31.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 402/14


Rechtsmittel, eingelegt am 7. Juli 2016 vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum gegen das Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 27. April 2016 in der Rechtssache T-556/11, European Dynamics Luxembourg SA, European Dynamics Belgium SA, Evropaïki Dynamiki — Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE/Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum

(Rechtssache C-376/16 P)

(2016/C 402/17)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien

Rechtsmittelführer: Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (Prozessbevollmächtigte: N. Bambara sowie P. Wytinck und B. Hoorelbeke, advocaten)

Andere Parteien des Verfahrens: European Dynamics Luxembourg SA, European Dynamics Belgium SA, Evropaïki Dynamiki — Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE

Anträge

Der Rechtmittelführer beantragt,

das angefochtene Urteil des Gerichts in vollem Umfang aufzuheben und die im ersten Rechtszug gestellten Anträge auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und auf Schadensersatz zurückzuweisen;

hilfsweise, das angefochtene Urteil des Gerichts in vollem Umfang aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

äußerst hilfsweise, das angefochtene Urteil des Gerichts, soweit dieses dem EUIPO aufgibt, an European Dynamics Luxembourg Schadensersatz wegen des Verlusts der Chance, den Zuschlag für den Rahmenvertrag zu erhalten, zu zahlen, aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

den Klägerinnen des ersten Rechtszugs sämtliche Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Rechtsmittelgründe und wesentliche Argumente

1.

Das Rechtsmittel wird im Wesentlichen auf folgende vier Gründe gestützt: 1) Das Gericht habe die Grundsätze der Chancengleichheit und der Transparenz rechtsfehlerhaft ausgelegt und angewandt und jedenfalls die Tatsachen verfälscht, 2) im Zusammenhang mit der Prüfung offensichtlicher Beurteilungsfehler Rechtsfehler bei der Auslegung und Anwendung begangen und in einigen Fällen die Tatsachen verfälscht, 3) Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung in Verbindung mit Art. 296 Abs. 2 AEUV rechtsfehlerhaft angewandt 4) und rechtsfehlerhaft Schadensersatz wegen des Verlusts einer Chance zuerkannt.

2.

Erster Rechtsmittelgrund: Das Gericht habe ultra petita entschieden und gegen Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 76 Abs. 1 und Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts verstoßen — oder aber sei rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit und eine Verletzung der Sorgfaltspflicht zu einer Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen könne –, als es entschieden habe, dass die angefochtene Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären sei, als das EUIPO für die Siemens SA und die Siemens SL keine Strafregisterauszüge als Nachweis dafür, dass keiner der Ausschlussgründe im Sinne der Art. 93 und 94 der Haushaltsordnung vorliege, angefordert oder erhalten habe. Außerdem habe das Gericht die Tatsachen verfälscht, als es festgestellt habe, dass das EUIPO keinen Beleg gefordert oder erhalten habe, der gemäß Art. 134b der Durchführungsbestimmungen für den Nachweis ausgereicht hätte, dass für die Siemens SL keine Ausschlussgründe vorlägen, denn die Akten hätten einen Auszug aus dem registro mercantil enthalten, der einem Strafregisterauszug im Sinne von Art. 134b der Durchführungsbestimmungen gleichwertig sei.

3.

Zweiter Rechtsmittelgrund: Das Gericht habe rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob die festgestellten offensichtlichen Beurteilungsfehler, die der Bewertungsausschuss bei der Bewertung des Angebots von European Dynamics begangen habe, geeignet gewesen seien, den endgültigen Ausgang der streitigen Vergabeentscheidung zu beeinflussen. Das Gericht müsse prüfen, ob die festgestellten offensichtlichen Beurteilungsfehler zu einem anderen Ausgang des Vergabeverfahrens führen würden, indem es untersuche, ob sich diese Fehler auf die Punktevergabe für ein bestimmtes Kriterium ausgewirkt hätten, sofern es mehrere andere Gründe (in Bezug auf die keine offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen worden seien) gebe, die die Punktevergabe ebenfalls rechtfertigten. Außerdem habe das Gericht mehrfach die Tatsachen verfälscht, offensichtliche Beurteilungsfehler anhand falscher Kriterien festgestellt, indem es die Tatsachenwürdigung des EUIPO einfach durch seine eigene ersetzt habe, und rechtsfehlerhaft entschieden, dass eine unzureichende Begründung als Beleg für einen offensichtlichen Beurteilungsfehler angesehen werden könne.

4.

Dritter Rechtsmittelgrund: Das Gericht habe rechtsfehlerhaft verlangt, dass aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen müsse, wie sich jeder (negative) Kommentar auf die für jedes Kriterium und jeden Unterpunkt vergebenen Punkte ausgewirkt habe, und dadurch bezüglich der Begründungspflicht einen strengeren Maßstab als jenen angewandt, der sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebe. Daher habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es die angefochtene Entscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung in Verbindung mit Art. 296 AEUV aufgehoben habe.

5.

Vierter Rechtsmittelgrund: Das Gericht habe der ersten Klägerin rechtsfehlerhaft Schadensersatz zugesprochen, da eine der kumulativen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung von Unionsorganen (nämlich das Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens) nicht nachgewiesen sei. Hilfsweise trägt der Rechtsmittelführer vor, das angefochtene Urteil, soweit es zur Zahlung von Schadensersatz verpflichte, müsse, selbst wenn der Aufhebungsantrag nur nach dem ersten Rechtsmittelgrund Erfolg hätte, dennoch aufgehoben werden, da in diesem Fall das Bestehen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem sonstigen rechtswidrigen Verhalten (offensichtliche Beurteilungsfehler und Verletzung der Begründungspflicht) und dem angeblichen Schaden nicht nachgewiesen sei. Alternativ macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es Schadensersatz aufgrund des Verlusts einer Chance zuerkannt habe, denn ein solcher Grund für die Zuerkennung von Schadensersatz könne nicht als ein den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamer Rechtsgrundsatz angesehen werden, weshalb ein Verstoß gegen die ausdrückliche Bestimmung des Art. 340 AEUV vorliege.