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Document 52003DC0567

Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den EUROPÄISCHEN Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Die Rolle elektronischer Behördendienste (E-Government) für die Zukunft Europas [SEK(2003) 1038]

/* KOM/2003/0567 endg. */

52003DC0567

Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den EUROPÄISCHEN Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Die Rolle elektronischer Behördendienste (E-Government) für die Zukunft Europas [SEK(2003) 1038] /* KOM/2003/0567 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN - Die Rolle elektronischer Behördendienste (E-Government) für die Zukunft Europas [SEK(2003) 1038]

INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Aufgaben des öffentlichen Sektors in Europa

2.1. Modernisierung als Antwort auf den Wandel

2.2. Höhere Ansprüche der Bürger und Unternehmen

2.3. Begrenzte Mittel - aus weniger mehr machen

3. Die Rolle elektronischer Behördendienste (E-Government)

4. Gegenwärtiger Stand, Probleme und Maßnahmen

4.1. Gegenwärtiger Stand

4.1.1. Dienste für den Bürger - höhere Lebensqualität

4.1.2. Dienste für Unternehmen - Stärkung des Wettbewerbsfähigkeit in Europa

4.1.3. Dienste zwischen den Verwaltungen - Stärkung der Zusammenarbeit

4.2. Probleme und Maßnahmen

4.2.1. Zugang für alle

4.2.2. Vertrauensbildung

4.2.3. Bessere Nutzung der Informationen des öffentlichen Sektors

4.2.4. Öffentliches Beschaffungswesen

4.2.5. Stärkung des Binnenmarkts und der Unionsbürgerschaft durch europaweite Dienste

4.2.6. Interoperabilität

4.2.7. Organisatorischer Wandel

4.2.8. Leistungsfähigkeit und Nutzeffekte von E-Government

5. Fahrplan für E-Government

5.1. Verstärkter Austausch vorbildlicher Praktiken

5.2. Nutzbarmachung der Investitionen

5.3. Erreichung der Ziele von eEurope für das Jahr 2005

5.4. Schlussfolgerungen

Anhang - Überblick über die Massnahmen

1. Einleitung

Der öffentliche Sektor spielt eine äußerst wichtige Rolle im europäischen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell, denn er sichert ein hohes Wohlstandsniveau der Bürger, sorgt für den sozioökonomischen Zusammenhalt und gewährleistet das Funktionieren wettbewerbsorientierter Märkte. Auf einer großen Vielzahl von Gebieten - vom Bildungs- und Gesundheitswesen über die Sozialversicherung bis zum Verbraucher- und Umweltschutz nimmt er vielfältige Aufgaben wahr. Die wirtschaftlichen Stärken Europas (z. B. qualifizierte Arbeitskräfte, führende Stellung in wichtigen Industriezweigen) hängen vom ordnungsgemäßen Funktionieren des öffentlichen Sektors ab.

Heute steht der öffentliche Sektor in Europa am Scheideweg und muss sich großen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, institutionellen Umwälzungen und den tiefgreifenden Auswirkungen der neuen Technologien stellen. Angesichts seiner großen Bedeutung für die Förderung des wirtschaftlichen Wachstums wird vom öffentlichen Sektor zunehmend erwartet, dass er auch eine stärkere Rolle bei der Verwirklichung der Lissabonner Strategie für wirtschaftliche, soziale und umweltpolitische Erneuerung übernimmt.

Innerhalb des öffentlichen Sektors stehen die öffentlichen Verwaltungen heute vor der Herausforderung, die Effizienz, Produktivität und Qualität ihrer Dienste zu verbessern. Sie müssen all diese Aufgaben jedoch mit gleichen oder sogar geringeren Haushaltsmitteln bewältigen.

Die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) können den Behörden dabei helfen, die zahlreichen Herausforderungen zu meistern. Die IKT selbst dürfen dabei aber nicht im Mittelpunkt stehen. Es geht vielmehr um die Nutzung der IKT im Zusammenspiel mit organisatorischen Veränderungen und neuen Fähigkeiten, um öffentliche Dienste, demokratische Prozesse und die Gestaltung und Durchführung staatlicher Politik zu verbessern. Genau darum geht es bei E-Government.

Schon heute zeigen vorbildliche Beispiele aus vielen Ländern, dass dank elektronischer Behördendienste überall bessere öffentliche Dienstleistungen erbracht, Wartezeiten verkürzt, das Preis-Leistungsverhältnis verbessert, die Produktivität gesteigert, die Transparenz erhöht und das verantwortungsvolle Handeln gestärkt werden.

Die Ausrichtung von E-Government sollte strategisch sein: auf die Erfuellung der Lissabonner Ziele, den Abbau der Beschränkungen für den gemeinsamen Dienstleistungsmarkt und die europaweite Mobilität, auf die wirksame Umsetzung nationaler politischer Ziele sowie die Förderung der regionalen und lokalen Entwicklung.

Aber die Einführung elektronischer Behördendienste ist keineswegs einfach. Um Dienstleistungen zu erbringen, in deren Mittelpunkt der Bürger steht, und um die Bürokratie (d. h. unnötigen Verwaltungsaufwand) abbauen zu können, müssen Informationen über Abteilungsgrenzen und Verwaltungsebenen hinweg gemeinsam genutzt werden (z. B. zwischen örtlicher und nationaler Ebene). In den meisten Fällen sind dafür organisatorische Veränderungen notwendig. Dies erfordert den Willen, bisherige Arbeitsmethoden in Frage zu stellen, und stößt häufig auf Widerstände. Außerdem sind elektronische Behördendienste nicht umsonst zu haben und machen sich oft erst langfristig bezahlt.

Die breite Einführung elektronischer Behördendienste wirft schwierige Probleme auf. Dazu gehören Fragen wie das Vertrauen in Online-Transaktionen mit Behörden, der breite Zugang zu den über das Netz angebotenen Diensten, um die Bildung einer digitalen Kluft zu verhindern, die Interoperabilität für einen reibungslosen Informationsaustausch über Organisations- und Landesgrenzen hinweg oder auch die Weiterentwicklung europaweiter Dienste zur Förderung der Mobilität im Binnenmarkt und der Unionsbürgerschaft.

Deshalb ist ein energisches politisches Engagement notwendig, um Widerstände und Hindernisse zu überwinden, Denkweisen zu ändern, organisatorische Änderungen durchzusetzen, Investitionen zu fördern und dabei die langfristigen Perspektiven im Auge zu behalten, gleichzeitig aber auch kurzfristig greifbare Ergebnisse zu erzielen.

E-Government ist ein zentraler Bestandteil des Aktionsplans eEurope 2005. Es handelt sich hier um den einzigen Bereich, in dem die Regierungen nicht nur für die Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen sorgen müssen, sondern auch allein für die Verwirklichung verantwortlich sind. Die jüngste E-Government-Konferenz [1], die im Rahmen des Aktionsplans eEurope 2005 durchgeführt wurde, und die dort verabschiedete Erklärung der Minister machen die großen Vorteile der Verwirklichung elektronischer Behördendienste in Europa deutlich.

[1] Die E-Government-Konferenz 2003 wurde gemeinsam vom italienischen Ratsvorsitz und der Kommission auf Ministerebene organisiert, siehe: europa.eu.int/information_society/eeurope/egovconf/index_en.htm.

Anknüpfend an diese Konferenz, an EU-Programme, an nationale, regionale und örtliche Strategien und Initiativen und an die Arbeit des Netzes der öffentlichen Verwaltungen wird in dieser Mitteilung der bei E-Government erreichte Stand untersucht, werden die hauptsächlichen Probleme und Hindernisse aufgezeigt und zusammenhängende Maßnahmen vorgeschlagen, um die elektronischen Behördendienste im Rahmen von eEurope 2005 weiter voranzutreiben.

Diese Mitteilung verdeutlicht, welch große Bedeutung die Kommission den elektronischen Behördendiensten als Mittel zur Schaffung einer öffentlichen Verwaltung von Weltrang auf allen Ebenen in Europa beimisst, die mit neuen und besseren öffentlichen Diensten für Bürger und Unternehmen ihren vollen Beitrag zur Umsetzung der Lissabonner Strategie leistet. Die Mitgliedstaaten werden aufgerufen, ihr politisches Engagement und ihre Führungsrolle klar zum Ausdruck zu bringen und gemeinsam mit allen Beteiligten aus dem privaten und öffentlichen Sektor ihre Anstrengungen zu verstärken.

2. Aufgaben des öffentlichen Sektors in Europa

Nachfolgend wird auf die Herausforderungen eingegangen, vor denen die öffentlichen Verwaltungen und der öffentliche Sektor insgesamt in Europa stehen.

2.1. Modernisierung als Antwort auf den Wandel

Dem öffentlichen Sektor kommt eine Schlüsselrolle bei der Modernisierung der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft zu, damit Europa wettbewerbsfähiger und dynamischer wird, damit ein nachhaltiges Wachstum erzielt wird und damit mehr und bessere Arbeitsplätze entstehen können, gleichzeitig aber auch für einen größeren sozialen Zusammenhalt gesorgt ist. Dies sind die Lissabonner Ziele für das Jahr 2010. Ihre Erfuellung hängt allerdings davon ab, ob es gelingt, über das Jahrzehnt hinweg ein Wachstum von mindestens 3 % zu erreichen - und die gegenwärtige Wirtschaftslage macht deutlich, vor welch großer Herausforderung wir hier stehen [2].

[2] Frühjahrsbericht 2003; Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von März 2003; Grundzüge der Wirtschaftspolitik für 2003; Wirtschaftsprognosen Frühjahr 2003.

Die staatlichen Einnahmen belaufen sich auf 45 % des BIP der EU. Volkswirtschaftlich ist der öffentliche Sektor der größte Einzeleinkäufer. Im Jahr 2002 betrugen die Ausgaben der öffentlichen Hand 20,6 % des BIP gegenüber 19,9 % im Jahr 1998 [3]. Darüber hinaus sind die öffentlichen Verwaltungen ein wichtiger Dienstleistungserbringer für die Unternehmen, deren Wettbewerbsfähigkeit sie maßgeblich beeinflussen, und für die Bürger, denen sie beispielsweise die Aus- und Weiterbildung und die Arbeitssuche ermöglichen.

[3] Statistischer Anhang zum Bericht über die europäische Wirtschaftslage, Frühjahr 2003.

Im Gegenzug zur Gewährleistung zahlreicher öffentlicher Dienste werden auch den Unternehmen und Bürgern Verpflichtungen auferlegt, z. B. in den Bereichen Sozialversicherung, Umweltberichterstattung oder Steuereinhebung. Die mit bürokratischen Verpflichtungen verbundenen Kosten werden auf 2-3 % des BIP geschätzt und belasten gerade die KMU unverhältnismäßig stark. Unternehmertum und Innovation hängen auch davon ab, wie viel Zeit und Geld die Gründung eines neuen Unternehmens kostet: die Spannbreite reicht von wenigen Tagen bis zu über einem Monat und von Null bis 1500 EUR [4].

[4] Benchmarking der Unternehmenspolitik: Ergebnisse des Anzeigers 2002, Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen.

Ein - durch Abbau der Bürokratie - effizienterer und wirksamerer öffentlicher Sektor, der leicht zugänglich und nutzerfreundlich, sicher und zielgerichtet arbeitet, trägt erheblich zum wirtschaftlichen Wachstum in allen Zweigen der Volkswirtschaft bei.

Überdies wird von den öffentlichen Verwaltungen erwartet, dass sie auch in der Lage sind, künftige und neu entstehende Aufgaben zu meistern.

Die heutigen demografischen Veränderungen stellen die Behörden auf die Probe. So ist die durch den politischen EU-Rahmen bedingte Einwanderung bereits ein Faktor des demografischen Wandels. Zur bestmöglichen Nutzung der positiven Einwanderungseffekte kann es notwendig sein, die Integrationsförderung auszubauen, vom Sprachunterricht bis zur Unternehmertätigkeit ethnischer Minderheiten, und sich auf die steigende Nachfrage nach mehrsprachigem und multikulturellem Zugang zu allgemeinen öffentlichen Dienstleistungen einzustellen.

Der besser funktionierende Binnenmarkt wird die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen und die europaweite Mobilität aus Erwerbs-, Bildungs- oder sozialen Beweggründen erleichtern und damit die Nachfrage nach einer breiten Palette an öffentlichen Diensten ankurbeln. Von den öffentlichen Verwaltungen wird daher die Erbringung grenzüberschreitender und sogar europaweiter öffentlicher Dienstleistungen erwartet.

Die Bürger werden in Zukunft von den Behörden zunehmend erwarten, dass sie Freiheit, Recht und Sicherheit überall in der EU gewährleisten. Voraussetzung dafür ist eine gute Zusammenarbeit zwischen den und innerhalb der Mitgliedstaaten sowie die Bewältigung neuer Unsicherheiten, die durch die neue Technik entstehen.

Wie die gesamte Wirtschaft müssen auch die Behörden und er ganze öffentliche Sektor die Herausforderungen meistern, die sich aus den neuen technologischen Entwicklungen, insbesondere den Informations- und Kommunikationstechnologien, ergeben. So macht das Internet neue Formen der Teilnahme an der Politikgestaltung möglich, beispielsweise durch die schnelle Bildung von Online-Diskussionsgruppen, öffentliche Online-Konsultationen oder die systematische Einholung von Meinungen über den Hilfs- und Beratungsbedarf der Bürger und Unternehmen. All dies zwingt die Behörden, ihre bisherigen Entscheidungsprozesse zu überdenken.

In der Geschäftswelt entstehen neue Wege zum Aufbau von Wertschöpfungsketten und zur Pflege der Kundenbeziehungen. Daraus ergeben sich effizientere Möglichkeiten der Erbringung öffentlicher Dienste, bei denen der Nutzer im Mittelpunkt steht, indem vom elektronischen Geschäftsverkehr und den neuen öffentlich-privaten Partnerschaften gelernt wird, ohne sie jedoch blind zu kopieren [5].

[5] Siehe auch den EIPA-Bericht ,eGovernment in Europe: The State of Affairs" (E-Government in Europa: Stand der Dinge) an die E-Government-Konferenz 2003.

Die heutigen Ergebnisse bei der Bereitstellung öffentlicher Dienste im Netz beruhen auf der in der Vergangenheit durchgeführten Forschung. Damit der öffentliche Sektor aktiver an der Gestaltung der Wissensgesellschaft teilnehmen kann, muss die Innovation und Forschung für und mit dem öffentlichen Sektor vorangetrieben werden.

Neben der großen Aufgabe, eine moderne öffentliche Verwaltung aufzubauen, steht Europa aber noch vor weiteren institutionellen Herausforderungen. Diese stehen im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt, dem Zusammenwachsen als Teil des größten Erweiterungsprozesses hin zur EU-25, den Dezentralisierungstendenzen, der Globalisierung und dem Europäischen Konvent mit seinen Anforderungen an neue Regierungsformen. Mit der zunehmenden Vernetzung kommunaler, regionaler und nationaler Verwaltungen in der gesamten EU zu mehrstufigen Regierungssystemen (,multi-level governance"), die dank der neuen Technologien möglich werden, entsteht in der EU nach und nach ein stärker integrierter ,europäischer öffentlicher Raum" für alle Bürger und Unternehmen.

2.2. Höhere Erwartungen der Bürger und Unternehmen

Die Bürger gewöhnen sich an immer schnellere Reaktionen und eine immer höhere Qualität der Produkte und Dienstleistungen des Privatsektors. Die gleiche Leistungsfähigkeit erwarten sie nun auch von den Behörden. Undurchsichtige Verfahren, lange Warteschlangen, wiederholte Angabe von Informationen, die der Verwaltung ohnehin schon bekannt sind, und ,Einheitslösungen für alle Fälle" - geraten zunehmend in die Kritik.

Heute wird erwartet, dass die Erbringung öffentlicher Dienste nutzerfreundlicher, persönlicher und mehr auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten wird. Die Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes sind im Allgemeinen allumfassend, d. h. alle Bürger müssen bedient werden, unabhängig von ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten, ihrem Einkommen oder ihrem geografischen Standort. Im Gegensatz zum Privatsektor kann sich der öffentliche Sektor seine Kunden nicht aussuchen (genauso wenig wie sich die Öffentlichkeit aussuchen kann, ob sie öffentliche Dienste in Anspruch nehmen möchte oder nicht).

Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hängt in hohem Maße von den Kosten ab, die ihnen im Umgang mit den Behörden entstehen. Angesichts der Verschärfung des internationalen Wettbewerbs verlangen die Unternehmen daher die Beseitigung bürokratischer Hürden. Ferner sind die Behörden auch für zahlreiche Input-Faktoren des Produktionsprozesses direkt verantwortlich. Die Unternehmen erwarten deshalb billigere und bessere öffentliche Dienste, damit sie selbst wettbewerbsfähig bleiben können.

Schließlich verlangen die Bürger und Unternehmen von dem Behörden auch, dass sie verantwortungsvoller mit dem Geld des Steuerzahlers umgehen. Sie fordern auch transparentere Entscheidungsprozesse und eine demokratische Beteiligung in allen Phasen der politischen Entwicklung. Das Demokratiedefizit wird sogar zum Wahlkampfthema: das Gefühl der demokratischen Beteiligung und Mitverantwortung soll unter den Wählern gestärkt werden.

2.3. Begrenzte Mittel - aus weniger mehr machen

Die Behörden sehen sich der Forderung ausgesetzt, dem Steuerzahler für sein Geld ,mehr Leistung" zu bieten. Die Verwaltungen müssen mehr und bessere Dienstleistungen mit gleichbleibenden oder sogar geringeren Haushaltsmitteln erbringen. Die Ausgaben der öffentlichen Hand müssen in vielen Mitgliedstaaten wegen des geringen Wirtschaftswachstums und dem Zwang zur Verringerung der Haushaltsdefizite drastisch eingeschränkt werden. Die schwierige Aufgabe besteht darin, die Produktivität des öffentlichen Sektors zu steigern, damit ein Spielraum für Leistungsverbesserungen zu gleichen oder geringeren Kosten entsteht.

Überdies werden die Behörden in Anbetracht der alternden Bevölkerung auch mit weniger Mitarbeitern und weniger erwerbstätigen Steuerzahlern auskommen müssen, jedoch den gleichen Dienstumfang in noch höherer Qualität zu erbringen haben.

Die Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes wünschen sich interessantere Arbeitsplätze mit besseren Möglichkeiten für die berufliche Entwicklung und die persönliche Mitwirkung. Aber Arbeitsplatzgarantien wie lebenslange Beschäftigung und Sozialleistungen werden zunehmend ausgehöhlt. Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber steht auf dem Spiel.

3. Die Rolle elektronischer Behördendienste (E-Government)

E-Government wird hier definiert als Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien in öffentlichen Verwaltungen in Verbindung mit organisatorischen Änderungen und neuen Fähigkeiten, um öffentliche Dienste und demokratische Prozesse zu verbessern und die Gestaltung und Durchführung staatlicher Politik zu erleichtern.

E-Government ist damit der Schlüssel zu einer besseren und effizienteren Verwaltung. E-Government verbessert die Gestaltung und Durchsetzung staatlicher Politik und hilft dem öffentlichen Sektor bei der Bewältigung der sich widersprechenden Forderungen nach Erbringung von mehr und besseren Diensten mit immer weniger Mitteln.

Die moderne Technik kann zwar einen schlechten Verwaltungsablauf nicht in einen guten verwandeln, sie gibt dem öffentlichen Sektor aber die Möglichkeit, seine Aufgaben anders zu erfuellen.

Durch die Erhöhung der Effizienz und des Wettbewerbs im öffentlichen Beschaffungswesen dank elektronischer Einkaufsabwicklung können so zum Beispiel Hunderte Millionen Euro eingespart und in andere öffentliche Güter und Dienste investiert werden, so dass sie zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen. Gleichzeitig führt dies zur Erhöhung der Transparenz und der Verantwortlichkeit im öffentlichen Beschaffungswesen.

Einige Regierungen haben die Zeit, die zur Gründung eines neuen Unternehmens notwendig ist, drastisch verkürzt und bieten eine kostenlose Online-Eintragung an. Dadurch können sich die Unternehmer mit ihren begrenzten Ressourcen auf ihre eigentliche unternehmerische Tätigkeit konzentrieren. Durch die elektronische Meldung der Sozialversicherungsdaten über das Netz sparen die Unternehmen bereits heute Verwaltungskosten und verfügen dadurch über mehr Ressourcen für die Produktion oder Innovation.

Durch die Online-Bereitstellung von Informationen des öffentlichen Sektors zur Weiternutzung (soweit dies rechtlich zulässig ist), können Unternehmen attraktivere und wettbewerbsfähigere Produkte entwickeln.

Durch Informationen über Ausbildungs- und Arbeitsplätze in ganz Europa, die als europaweiter Dienst auf einer einzigen Website zur Verfügung stehen, werden Hindernisse für die Mobilität der Arbeitnehmer im Binnenmarkt abgebaut. Informationen öffentlicher Stellen, die auf einer Website in mehreren Sprachen angeboten werden, helfen Einwanderern, sich besser zurecht zu finden und erleichtern dadurch die wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration.

E-Government versetzt den öffentlichen Sektor in die Lage, eine verantwortungsvolle Verwaltung in der Wissensgesellschaft zu erhalten und zu stärken. Das bedeutet:

(1) Ein offener und transparenter öffentlicher Sektor: die Behörden sind dem Bürger gegenüber rechenschaftspflichtig, ihr Handeln ist für ihn nachvollziehbar, sie sind offen für demokratische Beteiligung und Kontrolle.

(2) Ein öffentlicher Sektor im Dienste der Allgemeinheit: Ein öffentlicher Sektor, in dessen Mittelpunkt der Nutzer steht, wirkt integrierend, d. h. er schließt niemanden aus und respektiert jeden Einzelnen, indem er persönlich zugeschnittene Dienste anbietet.

(3) Ein produktiver öffentlicher Sektor, der dem Steuerzahler für sein Geld eine maximale Leistung bietet. Dadurch wird weniger Zeit in Warteschlagen verschwendet, die Fehlerrate sinkt beträchtlich und es steht mehr Zeit für den direkten Kontakt mit dem Kunden zur Verfügung, wodurch die Arbeit auch für die Bediensteten befriedigender wird.

Kurz, elektronische Behördendienste tragen zur Schaffung eines offeneren, stärker integrativen und produktiveren öffentlichen Sektors und zu einer verantwortungsvollen Verwaltung bei [6]. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass sich der öffentliche Sektor auch in Zukunft bewähren kann.

[6] Diese Ziele spiegeln die Grundsätze für ein gutes Regieren wider, die im Weißbuch ,Europäisches Regieren" aus dem Jahr 2001 enthalten sind, KOM(2001) 428.

In diesem Sinne betrifft das verantwortungsvolle Handeln der Regierungen und Verwaltungen, dank einer richtigen Kombination aus Informations- und Kommunikationstechnologien, organisatorischer Erneuerung und besseren Fähigkeiten (E-Governance), auch andere Bereiche wie Gesundheitsfürsorge, die Bildungswesen und den öffentlichen Verkehr.

E-Governance ist daher ein breit gefasster Begriff, und viele Erfahrungen und Maßnahmen, auf die im Folgenden eingegangen wird, beziehen sich auch auf die Online-Erbringung von Dienstleistungen in anderen Bereichen wie Gesundheit und Bildung. Der Schwerpunkt in Bezug auf elektronische Behördendienste liegt hier aber auf den Dienstleistungen der Verwaltungen und auf der Unterstützung der demokratischen Prozesse.

4. Gegenwärtiger Stand, Probleme und Maßnahmen

4.1. Gegenwärtiger Stand

In den letzten Jahren haben alle europäischen Länder E-Government-Pläne und -strategien entwickelt. In allen Ländern sind Fortschritte bei der Online-Verfügbarkeit öffentlicher Dienste erzielt worden, wobei der durchschnittliche Anteil der elektronisch über das Netz zugänglichen Dienste zwischen Oktober 2001 und Oktober 2002 von 45 % auf 60 % angestiegen ist [7]. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kommt es weniger auf die Unterschiede zwischen den Ländern, sondern vor allem auf die Wachstumsraten und das strategische Engagement zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltungen an, was schnelle Fortschritte in den kommenden Jahren erwarten lässt. Wie auf der jüngsten E-Government-Konferenz 2003 in Como deutlich wurde, gibt es eine allgemeine Tendenz des Übergangs von Technologien zu Lösungen.

[7] Online-Verfügbarkeit als gewichteter Durchschnitt unter Berücksichtigung des Reifegrades (Information, einseitige Interaktion, beidseitige Interaktion und vollständige elektronische Abwicklung) der 20 öffentlichen Dienste für Unternehmen und Bürger, die von der Europäischen Kommission und dem Rat festgelegt wurden.

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Online-Verfügbarkeit öffentlicher Dienste, Okt. 2001-Okt. 2002; Wachstumsraten 2001-2002; für 20 grundlegende öffentliche Dienste; Quelle: CGEY, Februar 2003.

Natürlich ist Online-Bereitstellung nicht gleichzusetzen mit Online-Nutzung. Genauso wichtig sind die Bekanntmachung der Verfügbarkeit solcher Dienste, die Erschwinglichkeit des Zugangs, die einfache Nutzung und der Wille, diese Dienste auch zu nutzen. Es kommt vor allem auf den tatsächlichen Nutzwert solcher Dienste an: wie werden sie von den Menschen angenommen und genutzt, welche Vorteile haben sie davon und welche Vorteile bringen elektronische Behördendienste für die Verwaltungen selbst? Derartige nutzungsbezogene Daten sind derzeit noch relativ selten [8].

[8] Geliefert werden einige Daten zum Beispiel von IST-Projekten wie SIBIS, bei dem in verschiedenen Ländern die Bereitschaft zur Online-Nutzung öffentlicher Dienste im Vergleich zur herkömmlichen Nutzung, die tatsächliche Bekanntheit solcher Dienste und ihre tatsächliche Nutzung untersucht wurde (http://www.sibis-eu.org/sibis/ ). Nutzungsdaten werden auch im jüngsten IPTS-Bericht ,e-Public services in Europe: past, present and future" angegeben und analysiert.

Aus geschäftlicher Sicht stellen elektronische Behördendienste bereits einen ansehnlichen Markt dar. Im Jahr 2002 betrugen die Ausgaben der öffentlichen Verwaltungen für IKT etwa 30 Milliarden Euro (nur Verwaltungsdienste außer Gesundheit, Verteidigung, Bildung usw.). Davon entfallen auf IKT-Ausgaben für E-Government [9] schätzungsweise 5 Mrd. EUR, ein Betrag, der um 15 % jährlich schnell zunimmt. Hierbei handelt es sich allerdings nur um einen Bruchteil der Gesamtausgaben für elektronische Behördendienste, da sie mit erheblichen zusätzlichen (Re-)Organisations- und Schulungskosten verbunden sind.

[9] EITO 2002. In EITO wird ,IKT-Ausgbaben für E-Government" enger definiert.

4.1.1. Dienste für den Bürger - höhere Lebensqualität

Elektronische Behördendienste haben bereits bedeutende Auswirkungen auf das Leben der Bürger. Die Bürger erhalten leichter Zugang zu den Informationen der Behörden. Dadurch können sie nachvollziehen, wofür ihre Steuergelder ausgegeben werden und wie politische Entscheidungen getroffen werden, so dass sie ihre Bürgerrechte besser wahrnehmen können. Das ist eine wichtige Verbesserung hin zu transparenteren, verantwortlichen und offenen öffentlichen Institutionen. Sie dient der Stärkung der Demokratie. Außerdem ist die größere Transparenz auch im Kampf gegen Korruption und Betrug hilfreich. All dies sind wichtige potenzielle Vorteile nicht nur für Europa, sondern auch für Entwicklungs- und Schwellenländer weltweit.

Ein wichtiges Anliegen ist die Förderung der direkten Kommunikation zwischen Bürgern und politischen Entscheidungsträgern. Mit Hilfe von Online-Foren, virtuellen Diskussionsgruppen und elektronischen Abstimmungen können die Bürger ihre Meinung zur Geltung bringen, Fragen direkt an die Entscheidungsträger richten und so mit fundierten Ansichten zum demokratischen Prozess beitragen. Ein gutes Beispiel für eine breit angelegte Online-Konsultation ist die während des griechischen Ratsvorsitzes in der ersten Jahreshälfte 2003 betriebene ,e-Vote"-Website [10]. Auf EU-Ebene bildet das Webangebot ,Ihre Stimme in Europa" [11] einen zentralen Anlaufpunkt in allen Amtssprachen der EU für die von der Kommission durchgeführten Online-Konsultationen.

[10] http://evote.eu2003.gr/EVOTE/de/ index.stm

[11] http://europa.eu.int/yourvoice/ index_de.htm

Dienste für den Bürger werden nach und nach meist über zentrale Zugangsportale angeboten. Solche Portale sind in der Regel an Lebensereignissen [12] orientiert und fassen alle für den Bürger in bestimmten Lebensumständen wichtigen Informationen zusammen [13].

[12] Der Begriff ,Lebensereignisse" bezieht sich auf behördliche Dienstleistungen, die in bestimmten Lebensumständen benötigt werden, z. B. Geburt eines Kindes, Einschulung/Schulabgang, Änderung des Beschäftigungsstatus, Verbrechensopfer, Wohnortwechsel, Eintritt einer Behinderung, Renteneintritt.

[13] Beispiele hierfür sind das nach Lebensereignissen geordnete Webangebot des zentralen irischen Standesamtes (www.groireland.ie), das u. a. eine automatische Bearbeitung von Kindergeldanträgen umfasst; und das katalanische Portal ,CAT365" (www.cat365.net) aus Spanien für Fragen wie Aus- und Weiterbildung und Arbeitssuche (mit einem Dienst für die Unternehmensgründung).

Bürgerportale dieser Art werden immer ausgereifter und sind zunehmend mit neuen Merkmalen wie elektronischer Identifizierung, elektronischen Zahlungsfunktionen (was die Frage von gemeinsamer Standards aufwirft) und größerer Interaktivität ausgestattet [14]. Die Nutzung dieser Merkmale hat zwar noch keine allgemeine Verbreitung erreicht, nimmt aber schrittweise zu. Obwohl nun auch spezielle Online-Angebote für behinderte Menschen entstehen [15], ist der mit der nichtelektronischen Abwicklung vergleichbare Zugang mit Hilfe anderer Geräte als dem PC, z. B. über das Digitalfernsehen oder Mobilfunktelefone, der die soziale Einbeziehung sicherstellen würde, noch immer relativ selten [16].

[14] So betreibt die finnische Rentenanstalt ein Webangebot in drei Sprachen zum Thema Arbeitsrente mit einem individuellen Dienst für Rentenversicherte, die Internet-Banking mit einer persönlichen Chipkarte nutzen - das sind etwa 80 % der erwerbstätigen Bevölkerung (www.tyoelake.fi).

[15] Beispielsweise das französische Portal ,Handiplace.org", www.handiplace.org.

[16] Neue Techniken können den Zugang erleichtern und die Produktivität steigern, wie dies am niederländischen CareMore-Konzept deutlich wird, bei dem Gemeindeschwestern für ihre Hausbesuche beim Patienten PDAs nutzen (www.sensire.nl).

Die Europäische Kommission hat E-Government mit ihrer Initiative ,e-Kommission" (Modernisierung der internen Verwaltung, verbesserte Kommunikation vor allem mit den Mitgliedstaaten und den anderen europäischen Organen, bessere öffentliche Dienste für Bürger und Unternehmen) aufgegriffen [17]. Zu den Maßnahmen, die den Bürger direkt betreffen, zählen die Online-Bereitstellung aller Rechtsvorschriften und anderer amtlicher Kommissionsunterlagen sowie die Einführung der ,interaktiven Politikgestaltung" für die Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen (spontane Äußerungen und Online-Konsultationen) als Bestandteil des Konzepts zur Verbesserung der Rechtsvorschriften. Der nächste Schritt ist der Aufbau des Europa-Servers der 2. Generation als neuer Portaltyp für alle Arten thematischer Informationen und interaktiver Dienste rund um die Politikbereiche und die Tätigkeiten der EU, bei dem die organisatorische Komplexität hinter den Kulissen unsichtbar bleibt.

[17] ,Auf dem Weg zur elektronischen Kommission: Umsetzungsstrategie 2001-2005", Juni 2001.

4.1.2. Dienste für Unternehmen - Stärkung des Wettbewerbsfähigkeit in Europa

Die Unternehmen arbeiten heute in Europa unter Rahmenbedingungen, die häufige und obligatorische Kontakte mit den Behörden und oft mit unterschiedlichen Verwaltungsstellen umfassen. Dadurch entsteht ein hoher Verwaltungs- und Zeitaufwand für die Unternehmen. Den elektronischen Behördendiensten kommt hier eine wichtige Rolle zu, denn sie sollen eine einheitliche Anlaufstelle für alle Verwaltungsinformationen und -anforderungen bereitstellen. Dies betrifft Bereiche wie das öffentliche Beschaffungswesen, Zoll und Steuern, Sozialbeiträge, geografische Informationen sowie Informationen über die Eintragung eines neuen Unternehmens und die Beantragung der erforderlichen Genehmigungen.

Ein wichtiger E-Government-Aspekt in Bezug auf Dienste für Unternehmen ist, dass produktivere und höherwertige Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltungen auch zur Steigerung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit im Privatsektor führen, weil nicht nur die Kosten der behördlichen Dienstleistung selbst, sondern auch die Transaktionskosten des Unternehmens (Zeit, Aufwand) sinken und weniger Verwaltungsfehler unterlaufen.

So zeigen die Ergebnisse des Betriebs elektronischer Zollabwicklungssysteme, dass die meisten Zollerklärungen rund um die Uhr in wenigen Minuten und in deutlich besserer Qualität bearbeitet werden können [18]. Das Gleiche gilt für die elektronische Mehrwertsteuerabwicklung, an der EU-weit gearbeitet wird. Ähnliche Vorteile werden von der künftigen elektronischen Erfassung von Verbrauchssteuerunterlagen im innergemeinschaftlichen Warenverkehr erwartet [19].

[18] Das schwedische Zollportal Virtual Customs Office (www.customs-vip.info/eGov/) bearbeitet 90 % aller Zollerklärungen elektronisch und fertigt 70% der Erklärungen automatisch innerhalb von 3 Minuten ab. Das polnische integrierte Zoll- und Steuersystem für die Grenzkontrolle und Zolleinnahme erreichte sogar eine Verringerung der Fehlerquote um den Faktor 20 (www.krakow.uc.gov.pl/clogran.htm). Die nationale öffentliche Beschaffungsstelle in Dänemark konnte dank des elektronischen Ausschreibungssystemn ETHICS ihre Produktivität verdoppeln und Beschwerden vollständig vermeiden (www.ski.dk/). Vom rumänischen Beschaffungssystem ,e-Market" werden Einsparungen in Höhe von 20 % gemeldet (www.e-licitatie.ro).

[19] Siehe auch die Mitteilung über "Eine vereinfachte, papierlose Umgebung für Zoll und Handel", COM(2003) 452, Juli 2003

Der funktionelle Ausbau der online angebotenen Dienstleistungen (d. h. dass sie über die bloße Information hinausgehen und auch Interaktivität und Transaktionen ermöglichen) ist bei den Diensten für Unternehmen schneller voran gekommen als bei den Diensten für den Bürger [20].

[20] Untersuchung von Cap Gemini Ernst & Young (CGEY) für die Europäische Kommission, Februar 2003.

Einige dieser Dienste für Unternehmen gehen nun zur stärkeren Verwendung elektronischer Zertifikate über. Die Einführung dieser neuen Technik über die elektronischen öffentlichen Dienste für Unternehmen kann auch zur Schaffung einer kritischen Masse für den Zertifikatseinsatz beitragen, indem ihre Nutzung z. B. im elektronischen Beschaffungswesen, in der elektronischen Zollabwicklung und in elektronischen Verbrauchssteuer- und Steuererklärungen verbessert oder die Meldung der Sozialversicherungsdaten in Papierform abgeschafft wird. Im Allgemeinen ist der Verkehr mit den Behörden ein Anreiz, um die Einführung von Computernetzen insbesondere in den KMU voranzutreiben.

4.1.3. Dienste zwischen den Verwaltungen - Stärkung der Zusammenarbeit

Die E-Government-Politik kann auch Wege zu einer strukturierten Zusammenarbeit zwischen den nationalen, regionalen und kommunalen Behörden sowie mit den Gemeinschaftsorganen [21] eröffnen, selbst wenn dabei zahlreiche Hindernisse überwunden werden müssen, darunter widerstreitende Zielvorstellungen, eine bisweilen verwirrende Vorschriftenvielfalt, die zersplitterte Kompetenzverteilung zwischen den traditionell bestehenden Einrichtungen des öffentlichen Sektors [22] und die althergebrachten Verfahren und Arbeitsweisen.

[21] Entsprechend dem Weißbuch ,Europäisches Regieren".

[22] So waren an der Umgestaltung des belgischen Sozialversicherungssystems etwa 2000 Sozialversicherungseinrichtungen auf nationaler, regionaler und örtlicher Ebene beteiligt.

Regionale und kommunale Verwaltungen stehen bei der elektronischen Erbringung öffentlicher Dienstleistungen [23] oft an vorderster Front. Ihre Vorarbeit, auch mit Hilfe ihrer Verbände, ist ein entscheidender Faktor für das Vorankommen der elektronischen Behördendienste. Die E-Government-Entwicklung auf regionaler und örtlicher Ebene ist zunehmend auch zu einem Schwerpunkt in den Programmen der Strukturfonds geworden und macht in den Ziel-1-Regionen etwa 30 %, in den Ziel-2-Regionen etwa 20 % der Ausgaben für die Informationsgesellschaft aus. In den überarbeiteten Strukturfondsleitlinien für Investitionen in die Informationsgesellschaft 2000-2006 spielt E-Government unter anderem im Hinblick auf die Förderung der Nachfrage nach behördlichen Inhalten und deren Finanzierung ein Rolle, vor allem im Hinblick auf örtliche und regionale öffentliche Dienste.

[23] Beispiele sind: ENTERPRISE-51, eine einheitliche Anlaufstelle, die Beratungs- und Dienstleistungen für Unternehmen in 51 Gemeinden der italienischen Provinz Pordenone bietet (www.amministrazionefuturo.com), ,Service-Public Local" aus Frankreich mit einem Angebot an örtlichen öffentlichen Diensten für die wirtschaftliche Entwicklung (http://www.servicepubliclocal.net/ ) sowie ,3 Islands Partnership" im Vereinigten Königreich, das elektronische Dienstleistungen sowohl für Bürger als auch Unternehmen auf kaum bevölkerten, abgelegenen schottischen Inseln bietet, und damit lange und teuere Reisen überfluessig macht.

In den meisten Mitgliedstaaten wirken sich die nationalen Strategien und Programme für die Informationsgesellschaft und für E-Government auch auf die Planung und Gestaltung der Regionalpolitik aus. Daher ist eine wirksame Koordinierung zwischen der nationalen und der regionalen Ebene notwendig [24], insbesondere im Hinblick auf die überregionale Vernetzung, die Zusammenarbeit der Verbände und den Austausch vorbildlicher Praktiken.

[24] Konferenz über Informationsgesellschaft und regionale Entwicklung in Salerno (15.-16. Mai 2003).

4.2. Probleme und Maßnahmen

Bevor die individuellen Beispiele zu breit verfügbaren und genutzten elektronischen öffentlichen Diensten ausgebaut und noch modernere und benutzerfreundliche Dienste eingeführt werden können, muss erst eine Reihe grundlegender Probleme gelöst werden. Nachfolgend werden solche vorrangigen Fragen untersucht und entsprechende Maßnahmen aufgezeigt (Einzelmaßnahmen in doppelt unterstrichenen Textfeldern). Dabei geht es nicht um Vollständigkeit, sondern um die Darstellung der Schlüsselprobleme, deren Lösung ein gemeinsames Vorgehen erfordert.

Mehrere der folgenden Maßnahmen sind in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen EU-Programmen und dem Europäischen Netz der öffentlichen Verwaltungen durchzuführen.

4.2.1. Zugang für alle

Voraussetzung für eine stärkere Beteiligung auf elektronischem Wege ist, dass allen Bürgern auch volle Zugangsmöglichkeiten zum Netz eingeräumt werden. Potenzielle Hindernisse sind der geringe Verbreitungsgrad des Internet in einigen Ländern, die beschränkte Verfügbarkeit der Dienste und die mangelhafte Benutzerfreundlichkeit des Zugangs für Behinderte und für Menschen mit geringen Computerkenntnissen.

Die Verwirklichung des allgemeinen Zugangs zu öffentlichen Diensten ist ein wichtiges Ziel der öffentlichen Verwaltungen. Um die Bürger mit der notwendigen digitalen Kompetenz auszustatten, die es ihnen ermöglicht, die Vorteile der elektronischen Behördendienste voll für sich zu nutzen, sind Aus- und Weiterbildung unverzichtbar. Der Aufbau dieser digitalen Kompetenz ist daher eine der Prioritäten des neuen Programms ,eLearning" [25].

[25] KOM(2002) 751 vom 19. Dezember 2002.

Die Beteiligung der Bürger kann dadurch erleichtert werden, dass die Dienste über unterschiedliche Geräte zugänglich gemacht werden, z. B. PC, Digitalfernsehen, Mobiltelefon oder öffentliche Internetzugänge, und zwar neben den üblichen, herkömmlichen nichtelektronischen Diensten.

Ein solcher plattformübergreifender Ansatz (,Multi-Plattform-Konzept") ist der Schlüssel zur Einbeziehung aller und zur Verhinderung einer neuen digitalen Kluft in der Gesellschaft. Nach dem entsprechenden Ziel des Aktionsplans eEurope 2005 sollen die Mitgliedstaaten bis Ende 2004 dafür sorgen, dass die grundlegenden öffentlichen Dienste - soweit dies sinnvoll ist - plattformübergreifend angeboten werden. Die Europäische Kommission (Programm ,Datenaustausch zwischen Verwaltungen", IDA) wird diesen plattformübergreifenden Ansatz in einer Studie näher untersuchen, um vorbildliche Praktiken festzustellen und Leitlinien für die Erbringung von elektronischen Behördendiensten zu erarbeiten.

Durch die Anwendung der Grundsätze der nutzerfreundlichen Gestaltung für alle Bedürfnisse (,Design for all") wird eine breitere Beteiligung der Bürger ermöglicht. Es müssen nun Leitlinien für die Entwicklung und Bewertung der Benutzeroberflächen und Zugangswege öffentlicher Dienste erarbeitet werden. Im Rahmen des Aktionsplans eEurope 2002 haben die Mitgliedstaaten die WAI-Leitlinien (Web Accessibility Initiative) gebilligt, die nun als fester Bestandteil elektronischer öffentlicher Dienste übernommen werden sollten.

Der plattformübergreifende Zugang für alle muss durch die nationalen E-Government-Aktionspläne und den Austausch vorbildlicher Praktiken gefördert werden.

Der Verbreitungsgrad des Internet in der EU hat seit der Tagung des Europäischen Rates im März 2000 rasant zugenommen (mehr als 40 % der Haushalte und 90 % der Unternehmen und Schulen sind nun an das Internet angeschlossen). Dieser Anstieg hängt eng mit der Einführung neuer und interaktiverer Dienste zusammen. Diese wiederum erfordern schnellere Internetverbindungen (z. B. durch Breitbandanschlüsse). Der Übergang von ,Schmalband"- zu schnellen Breitbandnetzen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu benutzerfreundlicheren öffentlichen Diensten mit reichhaltigeren Informations- und Interaktionsmöglichkeiten. Breitbandanschlüsse führen dazu, dass die Nutzer mehr Zeit im Internet verbringen.

Schnelle, ständig bestehende Verbindungen sind auch eine Voraussetzung für einen ununterbrochenen Zugang zu gemeinsam genutzten Datenbanken innerhalb der Verwaltungen selbst. Daher ist eine breit angelegte Übernahme vorbildlicher Einzelbeispiele durch die Verwaltungen nur auf der Grundlage der Breitbandtechnik machbar.

Der Aktionsplan eEurope 2005 erhebt die ,breite Verfügbarkeit und Nutzung von Breitbandanschlüssen bis 2005" dementsprechend zu einem wichtigen Ziel. In der Mitteilung ,Elektronische Kommunikation - der Weg zu einer wissensbestimmten Wirtschaft [26]" wird als Ziel angestrebt, bis 2005 die Hälfe aller Internetverbindungen über Breitbandanschlüsse abzuwickeln. Ihre Verfügbarkeit kann durch abgestimmte Maßnahmen auf der Angebots- und der Nachfrageseite gefördert werden.

[26] KOM(2003) 65, 11. Februar 2003

Zu diesen Maßnahmen zählt der neue Rechtsrahmen für die Telekommunikation, der auf technologisch neutrale Weise den Wettbewerb zwischen den Kommunikationsnetzen ankurbelt. Durch eine gebündelte Nachfrage werden tragfähige Investitionen in die Breitbandtechnik und in neue Plattformen wie Digitalfernsehen und Mobilfunk der 3. Generation erleichtert. Die Kommission wird im Herbst 2003 einen Workshop über örtliche Initiativen und Nachfragebündelung durchführen.

Die meisten Nachfrageförderungsmaßnahmen des Aktionsplans eEurope 2005 sind nicht speziell für den ,Breitband"- oder ,Multi-Plattform"-Zugang gedacht, sondern beziehen sich auf alle Ziele. eEurope 2005 enthält den Aufruf an alle öffentlichen Verwaltungen, sich bis 2005 mit Breitbandanschlüssen auszustatten. Bei der Nachfrageförderung ist auch zu berücksichtigen, wie die Bürger und Unternehmen auf die Bereitstellung von Diensten über mehrere Kanäle reagieren und welche Erfahrungen sie damit machen [27].

[27] Siehe dazu auch die Ministererklärung der E-Government-Konferenz 2003.

Neue, hochmoderne Formen der Interaktivität öffentlicher Dienste auf der Grundlage von Breitbandtechnik und plattformübergreifendem Zugang sollten auch in der Forschung und Entwicklung der EU thematisiert sowie in Pilotprojekten und Durchführungsprogrammen berücksichtigt werden.

4.2.2. Vertrauensbildung

Öffentliche Dienste können nur innerhalb eines Umfelds angeboten werden, in dem Vertrauen herrscht. Ein solches Umfeld muss den Bürgern und Unternehmen jederzeit eine sichere Interaktion und einen sicheren Zugang garantieren können.

Schutz der personenbezogenen Daten, Authentifizierung und Identitätsmanagement sind erstrangige Problemstellungen, bei deren Lösung kein öffentlicher Dienst versagen darf. Öffentliche Einrichtungen müssen garantieren können, dass digitale Transaktionen und die elektronische Kommunikation sicher sind und dass personenbezogene Daten geschützt bleiben. Die Bürger müssen stets in der Lage sein, den Zugang zu ihren persönlichen Daten zu kontrollieren und festzustellen, wie Nutzung, Speicherung und Zugriff darauf erfolgen. Probleme in diesem Bereich können neben Gesetzesverstößen auch beträchtliche soziale und wirtschaftliche Kosten nach sich ziehen. Es dürfen nur die Daten erfasst werden, die für den jeweiligen Verwendungszweck erforderlich sind [28]. Zu diesem Zweck sollte die Verwendung datenschutzfreundlicher Technik (Privacy Enhancing Technologies, PET) begünstigt werden.

[28] Entsprechend dem in der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG festgelegten sog. Grundsatz der Datenminimierung.

Der Einsatz datenschutzfreundlicher Technik in elektronischen Behördendiensten sollte u. a. durch die einschlägigen EU-Programme gefördert werden.

Datenschutz, Netz- und Informationssicherheit, Bekämpfung der Cyber-Kriminalität und Zuverlässigkeit der Systeme sind unverzichtbare Voraussetzungen für eine reibungslos funktionierende Informationsgesellschaft und stehen deshalb im Mittelpunkt der EU-Politik. Die Kommission hat gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eine umfassende Strategie zur Bewältigung dieser Fragen erarbeitet.

Eine ganze Reihe von FuE-Projekten, die durch das Programm ,Technologien der Informationsgesellschaft" (IST) des Fünften EU-Rahmenprogramms und durch das Sechste Rahmenprogramm unterstützt werden, beschäftigen sich mit dieser Problematik. Ein wichtiger Schritt zur Erhöhung der Netz- und Informationssicherheit wird die zügige Gründung der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit sein. Ein entsprechender Vorschlag liegt dem Rat und dem Parlament zur Beratung vor.

Der Aktionsplan eEurope 2005 enthält ferner die Forderung nach Entwicklung einer ,Sicherheitskultur". Dies betrifft gleichermaßen den öffentlichen wie den privaten Sektor. Hierzu zählt auch die Gewährleistung sicherer Kommunikationssysteme für den Austausch vertraulicher Informationen zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten - eine Aufgabe, die von IDA wahrgenommen wird.

Die auf allen Ebenen verfolgten E-Government-Strategien müssen zur Bildung von Vertrauen in die öffentlichen Dienste und in die demokratische Beteiligung über das Netz beitragen.

In den letzten Jahren haben sich die elektronischen Identitäts- und Authentifizierungssysteme stürmisch weiterentwickelt. Der Zugriff auf die personenbezogenen Daten der Bürger muss in vollständiger Übereinstimmung mit den europäischen und nationalen Datenschutzvorschriften erfolgen. Dabei soll die technische Gestaltung so erfolgen, dass die Bürger in die Lage versetzt werden, den Zugang zu ihren persönlichen Daten soweit wie möglich selbst zu bestimmen. Die Verwirklichung effizienter und persönlich angepasster Dienste mit Hilfe der vorhandenen Daten über die Bürger wird allerdings oft durch starre Verwaltungsabläufe, aber auch Fragen der Kompetenzabgrenzung und konkurrierende Systeme behindert. In den meisten Ländern befindet sich die Einführung und Verbreitung solcher Systeme noch in einer relativ frühen Entwicklungsphase, in der erste Erfahrungen gesammelt werden [29]. Angesichts der Größe und der Bedeutung dieser Herausforderung ist es nun höchste Zeit, die Zusammenarbeit in diesem Bereich zu verstärken und die Zukunft gemeinsam vorzubereiten.

[29] In zwei Dritteln der Fälle erfolgt die Authentifizierung der Bürger noch immer nur per Nutzername und Passwort (e-Forum, Juni 2002).

Zur Weiterentwicklung des Identitätsmanagements in der EU müssen die Interoperabilitätsprobleme gelöst und die künftigen Anforderungen unter Beachtung der unterschiedlichen rechtlichen und kulturellen Voraussetzungen und des EU-Datenschutzrahmens geklärt werden. Die EU-Programme für Forschung und Entwicklung, Einführung und Anwendung müssen dazu auf abgestimmte Weise beitragen (z. B. 6. RP/IST [30], eTen [31] und IDA [32]).

[30] Zur FuE des 6. RP/IST auf dem Gebiet E-Government siehe: http://www.cordis.lu/ist/directorate_c/ .

[31] eTEN ist das Programm der transeuropäischen Netze für elektronische Dienste, siehe http://europa.eu.int/information_society/ programmes/eten/.

[32] Weitere Informationen über IDA: http://europa.eu.int/ISPO/ida/jsps/ index.jsp?fuseAction=home.

4.2.3. Bessere Nutzung der Informationen des öffentlichen Sektors

In Südtirol (Italien) bietet Digital Cartography einen geografischen Informationsdienst und interaktive Karten für die Bau- und Umweltplanung mit Berücksichtigung natür licher Ereignisse wie Erdbeben. Auf ähnliche Weise fördert die Kommunalverwaltung von Seixal (Portugal) die Verwendung von GIS-Daten durch ihre Verwaltungsmitarbeiter und Techniker (srvweb.cm-seixal.pt).

Die Weiternutzung von Inhalten, die sich im Besitz öffentlicher Einrichtungen befinden, beispielsweise von geografischen, touristischen und meteorologischen Informationen und von Statistiken birgt ein erhebliches wirtschaftliches und soziales Nutzenpotenzial. Solche Inhalte bilden nicht zur einen Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen, sondern auch zur Steigerung der Vielfalt und Qualität der Dienstleistungen für den Bürger.

Gegenwärtig gibt es auf dem europäischen Markt beträchtliche Hindernisse, die es schwierig machen, Informationsdienste auf der Grundlage von Informationen des öffentlichen Sektors zu betreiben, wenn sich diese auf unterschiedliche europäische Länder erstrecken sollen. Die Vorschriften und Verfahren für die Weiternutzung solcher öffentlichen Informationen unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten ganz erheblich. Außerdem machen es unterschiedliche Normen und die sprachliche Vielfalt schwer, das bestehende Potenzial voll auszuschöpfen.

Zur Überwindung der Unterschiede in den Vorschriften der Mitgliedstaaten hat die Kommission eine Richtlinie über die Weiterverwendung und kommerzielle Verwertung von Dokumenten des öffentlichen Sektors [33] vorgeschlagen. In seinen Schlussfolgerungen hat der Europäische Rat im Frühjahr 2003 die Verabschiedung dieser Richtlinie bis Ende 2003 gefordert. In diesem Zusammenhang bekräftigten die Minister ihre Entschlossenheit und riefen die Kommission auf, ihre Tätigkeit auf diesem Gebiet zu verstärken [34].

[33] KOM(2002) 207.

[34] Erklärung der Minister auf der E-Government-Konferenz 2003, Como, 7.-8. Juli 2003.

Die Richtlinie über die Weiternutzung von Dokumenten des öffentlichen Sektors sollte zügig verabschiedet und umgesetzt werden. Überdies sollten Pilotprojekte zur Vereinfachung der grenzübergreifenden Nutzung und zur Verbreitung empfehlenswerter Verfahren EU-weit gefördert werden.

Solche Pilotprojekte könnten Teil einer Folgemaßnahme auf das Programm eContent sein und auf den Erfahrungen des IDA-Programms und des IST-Schwerpunkts des 6. Rahmenprogramms aufbauen.

4.2.4. Öffentliches Beschaffungswesen

Im Vereinigten Königreich will das für die Beschaffung zuständige Office of Government Commerce über einen Zeitraum von drei Jahren 350 Mio. EUR bei Regierungsaufträgen im zivilen Bereich sparen, indem eine Strategie für das elektronische Beschaffungswesen umgesetzt wird. Auf ähnliche Weise erwartet auch die irische Regierung Einsparungen von mehr als 400 Mio. EUR über einen Zeitraum von fünf Jahren, was rund 2 % der Ausgaben des öffentlichen Sektors im Beschaffungswesen ausmacht.

Ein Bereich, in dem erhebliche Effizienzgewinne erzielt werden können, ist das öffentliche Beschaffungswesen. Die herkömmlichen Beschaffungsprozesse sind komplex, zeitaufwändig und binden viele Ressourcen, sodass sie mit erheblichen Produktivitätsverlusten verbunden sind. Der Einsatz von IKT im öffentlichen Beschaffungswesen kann die Effizienz steigern, die Qualität und das Preis-Leistungsverhältnis bei öffentlichen Aufträgen verbessern und Steuergelder sparen (siehe Kasten). Er kann einen Beitrag leisten zu besseren Lieferantenbeziehungen, einer größeren Zufriedenheit der Nutzer, einem besseren Einsatz der personellen Mittel im Beschaffungsprozess und einer größeren Überprüfbarkeit öffentlicher Ausgaben. Um diese Vorteile zu verwirklichen, müssen grundlegende Änderungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens innerhalb der Verwaltungen und in den Beziehungen zwischen Verwaltungen und potenziellen Auftragnehmern bewirkt werden.

Das Fehlen eindeutiger gemeinschaftlicher Regeln hat sich bislang als Hindernis für die Einführung des elektronischen Beschaffungswesens in Europa erwiesen. Die bevorstehende Verabschiedung des Legislativpakets mit Richtlinien zum öffentlichen Beschaffungswesen, das dessen elektronische Variante besonders regelt, sollte eine Wende bei der Verbreitung des elektronischen Beschaffungswesens in Europa bringen. Elektronische Behördendienste, die den Austausch zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen unterstützen und erleichtern, z. B. die Erstellung digitaler Zertifikate und die Einführung digitaler Unterschriften in ganz Europa, können positiv zur Umstellung des Beschaffungswesens von der papiergebundenen auf die elektronische Abwicklung beitragen.

Die Verabschiedung der neuen Rechtsvorschriften zum Beschaffungswesen bietet eine Chance für die Modernisierung des Beschaffungswesens im öffentlichen Sektor. Ein Gemeinschaftsansatz zur Berücksichtigung der Binnenmarktaspekte ist von entscheidender Bedeutung, um eine mögliche Zersplitterung des Beschaffungsmarkts aufgrund miteinander unvereinbarer elektronischer Beschaffungssysteme und -normen in Europa zu verhindern und Unausgewogenheiten in der wirtschaftlichen Entwicklung aufgrund einer langsameren Durchdringung der neuen Technologien in bestimmten Ländern oder Regionen zu vermeiden.

Die Kommission erwägt, 2004 einen umfassenden Drei-Jahres-Aktionsplan vorzuschlagen, der die Umsetzung der neuen Bestimmungen zum elektronischen öffentlichen Beschaffungs wesen flankieren soll.

Darin werden eine Strategie dargelegt und alle Maßnahmen zur Rechtsetzung sowie Maßnahmen anderer Art angegeben, die zur Überwindung der Hindernisse für eine grenzübergreifende elektronische Beschaffung nötig sind und die Interoperabilität der elektronischen Beschaffungssysteme gewährleisten. Um die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern und Vorbereitungen für den Aktionsplan zu treffen, hat die Kommission eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Innerhalb des Programms IDA sind spezifische Unterstützungsmaßnahmen im Gange.

4.2.5. Stärkung des Binnenmarkts und der Unionsbürgerschaft durch europaweite Dienste

Die Bürger genießen innerhalb der Europäischen Union das Recht auf Freizügigkeit als Arbeitnehmer und das Niederlassungsrecht. Unternehmen sind in der gesamten EU tätig. Sie haben dabei oft mit nationalen öffentlichen Verwaltungen zu tun, in ihrem eigenen oder einem anderen Mitgliedstaat. Der weitere Ausbau der wissensbestimmten Wirtschaft, die Vertiefung des Binnenmarkts, insbesondere für Dienstleistungen, und die Erweiterung der Europäischen Union führen zu einem wachsenden Bedarf an einem grenzübergreifenden oder sogar europaweiten Verkehr mit öffentlichen Verwaltungen. Beispiele sind der Zugang zu allgemeinen behördlichen Informationen, die Erfuellung von Vorschriften und der verwaltungstechnische Austausch zwischen Institutionen verschiedener Länder [35].

[35] Ein Beispiel für einen grenzübergreifenden Dienst ist Transcards, der Bürgern in der Region Thiérache die Nutzung der am besten geeigneten Einrichtungen des Gesundheitswesens ermöglicht, ungeachtet dessen, ob sie auf der belgischen oder der französischen Seite der Grenze wohnen.

Einige europaweite Dienste sind bereits eingerichtet und werden ständig weiterentwickelt.

EURES und PLOTEUS sind solche Dienste [36], die zeigen, welches Potenzial es für EU-weite Dienste für Beschäftigung und Ausbildung gibt: Arbeitnehmer können sich damit informieren, welche Stellenangebote es in bestimmten Mitgliedstaaten gibt, ob ihre Qualifikationen anerkannt werden, welche Ausbildungsmöglichkeiten bestehen usw. Der Binnenmarktdienst SOLVIT befasst sich mit Verwaltungshürden, die die Bürger und Unternehmen bei grenzübergreifenden Vorgängen zu überwinden haben. Initiativen, u. a. zum Dialog mit Bürgern und Unternehmen [37] und das Portal der EU-Verwaltung [38], werden die Grundlage für das künftige Portal ,Ihr Europa" bilden, das Zugang zu einer umfassenden Bandbreite an Informationen und Dienstleistungen von Verwaltungen auf europäischer und einzelstaatlicher Ebene bieten wird.

[36] Siehe http://europa.eu.int/eures und http:// www.ploteus.net. Diese Dienste werden durch das Programm IDA gefördert und von der Generaldirektion Bildung und Kultur der Kommission verwaltet.

[37] http://europa.eu.int/ citizensrights und http://europa.eu.int/ business

[38] Wird über IDA als Zugangspunkt zu europaweiten elektronischen Behördendiensten eingerichtet: http://europa.eu.int/ public-services.

Werden solche europaweiten Dienste entwickelt, sollten potenzielle Probleme erwogen und vermieden werden. Eines dieser Probleme ist, dass - wenn diese Dienste allein unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Perspektive und Tradition des Mitgliedstaats entwickelt wurden (insbesondere auch in der jeweiligen Landessprache) - der Zugriff für Bürger und Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten schwierig sein kann. Ein weiteres Problem besteht darin, dass es bei der Entwicklung solcher Dienste aus technischen oder Verfahrensgründen unbeabsichtigt zu neuen Hindernissen im Binnenmarkt kommen kann [39].

[39] Beispielsweise könnte das Risiko, dass ein elektronisches Zertifikat, das in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurde, für die elektronische Unterzeichnung eines Vertrags mit der öffentlichen Verwaltung eines anderen Mitgliedstaats nicht anerkannt wird, ein Hemmnis für die grenzübergreifende Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen darstellen.

Idealerweise sollten sowohl Bürger als auch Unternehmen einen zentralen Anlaufpunkt für Verwaltungen nutzen können, der für alle Mitgliedstaaten eine gleich geartete Inanspruchnahme von Dienstleistungen ermöglicht. Ein Beispiel dafür ist die Mehrwertsteuerpflicht, bei der sich Händler immer häufiger in mehreren Mitgliedstaaten anmelden und dort Mehrwertsteuer abführen müssen und wo daher eine zentrale Anlaufstelle in nur einem Mitgliedstaat erhebliche Vorteile hätte [40].

[40] Ein solches System wurde ab dem 1. Juli 2003 bereits für die Mehrwertsteuer auf elektronische Dienstleistungen von Anbietern aus Drittländern eingeführt (Richtlinie 2002/38/EG) und könnte weiter ausgedehnt werden (siehe auch die offene Konsultation des Web-Dienstes ,Ihre Stimme in Europa").

Elektronische Behördendienste sollten so ausgelegt sein, dass sie für Nutzer in anderen Mitgliedstaaten offen und nahtlos zugänglich sind, unabhängig davon, ob für den jeweiligen Dienst eine lokale, regionale oder nationale öffentliche Verwaltung oder eine europäische Institution oder Agentur zuständig ist.

Die Bereitstellung gemeinsamer europaweiter Dienste ist ein Thema, das mit Bedacht anzugehen ist. Viele Mitgliedstaaten schreiben vor, dass Behördendienste von der Verwaltungsbehörde zu erbringen sind, die dem Nutzer am nächsten ist, also eventuell auf lokaler oder regionaler Ebene, was dem Subsidiaritätsgedanken entspricht. Dies erfordert eine intensive Kooperation zwischen den Verwaltungen in der gesamten EU unter Einbeziehung des Privatsektors [41].

[41] Gemeinsame Onlinedienste auf europäischer Ebene müssen nicht unbedingt von den europäischen Institutionen erbracht werden. Sie könnten auch von Gewerkschaften, Berufsverbänden oder in Partnerschaft mit dem Privatsektor bereitgestellt werden. Ein Beispiel ist das Verfahren zur Beantragung von Satellitenlizenzen und Genehmigungen, das von der CEPT (Conférence Européenne des Postes et Télécommunications) über eine zentrale Anlaufstelle betrieben wird.

Europaweite Dienste können dem Binnenmarkt und den damit verbundenen Freiheiten wie auch der Unionsbürgerschaft einen wesentlichen Impuls verleihen, sofern den Bedürfnissen von Nutzern für grenzübergreifende Anwendungen, der Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen der Mitgliedstaaten, der Bereitstellung interoperabler Infrastrukturen und der Erbringung bestimmter öffentlicher Dienstleistungen auf europäischer Ebene Rechnung getragen wird.

Die Aufgabe für die Mitgliedstaaten und die europäischen Institutionen lautet jetzt sicherzustellen, dass europaweite Dienste definiert, entwickelt, eingerichtet, mit Inhalten angereichert und gefördert werden.

Eine schnelle Annahme des vorgeschlagenen Programms IDAbc [42] wird die Realisierung europa weiter Dienste ermöglichen, die den Verwaltungen, den Unternehmen und den Bürgern bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts Hilfestellung leisten.

[42] KOM(2003) 406, Interoperabilität europaweiter elektronischer Behördendienste (E-Government-Dienste) für öffentliche Verwaltungen, Unternehmen und Bürger (IDABC), 8. Juli 2003. Im Rahmen von IDA soll ein beratendes Gremium mit Vertretern des privaten und des öffentlichen Sektors eingerichtet werden, um bei der Ermittlung und Einrichtung europaweiter Dienste behilflich zu sein.

Einer schnellen Annahme bedarf auch der Vorschlag für die Überarbeitung der Finanzierungs bestimmungen für eTEN, damit die Förderhöchstgrenze auf 30 % angehoben werden und so die Einführung europaweiter Dienste beschleunigt werden kann.

4.2.6. Interoperabilität

In Europa werden öffentliche Dienstleistungen häufig noch immer von zahlreichen unterschiedlichen Stellen erbracht, sodass der Nutzer verschiedene Stellen kontaktieren muss (physisch oder im Internet). Unternehmen und Bürgern würde es zugute kommen, wenn öffentliche Dienstleistungen nahtlos online erbracht würden [43] und sie nicht zu wissen bräuchten, welche verschiedenen Stellen beteiligt sind.

[43] Das heißt, dass die Dienstleistung ohne Brüche erbracht wird, unabhängig davon, wie viele unterschiedliche Verwaltungssysteme oder Verwaltungsstellen beteiligt sind.

Sie ziehen außerdem auf ihre Bedürfnisse und Anforderungen zugeschnittene Dienstleistungen und Informationen vor, in der Gewissheit, dass der Datenschutz gewährleistet ist und die Dienste selbst sicher gestaltet sind. Voraussetzung für personalisierte Dienste ist aber die Integration und gemeinsame Nutzung von Prozessen und Wissen über Abteilungsgrenzen und Institutionen hinweg. Dazu müssen die IT-Systeme der verschiedenen beteiligten Verwaltungsstellen verknüpft werden und die Informationen und Verwaltungsprozesse ,interoperabel" gemacht werden.

Interoperabilität ist das Mittel, mit dem diese Verknüpfung von Systemen, Informationen und Arbeitsweisen erfolgt, innerhalb oder zwischen Verwaltungen, national oder innerhalb Europas oder mit Unternehmen.

Auf technischer Ebene können offene Standards eine solche Integration unterstützen. Verwaltungen sammeln Erfahrung mit Open-Source-Anwendungen unter Gesichtspunkten wie Kosten und Sicherheit und Vorteile durch externe Effekte, einschließlich der erleichterten Integration.

Der Erfahrungsaustausch über die Nutzung offener Standards und über Open-Source-Lösungen zwischen Verwaltungen sollte unter anderem durch die einschlägigen EU-Programme gefördert werden.

Interoperabilität ist jedoch nicht nur eine technische Frage der Verknüpfung von Rechner netzen, sondern betrifft auch organisatorische Fragen, etwa Koordinierungsprozesse, die nicht nur Abteilungsgrenzen innerhalb von Organisationen überspannen, sondern auch Partner organisationen einbeziehen, die intern abweichend organisiert sein können und anders arbeiten.

Werden interoperable E-Government-Systeme nicht eingerichtet, zieht dies sowohl volkswirtschaftliche als auch gesellschaftliche Kosten nach sich. Diese Kosten machen sich unter anderem wie folgt bemerkbar: statische, unflexible öffentliche Verwaltungen, deren Tätigkeit teuer ist und die nicht in der Lage sind, Politik zeitgerecht umzusetzen; Unfähigkeit, elektronische Behördendienste mit Zusatznutzen zu entwickeln; höhere Kosten, größere Verwaltungslasten und Wettbewerbsnachteile für örtliche Unternehmen (die sich z. B. nicht an Maßnahmen der elektronischen öffentlichen Beschaffung beteiligen können) und Behinderungen des ordentlichen Funktionierens des Binnenmarktes.

Für die erfolgreiche Entwicklung europaweiter E-Government-Dienste sollte eine Politik entwickelt werden, die der europäischen Dimension der Interoperabilität Rechnung trägt [44]. Eine Einigung über gemeinsame Normen und Spezifikationen ist eine wesentliche Voraussetzung für elektronische Behördendienste, bei denen Informationen ausgetauscht werden, sowie für die Forschung und Entwicklung im Bereich der Interoperabilität für vernetzte Organisationen, die künftig neue und innovative öffentliche Dienstleistungen bieten werden. Die meisten Mitgliedstaaten haben diese Herausforderung bereits aufgegriffen und nationale ,Rahmenregelungen für die Interoperabilität von E-Government-Diensten" verabschiedet. Auf europäischer Ebene wird dies ergänzt durch die Entwicklung des europäischen Rahmens für die Interoperabilität [45] und auf Politikebene durch die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit dem Titel ,Linking up Europe: the importance of interoperability for eGovernment services".

[44] Die Verwaltung eines Mitgliedstaats sollte in der Lage sein, auf Informationen der Verwaltung eines anderen Mitgliedstaats zuzugreifen, um Unternehmensdaten oder den Anspruch eines Bürgers aus einem anderen Mitgliedstaat auf Sozialhilfe zu prüfen, und zwar mit derselben Leichtigkeit, mit der ihr dies bei im eigenen Land eingetragenen Unternehmen oder den eigenen Bürgern möglich wäre. In ähnlicher Weise würde die technische und semantische Interoperabilität geografischer Informationen beispielsweise die grenzübergreifende Zusammenarbeit von Behörden, die Umweltüberwachung und die Koordinierung von Katastrophenschutzmaßnahmen verbessern.

[45] Ein Entwurf wird zur öffentlichen Konsultation auf der IDA-Internetseite zur Verfügung gestellt.

Der Rahmen für die Interoperabilität zur Unterstützung der Erbringung europaweiter elektronischer Behördendienste für Bürger und Unternehmen, auf den in eEurope 2005 Bezug genommen wird, soll in einer ersten Fassung bis Ende 2003 verabschiedet werden.

4.2.7. Organisatorischer Wandel

Die Einführung von IKT ist nur ein Bestandteil von E-Government. Der organisatorische Wandel und die Herausbildung neuer Fähigkeiten verbunden mit einer Mentalitätsänderung sind gleichermaßen von Bedeutung. E-Government erfordert häufig erhebliche Änderungen der Funktionsweise öffentlicher Verwaltungen, des Ablaufs von Verwaltungsverfahren, der Politikentwicklung und der Haushaltskontrolle.

Der Wandel hin zu einer Organisation, in deren Mittelpunkt der Nutzer steht (Kundenorientierung), der bereits zentrales Anliegen des ,New Public Management"-Ansatzes war, wird durch E-Government verstärkt und im Kontakt mit dem Nutzer in personalisierten Onlinediensten, der Bereitstellung einer zentralen Anlaufstelle und einem an Lebens- (oder Unternehmens-)ereignissen orientierten Ansatz sichtbar. Künftige Organisationsformen müssen zunehmend agil und flexibel sein, um den Bedürfnissen der Bürger besser gerecht zu werden.

Zur Umorganisation in den Verwaltungen sind möglicherweise Verfahren und Abläufe umzugestalten, die Mitarbeiter fortzubilden, neue Fähigkeiten und Kompetenzen herauszubilden, lokale Vorschriften anzupassen und neue Modelle für die Mitarbeiter führung zu entwickeln. IKT ist ein wichtiges Mittel zur Verbesserung des Zugangs zu Aus- und Weiterbildung und zu deren qualitativer Verbesserung. Zur Unterstützung dieses Prozesses wurde das Programm eLearning 2004-2006 vorgeschlagen.

Die angemessene Steuerung des Wandels ist Voraussetzung für die Etablierung einer von den meisten Bürgern und Unternehmen gewünschten dienstleistungsorientierten Mentalität bei störungsfreiem Ablauf der inzwischen weiter zu erbringenden Dienste. Dabei sollte der Wandel auch bewertet werden, also beurteilt werden, wie öffentliche Stellen von den Anfangsstufen elektronischer Behördendienste (Information und Interaktion) zu den höheren Stufen (Transaktion und Transformation) fortschreiten.

Das Europäische Netz der öffentlichen Verwaltungen (mit den für öffentliche Verwaltungen zuständigen Ministern) wird Organisationsempfehlungen vorlegen und den Austausch vorbildlicher Praktiken ermöglichen [46].

[46] Das Gremium der Leiter öffentlicher Verwaltungen in der EU hat darüber hinaus einen gemeinsamen Bewertungsrahmen erstellt, der als Instrument zur Selbstbewertung von Organisationen im Hinblick auf das Qualitätsmanagement dient.

Durch das 6. Forschungsrahmenprogramm der EU werden FuE-Arbeiten im Bereich der Kombination technischer und organisatorischer Innovationen in der öffentlichen Verwaltung gefördert als Schritt hin zu einem Europäischen Forschungsraum im Bereich E-Government.

4.2.8. Leistungsfähigkeit und Nutzeffekte von E-Government

E-Government kann zur Steigerung der Produktivität öffentlicher Verwaltungen beitragen. Produktivitätswachstum lässt sich definieren als mehr, besserer oder schnellerer Output bei gegebenem Input. Im öffentlichen Sektor ist die Definition und Messung von Inputs und Outputs jedoch problematisch.

Ein Problem ist die Festsetzung von Preisen für öffentliche Dienstleistungen, die oft nicht unmittelbar in Bezug zu den Inputs steht (Steuern beziehen sich nicht auf die erbrachten Dienstleistungen). Da außerdem viele elektronische Dienste weitgehend auf der Bereitstellung von Informationen beruhen, gelten für sie die Gesetze der Informationsökonomie, wonach die Grenzpreise gegen Null gehen, sodass diese kein Maßstab für den Wert der Dienstleistung sein können, während die Kosten der erstmaligen Bereitstellung der Informationen und deren Aktualisierung über die gesamte Nutzungsdauer, die erheblich sein können, dennoch gedeckt werden müssen.

Ein weiteres Problem ist, dass die Preise nicht durch Marktmechanismen festgelegt werden, da es in der Regel bei der Erbringung des Dienstes keinen Wettbewerb gibt. Die Informationsökonomie lehrt jedoch, dass es andere Mechanismen gibt, die Leistungsfähigkeit garantieren und in gewissem Maße als Preisersatz fungieren können. Dazu gehören vertragliche Mechanismen und Qualitätsindikatoren, etwa die Nutzerzufriedenheit, die durch vertrauenswürdige Qualitätslabels ausgedrückt werden können.

Mangelt es an Wettbewerb bei der Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung oder liegt gar ein Monopol vor, kann die kritische öffentliche Begleitung einen Ersatz darstellen.

Indikatoren waren bislang weitgehend angebotsorientiert (etwa die Zahl der online angebotenen Dienste), statt sich auf die Nutzer und die Nutzung zu konzentrieren.

Neue Ansätze beim Leistungsvergleich elektronischer Behördendienste sind erforderlich, ebenso Untersuchungen der wirtschaftlichen Bedingungen elektronischer Behördendienste, um Nutzen und Leistung von E-Government besser beurteilen zu können.

Dies wird auch für die Festlegung künftiger konkreter Ziele für die Modernisierung öffentlicher Verwaltungen und verbesserte öffentliche Dienstleistungen sowie für die Bewertung der Ergebnisse und Auswirkungen der genannten Maßnahmen von Nutzen sein.

5. Fahrplan für E-Government

E-Government kann sich sehr vorteilhaft auswirken, doch müssen zuerst zahlreiche Hindernisse überwunden werden. Die vollständige Umsetzung ist keinesfalls einfach und bedarf des Engagements sowohl der Verwaltungsspitzen als auch der höchsten politischen Ebene.

Der hier vorgeschlagene Fahrplan für E-Government umfasst alle zuvor angesprochenen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind durch zwei horizontale Aktionen zu ergänzen, nämlich den verstärkten Austausch vorbildlicher Praktiken in verschiedenen E-Government-Bereichen und die Nutzbarmachung der E-Government-Investionen in Europa. Dieser Fahrplan bezweckt die Stärkung und Umsetzung des Aktionsplan eEurope 2005 und trägt dadurch wesentlich zur Umsetzung der Lissabonner Strategie bei.

5.1. Verstärkter Austausch vorbildlicher Praktiken

Um den Ansatz von eEurope zur effektiven Nutzung vorbildlicher Praktiken zu vertiefen und zu verstärken, müssen solche vorbildlichen Praktiken im Bereich von E-Government intensiver ausgetauscht werden [47].

[47] Siehe auch die Erklärung der Minister auf der E-Government-Konferenz, Como, 2003.

Der Austausch vorbildlicher Praktiken hat sich bereits als nützlich erwiesen. Vorbildliche Praktiken umfassen technische, organisatorische, rechtliche und schulungsbezogene Elemente, sie erfordern ein langfristiges Engagement aller maßgeblichen Beteiligten und sie geben Zeugnis von spürbaren Vorteilen und Ergebnissen. Der Erfahrungsaustausch und das Aufgreifen vorbildlicher Praktiken kann Kostenersparnisse bei der Vorbereitung der breiten Einführung bewirken. Außerdem wird dadurch die künftige Interoperabilität und die Zusammenarbeit zwischen Verwaltungen vorbereitet.

Vorbildliche Praktiken sind nicht nur Beispiele für den Stand der Technik, sondern zeigen auch neue Anforderungen an den Rechtsrahmen, das Management von Veränderungen und die Arbeitsorganisation in Verwaltungen auf und tragen ganz allgemein zur Ermittlung von Forschungsschwerpunkten bei, sodass sie einen Beitrag zur Schaffung eines europäischen Forschungsraums im Bereich E-Government leisten.

Die eEurope-Preise für E-Government haben den Austausch vorbildlicher Praktiken bereits befluegelt. eTEN und IDA messen dem Aufgreifen vorbildlicher Praktiken auf transeuropäischer Ebene besondere Bedeutung bei. Kontinuität ist in jedem Fall ein Schlüsselfaktor beim Austausch vorbildlicher Praktiken.

Was vermieden werden sollte ist jedoch ein einmaliges ,Kopieren" einer preisgekrönten Anwendung, die für ein anderes soziokulturelles Umfeld eventuell gar nicht geeignet ist. Erforderlich ist ein Rahmen, der unter anderem Kontinuität gewährleistet, eine gegenseitige Interaktion zwischen laufenden EU-Programmen und Initiativen für E-Government schafft und rechtliche und sonstige Aspekte des Aufgreifens vorbildlicher Praktiken und des Eigentums an Systemen für E-Government zur Umsetzung der Lösung klärt.

Der Austausch vorbildlicher Praktiken im Bereich E-Government wird durch einen umfassenden Rahmen gestärkt.

Indem die Tür für eine breitere Beteiligung geöffnet wird, kann ein solcher Rahmen auch grenzübergreifend das Lernen durch vorbildliche Praktiken und deren Übertragung fördern. Er kann dadurch zu einem Beitrag zur weltweiten Zusammenarbeit beim E-Government werden, was eine der Prioritäten des Weltgipfels über die Informationsgesellschaft ist [48]. Unter diesem Gesichtspunkt könnten die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungs hilfe für EU-Partner in Betracht gezogen werden, besonders hinsichtlich des institutionellen Aufbaus (,capacity building").

[48] KOM(2003) 271, Mitteilung zum Weltgipfel über die Informationsgesellschaft, 19. Mai 2003; Erklärung der Minister auf der E-Government-Konferenz, Como, 2003.

5.2. Nutzbarmachung der Investitionen

Es gibt eine ganze Reihe europäischer Initiativen und Programme, die das Thema E-Government betreffen, wobei die Spanne von der Forschung bis zur Umsetzung reicht. Dazu gehören Teile des Sechsten Forschungsrahmenprogramms, die Programme eTEN und IDA sowie Investitionen in regionale Schwerpunkte im Rahmen der Strukturfonds.

Diese Investitionen auf europäischer Ebene sind gering verglichen mit den insgesamt in E-Government investierten (oder zu investierenden) Summen.

Wie bereits ausgeführt, belaufen sich die in der EU jährlich für IKT in der öffentlichen Verwaltung getätigten Ausgaben auf rund 30 Mrd. Euro, wovon ein rasch steigender Anteil, derzeit rund 5 Mrd. Euro, auf IKT im Zusammenhang mit E-Government entfällt. Diese IKT-Ausgaben sollten durch viel größere Investitionen in die Organisation und personellen Mittel flankiert werden. Zum Vergleich: Untersuchungen in Unternehmen haben gezeigt, dass sich die Gesamtinvestitionen in solches ,Organisationskapital" auf das bis zu Zehnfache der ursprünglichen IKT-Investion belaufen können, bevor die Vorteile ganz nutzbar werden.

Die erforderlichen Gesamtinvestitionen betragen daher wahrscheinlich mehrere zehn Milliarden Euro im Jahr. Derartige Investitionen sind nötig, um das Potenzial von E-Government zu verwirklichen, dass nämlich Europa über einen öffentlichen Sektor von Weltrang verfügt, der einen umfassenden Beitrag zur Erreichung der Lissabonner Ziele leistet, indem er den Bürgern und Unternehmen neue und bessere öffentliche Dienstleistungen bietet.

Die Unterstützung auf europäischer Ebene sollte daher darauf zielen, eine maximale Nutzbarmachung der wesentlich größeren Investitionen auf der Ebene der Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Indem Synergien zwischen Mitgliedstaaten geschaffen werden, können Doppelausgaben vermieden werden. Das Ausmaß von Effizienzsteigerungen muss jedoch quantifiziert werden.

Als erster Schritt zur Synergiesteigerung und höheren Wirksamkeit der EU-Programme ist eine zentrale Anlaufstelle für die potenziellen Nutzer dieser Programme zu schaffen.

Dabei geht es um eine einheitliche Anlaufstelle für Informationen und Fragen zu EU-Programmen, die E-Government unterstützen können. Längerfristig könnten weitere Synergien sondiert werden, z. B. durch die Unterstützung von Projektlebenszyklen, die Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Arbeitsprogrammen und die gemeinsame Nutzung der Ergebnisse beratender Gremien.

Auf diese Weise können die derzeitigen Aktivitäten auf EU-Ebene den Weg für eine stimmigere Ausgabenpolitik und insgesamt größere Ersparnisse in den Mitgliedstaaten ebnen.

Zu prüfen ist, welche Rolle ein gemeinsamer Ansatz von Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Unterstützung und Steigerung von Investitionen im Bereich des E-Government leisten kann.

5.3. Erreichung der Ziele von eEurope für das Jahr 2005

Der Aktionsplan eEurope 2005 stellt den Bezugspunkt für die eingegangene Verpflichtung dar, die Informationsgesellschaft auf europäischer Ebene voranzubringen.

Als Instrumente bedient er sich des Austauschs vorbildlicher Praktiken, Initiativen des Privatsektors und in Mitgliedstaaten auf allen Ebenen sowie der Nutzbarmachung der verfügbaren Mittel und Programme auf EU-Ebene unter strategischer Überwachung durch die Lenkungsgruppe für eEurope.

Im Rahmen von eEurope 2005 wurden spezifische Ziele im Bereich E-Government für Folgendes festgelegt:

- Breitbandanschlüsse für öffentliche Verwaltungen

- Interoperabilitätsrahmen für europaweite Dienste

- interaktive öffentliche Dienstleistungen (für alle plattformübergreifend zugänglich)

- elektronisches öffentliches Beschaffungswesen

- öffentliche Internetzugänge

- elektronische Dienstleistungen im Bereich Kultur und Tourismus.

Die Arbeiten in den meisten dieser Bereiche wird durch die bereits genannten Maßnahmen unterstützt. 2004 wird im Rahmen der Halbzeitüberprüfung von eEurope über die erzielten Fortschritte berichtet. Um bei der Erreichung dieser Ziele noch größere Fortschritte zu erreichen und strategische Leitlinien für E-Government im Einklang mit der vorliegenden Mitteilung geben zu können, wird die Kommission die Beteiligten im öffentlichen und privaten Sektor weiter konsultieren.

5.4. Schlussfolgerungen

Bereits heute erweist sich, dass elektronische Behördendienste den öffentlichen Verwaltungen dabei helfen können, produktiver zu werden und für alle eine personalisierte Dienstleistung auf offene und transparente Weise zu erbringen.

Der Nutzen von E-Government kann die ersten Errungenschaften öffentlicher Online-Dienste weit übertreffen. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei, dass der öffentliche Sektor seine Organisation und Fähigkeiten auf einen nutzerorientierten Ansatz hin ausrichtet, bei dem die Technik dem Menschen dient.

Es gilt jedoch, zahlreiche Stolpersteine und Hindernisse aus dem Weg zu räumen und umfangreiche Investitionen zu tätigen. Der organisatorische und kulturelle Wandel braucht seine Zeit, und es kann mehrere Jahre dauern, bevor die kombinierten Investitionen in IKT, Organisation und Fähigkeiten umfassend Früchte tragen. Der Umbau öffentlicher Verwaltungen durch E-Government wird auch auf Widerstand stoßen.

Eine Führungsrolle und ein starkes Engagement der Politik ist daher unerlässlich, die sich langfristig davon leiten lässt, einen Beitrag des öffentlichen Sektors zur Wissensgesellschaft in Europa zu leisten.

Diese Mitteilung stellt einen stimmigen Fahrplan dar und enthält Maßnahmen im Bereich E-Government, die bereits angelaufen oder geplant sind oder neu vorgeschlagenen werden. Letztere, z. B. im Bereich des Identitätsmanagements, dem nächsten Schritt bei europaweiten Diensten, zur Verstärkung des Austauschs vorbildlicher Praktiken, der Sondierung gemeinsamer Ansätze usw., sollen auf den laufenden Arbeiten aufbauen und Perspektiven für künftige E-Government-Initiativen eröffnen.

Vorwärts gerichtetes Denken und Innovationen sollten mit kurzfristig erreichten konkreten Ergebnisse einhergehen. Der Austausch vorbildlicher Praktiken und die Zusammenarbeit zwischen Verwaltungen auf allen Ebenen kann die Einführung beschleunigen und durch die erneute Nutzung erprobter Konzepte und Lösungen zu Ersparnissen führen.

Ein stimmiger Ansatz für E-Government im Rahmen derzeitiger EU-Initiativen und -Programme sollte verfolgt werden, um nationale, regionale und lokale Investitionen nutzbar zu machen und die Verfügbarkeit europaweiter Dienste für Bürger und Unternehmen zu beschleunigen.

Insbesondere die Mitgliedstaaten werden aufgerufen, politisch lenkend tätig zu werden und das Engagement auf allen Ebenen des Staates zu stärken und dadurch dazu beizutragen, dass die Europäer über eine öffentliche Verwaltung von Weltrang verfügen, die ihren umfassenden Beitrag zur Erreichung der Lissabonner Ziele durch hochwertige und innovative öffentliche Dienstleistungen für alle leistet.

Anhang Anhang Ü

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berblick über die Massnahmen

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