21.12.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 443/13


Vorabentscheidungsersuchen der Rechtbank Midden-Nederland (Niederlande), eingereicht am 29. September 2020 — ZK als Nachfolger von JM, Insolvenzverwalter der BMA Nederland BV/ BMA Braunschweigische Maschinenbauanstalt AG; Interventionsklägerin: Stichting Belangbehartiging Crediteuren BMA Nederland

(Rechtssache C-498/20)

(2020/C 443/14)

Verfahrenssprache: Niederländisch

Vorlegendes Gericht

Rechtbank Midden-Nederland

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: ZK als Nachfolger von JM, Insolvenzverwalter der BMA Nederland BV

Beklagte: BMA Braunschweigische Maschinenbauanstalt AG

Interventionsklägerin: Stichting Belangbehartiging Crediteuren BMA Nederland

Vorlagefragen

1.

a)

Ist die Wendung „des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, in Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (1) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung) (im Folgenden: Brüssel-Ia-Verordnung) dahin auszulegen, dass „der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens“ (Handlungsort) der Ort des Sitzes der Gesellschaft ist, die die Forderungen ihrer Gläubiger nicht befriedigen kann, wenn diese Uneinbringlichkeit darauf beruht, dass die Großmuttergesellschaft dieser Gesellschaft ihre Sorgfaltspflicht gegenüber diesen Gläubigern verletzt hat?

b)

Ist die Wendung „des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, in Art. 7 Nr. 2 der Brüssel-Ia-Verordnung dahin auszulegen, dass „der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs“ (Erfolgsort) der Ort des Sitzes der Gesellschaft ist, die die Forderungen ihrer Gläubiger nicht befriedigen kann, wenn diese Uneinbringlichkeit darauf beruht, dass die Großmuttergesellschaft dieser Gesellschaft ihre Sorgfaltspflicht gegenüber diesen Gläubigern verletzt hat?

c)

Sind zusätzliche Umstände erforderlich, die es rechtfertigen, dass das Gericht am Ort des Sitzes der Gesellschaft, die keine Befriedigungsmöglichkeit bietet, zuständig ist, und, falls ja, welche?

d)

Ist der Umstand, dass der niederländische Insolvenzverwalter der Gesellschaft, die die Forderungen ihrer Gläubiger nicht befriedigen kann, im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabe zur Verwertung der Insolvenzmasse und zugunsten (jedoch nicht namens) der Gesamtheit der Gläubiger eine Klage auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung erhoben hat, für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach Art. 7 Nr. 2 der Brüssel-Ia-Verordnung von Bedeutung? Eine solche Klage führt dazu, dass die individuelle Lage der einzelnen Gläubiger nicht geprüft wird und dem in Anspruch genommenen Dritten im Verhältnis zum Insolvenzverwalter nicht alle Verteidigungsmittel zur Verfügung stehen, die ihm gegenüber einzelnen Gläubigern möglicherweise zur Verfügung gestanden hätten.

e)

Ist der Umstand, dass sich der Wohnsitz eines Teils der Gläubiger, zu deren Gunsten der Insolvenzverwalter die Klage erhebt, nicht im Gebiet der Europäischen Union befindet, für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach Art. 7 Nr. 2 der Brüssel-Ia-Verordnung von Bedeutung?

2.

Ist Frage 1 anders zu beantworten, wenn es um eine von einer Stiftung erhobene Klage geht, die zum Ziel hat, die kollektiven Interessen der Gläubiger zu vertreten, die einen Schaden im Sinne von Frage 1 erlitten haben? Eine solche Verbandsklage führt dazu, dass im betreffenden Verfahren nicht festgestellt wird, a) wo sich der Wohnsitz dieser Gläubiger befindet, b) unter welchen besonderen Umständen die Forderungen der betreffenden Gläubiger gegen die Gesellschaft zustande gekommen sind und c) ob gegenüber den einzelnen Gläubigern eine Sorgfaltspflicht im oben genannten Sinne besteht und ob diese verletzt wurde.

3.

Ist Art. 8 Nr. 2 der Brüssel-Ia-Verordnung dahin auszulegen, dass das Gericht des Hauptprozesses, wenn es seine Entscheidung, mit der es sich für diesen Prozess für zuständig erklärt hat, aufhebt, dadurch automatisch seine Zuständigkeit für die vom Interventionskläger erhobene Klage verliert?

4.

a)

Ist Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 (2) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (im Folgenden: Rom-II-Verordnung) dahin auszulegen, dass „der Staat, in dem der Schaden eintritt“, der Staat ist, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, die den Schaden nicht ersetzen kann, den die Gläubiger dieser Gesellschaft aufgrund der oben genannten Sorgfaltspflichtverletzung erlitten haben?

b)

Ist der Umstand, dass die Klagen von einem Insolvenzverwalter im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabe zur Verwertung der Insolvenzmasse und von einem Vertreter kollektiver Interessen zugunsten (jedoch nicht namens) der Gesamtheit der Gläubiger erhoben worden sind, für die Bestimmung dieses Staates von Bedeutung?

c)

Ist der Umstand, dass sich der Wohnsitz eines Teils der Gläubiger nicht im Gebiet der Europäischen Union befindet, für die Bestimmung dieses Staates von Bedeutung?

d)

Führt der Umstand, dass es zwischen der niederländischen insolventen Gesellschaft und ihrer Großmuttergesellschaft Finanzierungsvereinbarungen gab, in denen mit einer Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestimmt und deutsches Recht für anwendbar erklärt wurde, dazu, dass die behauptete unerlaubte Handlung der BMA AG gemäß Art. 4 Abs. 3 der Rom-II-Verordnung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat als den Niederlanden aufweist?


(1)  ABl. 2012, L 351, S. 1.

(2)  ABl. 2007, L 199, S. 40.