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Bekämpfung der Ursachen von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft

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Bekämpfung der Ursachen von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft

Mit dieser Mitteilung leistet die Kommission einen ersten Beitrag zu einer europäischen Langzeitstrategie zur Bekämpfung der Ursachen von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft *. Die Bekämpfung dieser Probleme, die einer Forderung des Haager Programms entspricht, gilt seit den Attentaten von Madrid und London als vorrangig. Die Kommission gibt einen Überblick über die bereits angenommenen Maßnahmen und schlägt weitere Maßnahmen vor.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Rekrutierung von Terroristen: Bekämpfung der Ursachen von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft [KOM (2005) 313 endgültig - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Mit dieser Mitteilung leistet die Kommission einen ersten Beitrag zu einer europäischen Langzeitstrategie zur Bekämpfung der Ursachen, die für die Radikalisierung und Gewaltbereitschaft sowie die Rekrutierung von Terroristen mit verantwortlich gemacht werden können. Die darin vorgestellten Maßnahmen sind eine Kombination aus:

  • „weichen" Maßnahmen wie dem interkulturellen Jugendaustausch;
  • „harten" Maßnahmen wie dem Verbot von Satellitenübertragungen, in denen zum Terrorismus aufgerufen wird.
  • Die Aktionen und Empfehlungen sollen die aktuellen Anstrengungen der Mitgliedstaaten ergänzen und unterstützen.

Radio und Fernsehen

Bereits in der Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" wird jede Aufstachelung zu Hass aufgrund der Rasse, des Geschlechts, der Religion oder der Nationalität in Radio- oder Fernsehsendungen untersagt. Unter bestimmten Bedingungen gilt die Vorschrift auch für Programme, die von Drittstaaten in die Europäische Union ausgestrahlt werden. Die Kommission stellt fest, dass das Verbot in den Programmen der Drittstaaten wirkungsvoll umgesetzt wird.

Zur Ergänzung dieser Bemühungen plant sie

  • eine Konferenz über die Rolle der Medien im Zusammenhang mit Radikalisierung und Terrorbekämpfung;
  • die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regelungsbehörden für den Rundfunk.

Internet

Die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr ermöglicht Maßnahmen gegen Radikalisierung und Gewaltbereitschaft. Die Mitgliedstaaten können:

  • von den Vorschriften zur Verkehrsfreiheit abweichen und Sanktionen oder Auflagen mit dem Ziel verhängen, die Bereitstellung eines besonderen Online-Dienstes aus einem anderen Mitgliedstaat zu beschränken, wenn bestimmte öffentliche Interessen geschützt werden müssen;
  • die Erbringer von Dienstleistungen der Informationsgesellschaft dazu verpflichten, die Behörden unverzüglich über verbotene Aktivitäten zu informieren;
  • die Entfernung verbotener Informationen anordnen.

Die Kommission drängt die Mitgliedstaaten, den Spielraum, den ihnen die Richtlinie lässt, so wirksam wie möglich für die Bekämpfung von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft in Europa zu nutzen.

Bildung, Engagement der Jugend und aktive europäische Bürgerschaft

Mehrere EU-Programme enthalten einen Ansatz zur Bekämpfung von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft:

  • das Programm Jugend trägt zum besseren Verständnis der Kulturen in Europa bei;
  • das Programm Kultur 2007 fördert das Verständnis der kulturellen Vielfalt;
  • das Programm Sokrates dient zur Weiterentwicklung des Konzepts der europäischen Bürgerschaft.

Die Kommission will den eingeschlagenen Weg mit einem neuen Programm „Bürger/innen für Europa" fortsetzen, das die aktive europäische Bürgerschaft fördert. Es soll das gegenseitige Verständnis unter den europäischen Bürgern verbessern und die Achtung der kulturellen Vielfalt stärken.

Förderung der Integration, des kulturübergreifenden Dialogs und des Dialogs mit den Religionen

Integrationsmaßnahmen können Radikalisierung und Gewaltbereitschaft verhüten helfen. Deshalb hat sich die Kommission im Rahmen des Haager Programms verpflichtet, dynamischere Integrationsmaßnahmen der Mitgliedstaaten zu fördern. Sie hat:

  • im September 2005 eine Mitteilung mit diesbezüglichen Vorschlägen vorgelegt;
  • im Rahmen ihrer Finanziellen Vorausschau für 2007-2013 die Schaffung eines europäischen Integrationsfonds vorgeschlagen.

Nach Auffassung der Kommission braucht die EU ein globales Integrationskonzept, das nicht nur den Zugang aller Gruppen zum Arbeitsmarkt einschließt, sondern auch Maßnahmen mit folgender Zielsetzung vorsieht:

  • Bekämpfung von Diskriminierungen. Einschlägige Richtlinien existieren bereits. Außerdem fließen 20 % der Mittel des Europäischen Sozialfonds in Maßnahmen zur Verbesserung der Chancengleichheit benachteiligter Gruppen auf dem Arbeitsmarkt;
  • Abbau sozialer Ungleichheiten. Nach Auffassung der Kommission können insbesondere jene Gemeinschaftsmaßnahmen hilfreich sein, die zur Rehabilitation von städtischen Problemvierteln und zur Verbesserung der Wohnsituation beitragen, einen besseren Zugang zu Bildung bieten und vor sozialer Ausgrenzung schützen.

Mit Blick auf den kulturellen Dialog will die Kommission vorschlagen, 2008 zum Europäischen Jahr des kulturübergreifenden Dialogs auszurufen.

Zum Dialog mit den Religionen veranstaltet die Kommission regelmäßig Seminare und Konferenzen, auf denen über Möglichkeiten zur Stärkung des gegenseitigen Verständnisses und zur Förderung der europäischen Werte diskutiert wird. So behandelten 2002 die EU-Innenminister das Thema des konfessionsübergreifenden Dialogs als Faktor des sozialen Zusammenhalts in Europa und als Instrument des Friedens im Mittelmeerraum. Dabei wurde auch über die Einrichtung eines europäischen Forums für den interreligiösen Dialog und den Dialog zwischen Glaubensgemeinschaften und Staat gesprochen.

Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitsdienste

Die Kommission:

  • schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten, die die Einstellung von Personen unterschiedlicher Herkunft in ihren Polizeidiensten fördern, die anderen Mitgliedstaaten zu einem ähnlichen Vorgehen ermutigen;
  • wirbt bei den Mitgliedstaaten, die bereits Erfolge zu verzeichnen haben, dafür, dass sie ihre Erfahrungen und bewährten Verfahren über die entsprechenden EU-Strukturen, insbesondere Europol und das Joint Situation Centre (SitCen) der EU, weitergeben.

Sachverständigennetze

Die Kommission plant, Mittel für ein Sachverständigennetz bereitzustellen, das einen ersten Beitrag über den Stand der Kenntnisse (Anfang 2006) im Bereich Radikalisierung und Gewaltbereitschaft vorlegen soll.

Außerdem wird sie Studien zu dieser Thematik ausschreiben, die insbesondere folgende Themen behandeln sollen:

  • die Ursachen von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft bzw. Motive für die Abkehr hiervon;
  • wichtige sozioökonomische Faktoren der Radikalisierung.

Folgemaßnahmen und Datensammlung

Die Kommission:

  • verfügt über eine Studie des Netzes unabhängiger Sachverständiger in Grundrechtsfragen, die den Zusammenhang zwischen Radikalisierung und Gewaltbereitschaft und den Grundrechten in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten untersucht;
  • hat die Studien der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, insbesondere zu den Themen Gewalt mit rassistischem Hintergrund und Islamophobie, zur Kenntnis genommen. Sie wird die Beobachtungsstelle beauftragen, die verschiedenen Formen des Hasses gegen die Grundwerte der EU, wie Religionsfreiheit und Gleichberechtigung von Männern und Frauen, zu erforschen.

Außenbeziehungen

Der Dialog mit den Drittländern und Regionalpartnern und gegebenenfalls eine technische Hilfe für diese müssen fester Bestandteil der Anstrengungen zur Bekämpfung von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft und der Rekrutierung von Terroristen sein.

Die Kommission will die Entwicklungshilfe künftig stärker als Mittel zur Bekämpfung von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft und der Anwerbung von Terroristen einsetzen. Diese Hilfe kann nämlich zum Abbau von Ungleichheiten, zum Demokratisierungsprozess und zur verantwortlichen Regierungsführung beitragen und so den Terroristennetzen die Grundlage entziehen.

Zu den Zielvorstellungen der Kommission gehören außerdem:

  • die Vertiefung des Dialogs über die Bekämpfung der Radikalisierung mit den Mittelmeeranrainern im Rahmen der Stellen, die durch die Assoziierungsabkommen errichtet wurden. Dieser Dialog kann sich auf die EU-Aktionspläne im Bereich der europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) stützen und mehrere Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Probleme vorsehen;
  • die Förderung des gemäßigten Islams in den Drittstaaten, in denen der Islam die vorherrschende Religion ist. Zu diesem Zweck soll die Europäische Union gemäßigten muslimischen Gruppen Unterstützung anbieten;
  • Ausrichtung der Finanzierungsschwerpunkte der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte auf die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Rahmen der Zusammenarbeit mit Drittländern im Bereich der Menschenrechte.

Hintergrund

Das Haager Programm fordert eine langfristige europäische Strategie zur Bekämpfung von Radikalisierung und Gewaltbereitschaft. Diese Strategie ist Teil eines umfassenden Ansatzes zur Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus. Durch die Terroranschläge von London (Juli 2005) und Madrid (März 2004) ist die Bekämpfung der Radikalisierung und Gewaltbereitschaft noch dringlicher geworden. Diese Mitteilung diente als Grundlage bei der Erarbeitung der EU-Strategie zur Terrorismusbekämpfung, die der Rat der Minister für Justiz und Inneres im Dezember 2005 angenommen hat.

Schlüsselwörter des Rechtsakts

  • Radikalisierung und Gewaltbereitschaft: das Phänomen, dass Personen, die bestimmte Anschauungen, Meinungen und Gedanken vertreten, zu terroristischen Handlungen gebracht werden können.

Letzte Änderung: 19.01.2006

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