17.7.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 252/22


Vorabentscheidungsersuchen der Ondernemingsrechtbank Gent, Afdeling Gent (Belgien), eingereicht am 13. April 2023 — Reprobel SCRL/Copaco Belgium NV

(Rechtssache C-230/23, Reprobel)

(2023/C 252/26)

Verfahrenssprache: Niederländisch

Vorlegendes Gericht

Ondernemingsrechtbank Gent, Afdeling Gent

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: Reprobel SCRL

Beklagte: Copaco Belgium NV

Vorlagefragen

1.

Ist eine Einrichtung wie Reprobel, soweit sie vom Staat durch einen königlichen Auftrag mit der Erhebung und der Verteilung des vom Staat festgelegten gerechten Ausgleichs im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/29 (1) beauftragt ist und über die der Staat die Aufsicht ausübt, eine Einrichtung, gegen die sich ein Einzelner zu seiner Verteidigung auf die Unvereinbarkeit einer nationalen Norm mit Unionsrecht berufen kann, die diese Einrichtung gegenüber diesem Einzelnen geltend zu machen sucht?

2.

Ist es für die Beantwortung dieser Frage von Bedeutung, dass die Aufsicht, die der Staat über diese Einrichtung ausübt, unter anderem umfasst:

Die Verpflichtung dieser Einrichtung, stets Kopien ihrer Auskunftsersuchen an die Vergütungspflichtigen, die sowohl für die Erhebung als auch für die Verteilung der Reprografievergütung erforderlich sind, an den zuständigen Minister zu übermitteln, so dass dieser darüber informiert bleibt, in welcher Weise die Einrichtung ihr Aufsichtsrecht ausübt, und entscheiden kann, ob es angebracht ist, durch ministeriellen Erlass den Inhalt, die Anzahl und die Häufigkeit der Auskunftsersuchen so festzulegen, dass sie die Tätigkeiten der befragten Personen in möglichst geringem Maße behindern;

Die Verpflichtung der Einrichtung, den Beauftragten des Ministers dazu aufzufordern, ein für die Erhebung der anteiligen Reprografievergütung erforderliches Auskunftsersuchen an Vergütungspflichtige, Händler unabhängig davon, ob es sich um Groß- oder Einzelhändler handelt, Leasingunternehmen oder Gerätewartungsunternehmen zu übersenden, wenn der Vergütungspflichtige nicht an der Erhebung mitgewirkt hat, wobei die Einrichtung auch verpflichtet ist, dem zuständigen Minister eine Kopie dieses Ersuchens zu übermitteln, damit dieser den Inhalt, die Anzahl und die Häufigkeit der Auskunftsersuchen so festlegen kann, dass sie die Tätigkeiten der befragten Personen in möglichst geringem Maße behindern;

Die Verpflichtung der Einrichtung, dem zuständigen Minister die Verteilungsregeln für die Reprografievergütung sowie jede Änderung, die sie daran vornimmt, zur Genehmigung vorzulegen;

Die Verpflichtung der Einrichtung, dem zuständigen Minister das durch sie erstellte Meldeformular zur Genehmigung vorzulegen, ohne die dieses nicht ausgegeben werden darf?

3.

Ist es für die Beantwortung der Frage auch von Bedeutung, dass die Einrichtung über folgende Befugnisse verfügt:

Die Befugnis, alle für die Erhebung der Reprografievergütung erforderlichen Auskünfte von allen Personen, die Vergütungspflichtige, Beitragspflichtige, Händler, unabhängig davon, ob es sich um Groß- oder Einzelhändler handelt, Leasingunternehmen oder Gerätewartungsunternehmen sind, anzufordern. Dabei muss jedes Ersuchen stets mit einem Hinweis auf die strafrechtlichen Sanktionen versehen sein, die bei Nichteinhaltung der gesetzten Frist oder der Erteilung unvollständiger oder falscher Auskünfte verhängt werden;

Die Befugnis, von jedem Vergütungspflichtigen zu verlangen, dass er alle Auskünfte betreffend die vervielfältigten Werke erteilt, die für die Verteilung der Reprografievergütung erforderlich sind;

Die Befugnis, alle zur Ausführung ihres Auftrags erforderlichen Auskünfte bei der Zoll- und Akzisenverwaltung, der Mehrwertsteuerverwaltung und dem Landesamt für soziale Sicherheit zu erhalten?

4.

Hat Art. 5 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/29 unmittelbare Wirkung?

5.

Ist ein nationales Gericht gehalten, eine nationale Norm auf Antrag eines Einzelnen unangewendet zu lassen, wenn diese durch den Staat vorgeschriebene Norm mit Art. 5 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/29 unvereinbar ist, insbesondere, weil die mit dem vorstehend genannten Artikel unvereinbare Norm diesen Einzelnen zur Zahlung von Abgaben verpflichtet?


(1)  Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10).