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Europäische Beweisanordnung (EBA)

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Europäische Beweisanordnung (EBA)

Die europäische Beweisanordnung (EBA) ersetzt das System der Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafsachen. Mit diesem Rahmenbeschluss werden die Verfahren und Schutzgarantien für die Mitgliedstaaten festgelegt, nach denen EBA anzuordnen und zu vollstrecken sind.

RECHTSAKT

Rahmenbeschluss 2008/978/JI des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafsachen.

ZUSAMMENFASSUNG

Die Europäische Beweisanordnung (EBA) ist eine justizielle Entscheidung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten aus anderen Mitgliedstaaten. Die EBA wird von den zuständigen Behörden erlassen, die die Mitgliedstaaten benennen. Anordnungsbehörde kann ein Richter, Gericht, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt oder eine andere Justizbehörde sein. Den Mitgliedstaaten obliegt es ferner, die für die Anerkennung und Vollstreckung der EBA zuständigen Behörden zu benennen.

Die EBA kann zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten von anderen Mitgliedstaaten für folgende Verfahrensarten erlassen werden:

  • bei Strafverfahren, die eine Justizbehörde wegen einer nach dem nationalen Recht des Anordnungsstaats strafbaren Handlung eingeleitet hat oder mit der sie befasst wird;
  • bei Verfahren, die Verwaltungsbehörden wegen Handlungen eingeleitet haben, die nach dem Recht des Anordnungsstaats als Zuwiderhandlungen geahndet werden, sofern gegen die Entscheidung ein Gericht angerufen werden kann;
  • bei Verfahren, die Justizbehörden wegen Handlungen eingeleitet haben, die nach dem Recht des Anordnungsstaats als Zuwiderhandlungen geahndet werden, sofern gegen die Entscheidung ein Gericht angerufen werden kann;
  • im Zusammenhang mit allen vorstehend genannten Sachverhalten bei Straftaten, für die im Anordnungsstaat eine juristische Person zur Verantwortung gezogen oder bestraft werden kann.

Der Anordnungsstaat hat sicherzustellen, dass die angeforderten Beweise für diese Verfahren notwendig und angemessen sind. Die Beweise müssen zudem unter vergleichbaren Umständen in dem Anordnungsstaat nach dessen nationalem Recht erlangt werden können. Nur bei Erfüllung dieser Bedingungen kann die EBA erlassen werden.

Hat die zuständige Behörde eines Anordnungsstaats hinreichenden Grund zu der Annahme, dass sich relevante Beweise im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates befinden, kann diese die EBA an die zuständige Behörde dieses Staates übermitteln. Die EBA wird von der Anordnungsbehörde an die Vollstreckungsbehörde unmittelbar und in einer Form übermittelt, die einen schriftlichen Nachweis hinterlässt. Zu diesem Zweck kann jeder Mitgliedstaat eine oder mehrere zentrale Behörden zur Unterstützung der zuständigen Behörden benennen. Ferner können die Mitgliedstaaten für die Übermittlung der EBA das gesicherte Telekommunikationssystem des Europäischen Justiziellen Netzes nutzen.

Die EBA ist von der Vollstreckungsbehörde ohne jede weitere Formalität anzuerkennen. Die Vollstreckungsbehörde trifft die erforderlichen Maßnahmen zur Vollstreckung der EBA, es sei denn, sie beschließt, einen der Gründe für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung oder für den Aufschub der Vollstreckung geltend zu machen. Wurde die EBA nicht von einem Richter, Gericht, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt erlassen oder bestätigt, kann die Vollstreckungsbehörde entscheiden, zur Vollstreckung der Beweisanordnung keine Durchsuchung oder Beschlagnahme vorzunehmen. Bevor sie dies beschließt, hat sie allerdings die zuständige Behörde des Anordnungsstaats zu konsultieren. Jeder Mitgliedstaat kann erklären, dass eine solche Bestätigung erforderlich ist, sofern die Vollstreckungsmaßnahmen in einem ähnlichen nationalen Fall nach dessen Recht von einem Richter, Gericht, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt angeordnet oder überwacht werden müssen.

Sofern in diesem Rahmenbeschluss nicht anders festgelegt, hat die Vollstreckungsbehörde die von der Anordnungsbehörde angegebenen Formvorschriften einzuhalten. Diese Formvorschriften dürfen den wesentlichen Rechtsgrundsätzen des Vollstreckungsstaats jedoch nicht entgegenstehen.

Der Vollstreckungsstaat kann die Anerkennung oder Vollstreckung einer EBA innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt versagen:

  • wenn ihre Vollstreckung dem Grundsatz ne bis in idem zuwiderläuft;
  • wenn die Handlung in bestimmten in der Rahmenentscheidung aufgeführten Fällen nach dem nationalen Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat darstellt;
  • wenn eine Vollstreckung durch die der Vollstreckungsbehörde im konkreten Fall zur Verfügung stehenden Maßnahmen nicht möglich ist;
  • wenn nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Immunitäten oder Vorrechte bestehen, die deren Vollstreckung unmöglich machen;
  • wenn sie von keinem Richter, Gericht, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt im Anordnungsstaat bestätigt wurde, sofern dies erforderlich ist;
  • wenn die Straftat innerhalb des Hoheitsgebiets des Vollstreckungsstaats oder außerhalb des Anordnungsstaats begangen wurde und die Rechtsvorschriften des Vollstreckungsstaats eine strafrechtliche Verfolgung nicht zulassen;
  • wenn sie nationalen Sicherheitsinteressen schaden würde;
  • wenn das Formblatt unvollständig oder unrichtig ausgefüllt wurde.

Die Anerkennung oder Vollstreckung der EBA kann nur vom Vorliegen der beiderseitigen Strafbarkeit abhängig gemacht werden, sofern für deren Vollstreckung eine Durchsuchung oder Beschlagnahme erforderlich ist und sofern sie sich nicht auf die Liste der im Rahmenbeschluss aufgeführten Straftaten bezieht.

Die Vollstreckungsbehörde hat die Beweise innerhalb von 60 Tagen nach Eingang der EBA in Besitz zu nehmen, sofern keine Gründe für einen Aufschub vorliegen.

Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass alle betroffenen Parteien Zugang zu Rechtsbehelfen gegen die Anerkennung und Vollstreckung einer EBA haben. Diese Rechtsbehelfe können auf Fälle beschränkt sein, in denen Zwangsmaßnahmen angewandt werden. Der Rechtsbehelf ist vor einem Gericht des Vollstreckungsstaats einzulegen; die sachlichen Gründe für den Erlass der EBA können jedoch nur vor einem Gericht des Anordnungsstaats angefochten werden.

Bezug

Rechtsakt

Inkrafttreten

Fristen für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt

Rahmenbeschluss 2008/978/JI

19.1.2009

19.1.2011

ABl. L 350 vom 30.12.2008

Letzte Änderung: 11.05.2009

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