen auf bestimmte horizontale Ziele wie Forschung, Innovation und Aufwertung von Humankapital sowie zur Behebung spezifischer Schwachstellen des Marktes umschichten;

6.

die Öffnung nach außen auch in einem multilateralen Kontext fördern;

7.

die bereits vereinbarten Maßnahmen zur Öffnung der Netzindustrien für den Wettbewerb in vollem Umfang umsetzen, um einen wirksamen Wettbewerb auf europaweit integrierten Märkten zu gewährleisten. Gleichzeitig ist die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu einem erschwinglichen Preis wichtig für eine wettbewerbsfähige und dynamische Wirtschaft.

Verbesserung der europäischen und nationalen Regelungen

Marktregulierung ist unabdingbar, um ein Umfeld zu schaffen, in dem sich der Handel zu wettbewerbsfähigen Preisen frei entfalten kann. Sie dient auch dazu, Marktversagen zu korrigieren und Marktteilnehmer zu schützen. Gesetze und Regelungen können kumulativ jedoch erhebliche wirtschaftliche Kosten verursachen. Die Vorschriften müssen deshalb gut durchdacht und angemessen sein. Auch müssen sie regelmäßig überprüft werden. Die Qualität des europäischen und nationalen Regelungsumfelds ist daher eine Sache gemeinsamer Verpflichtung und geteilter Verantwortung auf EU-Ebene wie auch auf Ebene der Mitgliedstaaten.

Die „Kultur“ der besseren Rechtsetzung hat in der EU inzwischen Fuß gefasst. Bei dem Konzept der Kommission für eine bessere Rechtsetzung werden die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen neuer und überarbeiteter Rechtsvorschriften sorgfältig analysiert, um potenzielle Konflikte und Synergien zwischen unterschiedlichen politischen Zielen zu ermitteln. Zudem wird bei den bestehenden Rechtsvorschriften das Vereinfachungspotenzial — auch in Bezug auf den Bürokratieabbau — ausgelotet und in seiner Auswirkung auf den Wettbewerb bewertet. Schließlich hat die Kommission ein Verfahren zur Ermittlung des mit neuen und bestehenden EU-Rechtsvorschriften verbundenen Verwaltungsaufwands angenommen, und es wurde das ehrgeizige Ziel vorgegeben, die durch EU-Rechtsvorschriften und nationale Umsetzungsvorschriften bedingten Verwaltungslasten bis 2012 um 25 % zu verringern.

Die Mitgliedstaaten sollten im Rahmen ihrer Zuständigkeitsbereiche gleichermaßen ehrgeizige nationale Reduzierungsvorgaben festlegen. Zur Verringerung des Verwaltungsaufwands sollten die Mitgliedstaaten elektronische Behördendienste aktiv fördern und weitere IKT-Instrumente auf breiter Basis anwenden. Die Mitgliedstaaten sollten generell eine umfassende, konkrete Strategie für eine bessere Rechtsetzung mit entsprechenden Organen, Kontrollen und Ressourcen beschließen und die einschlägigen Akteure daran beteiligen. Die Mitgliedstaaten sollten Kosten und Nutzen von Legislativvorhaben und Änderungsvorschlägen systematisch bewerten. Sie sollten die Qualität ihrer Regelungen — unter Wahrung ihrer Ziele — verbessern und die bestehenden Rechtsvorschriften vereinfachen. Sie sollten Kosten und Nutzen ihrer Regulierungsinitiativen einer Konsultation auf breiter Basis unterziehen, insbesondere wenn Konflikte zwischen unterschiedlichen politischen Zielen entstehen können. Die Mitgliedstaaten sollten auch dafür sorgen, dass geeignete Rechtsetzungsalternativen in vollem Maße berücksichtigt werden. Wichtig ist dies insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), denen es mit ihren begrenzten Ressourcen gewöhnlich schwer fällt, den mit den Gemeinschaftsvorschriften und den nationalen Rechtsvorschriften verbundenen rechtlichen Anforderungen nachzukommen. Es sollte daher geprüft werden, inwieweit KMU nicht ganz oder teilweise von administrativen Zwängen befreit werden könnten.

Leitlinie 14. Wettbewerbsfreundlichere Gestaltung des Unternehmensumfelds und Förderung von Privatinitiativen durch eine bessere Rechtsetzung — Die Mitgliedstaaten sollten

1.

die Verwaltungslast für Unternehmen, vor allem für KMU und Unternehmensneugründungen, verringern;

2.

die Qualität bestehender und neuer Rechtsvorschriften unter Wahrung ihrer Ziele durch eine systematische und rigorose Abschätzung ihrer wirtschaftlichen, sozialen (auch gesundheitlichen) und ökologischen Auswirkungen verbessern, und dies unter — verbesserter — Messung des mit einer Regelung verbundenen bürokratischen Aufwands und der Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit, auch bei der Durchsetzung;

3.

die Unternehmen zur Entwicklung ihrer sozialen Verantwortung anregen.

Europa muss den unternehmerischen Initiativgeist stärker fördern und braucht mehr Unternehmen, die bereit sind, kreative oder innovative Konzepte umzusetzen. Die einschlägige Politik sollte einen Rahmen für innovative KMU schaffen, die ein hohes Wertschöpfungs- und Wachstumspotenzial aufweisen. Die Vermittlung von unternehmerischem Denken und Handeln und entsprechender Qualifikationen sollte in allen Bereichen der Aus- und Weiterbildung gefördert werden. Die unternehmerische Dimension sollte schon in der Schule in den Prozess des lebenslangen Lernens aufgenommen werden. Partnerschaften mit Unternehmen sollten gefördert werden. Weitere Möglichkeiten, Unternehmensneugründungen und Unternehmenswachstum zu fördern, bestehen darin, die Bedingungen für den Zugang zu Finanzmitteln zu verbessern, die Finanzintermediation wirksamer zu gestalten und die wirtschaftlichen Anreize zu verstärken. Dazu könnten unter anderem die Steuersysteme leistungsfreundlicher gestaltet, die Lohnnebenkosten gesenkt und die Verwaltungslast bei Unternehmensgründungen reduziert (insbesondere durch die Bereitstellung von Unternehmensdienstleistungen, vor allem für Jungunternehmer) sowie zentrale Anlaufstellen eingerichtet werden. Als weitere Schwerpunkte empfehlen sich die Erleichterung der Eigentumsübertragung (auch für Familienunternehmen) und die Verbesserung des Sanierungs- und Umstrukturierungsverfahrens — insbesondere mit einem effizienteren Insolvenzrecht. Die Mitgliedstaaten sollten auch die Verbreitung der IKT im KMU-Bereich fördern, um die Produktivität zu verbessern und durch Förderung von Online-Verwaltungsverfahren die Ausfuhren anzukurbeln. Den spezifischen Hemmnissen, mit denen weibliche Unternehmer konfrontiert sind, und der Ermittlung und Entwicklung von Maßnahmen zur Steigerung der Zahl weiblicher Unternehmer muss die gebotene Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Vorschläge, die im Rahmen einer von der Kommission vorzulegenden neuen EU-Regelung für kleine Unternehmen unterbreitet werden, sollten so gestaltet sein, dass sie zur Erschließung des Wachstums- und Beschäftigungspotenzials der KMU beitragen.

Leitlinie 15. Förderung der unternehmerischen Kultur und KMU-freundlichere Gestaltung des Wirtschaftsumfelds — Die Mitgliedstaaten sollten

1.

den Zugang zur Finanzierung verbessern, um Gründung und Ausbau von KMU insbesondere durch Kleinstkredite und sonstiges Risikokapital zu fördern;

2.

die wirtschaftlichen Anreize verstärken, auch durch eine Vereinfachung der Steuersysteme und die Verringerung der Lohnnebenkosten;

3.

das Innovationspotenzial der KMU stärken;

4.

sinnvolle Unterstützungsdienstleistungen bereitstellen, wie z. B. die Einrichtung zentraler Anlaufstellen und die Förderung nationaler Unterstützungsnetze für Unternehmen, um im Einklang mit der KMU-Charta die Gründung und den Ausbau von KMU zu fördern. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die Aus- und Weiterbildung in unternehmerischer Kompetenz für KMU verstärken. Sie sollten ferner die Eigentumsübertragung erleichtern, das Insolvenzrecht, soweit erforderlich, überarbeiten und die Sanierungs- und Umstrukturierungsverfahren verbessern.

Siehe auch die integrierten Leitlinien „Eine effiziente, auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtete Ressourcenallokation fördern“ (Nr. 3) und „Alle Formen der Innovation fördern“ (Nr. 8 sowie Nrn. 23 und 24).

Ausbau und Verbesserung der europäischen Infrastruktur

Eine moderne Infrastruktur (für Verkehr, Energie und digitale Kommunikation) trägt erheblich zur Attraktivität von Standorten bei. Sie erleichtert die Mobilität von Personen, Gütern und Dienstleistungen in der gesamten Union. Durch Verminderung der Transport- und Kommunikationskosten und Erweiterung der Märkte fördern gut verknüpfte und interoperable transeuropäische Netze den internationalen Handel und die Binnenmarktdynamik. Die eingeleitete Liberalisierung der europäischen Netzindustrien begünstigt den Wettbewerb und bewirkt Effizienzsteigerungen in diesen Sektoren.

Was künftige Investitionen in die europäische Infrastruktur angeht, so sollte 30 prioritären Verkehrsprojekten — von Parlament und Rat in den Leitlinien über Transeuropäische Netze (TEN) genannt — und dem Abschluss der grenzüberschreitenden Quickstart-Projekte für Verkehr, erneuerbare Energien, Breitbandkommunikation und Forschung im Kontext der europäischen Wachstumsinitiative sowie der Durchführung der vom Kohäsionsfonds unterstützten sonstigen Verkehrsprojekte Vorrang eingeräumt werden. Außerdem gilt es, Infrastrukturengpässe in einzelnen Ländern zu beseitigen. Eine angemessene Preisgestaltung für die Infrastrukturnutzung kann deren Effizienz steigern und zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen den Verkehrsträgern beitragen.

Leitlinie 16. Ausbau, Verbesserung und Vernetzung der europäischen Infrastrukturen sowie Vollendung der prioritären grenzüberschreitenden Projekte — Ziel ist vor allem eine stärkere Integration der nationalen Märkte in der erweiterten EU. Die Mitgliedstaaten sollten

1.

als wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Öffnung der Netzindustrien für den Wettbewerb durch Ergänzung der Gemeinschaftsmechanismen geeignete Voraussetzungen für eine ressourceneffiziente Verkehrs-, Energie- und IKT-Infrastruktur — prioritär der in den TEN-Netzen enthaltenen Infrastruktur — entwickeln, insbesondere in grenzüberschreitenden Abschnitten und Grenzregionen;

2.

den Aufbau öffentlich-privater Partnerschaften erwägen;

3.

angemessene Preisgestaltungssysteme für die Infrastruktur erwägen, um auf diese Weise eine effiziente Infrastrukturnutzung und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Verkehrsträgern zu gewährleisten, wobei sie den Schwerpunkt auf technologischen Wandel und Innovation legen und zugleich die Umweltkosten und die Auswirkungen auf das Wachstum gebührend berücksichtigen sollten.

Siehe auch integrierte Leitlinie „Verbreitung und effiziente Nutzung der IKT fördern und eine Informationsgesellschaft aufbauen, an der alle teilhaben“ (Nr. 9).

Geschehen zu Brüssel am 14. Mai 2008.

Im Namen des Rates

Der Präsident

A. BAJUK


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