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Document 31979D0670

79/670/EWG: Entscheidung der Kommission vom 6. Juli 1979 über eine Nachprüfung aufgrund von Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 bei dem Unternehmen AM & S Europe Ltd. in Bristol (Sache IV/AF 379) (Nur der englische Text ist verbindlich)

OJ L 199, 7.8.1979, p. 31–34 (DA, DE, EN, FR, IT, NL)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1979/670/oj

31979D0670

79/670/EWG: Entscheidung der Kommission vom 6. Juli 1979 über eine Nachprüfung aufgrund von Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 bei dem Unternehmen AM & S Europe Ltd. in Bristol (Sache IV/AF 379) (Nur der englische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 199 vom 07/08/1979 S. 0031 - 0034


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 6. Juli 1979 über eine Nachprüfung aufgrund von Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 bei dem Unternehmen AM & S Europe Ltd. in Bristol (Sache IV/AF 379) (Nur der englische Text ist verbindlich) (79/670/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 85,

gestützt auf die Verordnung Nr. 17 vom 6. Februar 1962 (1), insbesondere auf Artikel 14 Absatz 3,

nach Anhörung der gemäß Artikel 14 Absatz 4 der Verordnung Nr. 17 zuständigen nationalen Behörde,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Es liegen hinreichende Gründe für die Vermutung vor, daß Hersteller von Zink-Metall und Zink-Konzentraten innerhalb und ausserhalb der Gemeinschaft seit 1964 die Preise und Verkaufsbedingungen für Zink durch Vereinbarung eines sogenannten "Producer Price" gemeinschaftlich festsetzen, die Produktion kontrollieren sowie Märkte aufteilen und daß es sich dabei um Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen handelt, die nach Artikel 85 des EWG-Vertrags verboten sind.

Das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied der Kommission hat am 10. Februar 1978 angeordnet, Nachprüfungen gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 bei verschiedenen Unternehmen durchzuführen.

Aus den genauen und miteinander übereinstimmenden Angaben, die der Kommission aufgrund bisheriger Nachprüfungen vorliegen, ergibt sich unter anderem, daß die grössten europäischen, kanadischen und australischen Hersteller von Zink und Zink-Konzentraten 1964 beschlossen haben, einen von den Börsennotierungen der London Metal Exchange unabhängigen Produzentenpreis einzuführen und die Preisentwicklung an der Londoner Börse durch Käufe oder Verkäufe mittels einer für diesen Zweck in der Schweiz gegründeten Tochtergesellschaft zu beeinflussen. In der Folgezeit haben sich die Hersteller regelmässig - seit dem 9. Juli 1964 mehr als 20 mal - getroffen und die Preise neu festgesetzt. Preisänderungen wurden dann jeweils von einem Hersteller bekannt gemacht, dem die anderen beteiligten Hersteller folgten. Der neue Preis wurde kurz darauf in der in London erscheinenden Fachzeitschrift "Metal Bulletin" veröffentlicht.

Die Firma AM & S Europe Ltd., ein zur Rio Tinto-Zinc-Gruppe gehörender Zinkhersteller, ist hinreichend verdächtig, an diesen Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen betreffend Preise, Verkaufsbedingungen, Produktionskontrolle und Marktaufteilung während mehrerer Jahre teilgenommen zu haben.

Am 20. und 21. Februar 1979 fand deshalb eine Nachprüfung gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 in den Geschäftsräumen der Firma AM & S Europe Ltd. statt.

Das Unternehmen, vertreten durch seinen Managing Direktor sowie zwei Rechtsanwälte, erklärte sich zunächst bereit, die Nachprüfung zu dulden, wollte dann aber nur Geschäftsunterlagen aus der Gegenwart vorlegen, ohne allerdings zu präzisieren, welchen Zeitraum dies umfasse.

Diese Einschränkung ihrer Prüfungsbefugnisse wurde von den mit der Nachprüfung beauftragten Beamten zurückgewiesen. Danach konnten einige der angeforderten Geschäftsunterlagen eingesehen werden.

Am nächsten Tag der Nachprüfung erhob das Unternehmen indessen erneut den Einwand, daß nur Geschäftsunterlagen aus der Gegenwart unter die Prüfungsbefugnis fielen. Da hiernach der Prüfungsauftrag nicht mehr durchgeführt werden konnte, fertigten die Beamten der Kommission ein Protokoll, in dem die Aufforderung zur Vorlage bestimmter Geschäftsunterlagen förmlich wiederholt wurde.

Das Unternehmen erwiderte, daß es auf diese Aufforderung binnen zehn Tagen nach Rückkehr des Managing Direktors von einer Geschäftsreise nach Australien antworten werde.

Mit Schreiben vom 26. März 1979 übersandte die Firma AM & S Europe Ltd. mehrere Ordner mit fotokopierten Geschäftsunterlagen und teilte dazu unter anderem folgendes mit : Sie habe die im Hinblick auf das protokollierte Vorlageersuchen vom 21. Februar 1979 ausgewählten Unterlagen ihren Anwälten übergeben. Diese hätten bestimmte Unterlagen als "privileged documents" bezeichnet, so daß sie nicht vorgelegt werden könnten. Die Anwälte hätten auch einzelne Sätze, Wörter oder sogar Buchstaben anderer Unterlagen gestrichen, weil sie für die Untersuchung irrelevant seien, obwohl die übermittelten Unterlagen an sich als untersuchungserheblich anerkannt worden waren.

Sie hätten schließlich erklärt, daß sie der Kommission in Kürze eine Eidesstattliche Erklärung übermitteln (1)ABl. Nr. 13 vom 21.2.1962, S. 204/62.

würden, in der die in den Unterlagen gestrichenen Passagen in allgemeinen Worten beschrieben werden.

Mit Schreiben vom 5. April 1979 wurde der Kommission eine eidesstattliche Erklärung (Statutory Declaration) von Mr. G.D. Child, Solicotor, übersandt. Die Erklärung beschreibt Art und Zahl der Streichungen, aber nicht deren Inhalt.

Der Versuch der Firma AM & S Europe Ltd., die Ermittlungsbefugnisse der Kommission in der geschilderten Weise einzuschränken, findet in der Verordnung Nr. 17 des Rates keine Rechtfertigung.

Das EG-Wettbewerbsrecht sieht keinen Schutz für Geschäftsunterlagen rechtlicher Art vor. In ihrer Antwort auf die schriftliche Anfrage Nr. 63/78 des Abgeordneten Cousté hat die Kommission im Europäischen Parlament dazu erklärt : "In Anlehnung an die Regeln des Wettbewerbsrechts einiger Mitgliedstaaten ist die Kommission aus Gründen der Unparteilichkeit jedoch bereit, streng rechtliche Dokumente, die ausgearbeitet worden sind, um Rechtsgutachten zu den einzuhaltenden Rechtsnormen oder zur Vorbereitung und Durchführung der Verteidigung des betreffenden Unternehmens oder der betreffenden Unternehmensvereinigung zu erhalten oder zu erstellen, nicht als Beweis für etwaige Verstösse gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft zu benutzen. Wenn der Kommission derartige Dokumente vorliegen, so fertigt sie davon keine Abschriften an" (1).

Weder dem betroffenen Unternehmen noch seinen Rechtsberatern kann die alleinige Entscheidung in sachlicher oder rechtlicher Hinsicht darüber überlassen bleiben, ob irgendein Dokument von der Art ist oder unter Umständen geschrieben wurde, die es gegen den Gebrauch als Beweismittel schützen.

Unter geltendem Gemeinschaftsrecht und vorbehaltlich einer Überprüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist es Sache der Kommission, zu beurteilen, ob von bestimmten Dokumenten Gebrauch gemacht werden darf. AM & S Europe Ltd. hat daher den mit der Nachprüfung beauftragten Beamten der Kommission Gelegenheit zu geben, die Unterlagen einzusehen und Fragen in Verbindung damit zu beantworten, damit festgestellt werden kann, ob die Unterlagen als Beweismittel in Betracht kommen. Wenn die Beamten der Kommission dies verneinen, werden sie keine Abschriften davon fertigen, und die Kommission wird die Unterlagen nicht als Beweismittel für einen Gesetzesverstoß heranziehen.

AM & S Europe Ltd. nimmt für sich das Recht in Anspruch, von Unterlagen, die sie selbst als untersuchungserheblich ansieht, einzelne Teile oder Worte als irrelevant für die Kommission zu streichen. Dieses Ansinnen steht ebenfalls in Widerspruch zu Artikel 14 der Verordnung Nr. 17.

Vorbehaltlich einer Überprüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die Kommission das Recht, darüber zu entscheiden, welche Unterlagen für ihre Untersuchung erheblich sind. Andernfalls würden Art und Umfang der Ermittlungshandlungen im Rahmen einer Nachprüfung nicht mehr von der Kommission, sondern von dem durch die Nachprüfung betroffenen Unternehmen bestimmt. Für eine dem Sinn und Zweck des Artikels 14 der Verordnung Nr. 17 entsprechende Nachprüfung ist es vielmehr unerläßlich, daß alle Unterlagen, die sich auf den Gegenstand der Untersuchung beziehen, ohne Streichungen oder Weglassungen geprüft werden können.

Nach alledem ist das Unternehmen AM & S Europe Ltd. nunmehr durch Entscheidung zu verpflichten, eine Nachprüfung zu dulden und insbesondere die Einsicht und Kontrolle aller Geschäftsunterlagen, die sich auf den Gegenstand der Untersuchung beziehen, zu ermöglichen.

Gemäß Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c) und Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe d) der Verordnung Nr. 17, deren Wortlaut in der Anlage zu dieser Entscheidung beigefügt ist, kann die Kommission durch eine Entscheidung gegen die Unternehmen festsetzen: i) Geldbussen, wenn diese bei Nachprüfungen nach Artikel 14 die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen vorsätzlich oder fahrlässig nicht vollständig vorlegen oder die in einer Entscheidung nach Artikel 14 Absatz 3 angeordnete Nachprüfung nicht dulden;

ii) Zwangsgelder für jeden Tag des Verzugs von dem in der Entscheidung bestimmten Zeitpunkt an, um sie anzuhalten, eine Nachprüfung zu dulden, die sie in einer Entscheidung nach Artikel 14 Absatz 3 angeordnet hat -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Firma AM & S Europe Ltd., Bristol, hat eine Nachprüfung in ihren Räumlichkeiten in Bristol und Avonmouth zu dulden. Sie hat insbesondere den von der Kommission mit dieser Nachprüfung beauftragten Beamten während der normalen Geschäftszeit Zugang zu ihren Räumlichkeiten zu verschaffen und in die von diesen Beamten verlangten Geschäftsunterlagen, die sich gänzlich oder zum Teil auf den Gegenstand der Untersuchung beziehen, Einsicht zu gewähren.

Dies gilt insbesondere für folgende Unterlagen: a) Sämtliche Akten, Korrespondenzen, Fernschreiben, interne Vermerke oder sonstige Geschäftsunterlagen seit 1971 betreffend

Zinc Producer Group,

Zinc Producer Group Meetings,

Zinc Producer Price,

Zinc Steering Committee, (1)ABl. Nr. C 188 vom 7.8.1978, S. 31.

Société Générale des Minerais S.A.,

Compagnie Royale Asturienne des Mines S.A.,

Société des Mines et Fonderies de Zinc de la Vieille Montagne S.A.,

Société Minière et Métallurgique de Penarroya S.A.,

Metallgesellschaf AG,

Preussag AG,

Billiton International Metals B.V.,

Adena Metal S.A., Zuerich.

Abschrift des Briefes von Mr. Gordon Holloway vom 1. Juli 1971 an Metallgesellschaft AG, Frankfurt, auf den Brief von Herrn von Dallwitz (Metallgesellschaft) vom 9. Juli 1971 Bezug genommen ist, sowie alle vorangegangenen Vereinbarungen, Korrespondenzen, Fernschreiben, internen Vermerke oder sonstigen Geschäftsunterlagen, die mit den beiden Briefen in Verbindung stehen;

b) alle Unterlagen, die als "privileged documents" zurückgehalten worden und in der Anlage zum Brief von AM & S Europe Ltd. an die Kommission vom 26. März 1979 aufgeführt sind;

c) die vollständigen Texte aller Unterlagen, von denen bestimmte Teile oder Worte in den der Kommission übersandten Fotokopien weggelassen worden und die im Brief vom AM & S Europe Ltd. an die Kommission vom 26. März 1979 erwähnt sowie in der Eidesstattlichen Erklärung von Mr. G.D. Child vom 5. April 1979 aufgeführt sind.

Artikel 2

Die Nachprüfung wird in den Räumlichkeiten von AM & S Europe Ltd. in Bristol und Avonmouth ab dem 9. Juli 1979 durchgeführt.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an AM & S Europe Ltd., 1. Redcliff Street, Bristol, England, gerichtet. Sie wird der Gesellschaft unmittelbar vor Beginn der Nachprüfung durch Übergabe durch die von der Kommission hiermit beauftragten Beamten zugestellt.

Gegen diese Entscheidung kann beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg gemäß Artikel 173 des EWG-Vertrags Klage erhoben werden.

Diese Klage hat jedoch gemäß Artikel 185 keine aufschiebende Wirkung.

Brüssel, den 6. Juli 1979

Für die Kommission

Raymond VOÜL

Mitglied der Kommission

ANLAGE Artikel 15 und 16 der Verordnung Nr. 17 des Rates (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. 13 vom 21.2.1962, S. 204)

Artikel 15

(1) Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmungsvereinigungen durch Entscheidung Geldbussen in Höhe von einhundert bis fünftausend Rechnungseinheiten festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig: a) ...

b) ...

c) bei Nachprüfungen nach Artikel 13 oder 14 die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorlegen oder die in einer Entscheidung nach Artikel 14 Absatz 3 angeordnete Nachprüfung nicht dulden.

Artikel 16

(1) Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Zwangsgelder in Höhe von fünfzig bis eintausend Rechnungseinheiten für jeden Tag des Verzuges von dem in der Entscheidung bestimmten Zeitpunkt an festsetzen, um sie anzuhalten: a) ...

b) ...

c) ...

d) eine Nachprüfung zu dulden, die sie in einer Entscheidung nach Artikel 14 Absatz 3 angeordnet hat.

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